sich in
Canusium, der Konsul
Varro rettete sich mit 70 Reitern nach
Venusia. Hannibal dagegen hatte nur 6000 Mann eingebüßt.
Rom
[* 2] schien verloren, aber Hannibal wandte sich nicht gegen
Rom, sondern nach
Campanien, das größtenteils gleich nach der
Schlacht
zu ihm überging. -
Vgl. Stürenburg,De Romanorum cladibus Trasumenna et Cannensi (Lpz. 1883);
Joh.
Günther Friedr., Geograph, geb. zu
Sondershausen,
[* 3] widmete sich 1794 - 97 zu
Jena
[* 4] dem
Studium
der
Theologie, ward 1807 Rektor der Stadtschule zu
Greußen, 1819 Pastor zu Niederbösa, 1835 zu Bendeleben
und starb, seit 1848 emeritiert, zu
Sondershausen.
C.s litterar. Ruf begründet sich besonders auf sein «Lehrbuch
der Geographie» (Sondersh. 1816; 18. Aufl., bearbeitet
von Oertel und Zöllner, 2 Bde., Weim. 1870 -
75). Demselben ließ er die
«Kleine Schulgeographie» (Sondersh. 1818; 20. Aufl.,
Weim. 1870) folgen, die lange Zeit hindurch als Lehrbuch auf den deutschen
Bürger- und Mittelschulen diente.
«Neuestes Gemälde von
Frankreich»
(2 Bde., 1831 - 32),
«Neuestes Gemälde des europ.
Rußland und des Königreichs
Polen» (2 Bde., 1833; die beiden letzten Werke
erschienen in Schütz,
«Allgemeine Erdkunde»,
[* 13]
Wien),
[* 14]
«Hilfsbuch beim Unterricht in der Geographie» (2. Aufl., 3 Bde.,
Eisl. 1838 - 40).
das
Alkaloid aus der
Cannabisindica Lam.,
eine braune, amorphe, geschmacklose
Masse, wird als Cannabinum tannicum fabrikmäßig hergestellt und in Gaben von 0,25 bis
0,50 g als ein sicher und doch mild wirkendes Schlafmittel empfohlen, hat sich aber nicht einbürgern können.
Auch das
Cannabinon, ein aus derselben
Pflanze dargestellter balsamisch-harziger Körper, ist ein Hypnotikum, das einen ruhigen Schlaf
erzeugt, hat aber mitunter unangenehme Nebenwirkungen;
oder Marantaceen, monokotyledonische Pflanzenfamilie aus der Ordnung der Scitamineen
(s. d.) mit nur etwa 30
Arten, sämtlich im tropischen
Amerika.
[* 16] Es sind krautartige Gewächse mit meist kriechendem Wurzelstock
und breiten, ganzrandigen
Blättern. Die
Blüten sind lebhaft gefärbt und unregelmäßig gebaut, besitzen nur ein einziges
Staubgefäß, an dem nur eine Antherenhälfte vollständig entwickelt ist, während die andere sowie die übrigen
Staubgefäße
[* 17] blumenblattartig verbildet sind. Manche
Arten der Cannaceen werden als Zierpflanzen wegen ihrer schönen
Blätter und
Blüten kultiviert; von einigen dienen die
Knollen
[* 18] zur Gewinnung von
Stärkemehl.
(Kännelkohle), eine z. B. inSchottland und Saarbrücken
[* 19] vorkommende
Varietät der
Steinkohle, sammetschwarz, mit flachmuscheligem, wachsartigem
Bruch, bitumenreich, mild, politurfähig.
(spr. kann),Hauptstadt des Kantons Cannes (115,35 qkm, 6 Gemeinden, 26237 E.)
im
Arrondissement Grasse des franz. Depart.
Alpes-Maritimes, am nordöstl. Ende des Golfs von Napoule, 35,6 km südwestlich
von Nizza,
[* 20] an den Linien Marseille-Nizza und Cannes-Grasse (20 km) der Mittelmeerbahn, hat (1891) 14470,
als Gemeinde 19983 E., einen kleinen
Hafen,
Leuchtturm, Schiffswerfte und Seebäder. Die Stadt ist amphitheatralisch gebaut,
zieht sich mehr als 6 km an der
Küste hin und besitzt ein schönes 1876 erbautes
Stadthaus mit
Bibliothek und Altertumsmuseum,
das große Kasino, den malerischen Pont-de-Riou an
Stelle einer röm.
Brücke
[* 21] und den um 1070 angefangenen
und 1395 vollendeten
Turm
[* 22] des Abteischlosses (an der
Stelle des röm.
Castrum Marcellinum) mit herrlicher Aussicht.
Die Bevölkerung fabriziert Öle
[* 23] und Parfümerien, treibt
Sardinen- und Anchovisfischerei sowie lebhaften
Handel mit
Südfrüchten,
Öl, Seife, Parfümerien und Salzfischen. Cannes, durch das Esterelgebirge gegen die Nordwinde
geschützt, hat sehr mildes und beständiges
Klima
[* 24] (mittlere Jahrestemperatur 16,4° C., die des Winters 9,8, des November
11,5, des Dezember 8,6, des Januar 8,9, Februar 9,3, des März 10,6;
Extrem: 32°, mit 22 wolkenlosen
Tagen im Dezember und
im ganzen 647
mmRegen) und ist gegenwärtig, obgleich vor wenigen Jahrzehnten noch ein Dorf, einer der
berühmtesten klimatischen Kurorte mit vielen großen Hotels, prächtigen Landhäusern, ausgedehnten Spaziergängen, der
hauptsächlich von Engländern,
Russen und von der franz.
Aristokratie besucht wird und jeden Winter etwa 5000 Fremde beherbergt.
Cannes hat Seebäder,
Theater,
[* 25]
Konzerte und alle Einrichtungen eines vornehmen Badeortes. Es gelangte zur Berühmtheit,
als sich (seit 1834) Lord
Brougham dort niederließ, welchem man deshalb auf der
Allée de la Liberté, der wichtigsten Promenade
der innern Stadt, eine Marmorstatue errichtet hat. -
In C. landete Napoleon I. von Elba aus. In der Nähe das Dorf
Cannet und der Stadt gegenüber (1,4 km), durch Dampfschiffahrt mit ihr verbunden, die Gruppe der Lerinischen
Inseln (s. d.). -
Vgl. Joanne,Stations d'hiver de la Méditerranée (Par. 1875);
(spr. känn-),CharlesJohn, später Viscount und
Graf Canning, Sohn von
George Canning, geb. zu
London,
[* 27] studierte in Oxford,
[* 28] trat 1836 ins
Unterhaus, aber schon 1837 nach dem
Tode seiner
Mutter als
Erbe der ihr verliehenen
Peerswürde als Viscount Canning ins Oberhaus. Er schloß sich den Konservativen an,
ohne sich aber im Parlament oder in den verschiedenen von Peel,
Aberdeen
[* 29] und
^[Artikel, die man unter C vermißt, sind unter K aufzusuchen.]
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mehr
Palmerston ihm zugewiesenen Ämtern besonders auszuzeichnen. 1856 berief ihn Palmerston an Lord Dalhousies Stelle zum Generalgouverneur
von Indien, und als im Jahre darauf die große Empörung der Sipoys ausbrach, legte Canning eine außerordentliche Entschlossenheit
an den Tag und trug dadurch viel zur Rettung Indiens für England bei. Canning erhielt die Grafenwürde und
den Titel eines Vicekönigs von Indien, worauf er sich der fast noch schwierigern Aufgabe widmete, die Wunden des Landes zu heilen
und Ordnung in die zerrütteten Finanzen zu bringen. Erst nachdem ihm beides gelungen, kehrte er April 1862 nach England zurück,
starb aber schon ohne Erben, sodaß die Grafenwürde mit ihm erlosch.
(spr. känn-),George, brit. Staatsmann, geb. in London, wurde durch Unterstützung eines Oheims
in Eton und Oxford herangebildet, studierte dann die Rechte und trat, obgleich durch Herkunft und Neigung sich als Whig fühlend, 1793 als
Anhänger Pitts ins Unterhaus ein. Mit seinen ersten Reden hatte er wenig Glück, trotzdem ernannte ihn
Pitt schon 1796 zum Unterstaatssekretär des Auswärtigen. Canning hielt sich zunächst im Parlament zurück und war dafür um so
eifriger mit der Feder thätig in der 1797 von ihm begründeten Zeitschrift «Anti-Jacobin»,
worin er in Vers und Prosa die Gegner verspottete. Mit Pitt trat er 1801 zurück. In Pitts zweitem Ministerium
bekleidete er 1804 - 6 das Schatzmeisteramt für die Flotte und wurde 1807 unter dem ihm verschwägerten Portland neben Castlereagh
Minister des Auswärtigen. Durch die mitten im Frieden erfolgende gewaltthätige Bombardierung Kopenhagens (2. bis
und die Wegnahme der dän. Flotte trieb er Dänemark
[* 31] ganz in die Arme Napoleons, dagegen verstärkte er die antifranz.
Partei durch den Vertragsschluß mit der span. Junta der die span.Erhebung gegen Napoleon unter engl. Truppenhilfe
neu belebte und der Wendepunkt in den Napoleonischen Kriegen wurde. Eine von Castlereagh veranlaßte, kläglich
mißglückte Expedition nach Walcheren (Juli 1809) führte zu einem Streit, der mit einem Duell der Minister, C.s leichter
Verwundung und beider Rücktritt Sept. 1809 endete. Von dem neuen Torykabinett unter Perceval blieb Canning fern.
Er unterstützte aber die Kriegspolitik seines Nachfolgers Marquis von Wellesley, weigerte sich jedoch
auch unter Liverpool
[* 32] (seit 1812) neben Castlereagh im Amt zu stehen. 1814 - 16 fungierte er als außerordentlicher engl. Bevollmächtigter
in Lissabon,
[* 33] und als er 1816 heimkehrte, übernahm er die Präsidentenstelle des Indischen Kontrollamtes.
Zwiespalt mit den Genossen über den Prozeß der Königin Karoline veranlaßte ihn für dessen Dauer 1820 England
zu verlassen und nach der Heimkehr zum Austritt aus seinem Amte, bis ihm Aug. 1822 Castlereaghs Selbstmord das Ministerium des
Auswärtigen und die Führerschaft im Unterhause frei machte. Gegenüber der von den Mächten der Heiligen Allianz vertretenen
Interventionspolitik hielt er bei den Revolutionen in Spanien,
[* 34] Italien
[* 35] und Griechenland
[* 36] den Grundsatz der
Nichteinmischung aufrecht und that einen diplomat.
Gegenzug gegen die Allianzmächte durch die Anerkennung der rebellischen span. Kolonien in Amerika als selbständige Staaten.
Nur in Portugal leistete er eine vertragsmäßige Truppenhilfe zur Unterstützung König Johanns VI. gegen seinen aufständischen
Sohn Miguel. Nach des Ministerpräsidenten Liverpool
Tod übernahm Canning als erster Schatzlord
die Führung, worauf die hochtoryistischen Mitglieder Wellington, Eldon, Peel ausschieden. Durch die Einführung der nach
den Preisen sich richtenden «gleitenden Skala» der Getreidezölle leitete Canning die spätere Aufhebung derselben ein.
Der LondonerVertrag, der zum Schutz der von den Türken bedrängten Griechen mit Frankreich und
Rußland abgeschlossen wurde, war hauptsächlich C.s Werk. Schwer war der Kampf gegen die alten toryistischen Genossen, die
in Canning als Anhänger der Katholikenbefreiung, liberaler Handelspolitik und der Gegnerschaft gegen die von der Heiligen Allianz
vertretenen Legitimitätsanschauungen einen Abtrünnigen haßten. In diesen Kämpfen und der gehäuften Arbeit ging
seine Kraft
[* 37] schnell zu Ende.
Die Teilnahme bei seiner Todeskrankheit aber zeigte die Popularität, die er in den letzten Jahren sich erworben. Er starb in
Chiswick, dem Landsitz des Herzogs von Devonshire, bei London und wurde in der Westminsterabtei beigesetzt. In London wurde ihm
ein Bronzestandbild (von Westmacott), in Calcutta ein Reiterstandbild (von Foley) errichtet. Seine Witwe
erhielt die Peerswürde. Canning war eine durch Geist und Witz gewinnende Persönlichkeit, ein glänzender und schlagfertiger Redner,
aber leicht der Spottsucht hingegeben und höchst reizbar. Seine Reden erschienen gesammelt zu London 1825 und in R. Therrys
«Speeches of Canning with a memoir of his life» (6 Bde.,
Lond. 1828),
seine «Official Correspondence» wurde von Stapleton herausgegeben (2 Bde., ebd. 1887). -
(spr. känn-),Sir Samuel, engl. Ingenieur, geb. zu Ogbourne, beschäftigte
sich früh mit technischen Studien, nahm seit 1852 an der Legung der meisten unterseeischen Telegraphen
[* 38] hervorragenden Anteil.
Vor allem zeichnete er sich aus bei den Versuchen, die unterseeische telegr. Verbindung zwischen England
und Amerika herzustellen. Als Hauptingenieur der Firma Glaß, Elliott u. Comp. und der Telegraph
[* 39] Construction and Maintenance
Company leitete Canning die Anfertigung der atlantischen Telegraphen von 1865 und 1866 und vervollkommnete den Legungsapparat sowie
die Maschinerie zum Aufwinden des verloren gegangenen Kabels von 1865 aus dem Meeresgrunde.
Stanislao, ital. Chemiker, geb. zu
Palermo,
[* 40] studierte daselbst Medizin und Naturwissenschaften, später in Pisa
[* 41] vornehmlich Chemie unter Piria. 1847 wurde er
dessen Assistent, 1848 in das sicil. Parlament gewählt. Infolge der polit. Reaktion ging er nach Paris,
[* 42] wurde 1852 Professor in Alessandria, 1855 an der Universität Genua,
[* 43] 1861 in Palermo, 1870 in Rom, 1871 in den Senat des Königreichs
Italien berufen. Die ArbeitenC.s sind nicht zahlreich, doch haben die Entdeckung des Benzylalkohols, des Cyanamids und seine
Untersuchungen über das Santonin Bedeutung. An der Entwicklung der allgemein chem. Vorstellungen hat er durch scharfe Definition
der Begriffe von Atom- und Molekulargewicht (1858),
^[Artikel, die man unter C vermißt, sind unter K aufzusuchen.]
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die noch heute die allgemein anerkannte ist, hervorragenden Anteil genommen.
Ort im Kreis
[* 45] Pallanza der ital. ProvinzNovara, am Westufer des Lago-Maggiore und am Ausgange des Val Cannobina
in fruchtbarer Umgebung, 23 km im NO. von Pallanza, hat (1881) 2103, als Gemeinde 2557 E., Post und Telegraph, eine Kirche
della Pietà mit schöner Kuppel und einer Kreuztragung Christi von G. Ferrari, und eine Piazza mit Arkaden; Gerberei von Ziegenfellen
(Sommaco), Seidenspinnerei und monatlich zwei Märkte. In der Nähe Ruinen eines Kastells und die Wasserheilanstalt La Salute
in einer alten Abtei. Cannobbio soll röm. Ursprungs sein.
(spr. känn-), Stadt in der engl.
GrafschaftStafford, hat (1891) 30591 E., bedeutenden Eisenstein- und Kohlenbergbau in dem hügeligen Cannock-Chase, einem
frühern königl. Jagdrevier.
Staatsbahnen,
[* 47] in einem der schönsten, fruchtbarsten, bevölkertsten Gebiete des Landes, hat (1890) 20265 (9601 männl., 10664 weibl.)
E., darunter 2243 Katholiken, 438 Israeliten und 86 Methodisten, Straßenbahnverbindung mit Stuttgart,
Post erster Klasse, Telegraph, Oberamt, Amtsgericht (Landgericht Stuttgart), Hauptsteuer-, Zoll-, Kameralamt; Gymnasium (seit
1892, Rektor Kapff, 11 Lehrer, 372 Schüler), Realschule (1838 gegründet, Rektor Jäger, 15 Lehrer, 414 Schüler), höhere Mädchenschule,
Knaben- und Mädchenpensionate, Musikschule und eine Heilanstalt für Flechtenkranke. Cannstatt wird als Kur-
und Badeort viel besucht.
Die mittlere Jahrestemperatur beträgt 9,75° C. (Winter +0,87°, Frühling +9,6°, Sommer +18,7°, Herbst +9,85° C.). Die
alte Stadt ist unscheinbar, dagegen haben die Vorstädte meist schöne Gebäude. Vor dem Kursaal das 1875 enthüllte Reiterstandbild
König Wilhelms von Württemberg (von Prof. Halbig). Eine 1837 erbaute Brücke führt in die Vorstadt des
linken Neckarufers, eine eiserne Fahrbrücke nach Stuttgart (Sept. 1893). Von öffentlichen Gebäuden sind bemerkenswert: die 1471 -1506
erbaute Pfarrkirche, die alte Uf- oder Uffokirche, die kath. Altenburgerkirche, das königl.
Theater (seit 1839), das Realschulgebäude, das evang. Vereinshaus, die Olgakrippe und
das Bezirkskrankenhaus.
Das Mineralwasser (lauwarme mineralische Eisensäuerlinge, meist 20° C.), welches nach Durchbohrung der Lettenkohle aus 30 Quellen
(Sulzen) teils in der
Stadt selbst, teils in nächster Umgebung hervordringt, wird zum Trinken, Douchen und Baden benutzt bei
Katarrhen der Verdauungs- und Atmungsorgane, Skrofeln und Blutarmut. Drei der Quellen liegen am Sulzerain,
darunter die Hauptquelle, jetzt Sulzerainquelle, früher Wilhelmsbrunnen (18,25° C.) genannt, mit dem von König Wilhelm
erbauten, jetzt renovierten Kursaal; dabei die Molkenkuranstalt und die Trinkhalle. 1891 wurden 315 Kurgäste gezählt.
Außer drei guten Badeanstalten hat die Stadt auch zweckmäßig eingerichtete Flußbäder, mit denen die
ganze Neckarinsel zwischen Cannstatt und der gegenüberliegenden Stuttgarter Vorstadt Berg (s. d.) besetzt ist. Die Insel enthält
zugleich Mineralquellen und einen der Karlsbader Quelle
[* 51] ähnlich aufsteigenden Sprudel. Die größte Zierde ist das im maur.
Stil aufgeführte königl. Landhaus Wilhelma, 1842 - 51 durch den Architekten Zanth erbaut, eine Villa mit
Bädern und prächtigen Gartenanlagen.
Südlich über demselben das königl. Landhaus Rosenstein, 1824 - 29 im antiken Stil in einem Parke erbaut, mit Meisterwerken
der Malerei und Plastik. Unter demselben führt ein Eisenbahntunnel (363 m) durch den Berg. Auf dem benachbarten Rothenberg,
in 410 m Höhe, lag das Stammschloß Wirtenberg, an dessen Stelle König Wilhelm eine griech. Kapelle
mit der Gruft seiner 1819 verstorbenen Gemahlin Katharina erbauen ließ. Cannstatt ist der Hauptvergnügungsort der Stuttgarter. Das
regste Treiben entwickelt sich daselbst zur Zeit des landwirtschaftlichen Festes, das jährlich 28. Sept. abgehalten wird und
zu einem Volksfest geworden ist. - Zur Zeit der Römer
[* 52] war Cannstatt unter dem Namen Clarenna ein wichtiger Straßenknotenpunkt.
Unter dem Namen Condistat erscheint dann der Ort 708 und 746. Die Vorstadt auf dem linken Flußufer hieß ehemals Brie und
enthielt die Burg der Herren und Vögte von Brie, die aber schon im 14. Jahrh. verschwanden. Cannstatt erhielt 1330 vom
KaiserLudwig gleiche Rechte mit der Reichsstadt Eßlingen.
[* 53] Als Sitz des Landgerichts von Württemberg, welches bis in die Mitte
des 15. Jahrh. bestand, war es die Hauptstadt des Landes. -
Wegweiser für Fremde (Cannst. 1874);
von Veiel, Der Kurort Cannstatt und seine Mineralquellen (ebd. 1867); Hartmann, Stuttgart und Cannstatt (Zür. 1885).
Alonso, span. Maler, Bildhauer und Architekt, geb. zu Granada,
[* 54] lernte in Sevilla
[* 55] unter Martinez Montañes
die Bildschnitzerei und bei Fr. Pacheco und JuanCastillo die Malerei. Er wurde 1638 Maler des Königs. Der Verdacht des Gattenmordes
vertrieb ihn, bis er durch die königl. Gnade eine Pfründe (racion) an der Kathedrale zu Granada erhielt,
wo er starb. Seine selbstbemalten Holzskulpturen (die ältesten in der Art des Montañes in Sevilla, die besten
in Granada und Murcia)
[* 56] gehören zu dem Köstlichsten, was diese nationale Kunstgattung aufweist. Von dieser Bildhauerpraxis
brachte er zur Malerei eine seltene Herrschaft über die Zeichnung mit. Er arbeitete mit großer Leichtigkeit,
selbst Flüchtigkeit, sein Kolorit klingt zuweilen ans venetianische an. Er erinnert an die Eklektiker der Bolognesischen Schule.
Als seine Hauptwerke sind zu bezeichnen: eine Madonna in der Kathedrale von Granada und die Virgen del Rosario
in der Kathedrale zu
^[Artikel, die man unter K vermißt, sind unter K aufzusuchen.]
(span., spr. kanjóhn,«Röhre») heißen die engen und dabei sehr tiefen Thäler mit oft
senkrechten Wänden, welche die aus horizontal gelagerten Gesteinsschichten gebildeten Tafelländer im westl. Nordamerika
[* 62] durchziehen.
Berühmt ist der 1500 - 2000 m tiefe Große Cañon des Rio
[* 63] Colorado. (S. nachstehende Abbildung, nach Supan, Physikalische Erdkunde.)
Diese Cañon sollen ihre Entstehung einzig und allein der Erosion
[* 64] (s. d.)
verdanken. Auch die weiten Lößgebiete Chinas sind vielfach von ähnlichen Schluchten durchschnitten.-Vgl. Dutton, Tertiary
history of the Grand Canon District; monograph II of the U. S. Geological Survey (1882).
Hans, Historienmaler (eigentlich Joh. von Straschiripka), geb. in Wien, trat 1847 in die Armee, aus
der er 1854 als Lieutenant ausschied. Nun widmete sich Canon eifrig dem künstlerischen Studium unter Rahl
^[Carl Rahl]. Durch sein 1858 ausgestelltes großes Bild: Das Fischermädchen, machte er seinen Namen zuerst bekannt. 1860 begleitete
er den Grafen Wilczek auf dessen Reise nach England und ließ sich dann in Karlsruhe
[* 65] nieder. Seine bedeutendsten
Leistungen in Karlsruhe sind die Decken- und Wandgemälde im großherzogl. Wartesaale des Bahnhofs und die Ölbilder:
Die Schatzgräber (1866), Cromwell vor derLeicheKarls I. 1869 begab er sich nach Stuttgart, wo Die Löwenjagd, Der Waffenhändler,
Flamingojagd (1871), Die Bajadere entstanden. Auf der Wiener Weltausstellung 1873 erregte sein großes
Bild: Die Loge St. Johannis (Wien, Hofmuseum), eine unklare Symbolik der religiösen Duldsamkeit, durch seine koloristischen
Vorzüge Aufsehen. Canon siedelte dann nach Wien über, wo er sich hauptsächlich mit Anfertigung von Porträten und Jagdstücken
beschäftigte. In seinen feinen, geistvollen Frauenporträten nähert er sich mehr den venet. Malern. Er starb in
Wien.
Antonio Capece Minutolo, Fürst von, neapolit. Staatsmann, geb. um 1763 in Neapel,
[* 66] war einer
der Agenten der Königin Karoline Marie, in deren Dienst er 1806 - 10 von der Insel Ponza aus die Regierung JosephBonapartes
und später Murats durch fortwährende Umsturzversuche beunruhigte. Nach der Rückkehr Ferdinands I. 1816 zum Polizeiminister
ernannt,
zeigte er sich als fanatischer Reaktionär und Begünstiger der Calderari (s. d.). 1823 aus Neapel verdrängt, ging
er nach Genua; nach der Erhebung von 1831 wurde er Ratgeber des HerzogsFranz IV. von Modena in den Prozessen
gegen Ciro Menotti und andere Revolutionäre, sodann verwendete ihn die Kurie in den Legationen bei Errichtung der Centurionenmiliz
(s. d.). Er starb zu Pesaro.
diPuglia (spr. pulja), Stadt der ital. ProvinzBari, im KreisBarletta, unweit rechts vom Ofanto,von Oliven- und
Weinpflanzungen umgeben, hat (1881) 18843 E., eine KathedraleSan Sabino, 1101 erbaut und 1825 mit Turm
versehen, mit der Grabkapelle Bohemunds I. (gest. 1111), sowie ein von Karl I. von Neapel 1270 erbautes, heute verfallenes
Kastell. - Canosa di Puglia ist das alte, von den Griechen gegründete Canusium in Apulien, bis zum zweiten Punischen Kriege eine
der bedeutendsten Handelsstädte Italiens,
[* 67] von dem noch Reste eines Amphitheaters, einer Wasserleitung
[* 68] sowie eines Thorwegs
zu sehen sind, der fälschlich für einen Triumphbogen des Terentius Varro ausgegeben wird. In der Nähe die von Millin und
andern 1812 - 13 entdeckten Felsengräber, das Schlachtfeld sowie die Trümmer von Cannä. -
Vgl. Millin,
Description des tombeaux de Canosa di Puglia (Par. 1816, mit Abbildungen).
Felsenburg, 15 km südwestlich von Reggio nell' Emilia. Nach sagenhafter Überlieferung ward hier 951 Adelheid
(s. d.), König Lothars Witwe, von Berengar II. belagert, als sie KaiserOtto d. Gr. ihre Hand
[* 69] und die KroneItaliens anbot. Im 11. Jahrh.
gebot in Canossa die mächtige Gräfin Mathilde, die Freundin Gregors VII., vor dem hier König Heinrich IV. 1077 sich
demütigte; 1115 nahm Heinrich V. mit den übrigen Gütern der Mathilde auch diese Burg inBesitz. Jetzt sind von dem alten Glanze
keine Spuren mehr geblieben. (S. auch Nach Canossa gehen wir nicht.)
Antonio, ital. Bildhauer, geb. zu Possagno bei Treviso, kam zu einem Bildhauer in Bassano in die Lehre.
[* 70] Seine erste eigene Arbeit, die er in seinem 17. Jahre lieferte, war eine Eurydike in halber Lebensgröße. Er kam
dann auf die Akademie zu Venedig,
[* 71] wo er einen Preis errang und namentlich die Statue des Marchese Poleni für Padua
[* 72] lieferte.
Im 23. Jahre vollendete er die Gruppe Dädalus und Ikarus, die noch durchaus die Formen des Rokokostils zeigt. Zur Belohnung
für diese Arbeit sandte ihn der Senat von Venedig 1779
^[Artikel, die man unter C vermißt, sind unter K aufzusuchen.]
mit einem Jahrgehalt von 300 Ducati nach Rom. Hier war die ersteFrucht seines Studiums der Antike die StatueApollos. Einen weitern
Fortschritt zeigte er in dem Minotaurenbesieger Theseus (1783), seit 1890 auf der Prachttreppe des neuen kunsthistor. Hofmuseums
zu Wien aufgestellt. Trotzdem bei diesem Kolossalwerke die altröm. Vorbilder sichtlichen Einfluß hatten,
konnte sich Canova von den Banden des Rokoko nicht ganz frei machen. Seine Kunst neigt entschieden zum Anmutigen, Lieblichen,
oft süßlich Gezierten und Glatten.
Diese Eigenart trat in den Gruppen des Amor und der Psyche, Venus und Adonis und zahlreichen andern Werken der Art zu Tage. In der
Statue der büßenden Magdalena, in natürlicher Größe, trieb er das Streben nach Weichheit der Darstellung
auf die Spitze. Seine Versuche im Tragischen an einem rasenden Hercules, der den Lichas ins Meer schleudert, und an den Faustkämpfern
Kreugas und Damoxenes (im Vatikan)
[* 74] machen den Eindruck des Gesuchten und Schwülstigen. Daneben gingen
die größern Arbeiten des Grabmals für Clemens XIV., welches ceremonielle Steifheit atmet, und des für Clemens XIII. (1792),
das einen edlern Stil zeigt.
Seinen höchsten Triumph erreichte Canova durch die Gruppe: Amor und Psyche, im Louvre. In den J. 1796 und 1797 arbeitete er das
Modell zu dem Grabmale der Erzherzogin Christine von Österreich,
[* 75] Gemahlin des HerzogsAlbert von Sachsen-Teschen,
das er 1805 in der Augustinerkirche zu Wien aufstellte, und 1803 verfertigte er die Statue Ferdinands, Königs von Neapel,
eine seiner schönsten Arbeiten in Marmor. In den J. 1798 und 1799 begleitete Canova den Senator Prinzen Rezzonico auf einer Reise
durch Deutschland.
[* 76]
Nach seiner Rückkehr hielt er sich einige Zeit im Venetianischenauf und malte für die Kirche seines Geburtsortes ein Altarblatt.
Dann arbeitete er in Rom den Perseus
[* 77] mit dem Haupte der Medusa, eins seiner berühmtesten Werke, dessen Formen und zarte Bearbeitung
gleichmäßig gefeiert wurden. 1802 wurde Canova von Pius VII.zum Oberaufseher aller röm. Kunstsachen und
aller Kunstunternehmungen im Kirchenstaate ernannt, bald nachher aber von Bonaparte nach Paris berufen, um das Modell zu dessen
kolossaler Bildsäule zu fertigen.
Nach dem Sturze des franz. Kaiserreichs forderte Canova 1815 im Auftrage des Papstes die aus Rom entführten Kunstwerke zurück,
bei welcher Gelegenheit ihm der Charakter eines Gesandten verliehen wurde; dann ging er nach London und
kam 1816 wieder nach Rom, wo PiusVII. wegen seiner hohen Verdienste um die Stadt Rom seinen Namen in das Goldene Buch des Kapitols
eintragen ließ und ihn zum Marchese von Ischia
[* 78] ernannte. Canova verwendete sein bedeutendes Privatvermögen
zur Unterstützung der Künstler in Rom, auf den Bau eines prächtigen Tempels in seinem Geburtsorte, einer Rotunde, deren Vorderseite
nach dem Pantheon von Rom gebildet ist. Canova schmückte diese Rotunde mit einigen seiner letzten Arbeiten, z. B. mit einer Kolossalstatue
der Religion mit Kreuz
[* 79] und Schild.
[* 80] Er starb zu Venedig.
Sein Leichnam ruht in der Kirche zu Possagno. In Venedig ward ihm 1827 jenes marmorne Denkmal in der Kirche de' Frari nach einigen
Umänderungen errichtet, welches er selbst für Tizian entworfen hatte. Ein anderes Denkmal ließ ihm Leo XII. 1833 in der kapitolinischen
Bibliothek setzen. Von seinen Werken sind noch hervorzuheben: Die Nektar schenkende Hebe (Berlin,
[* 81] Nationalgalerie);
die
BildsäulePius' VI. in der St. Peterskirche zu Rom. Canova war ein Bahnbrecher der modernen, an antiken Vorbildern
genährten Bildnerei und ist als solcher wohl stark über Gebühr gefeiert worden.
Seine Statuen sind kalt und frostig, nur
die genreartigen Kompositionen haben mehr um ihrer dem Rokoko nahe verwandten etwas gezierten Anmut als ihrer
Klassicität willen noch jetzt ihre Bewunderer.
BiographienC.s haben geliefert: Missirini (4 Bde., Prato 1827), Cicognara (Vened. 1823), Rosini (Pisa 1825) und d' Este (Flor.
1864). Auch erschienen «The works of Canova», in Umrissen gestochen von Moses (3 Bde., Lond. 1828). -
Vgl. Albrizzi, Descrizione
delle opere di Canova (5 Bde., Pisa 1821 -
25);
Quatremère de Quincy, Canova et ses ouvrages (Par. 1834);
delCastillo (spr.-illjo), DonAntonio, span. Staatsmann, geb. zu Malaga, studierte
in Madrid Philosophie und Jurisprudenz, machte sich zuerst bekannt durch seine Dichtungen, deren Hauptvorzüge
ein knapper Stil, treffender Ausdruck und glühende Vaterlandsliebe sind. Er verfaßte 1854 das liberale O'Donnellsche Programm
von Manzanares. Von Malaga in die Cortes gewählt, erhielt er 1854 eine Stellung im auswärtigen Ministerium, war 1855 - 57 Geschäftsträger
in Rom, dann Statthalter von Cadiz,
[* 84] Unterstaatssekretär, wurde 1864 Minister des Innern, vertauschte aber
bald unter O'Donnell dieses Portefeuille mit demjenigen der Kolonien und provisorisch mit dem der Finanzen. Er wurde 1868 durch
Narvaez und Gonzalez Bravo verbannt, bekämpfte dann, wieder zurückgekehrt, in den Konstituierenden Cortes die demokratische
Verfassung von 1869, bekannte sich im Juni 1870 für die bourbonische Restauration unter Alfons XII., leitete
des letztern Erziehung und war fortan die Seele der ganzen Restaurationsbewegung.
Nach dem Pronunciamiento von Martinez Campos in Sagunto übernahm er das Präsidium des Regentschaftsministeriums
für Alfons, blieb auch nach der Thronbesteigung des Königs in dem sog. Versöhnungsministerium
an der Spitze des Kabinetts, trat aber im Sept. 1875 zurück, weil er die der röm. Kurie gemachte Zusage
auf Wiederherstellung des Konkordats von 1851 nicht erfüllen konnte. Aber schon übernahm er wieder die Präsidentschaft,
beendigte den zweiten karlistischen Bürgerkrieg und dann den Aufstand in Cuba durch den General Martinez Campos.
Als Martinez Campos sich allzu nachgiebig zeigte, berief Cánovas ihn zurück und riet dem König, ihn
an die Spitze des Kabinetts zu stellen, worauf Cánovas selbst im März 1879 zurücktrat. Als der Aufstand in Cuba zum zweitenmal ausbrach
und im Schoße des Ministeriums Meinungsverschiedenheiten auftauchten, gab Martinez Campos seine Entlassung, und Cánovas trat von
neuem an die Spitze der Regierung. Er beendigte mit dem GeneralBlanco den Aufstand in Cuba zum zweitenmal; allein infolge der
mehr und mehr zu Tage tretenden reaktionären Neigung seines Ministeriums wurde Cánovas von Martinez Campos und Sagasta heftig angegriffen
und gab im Febr. 1881 seine Entlassung, worauf das Ministerium Sagasta
^[Artikel, die man unter C vermißt, sind unter K aufzusuchen.]
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mehr
ans Ruder kam. Die äußere Veranlassung zu seinem Rücktritt war seine Weigerung, dem Wunsche des Königs, der seiner Tochter
den Titel «Prinzessin von Asturien» erteilen wollte, zu willfahren. Im übrigen gehörte es zu dem System dieses Staatsmannes,
dem namentlich die Versöhnung der mächtigen Karlistenpartei mit der konstitutionellen Monarchie am Herzen
lag, daß die Konservativ-Liberalen und die mit den dynastischen Demokraten verbundenen Liberalen sich in der Regierung ablösen
sollten. Bei den Neuwahlen desselben Jahres ward Cánovas von Madrid in die Cortes gewählt, wo er als erklärter Führer
der «konservativ-liberalen Partei» und als bedeutender Redner die ersteStelle in der Opposition gegen
Sagastas Regierung einnahm.
Dem seit Okt. 1883 berufenen Ministerium Posada de Herrera, das die Einführung des allgemeinen Stimmrechts und die Reformder Verfassung in sein Programm aufnahm, trat Cánovas sehr entschieden entgegen. Als das Kabinett Posada dann zurücktreten mußte,
wurde Cánovas wieder mit der Bildung eines neuen Ministeriums beauftragt und übernahm die Präsidentschaft
desselben. Er bezeichnete als das Ziel seines Strebens die Sicherung der Ordnung und der Freiheit und die Befestigung der
Monarchie.
Durch Auflösung der Cortes verschaffte er sich bei den Neuwahlen eine regierungsfreundliche Mehrheit. Als nach dem Tode des
Königs dessen Witwe, Marie Christine, die Regentschaft übernahm, reichte das Ministerium Cánovas sein
Entlassungsgesuch ein, worauf Sagasta die Ministerpräsidentschaft übernahm. Cánovas wurde bei Wiedereröffnung
der Cortes zum Präsidenten der Kammer gewählt. Seine entschiedene Opposition gegen Einführung des allgemeinen
Stimmrechts, die ihm seitens der Volksmassen in Barcelona,
[* 86] Saragossa,
[* 87] Madrid und Sevilla unliebsame Kundgebungen
zuzog, sein anspruchsvolles Auftreten, das ihm bei Hofe übel ausgelegt wurde, sowie die Geschicklichkeit Sagastas, der seine
Stellung durch die Annäherung an die Ordnungs-Republikaner von der FarbeCastelars zu stärken verstand, vereitelte 1888 und 1889 Cánovas' Bemühen,
wieder an die Regierung zu kommen.
Erst als im Juli 1890 das Ministerium Sagasta seine Entlassung nahm, wurde Cánovas wieder an
die Spitze des Ministeriums berufen. Er mußte aber bereits im Dez. 1892 Sagasta aufs neue weichen. Cánovas, der
schon 1860 in die Akademie der Geschichte und 1867 in die königl. Spanische
[* 88] Akademie aufgenommen wurde, hat sich auch als Schriftsteller
und Gelehrter hervorgethan. Von seinen Werken sind zu nennen: «La campana de Huesca» (1852; 2. Aufl.
1854),
«El solitario y su tiempo. Biografia de Serafin Estébanez Calderon, y critica de sus obras» (2 Bde., Madr.
1883),
«Problemas contemporáneos» (ebd. 1884),
«Estudios del reinado de Felipe IV» (Bd. 1 u. 2, ebd.
1888-90) und die unter seiner Leitung erscheinende «Historia general de España» (ebd. 1890 fg.).
Paste, eine früher vielfach angewandte Ätzmasse behufs chem. Zerstörung
krankhafter Gewebe,
[* 89] bestehend aus 1 Teil Zinkchlor und 2-4 Teilen Mehl,
[* 90] mit wenig Wasser zu einem dicken Brei gemengt.
(spr. kangrobähr), Francois Certain de, Marschall von Frankreich, geb. zu
St. Cerré in der Auvergne, trat 1826 in die Militärschule von St. Cyr und 1828 als Unterlieutenant in die Infanterie, kam 1835 als
Freiwilliger nach Afrika
[* 91] und diente dort gegen
Abd el-Kader. 1839 nach Frankreich zurückgekehrt, bildete er aus übergetretenen
Karlisten ein Fremdenbataillon, wurde bei der Organisation der Chasseurs d'Orléans in diese Truppe versetzt
und kehrte 1841 nach Afrika zurück, wo er 1845 zum Oberstlieutenant und 1847 zum Obersten und Kommandanten des Zuavenregiments
befördert wurde. In dieser Stellung schlug er den Aufstand in der Oase Zaadscha Nov. 1849 nieder, wurde 1850 zum Brigadegeneral
befördert und erhielt eine Brigade der Armee vonParis.
Bei dem Staatsstreiche vom leitete er als Adjutant Napoleons die militär. Maßregeln in der Hauptstadt und wurde
zum Divisionsgeneral befördert. Im Orientkrieg nahm er teil an der Schlacht an der Alma und übernahm 26. Sept. im Lager
[* 92] an der
Tschernaja den Oberbefehl, als Saint-Arnaud die Armee verließ. Zerwürfnisse mit Lord Raglan veranlaßten ihn während der
Belagerung von Sewastopol
[* 93] seine Entlassung einzureichen, doch blieb er in der Krim
[* 94] und übernahm 19. Mai wieder den Befehl über
seine Division.
Aug. 1855 wurde er zurückberufen, zum Marschall ernannt und in vertraulicher Mission nach
Stockholm
[* 95] gesendet, um ein Bündnis mit Schweden
[* 96] abzuschließen. Als Jan. 1858 die Militärdivisionen Frankreichs unter fünf
Generalkommandos gestellt wurden, erhielt Canrobert das dritte in Nancy.
[* 97] Im ItalienischenKriege von 1859 befehligte er das 3. Korps.
Zur Schlacht von Magenta kam nur ein Teil desselben. Bei Solferino
[* 98] war Canrobert bestimmt, die aus Mantua
[* 99] ausrückenden
Truppen des Feindes zu beobachten, und leistete dem Marschall Niel nicht rasch genug Unterstützung, worüber es später zwischen
beiden Generalen zu bittern Erörterungen kam.
Nach dem Kriege kehrte Canrobert nach Nancy zurück, erhielt aber 1861 das 4. Armeekorps in Lyon
[* 100] und 1865 das Generalkommando
von Paris. Canrobert hatte schon damals erkannt, daß das franz. Heerwesen einer gründlichen Reform bedürfe, weshalb er die auf dieses
Ziel gerichteten Bestrebungen des Kriegsministers Marschall Niel thunlichst unterstützte und namentlich für möglichste
Beschleunigung der neuen Infanteriebewaffnung eintrat. Als der Deutsch-FranzösischeKrieg von 1870 ausbrach, befehligte er
das 6. Armeekorps.
Nach den ersten Niederlagen erhielt Canrobert 9. Aug.Befehl, sich mit der Rheinarmee bei Metz
[* 101] zu vereinigen, was ihm indes nur noch
mit einem Teile seines Korps gelang. Canrobert führte sein Korps in der Schlacht bei Vionville(16. Aug.), verteidigte 18. Aug. St. Privat
und wurde sodann in Metz eingeschlossen, wodurch er 27. Okt. in deutsche Kriegsgefangenschaft geriet. Bei
Abschluß des Präliminarfriedens von Versailles
[* 102] kehrte Canrobert nach Frankreich zurück und nahm an der Neuformation des franz.
Heers Anteil. Später wurde er Mitglied des obersten Kriegsrats, legte aber diese Stelle Juni 1873 nieder. In den Verhandlungen
des Prozesses Bazaine trat er 1873 als Belastungszeuge gegen den Angeklagten auf. Canrobert war seit 1879 Mitglied
des franz. Senats, bewarb sich aber bei den Neuwahlen 1894 nicht wieder um ein Mandat.