11. Holsteiner Milchkeller mit Destinonschen Milchgefäßen
mehr
Präparandenanstalt, Seminarübungs-, Mittel-, höhere Mädchen-, Stadt- und Volksschule, Provinzialsiechenanstalt (50 Pfleglinge);
ferner Eisengießerei, 2 Wollspinnereien mit Dampf- und eine mit Wasserbetrieb, 3 Dampf- und 1 Wasserschneidemühle, 4 Wassermahlmühlen, 2 Gerbereien,
Dampfmolkerei, Ackerwirtschaft und Handel besonders mit Schweinen sowie 4 Vieh- und Pferdemärkte. - Bütow wurde um 1060 gegründet,
kam 1329 an den Deutschen Orden, der es 1346 zur Stadt erhob, 1466 als Lehn der pommerschen Herzöge unter
poln. Oberherrschaft, 1657 als freies Mannlehn an Kurbrandenburg. Polen verzichtete 1772 auf die Oberlehnsherrlichkeit über
Bütow.
Otto, Zoolog, geb. zu Frankfurt a. M., studierte an der Technischen Hochschule zu Karlsruhe
und zu Heidelberg, wandte sich dann der Zoologie zu und arbeitete 1869 ein Semester unter Leitung Leuckarts in Leipzig, habilitierte
sich 1876 an der Technischen Hochschule zu Karlsruhe und wurde 1878 als ord. Professor der Zoologie an die Universität Heidelberg
berufen. Seine wissenschaftlichen Arbeiten erstrecken sich auf verschiedene Gebiete der wirbellosen Tiere.
Sie sind teils entwicklungsgeschichtlicher Natur (Insekten, Würmer, Gastropoden), teils anatomisch-systematischer (Nematoden
und andere Würmer). Allgemeiner bekannt wurde Bütschli durch die 1876 erschienenen «Studien über die ersten Entwicklungsvorgänge
der Eizelle, die Zellteilung und die Konjugation der Infusorien» (in den «Abhandlungen der Senckenbergischen naturforschenden
Gesellschaft», Bd. 10, Frankf. a. M.).
In diesem Werke legte Bütschli den Grund zu unsern heutigen Kenntnissen der Kern- und Zellteilung und deutete
die Befruchtungs- und Kopulationserscheinungen als eine Verjüngung der Zelle, insbesondere ihres Kernes.
Seit dieser Zeit arbeitete er vorwiegend auf dem Gebiete der Urtiere (Protozoen), teils durch eigene Forschungen, teils durch
ein umfassendes Werk über die «Protozoen» (Bd. 1 der 2. Aufl.
von Bronns «Klassen und Ordnungen des Tierreichs»),
das in 3 Abteilungen (Lpz. 1880-89) erschien. Vielseitiges Interesse fand
neuerdings seine Ansicht über den Bau des Protoplasmas. Seine schon in dem Protozoenwerk und anderwärts angedeutete Auffassung
des Plasmas als eines mikroskopisch feinen Schaums suchte er 1889 durch künstliche Darstellung solcher
Schäume zu stützen, wobei sich neben überraschenden Analogien der Bauverhältnisse namentlich auch lang andauernde Bewegungen
solcher künstlicher Schaumtropfen ergaben, welche große Ähnlichkeit mit den Bewegungen der Amöben zeigten («Untersuchungen
über mikroskopische Schäume und das Protoplasma», Lpz. 1892). 1890 veröffentlichte er einen Aufsatz über den Bau und die
morpholog. Natur der Bakterien, worin der Nachweis versucht wurde, daß die Bakterien wie die übrigen Zellen einen Kern besitzen,
ja daß dieser bei ihnen die Hauptmasse des Körpers bildet.
czech. Bučovice, Stadt in der Bezirkshauptmannschaft Wischau im südl. Mähren,
in hügeliger Gegend an der zur Thaya-March gehenden Littawa und an der Linie Brünn-Bisenz-Wlarapaß der
Österr.-Ungar.
Staatsbahn, hat (1890) 3061 E., Post, Telegraph, Bezirksgericht (219 qkm, 31 Gemeinden, 33 Ortschaften, 18571 E.),
ein fürstlich Liechtensteinsches Schloß, Renaissancebau aus den J. 1567-81;
Stadtpfarrkirche, um 1640 an der Stelle der
ältern durch den Fürsten Liechtenstein erbaut, mit wertvollen Altarblättern;
(spr. bött), Isaak, irischer Politiker, geb. zu
Glensin in Donegal, studierte in Dublin, nahm seit 1833 an der Leitung des «Dublin University Magazine» teil und wurde 1836 Professor
der Nationalökonomie in Dublin, 1838 ein bald sehr gesuchter Sachwalter. Er gründete die Zeitschrift
«The Protestant Guardian» und bekämpfte als Mitglied des Dubliner Stadtrats mit ebensoviel Eifer als Talent die Repealagitation
O'Connells. 1844 zum Queen’s Counsel befördert, trat er als Verteidiger Smith O'Briens auf, der wegen eines Aufstandsversuchs
des Hochverrats angeklagt war. 1852 kam Butt als gemäßigt liberaler Vertreter für Harwich, dann für
Youghal ins Parlament.
Obgleich er 1865 die fenischen Gefangenen verteidigte, bekämpfte er noch 1868 als Protestant die Abschaffung der irischen
Staatskirche; und der Verdruß über diese große Reformmaßregel war es, der in den Kreisen der irischen Protestanten den
ersten Anstoß gab zu der Bildung der Home-Rule-Partei (s. Home-Rulers), die 1872 förmlich unter B.s Leitung
zusammentrat; doch war Butt mit seinem gemäßigten irischen Patriotismus durch die extremen Elemente, die unter Parnell völlige
Lossagung von England forderten, bereits in den Hintergrund gedrängt, als er starb. Von ihm erschien u. a.
eine «History of Italy» (2 Bde.,
1860) und «Practical treatise on new law of compensation to tenants in Ireland»
(Lond. 1871).
City (spr. bött ßitti), Hauptstadt des County Silver-Bow im nordamerik.
Staate Montana, südwestlich von Helena, an einer Verbindungslinie der Union-Pacific- und der Northern-Pacificbahn, ist Mittelpunkt
eines großartigen Bergbaues, namentlich auf Silber, Gold und Kupfer, hat (1890) 10 723 E. (1880 nur 3663).
Verwaltungsbezirk Apolda, 11 km von Weimar, in 197 m Höhe, an der Scherkonde
und an den Nebenlinien Weimar-Rastenberg und Buttelstedt-Großrudestedt (19,6 km) der Weimar-Rastenberger Eisenbahn,
hat (1890) 854 evang. E., Postagentur, Telegraph und evang. Kirche.
ist das aus der Kuhmilch abgeschiedene Fett. Die Abscheidung der Butter aus der Milch erfolgt immer,
wenn diese einer andauernden starken Bewegung ausgesetzt wird. Über die dabei verlaufenden Vorgänge hat Soxhlet die allgemein
gültige Erklärung abgegeben: In der Milch bildet das Fett mit den übrigen Bestandteilen, Eiweißstoffen, Milchzucker, Salzen
in wässeriger Lösung eine vollkommene Emulsion von Tröpfchen sehr verschiedener Größe. In diesem Zustande hat das Fett
die Eigenschaft, bei Temperaturen, bei denen die daraus
mehr
gewonnene Butter schon feste Form annehmen würde, noch flüssig zu bleiben. Diese Erscheinung der Überschmelzung ist eine Folge
der Oberflächenspannung, herrührend von der in der Anziehungssphäre der Kügelchen liegenden außerordentlich dünnen
Serumschicht, die auch als Serumshülle bezeichnet wird. Wie überschmolzene Massen ganz allgemein durch Erschütterung zum
Erstarren gebracht werden können, so werden auch beim Buttern durch mechan.
Anstoß zunächst einzelne Tröpfchen zum Erstarren gebracht.
Diese wachsen durch Umfließen mit noch flüssigem Fett. Die größer gewordenen, nun starren Fetttropfen kleben beim Anprall
an andere an und so wird schließlich der größte Teil des Fettes in kleine maulbeerartig zusammenhängende Massen verwandelt,
die von den übrigen Bestandteilen der Milch durch Abschöpfen getrennt werden können. Es werden also
durch die Butterbereitung einerseits die Fetttröpfchen zum Erstarren gebracht, andererseits die fest gewordenen Teilchen
zu einer zusammenhängenden Masse vereinigt.
Bei der praktischen Ausführung der Butterbereitung werden sehr verschiedene Methoden angewendet; bei der einen trennt man
vor dem Buttern die Milch in zwei Teile, einen sehr fettreichen, Rahm, Sahne, der allein zur Darstellung
der Butter benutzt wird, während der andere fettarme Teil, die abgerahmte, blaue, dünne Milch, eine andere Verwendung findet,
oder es wird die Gesamtmilch zur Butterbereitung genommen. Welche Methode die vorteilhaftere sei, darüber sind die
Meinungen geteilt.
Bei der Trennung des Rahms von der Milch lassen sich drei verschiedene Verfahren unterscheiden:
1) Die Milch wird in flachen Gefäßen (Milchsatten) in einer Schicht von etwa 10 cm Stärke im Milchkeller bei einer Temperatur
von 10 bis 12° so lange sich selbst überlassen, bis der Rahm als konsistente Masse sich an der Oberfläche
abgeschieden hat. Dieses, das älteste Verfahren, ist noch in den meisten Wirtschaften üblich. Man verwendet dabei Gefäße
von Holz, scharf gebranntem Steinzeug, emailliertem Gußeisen oder gepreßtem und verzinntem Blech. Die letztern sind wegen
ihrer Unzerbrechlichkeit, ihres geringen Gewichts und der Leichtigkeit, mit der sie gereinigt werden
können, besonders zu empfehlen.
Nach beendigtem Aufrahmen wird die Sahne mit einem flachen Löffel abgenommen oder durch besondere Vorrichtungen von der
dünnen Milch getrennt. Auf Tafel: Butterbereitung,
[* ]
Fig. 11, ist ein Holsteiner Milchkeller mit Destinonschen Milchgefäßen
abgebildet. Im Kleinbetrieb benutzt man vielfach Schüsseln, die ein direktes Abgießen der Magermilch gestatten,
während der Rahm durch einen Rahmfang zurückgehalten wird
[* ]
(Fig. 7). Bei der langen Dauer der Aufrahmung und der verhältnismäßig
hohen Temperatur sind die Produkte, der Rahm und die dünne Milch, im Anfangsstadium der sauren Gärung.
2) Die Milch wird, nach Swartz, in (40 -50 cm) hohen Gefäßen (s. Tafel: Butterbereitung,
[* ]
Fig. 1) in mit
Eiswasser gefüllten Reservoirs aufgestellt und bei einer Temperatur von 2 bis 4° erhalten. Die Ausbeute an Rahm ist bei beiden
Methoden nahezu gleich, die Vorteile der letztern bestehen darin, daß die Produkte nicht sauer werden, daß weniger Gefäße
erforderlich sind, daß geringerer Raum nötig ist, ferner darin, daß man unabhängig von Witterungseinflüssen
ist.
3) Die Milch wird durch die zuerst 1876 von Lefeldt in Schöningen konstruierte, neuerdings vielfach verbesserte und
auf kontinuierlichen
Betrieb eingerichtete Milchcentrifuge (Rahmschleuder) fast momentan in Rahm und dünne Milch zerlegt. Hierbei wird die in einer
sich sehr rasch um ihre Achse drehenden Trommel eingeschlossene Milch unter dem Einfluß der Centrifugalkraft
derart in ihre Bestandteile zerlegt, daß die specifisch schwerere, dünne Milch gegen die äußere Wandung getrieben, während
der specifisch leichtere Rahm nach dem Mittelpunkt gedrängt wird.
Das Princip des kontinuierlichen Betriebes wurde bei einer von dem Schweden De Laval 1879 konstruierten
Centrifuge, dem Separator, angewendet. Bei diesem Apparat fließt die frisch gemolkene Milch beständig ein, während die Sahne
und die vollständig abgerahmte Milch den Apparat in zwei getrennten Ausläufen verlassen. Bei Anwendung der Centrifuge erhält
man beide Produkte in völlig unveränderter Form, in einer Beschaffenheit, daß die Sahne entweder als
Luxusnahrungsmittel verkauft oder zu süßer Butter verarbeitet werden kann, während die Magermilch ein vortreffliches, die mangelnde
Fleischkost ersetzendes Nahrungsmittel für minder Bemittelte bildet. De Lavals Separator
[* ]
(Fig. 2 u. 3), der von dem Bergedorfer
Eisenwerk zu Bergedorf bei Hamburg angefertigt wird, besteht aus einem ovalen, von bestem Bessemer-Gußstahl geformten Hohlkörper
von etwa 7 l Inhalt, der von einem gußeisernen Gehäuse umschlossen ist und auf der Spindel X sitzt.
Die Spindel steht lose in einem Holzfutter in einer Vertiefung des Zapfens h, der durch die kleine Schnurscheibe und ein Vorgelege
in so rasche Drehung versetzt wird, daß er 6000 Touren in der Minute macht, wobei die Spindel und der Hohlkörper
durch Adhäsion mitgenommen werden. Auf dem Boden von A ist das central mit zwei beiderseitig offenen Armen versehene Zuflußrohr
a verschraubt. Über dieses schiebt sich konzentrisch, einen ringförmigen Spalt von etwa 1 mm Weite lassend, das Rohr f, an
das unten ein Ring angegossen ist, der den Boden einer kleinen Kammer c bildet.
Wieder konzentrisch über dieses schiebt sich das Rohr d, das unten napfförmig erweitert ist und damit den Hohlraum
der Kammer c darstellt. Das Ganze ist durch 4 Schrauben mit A verbunden. Vom Boden der Kammer c zweigt sich
das gebogene Rohr b ab und endet offen an dem innern Umfang von A. Läßt man nun die Milch durch das Zuflußrohr a in den im
vollen Umlauf befindlichen Hohlkörper fließen, so wird dieselbe mit Gewalt gegen die Wandung gedrängt, die Zeit, die erforderlich
ist, um A zu füllen, genügt, um die Milch in ihre Bestandteile zu trennen, die specifisch leichtere Sahne
sammelt sich um das centrale Zuflußrohr a. und wird bei fortgesetztem Zulauf durch den engen Spalt zwischen a und f in die
Höhe getrieben und in den Raum C geschleudert, von wo sie durch eine Röhre abläuft. Die Magermilch steigt
durch das Rohr b in die kleine Kammer c und aus dieser durch den Spalt zwischen d und f in den Raum B, aus dem sie durch eine
Ausflußrohre abfließt. Ein solcher Apparat entsahnt in der Stunde bis zu 300 l Milch, wobei die Magermilch nur 0,2 -0,3
Proz. Fett zurückhält.
Von den intermittierend wirkenden Maschinen war Fescas Centrifuge (s. Fig. 8) sehr gebräuchlich. Bei dieser läuft die Milch
durch den Trichter a in die geräumige, in rascher Drehung begriffene Trommel A, die Sahne wird dabei in der Richtung der Pfeile
dem Centrum zugedrängt und hier durch
mehr
den Blecheinsatz d zurückgehalten, während die Magermilch von der Peripherie der Trommel durch am Boden angebrachte Öffnungen
in den die Trommel umhüllenden Mantel B fließt, von wo sie durch das weite Rohr C abläuft. Nach Ablauf von etwa einer Stunde
erscheint am Rohre C nicht mehr magere Milch, sondern unveränderte Milch, da der Einsatz b gänzlich mit
Sahne gefüllt ist. Sobald dies eintritt, schiebt man den Riemen c, durch den die Spindel d getrieben wird, auf die Leerscheibe
und läßt die Trommel auslaufen.
In dem Maße, wie die Centrifugalkraft aufhört zu wirken, fließt dann auch die Sahne in den Mantel und
wird in einem besondern Gefäß bei C aufgefangen. Nach der Entleerung der Sahne kann der Betrieb sofort von neuem beginnen.
Die Trennung der Sahne erfolgt leichter bei etwas höherer Temperatur als in der Kälte, es ist daher zweckmäßig, die Ausschleuderung
entweder unmittelbar nach dem Melken vorzunehmen, oder wenn dies nicht thunlich ist, die Milch bis zur
Blutwärme anzuwärmen. - Andererseits ist die Haltbarkeit der Butter um so größer, je kälter die Milch verarbeitet wird und
je rascher sie nach dem Melken auf die gewünschte niedrige Abrahmtemperatur gebracht wird; dazu dienen Milchkühlapparate
[* ]
(Fig. 10). Die frisch gemolkene Milch läuft aus dem Ablaßhahn des Gefäßes A in den von zwei Röhrenreihen
B begrenzten Kühlraum und von da in das untergestellte Gefäß C. In den Röhren cirkuliert das Kühlwasser, das unten bei
F eintritt und oben durch das Rohr E abfließt.
Zur Abscheidung der Butter läßt man die Sahne entweder sauer werden oder verwendet sie im frischen,
süßen Zustande. Auf die Ergiebigkeit ist dies ohne Einfluß, wohl aber auf den Geschmack der Butter;
süßer Rahm liefert eine
süße Butter von reinem, nußähnlichem Geschmacke;
aus saurem Rahm dargestellt, schmeckt die Butter säuerlich;
war der Rahm zu lange
aufbewahrt, so kann sie ranzig sein.
Beim Buttern soll die Sahne eine Temperatur von 15 bis 20° C haben,
bei Sommerwärme wählt man die niedrigere, bei Winterkälte die höhere Temperatur, ferner muß die Sahne dabei in möglichst
kräftige, gleichmäßige Bewegung versetzt werden. Zur Regulierung der Bewegung sind weit über hundert Vorrichtungen erdacht
und jedes Jahr bringt neue Formen. Die älteste, aber wegen des großen Kraftaufwandes am wenigsten zu
empfehlende Konstruktion, das Stoßbutterfaß, besteht aus einem senkrecht stehenden etwas konischen Faß, in welchem ein
durchlöcherter Kolben mittels einer durch den Deckel gehenden Stange auf- und abbewegt wird.
Aus der großen Anzahl der neuern Maschinen sind namentlich hervorzuheben: Lefeldts Rotierbutterfaß
[* ]
(Fig.
6). Es besteht aus einem aus starken Dauben gefertigten, mit eisernen Reifen beschlagenen Faß, das in zwei stählernen Zapfen
auf einem hölzernen Bock gelagert ist und durch eine Kurbel leicht in. Umdrehung zu versetzen ist. Der Deckel ist durch Gummidichtung
und Bügelverschluß mittels eines Excenters leicht und dicht zu befestigen. Im Innern des Fasses befinden
sich in radialer Stellung befestigt, aber leicht losnehmbar, drei hölzerne Flügel, gegen welche die Sahne beim Rotieren des
Fasses geschleudert wird.
Einfacher in der Konstruktion, aber doch ebenso wirksam ist Davis' Schaukelbutterfaß
[* ]
(Fig. 4 u. 5); es besteht aus einem länglichen,
kastenförmigen, an den Enden abgerundeten Behälter, der durch vier eiserne Stangen mit Ösen an einem
Bock so aufgehängt ist, daß ihm leicht eine pendelartig hin und
her gehende Bewegung erteilt werden kann. Füllt man den
Kasten etwa zu einem Drittel seiner Höhe mit Sahne und läßt man ihn in der Minute 40-45 Schwingungen
machen, so wird die Sahne kräftig umhergeschleudert und ist nach etwa 40 Minuten vollständig ausgebuttert.
Die ausgeschiedene Butter erscheint in Form kleiner Klümpchen, die beim Aufhören der Bewegung an die Oberfläche der Buttermilch
steigen. Letztere läßt man durch ein Zapfloch durch ein feines Sieb, auf dem mitgerissene Butterteilchen
zurückbleiben, abfließen und spült die Butter zunächst mit kaltem Wasser ab, um anhängende Buttermilch zu entfernen. Die
Beseitigung der Buttermilch ist von größter Wichtigkeit, da hierdurch der Wohlgeschmack, vornehmlich aber die Haltbarkeit
der Butter bedingt ist. Zu dem Zweck wird die Butter meist in einen hölzernen Trog übertragen und darin unter
stets erneutem Wasser so lange geknetet, bis das Wasser ganz klar bleibt.
Zuletzt unterzieht man dann die Butter noch einer stärkern Bearbeitung in der Butterknetmaschine, wie z. B.
in Lefeldts rotierendem Butterkneter
[* ]
(Fig. 9). Derselbe besteht aus einem hölzernen, runden, schwach
konisch geformten Teller, dessen Unterkante auf einem eisernen Zahnkranz a befestigt ist; in diesen Kranz
greifen die Zähne eines andern Rades, das seine Bewegung mittels der Räderübertragung b c von der Kurbel d erhält. Hierdurch
wird der Teller in langsame Rotation um seine Achse versetzt.
Auf der Achse des Rades c sitzt eine Welle, über welche die hölzerne konische, kannelierte Walze e geschoben
ist, diese dreht sich in der entgegengesetzten Richtung wie der Teller, sodaß die auf den Teller gebrachte Butter bei jeder Umdrehung
der Walze zugeführt und durch dieselbe kräftig bearbeitet wird, wobei das dadurch ausgepreßte Wasser und die Buttermilch
durch kleine, an den tiefsten Stellen des Tellers angebrachte Öffnungen ablaufen. Zwei Streichbretter
ff führen die Butter beständig der Walze zu, während ein drittes Abstreichbrett, das in der Zeichnung nicht sichtbar ist, die
an der Walze hängen bleibende Butter von derselben abnimmt. Beim Kneten fügt man in Gegenden, wo gesalzene Butter genossen wird,
Salz (2 - 6 Proz.) hinzu. - Unter normalen Verhältnissen liefern 12 - 15 l
Milch 1 Pfd. Butter. Da öfters Wert auf eine schöne Farbe der Butter gelegt wird, so ist das Färben besonders der zu hellen Winterbutter
allgemein üblich geworden. (S. Butterfärbemittel.) Die fertige Butter wird gewöhnlich in saubere hölzerne Fässer eingestampft
oder für den Kleinverkauf zu Stücken von bestimmtem Gewicht ausgewogen und in hölzerne Formen gedrückt,
in denen Marke oder Name des Verfertigers angebracht sind. Als Surrogat für die Butter wird neuerdings Kunstbutter (s. d.) in den
Handel gebracht. (Über den Nährgehalt der Butter s. Nahrungsmittel.)
Gesalzene und ungesalzene Butter bildet in nicht wenigen Ländern einen ansehnlichen Handelsartikel. In Deutschland
sind Ein- und Ausfuhr mit je rund 13 Mill. M. Wert annähernd gleich hoch, da 1891 die Einfuhr sich auf 71732, die
Ausfuhr auf 76491 Doppelcentner belief. Österreich-Ungarn führte 1891 nur 1130 Doppelcentner ein, dagegen 127185 Doppelcentner
aus. In Frankreich betrug für dasselbe Jahr die Einfuhr 73070 Doppelcentner im Werte von 16300871
Frs., die Ausfuhr dagegen 363543 Doppelcentner im Werte von 100518192 Frs.
Vgl. Schmidt, Die Butter- und Käsebereitung (Weim. 1859);
Hirschfeld, Bereitung und
mehr
Konservierung der Butter (Kiel 1863);
Schatzmann, Die Butterfabrikation (Aarau 1868);
Martiny, Die Milch, ihr Wesen und ihre Verwertung
(Danz. 1872);
Fleischmann, Das Swartzsche Aufrahmungsverfahren (2. Aufl., Brem. 1878);
Petersen, Boysen und Fleischmann, Studien
über das Molkereiwesen (ebd. 1875);
Petersen, Anleitung zum Betriebe der Milchwirtschaft (2. Aufl., Brem. 1878);
Freytag, Werner, Eisbein,
Fleischer und Havenstein, Die Kuhmilch, ihre Erzeugung und Verwertung (2. Aufl., Bonn 1879);
W. Kirchner, Handbuch der Milchwirtschaft
(2. Aufl., Berl. 1886);
ferner: Milchzeitung, Organ für die gesamte Viehhaltung und das Molkereiwesen (Brem. 1872 fg.).
Butter ist auch die Bezeichnung für verschiedene pflanzliche feste Fette; so Kakaobutter, das Fett der Kakaobohnen,
Muskatbutter, das der Muskatnüsse, Kokosbutter, das Fett der Kokosnüsse. Auch einige anorganische Verbindungen, die im wasserfreien
Zustande eine weiche Masse bilden und beim Verreiben sich schlüpfrig anfühlen, werden Butter genannt; so Antimonbutter, d. i.
Antimonchlorür, Zinkbutter, d.i. Zinkchlorid.
heißen in der Volkssprache verschiedene gelbblühende Pflanzen aus der Familie der Ranunkulaceen (s. d.),
namentlich die der Gattung Ranunculus, ferner Anemone ranunculoides L,.
Caltha palustrisL., Ficaria ranunculoides
Moench, auch Taraxacum officinale Moench u. a.
ein von einem höhern kath. Geistlichen, besonders vom Papst ausgestellter
Erlaubnisschein, während der Fastenzeit Butter oder etwas anderes als Fastenkost zu genießen.
Das dafür bezahlte Geld (der
Butterpfennig) wurde in einem Kasten (dem Butterkasten) aufbewahrt und zu Kirchenbauten und ähnlichen Zwecken verwendet.
dienen dazu, um zu heller Kuhbutter, wie sie besonders im Winter bei starker Stroh- und Schlempefütterung
entsteht, oder der Kunstbutter die normale gelbe Butterfarbe zu geben. Man benutzt zu diesem Zwecke jetzt allgemein flüssige
Butterfarbe aus Orlean (s. d.), der in Hanf- oder Leinöl gelöst ist, Buttergelb (s. d.), bei kleinerm Betrieb
wohl auch Mohrrübensaft. Die Butterfärbemittel werden durch vielfaches Durchkneten der Butter oder durch Einrühren in das geschmolzene
Fett gleichmäßig in der Masse verteilt. Bei der Kuhbutter setzt man indes jetzt meist die Butterfärbemittel dem Rahm zu, wodurch eine bessere
Verteilung bewirkt wird. Für den Exporthandel ist die Färbung der Butter mit den unschädlichen Butterfärbemittel nicht
zu umgehen.
ist der bei der Ausscheidung der Butter aus der Sahne oder Milch verbleibende Rückstand
(s. Butter, S. 799 b). Sie enthält, neben geringen Mengen (etwa ½ Proz.) Fett, Eiweißstoffe in Form von mehr oder
weniger
geronnenem Casein und Albumin, Milchzucker, Milchsäure und Salze der Milch. Ihre Beschaffenheit wechselt sehr, je nachdem man zur
Bereitung der Butter süße oder saure Sahne oder Vollmilch angewandt hat. Sie findet Verwendung zur Bereitung
von Käse, ferner als menschliches Nahrungsmittel, als Heilmittel bei Leber-und Herzkrankheiten, Stuhlverstopfung; sie wird jedoch
nicht von jedem vertragen, da sie bei manchen Magenbeschwerden hervorruft; im landwirtschaftlichen Betriebe benutzt man sie
vielfach zur Schweinemast.
(Boletus luteus L.), auch Ringpilz genannt, ist einer der geschätztesten Speiseschwämme.
Er besitzt einen 3 - 12 cm breiten, konvexen, braunen Hut und einen 3 - 6 cm hohen Stiel, der mit einem häutigen, anfangs
weißen, später braun werdenden Ring versehen ist.
Das Fleisch ist weißlich und verändert seine Farbe an der Luft
nicht, es besitzt einen angenehmen obstartigen Geschmack und Geruch. In Deutschland ist der Butterpilz ziemlich häufig, hauptsächlich
in Nadelwäldern.
(C4 H8 O2), existiert in 2 Isomeren, die normale oder Gärungsbuttersäure, CH3·CH2·CH2·COOH
und die Isobuttersäure, (CH3)2·CH·COOH. Die normale Buttersäure kommt im freien Zustande und als Glycerinester
im Pflanzen- und Tierreich vor. Sie findet sich in der Kuhbutter, als Hexylester im Öl von Heracleum giganteum
Hornem., als Octylester im Öl von Pastinaca sativaL. Sie bildet sich bei der Verwesung und Oxydation der Eiweißkörper
und bei einer besondern Art von Gärung (s. d.) aus Milchsäure, Stärke und Zucker, die behufs Darstellung der
Buttersäure durch faulende Substanzen oder besser durch Einsaat von Spaltpilzen (Butylbacillus) eingeleitet wird.
Synthetisch kann die normale Buttersäure aus Propylcyanid durch Erwärmen mit Alkalien oder Säuren, ferner durch Spaltung von Äthyl-Acetessigester
erhalten werden. Die Buttersäure ist eine dicke, ranzig riechende Flüssigkeit, die in der Kälte erstarrt. Sie siedet
bei 163°, hat das spec. Gewicht 0,9587 bei 20°, ist leicht löslich in Wasser, Alkohol und Äther. Ihre
Salze krystallisieren gut und sind in Wasser löslich. Die Isobuttersäure findet sich in freiem Zustande im Johannisbrot
(den Schoten von Ceratonia siliquaL.), als Octylester im Öl von Pastinaca sativaL., als Äthylester im
Crotonöl. Sie kann synthetisch durch Oxydation von Isobutylalkohol, aus Isopropylcyanid und aus Dimethylacetessigester dargestellt
werden. Die Isobuttersäure ist der normalen Buttersäure sehr ähnlich, mischt sich aber nicht mit Wasser und siedet
bei 155°. Die Salze der Buttersäure heißen Butyrate.
Butteramylester, buttersaures Amyloxyd (Amylium butyricum), C5H11·O·C4H7O, eine
zur Bereitung von künstlichen Fruchtsäften viel verwendete Flüssigkeit, ist farblos, wasserhell, löst
sich leicht in Alkohol, nicht in Wasser, besitzt im verdünnten Zustande einen angenehmen Ananasgeruch, spec. Gewicht 0,852
bei 15° C.; Siedepunkt 176° C. Man bereitet den Buttersäureamyläther durch Behandlung einer Mischung von reinem
Amylalkohol und Buttersäure mit konzentrierter Schwefelsäure, nachheriges Waschen mit Wasser unter Zusatz
von Soda oder Kalk und Überdestillieren mit Wasserdampf. Der Preis ist 8 M. pro Kilogramm.
(másleniza; von máslo, «Butter») heißt in Rußland die Woche, die den sechswöchigen Osterfasten vorangeht,
und während der das Fleischessen verboten ist, Speisen aus Milch, Butter und Eiern noch erlaubt sind.
Wie
in den röm.-kath. Ländern der Karneval, wird bei den Russen die Butterwoche durch Volkslustbarkeiten gefeiert.
Philipp Karl, germanisiert aus Boudemont, Philolog, geb. zu Frankfurt a. M., studierte seit 1782 zu
Göttingen besonders unter Heyne Philologie und wurde 1787 Prinzenerzieher in Dessau. 1789 erhielt er in
Berlin eine Anstellung bei der königl. Bibliothek und führte fast 9 Jahre hindurch die Redaktion der «Spenerschen
Zeitung». Er übernahm 1800 eine Professur am Joachimsthalschen Gymnasium. Nachdem er 1806 in die Akademie der Wissenschaften
aufgenommen worden, legte er 2 Jahre später das Schulamt nieder; 1811 rückte er zum Bibliothekar auf,
bald darauf erhielt er das Sekretariat der histor.-philol. Klasse der Akademie und war Lehrer der alten Sprachen bei dem spätern
König Friedrich Wilhelm IV. Er starb zu Berlin. B.s litterar. Ruf gründet sich besonders auf seine Arbeiten über
die griech. Sprache. Seine «Griech. Grammatik» (Berl. 1792; 22. Aufl. 1869) und der Auszug daraus, die «Griech.
Schulgrammatik» (ebd. 1812; 17. Aufl. 1874),
sowie seine «Ausführliche griech. Sprachlehre» (ebd. 1819-27; mit Zusätzen
von Lobeck, 1830-37) haben lange Zeit hindurch fast die alleinige Herrschaft auf den deutschen Gymnasien geübt. Buttmann schrieb
ferner «Lexilogus, oder Beiträge zur griech.
Worterklärung, hauptsächlich für Homer und Hesiod» (2 Bde., Berl.
1818-25 und 1825-37; 2. Aufl. 1860). Dieselbe Gründlichkeit und Deutlichkeit findet sich in seiner
Bearbeitung von Platos «Dialogi quatuor» (Berl. 1822) und
der Neubearbeitung von Heindorfs Ausgabe der «Dialogi» (ebd. 1827),
in der Ausgabe von Demosthenes' «Oratio
in Midiam» (ebd. 1823; 5. Aufl., von A. Buttmann, 1864),
Sophokles' «Philoktet» (ebd. 1822) und Aratus'"Phaenomena et diosemea",
(ebd. 1826). Außerdem bearbeitete er den 4. Band der durch Spaldings Tod unterbrochenen Ausgabe des Quinctilian (Lpz. 1816),
gab einen vermehrten und verbesserten Abdruck der von Mai aufgefundenen sog. Ambrosianischen Scholien zu
Homers «Odyssee» (Berl. 1821) heraus. Kleinere Schriften stellte er in dem «Mythologus, oder gesammelte Abhandlungen über die
Sagen des Altertums» (2 Bde., Berl.
1828-29) zusammen. Die neuern Auflagen von B.s grammatischen Schriften hat dessen Sohn, Alexander Buttmann, gest. als Professor
und städtischer Schulrat in Potsdam, besorgt, der auch eine «Grammatik des neutestamentlichen Sprachgebrauchs»
(Berl. 1859; ins Englische übersetzt von Thayer, Andover 1874) veröffentlichte.
Friedr. Aug., Blindenlehrer, geb. zu
Rathewalde, studierte Volkswirtschaft in Leipzig und wurde 1870 Lehrer, 1872 Oberinspektor, 1879 Direktor der sächs. Landesblindenanstalt
zu Dresden. 1876 begründete er den deutsch-österreich. Verein zur Förderung der
Blindenbildung, 1885 die
«Monatsblätter», eine Zeitschrift für Blinde (Hochdruck). Nach seinen Vorschlägen wurde die Blindenhilfsanstalt zu Moritzburg
zu einer Abteilung für ältere männliche Blinde, die eine gewerbliche Ausbildung zu erhalten wünschen, umgestaltet (1887),
eine gleiche Abteilung für ältere weibliche Blinde und eine Abteilung für schwachsinnige Blinde zu Königswartha
errichtet (1888). Vorher war bereits die Blindenschule zu Hubertusburg mit der zu Moritzburg vereinigt
(1883) und ein Asyl für nicht ausreichend erwerbsfähige Blinde zu Königswartha (1883) begründet worden. Auch wurde von
Büttner der Handfertigkeitsunterricht als Fortsetzung der Fröbelschen Arbeiten in den Blindenunterricht eingeführt und mit
dem Schulunterricht eng verbunden. Er veröffentlichte die preisgekrönte Schrift «Das Formen und Zeichnen im Blindenunterricht»
(1890).
Osk. Alex. Richard, Botaniker und Afrikaforscher, geb. in Brandenburg a. d. Havel, studierte Naturwissenschaften
in Berlin und nahm 1884 an der von der Afrikanischen Gesellschaft in Deutschland entsendeten Kongo-Expedition unter Premierlieutenant
Schulze, Kund, Tappenbeck und Wolf teil, erreichte über San Salvador-Muëne-Putu Kassongo am Kuango und Kiballa am Kongo und kehrte
im Mai 1886 nach Deutschland zurück. Büttner erhielt 1890 vom Auswärtigen Amt den Auftrag, die Leitung der Forschungsstation Bismarckburg
im Togolande zu übernehmen. 1891 von da wieder abberufen, ging er im Dezember über die Station Misa-Höhe
an die Küste und kehrte 1892 nach Berlin zurück. Er schrieb: «Einige Ergebnisse meiner Reise in Westafrika 1884-86» (in den
«Mitteilungen der Afrikanischen Gesellschaft», V, Heft 3),
Stadt im Verwaltungsbezirk Apolda des Großherzogtums Sachsen-Weimar, 19 km im NO. von
Weimar, an dem zur Losse gehenden Grimsbach und der Nebenlinie Straußfurt-Großheringen (Saal-Unstrutbahn) der Preuß.
Staatsbahnen,
hat (1890) 2704 meist evang. E., Post zweiter Klasse, Telegraph, Amtsgericht (Landgericht Weimar), Rechnungsamt;
Maschinenbauanstalt,
Fabrikation von Strumpfwaren, Cement und Drainageröhren, Töpferei, Ziegelei, sowie jährlich 7 sehr besuchte Roß- und Viehmärkte.
Alexander Borissowitsch, russ. Feldherr, Sprößling einer russ.
Bojarenfamilie, geb. 1704, wurde in der See-Akademie zu Petersburg erzogen, 1720 Adjutant Peters des Großen und 1756 Generalfeldmarschall.
Im Feldzuge von 1760 befehligte er die mit den Österreichern vereint gegen Friedrich den Großen operierende russ. Armee ohne
Erfolg (Lager von Bunzelwitz) und war in fortwährendem Hader mit den österr. Generalen. Peter III. ernannte
ihn 1762 zum Generalgouverneur von Moskau; in dieser Stellung blieb er auch unter Katharina II., der er sich sogleich nach ihrem
Staatsstreich anschloß. Er starb 1767.
Dmitrij Petrowitsch, russ. Kriegsschriftsteller, geb. 1790 in
Petersburg, stammte aus einer russ. Bojarenfamilie, trat 1808 in ein
Husarenregiment, machte die Feldzüge von 1809 und 1812 mit, war 1823 russ. Militärkommissar
bei der franz. Armee in Spanien, im Russisch-Türkischen Krieg 1829 Generalquartiermeister der russ. Armee, zuletzt Direktor
der kaiserl. Bibliothek in Petersburg.
mehr
Er starb Seine wichtigsten Werke sind: «Relation de la campagne en Italie 1799» (Petersb. 1810) und das anonym
erschienene «Tableau de la campagne de 1813 en Allemagne» (Par. 1815 u. ö.),
«Précis des événements militaires de la dernière guerre des Espagnols contre
les Français» (Petersb. 1819),
«Geschichte des Einfalls Napoleons in Rußland 1812» (russisch, 2 Bde.,
ebd. 1829; dasselbe auch französisch u. d. T. «Histoire
militaire de la campagne de Russie en 1812», 2 Bde., Par.
1824),
«Geschichte der Unruhen in Rußland im Anfang des 17. Jahrh.» (russisch, 3 Bde.,
Petersb. 1839 - 46).
auch Petrowskoje genannt, Flecken im Kreis Bobrow des russ. Gouvernements Woronesch,
an der Osserda und der Straße nach Saratow, zieht sich 4 km längs derselben hin und hat (1890) 28899 E. (Kleinrussen), 4 Kirchen, 20 Gerbereien, 4 Kürschnereien, 86 Windmühlen
sowie Schuhmacherei und 4 Jahrmärkte.
ist der gemeinsame Name für die vier isomeren einwertigen Alkohole (s. d.) von der Zusammensetzung C4H9(OH).
Der normale Butylalkohol oder das Propylcarbinol, CH3·CH2·CH2·CH2·OH, und der Isobutylalkohol oder
das Isopropylcarbinol, (CH3)2CH·CH2·OH, sind primäre Alkohole, das Methyläthylcarbinol, (C2H5) (CH3)CHOH,
ein sekundärer, das Trimethylcarbinol, (CH3)3COH, ein tertiärer Alkohol. Am wichtigsten ist der
Isobutylalkohol oder Gärungsbutylalkohol, der sich im Fuselöl des Kartoffelweingeistes findet und eine unangenehm riechende
Flüssigkeit vom Siedepunkt 108° ist.
oder Crotonchloral,C4H5Cl3O, entsteht durch die Einwirkung von Chlor auf Aldehyd und bildet eine
ölige farblose Flüssigkeit, welche sich mit Wasser zu Butylchloralhydrat (Butyli Chloralum hydratum)oder
Crotonchloralhydrat, C4H5Cl3O·H2O), verbindet.
Letzteres bildet weiße, glänzende blätterige Krystalle von
eigentümlichem Geruch und brennendem Geschmack, die in Wasser schwer, in Alkohol, Äther und Glycerin leicht löslich sind und
bei 78° C. sieden.
Das Butylchloralhydrat wird als anästhetisches Mittel gegen Neuralgien der Kopf- und Gesichtsnerven
empfohlen.
Laktobutyrometer, Laktoskop, Galaktoskop, Instrument zur Bestimmung des Fettgehalts der Milch. Für genaueste
Untersuchung eignet sich besonders das von Soxhlet erdachte Instrument. Kommt es auf absolute Genauigkeit jedoch nicht mehr
an, so genügt das Butyrometer von Marchand, das allerdings nur bis zu einer Fehlergrenze von 0,2 bis 0,3 Proz.
zulässig ist, aber wegen seiner Einfachheit und leichten.Handhabung sich in allen Milchwirtschaften nützlich erweist.
Dieser Apparat besteht aus einem unten zugeschmolzenen Glasrohr, das einem Inhalt von je 10 ccm entsprechend drei Marken trägt
und von der obersten Marke nach abwärts eine Skala, deren Grade je 0,1 ccm entsprechen. Beim Gebrauch füllt
man das Rohr bis zur ersten Marke mit der zu untersuchenden Milch, darauf bis zur zweiten Marke mit Äther, verschließt mit
einem guten, weichen Korke und schüttelt eine Minute lang möglichst kräftig, bis der Äther
völlig mit der Milch gemischt
ist.
Daraus gießt man bis zur dritten Marke Alkohol von 91° Tr. zu, verschließt fest mit dem Korke und schüttelt wiederum sehr
heftig um. Das verschlossene Rohr senkt man dann in Wasser von 40° C., läßt es hierin zehn Minuten lang stehen und kühlt
es durch Eintauchen in kaltes Wasser. Man findet dann im obern Teil des Rohres scharf getrennt von der
übrigen Flüssigkeit eine Ätherschicht, die alles Fett aufgenommen hat. Die Höhe dieser Schickt ist proportional dem Fettgehalt,
und man hat die Größe derselben nur an der Skala abzulesen, um aus einer dem Instrument beigegebenen Tabelle den gesuchten
Fettgehalt der Milch zu entnehmen. Andere Apparate, wie der Heusnersche Milchspiegel, beruhen auf optischen
Eigenschaften der Milch, sind aber viel weniger genau. (S. auch Galaktometer.)
Stadt im Kreis Friedberg der Hess. Provinz Oberhessen, an der Linie Cassel-Frankfurt der Preuß. Staatsbahnen,
in schöner Lage am Fuße des Taunus, hat (1890) 2772 E., in Garnison (230 Mann) die 3. und 4. Eskadron
des 24. Dragonerregiments, Post zweiter Klasse, Telegraph, Amtsgericht (Landgericht Gießen); eine sehenswerte Stadtkirche mit
mehrern für die Hess. Geschichte bedeutsamen Grabdenkmälern, ein von Landgraf Philipp von Butzbach erbautes Schloß (jetzt Kaserne),
ein Solms-Braunfelssches Schloß (jetzt Hess. Hausdomäne), höhere Bürger- und Mädchenschule, Vorschußverein;
Strumpfwirkerei, Gerberei, Leimsiederei, Färberei, Fabrikation von Erdfarben und Sprengpulver und Jahrmärkte.
nennt man runde Fensterscheiben von 10 bis 15 cm Durchmesser, die in der Mitte, wo die Pfeife des Glasbläsers
gesessen hat, eine ziemlich starke Erhöhung, Butzen genannt, zeigen und auch am Rande erhaben sind.
Die Butzenscheiben, welche in Blei
gefaßt bis zu Anfang unsers Jahrhunderts zu billigen Verglasungen benutzt wurden, haben neuerdings als Schmuck von Zimmern
im altdeutschen Stil, auch wegen ihrer raumabschließenden Wirkung Verwendung gefunden. (S. auch Fenster
und Glaserarbeiten.)
Stadt im Großherzogtum Mecklenburg-Schwerin, im frühern Fürstentum Schwerin, am Zusammenflusse der Warnow
und Nebel und an der Linie Lübeck-Neubrandenburg-Strasburg und Bützow-Rostock (31,20 km) der Mecklenb. Friedrich-Franz-Eisenbahn,
eine der schönsten und gewerbreichsten Städte des Landes, Sitz des Dominialamtes Bützow-Rühn und einer
Forstinspektion, hat (1890) 5256 (2543 männl., 2713 weibl.) E. (139 Reformierte und 87 Israeliten), Post erster Klasse, Telegraph,
Amtsgericht (Landgericht Güstrow), Dampfschiffahrtsverbindung mit Rostock auf der Warnow, eine prächtige, 1239-48 erbaute,
1855-58 renovierte gotische luth. Stadtkirche, eine reform. Kirche (die einzige im Lande), eine Synagoge, ein neues
schönes Rathaus, ein ehemals bischöfl. Schloß, das jetzt zu Beamtenwohnungen dient, ein Centralgefängnis, ein Hospital,
ein Realgymnasium (12 Lehrer, 7 Klassen, 155 Schüler), eine Bürger-, eine Gewerbe-, eine höhere Mädchenschule, Bierbrauereien,
zwei Dampfpapierfabriken, eine Maschinenbau- ^[Fortsetzung: folgende Seite]
mehr
anstalt; bedeutenden Handel, besonders mit Getreide. In der Nähe die Strafanstalt für beide Mecklenburg Dreibergen (265 Gefangene).
- Bützow ist eine alte Stadt; sie wurde 1302 von den Bischöfen von Schwerin in deren Gebiet gestiftet und war von da an bischöfl.
Residenz. 1648 kam sie mit dem Stift Schwerin an Mecklenburg. Im Anfang des 18. Jahrh. ließen sich hier
viele franz. Réfugiés nieder, welche Fabriken anlegten. Von 1760 bis 1789 bestand in Bützow die vom Herzog Friedrich hierher von
Rostock, soweit sie unter seinem Patronat stand, verlegte Universität, die dann wieder mit der in Rostock verbliebenen Hälfte
vereinigt wurde, und von 1760 bis 1780 ein fürstl. Pädagogium.
Friedr. Wilh., Graf von, russ. Feldherr, geb. 14. (25.) Sept. 1759 auf dem Krongut
Magnusthal der Insel Mohn, aus einer alten livländ. Adelsfamilie, zeichnete sich 1770 bei
der Belagerung von Vender aus, ward Adjutant des Fürsten Orlow, den er auf seinen Reisen in Deutschland und Italien begleitete,
kämpfte 1789 als Commandeur des Kexholmschen Regiments siegreich gegen Schweden, dann 1792-94 unter Suworow gegen Polen, ward
Gouverneur von Warschau, 1796 Generallieutnant und Generalgouverneur von Petersburg, 1795 in den preuß., 1797 in
den russ. Grafenstand erhoben.
Für seine Thätigkeit in Polen war er mit Domänengütern in Esthland belohnt worden; auf diese zog er sich 1798-1802 zurück. 1802 wurde
er als Präsident eines besondern Komitees mit der Regelung der ungleich verteilten Ortsabgaben beauftragt, die Buxhoevden dann auch
zu allgemeiner Zufriedenheit bewirkte. 1803 wurde er Generalgouverneur in den Ostseeprovinzen: 1805 befehligte
er in der Schlacht bei Austerlitz den linken Flügel des russ. Heers;
1806 übernahm er das Kommando der russ. Armee in Preußen,
wurde zeitweilig von Bennigsen verdrängt, erhielt aber wieder den Oberbefehl über den Rest der Armee 1807,
die er am Dnjepr und der Düna organisieren sollte. Im Kriege gegen Schweden 1808 eroberte in 10 Monaten durch 6 See- und 27 Landtreffen
ganz Finnland bis zum Torneå und brachte Sweaborg zur Kapitulation.
Ein Zerwürfnis mit Araltschejew nötigte ihn Ende 1809 das
Kommando niederzulegen. Er starb 23. Aug. auf seinem Schlosse Lohde in Esthland.
Stadt im Kreis Jork des preuß. Reg.-Bez. Stade, an der schiffbaren Este, 7 km von deren Einmündung in die
Elbe, und an der Linie Harburg-Curhaven (Unterelbesche Eisenbahn) der Preuß. Staatsbahnen, hat (1890) 3453 (1755
männl., 1698 weibl.) E.,darunter 68 Katholiken, Post zweiter Klasse, Telegraph, Amtsgericht (Landgericht Stade), Dampferstation,
Steueramt;
eine got. 1285-96 erbaute Hauptkirche St. Petri, Rathaus, ein Realprogymnasium (8 Lehrer, 7 Klassen, 172 Schüler),
höhere Bürger-, höhere Mädchen- und Baugewerkschule;
Fabrikation von Cement, Öl (2 Fabriken), Seife
(2), Farben, Papier und Leder;
Gerbereien, Leimsiedereien: besuchte Pferdemärkte, Handel mit Vieh, Steinen, Holz, Torf, Honig,
Wachs u. s. w.
und steht mit Hamburg in lebhafter Schiffahrtsverbindung.
In der fruchtbaren, wiesenreichen Umgegend und den
nahen Marschen wird starke Viehzucht und Obstbau getrieben. - Buxtehude, schon 959 urkundlich erwähnt,
erhielt 1273 von dem Erzstifte Bremen, dessen zweite Stadt es wurde, Stadtgerechtsame, wurde 1369 Mitglied der Hansa, hatte
blühenden Handel, trat 1543 der Reformation bei und war bis 1682 Festung. Von da an teilte es die Schicksale des Herzogtums
Bremen.
Dietrich, Orgelspieler und Komponist, geb. 1635 zu Helsingör als Sohn des Organisten
Johann Buxtehude (gest. der ihn in Theorie und Orgelspiel unterrichtete.
Seit 1668 Organist an der Marienkirche zu Lübeck,
erwarb sich Buxtehude einen Weltruf als genialer Orgelspieler.
Joh. Seb. Bach verehrte ihn als Meister. Buxtehude starb zu Lübeck.
Seine Kompositionen sind zum größten Teil verloren;
einige wertvolle Orgelstücke veröffentlichte Spitta
(2 Bde., Lpz. 1876-78).
(spr. böxt'n), Badeort und Marktstadt in der engl.
Grafschaft Derby, in einem nur durch den Wyefluß geöffneten, bewaldeten Thalkessel des Peakgebirges, 44 km im NW.
von Derby, in 312 m Höhe, hat (1891) 7424 E., viele schöne Gebäude, darunter das zum Andenken an das
Jubiläum der Königin 1888-89 erbaute Stadthaus mit Freibibliothek, das 1858 gestiftete Hospital (jährlich 3000 Kranke) und
den Palast Crescent mit toscan. Säulen, Bibliothek und Bädern, den 1781 der Herzog von Devonshire erbauen ließ. Er grenzt an
die unter Elisabeth vom Earl von Shrewsbury gebaute alte Halle, jetzt Wirtshaus, in der Maria Stuart gefangen
saß. Buxton ist wichtig durch seine schon den Römern bekannten und jährlich von etwa 6000 Personen besuchten, gegen Rheumatismus
wirksamen warmen Mineralquellen (28° C., im Bassin 25°). Unweit von Buxton die Pools-Hole, eine 594 m tiefe Stalaktitenhöhle,
und in 4,8 km Entfernung der 551 m hohe Axe-Edge.
(spr. böxt'n), Sir Thomas Fowell, engl. Philanthrop und Politiker, geb. zu
Earls Colne in Esser, besuchte die Universität zu Dublin und wurde 1808 durch Heirat Teilhaber einer großen Londoner Brauerei.
Er beteiligte sich eifrig an philanthropischen Bestrebungen, trat für die Armenbevölkerung von Spitalfields,
dann für die Verbesserung des Gefängniswesens ein und veröffentlichte seine Erfahrungen in «Enquiry,
whether crime and misery are produced or prevented by our present system of prison discipline» (Lond.
1818). 1818 wurde er Mitglied des Unterhauses und arbeitete auch hier für seine Bestrebungen.Seit 1822 wirkte
er besonders gegen die Negersklaverei, 1824 übernahm er die parlamentarische Leitung dieser Sache aus den Händen Wilberforces
und hatte die Freude, 1833 die Abschaffung der Sklaverei in allen brit. Kolonien als Gesetz verkündet zu sehen. (S. Sklaverei.)
In der Schrift «The African slave trade» (Lond. 1839; deutsch von Julius, Lpz.
1841) drang er auf Verschärfung der zur Unterdrückung des Sklavenhandels getroffenen Vorkehrungen. 1837 verlor er seinen
Parlamentssitz, wurde 1840 Baronet und starb zu Northrepps in der Grafschaft Norfolk.
Charles Buxton, sein dritter Sohn, geb. trat im Parlament seit 1857 bei verschiedenen
Anlässen in ähnlichem Sinne wie sein Vater hervor. Er gab «Memoirs of Sir Thomas Fowell Buxton»
mehr
(Lond. 1848; neue Aufl. 1872; deutsch, Berl. 1853 und
Hamb. 1855) heraus. Später erschienen von ihm: «Slavery
and freedom in the British West Indies» (Lond. 1860) und «The
ideas of the day on policy» (ebd. 1865; 3. Aufl. 1868). Er starb Aus seinem
Nachlasse veröffentlichte J.L. Davies «Notes of thought. Preceded by a biographical sketch» (Lond. 1873).
Joh., der Ältere, Orientalist, geb. zu Camen in Westfalen, studierte zu Marburg, Herborn, Basel
und Genf.
Nachdem
er Deutschland und die Schweiz bereist hatte, ließ er sich in Basel
nieder, wo er 1591 Professor der hebr.
Sprache wurde und an der Pest starb. Seine Arbeiten stützten sich besonders auf die Schriften der Rabbinen, die er
gründlich kannte, wie die «Biblia hebraica rabbinica» (4 Bde., Bas. 1618 - 19) und «Tiberias seu commentarius massorethicus»
(ebd. 1620) beweisen. Hervorragend ist sein «Lexicon hebraicum et
chaldaicum» (ebd. 1607).
Vgl. Kautzsch, J. Buxtorf der Ältere (Tüb. 1880). -
Johann Buxtorf der Jüngere, des vorigen Sohn, geb. zu Basel,
folgte 1630 seinem Vater auf dessen Lehrstuhle zu Basel,
wo er starb.
Außer einem «Lexicon chaldaicum et syriacum» (Bas. 1622) u. a. gab er aus dem Nachlasse seines Vaters das
«Lexicon chaldaicum, talmudicum et rabbinicum» (ebd. 1639; neu bearbeitet
von Fischer, 2 Bde., Lpz. 1866 - 74)
und die «Concordantiae bibliorum hebraicorum» (Bas. 1632; neu bearbeitet von Bär, 12 Tle., Berl. 1862 - 63) heraus.
(spr.beiß balloh), Christoph Heinr. Dider., niederländ. Meteorolog, geb. in
Kloetingen in der Provinz Seeland, studierte in Utrecht Litteratur und Naturwissenschaften, wurde 1847 dort Professor der Mathematik, 1870 der
Experimentalphysik, legte sein Amt 1887 nieder und starb in Utrecht. Von seinen Physik. Arbeiten
ist bemerkenswert die «Schets eener physiologie etc.»
(Utrecht 1849). Auf mathem. Gebiete verfaßte er ein Lehrbuch der Planimetrie.
Die größte Bedeutung erlangte Buys-Ballot auf dem Gebiete der Meteorologie. 1847 gab er in Utrecht die Schrift «Changements périodiques
de la température dependants du soleil et de la lune etc.» heraus.
Viele Aufsätze in Poggendorffs «Annalen» in den J. 1848 - 50 sowie im Ergänzungsband IV der «Annalen» («Erläuterung einer
graphischen Methode zur gleichzeitigen Darstellung der Witterungserscheinungen an vielen Orten und Aufforderung der Beobachter,
das Sammeln der Beobachtungen an vielen Orten zu erleichtern») folgten.
Bereits 1849 begann er selbst regelmäßige Witterungsbeobachtungen in Utrecht anzustellen und auch solche,
die er von andern Orten gesammelt hatte, zu veröffentlichen. Infolgedessen wurde 1854 das königlich niederländ.
Meteorologische Institut in Utrecht errichtet und Buys-Ballot zum Direktor desselben ernannt. 1857 gab er das unter dem Namen der Buys-Ballot-schen Regel
(s. d.) bekannt gewordene Meteorolog. Gesetz an, das freilich
schon vorher, aber ohne daß Buys-Ballot Kenntnis davon haben konnte, von Coffin und Ferrel in Amerika erkannt worden war.
Vom an wurden auf Grund dieser Regel in den Niederlanden täglich telegr. Sturmwarnungen gegeben. Ausführlicher ist
hierüber berichtet in «Eenige regelen voor te wachten van weêrsveranderingen in Nederland» (Utrecht
1860).
Zum Zwecke der Sturmsignale führte Buys-Ballot 1863 die von ihm Aëroklinoskop (s. d.) genannte Vorrichtung ein. Eins der Hauptverdienste
B.s liegt in seinem unausgesetzten Hinweis auf die Wichtigkeit gleichförmiger internationaler Meteorolog. Beobachtungen;
in diesem Sinn gab er 1872 - 73 in Utrecht die «Suggestions on a uniform system of meteorological observations»
heraus. Als Direktor des Meteorologischen Institus in Utrecht hat er 40 Bände des «Jahrbuchs», das in 2 Abteilungen erscheint,
herausgegeben, sowie die «Archives Néerlandaises des sciences exactes et naturelles» (Haarlem 1866 fg.) der Niederländischen
Gesellschaft der Wissenschaften.
Regel oder Barisches Windgesetz heißt das von Buys-Ballot zuerst bestimmt formulierte
Gesetz, daß die Luft von Orten hohen Druckes nach Orten mit geringerm Druck hinströmen muß, dabei aber durch die Umdrehung
der Erde abgelenkt wird.
Die Ablenkung geht auf der nördl. Erdhälfte nach rechts, auf der südlichen nach links. (S.
auch Atmosphäre, Bd. 2, S. 46 buys-ballotsche).
(spr. büsangßäh), Hauptstadt des Kantons Buzançais (428,60
qkm, 10 Gemeinden, 15890 E.) im Arrondissement Châteauroux des franz. Depart. Indre, in 127 m Höhe
rechts am Indre und an der Linie Tours-Montluçon der Franz.
Orléansbahn, welche sich daselbst mit der im Bau begriffenen Linie
Villefranche-sur-Cher nach Poitiers kreuzt, hat (1891) 3533, als Gemeinde 5027 E., Post und Telegraph,
Ruinen ehemaliger Befestigungen, Eisenwerke, Kanonengießerei, Korn- und Pferdehandel.
(spr. büsangßih), Hauptstadt des Kantons Buzancy (265,01 qkm, 22 Gemeinden, 6812 E.)
im Arrondissement Vouziers des franz. Depart. Ardennes, 61 km im SO. von Mézières, mit 735 E., Post und einer Bronzestatue
des Generals Chanzy (von Aristide Croisy).
Am fand hier ein heftiges Gefecht statt, ein Vorspiel
zu den Schlachten von Beaumont (s. d.) und Sedan (s. d.).
1) Kreis in der östl. Walachei des Königreichs Rumänien, gehört teils dem Gebiete der Transsylvanischen Alpen,
teils der Walachischen Tiefebene an und hat auf 4900 qkm (1889) 195834 E. - 2) Hauptstadt des Kreises am Flusse am Nordrande
der Tiefebene und an der Linie Roman-Bukarest, ist Sitz eines Bischofs und hat eine hervorragende Episkopalkirche, ein Priesterseminar,
Gymnasium und 17307 E.
(spr. busiahsch), Klein-Gemeinde im Temeser Komitat und einer der bedeutendsten Badeorte
Ungarns, Sitz eines Stuhlbezirks (33804 E.), 34 km ostsüdöstlich von Temesvár, in hügeliger Gegend (132 m), hat (1890) 2627 E.
(darunter 561 Magyaren, 1148 Deutsche), dem Bekenntnis nach römisch- und griechisch-katholisch; Post, Telegraph, sieben reiche
Mineralquellen (Säuerlinge) mit gut besuchten Heilbädern, hübsche Kuranlagen, ein prächtiges Kurhaus,
einen geschmackvollen Park. Die Mineralwasser von Buziás schmecken nach Petroleum, sind eisenhaltig und prickelnd sauer, haben
eine Temperatur von 12,5° C. und gleichen den Spaaer Quellen. Sie gehören zur Klasse der muriatischen Eisensäuerlinge, zeichnen
sich durch sehr hohen Eisengehalt (0,157 bez. 0,117 g Eisenbicarbonat im Liter Wasser) sowie durch Reichtum
an kohlensauren Salzen und freier Kohlensäure aus. Der Josephs-, Michels- und der obere
mehr
Trinkbrunnen werden zum Trinken, die übrigen zum Baden und zwar gegen Frauenkrankheiten, Magen-, Darm-, Blasen- und Steinleiden
benutzt. (Zahl der Kurgäste 18881276 Personen.) Auf dem nahen Szilaser Berge (348 m) gedeiht guter Wein. –
(spr. büsoh), François Nicolas Léonard, franz.
Politiker, geb. zu Evreux, war Advokat in seiner Vaterstadt und wurde 1789 in die États généraux und die Nationalversammlung
gewählt, dann Sept. 1792 vom Departement Eure in den Nationalkonvent gesandt. Er trat als eifriger Girondist mit Mut dem Schreckensregiment
Dantons entgegen. In den Sturz der Gironde einbegriffen, wurde er durch Konventsdekret verurteilt;
doch entging er der Verhaftung durch die Flucht nach dem südl. Frankreich, wo er die Seele des girondistischen Aufstandes
wurde. Er endete wohl durch eigene Hand;
am fand man bei St. Emilion seinen und Pétions Leichnam. Buzot ist
bekannt durch sein Verhältnis zur Madame Roland (s. d.), die, im Mai 1793 verhaftet,
aus dem Gefängnis die leidenschaftlichsten Briefe an ihn sandte;
auch soll sie sein polit.
Verhalten beeinflußt haben. Seine
«Mémoirs sur la révolution française» gab ungenügend Guadet (Par.
1823) heraus, besser Dauban (ebd. 1866). –
Vgl. Dauban, Étude sur Mme.
Roland et son temps (Par. 1864);
Vatel, Charlotte de Corday et les Girondins (3 Bde., ebd. 1872).
Bay (spr. bössărd beh), Meerbusen an der Südküste des amerik.
Staates Massachusetts, 48 km lang und 11 km
breit, ist durch die Elisabeth-Inseln vom Vineyard-Sund getrennt und enthält die Häfen New-Bedford, Fair-Haven,
Mattapoisett und Wareham.
bei den Griechen, im Alten Testament Gebal genannt, uralte Stadt in Phönizien, die auf einer
Anhöhe unweit des Meers zwischen Tripolis und Berytus lag und durch den prachtvollen Tempel des Adonis berühmt war. Salomo bezog
von hier Künstler für den Tempelbau zu Jerusalem. Die Stadt hatte eigene Fürsten bis zur Zeit des Pompejus,
der den letzten hinrichten lieft. Jetzt heißt der Ort Dschebail, hat nur 600 E., und ist von Trümmern aus den Zeiten der
Römer wie der Kreuzzüge, sowie von ausgedehnten Totenstätten mit phöniz. und ägypt.
Altertümern umgeben. Die Feste, die aus dem Mittelalter herrührt, besteht aus mächtigen, nach altphöniz. Art behauenen
und gefügten Quadern. Die St. Johanniskirche aus dem 12. Jahrh. ist jetzt im Besitz der Maroniten.
1) Kreis im westl. Teil des russ. Gouvernements Mohilew, hat 4672,6 qkm, 86547 E., meist Weißrussen, Ackerbau und Waldindustrie.
– 2) Bychow oder Staryj d. i. Alt-Bychow, Kreisstadt im Kreis Bychow, 62 km südlich von Mohilew, rechts am Dnjepr,
hat (1889) 6331 E., wovon die Hälfte Israeliten, Post und Telegraph, 3 russ. und 1 kath. Kirche, 1 Synagoge, 1 Kreisschule,
Acker- und Gartenbau, Anfertigung von Bastmatten. - Bychow, seit dem 14. Jahrh. bekannt, gehörte
anfangs zum Fürstentum Kiew,
kam im 15. Jahrh. unter poln., 1772 unter
russ. Herrschaft und wurde 1773 Kreisstadt. Zu poln. Zeit war es
stark befestigt.
oder Bylaws (engl., spr. beilahs, wahrscheinlich von byr-, altnorweg.
für Wohnstätte, Stadt, und laws = Gesetze), in England Verordnungen, welche eine Korporation für das ihr zugewiesene Gebiet
erläßt. Ein Stadtrat (Borough Council, s. Municipal Corporations) ebenso wie ein Grafschaftsrat
(County Council, s. d.) darf für das Gebiet der Stadt, bez. der Grafschaft derartige Verordnungen erlassen, welche indessen
dem Minister des Innern und teilweise der Centralbehörde für Lokalverwaltung (Local Government Board) unterbreitet werden
müssen. Die Eisenbahngesellschaften haben gleichfalls das Recht, Byelaws zu erlassen; die letztern müssen
vom Handelsamt (Board of Trade) genehmigt werden.
Arthur, Graf, österr. Kriegsminister, geb. trat 1837 als Kadett in österr. Dienste, erwarb 1849 das
Militär-Verdienstkreuz, widmete sich dann ganz der militär. Technik, insbesondere der Mathematik, avancierte in der Artillerie
bis zum Oberstlieutenant, wurde 1869 als Oberst bei der Errichtung des militärtechnischen Komitees dessen
Präsident und blieb in dieser Eigenschaft bis zu seiner Berufung an die Spitze der Kriegsverwaltung. Am wurde Bylandt-Rheydt Generalmajor,
bald darauf Inhaber des 9.Artillerieregiments, 1874 Feldmarschalllieutenant, 1882 Feldzeugmeister. Er war 1876‒88 Reichskriegsminister,
in welcher Stellung er das Heer vollständig reorganisierte. Er starb in Wien.
(Sing. Bylina, Plur. Byliny) ist die Bezeichnung der eigentlichen Heldenlieder der großrussischen
epischen Volkspoesie (die ebenfalls epischen Charakter zeigenden geistlichen Lieder heißen «Duchovnyje
stichi»). Diese Volksepik hat sich im nördl. Großrußland, namentlich
im Gouvernement Olonez und dem benachbarten Gouvernement Archangel bis auf den heutigen Tag erhalten. Im 18. Jahrh. sammelte
der Kosak Kirscha Danilow 61 Bylinen (hg. von Kalajdowitsch: «Drevnija russkija stichotvorenija»,
1818, nachdem bereits 1804 26 der Lieder unter demselben Titel erschienen waren).
Bedeutendere Sammlungen fallen in die neueste Zeit: die von Rybnikow (4 Bde.,
Mosk., Petersb. u. Petrozawodsk 1861‒67),
von Kirjejewskij (Mosk. 1868‒74; 10 Lieferungen), von Hilferding, («Onežskija
byliny»),
Petersb. 1873). Die Bewahrer und Verbreiter dieser epischen Lieder sind namentlich Leute
sitzender Lebensweise, Schneider, Schuhmacher, die in den Bauernhäusern zeitweise arbeiten; die Zahl der Lieder, welche
diese Rhapsoden kennen, ist oft sehr bedeutend. Die Bylina hat stets eine bestimmte Versform; der Inhalt
zerfällt in zwei Hauptbestandteile, einen typischen, der vom Sänger nicht verändert wird und die Beschreibung wie die Reden
der Helden enthält, und einen veränderlichen, der den Gang der Handlung darstellt. Die Helden der Bylinen heißen Bogatyri (Sing.
Bogatyr, entlehnt aus dem türkisch-persischen bahader, «tapfer, Held»). Man hat die Bylinen nach Zeitperioden
(in welche die einzelnen Helden fallen oder fallen sollen) und nach Ortscyklen eingeteilt:
1) ältere Helden
mehr
der vorwladimirschen Zeit; zu ihnen gehören namentlich Woljga, Swjatogor, Mikula;
2) kiewsche, jüngere Helden der Zeit Wladimirs; zu ihnen gehört der Hauptheld des russ. Epos, Ilja von Murom
(Ilja Muromez, s. d.), ferner Dobrynja Nikititsch, Aljoscha Popowitsch u. v. a.; sie bilden, was man wohl die «Wladimirsche
Tafelrunde» genannt hat;
3) Cyklus von Nowgorod;
4) Cyklus von Moskau;
5) Zeit Peters d. Gr.;
6) das 18. Jahrh.;
7) unsere Zeit. –
Vgl. A. Rambaud, La Russie épique (Par. 1876);
W. Wollner, Untersuchungen über die Volksepik der Großrussen
(Lpz. 1879).
Den Versuch einer Art Übersetzung und Nachdichtung damals bekannter Bylinen enthält: «Fürst
Wladimir und dessen Tafelrunde» (Lpz. 1819).
George, Viscount Torrington, brit. Admiral, geb. zu Wrotham in Kent, trat in seinem 15. Jahre in die
brit. Marine. Seit 1703 Konteradmiral, leistete er im Spanischen Erbfolgekriege den Verbündeten wichtige Dienste, namentlich
bei der Eroberung Gibraltars, und wurde 1706 Viceadmiral und 1708 Admiral der Blauen Flagge. Er eroberte 1708 die
Insel Minorca, vereitelte 1717 den Angriff Karls ⅩⅡ. auf England und 1718‒20 die Unternehmungen des Kardinals Alberoni
gegen Sicilien und Neapel und siegte bei Kap Passero über die span. Flotte unter Castañeta. Nachdem
er schon vorher Baronet geworden, erhielt er 1721 die Peerage und 1727 die Würde eines ersten Lords der Admiralität. Zu seinen
Verdiensten um die brit. Seemacht gehört auch, daß durch seine Bemühungen die Witwen der im Kriege gebliebenen Seeoffiziere
Unterstützung empfingen. Byng starb zu London.
John Byng, Sohn des vorigen, geb. 1704, trat 1718 in Seedienste und
schwang sich schnell zum Admiral von der Weißen Flagge empor. Er wurde 1756 mit einer Flotte abgeschickt, die Insel Minorca,
auf der die Franzosen mit bedeutender Macht gelandet waren und das Fort St. Philipp belagerten, zu befreien. Da er sich
hier 20. Mai aus einem Treffen mit der franz. Flotte unter Marquis de la Galissonière zurückzog und den ihm
erteilten Auftrag unvollzogen ließ, so wurde er nach seiner Rückkehr vor ein Kriegsgericht gestellt, zum Tode verurteilt
und erschossen. Er starb als ein Opfer der schlechten Maßregeln des Ministeriums.
(spr. beinkershuk), Cornelis van, holländ. Schriftsteller über Civil- und Völkerrecht, geb. zu
Middelburg, studierte unter Ulrich Huber zu Franeker, wurde Advokat im Haag und trat 1703 in den hohen Rat für Holland, Seeland
und Westfriesland, dem er, seit 1724 als Präsident, bis zu seinem Tode, angehörte. Seine
Werke gab Vicat (Köln 1761) heraus. Berühmt sind die eine positive Methode begründenden völkerrechtlichen Schriften «De
foro legatoram» (1702),
«De dominio maris» (1703) sowie die «Quaestiones juris publici»
(1737; 2. Aufl. 1751). –
oder Bird (spr. börd), William, der bedeutendste engl. Komponist zu Shakespeares Zeit, geb. 1538 in London, starb
daselbst Seine Psalmen und Motetten sowie seine jetzt wieder viel gesungenen Madrigale gehören zu den besten
Kompositionen des 16. Jahrh. Außerdem schrieb er
Orgel- und Klavierstücke.
Mit seinem Lehrer Tallis erhielt er 1575 ein Privileg auf 21 Jahre für Druck und Verkauf von Musikalien.
Justus, eigentlich Jobst Bürgi, Mathematiker und Verfertiger von Himmelsgloben und astron. Instrumenten,
geb. zu Lichtensteig im Kanton St. Gallen, kam 1579 als Hofuhrmacher in die Dienste des Landgrafen
von Hessen, Wilhelm Ⅳ. Sein erstes Werk war ein Himmelsglobus, auf dem er die Sterne nach seinen eigenen Beobachtungen eintrug.
Der Landgraf schickte diesen Globus dem Kaiser Rudolf Ⅱ., der 1604 Byrgius als Mechaniker in seine Dienste nahm. Byrgius kehrte indes 1622 von
Wien nach Cassel zurück und starb daselbst Noch vor 1603 erfand er einen Proportionalzirkel,
der vom Galileischen verschieden war, ferner auch, ohne die Arbeiten Napiers zu kennen, die Logarithmen, die er in den «Arithmet.
und geometr. Progreß-Tabulen» (Prag 1620) beschrieb. Auch konstruierte er ein geometr. Triangularinstrument. Seinen
Bericht darüber nebst Abbildungen gab sein Schwager Benj. Barmer (1648) heraus.
Mrs. William Pitt, engl. Schriftstellerin, Tochter Hans Busks und Witwe William Pitt B.s, Eigentümers
der «Morning Post». Schon früh (seit 1854) schrieb sie anonym in Zeitschriften, so in «Fraser’s Magazine» eine Geschichte
des Montague House in London, in «People’s Magazine» eine des Hotel Carnavalet, in «Macmillan’s
Magazine» eine Darstellung der Archive der Polizeipräfektur in Paris, in «Once a week» «Die Grotte von Vaucluse». Überall schildert
sie malerisch anschaulich.
Allgemeiner bekannt machte sie das umfangreiche Werk «Flemish Interiors»
(1856),
ihre beliebteste Schrift. Es folgten die durch feine polit.-sociale Beobachtung und Charakteristik ausgezeichneten
(stets nur mit Mrs. W. P. B. gezeichneten)
Bücher «Realities of Paris life» (3 Bde., 1859),
«Undercurrents overlooked» (2 Bde.,
1860),
«Red, white and blue» (3 Bde.,
1862),
«Cosas de España» (2 Bde.,
1866),
«Feudal castles of France» (1866),
«Gheel, or the city of the simple» (1869),
«Sainte Perrine, or the city
of the gentle», «The Beggynhof, or the city of the single» (1869),
«Pictures of Hungarian life» (1869),
«Power’s partner» (3 Bde.,
1875),
«Curiosities of the search-room» (1880),
«De omnibus rebus; an old man’s discursive ramblings» (1888) u. s. w.
Sie ist als kundige dramatische, musikalische und litterar. Kritikerin thätig.
(spr. beir’n), George Noel Gordon, Lord, Englands größter Dichter seit Shakespeare und
Milton, Enkel des Admirals John Byron (s. d.), stammte aus einer altengl. Adelsfamilie,
die bis in die Zeit Wilhelms des Eroberers hinaufreicht und deren Haupt 1643 wegen Anhänglichkeit an Karl I. den Titel Lord
Byron von Rochdale erhielt. B.s Vater, John Byron, des Admirals ältester Sohn, Gardekapitän und wegen wilden
Lebenswandels als toller Jack Byron berüchtigt, war zuerst mit der Marquise von Carmarthen, geborene Amelia D’Arcy, verheiratet,
die von ihm entführt und von ihrem Gatten geschieden wurde, dann mit Katharina, Tochter und Erbin George Gordons von Gight,
des Hauptes einer mit dem schott. Königshause verwandten hochländischen
Familie. Aus seiner ersten Ehe entsprang Augusta Byron, später Mrs. Leigh, aus der zweiten in London Lord Byron. Die Ehe
der Eltern B.s war
mehr
unglücklich. Sein Vater verschwendete fast das ganze Vermögen der Mutter, verließ sie und den Sohn und starb 1791 in Valenciennes.
Die Mutter, eine stolze Frau von leidenschaftlichem Temperament, ging 1790 mit ihrem Sohn nach Aberdeen, wo sie von dem Rest
ihres Vermögens zurückgezogen lebte. Die Erziehung durch die launenhafte Mutter war wenig geeignet,
in den Knabenjahren einen festen Grund für die spätere Entwicklung zu legen. Acht Jahre alt, wurde er zur Stärkung der Gesundheit
in die Hochlande geschickt. In jenen romantischen Gegenden erwachte in ihm der Sinn für die Natur, der alle seine Dichtungen
durchzieht. 1798 machte der Tod seines Großonkels Lord Byron dem Aufenthalt in Schottland ein Ende. Byron kam
dadurch in Besitz des Titels und der Stammgüter seiner Familie und nahm Wohnsitz auf dem Schlosse Newstead-Abbey.
Nun wurde seine Erziehung durch seinen Vormund, den Grafen von Carlisle, geleitet. Nach einem kürzern Aufenthalt in London,
wo man umsonst die Heilung seines Klumpfußes versuchte, und nach dem Besuch einer vorbereitenden Schule
in Dulwich kam Byron 1801 auf die Schule zu Harrow. Noch während er den gewöhnlichen Kursus durchmachte, faßte
er, in den Sommerferien 1803, eine glühende, unerwiderte Neigung für Mary Chaworth, deren Eltern ein Landgut in der Nähe
von Newstead-Abbey besaßen.
Okt. 1805 bezog Byron die Universität Cambridge, wo er mit Unterbrechung bis 1808 blieb. Noch als Student gab er «Hours of idleness»
(Newark 1807) heraus, die in der «Edinburgh Review » durch den nachmaligen
Lord Brougham eine bittere Kritik erfuhren, gegen die Byron die geharnischte Satire «English
bards and Scotch reviewers» richtete, in der sein Talent zuerst erglänzte, worin er aber Scotts «Marmion»
einer unverdienten Kritik unterzog. 1809 volljährig, nahm er im März seinen Sitz im Oberhause ein, wo er sich der Opposition
anschloß.
Doch besuchte er es nur selten, und seine drei Reden waren unbedeutend. Reich, schön, im Vollgenuß jugendlicher
Kraft, stürzte er sich in Zerstreuungen und Ausschweifungen, die seine Gesundheit und sein Vermögen schwächten. Juni 1809 trat
er mit seinem Freunde Hobhouse eine große Reise an. Über Portugal und Spanien fuhr er nach Malta, durchzog einen großen Teil
Griechenlands und Kleinasiens, machte das Wagestück den Hellespont zu durchschwimmen, besuchte Konstantinopel
und kehrte, nach längerm Aufenthalt in Athen, auf demselben Wege im Juli 1811 zurück. Im Febr. 1812 erschienen die auf der
Reise vollendeten beiden ersten Gesänge von «Childe Harold’s pilgrimage», die ihn auf die Höhe des Dichterruhms hoben.
Die Bewunderung steigerte sich durch die Teilnahme für seine Persönlichkeit, deren Spiegelbild man in
seinen Helden fand. Byron ließ schnell die erzählenden Gedichte «The Giaur»,
«The bride of Abydos» (frei verdeutscht von Kley, Halle 1884),
«’The Corsair», «Lara», «Parisina», «The
siege of Corinth» u. a. folgen, die seinen Ruhm erhöhten. Am vermählte er sich
mit Anna Isabella Milbanke. Die Ehe war jedoch unglücklich und schon im Febr. 1816 verließ Lady Byron (s.
unten) den Gatten. Die Folge war ein Umschwung der öffentlichen Meinung gegen Byron. Entrüstet über B.s Lebenswandel
sprach die engl. Gesellschaft, ohne ihn gehört zu haben, das Verdammungsurteil über ihn aus,
und Byron, der heimatlichen Zustände überdrüssig, verließ im April 1816 England, das er nicht
wiedersah.
Durch
die Niederlande und am Rhein aufwärts zog er in die Schweiz, wo er sich im Juni am Genfersee bei dem Ehepaar Shelley
(s. d.) niederließ. Der Beschreibung dieser Reise und Italiens sind die beiden letzten Gesänge des «Childe Harold»
gewidmet. Er lebte seitdem, unausgesetzt dichterisch thätig, am Genfersee und in verschiedenen Städten Oberitaliens. In
Venedig (1819) und Ravenna (1820) trat er zur schönen Gräfin Teresa Guiccioli in ein vertrautes Verhältnis (vgl. Rabbe,
Les maitresses authentiques de Lord Byron, 1890). Als deren Vater und Brüder, die Grafen Gamba, als Carbonari
aus Ravenna verbannt wurden, nahm Byron die Familie in seinen Schutz und ging mit ihr nach Pisa (1821), wohin ihm
die Gräfin, die sich von ihrem Gemahl getrennt hatte, folgte.
Als die Gamba auch hier nicht geduldet wurden, führte sie Byron nach Genua, wo sie lebten, bis ihn (Juli 1823)
der Freiheitskampf in Griechenland fortzog. Nach längerm Aufenthalt in Kephallonia kam er im Jan. 1824 in Mesolongion (Missolunghi)
an, bildete auf eigene Kosten eine Brigade von 500 Sulioten und traf Anstalten zu einer Unternehmung gegen Lepanto. Noch schwach
von einem epileptischen Anfall, zog er sich durch einen Ritt bei Regenwetter ein Fieber zu und starb in
Mesolongion, wo man ihm ein Mausoleum weihte. Ganz Griechenland trauerte um ihn 21 Tage. Graf Pietro Gamba, der Byron nach Griechenland
gefolgt war, führte die Leiche nach England, wo sie, da das Begräbnis in der Westminsterabtei verweigert ward, in der Dorfkirche
von Hucknall bei Newstead-Abbey beigesetzt wurde. Eine Bronzestatue B.s steht seit 1879 am östl.
Eingange zum Hyde Park in London.
Nach B.s zweiter Abreise aus England erschienen die beiden letzten Gesänge des «Childe Harold» (1816‒18; das ganze Gedicht
hg. und erklärt von Aug. Mommsen, Berl. 1885),
«The prisoner of Chillon» (1816),
das dramat. Gedicht
«Manfred» (1817; vgl. Rötscher, Über B.s Manfred, Berl. 1844; Anton, B.s Manfred, Erfurt 1875),
«The Lament of Tasso» (1817),
die venet. Novelle «Beppo» (1818),
die Erzählung «Mazeppa» (1819),
die dramat. Dichtungen «Marino Faliero» (deutsch bearbeitet
von Fitger, Oldenb. 1886),
«The two Foscari», «Cain», «Sardanapalus», «Heaven
and Earth», «The deformed transformed» und «Werner»
(1820‒22),
«Don Juan» (1821‒23),
«The Island» (1823) und kleinere Gedichte. Auch unternahm er 1822 mit Leigh Hunt und Shelley
die Herausgabe einer periodischen Schrift «The Liberal», die dem Verleger in England eine Anklage zuzog.
Über B.s Rang als Dichter ist, besonders in England, um so mehr gestritten worden, je verschiedener
man ihn als Menschen beurteilte. Unleugbar war sein Einfluß auf die moderne Dichtung von welthistor. Bedeutung. Zu einer Zeit,
wo sich in ganz Europa die Litteratur der Romantik des Mittelalters zuneigte, trat er als Vertreter der Unzufriedenheit mit
dem Bestehenden auf und gab allen Klängen des Spotts und des Hasses, des Zweifels und der Verzweiflung,
jedem Zwiespalt von Leben und Natur so erschütternd Ausdruck, wie keiner vor ihm. So weckte er in dem heranwachsenden Geschlechte
jene ideale Gärung, die als Weltschmerz lange fortdauert, und deren Wirkung fast alle hochherzigen Charaktere der Zeit kennzeichnet.
Als wesentlich bleiben seiner Dichtung der Sturm und Drang, der Freiheitsdurst und die Weltverachtung
mehr
des Individuums aufgedrückt, das sich vom alten Zustande der Dinge losreißt, ohne zur Gestaltung eines neuen Ideals zu
gelangen. Er steht damit im Banne derselben Bewegung, die ein halbes Jahrhundert früher die westeurop. Bildungswelt aufgerüttelt
hatte (vgl. O. Schmidt, Rousseau und Byron, Oppeln 1890). Gewaltig im lyrischen Ausdruck des Lebensüberdrusses
und des Menschenhasses, der glühenden Begeisterung für die Herrlichkeit der Vorwelt und eines gigantischen Trotzes auf eigene
Kraft, war in der Schilderung von Charakteren weniger glücklich.
Seine Helden sind fast alle nach einem Schnitt. Mit der Gesellschaft zerfallen, bewegen sie sich meist auf der Grenze von
Sitte und Willkür. Er stellt sie vorwiegend durch Beschreibung und Reflexion dar, läßt sie zu wenig handeln
und mischt seine Gefühle und seinen Glauben in ihr Leben und handeln wie in ihre Reden. Wie bei ihm selbst wechselt bei ihnen
Fausts und Don Juans Wesen ab. Auch B.s Meisterwerk, das unvollendete großartige epische Gedicht «Don Juan»
(vgl. Colton, The tendencies of Don Juan, 1826) macht hierin keine Ausnahme.
Andererseits entfaltet sich B.s reichbegabte Natur in keinem andern Werk in so glänzender Mannigfaltigkeit, keins offenbart
in gleicher Weise seine erstaunliche Leichtigkeit des Schaffens und Sprachgewalt. «Don Juan» ist das Epos der modernen Gesellschaft,
zugleich das Werk, das in lyrischem Erguß wie in dramatisch lebendiger Darstellung von Welt und Menschen
den vollständigsten Eindruck von B.s Persönlichkeit hinterläßt (vgl. Hel. Druskowitz, B.s Don Juan, 1879). Seine Heldinnen
sind im ganzen noch schwächer, haltloser und, trotz breiter romantischer Schilderungen, einförmiger als seine Helden. B.s
Stil ist glänzend, obschon ihm mitunter Malerei und Deklamation mehr Dienste leisten, als die echte Poesie
erheischt. Oft aber drückt er in schlagender Kürze Gedanken und Gefühle aus. Manche seiner Lieder gehören zu den schwungvollsten
und innigsten der engl. Poesie. Seine Dramen (vgl. von Westenholz, Über B.s histor. Dramen, Stuttg. 1890) sind allzu
reichlich mit Beschreibungen und Betrachtungen ausgeschmückt, weshalb sie sich, obgleich gelegentlich aufgeführt, nie auf
den Bühnen behaupteten.
Eine höchst wertvolle Bereicherung der Kenntnis von B.s Charakter bietet der von seinem Freunde Th. Moore
in die Darstellung von B.s Leben verwobene Briefwechsel desselben («Letters and journals
of Lord Byron with notices of his life», 2 Bde.,
Lond. 1830; neueste Ausg. 1875; deutsch, 4 Bde.,
Braunschw. 1831‒33),
der ihn als gewandten, geistreichen Prosaisten zeigt. B.s «Poetical works»
erschienen in zahlreichen Ausgaben (zuerst 6 Bde., Lond.
1815; Ausg. von Murray 1828; vollständiger als «Life
and Works of Byron», 1832‒35; zuletzt in Routledges «Popular Library»,
1890, und bei Griffith Farran u. Co., Lond. 1891) und wurden in fast alle lebenden Sprachen übersetzt, deutsch von Böttger
(Lpz. 1840; in 8 Bdn., 6. Aufl.,
ebd. 1864) und am vorzüglichsten von O. Gildemeister (6 Bde., Berl. 1864; 4. Aufl.
1888); die «Erzählenden Dichtungen» übersetzte Strodtmann (Hildburgh. 1862),
die «Dramen und epischen
Dichtungen» Schröter (4 Bde., Stuttg. 1885‒86).
Vgl. die bibliogr. Übersicht Flaischlens, in Deutschland im «Centralblatt für Bibliothekswesen», Ⅶ. Die Memoiren
B.s wurden durch den Erben dieser Papiere, Moore, aus Rücksicht auf die Familie
vernichtet.
Aus damaliger Zeit sind zu erwähnen:
Lady Blessington, Conversations with Lord Byron (1832 u. 1834); Galt, Life of Lord Byron (1831); von den vielen
neuern biogr. Beiträgen: Eberty, Lord Byron, eine Biographie (2. Aufl., 2 Bde.,
Lpz. 1879);
Elze, Lord Byron (3. Aufl., Berl. 1886; ins Englische übers. 1872);
Gräfin Guiccioli, Lord Byron jugé par les témoins
de sa vie (2 Bde., Par.
1868);
Engel, Lord Byron. Eine Autobiographie nach Tagebüchern und Briefen (3. Aufl., Mind. 1884);
Gottschall, Lord Byron, im «Neuen
Plutarch», Bd. 4 (Lpz. 1876);
J. C. Jeaffreson, The real Lord Byron (Lond. 1883), der den Verdächtigungen gegenüber
mit Erfolg eine Ehrenrettung auf Grund zuverlässigen und teilweise neuen Materials anstrebt; Weddigen,
Lord B.s Einfluß auf die europ. Litteraturen der Neuzeit (1884);
J. Schmidt, Byron im Lichte unserer Zeit (Hamb. 1888);
R. Byron W.
Noel, Life of Lord Byron (ebd. 1890);
Durdik, über B.s Poesie und Charakter (czechisch, 2. Aufl., Prag 1890);
Dallois, Études
morales et littéraires à propos de Lord Byron (Par. 1891).
Seine Gattin, Anna Isabella Milbanke, Lady Byron, einzige Tochter und Erbin Sir Ralph Milbankes und Lady Judith Noels, geb. in
London, ward durch ihre Mutter, Schwester Thomas Noels, Viscounts Wentworth, Erbin von Wentworth. Sie besaß vielseitige, sorgfältig
entwickelte Talente und eine ungewöhnliche Entschiedenheit und war äußerlich graziös und angenehm.
Mit Lord Byron wurde sie während der Saison von 1813 bekannt bei ihrer Tante Lady Melbourne, seiner Gönnerin, die seine Ehe mit
ihr wünschte.
Ihr einfach edles Wesen schildert Lord Byron später in einem der anziehendsten Frauencharaktere des «Don Juan», Aurora Raby.
Auch sie faßte eine tiefe Neigung für ihn, wies jedoch, an der Möglichkeit eines Ausgleichs der großen
Verschiedenheiten ihrer Naturen zweifelnd, seinen Heiratsantrag Nov. 1813 zurück. Einen zweiten, nach einem längern Briefwechsel
im Sept. 1814 gestellten nahm sie an und die Vermählung wurde vollzogen. Das Eheband widerstrebte seinem unsteten
Sinne, und eine Frau von vorwiegend praktischem Wesen, strengen Grundsätzen und Selbstbewußtsein wie
Lady Byron konnte trotz der reinsten Absichten das leidenschaftliche, cholerisch-melancholische Temperament eines Dichters vom
Schlage B.s nicht verstehen oder gar leiten. Dazu entsprangen seiner verschwenderischen Lebensweise häusliche Verlegenheiten;
so lag eine stürmische Zeit hinter dem Paare, als die Tochter Augusta Ada geboren wurde.
Am verließ Lady Byron London und begab sich mit ihrer Tochter nach Kirkby-Mallory in Leicestershire, dem Landsitze
ihres Vaters.
Sie schrieb noch mehrere heitere, freundliche Briefe an Lord Byron; ihre Mutter lud sogar ein, sodaß dieser höchst überrascht
war, als ihm kurz darauf (2. Febr.) sein Schwiegervater den Entschluß der Lady Byron ankündete, sich auf immer von ihm
zu trennen. Diese Kunde rief das größte Aufsehen hervor. Man nahm fast allgemein für Lady Byron Partei, und ein plötzlicher
Sturm des öffentlichen Unwillens trieb Lord in die Fremde. Als jedoch Moores Biographie Lord B.s erschien,
war schon ein entschiedener Rückschlag eingetreten. Sein heldenhafter Tod in Griechenland hatte diesen verstärkt; Moore änderte
das Urteil zu seinen Gunsten. Lady Byron brachte den Rest ihres langen Lebens mit Werken der Wohlthätigkeit,
mehr
so gut wie verschollen, zu. Die Kunde ihres Todes frischte die Erinnerung auf. Während der letzten Lebensjahre
hatte sie Freunden vertrauliche Mitteilungen über die angebliche Ursache ihrer Ehescheidung gemacht, auch Papiere über den
Gegenstand hinterlassen, aber keine Veröffentlichung angeordnet. Unter jenen Personen befand sich Mrs. Beecher-Stowe. Als
dann 1868 das Buch der Gräfin Guiccioli über Lord Byron erschien, hielt sich Mrs. Stowe verpflichtet, durch die «Wahre Geschichte
von Lady B.s Leben» Lord B.s Gattin gegen dessen Geliebte zu rechtfertigen.
Ihre Erzählung in «Macmillan’s Magazine» (Sept. 1869), die wahrscheinlich auf den bei Byron beliebten, affektierten
Selbstanschuldigungen beruhte, behauptete nun, daß Lady Byron ihren Gemahl der Blutschande mit
seiner verheirateten Schwester angeklagt und dieses Verhältnis als Ursache der Trennung bezeichnet habe. Bald erhoben sich
gewichtige Stimmen gegen die Glaubwürdigkeit dieser mit umständlichster Breite gemachten Enthüllung, z. B. «The true
story of Lord and Lady as told by the Countess of Blessington, in answer to Mrs Byron Stowe» (1869). Zahlreiche
innere Widersprüche wurden nachgewiesen; urkundliche Gegenbeweise kamen von den verschiedensten Seiten hinzu, sodaß die
Unwahrheit der Anklage völlig erwiesen ist. Unglück und Auflösung der Ehe waren wohl einfach in der entschiedenen Unverträglichkeit
der Naturen beider Gatten begründet.
Beider einzige Tochter, Ada, heiratete 1835 William Graf Lovelace und starb Sie hinterließ
zwei Söhne und eine Tochter. Der ältere Sohn, Byron Noel, geb. trat in die Marine,
diente nur kurze Zeit und starb, nachdem er beim Tode seiner Großmutter Lady Byron die Baronie Wentworth geerbt, nach
einem wilden Leben als Arbeiter in einem Londoner Dock Der zweite Sohn, Ralph Gordon Noel Milbanke, geb.
folgte seinem Bruder bei dessen Tode als Lord Wentworth.
Den Lordtitel erbte B.s Vetter, George Anson Byron (geb. der sich als brit. Marinekapitän
durch eine Südseereise bekannt machte, 1862 Admiral wurde und starb. Ihm folgte sein ältester
Sohn, George Anson Byron, geb. und diesem, der kinderlos starb, sein Neffe,
George Frederick William Byron, geb. 1855, jetziger Lord Byron.
(spr. beir’n), Henry James, engl. Theaterschriftsteller,
geb. 1834 in Manchester, wurde dort und in London erzogen und entwickelte früh ein hervorragendes Talent für das burleske
Drama, in dem er 1858 mit seiner auf dem Strandtheater in London aufgeführten Posse «Fra Diavolo» mit Glück auftrat. Viele
ähnliche Erzeugnisse, wie «Maid and magpie», «Aladdin»,
«Esmeralda», «The Lady of
Lyons», «Babes in the wood», «Lucia di Lammermore», «Little
Don Giovanni», «Mazeppa travestie», «Puss
in a new pair of boots», «Dundreary married and done for», «Sonnambula
travestie», «Daisy farm» schlossen sich an. Auch mit Lustspielen: «War to the knife», «A hundred
thousands pounds», «Not such a fool as he looks», «An American lady», «Old sailors» (1880),
vor allen mit «Our boys» (1880),
auf dem Vaudevilletheater in London mehr als tausendmal aufgeführt, und «Bow bells» (1881)
errang Byron große Erfolge. Sein bestes Stück ist «Cyrill’s success» (1868). Er selbst erschien auf der
Bühne seit
1869. Auch war Byron Mitarbeiter mehrerer Zeitschriften, schrieb den zuerst im
«Temple Bar Magazine» veröffentlichten Roman «Paid in full» (3 Bde.,
1865),
leitete einige Zeit das Londoner Witzblatt «Fun» und gab «Bits of Burlesque, being extracts from the extravaganzas of
H. J. Byron» (1877) heraus. Er starb
(spr. beir’n), John, engl. Weltumsegler, geb. auf dem
Familiensitze Newstead-Abbey in der Grafschaft Nottingham, stammte aus einer adligen Familie und war der Großvater des Dichters
Lord Byron. Als zweiter Sohn des Hauses zum Marinedienst bestimmt, schiffte sich Byron, 17 J. alt, mit Anson (s. d.) zur Reise um
die Welt ein. Doch sein Schiff litt im Mai 1741 an der westl. Küste von Patagonien Schiffbruch. Mit 145 Mann
rettete er sich in einem Boote. Nachdem die Mannschaft fast zur Hälfte dem Hunger erlegen, die übrigen eine andere Richtung
eingeschlagen, wurde er mit noch dreien gefangen genommen und erst 1745 als span. Kriegsgefangener
ausgewechselt.
Die von ihm erduldeten Drangsale schilderte er in «Narrative,
containing an account of the great distresses etc. of John Byron» (Lond. 1748 u. ö.;
deutsch, Lpz. 1793). In dem Kriege gegen Frankreich gab er sodann als Kommodore einer kleinen Flotille so viel Beweise seiner
Geschicklichkeit und seines Mutes, daß Georg Ⅲ. ihn zum Befehlshaber der beiden Schiffe Dolphin und
Thamar ernannte, die 1764 zu einer Entdeckungsreise in die Südsee gesandt wurden. Die Expedition wurde in der «Voyage round
the world» (Lond. 1767; deutsch, Stuttg. 1769) und in Hawkesworths
«Account of the voyages undertaken for making discoveries in the southern hemisphere»
(3 Bde., Lond.
1773; deutsch von J. F. Schiller, Bd. 1, Berl. 1774) beschrieben.
Später lieferte Byron als Admiral während des amerik. Krieges 1779 den Franzosen unter D’Estaing bei Granada ein unentschieden
gebliebenes Treffen. Nach London zurückgekehrt, starb er daselbst
(spr. beir’n-), die westliche der beiden Meeresstraßen zwischen
den Inseln Neu-Hannover und Neu-Mecklenburg des Bismarck-Archipels, ist durch die Inseln Neuwerk, Mausoleum und Durchfahrtsinseln
von dem östl. Meereskanal, der Steffenstraße, geschieden.
Die Durchfahrt ist wegen der vielen Riffe beschwerlich und nicht
ohne Gefahr.
(Byssacĕae), Familie aus der Gruppe der Gallertflechten, kleine algenähnliche braungrüne Pflänzchen
an feuchten Felsen und Baumstämmen (s. Gallertflechten).
Bezirkshauptmannschaft Neustadtl im westl. Teile von Mähren, im
Hügellande des böhm.-mähr. Grenzgebirges, an einem Seitenbach der zur Thaya gehenden Schwarzawa, hat
(1890) 2712, als Gemeinde 2852 slaw. E., Post, Telegraph, Bezirksgericht
ByzantinischeKunst (Tafel) 1. Verzierte Anfangsbuchstaben einer Handschrift zu Paris. 2. Marmorplatte der Theotokoskirche
zu Konstantinopel. 3. Christus.
Mosaik in der Sophienkirche zu Konstantinopel. 4. David und die Melodie (10.
Jahrh.).
Paris. 5. Elfenbeintafel
(11. Jahrh.) zu Paris. 6. Theotokoskirche zu Konstantinopel.
Grundriß. 7. Theodoroskirche zu Athen. (11. Jahrh.) 8. Kloster
Xeropotamu auf dem Athos. (Nach H. Brockhaus, Athos.)
mehr
(298 qkm, 67 Gemeinden, 84 Ortschaften, 22217 E.), eine Stadtpfarrkirche (1754 wiederhergestellt) mit hohen Türmen, Baumwoll-,
Leinenindustrie, Landwirtschaft und große Märkte. Solange Bystritz im Besitz der Herren von Pernstein war (bis 1550), galt sein
Gebiet als eine Hauptstütze der mähr. Hussiten; bis 1620 war es protestantisch; nach der Schlacht am
Weißen Berge kam es in den Besitz der Grafen von Nachod, 1730 in den der Grafen Mittrowsky von Nemischl.
Johan Niklas, schwed. Bildhauer, geb. zu Filipstad in der
Provinz Wermland, studierte an der Stockholmer Akademie und ging 1810 nach Rom, von wo aus er als erste Arbeit
eine Trunkene Bacchantin nach Schweden schickte, die seinen Ruf begründete. Er wiederholte dieses Werk später dreimal. 1816 kam
Byström nach Stockholm und überraschte den Kronprinzen (Bernadotte) mit dessen Porträtstatue in kolossaler Große, die er, in Gestalt
eines nackten Mars, bis auf das Haupt schon in Rom vollendet hatte. Byström wurde zum Professor ernannt und
ihm die Anfertigung der kolossalen Marmorstatuen der Könige Karl Ⅹ., ⅩⅠ., ⅩⅡ. und später Gustav Ⅱ. Adolf und
Karl ⅩⅣ. Johann übertragen. Zu dem Zwecke ging Byström nach Rom zurück.
Seit 1838 lebte er zu Stockholm, wandte sich 1844 abermals nach Rom und starb dort Er verfolgte
dieselbe etwas süßliche und oberflächlich-antikisierende Richtung wie früher Canova. Am besten gelangen ihn die anmutigen
und lebensfrischen Formen weiblicher und kindlicher
[* ]
Figuren, während seine männlichen Gestalten mitunter
der Charakteristik entbehren. Unter seinen Werken sind noch hervorzuheben: Amor mit den Attributen des Bacchus, Juno den jungen
Hercules säugend, Pandora ihr Haar kämmend, eine Tänzerin, badende Mädchen, Hebe, Euterpe, Hero, die Bellmann-Büste und
die Statue Linnés zu Upsala, eins seiner besten Werke. Für die Domkirche zu Linköping arbeitete er einen Christus nebst Glaube,
Liebe und Hoffnung.
Himbeerkäfer, eine Gattung Weichhäuter (s. d.) mit zwei
deutschen Arten, deren Larven den Himbeeren und Brombeeren ab und zu schädlich werden.
Die häufigere Art (Byturus tomentosus Fabr.)
ist zwischen 3 und 4 mm lang, von gestreckter Gestalt, schwärzlichbraun, graubehaart mit braunen Gliedmaßen.
Byzantinus, Byzantius, die von den griech. Kaisern und zwar seit dem Anfang des 4. Jahrh. zuerst
unter Konstantin d. Gr. in Byzanz geprägte Goldmünze, die dem röm. Solidus (s. d.) gleichstand. In Frankreich, wo sie Besant
d’or genannt wurde, bildete sie ebenso wie auch in Deutschland bis in das 13. Jahrh. die gangbarste Goldmünze. –
Vgl.
Sabatier, Description des monnaies byzantines (2 Bde., Par.
1862).
im litterarhistor. Sinne heißen diejenigen griech. Schriftsteller, die etwa von der Mitte des 7. Jahrh.
n. Chr. bis zum Ende des Byzantinischen Reichs (s. d.) schrieben. Gewöhnlich werden aber auch die Schriftsteller
des 6. Jahrh. von der Zeit des Justinian (529) an und der ersten Hälfte des 7. Jahrh.
hinzugerechnet, obwohl sie besser in den Ausgang des Altertums als in den Beginn einer neuen Epoche gehören.
Die Byzantiner waren in Geschichtschreibung, Annalistik, Geographie, Altertumswissenschaft, Philosophie, Theologie, Rhetorik und Briefschreibung
sowie in verschiedenen Gattungen der
Poesie (am wenigsten im Drama) thätig. Am bedeutendsten sind ihre Leistungen auf dem
Gebiete der Geschichte und Chronistik.
Von den Historikern sind hervorzuheben: aus dem 6. Jahrh. Prokopius (s. d.)
und Agathias (s. d.);
aus dem 7. Theophylaktos Simokattes;
aus dem 10. Konstantin Ⅶ. (s. d.) Porphyrogennetos, Leo (s. d.)
Diakonus und Joseph Genesios;
aus dem 11. Michael (s. d.) Attaliates;
aus dem 12. Nikephoros (s. d.) Bryennios, Anna (s. d.) Komnena
und Kinnamos (s. d.);
aus dem 13. Nicetas (s. d.) Akominatus und Georgios Akropolites;
aus dem 13. bis 14. Georgios
Pachymeres (s. d.);
aus dem 14. Nikephoros Gregoras (s. d.) und Johannes Ⅵ. (s. d.) Kantakuzenos;
aus dem 15. Jahrh. Laonikus
Chalkokondylas (s. d.), Johannes Dukas und Phrantzes.
Unter den Chronisten ragen hervor: im 7. Jahrh. Johannes Malalas (s. d.);
im 9. Jahrh. Theophanes (s. d.) und Georgios (s. d.) Monachos;
im 12. Zonaras (s. d.) und Michael Glykas
(s. d.).
Für die Chronologie sind zu beachten: die sog. «Osterchronik»
(«Chronicon paschale») aus dem 7. und Georgios Synkellos aus dem 8. Jahrh. mit der Fortsetzung des Theophanes. Ferner sind von
byzant. Schriftstellern zu nennen: Cosmas Indicopleustes (Geograph, 6. Jahrh.), Euagrios (Kirchenhistoriker, 6. Jahrh.),
Eusthatius (Homererklärer, 12. Jahrh.), Eusthatius Makrembolites (Romanschriftsteller, 12. Jahrh.),
Konstantin Harmenopulos (Jurist, 14. Jahrh.), Johannes Chrysorrhoas (Dogmatiker, 8. Jahrh.), Photius (Polyhistor, 9. Jahrh.),
Planudes (Grammatiker, 13. Jahrh.), Plethon (Philosoph, 14. Jahrh.), Michael Psellos (Philosoph, 11. Jahrh.), Tzetzes (Grammatiker, 12. Jahrh.).
(S. die Einzelartikel.) Eine große Sammlung der Historiker und Chronisten veranstalteten Labbé, Du Cange,
Leo Allatius u. a. («Byzantinae historiae scriptores», 42 Bde.,
Par. 1654‒1711); ein schlechter Nachdruck erschien (23 Bde.) Venedig 1727‒33; die von deutschen Gelehrten unternommene,
von der Berliner Akademie unterstützte Neubearbeitung («Corpus scriptorum historiae Byzantinae», 49 Bde.,
Bonn 1828‒78),
von Niebuhr angeregt, blieb weit hinter den Erwartungen zurück. Die meisten Werke des
Bonner «Corpus» wiederholte ohne Verbesserungen die von Migne herausgegebene
«Patrologia graeca» (Par. 1857 fg.). Von sonstigen
Sammlungen ist zu nennen: Sathas, «Μεσαιωνικὴ βιβλιοθήκη»
(6 Bde., Venedig 1872‒77). über die Quellen der Historiker des 9. und 10. Jahrh. vgl.
Hirsch, Byzant. Studien (Lpz. 1870); über die des 12. Jahrh. Neumann, Griech.
Geschichtschreiber und Geschichtsquellen im 12. Jahrh. (ebd. 1888). Hauptwerk: Krumbacher,
Geschichte der byzant. Litteratur (Münch. 1891).
Kunst nennt man die Kunst der östlichen (griech.) Christenheit,
entweder mit Einschluß der Altchristlichen Kunst (s. d.) oder erst seitdem die
Kunst nach der Mitte des ersten Jahrtausends im Orient und im Abendlande verschiedene Wege einschlug. Es
wäre irrig, aus ihrem Namen zu schließen, daß ihre Wurzeln lediglich in Byzanz (Konstantinopel) gelegen hätten, da vielmehr
den hellenistischen Kulturcentren Alexandria und Antiochia eine größere Bedeutung für die Schöpfung der christl. Kunstformen
zukommen wird. In der Baukunst bildet der Kirchenbau die Hauptaufgabe. Während die altchristl. Kunst den
Längsbau bevorzugte, wendet die Byzantinische Kunst den Centralbau allgemein an.
mehr
Beispiele hierfür aus altchristl. Zeit sind die Sophienkirche (s. d. und die Tafel: Altchristliche Kunst III,
[* ]
Fig. 4 u. 6)
und die Theotokos-Kirche (s. Tafel: Byzantinische Kunst,
[* ]
Fig. 6) zu Konstantinopel. Die byzant. Kirchen, wie z. B. die aus dem 11. Jahrh.
stammende Theodoros-Kirche zu Athen (s. Fig. 7), sind verhältnismäßig klein, turmlos, in der Mitte
von einer Kuppel überwölbt, mit quadratischem Hauptraum, nur einem Altar, durch die Bilderwand abgesondertem dreiteiligem
Altarraum und einer oder zwei Vorhallen. In den Klöstern (s. Fig. 8) steht die Kirche frei inmitten des von Gebäuden umschlossenen
Hofes. Von den weltlichen Bauten ist bisher keine sichere Vorstellung zu gewinnen; immerhin ist versucht
worden, den vollständig verschwundenen Kaiserpalast zu Konstantinopel mit Hilfe zeitgenössischer Nachrichten auf dem Papier
zu rekonstruieren. Auf bildnerischem Gebiete entsagte man im Eifer gegen den antiken Götzendienst der Anfertigung von Statuen,
erfreute sich dagegen an ornamentalen Arbeiten (s. Fig. 2) und Werken der Kleinkunst (s. Fig.
5). Die Goldschmiedewerke, vollendeter als die gleichzeitigen abendländischen, sind zumeist untergegangen oder zerstreut
[* ]
Figur: Reliquie des heiligen Kreuzes in Goldfassung
(s. beistehende
[* ]
Figur: Reliquie des heiligen Kreuzes in Goldfassung, jetzt zu Köln); eins der kostbarsten, das sog.
«Siegeskreuz des Kaisers Konstantin Porphyrogennetos» aus Gold und Email, findet sich in Limburg an der
Lahn. Die Malerei wurde viel geübt. Fresken, oder bei besonderer Prachtentfaltung Mosaiken, umzogen die Kirchen innen, Tafelbilder
wurden aufgestellt und gottesdienstlich verehrt, Miniaturen (s. Fig. 1, 4) verschönten die kirchlichen
Handschriften.
Bei der Seltenheit der Mosaiken – in der Sophienkirche (s. Fig. 3; nachjustinianisch), Osios Lukas in Phokis
(vielleicht 11. Jahrh.), Daphni bei Athen, Bethlehem (12. Jahrh.), Chora-Kirche, d. i. die jetzige Kachrie-Moschee in Konstantinopel
(14. Jahrh.) – und alter Fresken sowie bei der Schwierigkeit, alte und neue Tafelbilder zu sondern, bieten fast nur die
Miniaturen die Möglichkeit, die Entwicklung der Malerei in alter Zeit kennen zu lernen. Aus den Malereien
spricht stets kirchlicher Ernst.
Die auf dem Athos (s. d.) erhaltenen Malereien haben Anlaß gegeben, den Zusammenhang der kirchlichen Malerei und des Gottesdienstes
aufzusuchen. Während die abendländ. Kunst sich hob, ging die Byzantinische Kunst seit dem 12. Jahrh.
stark zurück und wurde vollends seit dem 15. Jahrh. durch die Türkeneroberung
des Landes zu bescheidenstem Leben verurteilt. Der Einfluß der auf Byzantinische Kunstauf das Abendland ist geringer gewesen, als zumeist angenommen
wird. In neuester Zeit machte sich umgekehrt ein starker Einfluß der abendländ. Kunst auf die griechische bemerkbar. –
Vgl. Bayet, L’art byzantin (Paris ohne Jahr);
Springer, Bilder aus der neuern Kunstgeschichte, Bd. 1 (Bonn
1886);
Kondakoff, Histoire de l’art byzantin considéré dans le miniatures (2.
Bde.,
Par. 1886–91);
H. Brockhaus, Die Kunst in den Athos-Klöstern (Lpz. 1891).
Reich, auch Oströmisches, Morgenländisches, Griechisches Reich genannt, entstand, als Theodosius d. Gr.
(s. d.) bei seinem Tode, 17. Jan. 395 n. Chr., das Römische Reich unter seine beiden Söhne Arcadius und Honorius
teilte, und umfaßte die Präfektur des Orients und den größern Teil von Illyricum, nämlich alle asiat. Provinzen, in Afrika
Ägypten, Marmarica und Kyrene, in Europa die Halbinsel südlich der Donau, die in die Diöcesen Thrazien
(nebst Mösien und Scythien) und Macedonien (nebst Achaia, Epirus, Thessalien und Kreta) zerfiel.
Hauptstadt war Byzanz (Konstantinopel), wonach das Reich seinen Namen führte. Dieses Reich erhielt der ältere Sohn des Theodosius,
der schwache Arcadius (s. d.). Für ihn regierte anfangs der Minister Rufinus; nachher, als dieser durch den got. General
Gainas am 27. Nov. 395 aus dem Wege geräumt worden war, der Oberkammerherr Eutropius. Auch diesen stürzte 399 der General Gainas;
der letztere fand, als er seine Macht übermäßig geltend machen wollte, 400 seinen Untergang, und nun herrschte des Kaisers
Gemahlin Eudoxia (s. d.) bis zu ihrem Tode 6. Okt. 404. Dem Arcadius folgte sein minderjähriger Sohn Theodosius II.
(408 - 450) unter der Leitung des Præfectus Prætorio des Orients, Anthemius, und seit 414 unter der seiner hochbegabten,
aber ränkesüchtigen Schwester Pulcheria die unter dem Titel einer Augusta der Staatsleitung, kräftig und umsichtig vorstand.
Ein Teil Pannoniens wurde 424 an die Oströmer von dem weström. Kaiser Valentinian III. abgetreten, und
auch im Osten, wo der Feldherr Ardaburius glücklich gegen die Perser gefochten hatte, vergrößerte sich 422 das Reich durch
einen Teil Armeniens. Aber Thrazien und Macedonien konnten gegen Attila, der diese Länder namentlich seit 441 und 445 und 447 verwüstete,
nur durch Tributzahlungen gesichert werden. Nach Theodosius’ Tode vermählte sich Pulcheria nominell
mit dem Feldherrn Marcianus (450–457), dessen Festigkeit Attila von den Grenzen des Reichs abhielt.
Durch den Oberfeldherrn Aspar, der als Gote und Arianer selbst keine Ansprüche auf den Thron zu machen wagte, wurde nach Marcianus’
Tode der Oberst Leo I., aus dem illyrischen Dacien gebürtig, Kaiser (457–474). Dieser ließ den Aspar,
der seinen Einfluß übermäßig geltend machen wollte, 471 töten und regierte kräftig; doch scheiterte die Unternehmung
seines Feldherrn Basiliskus gegen den Vandalenkönig Geiserich 468. Seinem Tochtersohne Leo II., der wenige Monate nach ihm
starb, folgte dessen Vater Zeno (474–491). Von Basiliskus, dem Bruder der Witwe Leos I., Verina, schon 476 vertrieben,
gelangte Zeno (s. d.) durch den Beistand der Isaurier und durch ostgot. Hilfe 477 wieder auf den Thron, auf welchem er sich,
obwohl viel gehaßt, doch gegen häufige Empörungen erhielt. Die innere