Eigenschaften des Wildes und mit sehr scharfen
Sinnen, zeigen sie bei plötzlicher Gefahr große Geistesgegenwart.
Ihre ausschließliche
Bewaffnung besteht in
Bogen
[* 2] und vergifteten Pfeilen, deren
Spitzen aus
Knochen-,
Stein- oder Glassplittern, selten aus
Eisen
[* 3] bestehen.
Bemerkenswert ist ihre Begabung für Bemalung, wie die zahlreichen von ihnen herrührenden Abbildungen der einheimischen
Tiere bezeugen, die man auf Felsen in den von ihnen bewohnten Gegenden findet.
Die Idiome der verschiedenen Buschmannstämme zeigen so durchgreifende Verschiedenheiten untereinander, daß sie kaum als
Dialekte bezeichnet werden können. In lautlicher Hinsicht zeichnen sie sich besonders durch ihre Schnalzlaute aus, die noch
zahlreicher sein sollen als im Hottentottischen. Was den
Bau dieser
Sprachen betrifft, so kennen sie sowohl
Präfix- als auch Suffixbildung. Charakteristisch für die Kulturstufe der Buschmänner ist der Umstand, daß
ihre Zahlenausdrücke nur bis «zwei» reichen.
Die wenigen, aus Strohhütten bestehenden Ortschaften zählen nie über 100 E. Der
Begriff der Obrigkeit ist ihnen fremd.
Innerhalb der
Kapkolonie leben die Buschmänner zum
Teil im Dienste
[* 4] der Kolonisten, zum
Teil auf unzugänglichen
Gebirgen
oder in den öden
Steppen.
Alle Versuche, sie gleich den
Hottentotten in
Lokationen zusammenzuziehen, sind gescheitert. (S.
Tafel:
Afrikanische Völkertypen,
[* 1]
Fig. 16
u. 17.) -
Fritsch, Die Eingeborenen Südafrikas, ethnographisch und anatomisch beschrieben (mit
Atlas,
[* 5] Bresl.
1872): Holub,
Sieben Jahre in Südafrika
[* 6] (2 Bde.,
Wien
[* 7] 1881);
in der brit.
Kapkolonie das Hochplateau (in 1140 m Höhe), das den nordöstl.
Teil des Kleinnamalandes,
den nördl.
Teil der Distrikte
Calvinia und
Carnarvon umfaßt und von dem periodischen Hartebeestfluß durchzogen
wird. Es ist eine fast wasserlose Gegend, die aber nach reichlichen Regenfällen mit vortrefflichem Gras sich bedeckt;
sie
wird spärlich und nomadenhaft von
Boers, Koranna,
Nama und
Buschmännern bewohnt.
Marktflecken im Gerichtsbezirk
Kladno der österr. Bezirkshauptmannschaft Smichow
in
Böhmen,
[* 8] 16 km nordwestlich von
Prag
[* 9] an der Linie Wejhybka-Kralup der
BuschtiehraderBahn, hat (1890) 3222, als Gemeinde 3267 E.,
Post,
Telegraph,
[* 10] ein kaiserl. Schloß (337 m) mit Herrschaft (2087 ha), Trümmer eines alten
Schlosses, in die jetzt ärmliche Häuschen eingebaut sind, eine berühmte kaiserl.
Brauerei (jährlich an 20000 hl) und bedeutende Steinkohlenwerke (früher im Privatbesitz des
Kaisers, seit 1882 durch
Kauf
in den
Besitz der
BuschtiehraderEisenbahn-Aktiengesellschaft übergegangen). Der Bahnhof liegt bei dem 3 km nordwestlich gelegenen
Dorfe Rapitz (Rapic, 625 czech. E.), wo sich auch die wichtigsten Werke und die Beamtenwohnungen befinden.
Die ganze Umgegend nördlich
ist sehr reich an
Steinkohlen, zu deren Vertrieb 1857 die
Buschtiehrader Eisenbahn (s. d.) gebaut
wurde, die alle Kohlenwerke im sog. Obern
Reviere miteinander verbindet. Nahe bei Rapitz im
Walde die schöne Kapelle St. Johannis.
Eisenbahn,Böhmische Nordwestbahn, Privatbahn in 2 Linien: Litt. A.
Prag-Priesen, eröffnet,
mit Zweigbahnen (Ende 1892) 183,70 km; Litt. Buschtiehrader Priesen-Komotau-Eger, eröffnet, mit Zweiglinien
(Ende 1892) 236,49 km, unter der
Generaldirektion der
k. k. privilegierten Buschtiehrader Eisenbahn in
Prag. Die Gesellschaft betreibt außerdem 18
Industrie-
und 37 Kohlenbahnen mit einer Gesamtlänge von 46,95 km, wovon 7,85 km fremdes Eigentum sind. 1882 kaufte
die Gesellschaft die bis dahin im Privatbesitz des
Kaisers von
Österreich
[* 11] gewesenen Steinkohlenwerke
Buschtiehrad-Rapitz für 6100000
Fl. Der
Besitz umfaßt 1815874 Quadratklafter Grubenfeld, dessen
Reinertrag den beiden Linien zu gleichen
Teilen zufällt. Die
Rechnungsführung der beiden Linien ist im übrigen getrennt. Nach dem neuenStatut von 1890 (§. 54)
fällt aber der eine 1Oprozentige Dividende übersteigende Reingewinn einer Linie zu gleichen
Teilen den beiden
Strecken zu.
Die
Aktien Litt. A. lauten auf 500
Fl. Konv.-Münze = 525
Fl. österr.
Währung, die
Aktien Litt. Buschtiehrader auf 200
Fl. österr.
Währung. Das Aktienkapital bestand Ende 1892 auf Litt.
A. aus 20941 und auf Litt. Buschtiehrader aus 86500
Aktien verschiedener Emissionen. Außerdem sind von den
Aktien Litt. A. 659
Stück getilgt
und dafür Genußscheine ausgegeben, welche in den letzten Jahren immer mit 5 Proz. eingelöst
wurden. Von der gesamten Prioritätenschuld im Betrage von 40657850
Fl., von welcher etwa 5 ½ Mill.
Fl. getilgt sind, fällt auf Litt. A. 45,14 Proz., auf Litt. Buschtiehrader 54,86 Proz.
Seit dem ist auf beiden Linien für den Personenverkehr der Kreuzer-Zonentarif eingeführt.
Die gesamten Bruttoeinnahmen betrugen auf Litt. A.: 1891 3681530,37
Fl., 1892 3571062,94
Fl.;
auf Litt. Buschtiehrader 1891 5262120,14
Fl., 1892 5233962,85
Fl. Die Betriebsausgaben stellten sich für Litt. A. 1891 auf 1284959,76
Fl., 1892 auf
1259259,80
Fl.;
für Litt. Buschtiehrader 1891 auf 1739237,07
Fl., 1892 auf 1776313,60
Fl.-
Kurs der
Aktien Litt. A. ult. 1886-92 in
Leipzig:
[* 12] 120,-, 118,50, 137,65, 170,75, 200,25, 200,-, 171,50 Proz.;
Litt. in
Berlin
[* 13] desgleichen: 84,50, 84,70, 131,50, 175,50, 215,90, 207,75, 189,90 Proz. -
Dividende 1891: Litt. A. 10, Litt. Buschtiehrader 10 ½ Proz., 1892: Litt. A. 8 20/21,
Litt. Buschtiehrader 1O ¼ Proz.
Heringsbüse, ein Nordseefischerfahrzeug mit Großmast und
Treibermast. ^[= der hintere kleine Mast bei der Kuttertakelung: er trägt als Segel den sog. Treiber.]
(Busenbaum), Herm.,
Jesuit, geb. 1600 zu Notteln in Westfalen,
[* 14] lehrte seit 1640 zu Köln
[* 15] die
Moral, wurde später Rektor des Jesuitenkollegs zu
Münster
[* 16] und starb dort Berühmt ist sein Handbuch der
Moral,
«Medulla theologiae moralis» (Münst.
1645), das, allgemein in den Seminarien der
Jesuiten gebraucht, in mehr als 70
Auflagen (neuerdings Löwen
[* 17] 1848) erschien.
Der
Jesuit Lacroix erweiterte es auf acht Oktavbände (Köln 1716-33); mit neuen Zusätzen versahen es
die
Jesuiten Montausan (2 Bde.,
Lyon
[* 18] 1729), Alfonso Liguori (3 Bde.,
Rom
[* 19] 1757) und Zaccaria (3 Bde., Vened.
1761). Das Werk wurde in
Frankreich und
Österreich verboten. Als Damiens
Mordversuch auf
Ludwig XV. (1757) den
Jesuiten zur Last
gelegt und aus Lacroix’ Erweiterung der
«Medulla»
¶
mehr
nachgewiesen wurde, daß die Moral der Jesuiten unter Umständen den Königsmord gestatte, ließ das Parlament von Toulouse
[* 21] das Werk öffentlich verbrennen. Hierauf schrieb der Jesuit Zaccaria eine Verteidigung B.s. Doch auch diese ward vom Parlament
verbrannt, worauf der Jesuit Franzoja zu Padua
[* 22] eine neue herausgab (Bologna 1760).
(frz. Bouzonville), Dorf und Hauptort des Kantons Busendorf (243,26
qkm, 32 Gemeinden, 15487 E.) im Kreis
[* 23] Bolchen des Bezirks Lothringen, 15 km nördlich von Bolchen, rechts der Nied, an der Kreuzung
der Straßen nach Bolchen, Diedenhofen,
[* 24] Saarlouis und Sierck und an der Linie Diedenhofen-Teterchen der Elsaß-Lothring.
Eisenbahnen, hat (1890) 1595 meist kath. E., Amtsgericht (Landgericht Metz),
[* 25] Steueramt, kath. Dekanat, Pfarrkirche (ehemalige
Abteikirche, dreischiffige Basilika
[* 26] aus dem 14. Jahrh.), zwei Brücken
[* 27] über die Niedarme (1725, 1833), Kalksteinbrüche, Öl-
und Gipsmühlen, Bierbrauereien, Gerbereien und Weingroßhandel. - 1030 gründete Adalbert von Lothringen mit
seiner Gemahlin Judith in Busendorf eine Abtei, die 1049 von Papst Leo IX. besucht und mit Privilegien und reichen Gaben beschenkt
wurde. Die Klostergebäude brannten 1683 ab, wurden aber wieder aufgebaut und mit Benediktinern besetzt; das Kloster wurde 1793 aufgehoben.
(bei den Griechen Pyxus, bei den RömernBuxentius), auch Fiume di Policastro
[* 28] genannt, Flüßchen
im ehemaligen Lucanien, in der ital. Provinz Cosenza, ergießt sich nördlich von Cosenza links in den Crati, der bei den Ruinen
von Sybaris in den Busen von Tarent fließt. Von Caselle bis Monigerati fließt er 5 km lang unter der Erde. Als der König
Alarich auf seinem Zuge gegen Sicilien in Cosenza vom Tode ereilt ward (410 n. Chr.), leiteten die Goten
den ab, begruben den Leichnam des Herrschers tief in das Bett
[* 29] des Flusses und ließen das Wasser von neuem darüberströmen,
damit das Grab nie von der Rachsucht der Feinde, noch der Habsucht der Bewohner geschändet werden konnte.
Neuere Nachgrabungen blieben ergebnislos. Jenes Ereignis ward von Platen in dem Gedicht «Das Grab im B.» geschildert.
(spr. busch-), Horace, amerik. Theolog, geb. zu
New-Preston (Connecticut), gab seit 1827 das «New York Journal of Commerce» heraus und war 1833-59 Geistlicher
an der «North Congregational Church» zu Hartford (Connecticut). Seine Ansichten über die Dreieinigkeit brachten ihm die Anklage
der Ketzerei ein,
gegen die er sich glänzend verteidigte («Christ in theology», 1851). 1859 legte er seiner schwachen Gesundheit
halber sein Amt nieder und starb zu Hartford. Er schrieb u. a.: «Sermons for the new life» (1858),
(engl., spr. buschrehndsch’rs) nannte man in
den austral.
Verbrecherkolonien die Deportierten, welche in die Wälder geflüchtet waren und sich dort entweder den Eingeborenen
angeschlossen hatten oder in den benachbarten Distrikten, mit Hehlern in Verbindung stehend, von Raub lebten.
(slaw. Bišavo), kleine Insel südwestlich von Lissa
[* 35] in Dalmatien, zum Gerichtsbezirk Lissa
der österr. Bezirkshauptmannschaft Lesina gehörig, unter 42° 57' nördl. Br. und 43° östl. L. von Greenwich, 5 km lang
und halb so breit, erhebt sich bis zu 240 m, ist teils bewaldet, teils bebaut und von 130 E. bewohnt, welche Wein und Obstbau,
Schaf- und Bienenzucht
[* 36] und Sardellen- und Sgombrifang treiben. Sie ist reich an Grotten, die in neuester Zeit vom Freiherrn von
Ransonnet erforscht wurden; besonders ist die Ransonnet- oder Blaue Grotte bekannt geworden, welche ein der Blauen Grotte (s. d.)
auf Capri
[* 37] ähnliches Naturschauspiel bietet. Die Einfahrt ist 2,5 m breit und 1,5 m hoch, das Becken selbst 31 m
lang, 15-17 m breit, 16-18 m tief und empfängt das Licht
[* 38] durch ein unterseeisches Thor von 10,5 m Breite
[* 39] und 18 m Höhe. -
Vgl. Becker, Die Blaue Grotte von (in den «Mitteilungen der k. k. Geographischen Gesellschaft in Wien», 1885).
(d. i. Haus des Osiris),
[* 40] Stadt im östl. Nildelta, nach der der
Busiritische Nilarm und der Busiritische Nomos heißen, war eine der Hauptkultusstätten und eins der Gräber des Osiris;
ihr alter Name war Dedu. Auch der Isis
[* 41] wurde hier nach Herodot ein Hauptfest gefeiert. - Ein zweites Busiris erwähnt Plinius.
Es heißt noch jetzt Abusir und liegt am linken Nilufer an der Straße vonKairo
[* 42] nach Sakkara. Bei ihm Trümmer von Pyramiden,
die wohl Königen der 5. Dynastie angehören.
nach griech. Sage ein grausamer König von Ägypten,
[* 43] der Sohn des Poseidon,
[* 44] der alle Fremden am Altare des
Zeus
[* 45] schlachtete.
Als Herakles
[* 46] auf seinem Zuge nach den Hesperidenäpfeln nach Ägypten kam, wurde auch
er ergriffen, befreite sich aber und erschlug Busiris samt dessen Sohne Amphidamas.
Aus der ägypt. Geschichte ist kein König
dieses Namens bekannt.
Stadt in der österr. Bezirkshauptmannschaft Kamionka in Ostgalizien, nordöstlich von Lemberg,
[* 47] wegen ihrer
Lage das «galiz. Venedig»
[* 48] genannt, liegt in 227 m Höhe, in der sumpfigen Niederung des Bug, wo rechts die
Solotwina, links der Peltew zufließen, besteht aus der eigentlichen Stadt und 6 Vorstädten, die mit der Stadt durch mehr
als 30 Brücken verbunden sind und hat (1890) als Gemeinde 6347 meist poln.
E., Post, Bezirksgericht (573 qkm, 32 Gemeinden, 38 Ortschaften, 28 Gutsgebiete, 33736 E.), lebhaften Handel mit Bauholz, Töpferware
und Leinwand.
Amt im norweg. Stift Kristiania,
[* 49] hat 14860 (nach Strelbitskij 14868) qkm (beinahe
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mehr
4 Proz. Seen), (1891) 104723 E. und zerfällt in die 4 Vogteien Hallingdal, Numedal-Sandsver, beide völlig gebirgiger Natur,
Ringerike und Buskerud. Von den zahlreichen Flüssen sind der Lägen und Hallingdalselven die bedeutendsten.
Neben Drammen, dem Sitz
des Amtmanns, sind Hönefos und Kongsberg wichtige Städte.
Das Amt hat 166 km Eisenbahnen und 1361 km öffentliche
Wege und starke Holzausfuhr.
Georg, Historiker, geb. zu Keppuren bei Insterburg,
[* 51] studierte in Königsberg
[* 52] Geschichte,
Philosophie und Philologie, bereiste 1875 mit Unterstützung des Kultusministeriums Italien
[* 53] und Griechenland,
[* 54] habilitierte sich 1878 für
alte Geschichte an der Universität zu Königsberg, wurde 1879 als außerord. Professor nach Kiel
[* 55] berufen
und 1881 zum ord. Professor ernannt. Busolt veröffentlichte: «Grundzüge der Erkenntnistheorie und MetaphysikSpinozas» (Berl.
1875; mit dem Kant-Preise gekrönt),
«Grundriß der griech. Staatsaltertümer» (4. Bd. von Müllers «Handbuch der klassischen Altertumswissenschaft»,
Nördl. 1887; auch selbständig, vermehrt, in russ. Übersetzung, Charkow 1890; 2. Aufl. 1892).
Ernst, prot. Theolog, geb. zu Tennikon (Basel-Land),
studierte in Bern,
[* 57] Berlin und Tübingen,
[* 58] wurde 1870 Pfarrer in Lenk, 1875 in Zofingen, 1879 in Basel,
[* 59] 1880 in Glarus.
Buß' Verdienste liegen auf dem
Gebiete der äußern Mission. Die freiere Auffassung des Christentums, zu der ihn sein theol. Bildungsgang (besonders unter
Immer und Rothe) führte, ließ in ihm den Plan eines neuen, von der Engherzigkeit des bisherigen Betriebs
freien Missionswerkes reifen.
Zur Durchführung desselben konstituierte sich Pfingsten 1884 auf einer Versammlung in Weimar
[* 60] der «Allgemeine evang.-prot. Missionsverein»,
dem Buß seitdem als Präsident vorsteht. 1886 begründete er mit Arndt und Happel die «Zeitschrift für Missionskunde und Religionswissenschaft»; 1887 gab
er mit einigen Kollegen zusammen eine «Familienbibel» (Glarus)
heraus. Seine Auffassung des Missionswerkes enthält:
«Die christl. Mission, ihre principielle Berechtigung
und praktische Durchführung» (Leid. 1876, Preisschrift der Haager Gesellschaft).
FranzJoseph von, ultramontaner Politiker, geb. zu Zell am Harmersbach, studierte in
Freiburg,
[* 61] Heidelberg
[* 62] und Göttingen
[* 63] nacheinander Philologie, Medizin und Jurisprudenz, habilitierte sich 1828 in der
jurist. Fakultät zu Freiburg,
wo er 1833 eine außerord. und 1836 eine ord. Professur für Rechts- und Staatswissenschaften, seit 1844 auch
für Kirchenrecht erhielt. Seit 1837 Mitglied der Zweiten Kammer, huldigte er anfangs dem Liberalismus, trat aber später zur
strengkath.
Richtung über. Seine Stellung in der Kammer wurde dadurch schwierig, sodaß er nach kurzer Zeit sein Mandat
niederlegte. 1846 wiedergewählt, sah er sich bittern Angriffen ausgesetzt und schied, zum Teil von seinen Wählern veranlaßt,
im April 1848 abermals freiwillig aus. Dagegen trat er im Dez. 1848, von einem westfäl. Bezirke gewählt,
in die Deutsche
[* 64] Nationalversammlung, später
auch in das Erfurter Parlament und that sich dort als begabter Redner der großdeutsch-kath.
Richtung hervor; auch an den spätern kirchenpolit. Kämpfen beteiligte er sich in hervorragender Weise und war eifrig für
die Förderung der kath. Sache thätig durch Gründung von Vereinen und Ausbildung des streng kath. Unterrichts. 1863 wurde
er in den österr. Ritterstand erhoben, 1873 vom Wahlkreis Achern in die bad. Kammer, 1874 vom bad. Wahlbezirk Tauberbischofsheim-Walldürn
in den DeutschenReichstag gewählt, wo er in die Fraktion des Centrums eintrat. Er starb in Freiburg.
(spr. -ahku),Berg in der portug. ProvinzBeira, 25 km nördlich von Coimbra, 547 m hoch,
bekannt durch den völligen Sieg Wellingtons über die Franzosen Auf dem Gipfel liegt ein ehemals berühmtes Kloster
der barfüßigen Karmeliter (jetzt Forstlehranstalt), umgeben von einem 100 ha großen herrlichen Walde von Eichen, Ulmen, Cypressen
und ind. Cedern (Cupressus glauca Lam.).
Am Abhange Landhäuser und eine Eisenquelle (25° C.).
Ostbahn, hat (1891) 1084, als Gemeinde 2844 E., Post und Telegraph und einen berühmten Eisensäuerling,
von dessen Wasser jährlich 400000 Flaschen versendet werden;
es wirkt auf die krankhaften Folgen sitzender Lebensweise.
Mäusebussard, Waldgeier, Wasservogel oder Rüttelweih (Buteovulgaris Leach.),
heißt einer der häufigsten Raubvögel
[* 68] Europas, der in der Färbung seines Gefieders große Veränderlichkeit
zeigt, hauptsächlich von Mäusen lebt und nur gelegentlich größere Beute kröpft, die er dann meist bessern Fängern abgejagt
hat. Er horstet auf Bäumen und legt im April drei bis vier blaß grünlichweiße, rotbraun gefleckte Eier.
[* 69] Nach ihm wird die
über die ganze Erde verbreitete Familie der Bussard (Buteonidae) benannt.
Die Bussard sind mittelgroße Raubvögel mit schwachem von der Wurzel
[* 70] ab sehr gekrümmtem Schnabel ohne Zahn, kurzen Füßen mit
nicht sehr großen Krallen, dickem, oben flachem Kopf, ziemlich großen Flügeln, über welche der gerade oder schwach gerundete
Schwanz nur wenig hinausragt. Ihr Flug ist langsam, häufig schwebend. Sie sind gefräßig, können
aber fliegende Beute nicht fangen, sondern jagen solche den Falken ab. Die Gefangenschaft erträgt der Bussard leicht. Neben dem
Pferdefleisch muß er von Zeit zu Zeit eine Maus oder einen Sperling erhalten.
Von den etwa 50 bekannten Arten mögen hier noch erwähnt werden: Der Rauhfußbussard (ButeolagopusGm.,
s. Tafel: Falken,
[* 50]
Fig. 2), bei welchem, im Gegensatz zu dem Mäusebussard, die Läufe bis zu den Zehen
herab befiedert sind und der aus diesem Grunde zum Vertreter einer besondern Gattung (Archibuteo) gemacht ist. Er bewohnt den
hohen Norden,
[* 71] kommt nur im Winter nach südlichern Gegenden und ist z. B.
in Deutschland
[* 72] während des Herbst- und Frühjahrszuges ein häufiger Vogel. Er horstet auf Bäumen und legt im Mai oder Juni
vier bis fünf weiße rostrot gefleckte Eier.
¶
mehr
Der Wespenbussard oder Honigfalke (ButeoapivorusBriss.) wird gewöhnlich als Vertreter einer besondern Gattung (Pernis) angesehen.
Bei diesem Vogel ist der Kopf des Männchens aschgrau, der des Weibchens mehr rostrot, die Unterseite zeigt auf hellem Grunde
dunkle herzförmige Flecke, die manchmal Querbinden bilden. Im übrigen ist seine Färbung ebenso veränderlich
als die des Mäusebussards. Der Wespenbussard ist in Deutschland ein empfindlicher Zugvogel, der erst Ende April eintrifft
und im September wieder fortzieht. Er legt seinen großen Horst auf Bäumen an und belegt ihn Ende Mai oder Anfang Juni mit
zwei kastanienbraunen dunkler gefleckten Eiern. Seine Nahrung besteht aus Fröschen, Eidechsen,
[* 74] Schlangen
[* 75] und Insekten.
[* 76] Ganz besonders stellt er den Nestern der Wespen und Hummeln nach und scharrt dieselben aus der Erde aus, um zu
den Waben und der Brut zu gelangen.
Bußordnungen, Beichtbücher, Pönitentialbücher (Libri poenitentiales), sind Schriften, in welchen die
in der kath. Kirche geltenden Regeln für die Handhabung des Bußsakramentes durch die Priester, insbesondere
die Anweisungen über die für einzelne Sünden aufzuerlegenden Bußübungen zusammengestellt sind. Solche Bußbücher gab es schon
im 3. und 4. Jahrh. In der morgenländ. Kirche ist namentlich das Bußbuch wichtig geworden, welches der PatriarchJohannes
Scholastikus (gest. 578) aus den BriefenBasilius d. Gr. dergestellt haben soll. Für die vielfachen spätern
Bußbücher im Abendlande sind besonders die auf Theodor vonCanterbury (gest. 690), Beda den Ehrwürdigen (gest. 735) und Egbert von
York (gest. 767) zurückgeführten von maßgebendem Einfluß gewesen. Von der röm.
Kirche ist ein Bußbuch mit amtlichem Ansehen niemals aufgestellt worden; aber die seit dem 9. Jahrh.
für verschiedene Bußbücher gebrauchte Bezeichnung: Poenitentiale Romanum soll wohl bedeuten, daß die darin enthaltenen
Grundsätze, im Gegensatze zu den in beschränkten Gebieten geltenden, allgemein angenommene und weit verbreitete seien.
-
Vgl. Hildenbrand, Untersuchungen über die german. Pönitentialbücher (Würzb. 1851);
im religiösen Sinne ist jede von dem Menschen zur Sühnung einer Schuld und zur Versöhnung der beleidigten Gottheit
übernommene Leistung. Solche Buße kannten schon die heidn. Religionen. Das großartigste Beispiel ist das ind. Büßerwesen
mit seinen furchtbaren Selbstpeinigungen. Auch die Juden betrachteten die religiöse Buße als eine Genugthuung,
die der Sünder Gott zu leisten habe; sie brachten Sünd- und Schuldopfer dar, verrichteten lange Gebete, fasteten, zogen Säcke
oder schlechte Kleider an, ließen sich das Haupt mit Asche bestreuen, geißelten einander u. a. m. Aber schon bei den Propheten
und in zahlreichen Psalmen wird ein reumütiges Sündenbekenntnis als das beste Mittel, Gott zu versöhnen,
bezeichnet.
Schon hiermit ist der äußerlich-juridische Bußbegriff im Princip überschritten, wenn auch der rituelle Teil des hebr. Bußwesens
bestehen blieb und in der nachexilischen Zeit wieder zur Hauptsache wurde. Der Übergang vom alttestamentlichen zum neutestamentlichen
Standpunkte wird durch die Bußpredigt Johannes des Täufers bezeichnet. Das Sündenbekenntnis und die
Wassertaufe als Sinnbild der innern Herzensreinigung weisen
schon auf die neue christl. Heilsordnung hin. Doch legte Johannes
auf ascetische Übungen und Entsagungen Gewicht. Die Bußpredigt Jesu beseitigte diese ganz. Nach dem Geist des Christentums
besteht die Buße nicht in äußern Werken und Leistungen, sondern allein in der innerlichen Erneuerung
des ganzen Menschen, welche in der Abwendung von dem bisherigen sündigen Lebenswege und in der Hinwendung an den durch Christus
neu eröffneten Heilsweg (Glauben und Wiedergeburt) besteht.
Die neutestamentliche Anschauung über das Wesen der Buße wurde aber seit der Entwicklung eines christl.
Gemeindelebens bald durch eine andere Vorstellung durchkreuzt. Man unterschied zwischen der mit der Taufe verbundenen und der
Buße der nach der Taufe in schwere Sünden gefallenen Christen (der sog. zweiten Buße). Schon das Neue Testament hatte den Fall vorgesehen,
daß Glieder
[* 79] der christl. Gemeinde selbst in Sünden verfielen und daher ausgeschlossen würden, und hatte
als den Weg der Buße für sie eine aufrichtige, vor der Gemeinde beurkundete Reue bezeichnet, der Gemeinde aber die gemeinsame
Fürbitte für die Gefallenen und die förmliche Wiederaufnahme derselben nur unter der Bedingung nachweislicher Reue zur
Pflicht gemacht.
Von den Exkommunizierten wurden daher außer dem Reueschmerze und dem Glauben auch die Zuthat der Werke,
besonders des Gebets, des Fastens, der versöhnlichen Sinns, des Almosens und der Bluttaufe (des Märtyrertodes) in Anspruch
genommen. (S. Absolution.) Namentlich in den Zeiten der Verfolgung, als viele vom Glauben abtrünnig wurden, bildeten sich allmählich
gewisse Bußstationen oder Bußgrade (gradus, stationes poenitentiae) aus, welche von mehrern Kirchenversammlungen
bestätigt wurden. (S. Kirchenbuße.)
Wie aber die kirchliche Absolution mit der göttlichen Sündenvergebung, so wurden auch die als Bedingung der Absolution kirchlich
auferlegten Bußleistungen mit der Buße im neutestamentlichen Sinne frühzeitig vermischt und als ein wesentliches Stück der
letztern betrachtet. Nach kath. Lehre
[* 80] gestaltete sich die kirchliche Bußordnung zu einem besondern (vierten)
Sakrament (Bußsakrament) noch neben der Taufe. Die Sünde nach der Taufe wird nach vorhergegangener Reue (poenitentia, contritio
cordis) und Beichte (confessio oris oder auricularis, Ohrenbeichte) von dem Priester wirklich vergeben im NamenGottes und unter
Auferlegung guter, durch das Verdienst Christi genugthuender Werke (satisfactio).
Eingesetzt hat Gott in Christo dieses Sakrament nach der Auferstehung, aber für die Sünden nach der Taufe ebenso unumgänglich
notwendig gemacht, als die Taufe für die Sündenvor derTaufe. Hierin liegt zugleich der Unterschied für das Sakrament der
und der Taufe. Die Materie der Buße sind die Thätigkeiten des Büßenden selbst, nämlich die Reue
(contritio), d. h. die vollkommene Reue, für die jedoch auch die unvollständige, die Attrition (s. d.) genügt, das Bekenntnis
(s. Beichte) und die Genugthuung, wobei der Glaube (im Gegensatz zur prot. Lehre) nicht als Teil der Buße, sondern als vorhergehend
betrachtet wird. Allein vor der Genugthuung tritt nach der innern Ordnung des Sakraments der zweite Teil
desselben, seine Form ein, welche in der Absolution (s. d.) von seiten des Priesters besteht. Diese priesterliche
Sündenvergebung umfaßt auch die Todsünden, nur muß
¶
mehr
der Priester von der Kirche dazu beauftragt sein, im Ernste (serio) handeln und seine Befugnisse nicht überschreiten, sofern
dem Papste und den Bischöfen gewisse Fälle der Absolution vorbehalten sind. Nur im Notfall darf jeder Priester von jeder
Sünde absolvieren. Da aber die priesterliche Absolution nur die Schuld und die ewigen Strafen vergiebt,
nicht aber die zeitlichen (penae canonicae, temporales), so hat die Kirche das Recht und die Verpflichtung, dem absolvierten
Sünder Büßungen aufzuerlegen. Die griech.-kath. Kirche denkt wesentlich ebenso.
Die Reformatoren gingen auch hier von dem doppelten Hauptgedanken aus, daß der Mensch durchaus nichts zur Versöhnung seiner
Schuld dem allein wirkenden Verdienste Christi beifügen könne, und daß der einzige Weg, dieses Verdienst
zu ergreifen, der Glaube sei. Daher die Lehre der Protestanten, daß die Reue nur vom HeiligenGeiste gewirkt werde; daß das
äußere Bekenntnis der Sünden unwesentlich, das eigene Werk, die menschliche Genugthuung unzulässig und unmöglich sei;
daß nur zwei Stücke der Buße anerkannt werden können: zuerst Reue, dann der seligmachende Glaube (fides salvifica)
an die vergebende GnadeGottes in Christo, die durch den Priester nicht gegeben, sondern nur verkündet wird.
Hiermit ist im wesentlichen die neutestamentliche Anschauung von der Buße wiederhergestellt und die Innerlichkeit dieses Vorgangs
anerkannt, wie sich namentlich auch in der von Luther energisch ausgesprochenen, katholischerseits entschieden
verworfenen Forderung der «täglichen Buße» zeigt. Während LuthersSchrift von der Babylonischen Gefangenschaft (1520) und die
Apologie der Augsburgischen Konfession (1530) noch die Buße oder die Absolution als Sakrament festhält, lassen die spätern Bekenntnisschriften
nur zwei Sakramente, Taufe und Abendmahl, gelten. Nach luth. Lehre ist bei der Buße (im Gegensatz gegen Pietisten
und Methodisten) keine plötzliche Umwandlung des innern Menschen und äußerlich scharf hervortretende Bezeugung derselben
nötig (Bußkampf, Durchbruch der Gnade), und ebensowenig ein nur bedingtes Gnadenziel (terminus gratiae peremtorius), wie
die Pietisten zu Anfang des 18. Jahrh. wollten, für die Möglichkeit
der Buße anzunehmen.
Im Strafrecht ist Buße die Entschädigung, die der durch eine strafbare Handlung Verletzte wegen der ihm entstandenen Nachteile
im Anschluß an das Strafverfahren verlangt. Im Ermessen des Strafrichters steht es, diesem Verlangen zu entsprechen. Geschieht
es, so schließt die erkannte Buße die Geltendmachung eines weitern Entschädigungsanspruches
im Civilprozeßverfahren aus, und die Entschädigungssumme selbst ist im Höchstbetrage für die einzelnen Fälle, in denen
die Buße Anwendung findet, gesetzlich fixiert.
Diese Fälle sind:
1) üble Nachrede und Verleumdung (s. d.) - nicht einfache Beleidigung -, und zwar unter der Voraussetzung, daß nachteilige
Folgen für die Vermögensverhältnisse, den Erwerb oder das Fortkommen des Beleidigten entstehen. Höchstmaß: 600 M.
(DeutschesStrafgesetzb. §§. 186-188);
2) Körperverletzung (s. d.), vorsätzliche und fahrläßige, gefährliche
und schwere, als Folge von Vergiftung, als Folge der beim Zweikampf vorsätzlich übertretenen, vereinbarten oder hergebrachten
Regeln, endlich auch Körperverletzung, begangen in Ausübung oder in Veranlassung der Ausübung des
Amtes (§§. 231, 223-225, 229, 230, 207, 340 a. a. O.). Höchstbetrag: 6000 M.;
3) Nachdruck: Gesetz, betreffend das Urheberrecht
an Schriftwerken u. s. w., vom Gesetz, betreffend Urheberrecht an Werken der bildenden Künste, vom und
an Mustern und Modellen vom Gesetz, betreffend den Schutz der Photographien, vom Höchstmaß: 6000 M.;
4) Markenschutzgesetz vom §. 15. Höchstmaß: 5000 M.; 5) Patentgesetz vom §. 36. Höchstmaß: 10000 M.
Die Formen, in welchen der Anspruch auf Buße geltend zu machen ist, sind in der Strafprozeßordnung gegeben.
Nach deren Vorschrift kann der Anspruch nur erhoben werden mittels der Privatklage (s. d.) oder in einem
auf erhobene öffentliche Klage anhängigen Verfahren durch Anschluß der Nebenklage (s. d.). Der Antrag auf Zuerkennung einer
Buße kann bis zur Verkündung des Urteils erster Instanz gestellt, bis zu demselben Zeitpunkt auch zurückgenommen, aber -
wenn zurückgenommen - nicht erneuert werden.
Der Betrag, welcher als Buße verlangt wird, ist anzugeben; auf einen höhern Betrag, als den verlangten, darf nicht
erkannt werden. Die Erben des Verletzten können den Anspruch auf Buße nicht erheben und auch nicht fortsetzen. Zur Erhebung des
Anspruches ist auch der gesetzliche Vertreter des Verletzten befugt; sind mehrere durch Eine Handlung verletzt,
so hat jeder den Bußanspruch. Mehrere zur Zahlung einer Buße verurteilte Personen haften als Gesamtschuldner (Deutsche Strafprozeßordn.
§§. 443-446, 4133).
Dem Österr. Strafgesetz von 1852 ist die Buße fremd; der Entwurf von 1889 hat wesentlich gleiche Bestimmungen wie das Deutsche
Strafgesetzbuch.
Vgl. Wächter, Die Buße bei Beleidigungen und Körperverletzungen (Lpz. 1874);
die in den Ordensstatuten bestimmten Versammlungen aller Konventualen eines Klosters,
um vor den Obern zu beichten (Kapitelbeichte) und eine Buße dafür zu übernehmen.
früher gewöhnlich Buß-, Bet- und Fasttag genannt, ein kirchlich angeordneter Festtag, der vor andern den
Menschen veranlassen soll, über sich und sein Verhältnis zu Gott nachzudenken und Buße zu thun. Besondere Bettage gab es
schon bei den Römern, wenn große Unglücksfälle den Staat bedrohten oder trafen, zur Sühnung der zürnenden
Gottheit. Auch die Lange Nacht bei den Juden ist ein solcher Bußtag In der christl. Kirche werden regelmäßige Bußzeiten (dies
rogationum) und außerordentliche für besondere Notfälle (dies supplicationum) unterschieden.
Als feststehende Buß-, Bet- und Fastenzeit galt in der alten Kirche die österliche Fastenzeit (Quadragesima),
wozu bald die Adventszeit und im Mittelalter noch zwei andere Bußzeiten, zwischen Ostern und Pfingsten sowie im Herbst gefügt
wurden. Hieraus gingen die sog. Quatembertage (s. Quatemberfasten)
hervor, sodaß alle vier Jahreszeiten
[* 86] ihre Bußzeiten hatten. DerenBeobachtung ist in der evang. Kirche allmählich
überall zu Gunsten der von den Landesobrigkeiten angeordneten Landesbußtage verschwunden. In Beziehung auf diese herrschte
die größte Mannigfaltigkeit.
Mecklenburg
[* 87] hatte vier Bußtag: Freitag nach Invocavit, Karfreitag, 5. Sonntag nach Trinitatis, Freitag vor 1. Advent. Zwei Bußtag hatten
Sachsen
[* 88] (die Freitage vor Oculi und vor dem letzten Sonntage nach Trinitatis), Weimar und Gotha (gemeinsam
Karfreitag und Freitag nach dem 1. Advent). Nur einen Bußtag: Großherzogtum Hessen
[* 89] (Palmsonntag), Baden
[* 90] (letzter Sonntag nach Trinitatis),
Braunschweig
[* 91] (Mittwoch nach 7. Nov.),Bayern
[* 92] und Württemberg (gemeinsam Invocavit), Preußen
[* 93] und Anhalt
[* 94] (gemeinsam Mittwoch nach Jubilate),
Oldenburg
[* 95] (Freitag vor Invocavit), die Schweiz
[* 96] (Sonntag nach 14. Sept.). Auch viele ganz kleine Gebiete, z. B.
die fünf hannov. Konsistorialbezirke, hatten eigene Bußtag, die nur zum Teil mit andern zusammenfielen. Diese Zustände wurden,
wenigstens für Norddeutschland, beseitigt durch das preuß. Gesetz vom nach welchem
für Preußen, mit Ausnahme der hohenzoll. Lande, der Bußtag vom Mittwoch nach Jubilate auf den Mittwoch vor
dem letzten Trinitatissonntag verlegt wird. Dieser 1893 in Kraft
[* 97] getretenen Ordnung haben sich angeschlossen: das Königreich
Sachsen (dessen anderer Bußtag jetzt auf den Mittwoch vor Oculi fällt), die sächs.
Herzogtümer, Braunschweig, Anhalt, beide Schwarzburg,
[* 98] Reuß
[* 99] j. L., Waldeck,
[* 100] Schaumburg-Lippe und die drei Hansestädte. In
Oldenburg und Lippe-Detmold muß erst noch der Zusammentritt der Synode (1895) abgewartet werden.
Ausgeschlossen haben sich und ihre bisherigen Bußtag beibehalten: die beiden Mecklenburg, Reuß ä. L. und die süddeutschen Staaten.
Um dem neuen norddeutschen Bußtag den Charakter eines kirchlichen Feiertags zu geben, haben die kath.
Bischöfe einen kath. Heiligentag auf ihn verlegt. In Österreich feiert die reform. Kirche einen gemeinsamen
am ersten Adventssonntag, während den luth. Gemeinden 1883 freigestellt ist, den, wie der vorige,
unter Joseph II. für sie
angeordneten Bußtag von dem ursprünglich dafür festgesetzten 8. Dez. auf einen der Adventssonntage zu verlegen.
(spr. büssi rabütäng), Roger, Graf von, franz. General und Schriftsteller, geb. zu
Epiry (Depart. Nièvre), Vetter der Frau von Sevigné, diente seit seinem 12. Jahre im Regiment
seines Vaters und stieg rasch bis zum Generallieutenant empor, verfeindete sich mit dem Marschall Turenne und mußte die Armee
verlassen. Er ging nun an den Hof,
[* 101] wo ihm ein Spottgedicht auf die Liebschaft Ludwigs XIV. mit der La Vallière
die königl. Ungnade zuzog, sodaß er, vorgeblich wegen seiner «Histoire amoureuse des
Gaules» (zuerst gedruckt in Lüttich
[* 102] 1665 u. ö.; neue Ausg., 4 Bde.,
Par. 1876, mit Einleitung und Anmerkungen von Boiteau),
ein Jahr lang in die Bastille gesetzt, sodann
auf seine Güter verbannt wurde und erst nach 16 Jahren wieder in Versailles
[* 103] erscheinen durfte. Später kehrte Bussy-Rabutin nach
Burgund zurück. Hier schrieb er seine «Mémoires» (2 Bde.,
1696; neu hg. von Lalanne 1857) und «Lettres» (7 Bde.,
Par. 1697 u. 1709; gute Ausg. von Lalanne, 5 Bde.,
1858-59). Er starb zu Autun.
Anastasio, mexik. Präsident, geb. bei Queretaro in Mexiko,
[* 104] studierte
Medizin und ließ sich als Arzt in San LuisPotosi nieder. 1821 schloß er sich im Aufstand gegen Spanien
[* 105] an Iturbide an und wurde
von ihm zum Divisionsgeneral und Befehlshaber der innern Provinzen ernannt. 1827 ward er von den aufrührerischen
columbischen Truppen zum General erwählt, aber bald von den Seinigen wieder verlassen. Bustamente floh zu den Peruanern, mit denen
er nun gegen Columbia
[* 106] focht, bis der Friede zwischen Columbia und Peru
[* 107] 1829 seiner Laufbahn hier ein Ziel
setzte. Am wählte ihn der mexik. Kongreß, beeinflusst von der aristokratisch-kirchlichen Partei zum Präsidenten
der Republik Mexiko. Die demokratische Partei erregte jedoch einen Aufstand in der Hauptstadt und rief den General Guerrero
zum Präsidenten aus, während man Bustamente die Vicepräsidentschaft ließ. Guerrero wurde wegen seiner Lässigkeit
im Kampfe gegen die Spanier bald wieder abgesetzt und die höchste ausübende Gewalt einstweilen Bustamente übertragen.
Nachdem er mehrere Aufstände 1830 unterdrückt hatte, brach zu Veracruz ein neuer Aufruhr aus, an dessen Spitze sich
der GeneralSanta-Anna befand. Bustamente wurde von letzterm im Okt. 1832 bei Puebla geschlagen, worauf
der verbannte frühere Präsident Pedrazza die Regierung wieder übernahm, der aber schon 1834 Santa-Anna weichen mußte.
Nach des letztern Gefangennahme durch die Texaner (1836) kehrte Bustamente nach Mexiko zurück und führte 1837-41
abermals die Präsidentschaft.
Auch diesmal hatte er mit innern Aufständen zu kämpfen; dazu kamen noch Zwistigkeiten mit der franz.
Regierung, welche von April 1838 bis März 1839 die mexik. Häfen der Ostküste blockieren ließ. Im Sommer 1841 erhob sich
gegen ihn ein neuer Aufstand, welchem sich bald darauf Santa-Anna anschloß. Während Bustamente die Hauptstadt verließ, um gegen
die Aufrührer zu ziehen, empörte sich auch diese, sodaß er sich gezwungen sah, die Regierung
niederzulegen, welche nun Santa-Anna wieder übernahm. Bustamente starb zu Queretaro.
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