Lord-Kammerherrn, der
Shakespeare angehörte, und zeichnete sich als der erste Darsteller der großen Glanzrollen in den
Dramen
seines
Kollegen und Freundes aus, so als Hamlet und Richard III. Burbage war sehr vielseitig.
Shakespeare vermachte ihm 26
Shilling 8 Pence
zum Ankauf eines Gedächtnisringes. Burbage war
Miteigentümer des
Globus- und des Blackfriars-Theaters und
brachte es zu ansehnlichem Wohlstande. Er starb 1619 zu
London,
[* 2] wohl an der
Pest.
897–908
Graf der thüring.
Mark an derSaale, hatte bis dahin den frank. Nidgau verwaltet.
In der blutigen
Fehde zwischen den
Babenbergern und Konradinern, in der der königl.
Hof
[* 3]
Ludwigs des
Kindes unter Leitung des
Bischofs Hatto von Mainz
[* 4] die Partei der letztern ergriff, wußte er eine neutrale
Stellung zu behaupten und nahm dann mehrfach
an den Reichsangelegenheiten teil, fiel aber schon 3. Aug. 908 gegen die
Ungarn,
[* 5] die damals mit den abtrünnigen
Sorben zum zweitenmale in
Thüringen und
Sachsen
[* 6] einbrachen.
II.,Buko,Bucco,
Bischof von Halberstadt
[* 7] 1059–1088. Als Schwestersohn des Erzbischofs
Anno von Köln
[* 8] wurde
Burchard bereits im
Alter von etwa 29 Jahren durch die Königin
Agnes
(WitweHeinrichs III.) zum
Bischof von Halberstadt
erhoben, beteiligte sich aber trotzdem, wie es scheint, an der Verschwörung, durch die ihr 1062 der junge König
Heinrich
(IV.) geraubt wurde. Er spielte dann eine einflußreiche Rolle in der
Entscheidung des Streites der Gegenpäpste Cadalus (Honorius
II.) und
Alexander II. zu Gunsten
Alexanders, wurde dafür von demselben mit allerlei Ehrenvorrechten ausgestattet,
die ihn übermütig machten und den Zorn anderer
Bischöfe erregten. Bei König
Heinrich IV.
stand er ebenfalls in Ansehen,
kämpfte 1067 gegen die aufständischen Liutizen, fiel aber später von
Heinrich ab, war ein Hauptträger der
Aufstände gegen
diesen und längere Zeit in seiner Gefangenschaft. 1081 krönte Burchard den Gegenkönig
Hermann von Luxemburg,
[* 9] mußte aber 1085 nach
Dänemark
[* 10] flüchten und erlag 1088 in einem
Tumult der
Bürger von Goslar,
[* 11] die in ihm die
Ursache der Kriegsnot
haßten.
Franz Emil Emanuel von, Staatsmann, geb. zu Königsberg
[* 12] i. Pr.,
studierte 1855–58 in
Berlin
[* 13] und
Heidelberg
[* 14] die
Rechte, trat 1862 nach bestandenem Assessorexamen zur
Steuerverwaltung über,
wurde 1878 Regierungsrat in
Danzig,
[* 15] trat 1876 als Hilfsarbeiter in das Reichskanzleramt und wurde 1878 vortragender
Rat in
demselben. Als solcher gehörte er auch der Tabaksenquete- und der Zolltarifkommission des
Bundesrats an und vertrat 1879 im
Reichstage mit andern die Zolltarifvorlage.
Bei der Errichtung des Reichsschatzamts wurde er in demselben Jahre Direktor dieser
Behörde, war als solcher hervorragend
thätig in der Durchführung der neuen Zollgesetzgebung und folgte im Juli 1882 dem zum preuß.
Finanzminister ernannten
Staatssekretär im Reichsschatzamt Scholz im
Amte. Hier leitete er namentlich
die weitere Ausbildung der Abgabengesetzgebung und den
Abschluß von Handelsverträgen mit den auswärtigen
Staaten. 1883 wurde
er geadelt, 1886 schied er, durch
Krankheit genötigt, aus dem Reichsdienste, trat aber schon
1887 wieder als Präsident der
Seehandlung in den preuß.
Staatsdienst.
GeorgChristian, Jurist, geb. zu Ketting auf der
InselAlsen, studierte in Kiel,
[* 16] Berlin und Göttingen
[* 17] die
Rechte, habilitierte sich 1819 in
Bonn,
[* 18] wurde in demselben Jahre außerord. und 1820 ord. Professor,
verteidigte 1822 den wegen Demagogie in Untersuchung befindlichen E. M.
Arndt, wurde im Herbst desselben Jahres Professor
in Kiel und 1845 Mitglied des dortigen Oberappellationsgerichts für die Herzogtümer
Schleswig,
[* 19] Holstein
und Lauenburg.
[* 20] Er war längere Zeit Mitglied der holstein.
Ständeversammlung, 1854–58 auch des dän. Reichsrats in Kopenhagen.
[* 21] Burchardi nahm 1867 seinen
Abschied und starb zu Kiel. Er veröffentlichte namentlich: «Entwurf eines
Systems des röm.-justinianischen
Rechts»
(Bonn 1819),
«Grundzüge des Rechtssystems der
Römer»
[* 22] (ebd. 1822),
(spr. -kĭello),Domenico, ital. satirischer
Volksdichter, der Sohn eines
Giovanni (daher DomenicodiGiovanni; Burchiello war
Beiname), war
Barbier in
Florenz,
[* 24] das er nach 1432 verließ,
verweilte lange in Siena und starb im Elend in
Rom
[* 25] 1448. Burchiello schrieb eine Menge
Sonette, die großenteils
wegen
Beziehungen auf örtliche und persönliche Verhältnisse unverständlich sind. Aber er sucht die Unverständlichkeit,
stopft viele Gedichte mit Narrheiten voll und fügt zusammenhanglose Augenblickseinfälle aneinander. Diese schon vor ihm
bestehende
Manier ward viel nachgeahmt (maniera burchiellesca). Unter den zahlreichen
Ausgaben seiner
Sonette sind außer der
ersten (Vened. 1472) die zu
Florenz (1568) und zu
London (d. h. Lucca
[* 26] 1757) hervorzuheben. Erklärt hat
sie namentlich Doni (Vened. 1553 und 1556). –
Vgl. C. Mazzi, IlBurchiello, im «Propugnatore» IX und X.
Heinr.
Christian, Forstmann, geb. zu Adelebsen bei Göttingen, trat 1828 in
das hannov. Feldjägerkorps, studierte 1833–34 in Göttingen und wurde dann im königl.
Wald- und Inspektionsdienste beschäftigt; 1835 nahm
er Privatdienste, später trat er in den königl. Dienst zurück. Von 1844 bis Mitte 1849 war
er
Lehrer und Revierverwalter an der Forstschule zu Münden. Nach deren Aufhebung wurde Burckhardt als
Forstrat (später Oberforstrat) in die hannov.
Domänenkammer berufen, 1858 als Forstdirektor und Generalsekretär in Forstsachen in das Finanzministerium versetzt. Burckhardt war
auch Mitglied des
Staatsrats. Als Hannover
[* 27] 1866 an
Preußen
[* 28] überging, verblieb er in seiner
Stellung mit der Funktion eines
preuß. Oberforstmeisters. Er starb zu Hannover. Burckhardt erwarb
sich durch seine praktisch-wissenschaftliche
Richtung einen sehr bedeutenden Ruf als Forstmann. Von seinen
Schriften sind hervorzuheben:
«Forstliche Hilfstafeln» (1. Abteil.,
1852; 2. Abteil.:
Fichte
[* 29] und
Kiefer, 1856; 3. Abteil.: Maß, Gewicht, Münze, 1858; Abteil. 1 erschien in 3. Aufl.
u. d. T. «Hilfstafeln für
¶
mehr
Forsttaxatoren», Hannov. 1873),
besonders wertvoll durch die Mitteilung gründlicher eigener Untersuchungen; «Der
Waldwert» (ebd. 1860),
«Säen und Pflanzen nach forstlicher Praxis» (ebd. 1855; 5. Aufl. 1880),
das beste Handbuch der Holzerziehung,
B.s Hauptwerk; ferner «Aus dem Walde» (Heft 1-9, ebd. 1865-79, ein 10. Heft wurde 1881 aus dem Nachlasse herausgegeben
von seinem Sohne Heinr. Burckhardt). Bei der Feier seines 50jährigen Dienstjubiläums 1878 wurde
durch freiwillige Beiträge die «Burckhardt-Jubiläum-Stiftung» gegründet zur Unterstützung unbemittelter Hinterbliebenen
deutscher Forstbeamten. 1883 wurde ihm in dem Stadtforst Eilenriede bei Hannover ein Denkmal errichtet.
Jak., Kultur- und Kunsthistoriker, geb. zu Basel,
[* 31] studierte 1837-39
daselbst Theologie und Geschichte, setzte diese Studien 1839-43 in Berlin fort und wurde dann zum Professor für Kultur- und
Kunstgeschichte an der Universität zu Basel
ernannt. Nachdem er später in gleicher Eigenschaft mehrere Jahre an dem neugegründeten
Polytechnikum in Zürich
[* 32] gewirkt hatte, kehrte er in sein früheres Amt nach Basel
zurück, legte jedoch seine Lehrthätigkeit 1893 nieder.
B.s Verdienste bestehen wesentlich in der scharfen Kritik seiner Kunstforschungen, wie in der lichtvollen und geistreichen
Darstellungsweise, wobei er ungewöhnliche Litteratur- und Quellenkenntnis entwickelt. Seine bedeutendern Schriften sind:
«Die Zeit Konstantins d. Gr.» (Basel
1853; 2. Aufl., Lpz. 1880),
«Die Kultur der Renaissance in Italien»
[* 33] (Basel
1860; 4. Aufl.,
besorgt von Geiger, 2 Bde., Lpz. 1885),
«Geschichte der Renaissance in Italien» (3. Aufl., mitbearbeitet von Holtzinger, Stuttg.
1890-91) und «Der Cicerone. Anleitung zum Genuß der Kunstwerke Italiens»
[* 34] (1855; 6. Aufl. von Wilh. Bode, 4 Bde., Lpz. 1893).
Burckhardt gab auch Kuglers «Handbuch der Kunstgeschichte»
in zweiter Auflage (Stuttg. 1848) heraus.
Joh. Karl, Astronom und Mathematiker, geb. zu Leipzig,
[* 35] studierte seit 1791 zu Leipzig Mathematik
und Astronomie
[* 36] und kam dann zu Zach nach Gotha,
[* 37] unter dem er nun die Astronomie praktisch studierte. Durch Zach wurde er 1797 an
Lalande in Paris
[* 38] empfohlen und beschäftigte sich hier besonders mit der Berechnung der Kometenbahnen,
nahm an allen Arbeiten des Neffen Lalandes, Lefrançois-Lalande, auf der Sternwarte
[* 39] der École militaire thätigen Anteil,
wurde Adjunkt beim Längenbureau, erhielt den Naturalisationsbrief als franz. Bürger und wurde nach Lalandes Tode 1807 Astronom
an der Sternwarte der École militaire. Er starb Seine wichtige Abhandlung über den Kometen
[* 40] von 1770, von dem Institut 1801 mit dem Preise gekrönt, erschien in den «Mémoires de l'Institut»
für 1806. Außerdem schrieb er «Methodus combinatorio-analytica, evolvendis fractionum
continuarum valoribus maxime idonea» (Lpz. 1794) und übersetzte die ersten
Bände von Laplaces «Mécanique céleste» ins Deutsche
[* 41] (2 Bde.,
Berl. 1800-2). Vorzüglichen Eifer wandte er auf die Benutzung der Sonnenfinsternisse und Sternbedeckungen für die Berechnung
geogr. Längenbestimmungen. Seine 1812 herausgegebenen Mondtafeln galten längere Zeit als
die besten; Hilfstafeln für astron. Rechnungen gab er 1814 und 1816 heraus.
Joh. Ludw.,
Orientreisender, geb. zu Lausanne
[* 42]
aus einem Patriciergeschlecht der Stadt Basel, studierte zu Leipzig und Göttingen,
reiste 1806 nach London mit Empfehlung Blumenbachs an die Vorsteher der Afrikanischen Gesellschaft. Die Gesellschaft beabsichtigte
auf dem von Hornemann versuchten Wege von Ägypten
[* 43] über Fessan nach dem Niger eine Erforschungsreise in
das InnereAfrikas und übertrug Burckhardt das Unternehmen. Durch körperliche Abhärtung und durch das Studium der Astronomie und arab.
Sprache
[* 44] zu Cambridge vorbereitet, schiffte er sich nach Malta ein, von wo er unter dem Namen Ibrahim ibn Abdallâh
al-Schâmi als mohammed. Kaufmann nach Syrien reiste, um in Haleb die Sitten und Sprachen des Orients zu studieren.
Nachdem Burckhardt die vulgär-arab. Sprache fertig sprechen gelernt, Palmyra, Damaskus, den Libanon und andere TeileSyriens besucht
hatte, begab er sich östlich vom TotenMeere vorbei durch die Wüste El-Tih und das SteinigeArabien 1812 nach Kairo,
[* 45] machte
von hier aus 1813 eine Reise den Nil aufwärts bis an die Grenzen
[* 46] von Dongola und 1814 eine zweite Reise
nach Nubien und über Berber und Taka nach Suakin am RotenMeer, von wo er über Dschidda nach Mekka ging, um hier den Islam an der
Urquelle kennen zu lernen. Er hielt sich vom Sept. bis Nov. 1814 in Mekka auf, machte die Pilgerfeier
(Haddsch) mit und wurde durch Krankheit bis April 1815 in Medina zurückgehalten.
Leidend kam er in Ägypten an, bereiste im April 1816 noch einmal die Halbinsel Sinai und beschäftigte sich seit dem Juni 1816 in
Kairo, immer auf eine Gelegenheit zur Reise nach Westen wartend, mit Ausarbeitung seiner Tagebücher und
dem Studium der arab. Litteratur. Als sich endlich eine Karawane nach Fessan bildete, deren Abgang im Dez. 1817 erfolgen sollte,
ergriff ihn 4. Okt. die Ruhr, der er erlag. Er wurde als Mohammedaner auf dem Friedhofe zu Kairo
bestattet. In seinem Letzten Willen vermachte er alle seine orient.
Handschriften, welche in 350 Bänden bestanden, der Bibliothek zu Cambridge. Früher schon hatte er in Verbindung mit Salt und
Belzoni den 300 Ctr. schweren kolossalen Memnonskopf aus Theben nach England geschickt und dabei die Hälfte der Transportkosten
getragen. Die Beschreibung seiner Reisen in Nubien («Travels in Nubia») erschien in London 1819 u. ö. (deutsch,
Jena
[* 47] 1820 und Weim. 1820),
die der Reisen in Syrien, Palästina
[* 48] und auf dem Sinai («Travels in Syria and the Holyland») London 1822 (deutsch, 2 Bde.,
Weim. 1823-24) und die der Reisen in Arabien («Travels in Arabia») London 1829 (deutsch, Weim. 1830). Zu
erwähnen sind noch seine «Notes on the Bedouins any Wahabys» (Lond. 1830; deutsch, Weim.
1831) und die «Arabic proverbs» (Lond. 1831;
deutsch, Weim. 1834). -
Vgl. Beiträge zu B.s Leben und Charakter (Basel
1828);
(arab.), soviel als Mantel, besonders der angebliche Mantel des Propheten Mohammed, dessen Besitz und Benutzung
die abbâsidischen Chalifen als Symbol ihrer theokratischen Würde betrachteten. Obwohl dieses in der Schatzkammer von Bagdad
verwahrte Kleinod der Tatarenverwüstung (1258) zum Opfer fiel, gaben noch die Scheinchalifen in Ägypten
vor, im Besitze desselben zu sein. Diese angebliche Burda kam nach dem Übergange der
¶
mehr
Chalifenwürde an die türk. Sultane (1520) in den Besitz der letztern und wird unter dem Namen Chirka-i-scherif alljährlich
am 15. Ramadân der allgemeinen Verehrung ausgesetzt. - Burda ist auch der Name eines von den Mohammedanern hochgeachteten Lobgedichtes
auf den Propheten von Abu 'Abdallâh Mohammed al-Busiri (gest. in Ägypten zwischen 1294 und 1296), welches
u. d. T. «Funkelnde Wandelsterne zum Lobe des
Besten der Geschöpfe» von Rosenzweig ins Deutsche übersetzt (Wien
[* 50] 1824), von Ralfs (ebd. 1860) in arab. und pers. Texten mit
deutscher Übersetzung herausgegeben worden ist. Das Gedicht verdankt den Namen Burda der Legende, daß der Prophet dem Dichter
im Traume seinen Mantel zugeworfen habe.
Karl Friedr., Physiolog, geb. zu Leipzig, wo er auch studierte und 1798 die philos., 1800 die mediz.
Doktorwürde erlangte. Nachdem er daselbst eine Zeit lang als praktischer Arzt gelebt, auch 1798 als Privatdocent sich habilitiert
hatte und 1807 außerord. Professor geworden war, ging er 1811 als ord. Professor der Anatomie und Physiologie
nach Dorpat
[* 51] und von hier 1814 nach Königsberg, wo er starb. B.s Schriften zeichnen sich durch systematische Gliederung,
streng logische Form und elegante Sprache aus.
In der ersten Zeit nahmen die verschiedenartigsten Disciplinen seine Thätigkeit in Anspruch; später
wandte er sich ausschließlich der Anatomie und Physiologie zu, und in diesen Fächern hat er ausgezeichnetes geleistet. Unter
seinen Werken sind hervorzuheben: «Vom Bau und Leben des Gehirns» (3 Bde., Lpz.
1819-25) und sein Hauptwerk, an welchem C. E. vonBaer mitarbeitete, die «Physiologie als Erfahrungswissenschaft» (6 Bde.,
ebd. 1826-40; 2. Aufl., Bd.
1-3, 1835-38). Aus B.s spätern Lebensjahren verdienen Erwähnung: «Gerichtsärztliche Arbeiten» (Bd. 1, Stuttg.
1839),
ferner «Umrisse einer Physiologie des Nervensystems» (1. Lief., ebd. 1844) und die populäre Schrift«Anthropologie
für das gebildete Publikum» (auch u. d. T. «Der
Mensch nach den verschiedenen Seiten seiner Natur»; 5 Abteil.,
Stuttg. 1836-37; 2. Aufl. 1846-47).
Sein Sohn Ernst Burdach, geb. zu Leipzig, studierte auf der Universität Königsberg, wo er sich habilitierte, die Stelle
eines Prosektors versah und später eine ord. Professur der Anatomie übernahm. Auch er hat sich durch mehrere physiol. und
anatom. Schriften bekannt gemacht; zu nennen ist: «Beitrag zur mikroskopischen Anatomie der Nerven»
[* 52] (Königsb. 1837). Außerdem
wirkte er schon bei dem sechsten Bande der «Physiologie» seines Vaters als Mitarbeiter. Er starb
Konrad, Germanist, Urenkel des Physiologen Karl Friedr. Burdach, geb. in Königsberg,
studierte außer in Königsberg und Bonn inLeipzig und Berlin und ward 1884 Privatdocent in Halle,
[* 53] 1887 außerord., 1892 ord.
Professor der deutschen Sprache und Litteratur daselbst. Sein «Reinmar der Alte und Walther von der Vogelweide» (Lpz. 1880)
begründete die heute anerkannte Auffassung der EntwicklungWalthers. 1881 gewann er mit einer (ungedruckten)
Arbeit über die Sprache des jungen Goethe in Berlin den Grimm-Preis. In der Weimar.
[* 54] Goethe-Ausgabe gab er den «Westöstlichen
Divan» heraus (1888). Von seiner Arbeit «Die Einigung der neuhochdeutschen Schriftsprache» erschien
die Einleitung (Lpz. 1884);
sein Vortrag über die Sprache des jungen Goethe (Verhandlungen der Dessauer Philologenversammlung,
Lpz. 1885) und sein Buch «Vom Mittelalter zur Reformation» (Lpz. 1892) enthält wichtige Beiträge zur
Geschichte der Schriftsprache. Bei der Revision der Lutherbibel ist Burdach sprachlicher Redaktor (erster Abdruck: Halle 1892).
Kolonie Queensland, entspringt unter 18° südl. Br., fließt
in einem großen nach Norden
[* 55] offenen Bogen
[* 56] und mündet, nachdem er rechts den Belyando aufgenommen, in
die Bowlinggreen- und die Upstartbai des Stillen Oceans.
Von Leichhardt 1845 entdeckt, wurde der Burdekin 1859 von Dalrymple und 1860 von
Smith erforscht.
Jenny, Bühnensängerin, geb. zu Graz,
[* 57] wurde von ihrer Mutter, einer Sängerin,
früh für die Bühnenlaufbahn vorgebildet. In Wien betrat sie in Kinderrollen das Theater
[* 58] und erregte durch ihre ungewöhnlich
starke Sopranstimme Aufmerksamkeit. Nachdem sie als Possensoubrette in Graz und Ofen engagiert gewesen war, debütierte sie
als Opernsängerin 1845 in Olmütz,
[* 59] worauf sie in Prag
[* 60] und Lemberg
[* 61] wirkte. Im Besitz eines umfänglichen
Repertoires, wurde sie 1850 nach Wien an das Kärntnerthor-Theater berufen, unternahm 1853 ihre erste Gastspielreise nach Norddeutschland
und wurde für das Dresdener Hoftheater engagiert. Hier war sie bis 1866 thätig und zog sich dann von der Bühne zurück.
Sie war seit 1856 mit dem Schauspieler Emil Bürde verheiratet und starb zu Dresden.
[* 62]
(spr. bördétt),Sir Francis, engl. Politiker, geb. wurde in Westminster
und Oxford
[* 63] herangebildet, reiste auf dem Festlande, heiratete 1793 die Tochter eines reichen Bankiers, Sophie Coutts, trat 1796 ins
Unterhaus und hielt sich zur heftigsten Opposition gegen Pitt. Er machte sich zum Anwalt liberaler Forderungen,
vor allem der Parlamentsreform, bekämpfte die damalige Aufhebung der Habeas-Corpus-Akte, den Krieg gegen Frankreich und forderte
Untersuchung und Besserung des Gefängniswesens. Seine Wahl in Westminster (1807), das er 30 Jahre lang vertrat, galt als
ein Triumph der Reformpartei. Er focht unablässig für seine Grundsätze, hatte auch Verfolgung und gerichtliche
Strafe zu erleiden, bis 1832 die Parlamentsreform durchging. (S. Reformbill.) Nach dem dadurch hervorgerufenen Wandel trat
er zu den neuen Konservativen über, unterstützte Peel, spielte aber keine hervorragende Rolle mehr. Er starb zu
London.
Seine Tochter, Angela Georgina Burdett, seit 1871 Baroneß Burdett-Coutts, geb. ward 1837 Erbin
des großen Vermögens der in erster Ehe mit dem Bankier Coutts verheiratet gewesenen Herzogin von Saint Albans
[* 64] (s. d.), weshalb
sie den Namen Burdett-Coutts annahm. Zahlreiche Heiratsanträge, unter andern einen des Prinzen Louis Napoleon, lehnte sie
ab, um sich ausschließlich Werken der christl. Milde zu widmen. Auf ihre Kosten wurden zahlreiche Kirchen und
Schulen erbaut, wohlthätige Anstalten errichtet und sogar Bistümer, zu Adelaide
[* 65] in Südaustralien (1847) und zu Victoria
[* 66] in
Britisch-Columbia (1859), gestiftet. Später verwendete sie große Summen für die Errichtung von Musterwohnungen für die
arbeitenden Klassen und machte den Armen von Ostlondon den auf ihre Kosten errichteten Columbia-Market
zum Geschenk.
¶
mehr
750 Allgemeines Aufsehen erregte es, als sie sich 1881 mit William Bartlett, einem jungen Manne, der als ihr Privatsekretär
fungiert hatte, vermählte.
eine unter franz. Schutzherrschaft stehende, schwach bevölkerte Berglandschaft
Senegambiens, zwischen dem Quellgebiet des Bakhoi und des obern Niger, ist ziemlich reich an goldführendem
Sand;
die Eingeborenen sollen daraus jährlich an 160000 M. gewinnen.
Europ. Ingenieure haben in Bezug auf die Goldlager noch
nicht untersucht.
(frz., spr. büroh), zunächst Schreibtisch, dann
Schreibstube, namentlich die Schreibstube der Behörden und überhaupt das Dienstlokal von Beamten; auch die Gesamtheit der
in einer Verwaltungsabteilung beschäftigten Personen. Unter Bureausystem versteht man die Einrichtung einer aus mehrern Mitgliedern
bestehenden Behörde, bei welcher die Leitung der Angelegenheiten eines oder mehrerer Verwaltungszweige in der
Hand
[* 70] eines Einzelnen, des Chefs der Behörde liegt, welchem gegenüber die andern Mitglieder nur beratende und ausführende
Gehilfen sind.
Das ist die Einrichtung der deutschen obersten Reichsbehörde. Den Gegensatz dazu bildet das Kollegialsystem, wie es bei den
deutschen Landgerichten, Oberlandesgerichten und dem Deutschen Reichsgericht besteht. AlleBeschlüsse beruhen auf
einer Abstimmung, und die Majorität giebt den Ausschlag. Jedes System hat Vorzüge und Nachteile: bei dem Bureausystem bewahrt
die größere Energie und Einheitlichkeit der Entschließungen nicht vor Einseitigkeiten;
in dem Kollegialsystem ist mit dem
mäßigenden Einfluß der Mehrheit leicht auch die Neigung verbunden, an dem Hergebrachten hängen zu bleiben, sich
einander anzupassen, nachzugeben, wo die Überzeugung des Einzelnen oder der Minorität ersprießlichere Resultate fördern
würde.
(frz.-grch., spr. büro-), Schreibstubenherrschaft,
Herrschaft vom grünen Tisch aus. Der aufgeklärte Absolutismus stellte den Grundsatz auf: «Alles für, nichts durch das Volk»,
und glaubte dem Interesse des Staates und seiner Bürger am besten dadurch zu dienen, daß er die Besorgung
aller Angelegenheiten des Staates selbst, der Gemeinden und Korporationen, sogar der Einzelnen von sich aus zu bewirken oder
mindestens zu regeln suchte. Dieser Meinung zufolge waren nur die Staatsregierung und ihre Beamten im stande, alle Verhältnisse
zu übersehen sowie alle Interessen zu berücksichtigen und auszugleichen.
Solche Grundsätze führten vielfach zu einem ungerechtfertigten Beamtendünkel gegenüber dem «beschränkten
Unterthanenverstande», zu einer überall hervortretenden Einmischung in alle staatlichen, socialen, gewerblichen und
andern Verhältnisse, einer allgemeinen Bevormundung der Staatsbürger und Bildung einer abgeschlossenen Beamtenkaste. Eine
solche Beamtenherrschaft, die man mit dem Namen Bureaukratie belegt, während man ein Mitglied oder einen Anhänger
derselben Bureaukrat nennt, ist namentlich von zwei Seiten aus bekämpft worden: von seiten der Adelsaristokratie, welche
durch sie aus ihrer bevorzugten Stellung verdrängt zu werden fürchtete, und
von seiten des Liberalismus, der von ihr eine
Untergrabung der bürgerlichen Freiheit fürchtete.
Ein Hauptgebrechen aller Bureaukratie ist, daß sie die korrekte Form der Geschäftsbehandlung
über die sachlich zweckmäßige Behandlung zu stellen und so dem Scheine das Wesen zu opfern leicht Gefahr läuft. Durch
die allgemeine Teilnahme der Bürger an den öffentlichen Angelegenheiten, die fortschreitende Ausdehnung
[* 71] der Selbstverwaltung
und namentlich durch die Herstellung und Ausbildung des Verfassungsstaates sind die Gefahren der in Deutschland
[* 72] auf ein geringes Maß zurückgeführt worden, und man muß sich davor hüten, aus Angst vor Bureaukratie den Segen eines pflichtbewußten
strengen und bedürfnislosen Beamtenstandes, wie er besonders den preuß. Staat seit Friedrich Wilhelm I., aber auch die übrigen
deutschen Einzelstaaten auszeichnet, zu unterschätzen. Die gewaltige Reformarbeit unter Stein und Hardenberg
war ausschließlich das Werk der Bureaukratie im guten Sinne.
linker Nebenfluß des Amur im russ.- sibir. Amurgebiet, entspringt in zwei Armen auf dem Burejagebirge, nimmt
nach 220 km von rechts den Njuman (270 km) auf (der vereinigte Fluß heißt bei den Tungusen Njuman-bira) und mündet bei Skobelzyna.
Die Gesamtlänge des südwestl.
Laufs beträgt 771,1 km, wovon 287 km (von der Mündung der Tyrma an) schiffbar sind.
1) Kreis
[* 77] im preuß. Reg.-Bez. Minden,
[* 78] hat 764,56 qkm, (1890) 35890 (17870
männl., 18020 weibl.) E., 1 Stadt und 52 Landgemeinden. –
2) Kreisstadt im Kreis Büren, 116 km im SW. Von Minden, in 225 m Höhe, an der zur Lippe
[* 79] gehenden Alme, die hier die Afte aufnimmt,
zwischen ausgedehnten Wäldern, hat (1890) 2112 (1041 männl., 1071 weibl.) E., darunter 92 Evangelische und 119 Israeliten,
Post zweiter Klasse, Telegraph,
[* 80] Amtsgericht (Landgericht Paderborn);
[* 81] roman. Pfarrkirche (13. Jahrh.), schöne
ehemalige Jesuitenkirche (1756) mit Fresken, daneben das großartige Kollegiengebäude der Jesuiten, jetzt kath. Schullehrerseminar,
eine Synagoge, ein Provinzial-Taubstummeninstitut, eine Rektorats- sowie kath., evang.
und israel. Volksschulen; ferner Dampfsägewerk, 2 Säge-, 4 Mahlmühlen, eine Brennerei und in der Nähe eine Drahtstift- und
eine Holzstofffabrik; endlich Ackerbau, Viehzucht
[* 82] (besonders Schafzucht), etwas Großhandel in Wolle und
Getreide,
[* 83] drei stark besuchte jährliche Schaf- und Hammelmärkte. In der Nähe das ehemalige Cistercienserkloster Holthausen,
weiter die alte Wewelsburg und das ehemalige Augustinerkloster Böddeken, jetzt herrschaftliche
¶
Besitzung. - Büren wurde 1195 durch die Herren von Büren gegründet, nach deren Aussterben es 1640 den Jesuiten zufiel; 1773 kam
es an das BistumPaderborn und mit diesem 1802 an Preußen.
[* 93] (frz.) oder Maßröhre, ein in Centimeter eingeteiltes oder kalibriertes
röhrenförmiges Gefäß,
[* 94] das in der analytischen Chemie (s. Analyse) zum Abmessen von Flüssigkeiten benutzt wird. Die Bürette wurde
zuerst von Gay-Lussac eingeführt. Sehr gebräuchlich ist die Quetschhahnbürette von Mohr (s. beistehende Abbildung).
Die Maßröhre, gewöhnlich zwei auf einem Ständer angeordnet, ist oben offen zum Einguß der betr. Lösung;
an das untere verengte Ende ist ein Stück Gummischlauch aufgeschoben, in dessen unteres Ende eine kurze, zu einer feinen
Spitze ausgezogene Glasröhre eingesteckt ist. Aus dem Gummischlauch sitzt der Quetschhahn, der im unberührten Zustande den
Schlauch durch Federkraft zusammenquetscht, sodaß die Bürette geschlossen ist. Drückt man jedoch
mit Daumen und Zeigefinger auf die am Hahn
[* 95] befindlichen Knöpfe, so öffnet sich der Schlauch je nach der Stärke
[* 96] des Drucks
mehr oder weniger, und die Flüssigkeit fließt mit beliebiger Langsamkeit in das bei der Benutzung untergestellte Gefäß.
An der auf der Maßröhre eingeätzten Teilung kann man ablesen, wieviel Kubikcentimeter und Bruchteile
davon herausgeflossen sind. Da sich das Flüssigkeitsniveau direkt meist nur ungenau ablesen läßt, befindet sich behufs
schärferer Ablesung in der ein sog. Schwimmer. Dies ist ein kleiner, innen mit etwas Quecksilber beschwerter Glascylinder
(in der
[* 88]
Figur der rechten Röhre sichtbar), der auf der Flüssigkeit schwimmt und beim Öffnen des Hahnes
dem sinkenden Flüssigkeitsniveau gleichmäßig folgt; auf seinem Umfange befindet sich ein feiner horizontaler Strich, durch
dessen Beobachtung eine scharfe Ablesung ermöglicht wird.
nennt man ursprünglich jeden durch Pfahlwerk und Wälle, später auch durch Gräben, Mauern u. s. w. befestigten
Platz. Im besondern versteht man unter Burg solche Bauten des Mittelalters, welche die festen
Wohnsitze des Adels bildeten.
Die Burg sind entstanden aus der Fortentwicklung der röm. Befestigungswerke sowie aus
den german. oder kelt. Zufluchtstätten (Refugien). Diese letztern,
auch Völkerburgen genannt, bestanden aus durch mehrere Wälle abgeschlossenen Bergkuppen, welche außerdem meist noch durch
Palissaden und Dorngestrüpp befestigt waren. Cäsar beschreibt solche «Oppida» der Kelten mit ihren aus Balkenrosten gebildeten
Ummauerungen. Großartige Reste
dieser finden sich z. B. in der Burg Auersberg im Allgäu, Heiligenberg bei Heidelberg, Ottilienberg
im Elsaß (mit 3 km langer Ummauerung und 125 ha Grundfläche), die Heuneburg in der Rauhen Alb u. a. m.
Eine besondere Art der Befestigung sind die Brandwälle oder Glasburgen, bei welchen die auf Holzroste erbauten Wälle absichtlich
oder durch Feinde ausgebrannt und die Steine durch die Hitze verschlackt erscheinen.
Sie kommen in Böhmen,
[* 97] der Lausitz, Großbritannien,
[* 98] Belgien und Frankreich (forts vitrifiés) vor. Den Völkerburgen verwandt
sind die süddeutschen Letzinen oder Landeshage, kleinere zur Grenzbefestigung angelegte Ringwälle und
die Wallburgen (motae oder Bauernburgen), in welchen ein Gaugraf seinen Sitz hatte, die aber zugleich als Zufluchtstätte
für die ihm unterstehenden Freien und deren Dienstleute benutzt wurden. Sie wurden namentlich seit dem 7. und 8. Jahrh.
gebaut und enthielten außer dem Herrenhaus Ställe, Scheunen und Speicher in größerm Umfange. - Die Umwandlung
der Wallburg in die mittelalterliche Ritterburg vollzog sich in den verschiedenen Ländern sehr verschiedenartig je nach der
polit.
Lage. In Deutschland hängt der Burgenbau eng zusammen mit der Selbständigmachung der größern und kleinern Grundherren.
Dementsprechend teilt man die in Dynastenburgen und Lehnsburgen, von welchen die erstern meist nur den
Zweck haben, dem betreffenden Geschlecht eine sichere Zuflucht zu gewähren, während die letztern zugleich die Sitze der
Regierung bildeten. Gewöhnlich hatten die Burgherren diese nur als Lehn unter der Bedingung inne, sie für den Lehnsherrn
und dessen Oberherrn offen zu halten.
Die Notwendigkeit, einen Punkt zu besetzen, der die Gegend beherrschte, war für die Auswahl des Platzes, Festigkeit
[* 99] und
Sicherheit für die Anlage und Einrichtung der Burg allein maßgebend. Entweder war die Burg im flachen Lande gelegen und erhielt
ihre Hauptstärke durch umfließende Gewässer, Sümpfe oder wasserhaltende Gräben (Wasserburgen), oder
man errichtete sie auf einer vorspringenden Höhe (Höhenburgen). Die größere und kleinere Anlage sowie die fortifikatorische
Stärke kann als Merkmal für das Alter der Burg nicht angesehen werden, da die Burg des 11. und 12. Jahrh.
mit zu den stattlichsten Werken gehören, welche auch in der innern Ausstattung hervorragende Kunstleistungen
zeigen.
Wenn auch die Stilformen sich ändern, so bleibt der Grundcharakter der Burg während des ganzen Mittelalters derselbe.
Man legte die Burg möglichst versteckt und unzugänglich an. Die Zugangswege wurden absichtlich in schlechtem Zustande
gelassen und so geführt, daß die Aufsteigenden mit Steinen beworfen werden konnten, jedenfalls aber stets
im Gesicht
[* 100] der Verteidiger blieben. Daher wurden auf allen Burgbergen die Bäume und Sträucher abgeschlagen. Die Gräben wurden
mit Schilf versehen, und dadurch das Fahren in Schiffen erschwert. Wichtig war, daß an einen möglichst großen Teil der
Burg der Feind gar nicht herankommen konnte. Daher baute man sie an steile Abhänge und richtete
die ganze
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mehr
Aufmerksamkeit auf die Verteidigung des einzigen Zuganges. Lag die in der Ebene, so war man bemüht, ihr einen möglichst geringen
Umfang zu geben, damit die Besatzung sie überall zu verteidigen vermöge. Der Kreis oder das Quadrat waren daher die beste
Grundform, welche im 10. und 11. Jahrh. vorzugsweise bei den aus Holz
[* 102] und Erde errichteten Burg (Spitzwällen, s. d.) in Anwendung kam. Ähnlich waren aber auch die Steinburgen. Diese bestanden aus
einem Burgturm, meist von rechtwinkliger Gestalt, der sich nach unten in 2-3 terrassenförmigen Absätzen verbreiterte.
Jeder dieser Absätze war mit Zinnen versehen. Diese Türme (s. Tafel: Burgen
[* 103] I,
[* 101]
Fig. 2), die in neuerer
Zeit ungenauer WeiseBergfried (s. d.) heißen, hatten im Erdgeschoß keine Thüren, der Eingang lag vielmehr mehrere Meter über
dem Boden und war nur durch Leitern, herabgelassene Stricke, wohl auch durch Fallbrücken zugänglich. Die Türme hatten nach
außen Buckelquadern, um das Emporschieben der Leitern durch den Feind zu erschweren, meist gar keine
Fenster und waren daher zum Wohnen wenig geeignet, dienten vielmehr zur Verteidigung und zum Auslugen.
Doch erhielten sie oft Kamine, in den tiefen Fensterbrüstungen Sehgelegenheit und backofenartige Gelasse zum Schlafen. Die
Besatzung oder der Burgherr mit seiner Familie bewohnten sie nur im Augenblick der höchsten Gefahr,
während für gewöhnlich sein oberstes Stockwerk dem Wächter zum Aufenthalt und im Kriegsfalle zur Aufstellung von Wurfgeschossen
diente, mit Zinnen und einem Schutzdach gegen feindliche Geschosse
[* 104] versehen war. In ältester Zeit ward der Burgturm rund
oder viereckig, später auch drei- und fünfeckig, dann aber stets mit schrägen Flächen und in spitzem
Winkel
[* 105] den anfliegenden Geschossen entgegengestellt.
In dem untern, nur durch eine Öffnung von oben zugänglichen, sehr stark und ohne Fensteröffnungen angelegten Teil des Burgturms
befanden sich das Verließ oder Gefängnis, in das die Gefangenen hinuntergelassen wurden, und Vorratsräume. Die Abmessungen
des Burgturms waren oft sehr bedeutende: in der Wartburg bei Eisenach
[* 106] 9 m breit, Mauerstärke 3 m, Thür 5 m
über dem Boden, Verließ 12 m tief, Höhe bis zur Plattform 22 m;
Die nur um den Burgturm gruppierten Anlagen nannte man Burgställe, festes Haus oder bei größerer AusdehnungHofburg; bei geringern
Mitteln ihrer Erbauer oder bei beengender Lage auf Felsen (woher «Stein» in vielen Burgnamen) bestehen die
Burgställe aus einer Umfassungsmauer, einem Palas, einem Frauenhause, einer Küche und dem Turme. Da sich aber Palas, Kemenate
und Küche leicht im Turme anbringen ließen, so finden sich nicht selten Burg, die nur aus Mauer und Turm bestehen. Als Beispiel
einer solchen nur für Besatzungszwecke dienenden Anlage mag die Oberburg bei Rüdesheim (s. Taf. 1,
[* 101]
Fig.
[* 108] 3) gelten, deren Türme sich über drei inmitten eines Grabens gelegenen, von Zinnen umgebenen Stufen erhebt, sodaß der Zugang
zu der letzten, nur durch Seile zugänglichen Thür hartnäckig auch nach der Einnahme der untern Bauwerke verteidigt
werden kann. Bei andern Burg, die an der Lehne eines Berges
liegen, bildet der meist breit angelegte Turm den Schild
[* 109] gegen die
von der benachbarten Höhe kommenden Geschosse (Schildburgen). Oft werden dann auch zwei durch einen Wehrgang verbundene Türme
angelegt. Als Beispiel einfacher Anlage dienen die Burg Liebenzell (s. Taf. I,
[* 101]
Fig.
1) und als solche reicherer Anordnung Schloß Ehrenfels (s. Taf. II,
[* 101]
Fig. 5). In den meisten Fällen wurden die ältern Burgställe
im 15. und 16. Jahrh. zu Hofburgen nachträglich umgestaltet, wie z. B. das Schloß Kriebstein in Sachsen (s. Taf. I,
[* 101]
Fig. 4),
in welcher der starke, mit sechs Pechnasen versehene Turm schon zu Ende des 15. Jahrh. von einem Hof und
Baulichkeiten umgeben wurde, welche den Felsenkegel in allen Teilen für den Haushalt des Besitzers ausnutzen.
Solche Hofburgen waren allseitig, namentlich an den von Natur schwachen Stellen von einem Wall, einem Graben und Mauer- oder
Pfahlwerk (den Zingeln) umschlossen. Durch dieses gelangte man mittels eines, selten zweier Thoreingänge
zu dem geräumigen Vorhofe (Zwinger, Zwingelhof, Zwingolf), der sich zwischen den Zingeln und der eigentlichen Burg befand. Die
Thore selbst waren entweder kleine Burg für sich oder neben oder zwischen niedern, zur Verteidigung des Eingangs
bestimmten Türmen angebracht.
Ein Teil des Zwingers war gewöhnlich von Wirtschaftsgebäuden und Ställen eingeschlossen und durch einzelne,
in der Umfassungsmauer angebrachte Türme geschützt, aber nach der Burg zu offen und, wie überhaupt der ganze Zwinger, von
letzterer durch einen Graben geschieden. Über den zwischen Zwinger und eigentlicher Burg befindlichen Graben gelangte man, namentlich
bei größern Burganlagen und Wasserburgen, auf einer Zugbrücke (Schiffbrücke, Slagebrücke) zu dem
auf einem festen, in den Graben vorspringenden Mauerwerk ruhenden, ein Steingewölbe bildenden Thor (Porte, Fallthor; s. Taf.
I,
[* 101]
Fig. 5). Über diesem war die Mauer mit Zinnen versehen, hinter denen sich ein bedeckter, nach dem Innern der Burg zu offener
Gang
[* 110] (die Wer oder Letze) hinzog, von dem aus man durch die Luken (Fenster) der Zinnen mit Armbrüsten oder Steinen schoß.
Hölzerne Wergänge wurden vor den Zinnen angebracht, damit man auf die Angreifer am Fuße der MauerSteine senkrecht hinabwerfen
konnte. Durch das Thor trat der Ankommende unmittelbar in den Burghof oder erst in einen zweiten, engern,
von der Burgmauer und den im Burghof befindlichen Gebäuden gebildeten Zwinger. Bei letzterer Einrichtung gelangte man aus
diesem innern Zwinger, der bisweilen nicht um die ganze Burg herumlief oder teilweise, besonders in der Nähe der Frauenwohnungen,
in einen Baumgarten umgeschaffen war, durch einen offenen, hallenartigen, mittels Fallgittern schließbaren
Durchgang in den innern Burghof.
Das Leben auf solchen hat man sich keineswegs als ein behagliches darzustellen. In den kleinen Burgställen fehlte es oft am
Nötigsten. Die Heizung
[* 111] durch Kamine war ungenügend, die Fenster durch Brettläden verschlossen, sodaß man zwischen Dunkelheit
und Zug
zu wählen hatte, der Fußboden aus Estrich, die Zahl der Geräte war selbst noch im 15. Jahrh. unbedeutend.
Doch fehlte selten in der Nähe ein Spiel- und Turnierplatz, ein Gärtchen u. dgl. In erweiterter Form zeigen solche Anlagen
aus früherem Mittelalter das Schloß Ehrenfels am Rhein (s. Taf. II,
[* 101]
Fig.
5) und aus dem 15. Jahrh. die an
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