die zugleich als Kanzelredner glänzten. Unter ihren Nachfolgern ist José
Eloy Ottoni (1764-1851) hervorzuheben. Neben dem religiösen begann sich fast gleichzeitig das nationale Element geltend
zu machen, in patriotischen und eigentlich polit. Gedichten. Viele Dichter waren Staatsmänner, und alle polit. Parteiansichten
suchten in derPoesieAusdruck. So der Minister José
Bonifacio de
Andrada e Silva (s. d.), der, besonders
durch patriotisch-polit.
Poesien ausgezeichnet, in etwas sentimentalen Liebesliedern in den Fußstapfen des Filinto Elysio
geht, und dessen Zeitgenosse, der Marineminister Francisco Vilella Barboza, Marquis von
Paranaguá (1769-1846), dessen «Cantata
á primavera» und einfach schöne Elegie auf den
Tod seines Freundes
Dom Pedro I. zu den
Perlender gehören.
Der Justizminister
Manoel Alves
Branco (1797-1855), weniger bedeutend als Dichter, ist bekannt als Verfasser einer schwärmerischen
Freiheitsode (á liberdade). Hervorragendes leistete der
Diplomat und Senator Domingos Borges de
Barros (1783-1855), der von
Liebe und Schönheit sang. Sonst sind unter den Dichtern dieser Zeit der Kanonikus Januario da Cunha
Barboza (1780-1846) wegen seiner beschreibenden
Schilderung der reizenden
InselNictheroy, Gualberto Ferreira wegen seiner «Georgicas
brasileiras» und der
Diplomat Alvaro Teixeira de Macedo (1807-49) besonders wegen des komisch-satir.
Epos «A festa de
Baldo» hervorzuheben. Während Francisco do Monte Alverne (1784-1858) alle Vorgänger
in der Kanzelberedsamkeit übertraf
(«Obras oratorias», Rio
[* 2] 1852),
bekundeten sich Marianno José Pereira da
Fonseca, Marquis
von Maricá (1773-1848),
in epigrammatischen Maximen («Collecção completa das maximas, pensamentos e
reflexões», Rio 1850) und der auch als Sprachgelehrter und Lexikograph verdiente
Antonio de Moráes e Silva (1756-1820) durch
geschmackvolle
Übersetzungen als vorzügliche Prosaisten. Zahlreiche andere, weniger bekannte und weniger bedeutende Schriftsteller
traten diesen zur Seite.
Mit der festern Gestaltung
Brasiliens als unabhängiges Kaiserreich unter
Dom Pedro II. nahm die einen immer selbständigern
Aufschwung. Während die Dichter aus der Zeit
Dom Pedros I. sich in der Form nicht von den Portugiesen
zu entfernen wagten, zeigt sich bei einigen jüngern Dichtern, Vorläufern der
Romantik, die unmittelbar aus franz.
Quellen
schöpften, so bei Francisco
Bernardino Ribeiro (1814-37),
Antonio Augusto de Queiroga (1811-55) und seinem
Bruder João Salomé
(1810-82), bei Maciel Monteiro (1804-68),
AraujoVianna (1793-1875) u. a. schon bewußtes Streben, sich
von dieser
Fessel loszumachen.
Vollständig gelang dieses erst Domingos José Gonçalves de Magalhães, Visconde de
Araguaya (1811-82), der mit seinen «Suspiros
poeticos e Saudades» (1836) das erste größere Werk der neuen
Brasilianischen Dichterschule lieferte, die, herangebildet
unter den Einflüssen einesteils des erwachten Nativismus, andernteils des Romanticismus (den Magalhães gründlich
in
Frankreich kennen gelernt hatte), als wahrhaft nationale betrachtet werden kann, wenn man auch die mit ihnen beginnende
Epoche, genau wie die entsprechende in allen europ.
Litteraturen, die (dritte)
Periode der
Romantik nennen muß (1830-70). Die
«Suspiros» wie die bald folgenden «Mysterios»
enthalten manches Schöne.
Als sein Meisterwerk gilt
das Gedicht «Napoleão em Waterloo».
[* 3] In demselben romantischen
Geiste trat Magalhäes bahnbrechend auch als Dramatiker und
Epiker auf. Er war der erste Brasilianer,
der durch Originalwerke, wie die
Tragödien«Antonio José» und «Olgiato», eine Bühnenwirkung, erzielte,
während er als
Epiker, besonders in «Die Verbündeten von Tamoyos», den Nativismus
zum vollenAusdruck brachte und, nun durch keine Rücksicht auf die Portugiesen gehemmt, die freien Eingeborenen
feierte.
Unter den Mitkämpfern und Nachfolgern von Magalhães sind hervorzuheben Manoeli de
Araujo Porto-Alegre (s. d.), der im beschreibenden
Gedichte
(«As Brasilianas» und «Colombo»)
[* 4] das Vorzüglichste leistete,
Antonio Gonçalves
Dias (s. d.), der bedeutendste unter den neuern brasil.
Lyrikern, der auch als
Epiker Beachtung verdient, und Joaquim
Manoel de Macedo (s. d.), der mit Erfolg
als Tragödiendichter auftrat, als Romanschriftsteller aber bahnbrechend ward.
Manoel Odorico
Mendes (1799-1864) galt, was Klassicität der
Sprache
[* 5] und Eleganz des Versbaues betrifft, zwar lange als
Meister
aller brasil. Dichter, doch hat man selbst in seinem Vaterlande bald
das Unnatürliche, Pedantische seiner latinisierenden und gräcisierenden Wortzusammensetzungen erkannt und zum
Glück nicht
nachgeahmt, was in einem brasil.
Homer («Iliada», «Odysse»)
und
Virgil («Eneida», «Georgicas»)
noch allenfalls, in Originalwerken aber nicht erträglich war.
Andere geschätzte Dichter der neuesten Zeit sind, außer dem jung verstorbenen, reich begabten
ManoelAntonioAlvares de Azevedo (1831-52) und Luis José Junqueira Freire (1832-55), der vielseitige Joaquim Norberto de Souza e Silva
(geb. 1820), der fruchtbare
Antonio Gonçalves Teixeira e Souza (1812-61), dessen «Canticos lyricos»
nicht weniger volkstümlich sind als seine zahlreichen und sehr beliebten, mit hyperromantischem
Stoffe überfüllten
Romane
(«O filho do pescador» und «A
providencia»); ferner der durch Fabeln bekannte Joaquim José Teixeira, der Lustspieldichter Luis
Carlos Martins Penna, Laurindo
José da Silva Rebello, Pedro de Calasans (1836-74),
Casimiro de Abreu (1837-54),
dessen «Primaveras» große Hoffnungen erweckten,
Bernardo José da Silva
Guimarães (1827-85),
der als
Lyriker, mehr aber noch durch Sittengemälde und
Romane
Ruhm gewann («O Garimpeiro», «Isaura»
u. s. w.). In der
Periode des Konstitutionalismus entwickelte sich neben der geistlichen die politische
Beredsamkeit, und bei
ihrer großen Begabung dafür konnten die Brasilier sich bald so ausgezeichneter Parlamentsredner rühmen wie der
BrüderAntonioCarlos und Martim Francisco
Andrada, des José
Bonifacio de
Andrada e Silva (1826-64), des Lino Coutinho,
des Vicomte von Jequitinhonha u. a. Als Geschichtschreiber haben nächst Norberto da Silva
besonders João
Manoel Pereira da Silva («Varões illustres dos tempos coloniaes» und
«Historia da fundação do Imperio Brazileiro»),
Um 1870 vollzog sich in
Brasilien
[* 6] ein Umschwung vom
Romantischen zum Realistischen, der allem Anscheine nach der vierten
Periodeder (die neuerdings auch durch den Übergang zur Republik [1889] beeinflußt wird) Charakter und
Namen geben wird. Verfechter
der neuen naturalistischen, wissenschaftlichen und kritischen
Richtung ist ganz
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mehr
besonders Sylvio Romero sowohl in den Dichtungen«Cantos do fim do seculo» (1878) und «Ultimos harpejos» (1883),
«A litteratura
brazileira e a critica moderna» (1880) und «Ensaios
de critica parlamentar» (1883). Ihm zur Seite stehen die Positivisten
Teixeira Mendes und Annibal Falcão;
die Romanschriftsteller José de Alencar, Sylvio Dinarte, I. Verissimo;
die Kritiker João Ribeiro, Teixeira de Mello, Franklin Tavora, Machado de Assis, Quintino Bocayuva, Araripe, Tobias
Barreto u. a. Niedergelegt sind die meistenteils noch zerstreuten Werke dieser jüngsten Schule
in Zeitschriften, wie «Revista Brazileira» und «Ephermerides
Nacionaes» und in Tagesblättern (s. unten, Zeitungen) wie «A crença», «O
Americano», «O movimento», «O
trabalho».
Mit dem brasil. Folklore - das vieles mit dem Mutterlande gemein hat, aber auch hochinteressante
Beiträge von den Tupis und Negern erhielt und in den Schöpfungen der Mestizen manches Originelle besitzt
- beschäftigte sich, nächst Celso de Magalhães, besonders Sylvio Romero, der Lieder, Romanzen und Märchen sammelte und
studierte: «Cantos populares do Brazil» (2 Bde., Rio 1882),
«Estudos sobre a poesia popular
do Brazil» (1888);
vgl. auch de Santa-Anna Nery, Folklore brésilien (Par. 1891).
Das Hauptwerk über ist Sylvio Romeros «Historia da litteratura brazileira», (Bd. 1-2, Rio
1888),
für Deutschland
[* 9] noch immer das etwas veraltete Werk F. Wolfs: «Le
[* 10] Brésil littéraire» (Berl. 1863; vgl.
dazu Ebert im «Jahrbuch für roman. und engl.
Litteratur», V). Wichtige Nachschlagewerke sind Pereira da Silva, «Plutarco
brasileiro» (2 Bde., Rio 1847);
I. Manoel de Macedo, «Brazilian biographical annual» (4 Bde.,
ebd. 1876);
A. V. A. Sacramento Blake, «Diccionario bibliographico brazileiro» (1883);
A. I. de Mello, «Biographias de alguns poetas e homens illustres de Pernambuco»;
[* 11]
F. A. Pereira daCosta, «Diccionario biographico
de Pernambucanos celebres» (1882);
Fernandes Pinheiro, «Curso de litteratura nacional»
(Rio 1878).
Eine Blütenlese aus brasil. Dichtern brachte Varnhagen, «Florilegio da poesia brazileira» (1851 u. 1853); wichtige
Materialien enthalten die «Annaes da Bibliotheca Nacional» (seit 1876),
«Archivos do Museu Nacional» und «Revista
do Instituto historico». Gute Textausgaben brasil. Dichter enthält die Sammlung
Garnier, «Bibliotheca Nacional», z. B.
die Werke von Silva Alvarenga, Alvarenga Peixoto, Gonçalves Dias.
[* 6] Vereinigte Staaten von (hierzu Karte: Brasilien), nächst Rußland, dem BritischenReiche, China
[* 12] und den Vereinigten Staaten
[* 13] von Amerika
[* 14] der ausgedehnteste Staat der Erde, begreift die östl. Hälfte Südamerikas und reicht vom Kap Orange, seinem nördlichsten
Punkte an der Mündung des Rio Oyapoc, 4° 22½' nördl. Br., bis an die Südspitze der Halbinsel Mirim
im S., 33° 44' südl. Br., und vom Rio Aruita (Iavari oder Dacarana) unter 74° westl. L. bis an den Atlantischen
Ocean (Olindaspitze), 35° westl. L. von Greenwich. Brasilien grenzt im N. an das franz.,
niederländ. und brit. Guayana und an
Venezuela,
[* 15] im W. an Columbia,
[* 16] Peru, im SW. an Bolivia,
[* 17] im S. an Paraguay, Argentinien und an Uruguay, sodaß es mit allen südamerik.
Staaten
außer Chile und Ecuador zusammenstößt. Die Ostgrenze bildet der Atlantische Ocean, der die brasil.
Küste in einer Länge von 7920 km bespült. Die in den Verträgen von 1777, 1778 und 1801 mit Spanien
[* 18] festgesetzten
Grenzen
[* 19] waren fast gar nicht wirklich vermessen worden, sodaß die häufigen Streitigkeiten erst in neuen Abmachungen 1867 mit
Bolivia, 1872 mit Paraguay, 1881/82 mit Venezuela, 1888 und 1890 mit Argentinien ein Ende fanden. Da jedoch mit Peru
und Columbia Einigungen noch nicht erzielt sind, kann die neueste sorgfältige Flächenbestimmung von 8 361 350 qkm immer
nur als annähernd richtig gelten.
Oberflächengestaltung. A. Gebirge. Seiner senkrechten Gliederung nach zerfällt in zwei Teile, die etwa durch eine Linie von
den Schnellen
[* 20] des Madeira
[* 21] (10° südl. Br.) nach Para getrennt werden. Nördlich davon liegt die wenig
geneigte diluviale Tiefebene des Amazonenstroms und seiner Zuflüsse, in die nur an der Nordgrenze einige Höhenzüge von Venezuela
und Guayana hineingreifen; südlich davon das brasil. Bergland, das ganze Gebiet bedeckend,
nur an wenigen Stellen durch größere Küstenebenen vom Meere getrennt.
Genauere Kenntnis besitzt man nur von den östl. Teilen des ausgedehnten Systems. Im allgemeinen besteht
dasselbe nur aus einem alten Urgebirge, über welches sich jüngere Sandsteine von mesozoischem Alter abgelagert haben, die
im Verein mit vielleicht silurischen, devonischen und carbonischen Schiefern und Quarziten die zahlreichen Höhenzüge bilden,
die als Serras Gebirgscharakter annehmen. Namentlich an den Küsten treten dieselben hervor und begleiten
diese nordwärts ziehend.
Die Serra do Mar von 30° südl. Br. an zieht als der 900-1700 m hohe Steilabfall einer welligen Hochebene einher, welche
die Staaten Rio Grande do Sul, Sta. Catharina und Parana erfüllt und sich westlich allmählich zum Uruguay und
Parana senkt. Der Südrand dieses Plateaus (Serra Geral) ist bei weitem nicht so steil und von zahlreichen Flüssen durchbrochen;
ihm lagert sich ein welliges, bis nach Uruguay reichendes Hügelland vor. Unter dem 25. Breitengrade wendet sich die Serra
do Mar zugleich mit der Küste nach ONO. und sondert sich immer deutlicher vom innern Hochlande ab, namentlich
von da an, wo das Thal
[* 22] des Rio Parahyba immer tiefer an ihrer Nordseite einschneidet.
Hierdurch tritt sie in Rio de Janeiro als Gebirgskette hervor, die durch eine Anzahl von Flußthälern in viele parallele
Züge geschieden ist, wie die Serra dos Orgãos und Serra da Estrella, deren Gipfel 1600 m übersteigen.
Die über die Wasserscheide führenden Pässe sind 6-700 m hoch. Jenseit des Parahyba betrachtet man gewöhnlich die Serra
dos Aimores (Caymores) als Fortsetzung, welche der nun wieder nordnordöstlich streichenden Küste parallel verläuft.
Sie wird von einer Anzahl nicht unbedeutender Flüsse
[* 23] durchbrochen und zerfällt so in eine Reihe mit
prachtvollem Urwalde bedeckter Abschnitte. Während aber die eigentliche Serra do Mar fast durchweg aus dem Meere aufsteigt,
tritt vom 20.° südl. Br. das Gebirge mehr und mehr zurück, einen wenig geneigten StreifenLandes freilassend, der teils dichten
Urwald und blühenden Anbau, teils, namentlich weiter nördlich, öde Sandflächen zeigt. Die Serra
dos Aimores reicht, oft von Flüssen durchbrochen, bis an den Rio Jequitinhonha, während ihre nördl. Fortsetzung bis
¶
mehr
zum Kap Roque hin weniger deutlich ausgeprägt ist. Hinter der Serra do Mar, durch das Thal des Rio Parahyba geschieden, erhebt
sich an der Südgrenze von Minas Geraes die Serra da Mantiqueira mit dem höchsten Berggipfel B.s, dem Itatiaya oder Itatiayossu
(2712 m). Unter dem 44.° geht sie in die nordnordwestl. Richtung über und zieht, gewöhnlich mit dem
Gesamtnamen Serra do Espinhaço (Rückgrat) bezeichnet, aber aus vielen Serras bestehend, bis zum Durchbruch des Rio São Francisco,
den sie zu den berühmten Fällen von Paolo Affonso zwingt.
Sie gipfelt im Itacolumi (1750 m) und im Pico Itambe (südöstlich von Diamantina), entsendet mehrfach
Ausläufer nach NO., verliert nach N. mehr und mehr den eigentlichen Gebirgscharakter und dehnt sich in weiten, öden Hochflächen
aus, die hier Taboleiros, Chapadas, Sertães genannt werden. Vom Itacolumian lassen sich die zahlreichen Einzelzüge am besten
durch Nachgehen der Wasserscheiden entwirren. Diese zieht, Sao Francisco- und Paranasystem trennend, zuerst
westwärts, dann nach N. und vom 16.° südl. Br. wieder westlich; sie besteht aus vielen einzelnen Serras, die aber häufiger
Hochflächen mit steilen Abhängen als eigentliche Gebirgskämme sind, und wurde ehemals häufig unter dem Namen Serra dos
Vertentes zusammengefaßt. Im allgemeinen noch wenig erforscht, scheint ihre Höhe 600-1000 m zu betragen.
Gerade da, wo die Wasserscheide sich nördlich wendet, zweigt ein anderer Zug
ab, ebenfalls in nordnordöstl. Richtung; er besteht
aus welligen Hochflächen, nirgends unter 600 m herabgehend, und zieht zwischen dem Sao Francisco und dem Tocantins unter verschiedenen
Namen (Serra da Matta da Corde, Serra do Paranan, Serra da Tabatinga, Serra do Duro), bis er sich etwa 11°
südl. Br. teilt und das Thal des Parnahyba umfaßt. Der westl. Teil, eingefaßt durch die Serra Gurgueia und die Serra das Mangabeiras,
dehnt sich plateauartig aus und trägt mehrere, der Nordostküste parallele Ketten aus Buntsandstein, wie die Serra das Covoadas
und die Serra do Ita Picuru.
Der östl. Teil erweitert sich zu einem ausgedehnten Hochlande und erfüllt die ganze Ecke zwischen dem untern São Francisco
und dem Parnahyba. Der erste Teil des Zugs, der die Ostgrenze der ProvinzPiauhy bildet, führt den Namen Serra do Piauhy, Serra
dois Irmaos, Serra Araripe, Serra Grande; der Nordküste parallel verlaufen Serra do Machado und die Steilabsätze
der Hochflächen (Sertães), während die der Ostküste parallel ziehenden Serras als Fortsetzung der Serra do Mar und Serra
do Espinhaço angesehen werden können. - Der westl. Teil des brasil. Berglandes ist weniger gegliedert; an die Stelle der
Serras treten hier größere, gewellte Hochebenen, z. B. die von Mato Grosso im Innern und
der durch die Serra Cayapo und die Serra Divisães de Sta. Clara von der erstern getrennte Sertão von Camapuan.
Alle diese Landschaften sind sehr wenig bekannt. Gegen SW. und S. fällt das Bergland in Terrassen ab, an
denen entlang der Guapore fließt. Hier liegen Mato Grosso in nur 270 m und Cuaba in 200 m Höhe. Am Südrand stürzen die
Ströme über die Stufen in Wasserfällen zum Tieflande hinunter, z. B. der Salto Grande des Parana. Ebenso verlassen die von
Mato Grosso nach N. fließenden ströme das Bergland in vielen Cachoeiras, Fällen, die die Schiffbarkeit
unmöglich machen und das Eindringen ins Innere sehr erschweren.
Brasilien
Gewässer. Folge dieser Bodenbildung ist der sehr verlängerte Lauf der meisten Flüsse, die, obgleich unfern der Küste
entspringend, genötigt sind, den Höhenzügen parallel in nördl. oder südl.
Richtung manchen Breitengrad zu durchströmen, ehe sie zu einem der beiden großen Sammelbecken des
Amazonas oder des La-Plata gelangen. Der größere Teil derselben wendet sich dem Amazonenstrome zu, dessen Gebiet etwa sechs
Zehntel der ganzen Oberfläche von Brasilien umfaßt, während zum Gebiete des La-Plata ein Sechstel, zu dem des São Francisco und
der übrigen kleinen Flüsse etwa ein Viertel gehört.
Der Amazonenstrom
[* 25] (s. d.) hat bei seinem Eintritt in Brasilien schon seine
Hauptrichtung nach Osten angenommen; er empfängt auf brasil. Boden seine Hauptzuflüsse und es zeigen die von Süden kommenden
in der Richtung ihrer Thäler eine bemerkenswerte Übereinstimmung mit dem nordöstl. und nordwestl. Streichen der brasil.
Gebirgskämme und Küsten. Unter den Nebenflüssen der rechten Seite sind die bemerkenswertesten der Rio Javari (s. d.),
der Grenzfluß gegen Peru, der Jurua, Purus (s. d.), der Madeira (s. d.),
Tapajoz (s. d.), Xingu (s. d.) und der Tocantins (s. d.) mit dem Araguaya.
Die östlichern dieser Flüsse, die bei ihrer großen Tiefe und Wassermenge ein natürliches Straßennetz
bilden, sind aber durch Stromschnellen unterbrochen, die selbst kleine Boote nur ohne Ladung befahren können, oder sogar durch
tagelangen Landtransport umgehen müssen. Bekannt sind namentlich die Schnellen des Madeira auf einer Strecke von 300 km südlich
vom 9. Breitengrade, ferner die des Tapajoz, die des Xingu (zwischen 3 und 4° südl. Br.) und die des Tocantins
und des Araguaya. Von links nimmt der Amazonenstrom nur drei bedeutende Zuflüsse auf, den Ica oder Putumayo (s. d.),
den Japura (s. d.) und den Rio Negro, den größten auf dieser Seite. Unterhalb
desselben münden eine Anzahl kleinerer Flüsse in den Amazonenstrom, fast alle gleich gerichtet und noch
wenig bekannt; der größte von ihnen ist der Rio des Trompetas (oder Oriximina), ferner der Yamunda, Paru und Jary.
Das zweite große Stromgebiet B.s ist das des La-Plata, der fast alle Wasser südlich vom 16.° südl. Br. in drei Adern, dem
Paraguay, Parana und Uruguay, sammelt. Weitaus der bedeutendste unter diesen ist der Parana, der in der Serra
da Mantiqueira entspringt unweit des Meers und der Quellen des São Francisco, während sein rechter Hauptarm, der Parnahyba,
vom Tocantins nur durch eine schmale Wasserscheide getrennt ist. Seine linksseitigen Zuflüsse (Tiete, Parana-Panema, Ivahy,
Yguassu u. a.) entspringen sämtlich in der Serra do Mar, ganz nahe am
Meere.
Daselbst entspringt auch der Uruguay, der eine große Menge kleinerer Flüße aufnimmt und auf einer bedeutenden Strecke die
Grenze gegen die argentinische Provinz Corrientes und das Territorium de las Misiones bildet. Von großer Bedeutung sind diese
Arme des La-Plata durch das ausgedehnte Netz von Wasserstraßen, die im Gegensatz zum Amazonensystem eine
ungehinderte Schiffahrt vom Meere bis ins Innere B.s gestatten. So der Parana bis zum Salto Grande unter dem Wendekreis und vor
allem der Paraguay, dessen Nebenfluß S. Lourenço bis Cuyaba (15° 30' südl. Br.) mit Dampfern befahren werden kann.
Von den Küstenflüssen sind die nördlich vom Amazonenstrom nur unbedeutend. Darunter der
¶
mehr
Araguary. Zwischen diesem und dem Kap Roque münden eine Anzahl bedeutenderer, den südl. Nebenflüssen des Amazonenstroms
paralleler Flüsse; der größte ist der 1400 km lange Parnahyba mit einem vielarmigen Delta
[* 27] an der Mündung. Südlich vom
Kap Roque mündet etwa unter 10½° südl. Br. der 2900 km lange Rio São Francisco (s. d.), dessen Schiffbarkeit
zwischen dem 17. und 18.° südl. Br. durch bedeutende Stromschnellen und 1500 km unterhalb wieder durch die 80 m hohen Fälle
von Paolo Affonso unterbrochen wird.
Einer seiner Zuflüsse, der Rio das Velhas, kommt der Hauptstadt mit seinem schiffbaren Laufe bis auf 650 km nahe. Zwischen
dem 10. und 20. Breitengrade mündet eine große Anzahl von Flüssen; die größern entspringen auf dem
Gebirgszuge, der die östl. Thalseite des São Francisco bildet, und durchbrechen die seewärts gelegenen Stufen und Ketten
(Serra do Mar); zu nennen sind der Itapicuru, Paraguassu (in die Bahia de
[* 28] todos os Santos), Rio de Contas,
Jequitinhonha und Rio Doce.
Dieselbe Richtung hat auch der Parahyba. Von hier ab zeigt die Küste von Brasilien nur ganz kurze Flüsse, da die innere Hochfläche
steil in der Serra do Mar aufsteigt. Erst in Rio Grande do Sul, wo sich der Rand nach Westen wendet und von Thälern
durchbrochen ist, findet sich ein längerer schiffbarer Fluß, der Jacuhy, der durch die große Patoslagune ins Meer fließt.
Dieser für Fahrzeuge bis zu 3 m Tiefgang schiffbare, fast ganz mit süßem Wasser angefüllte Küstensee steht mit der südlich
gelegenen Mirim-Lagune in Verbindung und ist für den Verkehr von hoher Bedeutung.
Klima.
[* 29] Im Verhältnis zu der gewaltigen Ausdehnung
[* 30] des Landes zeigt das Klima eine gewisse Gleichmäßigkeit. Man hat zu unterscheiden
zwischen den Küstengebieten, dem Amazonas-Tiefland, den Hochflächen des Innern, den Flußthälern innerhalb derselben und
den südlichsten Staaten. Besonders wechseln Wind- und Niederschlagsverhältnisse von Nord gegen Süd. Für Rio de Janeiro beträgt
die mittlere Jahrestemperatur 23,8° C., die des wärmsten Monats, Februar, 26,6° C., die des kühlsten, Juli, 21,2° C.
Temperaturen unter 15° sind hier sehr selten, doch wird die Hitze am Nachmittag durch frische Seebrisen gemildert.
Dabei ist die Feuchtigkeit der Luft fast immer nahe am Sättigungspunkt, sodaß Metalle und andere Materiale
stark angegriffen werden. Rio hat 1214 mmRegen im Jahre, São Vento das Lages (12° 37' südl. Br.) 2050 mm; der Regen fällt hauptsächlich
von April bis Juli, dann wieder im Dezember und Januar, also in zwei Regenzeiten, einer größern und einer kleinern, zwischen
denen Trockenzeiten eintreten. Von März bis August weht der Südostpassat, von September bis Februar
nördl. und östl. Winde;
[* 31] im Südwesten treten die Pamperos, stürmische Winde des La-Platagebietes, nach Brasilien über. Im allgemeinen
stimmt damit das Klima der ganzen Küste überein.
Die mittlere Jahrestemperatur beträgt zu Pernambuco 25,7° C., zu Para 27° C. Von 10° südl. Br. an
beginnt der Südostpassat das ganze Jahr hindurch zu herrschen. Von Rio de Janeiro gegen Süden nimmt die Jahrestemperatur
langsam ab, und der Übergang in das subtropische KlimaArgentiniens erfolgt. Joinville hat nur noch 20,6° C., Taquara (29°
40' südl. Br.) 18,7° C. mittlere Jahrestemperatur, Pelotas bei Rio Grande do Sul 17,8° C. Der Juli sinkt
hier auf 12°, der Januar hat aber noch immer 24,2° C. Im allgemeinen ist an der Ostküste
die Temperatur ziemlich hoch,
doch auch die jährliche Schwankung derselben; in Pelotas fällt das Thermometer
[* 32] gelegentlich auf 0°. In Blumenau soll -4°
C. vorgekommen sein. Die Regen erreichen bei Pelotas nur noch 1330 mm, in Joinville aber noch 2280 mm im
Jahre. - Im Amazonastiefland herrscht gleichmäßig hohe Wärme.
[* 33]
Manaos hat 26° C. Mitteltemperatur, und als Extreme 35,7 und 20,7° C., Iquitos als solche 32,4 und 18,8° C. In Manaos fallen 1420 mm,
in Iquitos 2620 mmRegen. Gegen die Anden scheint die Regenmenge zuzunehmen. In Teffe (Egas, 64° 8' westl.
L. von Greenwich) zerfällt das Jahr in zwei trockne und zwei nasse Perioden. Die erste Regenzeit währt von Ende Februar bis
Juni. Der Strom steigt dann stark; bis Mitte Oktober dauert die Trockenzeit, hierauf folgt bis Anfang
Januar die zweite nasse und bis Ende Februar die zweite trockne Periode. Im Mai sinkt die Temperatur infolge kühlen Südwindes;
in Iquitos fällt diese Erscheinung in den Juni bis Juli, die Temperatur fällt dann 5° unter das Mittel. - Im Innern der Gebirgsländer
von Brasilien fehlen genaue Beobachtungen, die Minima liegen oft noch unter denen der südl. außertropischen
Gegenden B.s.
Namentlich sind die täglichen Schwankungen oft außerordentlich groß. Im Hochlande von SãoPaulo und Rio Grande do Sul sind
Fröste nicht selten, Ouro Preto (1100 m Höhe, 20° südl. Br.) hatte 1843 Schneefall; dagegen sind die Hochlande der
nordöstl. Staaten, Ceara u. s. w., am Tage furchtbar heiß und kühlen sich auch des Nachts nicht sehr ab. Im Hochlande unterscheidet
man eine nasse und eine trockne Jahreszeit, und hier ist der Unterschied zwischen beiden schroffer als im Meeresniveau. Im
Nordosten ist die Dürre so groß, daß kleinere Gewässer ganz austrocknen und im Juli und August die
Grasebenen und Buschwälder wie verbrannt aussehen; die Regenzeit, die gewöhnlich im Dezember oder Januar beginnt, setzt
zuweilen fast ganz aus, sodaß die Einwohner auswandern müssen. In den Hochlanden, welche das Gebiet des Amazonas im Süden
begrenzen, schwankt ihr Eintritt zwischen Oktober und November, und es stürzen in derselben oft in kurzer
Zeit gewaltige Wassermassen herab, welche die Flüsse steigen machen. Ende April tritt die trockne Zeit ein, in welcher meist
starker Thau den Regen ersetzt, doch sind auch hier im Juli und August die Bäume dürr. - Die südlichsten StaatenParana, Sta.
Catharina und Rio Grande do Sul gehören schon zur subtropischen Zone mit regenreichem Winter und trocknem
Sommer. Auf dem Hochlande fällt hier zuweilen Schnee
[* 34] von 400 m Höhe an, in Curitiba (25,4° südl.
Br.) bleibt er sogar kurze Zeit liegen (900 m). 1858 gingen infolge Schneefalls in Lages 300000 Stück Vieh zu
Grunde. - Malariafieber herrschen fast nur in den tiefen und sumpfigen Flußthälern der Ostküste zwischen Rio und Bahia;
die Cholera und das Gelbe Fieber waren lange Zeit gänzlich unbekannt in Brasilien; erstere wurde 1849 zum erstenmal von Europa
[* 35] aus
eingeschleppt und hat sich seitdem mehrfach wiederholt und namentlich unter der schwarzen Bevölkerung
[* 36] gewütet, während das Gelbe Fieber hauptsächlich Weiße, namentlich Eingewanderte, ergriffen hat. Rio und Santos sind gefürchtete
Gelbfieberplätze. Doch ist dasselbe bis jetzt niemals in das höhere Innere eingedrungen. Dysenterie und venerische Krankheiten
sind häufig, und unter den Indianern haben Scharlach und
¶
mehr
Masern sowie Blattern mehrfach große Verheerungen angerichtet.
Pflanzenreich. Fast mit Übermacht herrscht in vielen Gegenden die Pflanzenwelt vor; während ein Drittel blüht, grünt das
zweite, und ein drittes schüttet seine reifen Früchte aus. Die Üppigkeit und unverwüstliche Lebenskraft der Vegetation tritt
dem Ansiedler nicht selten schwer besiegbar und hindernd entgegen, allein ihre Fülle bietet zugleich
für alle Zwecke des Lebens die reichlichsten Hilfsmittel und unerschöpfliche, zum größten Teile noch ungenutzte Quellen
bürgerlichen Wohlstandes. Nach seiner Vegetation zerfällt in drei Hauptteile, das Gebiet des Urwaldes im Amazonasgebiet und
an der Ostküste, die an Campos (Grasfluren) reiche Innenregion und das jenseit des südl. Wendekreises
liegende gemäßigt-tropische Land.
1) Der Urwald des Amazonasthals erstreckt sich in großartiger Gleichförmigkeit durch das ganze Thal bis zum Fuße der Anden,
und folgt ebenso zu beiden Seiten den Thälern der Nebenflüsse weit hinauf, die «Hyläa» in ungefesselter
Tropenpracht, üppig und übermächtig, und nur vom Strome aus Kultureingriffen zugänglich. Die Vegetation
ist hier namentlich durch die Lage zum Flusse selbst bedingt; die tiefste Stufe, welche bei mäßig hohem Wasserstande schon
überschwemmt wird, bildet der Igapo, auf ihm gedeiht neben Palmen- und Bambusarten der Kautschukbaum (Siphonia elastica Pers.,
Seringueira von den Brasilianern genannt).
Die nächste Stufe bildet ein nur bei Hochwasser überschwemmtes Gebiet. Erst auf der dritten Stufe, der
Terra firma, tritt der eigentliche hochstämmige Urwald auf, dessen Hauptzierden die Castanheira, welche die «Paranüsse» für
Europa liefert (BertholletiaexcelsaHumb.) und zahlreiche Palmen
[* 38] sind, von denen die kleinern Astrocaryum- und Bactrisarten
mit zahlreichen Farnen und Schlinggewächsen ein dichtes und durch mächtige Stacheln unzugängliches Unterholz
bilden, welches durch mannshohe Gräser,
[* 39] Heliconien und auf den Stämmen der Riesenbäume wachsende Bromelien und Orchideen
[* 40] zu einem unentwirrbaren Chaos verflochten wird.
Der Rand dieses Urwaldes zeichnet sich besonders durch die Manicariapalme mit ihren ungeteilten, starkrippigen Blättern aus;
in ihm liegt Para. Obstliefernde Palmen sind hier Euterpe edulis und Guilielmaspeciosa Mart.
Der Urwald der Ostküste beginnt erst etwa bei der Mündung des Sao Francisco und reicht bis etwa zum südl. Wendekreise, abgeschwächt
noch weiter, wo er bei Rio den reizvollen Eindruck einer tropischen Milde auf die ankommenden europ. Wanderer hervorruft.
Er ist vom Inlande durch die Serra do Mar abgetrennt, und die größte Zahl der äquatorialen Arten von
Amazonas fehlt ihm oder wird durch verwandte ersetzt.
Seine Schönheit wird noch gehoben durch die Mannigfaltigkeit der Bodengestaltung; seine riesigsten Stämme sind die Wollbäume
(Eriodendronanfractuosum DC.), die Sapucaia (LecythisollariaL.) und der Spreubaum (Joannesia brasiliensis); Euterpe und Geonoma bilden hier die hervorragenden
Palmen. In den Gegenden, wo der Urwald zu Kulturzwecken ausgerodet worden ist, erhebt sich, sobald man den Boden wieder sich
selbst überläßt, in kurzer Zeit ein dichtes Gewirr von Sträuchern sowie hohen Gräsern, untermischt mit prachtvoll blühenden
Melastomaceen, welches mit dem Namen Capoeira bezeichnet wird
und erst allmählich dem Hochwalde wieder
Platz macht.
2) Im höhern Innern herrschen die Campos (Grasfluren) vor, nur noch in den Flußniederungen durch Streifen des feuchtgrünen
Urwaldes unterbrochen. Die Campos auf ihrem wellig-hochansteigenden Plateau sind nicht baumlos, wenn auch Gräser, oder näher
am Äquator gemischte blumenreiche Fluren die Hauptmasse des Landes decken, sondern höhere Sträucher und
einzelne Baumgruppen, ja ganze Wälder durchaus abweichenden Charakters von den vorhin genannten mischen sich ein. Diese Waldinseln
führen den Namen Catingas oder Capões, je nachdem sie aus wirklichen Bäumen oder nur Buschwerk bestehen. Hier in den Campos
ist es, wo mit Eintritt der trocknen Jahreszeit die ganze Pflanzenwelt verwelkt und verdorrt, namentlich
in den Sertãos des Nordostens.
3) In den südlichsten Staaten tritt an Stelle der Catingas die Pinheiro (Araucariabrasiliensis Rich.),
untermischt mit Ilex paraguaiensisSt. Hil. (Gongonha-YerbaMaté). Die südlichsten Palmen, Cocos australis u. a., kommen hier
allein noch vor, bilden aber noch ganze Haine, liefern auch ähnlich den Datteln eßbare Früchte.
Unerschöpflich ist der Reichtum B.s an nutzbaren Pflanzen, vor allem an Farbehölzern, nach deren einem (Brasilholz, Caesalpina)
das Reich benannt ist, Nutzhölzern, Rohstoffen (Kautschuk von Para), Gespinstfasern
[* 41] und Kulturprodukten, die naturgemäß
nach den drei genannten Hauptregionen verschieden sind. An erster Stelle verdient der Kaffee genannt zu
werden, von den einheimischen tropischen Nahrungspflanzen
[* 42] die Tapioca (Maniok- oder Kassawestrauch, JatrophaManihotL.).
Tierreich. Die Fauna ist außerordentlich reich und sehr verschieden in den einzelnen Teilen. Man kann hauptsächlich zwei
verschiedene Gebiete annehmen: das der tropischen Wälder um den Amazonenstrom und sein Flußgebiet und
das des Innern der südl. Hochflächen. Die erstere Gegend ist der an Land- und Süßwassertieren reichste Teil der Erde, was
wohl durch nichts so gut bewiesen wird wie durch die Thatsache, daß ein einziger Mann, der Naturforscher Bates, hier innerhalb 11 Jahren
folgende Artenzahlen von Tieren zusammenbrachte: 52 Säugetiere, 360 Vögel,
[* 43] 140 Reptilien und 14000 Insekten,
[* 44] abgesehen von Fischen und Mollusken.
[* 45]
Der Amazonenstrom selbst beherbergt doppelt soviel Fischarten als das Mittelmeer, nämlich 2000. Die meisten Landtiere sind
ausgesprochen Baumtiere: Affen
[* 46] (mehr als 60 Arten) vom breitnasigen oder neuweltlichen Typus (s. Affen), Ameisenfresser, Faultiere,
Wickelbär, Baumstachelschwein, Opossums u. s. w. Häufig sind auch
Bewohner sumpfiger Striche: Tapire, Pekaris, Schrotmäuse (Echinomyidae), das Capybara, Agutis, Pakas u. s. w. Im Amazonenstrome
selbst hausen Manatis und Delphine.
Daneben fehlt es nicht an Säugetieren des Waldbodens: von den zahllosen Termiten
[* 47] und Ameisen, welche zum Teil als Pflanzenfresser
den Pflanzungen sehr schädlich werden, ernährt sich der große Ameisenfresser und die Gürteltiere;
verschiedene
Katzenarten, wie Puma, Jaguar u. a. schweifen überall umher, mehrere Hundearten sind vorhanden, unter andern
der Waldhund (Icticyon venaticus Lund).
ist nur im Süden von Bedeutung, hier werden viele Rinder
[* 51] in den Campos gehalten.
Bevölkerung. Die Einwohnerzahl genau zu bestimmen ist nicht möglich. Freilich gab es schon früher amtliche Zahlen, nach
denen Brasilien 1830 schon 5 735 502, 1856 bereits 7 677 800 E. haben sollte. Erst 1872 ist eine
unvollkommene Volkszählung vorgenommen worden, welche für die Gesamtbevölkerung eine Zahl von 9 930 478 E. ergab. Von diesen
waren männlichen Geschlechts: 5 123 869 (4 318 699 Freie und 805 170 Sklaven), weiblichen Geschlechts 4 806 609 (4 100 973 Freie
und 705 636 Sklaven).
Nach der Nationalität zerfiel die freie Bevölkerung in 8 176 191 Brasilianer und 243 481 Fremde (121 246 Portugiesen, 45 829 Deutsche,
[* 52] 44 580 Afrikaner, 6108 Franzosen
u. s. w.). Für 1888 wird die Bevölkerung auf 14 600000 berechnet, d. h. 1,7 auf 1 qkm, wahrscheinlich zu hoch.
Die Sklaverei ist seit gänzlich aufgehoben worden. Wie in allen tropischen LändernSüdamerikas,
besteht die Bevölkerung aus Ureinwohnern (Indianern), die entweder wild oder häuslich eingerichtet leben, aus Negern, aus
eingeborenen oder eingewanderten Weißen und den vielfach abgestuften Kasten, welche durch Vermischung dieser Urrassen mit
ihren nächsten Nachkommen entstanden. Der größte Teil der Einwohner lebt in den Städten längs der
Küste; die ungeheuern Staaten Mato Grosso, Goyaz, Para und Amazonas sind zum Teil menschenleere Einöden. Auf die einzelnen
Staaten verteilt sich die Bevölkerung folgendermaßen:
Die Hauptstadt Rio de Janeiro hat (1892) 422 756 E. - Über das Verhältnis der verschiedenen Rassen herrscht
noch eine sehr große Unsicherheit; doch gehörten von den (1872) 9 930 478 Gezählten 3 787 289 der
kaukas., 1 954 452 der afrik. und 386 955 der amerik. Rasse an, während 3 801 782 Mischlinge sind. Die hellern Abstufungen
der Mischrassen werden gewöhnlich als Weiße (Branco) bezeichnet; sie sind zum überwiegenden TeileAbkömmlinge
portug. Einwanderer, zu denen die Azoren und Madeira ein bedeutendes Kontingent
stellten.
Nähern sie sich nun in vielen Hinsichten ihrem Stammvolke, so haben sich doch, durch den Einfluß des veränderten Lebens,
eigenartige Charakterzüge ausgebildet. In dem Volkscharakter der einzelnen Staaten giebt sich übrigens
viele Verschiedenheit kund. Im äußersten Süden (Rio Grande do Sul) wohnt ein rauhes, Viehzucht treibendes Volk, welches erst 1845 nach
langem Kampfe zum Gehorsam zurückgeführt worden ist. Einen kräftigen, unabhängig gesinnten, aber thätigen Stamm stellen
die Bewohner von SaoPaulo dar.
Durch milden Ernst, strengere Sitten, Bildung und Liebe zum Wissen ragt der Bewohner von Minas Geraes über
alle andern Brasilier hervor. Gleichgültigkeit gegen geistige Fragen, aber großer Eifer in Verfolgung alles auf materielle
Verbesserungen Bezüglichen kennzeichnen den Eingeborenen des StaatesBahia, wo allerdings auch die Industrie seit einigen Jahrzehnten
einen großen Aufschwung genommen hat. Der Pernambucaner scheut die Verletzung der Form und des Gesetzes
wenig und ist stets zu Unruhen geneigt gewesen.
Jedenfalls hat er am meisten durch das Leben in der Mitte einer unverhältnismäßig großen Sklavenmenge gelitten. Sklaven
fanden sich hauptsächlich in Rio de Janeiro, Minas Geraes, Bahia, Pernambuco und SãoPaulo, in denen Zucker- und Baumwollbau
überwiegt; die Neger sind die kräftigste unter den Rassen B.s. In dieser Hinsicht zeichnen sich besonders die von der Küste
von Angola stammenden athletischen Minaneger aus, die auch in Sitte und Sprache ihre Nationalität am reinsten bewahrt haben.
Am meisten gehen die Angaben über die Zahl der Indianer auseinander. Als wahrscheinlichste Zahl giebt
man 600000 an. Die Gesamtheit der Indianer B.s pflegt man nach Martius als brasil.-guaran. Stamm zu bezeichnen, welcher in
acht Gruppen zerfällt. Die bedeutendste von ihnen ist die der Tupi, welche sich durch Bildsamkeit vorteilhaft auszeichnen.
IhreSprache (die Guaremi-Sprache) ist als lingoa geral durch ganz und Paraguay verbreitet und dient als
Verkehrssprache im ganzen Innern des Landes.
Andere Gruppen sind die Gé oder Kran,
[* 53] die Goyatacá, die Kren, zu denen wahrscheinlich auch die Botokuden gehören, die Paresi
im Hochlande von Mato Grosso, die Guaycuru, die Guck oder Coco und die Arawaken oder Arawak, letztere beiden
Gruppen hauptsächlich nördlich vom Amazonenstrom unterhalb des Rio Negro bis nach Guayana hineinreichend. Neuerdings hat
von der Steinen am obern Xingu im Steinzeitalter lebende Karibenstämme angetroffen. Örtlich sind diese Gruppen gar nicht
getrennt, sie zerfallen in eine große Anzahl von Stämmen, die bunt durcheinander wohnen und zum Teil ihre Wohnsitze
fortwährend ändern. (Vgl. Tafel: Amerikanische Völkertypen,
[* 50]
Fig. 7, 17, 18, 19.)
Nach der Konfession zählte man 1872: Katholiken: Freie 8 391 906, Sklaven 1 510 806, zusammen 9 902 712;
Kirchlich ist Brasilien eingeteilt in 1 Erzbistum: Bahia, dessen Inhaber Metropolit und Primas von Brasilien ist, und 11 Bistümer:
Belem (Para), San Luiz de Maranhão, Fortaleza (Ceara), Olinda, Rio de Janeiro, SãoPaulo, Porto-Alegre, Marianna, Diamantina,
Goyaz, Cuyaba. In Rio Grande do Sul ist ein bedeutender Anfang zur Organisation der evang. Kirche gemacht worden. Am 19. und wurden
unter Beistand des deutschen Konsuls Hellwig aus Porto-Alegre von den Vertretern von 12 deutschen evang.
Gemeinden in SanLeopoldo die
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