Malaga.
[* 2] Ferner besitzt das Pradomuseum zu Madrid
[* 3] u. a.: Evangelist
Johannes auf Patmos,
Heil. Hieronymus, Maria das Christkind
anbetend, Engel mit dem
Leichnam Christi; die
DresdenerGalerie einen
ApostelPaulus in ganzer Gestalt. Sein Selbstbildnis befindet
sich in der
Eremitage zu
Petersburg.
[* 4]
(span., spr. kanjóhn,«Röhre») heißen die engen und dabei sehr tiefen
Thäler mit oft
senkrechten
Wänden, welche die aus horizontal gelagerten Gesteinsschichten gebildeten
Tafelländer im westl. Nordamerika
[* 5] durchziehen.
Berühmt ist der 1500 - 2000 m tiefe
Große Cañon des Rio
[* 6] Colorado. (S. nachstehende Abbildung, nach
Supan, Physikalische Erdkunde.)
[* 7] Diese Cañon sollen ihre Entstehung einzig und allein der Erosion
[* 8] (s. d.)
verdanken. Auch die weiten Lößgebiete
Chinas sind vielfach von ähnlichen Schluchten durchschnitten.-Vgl. Dutton, Tertiary
history of the
Grand Canon District; monograph II of the
U. S. Geological Survey (1882).
Hans, Historienmaler (eigentlich Joh. von
Straschiripka), geb. in
Wien,
[* 9] trat 1847 in die
Armee, aus
der er 1854 als
Lieutenant ausschied. Nun widmete sich Canon eifrig dem künstlerischen
Studium unter Rahl
^[Carl Rahl]. Durch sein 1858 ausgestelltes großes
Bild: Das Fischermädchen, machte er seinen
Namen zuerst bekannt. 1860 begleitete
er den
Grafen Wilczek auf dessen
Reise nach England und ließ sich dann in
Karlsruhe
[* 10] nieder. Seine bedeutendsten
Leistungen in
Karlsruhe sind die
Decken- und Wandgemälde im großherzogl. Wartesaale des Bahnhofs und die Ölbilder:
Die Schatzgräber (1866), Cromwell
vor derLeicheKarls I. 1869 begab er sich nach
Stuttgart,
[* 11] wo Die Löwenjagd, Der Waffenhändler,
Flamingojagd (1871), Die
Bajadere entstanden. Auf der
Wiener Weltausstellung 1873 erregte sein großes
Bild: Die Loge St. Johannis
(Wien, Hofmuseum), eine unklare
Symbolik der religiösen Duldsamkeit, durch seine koloristischen
Vorzüge Aufsehen. Canon siedelte dann nach
Wien über, wo er sich hauptsächlich mit Anfertigung von Porträten und Jagdstücken
beschäftigte. In seinen feinen, geistvollen Frauenporträten nähert er sich mehr den venet. Malern. Er starb in
Wien.
Antonio Capece Minutolo, Fürst von, neapolit. Staatsmann, geb. um 1763 in Neapel,
[* 12] war einer
der
Agenten der Königin Karoline Marie, in deren Dienst er 1806 - 10 von der
Insel Ponza aus die Regierung
JosephBonapartes
und später
Murats durch fortwährende Umsturzversuche beunruhigte. Nach der Rückkehr Ferdinands I. 1816 zum Polizeiminister
ernannt,
zeigte er sich als fanatischer Reaktionär und Begünstiger der
Calderari (s. d.). 1823 aus Neapel verdrängt, ging
er nach Genua;
[* 13] nach der
Erhebung von 1831 wurde er Ratgeber des
HerzogsFranz IV. von Modena in den Prozessen
gegen Ciro
Menotti und andere Revolutionäre, sodann verwendete ihn die Kurie in den Legationen bei Errichtung der Centurionenmiliz
(s. d.). Er starb zu
Pesaro.
diPuglia (spr. pulja),Stadt der ital.
ProvinzBari, im
Kreis
[* 14]
Barletta, unweit rechts vom Ofanto,von
Oliven- und
Weinpflanzungen umgeben, hat (1881) 18843 E., eine
KathedraleSan Sabino, 1101 erbaut und 1825 mit
Turm
[* 15] versehen, mit der Grabkapelle
Bohemunds I. (gest. 1111), sowie ein von
Karl I. von Neapel 1270 erbautes, heute verfallenes
Kastell. - Canosa di Puglia ist das alte, von den Griechen gegründete
Canusium in
Apulien, bis zum zweiten
Punischen Kriege eine
der bedeutendsten Handelsstädte
Italiens,
[* 16] von dem noch Reste eines
Amphitheaters, einer Wasserleitung
[* 17] sowie eines Thorwegs
zu sehen sind, der fälschlich für einen
Triumphbogen des
Terentius Varro ausgegeben wird. In der Nähe die von Millin und
andern 1812 - 13 entdeckten Felsengräber, das Schlachtfeld sowie die Trümmer von
Cannä. -
Vgl. Millin,
Description des tombeaux de Canosa di Puglia (Par. 1816, mit Abbildungen).
Felsenburg, 15 km südwestlich von Reggio nell' Emilia. Nach sagenhafter Überlieferung ward hier 951
Adelheid
(s. d.), König Lothars
Witwe, von
Berengar II. belagert, als sie
KaiserOtto d. Gr. ihre
Hand
[* 18] und die
KroneItaliens anbot. Im 11. Jahrh.
gebot in Canossa die mächtige Gräfin Mathilde, die Freundin
Gregors VII., vor dem hier König
Heinrich IV. 1077 sich
demütigte; 1115 nahm
Heinrich V. mit den übrigen
Gütern der Mathilde auch diese
Burg inBesitz. Jetzt sind von dem alten
Glanze
keine
Spuren mehr geblieben. (S. auch
Nach Canossa gehen wir nicht.)
Antonio, ital. Bildhauer, geb. zu Possagno bei
Treviso, kam zu einem Bildhauer in
Bassano in die
Lehre.
[* 19] Seine erste eigene
Arbeit, die er in seinem 17. Jahre lieferte, war eine Eurydike in halber Lebensgröße. Er kam
dann auf die
Akademie zu
Venedig,
[* 20] wo er einen Preis errang und namentlich die
Statue des Marchese Poleni für
Padua
[* 21] lieferte.
Im 23. Jahre vollendete er die Gruppe Dädalus und Ikarus, die noch durchaus die Formen des Rokokostils zeigt. Zur Belohnung
für diese
Arbeit sandte ihn der Senat vonVenedig 1779
^[Artikel, die man unter C vermißt, sind unter K aufzusuchen.]
mit einem Jahrgehalt von 300 Ducati nach Rom.
[* 23] Hier war die ersteFrucht seines Studiums der Antike die StatueApollos. Einen weitern
Fortschritt zeigte er in dem Minotaurenbesieger Theseus (1783), seit 1890 auf der Prachttreppe des neuen kunsthistor. Hofmuseums
zu Wien aufgestellt. Trotzdem bei diesem Kolossalwerke die altröm. Vorbilder sichtlichen Einfluß hatten,
konnte sich Canova von den Banden des Rokoko nicht ganz frei machen. Seine Kunst neigt entschieden zum Anmutigen, Lieblichen,
oft süßlich Gezierten und Glatten.
Diese Eigenart trat in den Gruppen des Amor und der Psyche, Venus und Adonis und zahlreichen andern Werken der Art zu Tage. In der
Statue der büßenden Magdalena, in natürlicher Größe, trieb er das Streben nach Weichheit der Darstellung
auf die Spitze. Seine Versuche im Tragischen an einem rasenden Hercules, der den Lichas ins Meer schleudert, und an den Faustkämpfern
Kreugas und Damoxenes (im Vatikan)
[* 24] machen den Eindruck des Gesuchten und Schwülstigen. Daneben gingen
die größern Arbeiten des Grabmals für Clemens XIV., welches ceremonielle Steifheit atmet, und des für Clemens XIII. (1792),
das einen edlern Stil zeigt.
Seinen höchsten Triumph erreichte Canova durch die Gruppe: Amor und Psyche, im Louvre. In den J. 1796 und 1797 arbeitete er das
Modell zu dem Grabmale der Erzherzogin Christine von Österreich,
[* 25] Gemahlin des HerzogsAlbert von Sachsen-Teschen,
das er 1805 in der Augustinerkirche zu Wien aufstellte, und 1803 verfertigte er die Statue Ferdinands, Königs von Neapel,
eine seiner schönsten Arbeiten in Marmor. In den J. 1798 und 1799 begleitete Canova den Senator Prinzen Rezzonico auf einer Reise
durch Deutschland.
[* 26]
Nach seiner Rückkehr hielt er sich einige Zeit im Venetianischenauf und malte für die Kirche seines Geburtsortes ein Altarblatt.
Dann arbeitete er in Rom den Perseus
[* 27] mit dem Haupte der Medusa, eins seiner berühmtesten Werke, dessen Formen und zarte Bearbeitung
gleichmäßig gefeiert wurden. 1802 wurde Canova von Pius VII.zum Oberaufseher aller röm. Kunstsachen und
aller Kunstunternehmungen im Kirchenstaate ernannt, bald nachher aber von Bonaparte nach Paris
[* 28] berufen, um das Modell zu dessen
kolossaler Bildsäule zu fertigen.
Nach dem Sturze des franz. Kaiserreichs forderte Canova 1815 im Auftrage des Papstes die aus Rom entführten Kunstwerke zurück,
bei welcher Gelegenheit ihm der Charakter eines Gesandten verliehen wurde; dann ging er nach London
[* 29] und
kam 1816 wieder nach Rom, wo PiusVII. wegen seiner hohen Verdienste um die Stadt Rom seinen Namen in das Goldene Buch des Kapitols
eintragen ließ und ihn zum Marchese von Ischia
[* 30] ernannte. Canova verwendete sein bedeutendes Privatvermögen
zur Unterstützung der Künstler in Rom, auf den Bau eines prächtigen Tempels in seinem Geburtsorte, einer Rotunde, deren Vorderseite
nach dem Pantheon von Rom gebildet ist. Canova schmückte diese Rotunde mit einigen seiner letzten Arbeiten, z. B. mit einer Kolossalstatue
der Religion mit Kreuz
[* 31] und Schild.
[* 32] Er starb zu Venedig.
Sein Leichnam ruht in der Kirche zu Possagno. In Venedig ward ihm 1827 jenes marmorne Denkmal in der Kirche de' Frari nach einigen
Umänderungen errichtet, welches er selbst für Tizian entworfen hatte. Ein anderes Denkmal ließ ihm Leo XII. 1833 in der kapitolinischen
Bibliothek setzen. Von seinen Werken sind noch hervorzuheben: Die Nektar schenkende Hebe (Berlin,
[* 33] Nationalgalerie);
die
BildsäulePius' VI. in der St. Peterskirche zu Rom. Canova war ein Bahnbrecher der modernen, an antiken Vorbildern
genährten Bildnerei und ist als solcher wohl stark über Gebühr gefeiert worden.
Seine Statuen sind kalt und frostig, nur
die genreartigen Kompositionen haben mehr um ihrer dem Rokoko nahe verwandten etwas gezierten Anmut als ihrer
Klassicität willen noch jetzt ihre Bewunderer.
BiographienC.s haben geliefert: Missirini (4 Bde., Prato 1827), Cicognara (Vened. 1823), Rosini (Pisa
[* 36] 1825) und d' Este (Flor.
1864). Auch erschienen «The works of Canova», in Umrissen gestochen von Moses (3 Bde., Lond. 1828). -
Vgl. Albrizzi, Descrizione
delle opere di Canova (5 Bde., Pisa 1821 -
25);
Quatremère de Quincy, Canova et ses ouvrages (Par. 1834);
delCastillo (spr.-illjo), DonAntonio, span. Staatsmann, geb. zu Malaga, studierte
in Madrid Philosophie und Jurisprudenz, machte sich zuerst bekannt durch seine Dichtungen, deren Hauptvorzüge
ein knapper Stil, treffender Ausdruck und glühende Vaterlandsliebe sind. Er verfaßte 1854 das liberale O'Donnellsche Programm
von Manzanares. Von Malaga in die Cortes gewählt, erhielt er 1854 eine Stellung im auswärtigen Ministerium, war 1855 - 57 Geschäftsträger
in Rom, dann Statthalter von Cadiz,
[* 37] Unterstaatssekretär, wurde 1864 Minister des Innern, vertauschte aber
bald unter O'Donnell dieses Portefeuille mit demjenigen der Kolonien und provisorisch mit dem der Finanzen. Er wurde 1868 durch
Narvaez und Gonzalez Bravo verbannt, bekämpfte dann, wieder zurückgekehrt, in den Konstituierenden Cortes die demokratische
Verfassung von 1869, bekannte sich im Juni 1870 für die bourbonische Restauration unter Alfons XII., leitete
des letztern Erziehung und war fortan die Seele der ganzen Restaurationsbewegung.
Nach dem Pronunciamiento von Martinez Campos in Sagunto übernahm er das Präsidium des Regentschaftsministeriums
für Alfons, blieb auch nach der Thronbesteigung des Königs in dem sog. Versöhnungsministerium
an der Spitze des Kabinetts, trat aber im Sept. 1875 zurück, weil er die der röm. Kurie gemachte Zusage
auf Wiederherstellung des Konkordats von 1851 nicht erfüllen konnte. Aber schon übernahm er wieder die Präsidentschaft,
beendigte den zweiten karlistischen Bürgerkrieg und dann den Aufstand in Cuba durch den General Martinez Campos.
Als Martinez Campos sich allzu nachgiebig zeigte, berief Cánovas ihn zurück und riet dem König, ihn
an die Spitze des Kabinetts zu stellen, worauf Cánovas selbst im März 1879 zurücktrat. Als der Aufstand in Cuba zum zweitenmal ausbrach
und im Schoße des Ministeriums Meinungsverschiedenheiten auftauchten, gab Martinez Campos seine Entlassung, und Cánovas trat von
neuem an die Spitze der Regierung. Er beendigte mit dem GeneralBlanco den Aufstand in Cuba zum zweitenmal; allein infolge der
mehr und mehr zu Tage tretenden reaktionären Neigung seines Ministeriums wurde Cánovas von Martinez Campos und Sagasta heftig angegriffen
und gab im Febr. 1881 seine Entlassung, worauf das Ministerium Sagasta
^[Artikel, die man unter C vermißt, sind unter K aufzusuchen.]
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ans Ruder kam. Die äußere Veranlassung zu seinem Rücktritt war seine Weigerung, dem Wunsche des Königs, der seiner Tochter
den Titel «Prinzessin von Asturien» erteilen wollte, zu willfahren. Im übrigen gehörte es zu dem System dieses Staatsmannes,
dem namentlich die Versöhnung der mächtigen Karlistenpartei mit der konstitutionellen Monarchie am Herzen
lag, daß die Konservativ-Liberalen und die mit den dynastischen Demokraten verbundenen Liberalen sich in der Regierung ablösen
sollten. Bei den Neuwahlen desselben Jahres ward Cánovas von Madrid in die Cortes gewählt, wo er als erklärter Führer
der «konservativ-liberalen Partei» und als bedeutender Redner die ersteStelle in der Opposition gegen
Sagastas Regierung einnahm.
Dem seit Okt. 1883 berufenen Ministerium Posada de Herrera, das die Einführung des allgemeinen Stimmrechts und die Reformder Verfassung in sein Programm aufnahm, trat Cánovas sehr entschieden entgegen. Als das Kabinett Posada dann zurücktreten mußte,
wurde Cánovas wieder mit der Bildung eines neuen Ministeriums beauftragt und übernahm die Präsidentschaft
desselben. Er bezeichnete als das Ziel seines Strebens die Sicherung der Ordnung und der Freiheit und die Befestigung der
Monarchie.
Durch Auflösung der Cortes verschaffte er sich bei den Neuwahlen eine regierungsfreundliche Mehrheit. Als nach dem Tode des
Königs dessen Witwe, Marie Christine, die Regentschaft übernahm, reichte das Ministerium Cánovas sein
Entlassungsgesuch ein, worauf Sagasta die Ministerpräsidentschaft übernahm. Cánovas wurde bei Wiedereröffnung
der Cortes zum Präsidenten der Kammer gewählt. Seine entschiedene Opposition gegen Einführung des allgemeinen
Stimmrechts, die ihm seitens der Volksmassen in Barcelona,
[* 39] Saragossa,
[* 40] Madrid und Sevilla
[* 41] unliebsame Kundgebungen
zuzog, sein anspruchsvolles Auftreten, das ihm bei Hofe übel ausgelegt wurde, sowie die Geschicklichkeit Sagastas, der seine
Stellung durch die Annäherung an die Ordnungs-Republikaner von der FarbeCastelars zu stärken verstand, vereitelte 1888 und 1889 Cánovas' Bemühen,
wieder an die Regierung zu kommen.
Erst als im Juli 1890 das Ministerium Sagasta seine Entlassung nahm, wurde Cánovas wieder an
die Spitze des Ministeriums berufen. Er mußte aber bereits im Dez. 1892 Sagasta aufs neue weichen. Cánovas, der
schon 1860 in die Akademie der Geschichte und 1867 in die königl. Spanische
[* 42] Akademie aufgenommen wurde, hat sich auch als Schriftsteller
und Gelehrter hervorgethan. Von seinen Werken sind zu nennen: «La campana de Huesca» (1852; 2. Aufl.
1854),
«El solitario y su tiempo. Biografia de Serafin Estébanez Calderon, y critica de sus obras» (2 Bde., Madr.
1883),
«Problemas contemporáneos» (ebd. 1884),
«Estudios del reinado de Felipe IV» (Bd. 1 u. 2, ebd.
1888-90) und die unter seiner Leitung erscheinende «Historia general de España» (ebd. 1890 fg.).
Paste, eine früher vielfach angewandte Ätzmasse behufs chem. Zerstörung
krankhafter Gewebe,
[* 43] bestehend aus 1 Teil Zinkchlor und 2-4 Teilen Mehl,
[* 44] mit wenig Wasser zu einem dicken Brei gemengt.
(spr. kangrobähr), Francois Certain de, Marschall von Frankreich, geb. zu
St. Cerré in der Auvergne, trat 1826 in die Militärschule von St. Cyr und 1828 als Unterlieutenant in die Infanterie, kam 1835 als
Freiwilliger nach Afrika
[* 45] und diente dort gegen
Abd el-Kader. 1839 nach Frankreich zurückgekehrt, bildete er aus übergetretenen
Karlisten ein Fremdenbataillon, wurde bei der Organisation der Chasseurs d'Orléans in diese Truppe versetzt
und kehrte 1841 nach Afrika zurück, wo er 1845 zum Oberstlieutenant und 1847 zum Obersten und Kommandanten des Zuavenregiments
befördert wurde. In dieser Stellung schlug er den Aufstand in der Oase Zaadscha Nov. 1849 nieder, wurde 1850 zum Brigadegeneral
befördert und erhielt eine Brigade der Armee vonParis.
Bei dem Staatsstreiche vom leitete er als Adjutant Napoleons die militär. Maßregeln in der Hauptstadt und wurde
zum Divisionsgeneral befördert. Im Orientkrieg nahm er teil an der Schlacht an der Alma und übernahm 26. Sept. im Lager
[* 46] an der
Tschernaja den Oberbefehl, als Saint-Arnaud die Armee verließ. Zerwürfnisse mit Lord Raglan veranlaßten ihn während der
Belagerung von Sewastopol
[* 47] seine Entlassung einzureichen, doch blieb er in der Krim
[* 48] und übernahm 19. Mai wieder den Befehl über
seine Division.
Aug. 1855 wurde er zurückberufen, zum Marschall ernannt und in vertraulicher Mission nach
Stockholm
[* 49] gesendet, um ein Bündnis mit Schweden
[* 50] abzuschließen. Als Jan. 1858 die Militärdivisionen Frankreichs unter fünf
Generalkommandos gestellt wurden, erhielt Canrobert das dritte in Nancy.
[* 51] Im ItalienischenKriege von 1859 befehligte er das 3. Korps.
Zur Schlacht von Magenta kam nur ein Teil desselben. Bei Solferino
[* 52] war Canrobert bestimmt, die aus Mantua
[* 53] ausrückenden
Truppen des Feindes zu beobachten, und leistete dem Marschall Niel nicht rasch genug Unterstützung, worüber es später zwischen
beiden Generalen zu bittern Erörterungen kam.
Nach dem Kriege kehrte Canrobert nach Nancy zurück, erhielt aber 1861 das 4. Armeekorps in Lyon
[* 54] und 1865 das Generalkommando
von Paris. Canrobert hatte schon damals erkannt, daß das franz. Heerwesen einer gründlichen Reform bedürfe, weshalb er die auf dieses
Ziel gerichteten Bestrebungen des Kriegsministers Marschall Niel thunlichst unterstützte und namentlich für möglichste
Beschleunigung der neuen Infanteriebewaffnung eintrat. Als der Deutsch-FranzösischeKrieg von 1870 ausbrach, befehligte er
das 6. Armeekorps.
Nach den ersten Niederlagen erhielt Canrobert 9. Aug.Befehl, sich mit der Rheinarmee bei Metz
[* 55] zu vereinigen, was ihm indes nur noch
mit einem Teile seines Korps gelang. Canrobert führte sein Korps in der Schlacht bei Vionville(16. Aug.), verteidigte 18. Aug. St. Privat
und wurde sodann in Metz eingeschlossen, wodurch er 27. Okt. in deutsche Kriegsgefangenschaft geriet. Bei
Abschluß des Präliminarfriedens von Versailles
[* 56] kehrte Canrobert nach Frankreich zurück und nahm an der Neuformation des franz.
Heers Anteil. Später wurde er Mitglied des obersten Kriegsrats, legte aber diese Stelle Juni 1873 nieder. In den Verhandlungen
des Prozesses Bazaine trat er 1873 als Belastungszeuge gegen den Angeklagten auf. Canrobert war seit 1879 Mitglied
des franz. Senats, bewarb sich aber bei den Neuwahlen 1894 nicht wieder um ein Mandat.
^[Artikel, die man unter C vermißt, sind unter K aufzusuchen.]
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Brüssel,
[* 62] wo ihn die belg. Regierung mit der Errichtung eines Cholerahospitals in Houlay
beauftragte. Nachdem er fünf Jahre als praktischer Arzt in Brüssel gewirkt hatte, kehrte er in das Vaterland zurück, wo
er 1838 zum Gerichtsarzt und Mitglied des Kreis-Medizinalausschusses zu Ansbach,
[* 63] 1843 zum Professor der mediz. Klinik und
Direktor des Krankenhauses in Erlangen
[* 64] ernannt ward. Hier starb er Von C.s wissenschaftlichen
Arbeiten ist, außer den Monographien über die Choleraepidemie, die Brightsche Krankheit und die Krankheiten des Greisenalters,
besonders «Die specielle Pathologie und Therapie vom klinischen Standpunkte» (4 Bde., Erlangen 1841 - 42; 3. Aufl., bearbeitet
von Henoch, 3 Bde., 1854 - 56) hervorzuheben. Ein dauerndes Verdienst
um die mediz. Wissenschaften erwarb er sich durch den «Jahresbericht über die
Fortschritte der gesamten Medizin» (Erlangen 1842 fg.; Würzb. 1851 - 65; fortgesetzt von Virchow und Hirsch,
[* 65] Berl. 1866 fg.).
Karl Hildebrand, Freiherr von, Stifter der Cansteinschen Bibelanstalt (s. d.), geb. auf dem
Gute Lindenberg bei Fürstenwalde,
[* 66] studierte in Frankfurt
[* 67] a. O. die Rechte und wurde 1689 von Kurfürst Friedrich III. zum Kammerjunker
ernannt. Nachdem er bald seinen Abschied genommen hatte, kämpfte er 1692 als Freiwilliger bei den brandenb. Truppen in Flandern
gegen die Franzosen. Während einer schweren Krankheit wurde er für die pietistischen Anschauungen gewonnen
und zog sich nun ins Privatleben nach Berlin zurück, wo er mit Spener und durch diesen mit A. H. Francke zu Halle
[* 68] bekannt wurde.
Für die Hauptforderung dieser beiden Theologen, daß, um echt religiöse Gemüter zu erziehen, die Bibel
[* 69] in
den Mittelpunkt des christl. Lebens treten müsse, begeisterte sich auch Canstein; sein
Wunsch war, den Ärmern die Anschaffung der Bibel zu erleichtern und zu diesem Zwecke eine Ausgabe mit stehenden Lettern zu
möglichst geringem Preise herzustellen. Canstein selbst spendete eine bedeutende Summe, die durch Beiträge anderer auf über 11000 Thlr.
stieg. So kam das Unternehmen 1712 in Gang.
[* 70] Nach dem TodeC.s in Berlin) wurde die von ihm noch
testamentarisch bedachte Anstalt mit den Franckeschen Stiftungen (s. d.) in Halle verbunden. Canstein schrieb u. a. «Harmonie und
Auslegung der vier Evangelisten» (2 Tle., Halle 1727 - 34). -
Vgl. Plath, K. H. Freih. von Canstein (Halle 1861).
Bibelanstalt, benannt nach Freiherrn K. H. von Canstein (s. d.), begann ihre Thätigkeit 1712 mit Ausgabe
des NeuenTestaments, gab 1713 die ganze Bibel heraus, erreichte aber erst nach der Vereinigung mit den Franckeschen Stiftungen
(s. d.) in Halle ihre Hauptblüte. Bereits 1719 - 35 erschienen 37 Ausgaben des NeuenTestaments, 21 der
Großoktavbibeln, 35 der Handbibel; doch kommt der Name Cansteinsche Bibelanstalt auf den Ausgaben erst seit 1775 vor. Heute, wo die Anstalt bedeutend
vergrößert ist, werden jährlich etwa 50000 Vollbibeln ausgegeben.
Die Bibelverbreitung von 1712 bis 1890 beträgt rund 6750000 Bibeln und NeueTestamente, darunter reichlich 100000
in böhm., poln., litauischer, niederlausitzisch-wend.
Sprache.
[* 71] Der Ruf der Cansteinsche Bibelanstalt liegt aber nicht bloß in der Bibelverbreitung begründet, sondern auch darin,
daß die Anstalt für die zeitgemäße Fortentwicklung der Lutherbibel, mit Beibehaltung der deutsch-volkstümlichen Gestalt,
Sorge trägt. Der Cansteinsche Text liegt auch der großen Bibelrevision zu Grunde, die
von der Cansteinsche Bibelanstalt durch
belangreiche Vorarbeiten angeregt und eingeleitet, später einen öffentlichen Charakter genommen und nach vollen 30 Jahren
ihren Abschluß erreicht hat. Die revidierte Bibel der Cansteinsche Bibelanstalt erschien 1892. Vorsteher der Anstalt ist der jedesmalige Direktor
der Franckeschen Stiftungen. -
Vgl. Niemeyer, Geschichte der Cansteinsche Bibelanstalt (Halle 1827);
Bertram, Geschichte der
Cansteinsche Bibelanstalt (ebd. 1863);
(ital., «sangbar») bezeichnet
im allgemeinen das Leichtfaßliche, Fließende einer Melodie, wie es der Menschenstimme vorzugsweise
zusagt, im Gegensatz zum Passagenwerk und der figurierten Ausführung, die sich mehr für Instrumente eignet oder doch diesen
nachgebildet ist.
Man bezeichnet deshalb auch ganze Stücke, die durch eine sangbare Melodie getragen werden, als Cantabile. Die Hauptstimme
solcher Cantabile nennt man Kantilene.
ein Gebirgsvolk des alten Spanien,
[* 72] iber. Stammes, das etwa in der heutigen Provinz Santander
und Teilen der östl., westl. und südl.
angrenzenden Provinzen am Biscayischen Meerbusen, der nach ihnen auch das Cantabrische Meer hieß, wohnhaft war. Sie werden
als ein wenig kultiviertes Volk von rauhen Sitten geschildert. Ihre heldenmütige Tapferkeit zeigten sie besonders in den Kriegen
gegen die Römer.
[* 73] Da die Cantabrer die unterworfenen TeileSpaniens immer aufs neue beunruhigten, ging Augustus 27 v. Chr.
selbst nach Spanien, um sie niederzuwerfen. Der Krieg schien 25 v. Chr. beendigt, aber 24, 22 und 20 v. Chr. erfolgten neue Aufstände.
Der letzte war der größte, wurde jedoch von Agrippa so kräftig niedergeworfen, daß seitdem der Widerstand
der Cantabrer gebrochen war. Städte besaßen die Cantabrer nicht; Augustus legte an den Quellen des Ebro Juliobriga und (vermutlich in der
Gegend des heutigen Santoña) Portus Victoriae an.
Gebirge (span. Pirineos Cantábricos oder Océanicos, die 460 km lange westl.
Fortsetzung der Pyrenäen, welche vom Quellgebiet der Bidassoa in Navarra, die Grenze gegen Leon und Altcastilien
bildend, bis zum KapFinisterre meist dem 43. Breitengrade folgt. Es bildet die Wasserscheide zwischen dem Biscayischen Meerbusen
und dem Ebro und Duero, zerfällt in die BaskischenBerge, die Berge von Santander, das Asturische und das Galicische Gebirge
und erreicht in den nebel- und wasserreichen Pirineos astúricos an der Grenze von Asturien und Leon seinen
wildesten Charakter und die bedeutendsten Höhen, von denen einzelne in die Schneeregion emporragen, so die Peñas de Europa
[* 74] (2665 m) und die Peña Ubiña (2302 m) südwestlich von Oviedo. (S. Asturien.)
(provençalisch, spr. kangtaduhr),Straßen- und Bänkelsänger. ^[= herumziehende Personen, die bei Jahrmärkten und ähnlichen Anlässen auf öffentlichen Plätzen ...]
Stadt in dem brasil. Staat Rio de Janeiro, an einem südl. Nebenfluß des Parahyba und an der Eisenbahn
von Nictheroy nach Aldea da Petra, hat 3000 E., darunter viele Deutsche.
[* 75]
(spr. kangtáll), Departement in Südfrankreich, aus der südl.
oder Ober-Auvergne gebildet, grenzt im N. an das Depart. Puy-de-Dôme, im O. an Haute-Loire, im SO. an Lozère, im S. an Aveyron,
im W. an Lot und Corrèze, hat 5740,47 (nach Berechnung 5775) qkm, (1891) 239601 E.,
^[Artikel, die man unter C vermißt, sind unter K aufzusuchen.]
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darunter 198 Ausländer, und zerfällt in die 4 ArrondissementsAurillac, St. Flour, Mauriac und Murat mit 23 Kantonen und 267 Gemeinden.
Hauptstadt ist Aurillac (s. d.). Das Departement ist im Mittel 800 m hoch und enthält die zweithöchste Erhebung der Auvergne,
den Cantal, einen dem Urgebirge 500 m hoch aufgesetzten vulkanischen Bergstock, der, 70 km im Durchmesser, 600 qkm
mit Porphyr, Basalt, Lava und Bimsstein bedeckt hat und im Plomb du Cantal 1858,3 m absolute Höhe erreicht. Er ist an seiner Westseite
tief gefurcht und stark bewaldet, an der Ostseite ziemlich kahl und fast 8 Monate des Jahres mit Schnee
[* 77] bedeckt.
Mehr als die Hälfte des Bodens ist mit Trachyt- oder Basaltströmen überdeckt. Die 900 - 1300 m hohen Berge von Salers sind
durch die mächtigen Basaltströme gebildet, welche dem 1787 m hohen Puy-Mary entströmt sind. Von den Flüssen gehen Rhue,
Sumène, Maronne, Cère, Truyère zum Lot oder zur Dordogne, der Alagnon mit dem Arcueil zum Allier. Der
ganze Cantal ist mit wundervollem Graswuchse überdeckt, aber nur die strahlenförmig vom Cantal auslaufenden
Thäler sind zwischen 620 und 1000 m Höhe fruchtbar, namentlich die zwischen St. Flour und Murat gelegene 1000 m hohe Planèze,
die sog. Kornkammer des Landes.
Die guten Weiden und Wiesen gestatten einen schwunghaften Betrieb der Viehzucht
[* 78] (1887: 389112 Schafe,
[* 79] 228484
Rinder,
[* 80] 47132 Schweine).
[* 81] Der Ackerbau gewinnt vorzugsweise Roggen (659000 hl auf 64520 ha 1887), Hafer
[* 82] (156300 hl) und Buchweizen,
der nebst den Kastanien (im Castagnal genannten Landesteile) das Hauptnahrungsmittel der Bevölkerung
[* 83] ist. Mit Ausnahme einiger
Steinkohlen werden brennbare Mineralien nicht gefunden, wohl aber werden Marmor, Sandstein und Mühlsteine
[* 84] gebrochen.
Berühmte Mineralquellen entspringen in Chaudes-aigues, La Bastide, Condamine und Vic-sur-Cère. In den Gehölzen, etwa ein
Achtel der Fläche, hausen Eber und Wölfe. Der Industriebetrieb beschränkt sich auf Verfertigung von Kesseln und andern kupfernen
Küchengeräten, auf Fabrikation von Papier, Spitzen, Holz- und Glaswaren. Jährlich wandert eine große
Anzahl der Bevölkerung nach Paris und andern StädtenFrankreichs, sogar nach Catalonien und Holland aus, wo sie als Kesselflicker
und in andern niedern Erwerbszweigen Verdienst suchen, um mit ihren Ersparnissen zurückzukehren. Cantal besitzt 382,1
km National-, 550,5 Departementalstraßen, 147,1 km der das Departement von NO. nach SW. durchquerenden
Orléansbahn (mit 1956 m langem Tunnel)
[* 85] und von höhern Schulen drei Kommunal-Collèges. -
Vgl. Deribier du Châtelet, Dictionnaire-statistique
et historique du départ. du Cantal (5 Bde., Aurillac 1851 - 58);
Parieu, Essai sur la statistique agricole du départ. du Cantal (4.
Aufl., ebd. 1875);
F. Gebhart, Statistique forestière du départ. du Cantal (ebd. 1889).
Arnoldo, Arzt und Kliniker, geb. zu Hainsbach in Böhmen
[* 86] als Sohn eines ital. Arztes, studierte
zu Prag
[* 87] Medizin, war zunächst Sekundärarzt am PragerAllgemeinenKrankenhause, von 1864 bis 1867 außerord. Professor der Pharmakologie
und Toxikologie in Pavia, wurde 1867 Leiter der mediz. Klinik am Ospedale maggiore zu Mailand,
[* 88] 1868 ord.
Professor und Direktor der zweiten mediz. Klinik in Neapel und 1888 in derselben Stellung auf die erste Klinik versetzt. Cantani war
außerdem Mitglied des obersten Unterrichtsrats sowie des obersten Sanitätsrats in
Rom. Er starb in
Neapel.
Besondere Verdienste hat er sich um die Einführung der deutschen Medizin in Italien
[* 89] erworben, welche er durch seine mit einem
Bande von Zusätzen ausgestattete Übersetzung der Niemeyerschen «Pathologie und Therapie» (in drei Auflagen in Mailand erschienen)
populär machte. Seine Arbeiten betreffen vorwiegend die Infektionskrankheiten, besonders Tuberkulose, Malaria, Cholera
und Typhus sowie die Zuckerharnruhr und die andern Stoffwechselkrankheiten. Außer zahlreichen Journalaufsätzen schrieb er
ein «Manuale di farmacologia clinica » (2. Aufl., 5 Bde.,
Mail. 1885 - 90),
«Specielle Pathologie und Therapie der Stoffwechselkrankheiten» (deutsch von Hahn,
[* 90] 4 Bde.,
Berl. 1873 - 83),
«Zur Behandlung des Choleraanfalls» (deutsch von Fränkel, 3. Aufl., Lpz. 1884). Großes
Aufsehen erregte sein mißbilligendes Urteil über die allzuhäufige Anwendung der antipyretischen Mittel.
oder Cantaio (ital.), Kantār (arab.) oder Kintál, ein dem deutschen Centner entsprechendes Handelsgewicht
in der Türkei,
[* 95] Serbien,
[* 96] Rumänien, Bulgarien, Griechenland,
[* 97] Nordafrika, Malta und Unteritalien, von sehr verschiedener Schwere
und meist in 100 Rottel (Rotoli) geteilt. In Alexandria und Kairo
[* 98] allein hatte man 22 verschiedene Kantar
oder Kuß. Der jetzt wichtigste Kantar in Ägypten,
[* 99] der Zoll-Kantar, Kantar der Regierung, ist der gewöhnliche alexandrinische.
Er hat 100 gewöhnliche ägypt. Rottel oder 44 gewöhnliche ägypt.
Oken und ist daher = 44,473 kg. Der Cantaro oder Quintale der InselMalta, ursprünglich der sicilianische, wiegt 175 engl.
Handelspfd. = 79,379 kg. Der sicil. und der neapolitanische Cantaro oder Cantaio haben keine gesetzliche Geltung mehr.
Ersterer ist = 79,342 kg; von letzterm giebt es zwei Arten, einen großen Cantaro (Cantaro grosso) von 100 Rotoli = 89,1 kg und
einen kleinen Cantaro (Cantaro piccolo) von 36 Rotoli = 32,08 kg.
(Den Cantaro von Rom undToscana s. Centinaio.) Der griech. Kantar oder Statēr von 44 (ursprünglich türk.) Oken, seit mehr als
einem halben Jahrhundert außer gesetzlicher Geltung, aber sogar noch im neuesten Zolltarif vorkommend, ist = 56,32 kg.
Der Kantar von Konstantinopel
[* 100] hat 100 Rottel = 44 türk. Oken = 56,450 kg. Der seit 1. (13.) März 1874 gesetzliche
neue türk. Kantar (Kantar-â'chary, metrischer Centner) begreift 100 kg.
Der Cantaro von Rumänien und Serbien, ebenfalls ohne gesetzliche Geltung, ist der
^[Artikel, die man unter C vermißt, sind unter K aufzusuchen.]
¶
mehr
von Konstantinopel, mit dem auch) der bulgarische Cantaro übereinstimmt. Der Cantaro von Tripolis (Nordafrika) hat 100 Rotoli oder 40 Oken
= 48,832 kg; in Tunis
[* 102] ist der gewöhnliche Cantaro = 50,7 kg. (Den Cantaro oder Kintār von Marokko s. Artal.) - Cantaro hieß auch früher
ein Wein- und Branntweinmaß von 9,91 l in der ProvinzAragonien, und ein solches von 10,77 l in der ProvinzValencia.
[* 103] (S. auch Centinaio, Oka und Rotolo.)
(spr. kännt'rberri), Stadt und Parlamentsborough (1 Abgeordneter) der engl.
GrafschaftKent, 89 km im OSO. von London, an der Linie Dover-London und mit Ashford, Ramsgate und Whitstable
(9 km) durch Bahn verbunden, in einem freundlichen Thale am Stour, dessen Arme und Kanäle sie durchschneiden, hat (1891) 18085 E.
Die Stadt ist Sitz des Primas von England, des ersten Peers des Königreichs, der den König krönt, über 20 Bistümer gebietet
und gewöhnlich in Lambethhouse in Lambeth an der Themse residiert. Canterbury hat enge Straßen, altertümliche
Häuser mit Spitzdächern und Giebelfenstern und besitzt eine herrliche Kathedrale (s. Tafel: Englische
[* 105] Kunst I,
[* 101]
Fig. 5 u. 3), 1070 - 1130 erbaut
in Form eines doppelten Kreuzes, nach einem Brande 1174 - 85 teilweise neu erbaut und später mehrfach
erneuert, 155 m lang, mit 21 m breiten Seitenschiffen und einem 1495 vollendeten Hauptturme von 71,5 m Höhe.
Das Innere enthält zahlreiche Denkmäler, altengl. Glasmalereien, das GrabStephan Langtons, einen reich ausgestatteten Chor und
in Trinity Chapel die GräberHeinrichs IV. und des Schwarzen Prinzen. Die Krypta ist die der ursprünglichen
normann. Kirche. Überall finden sich Erinnerungen an den in der Kathedrale 1170 ermordeten Thomas a Becket. Außerdem besitzt
Canterbury ein an Stelle des Klosters des heil. Augustinus, des ersten Erzbischofs, neu erbautes Missionary College mit Bibliothek, eine
zum Teil aus der Zeit der Königin Bertha (um 600 n. Chr.) stammende St. Martinskirche, mehrere Hospitäler,
ursprünglich für Pilger erbaut, Museum, Stadthaus und röm. Altertümer. Die alte Herberge Checquers Inn, in der Chaucers
Pilger übernachteten, litt 1865 durch eine Feuersbrunst. Von Unterrichtsanstalten sind King's School aus dem 7. Jahrh. sowie
moderne Freischulen zu erwähnen. Die Bewohner treiben bedeutenden, durch eine Börse unterstützten Handel
mit Getreide,
[* 106] Hopfen
[* 107] und Wolle. - Canterbury, das röm. Durovernum, war Sitz der angelsächs.
Könige von Kent. Hier wurde im 6. Jahrh. das erste engl. Bistum gestiftet, das seit 1170 den Primat erlangte. Außer dem heil.
Augustin und Becket sind von den Erzbischöfen Anselm, Stephan Langton, Cranmer und Laud in der engl. Geschichte
zu großer Berühmtheit gelangt. -
Vgl. Willis, Architectural history of Canterbury Cathedral (Lond. 1845);
DeanStanley, Historical
memorials of Canterbury (10. Aufl., ebd. 1883).
tales (spr.
kännt'rberri tehls),d. i. «Canterbury-Geschichten», Titel des Hauptwerks
von G. Chaucer (s. d.) sowie einer Novellensammlung der Schwestern Lee (s. d.).
eine organische Substanz von der Zusammensetzung C10H12O4 , die besonders
in den span. Fliegen
[* 108] (Kanthariden) und andern Insekten
[* 109] als wirksamer giftiger Bestandteil vorhanden ist, durch Ausziehen mit
Chloroform gewonnen wird und in weißen Blättchen krystallisiert. Cantharidin schmilzt bei 218° und sublimiert
leicht. Es ist von bitterm Geschmack und zieht auf der Haut
[* 110] Blasen.
Das cantharidinsaure Kalium ist neuerdings von Liebermann
als Mittel gegen die Tuberkulose empfohlen und wird, wie die Kochsche Tuberkulinlymphe, subkutan angewendet.
ältere Benennung für eine jetzt aufgelöste Käfergattung, in welcher die Spanische Fliege
(s. d.) und die Telephoriden, eine Familie der Weichhäuter (s. d.),
vereinigt waren.
Gelegentlich wird Cantharis auch gleichbedeutend mit Telephorus gebraucht.
carnascialeschi (spr. karnaschaléski, «Karnevalslieder»)
heißen die Maskentanzgesänge für die Karnevalsfeste in Florenz, die Lorenzo de Medici zu einer eigenen
Gattung der Kunstlyrik ausbildete. Sie wurden von den Stände, Berufeu. dgl. darstellenden Maskenzügen in den Straßen vorgetragen.
LorenzosBeispiel fand vielfache Nachahmung, und so entstand eine ansehnliche Sammlung dieser eigenartigsten Erzeugnisse ital.
Dichtkunst. Sie sind von ausgelassener Fröhlichkeit und oft von anstößiger Zweideutigkeit, wie es der lockern
Karnevalssitte entsprach. Es giebt verschiedene Ausgaben; die bekanntesten und besten davon sind: «Trionfi, canti, mascherate
o Canti carnascialeschi» (Flor. 1559),
«Canti carnascialeschi, trionfi, carri e mascherate» (2 Bde.,
Cosmopoli, d. i. Lucca,
[* 111] 1750; abgedruckt von Guerrini, Mail. 1883).
(lat.), Gesang, Lied, ist insbesondere Bezeichnung für die auf der antiken Bühne unter
Flötenbegleitung vorgetragenen Einzelgesänge.
Sie wurden in Rom nicht von den Schauspielern ausgeführt, sondern von besondern
Sängern. Im weitern Sinne bedeutet Canticum dann alle von den Schauspielern selbst gesangartig vorgetragenen Partien der Schauspiele.
-
Vgl. Grysar, Über das Canticum und den Chor in der röm. Tragödie (in den «Sitzungsberichten» der WienerAkademie
der Wissenschaften, 1855).
Cantyre oder Kintyre (spr. kännteir), der südl. Teil einer Felsenhalbinsel an der Westküste Schottlands, in der
GrafschaftArgyll, erstreckt sich, 7 - 19 km breit, 68 km weit von N. nach S., und kommt mit dem Mull of
Cantire Irland auf 21 km nahe. Durch den Loch Tarbert und den Isthmus von Kilcalmonell ist Cantire von dem Knapdale genannten nördl.
Teil getrennt. Letzterer ist durch den zwischen Loch Fyne und Jura-Sund angelegten, 14,4 km langen, für Schiffe
[* 112] bis 200 t
fahrbaren Crinan-Kanal (15 Schleusen) vom Festlande abgeschnitten. Auf der Ostküste von Cantire liegt Campbeltown
(s. d.).