Auf industriellem Gebiete zog eine Zeit lang das von den Herren
Briggsu. Comp. in Whitwood
(Yorkshire) auf ihren
Kohlenbergwerken 1865 eingeführte
Anteilsystem die
Aufmerksamkeit der
Socialpolitiker auf sich. Den
Arbeitern wurde einerseits die
Teilnahme amGeschäft durch
Erwerbung von
Aktien möglich gemacht, außerdem aber erhielten sie einen Bonus, der allerdings für die
Aktionäre doppelt so groß war wie für die Nichtbeteiligten. Einige Jahre hindurch waren die Ergebnisse befriedigend, 1874 jedoch
kam es zu Streitigkeiten und die
Zahlung des B wurde eingestellt, die Erwerbung von
Aktien aber auch fernerhin ermutigt. In
Deutschland
[* 2] wurde der
an sich wenig empfehlenswerte
Ausdruck Bonus zuerst bei dem in der Messingfabrik von
W. Borchert
jun. in
Berlin
[* 3] 1868 eingeführten Gewinnbeteiligungssystem gebraucht, und zwar zur Bezeichnung des Extragewinns
der
Arbeit im Gegensatz zu dem
Zinse und der Dividende des
Kapitals.
Die
Arbeiter konnten ebenfalls Geschäftsanteile erwerben, aber der Bonus fiel ihnen auch zu, wenn sie keine
Einlagen gemacht hatten. Bei einem
Personal von etwa 70
Beamten und
Arbeitern wurden in den 4 Jahren von 1868 bis 1871 14517 Thlr.
an Bonus verteilt. 1873 wurde das Unternehmen in eine
Aktiengesellschaft umgewandelt und der Bonus durch eine «Produktionstantieme»
ersetzt. Zu hochgespannten Erwartungen hinsichtlich der Lösung der socialen Schwierigkeiten geben die
bisherigen Erfahrungen in betreff des Bonus ebensowenig Veranlassung wie die eigentlichen «Industrialpartnerships». Indes sind in manchen Einzelfällen unzweifelhaft erfreuliche Resultate erzielt worden. Eine genaue
Darstellung von 68 Gewinnbeteiligungen ohne Geschäftsanteil giebt
Böhmert im 2.
Bande seiner
Schrift «Die Gewinnbeteiligung»
(2 Bde., Lpz. 1878). –
ursprünglich eine ländliche Segensgottheit der
Römer,
[* 4] ein Gott des guten Aufgehens und Gedeihens der Feldfrüchte, später
ein Gott günstigen Geschicks überhaupt. Er wird dargestellt als
Jüngling mit der Opferschale in der
Rechten,
Ähren oder einem Füllhorn in der Linken.
(spr. bongwaloh),PierreGabriel, franz.
Reisender, geb. Juli 1853 zu Epagne (Depart.
Aube), besuchte das Lyceum
zu
Troyes, widmete sich geogr.
Studien, wobei er sich besonders mit
Centralasien beschäftigte. 1880 trat Bonvalot mit Dr. Capus aus
Luxemburg
[* 5] unter Leitung von Professor
Ujfalvy im
Auftrag der franz. Regierung eine
Reise nach Innerasien
an. Da die Expedition ihr Ziel, das Pamir,
[* 6] infolge des
Widerstandes der russ.
Behörden nicht erreichen konnte, kehrte Bonvalot zurück
und veröffentlichte die Ergebnisse dieser
Reise in: «EnAsiecentrale; de Moscou en Bactriane» (Par. 1884) und «EnAsiecentrale; du Kohistanà lacaspienne» (ebd. 1885). Im Febr. 1886 unternahm Bonvalot mit Capus und dem
Maler Pepin, wieder im
Auftrag der franz. Regierung, eine neue
Reise nach
Centralasien, auf der er über
Tiflis,
Teheran, Meschhed, Merw, Samarkand,
den
Alai und Transalai überschreitend, quer durch das Pamir und über
Tschitral nach
Indien zog und so
als erster Europäer von
Turkestan nach
Indien gelangte. Sept. 1887 kehrte Bonvalot über Karatschi nach Europa
[* 7] zurück, wo er
das
Buch«Du Caucase aux Indes à travers le Pamir» (Par.
1888) veröffentlichte.
Juli 1889 übernahm Bonvalot die
Begleitung des Prinzen
Heinrich vonOrléans
[* 8] zu einer Expedition über
Centralasien
nach
Tongking.
[* 9] In
Taschkent wurde die Karawane organisiert, dann der
Thian-schan überstiegen. Am verließen sie
Kurla und zogen in gerader Linie auf Lhassa zu, über Lob-nor, den
Altyn-tag und das Hochland von
Tibet. Im Februar erreichten
sie den Tengri-nor, wo sie von den Tibetanern aufgehalten wurden. Trotz siebenwöchentlicher Unterhandlungen
erlangten sie die Erlaubnis zum Betreten von Lhassa nicht und mußten die
Reise nach
Osten fortsetzen.
Über Jünnan gelangten
die Reisenden am in
Hanoi, der Hauptstadt von
Tongking, an. Am 23. Nov. kam Bonvalot mit dem Prinzen nach
Paris,
[* 10] wo
er mit den größten Ehren empfangen wurde. Als B.s
Bericht dieser
Reise erschien
«DeParisau Tongkin à travers leTibetinconnu»
(Par. 1892).
in der Bühnensprache ein Rollenfach, das besonders im
Lustspiel zur
Geltung kommt:
Männer, die auf Genuß des
Daseins ausgehen, oft mit einem
Anflug von
Don Juan;
sie haben
meist Gewandtheit, feinen Weltton, Frische, Witz und
Humor.
voyage (frz., spr. bong wǒajahsch), glückliche
Reise! ^[= # Mehrheitsbezeichnung für die portug. und brasil. Geldrechnungseinheit. Die Einzahl heißt Real ...]
Staatsbahnen,
[* 11] hat (1890) 6295 meist deutsche E. (1742 Magyaren), darunter 2680 Katholiken, 2066
Protestanten und 1274 Israeliten,
Post,
Telegraph,
[* 12] ein evang. Untergymnasium, große Produktenmärkte und Tabaksbau.
Auf der hierher gehörigen Pußta Széplak
die Ruine einer
Kirche.
der von den Europäern gewöhnlich gebrauchte Kollektivname für die buddhistische Geistlichkeit in
Japan,
[* 13] China,
Korea und den hinterind.
Ländern. Derselbe rührt von den Portugiesen her, welche zuerst das Wort
bon-so, die japan.
Transskription des chines. fan-seng, buddhistischer Priester, in Bonzen korrumpierten.
(Bubi-Insel), kleine unbewohnte
Insel im äußersten Westeingange der
Torresstraße (zwischen
Australien
[* 14] und
Neuguinea), unter 10° 35’ südl.
Br. und 141° 50’ östl. L. von Greenwich, ist in der gesamten Seemannswelt
bekannt als eigenartige Postanstalt, indem seit 1845 die meisten Schiffe
[* 15] hier anlaufen, um in einer gekennzeichneten
Höhle
am Ufer Briefschaften niederzulegen, abzuholen, auch Proviant für etwa hierher verschlagene Seeleute zu erneuern.
(engl., spr. búckmehker), Buchmacher, s.
Buchmacherei. ^[= (Book-making), eine bei Wettrennen (s. d.) gebräuchliche Art zu wetten, besteht darin, daß ...]
(spr. buhmer), eine in England undAmerika
[* 18] viel benutzte, neuerdings auch in
Deutschland
eingeführte
Presse
[* 19] zum
Glätten bedruckten Papiers in Buchdruckereien, zum
Pressen¶
mehr
von Tuch u. s. w. Ihr von den gewöhnlichen Glättpressen abweichender Mechanismus besteht in der Hauptsache aus einem sehr
praktisch konstruierten Kniehebel,
[* 21] der eine ganz bedeutende Kraft
[* 22] auszuüben vermag, aber auch ein genaues Bemessen der zu
glättenden Stöße verlangt.
Die Boomer-Presse kann mit der Hand
[* 23] oder durch Elementarkraft betrieben werden.
(spr. buhnwill), Hauptort des County Cooper im nordamerik.
Staate Missouri, am südl. Ufer des Missouri,
in fruchtbarer Gegend, hat 4141 E. (zur Hälfte Deutsche),
[* 24] lebhaften Handel und in der Nähe Kohlen- und
Bleilager.
Martin, kath. Theolog, geb. zu Huttenried
in Bayern,
[* 25] studierte in Dillingen unter Sailer, von dessen Mystik und mildem Standpunkt aus er um 1790 den Weg zur evang. Auffassung
des Christentums fand. Durch seine Predigten rief er eine religiöse Bewegung in der Augsburger und Linzer
Diöcese hervor, die nur mit Mühe unterdrückt wurde. Da er äußerlich der kath. Kirche treu blieb, traf ihn eine endlose
Reihe von Maßregelungen, Untersuchungen und Versetzungen. 1799 verließ er Bayern und fand bei dem BischofGall von Linz,
[* 26] einem Gesinnungsgenossen Sailers, Zuflucht; 1806 erhielt er die Pfarrei Gallneukirchen bei Linz. 1816 mußte er infolge erneuter
AnklagenÖsterreich
[* 27] verlassen, wurde 1817 von der preuß. Regierung als Professor und Religionslehrer
nach Düsseldorf
[* 28] berufen und 1819 als Pfarrer nach Sayn bei Neuwied versetzt, wo er starb. -
Vgl.
M. B., der Prediger der Gerechtigkeit,
die vor Gott gilt.
heißt jedes kleine, meist offene Fahrzeug, welches durch Ruder, Segel oder Dampf
[* 31] fortbewegt wird. Ein jedes Schiff
[* 32] führt Schiffsboote mit sich, deren Größe und Zahl sich nach der Größe und dem Zwecke des Schiffs richten.
Kriegsschiffe, Passagierdampfer und Walfischfänger haben 6-12 Boot, gewöhnliche Kauffahrteischiffe dagegen 2-4.
Die größten derselben stehen in See auf dem Oberdeck oder der Barring (s. d.) in Klampen, die übrigen hängen in Davits
zu beiden Seiten des Schiffs.
Die einzelnen Boot führen verschiedene Namen. Bei Kriegsschiffen heißen sie ihrer Größe nach Barkasse,
Pinasse, Kutter, Gig und Jolle (s. diese Artikel); bei Kauffahrteischiffen das Große Boot, Gig und Jolle. Der Name Boot ist in neuerer
Zeit jedoch auf größere Fahrzeuge mit einem Deck (s. d.) übergegangen, und man spricht daher von einem Dampfboot
(s. Dampfschiff),
[* 33] Kanonenboot (s. d.), Torpedoboot (s. d.). Rettungsboot ist ein besonders konstruiertes Boot von Holz
[* 34] oder Eisen
[* 35] zur Rettung von Schiffbrüchigen (s. Rettungswesen zur See).
Die Schiffsboote sind entweder kraweel oder klinker (s. d.) gebaut. Der oberste
Rand, Dollbord genannt, trägt die Dollen oder Runzeln für die Riemen (s. d.). Die Bootsrudermannschaften sitzen
auf Duchten (s. d.). Die größern Boot sind gewöhnlich mit Masten, Bootsanker und Ankerleine, Wasserfässern, Proviantkasten,
kleiner Kombüse (s. d.), Bootskompaß und Flagge ausgerüstet. Die
in Kriegsschiffbooten üblichen Ehrenbezeigungen bestehen
in «auf Riemen halten», wenn ein anderes Boot mit Offizieren als Insassen passiert; hierbei werden alle Riemen gleichmäßig horizontal
gehalten; ferner in «Riemen hoch werfen», wobei die Riemen in senkrechter Stellung gehalten werden, beim
Passieren von Flaggoffizieren (s. Admiral) und dem Schiffskommandanten sowie von Fürstlichkeiten. Die Kommandozeichen werden
auch im B. im Bug desselben gesetzt bei Anwesenheit des betreffenden Kommandierenden, ebenso die Standarte des Fürsten, welcher
sich im B. befindet. (S. auch Elektrisches Boot
[* 36] und Naphthaboot.)
(grch., d. i. Ochsentreiber), ein Sternbild am nördl. Himmel,
[* 37] enthält
einen Stern 1. Größe, den Arcturus (s. d.). - Nach der griech. Sage ist Bootes der unter die Sterne versetzte attische Ikarios (s. d.)
oder Philomelos, Sohn der Demeter
[* 38] und des Jasion, der den Pflug
[* 39] erfand und von seiner Mutter neben das
Stiergespann (den GroßenBären) an den Himmel versetzt wurde. In anderer Darstellung ist ein Name des Arkas (s. d.).
(spr. buhth), Edwin, amerik. Schauspieler, geb. zu
BelAir bei Baltimore,
[* 40] schwang sich bald zum gefeierten Tragöden empor, bereiste Australien, Kalifornien
und die Sandwichinseln, spielte seit 1857 wieder in Amerika und gastierte 1861 u. ö. in London,
[* 41] 1882 und im Winter 1890/91
auch in Deutschland mit verdientem Beifall. 1869 begründete er in Neuyork
[* 42] ein nach ihm benanntes Theater,
[* 43] das bis 1882 bestand.
Er starb in Neuyork. -
Vgl. Winter, Life and art of Edwin Booth (Lond. 1894).
Sein Bruder, John Wilkes Booth, geb. 1839 zu BelAir, auch Schauspieler, ermordete in geistiger Umnachtung den Präsidenten
Abraham Lincoln (s. d.), flüchtete bis Garretts Farm bei Bowling Green (Virginien),
wurde dort entdeckt und 26. April von seinen Verfolgern erschossen.
(spr. buhth), James, Begründer der Flottbecker Baumschule bei Hamburg,
[* 44] siedelte von Schottland 1795 auf Veranlassung
des Barons von Voght nach Hamburg über, um jenes Institut zu gründen. Nach dem Tode von James Booth setzte dessen Sohn, John Booth, geb.
das Geschäft unter der Firma James und Söhne fort und erweiterte es durch Erbauung von Treibereien und Glashäusern, sowie
durch die Zucht der seltensten Gewächse, Blumen, Frucht- und Zierbäume u. s. w., verfaßte auch einige Schriften, wie die
«Abhandlung über Kiefern- und Tannenarten» und die «Notizen über exotische Forstbäume» (1843); er starb Das
Etablissement wurde unter derselben Firma von seinen Söhnen Lorenz (der 1868 zurücktrat) und John Booth fortgeführt.
Ein besonderes Verdienst hat sich letzterer durch die Einführung und Verbreitung der Douglasfichte in Deutschland erworben.
Seine Monographie «Die Douglas-Fichte und einige andere Nadelhölzer»
[* 45] erschien 1877. Anfang der achtziger
Jahre zog sich John Booth gänzlich vom Geschäfte zurück und widmete sich lediglich der Acclimatisierung von ausländischen
Gehölzen. Zu diesem Zwecke hat er ein 10 ha. großes Grundstück im Grunewald bei Berlin erworben, auf welchem er Anbauversuche
mit den verschiedenen amerik. und japan. Nadelhölzern anstellt, die bisher vom besten Erfolge gekrönt
wurden.
¶
(spr. buhth), William, engl. Geistlicher, Stifter der Heilsarmee (s. d.), geb. in
Nottingham,
[* 47] studierte Theologie und wurde schon im jugendlichen Alter Prediger einer Methodistensekte, gab aber dies Amt 1861 auf,
um sich ganz der Heilsarmee zu widmen, in der er als «General» die unbeschränkte Obergewalt hat. Er giebt
seit 1880 das Wochenblatt «The War Cry» heraus. Von seinen Schriften ist hervorzuheben: «In darkest England and the way out»
(Lond. 1890),
worin ein ausführlicher Plan zur Rettung der Verkommenen entwickelt wird. Booth will zunächst Stadtkolonien in
den größern Städten zur Aufnahme und Beschäftigung der Arbeitslosen und zur «Bergung abgängiger Haushaltungsgegenstände»
gründen; dann in enger Verbindung damit Landkolonien zur Verwendung der in den Stadtkolonien gesammelten Gegenstände und
weitern Erziehung der Teilnehmer; endlich überseeische Kolonien, die nur mit solchen Leuten zu besetzen wären, die durch
die Stadt- und Landkolonien hinreichende Vorbildung erlangt hätten. Die Kosten aller dieser Einrichtungen schätzt Booth auf 20 Mill.
M.
Felix (spr. buhthĭa fihlix), die am weitesten nach Norden
[* 48] (72° nördl.
Br.) reichende Halbinsel des nordamerik. Kontinents, hängt mit diesem durch den niedrigen Boothia-Isthmus zusammen,
wird im O. durch den Boothia-Golf von Cockburnland, im N. durch die Bellotstraße von der Insel Nordsomerset, im NW. durch
die Franklinstraße von der Insel Prince-Wales-Land und im SW. durch die Roßstraße von King-Williams-Land getrennt. John Roß
entdeckte die Halbinsel 1831 und benannte sie nach Sir Felix Booth, der die Kosten dieser Entdeckungsreise bestritt. An der
Westküste dieses Landes, bei KapAdelaide,
[* 49] in 70° 5’ 17’’ nördl. Br. und in 96° 46’ 45’’
westl. L. von Greenwich, fanden John Roß und sein Neffe James Roß den magnetischen Nordpol.
(grch. Boiotia, neugrch. Viotia gesprochen), die umfangreichste von den Landschaften Mittelgriechenlands,
nimmt die ganze Breite
[* 50] des Landes zwischen dem Golf von Korinth
[* 51] im S. und dem Sund von Euböa (s. d. und Euripos)
im NO. ein, grenzt im W. an Phokis, im N. an das Land der alten Opuntischen Lokrer, im S. an Megaris und Attika. Der Hauptteil
der Landschaft ist eine centrale, rings von Gebirgen umschlossene Tiefebene, in die von NW. her durch eine Öffnung der Phokischen
Gebirge der nicht unbedeutende Kephisos, außerdem zahlreiche kleine Bäche von den Bergen
[* 52] herab einströmen,
während die Gewässer keinen oberirdischen Ausfluß
[* 53] aus dem Becken finden, sondern nur durch unterirdische Schlünde (s. Katabothren)
entweichen können. Da dieser Abzug ein sehr unvollkommener ist und außerdem die Katabothren sich häufig verstopfen, so
stauen sich die Gewässer zu einem Sumpfsee (Kopaïs, s. d.) von sehr
wechselndem Wasserstande auf, der im Winter weite Strecken bedeckt, die im Sommer trocken liegen und angebaut werden.
Der See übt einen üblen Einfluß auf das Klima des ganzen Landes aus, indem er häufig Fieber erzeugt und die Luft dumpf und
schwer macht, ein Umstand, aus dem man im Altertum den Mangel an feinem Sinn und den Hang zur Schwelgerei
herleitete, welche den Böotern besonders ihre Nachbarn, die Athener, zum Vorwurf machten. Das Tiefland wird im SW. vom Korinthischen
Golf abgeschlossen durch das Helikongebirge, im NO. von dem Euböischen Sund durch ein langgestrecktes Bergland
ohne einheitliche
Benennung, die Fortsetzung des Knemis (Teumessos, Hypaton, Messapion, Ptoon u. s. w.). Den
südl. Abschluß bildet eine niedrige Hügelkette, auf der die natürliche Hauptstadt des Landes, Theben, liegt; diese Hügel
trennen das Kopaïsbecken von dem südlichsten Teile B.s, der wellenförmigen Ebene des Flusses Asopos, welche im S. an das
attische Grenzgebirge (Kithäron und Parnes) stößt. An dem westl. Rande dieser Ebenen lag die Stadt
Platää.
Die ältesten Bewohner der Landschaft gehörten dem pelasgischen und dem lelegischen Volksstamm an. Später (nach der gewöhnlichen
Chronologie 60 Jahre nach der Zerstörung von Troja)
[* 54] wanderten aus Thessalien die äol. Böoter ein, die sich allmählich die
ganze Landschaft unterwarfen und ihr ihren Namen gaben: nur das Reich der gleichfalls aus Thessalien stammenden
Minyer, dessen Mittelpunkt Orchomenos war, erhielt sich noch eine längere Zeit selbständig. Platää besaß wahrscheinlich
ion. Bevölkerung.
[* 55]
In der histor. Zeit waren die selbständigen Städte der Landschaft (ursprünglich wahrscheinlich 13, später 7) zu einem
Bunde vereinigt, dessen VorortTheben, dessen Bundesheiligtum der Tempel
[* 56] der Athene
[* 57] bei Koronea (an der Südwestküste
der Kopaïs) war. An der Spitze der vollstreckenden Gewalt standen die immer auf ein Jahr erwählten, aber nach Ablauf
[* 58] desselben
wieder wählbaren Böotarchen, von denen Theben zwei, die übrigen Bundesglieder je einen ernannten; die höchste
beschließende Gewalt lag in den Händen von vier Ratskollegien.
In denPerserkriegen standen die Böotier auf seiten der Feinde Griechenlands; im PeloponnesischenKriege schlössen sie sich
den Spartanern an. Den größten Aufschwung erhielt Böotien unter Epaminondas (s. d.)
und Pelopidas (s. d.) 371–362. Auch unter der macedon.
Herrschaft bestand der Bund wenigstens der Form nach fort, wurde zwar von den Römern nach der Zerstörung Korinths (146 v. Chr.)
aufgehoben, aber bald wieder erneuert, und erhielt sich noch, wenn auch ohne polit.
Bedeutung, bis in die spätere röm. Kaiserzeit. Von Dichtern, die Böotien hervorgebracht hat,
sind besonders Hesiod, Pindar und Korinna, von Geschichtschreibern Plutarch zu nennen. Von Künsten wurde
die Flötenmusik, die Malerei und die Gymnastik eifrig gepflegt. Im Mittelalter und unter türk.
Herrschaft war, anstatt des sehr herabgekommenen Theben, Livadia (altgrch. Lebádeia, mit einem berühmten Orakel des Trophonios,
westlich von der Kopaïs) der Hauptort von Böotien, das gewöhnlich auch mit dem Namen dieser Stadt bezeichnet
ward.
Im jetzigen Königreich Hellas bildet Böotien einen Teil des Nomos Attikoviotias (Attika und Böotien, s. Attika) und ist in zwei
Eparchien (Bezirke) geteilt: eine östlichere mit Theben (Thivä) und eine westlichere mit Livadia als Hauptort;
erstere zählte
(1879) 23358, letztere 20668 E. Die Bevölkerung, im östlichern Teile der Landschaft größtenteils albanes.
Abstammung, beschäftigt sich hauptsächlich mit Getreide- und Weinbau, im SW. (dem Gebiete des Helikon) mit Viehzucht.
[* 59] In den
Hügeln bei Theben findet sich Meerschaum, der von den Türken eifrig ausgebeutet worden ist. –
ein erfahrener Seemann, der hauptsächlich die Aufsicht über sämtliches Tauwerk auf dem Schiff führt,
dessen Instandhaltung zu besorgen und alle dahin einschlagenden Arbeiten anzuordnen und zu überwachen
hat.
Auf Kriegsschiffen hat er den Rang eines Deckoffiziers (s. d.), der Oberbootsmann den eines Oberdeckoffiziers;
auf Handelsschiffen
rangiert er zwischen Steuerleuten und Matrosen.
Stadt im Oberamt Neresheim des württemb. Jagstkreises, in 467 m Höhe, 16 km nördlich
von Neresheim, an der zur Wörnitz gehenden Eger,
[* 63] im fruchtbaren Ries und am Fuße des Ipfberges, 650 m am steilen Abfalle des
Härtfeldes, an der Linie Cannstatt-Grenze-Nördlingen der Württemb. Staatsbahnen, hat (1890) 1587 E., darunter 284 Katholiken,
Post, Telegraph, Zollamt, Grenzsteueramt, alte zum Teil abgebrochene Stadtmauern, eine roman. Kirche zum
heil. Blasius, im 13. Jahrh. erbaut, 1885 erneuert, mit Turm
[* 64] (1612), interessantem Flügelaltar (von F. Herlen, 1472) und Sakramentshäuschen
(von H. Böblinger, 1510), eine Friedhof- (1617) und eine kath. Kirche (1885), Rathaus (1585), Realschule, evang. und kath.
Volkschule; Rotgerbereien, Fabrikation von Lackleder und Leinen; Bierbrauerei
[* 65] und eine Messe (Ipfmesse, seit
1828). Im SO. der kegelförmige Schloßberg mit Ruinen einer im Dreißigjährigen Kriege zerstörten staufischen Burg. - Bopfingen, zuerst
als burgus Bopfingen 1188 genannt, war schon 1274 Reichsstadt, kam 1802 an Bayern. -
Vgl. Richter, Zwei Schilderungen aus der Geschichte
der ehemaligen Reichsstadt Bopfingen. (Nördl. 1862);
Schwab, Kurzer Abriß der Geschichte der ehemaligen Freien
Reichsstadt Bopfingen (Bopfing. 1872).
Franz, der Begründer der vergleichenden Sprachwissenschaft, geb. zu Mainz,
[* 66] besuchte das Gymnasium
zu Aschaffenburg,
[* 67] widmete sich in Paris und London dem Studium des Sanskrit und wurde in Berlin 1821 außerord., 1824 ord. Professor
der orient. Litteratur und allgemeinen Sprachkunde. Nach einem Schlaganfall trat er 1864 in den Ruhestand
und starb in Berlin. Schon B.s erste Schrift («über das Konjugationssystem der Sanskritsprache in Vergleichung
mit jenem der griech., lat., pers.
und german. Sprache»,
[* 68] Frankf. a. M. 1816) war epochemachend.
Die Verwandtschaft der auf dem Titel genannten Sprachen war bereits vor ihm bekannt, aber erhob die Sprachvergleichung
zum Range einer Wissenschaft, indem er zur Grundlage der Vergleichung nicht den möglicherweise auch zufälligen Gleichklang
der Worte wählte, sondern den gesamten Bau derSprache, wie er sich namentlich in Flexion und Wortbildung zeigt, indem er
ferner die Entstehung der grammatischen Formen erklärte und endgültig feststellte, daß Verwandtschaft
von Sprachen nichts anderes bedeute als Ursprung dieser Sprachen aus einer gemeinsamen einheitlichen Ursprache.
B.s Hauptwerk ist die «VergleichendeGrammatik des Sanskrit, Send, Armenischen, Griechischen, Lateinischen, Litauischen, Altslawischen,
Gotischen und Deutschen» (6 Abteil., Berl. 1833-52; 3. Aufl., 3 Bde.,
1868-71, nach B.s Tode vollendet). Mit diesem Werke erhob Bopp die vergleichende Grammatik
der indogerman.
Sprachen bereits auf eine hohe Stufe der Vollendung. Die Wirkung blieb nicht auf diese Sprachgruppe beschränkt, sondern B.s
Methode mußte als einzig wissenschaftliche auf alle andern Sprachen Anwendung finden; so ward er der Begründer der gesamten
modernen Sprachwissenschaft.
Von B.s Schriften sind ferner hervorzuheben: Ausgaben einzelner Episoden aus dem großen ind. Epos «Mahâbhârata»
(«Nalus», Lond. 1819, mit lat.
Übersetzung; 3. Aufl., Berl. 1868; deutsch, ebd. 1838; «Ardschunas
Reise zu Indras Himmel», ebd. 1824; 2. Aufl. 1868; «Diluvium»,
[* 69] ebd. 1829),
«Ausführliches Lehrgebäude der Sanskrita-Sprache» (ebd. 1827),
«Grammatica critica linguae Sanscritae» (2
Bde., ebd. 1832),
«Vergleichendes Accentuationssystem» (ebd. 1854).
Bei der von seinen Schülern und Fachgenossen veranstalteten 50jährigen Jubelfeier der Begründung der
vergleichenden Sprachwissenschaft (Mai 1866) wurde die Bopp-Stiftung in Berlin zur Förderung der sprachvergleichenden Studien
gegründet. -
Vgl. Kühn, Franz (in «Unsere Zeit», Neue Folge, Jahrg. 4, Bd. 1,
Lpz. 1868);
Lefmann, Franz Bopp, sein Leben und seine Wissenschaft (1. Hälfte, Berl.
1891).
Stadt im Kreis
[* 70] St. Goar des preuß. Reg.-Bez. Koblenz,
[* 71] am linken Rheinufer, 13 km
unterhalb St. Goar an der Linie Köln-Bingerbrück der Preuß. Staatsbahnen, hat (1890) 5610 (2494 männl., 3116 weibl.) E.,
darunter 847 Evangelische und 104 Israeliten, Post erster Klasse, Telegraph, Amtsgericht (Landgericht Koblenz), Zoll-, Steueramt,
Personendampferstation. Die spätromanische kath. Pfarrkirche ist im 12. Jahrh. erbaut, im 13. erneut, mit 2 viereckigen Türmen
und sog. normann.
Wölbung des Mittelschiffs; die got. Karmeliterkirche der Altkatholiken, 1318 erbaut, hat ein
Marmorgrabmal der Frau Margareta von Eltz (gest. 1509), die heil.
Dreifaltigkeit darstellend, geschnitzte Chorstühle aus dem 15. Jahrh.; die 1851 im
altchristl. Basilikenstil erbaute evang. Kirche mit Turm ist 1887 erweitert; seit 1867 besteht eine Synagoge. Das St. Martinskloster
außerhalb der Stadt ist seit 1857 Besserungsanstalt für verwahrloste Kinder evang. Konfession, und das vormalige Franziskanerkloster
nebst Kirche 1856 zu einem kath. Lehrerseminar ausgebaut.
Die großen Gebäude des ehemaligen Benediktiner-Frauenstifts Marienberg (30 m über dem Rhein) sind seit 1839 in
eine Wasserheilanstalt verwandelt. hat ferner ein städtisches kath. Progymnasium, 1 königliches
kath. Schullehrerseminar (192 Schüler), eine städtische simultane höhere Mädchenschule, kath. und evang.
Volksschule; ein reiches Spital, Kreditverein, Gasanstalt, Schiffahrt, Obst- und Weinbau. Unter den Römern stand hier
Baudobrica oder Bontobrica, und aufgefundene Steine deuten auf die Station der 13. röm. Legion. Die Verteidigungsmauer des Ortes,
welche in einem länglichen Viereck
[* 72] (305 m und 153 m) die innere Stadt umschloß, war eine röm.
Gußmauer aus der Zeit Valentinians I. (um 370); es sind nur noch wenige Reste davon übrig; die äußere
Ringmauer stammt aus dem Mittelalter. Im obern Teile der Stadt erkennt man
¶
mehr
noch die Reste des «Tempelhofs» an dem mit Rundbogenfenstern verzierten Gemäuer. Tempelritter von Boppard werden bei der
Belagerung von Ptolemais (1191) unter den Kreuzfahrern genannt. - Boppard war im Mittelalter durch Handel und Schiffahrt blühend
und im Zeitalter der Hohenstaufen eine Reichsstadt, in der 1234 ein Reichstag gehalten wurde und König
Adolf von Nassau die Rechte desDeutschenOrdens erneuerte. Um 1312 verpfändete KaiserHeinrich VII. die Stadt seinem Bruder Kurfürst
Balduin von Trier
[* 74] und sie blieb unter der Herrschaft der Erzbischöfe von Trier, obschon sie wiederholt versuchte, ihre frühere
Selbständigkeit wiederzuerlangen. Noch 1497 empörte sie sich und wurde vom Erzbischof im Verein mit
dem Pfalzgrafen am Rhein u. a. bezwungen.
(Garneelenasseln), eine Familie parasitisch lebender Asseln (s. d.). ^[= (Isopoda), eine mit den Flohkrebsen (s. d.) die Gruppe der Ringelkrebse (Arthrostraca) bildende ...]
(chem. Zeichen oder Symbol B; Atomgewicht = 11), ein nichtmetallisches Element, das in mancher Beziehung dem Kohlenstoff
und Silicium nahe steht, andererseits aber, entsprechend seiner Stellung im periodischen System, Analogien
mit dem Aluminium aufweist. Es wurde zuerst 1808 von Gay-Lussac und Thénnard durch Reduktion der Borsäure mit Kalium dargestellt,
aber erst 1857 von Wöhler und Samte-Claire Deville genauer studiert. In der Natur kommt es nie im freien Zustande vor, sondern
nur in Verbindung mit Sauerstoff als Borsäure (s. d.) und in Form einiger borsaurer Salze. Bor teilt mit
dem Kohlenstoff die Eigentümlichkeit, in zwei ganz verschiedenen Formen aufzutreten.
Dem schwarzen amorphen Kohlenstoff entspricht ein amorphes, pulverförmiges braunes Bor; man kann das auch in Krystallform
überführen und hat damit einen Körper, der in Bezug auf Glanz und Härte dem Demant gleichkommt (Bordiamant).
Das amorphe Bor erhält man durch Reduktion von Borsäureanhydrid vermittelst Natrium unter einer den Luftzutritt hindernden
Decke
[* 75] von Kochsalz bei Glühhitze. Es entsteht borsaures Natron und Bor, welches durch Waschen mit Wasser gereinigt wird.
BeimTrocknen ist stärkere Erwärmung zu vermeiden, da das amorphe Bor weit entzündlicher ist
als Kohlenpulver. Um das krystallisierte Bor zu erhalten, füllt man einen kleinen Tiegel mit amorphem Bor dicht an, bohrt in
die Mitte eine Öffnung, gerade groß genug, um eine StangeAluminium aufnehmen zu können, setzt den dicht verschlossenen
Tiegel in einen Kohlentiegel und erhält das ganze 2 Stunden lang bei Nickelschmelzhitze. Nach dem Erkalten
kocht man den Inhalt des Bortiegels mit Natronlauge und dann mit Salzsäure, um Aluminium und Thonerde zu entfernen. Es hinterbleiben
große schwarze Krystalle von aluminiumhaltigem und glänzende durchsichtige quadratische Krystalle von kohlenstoffhaltigem
Bor. Erstere können durch Behandlung mit kochender Salpetersäure entfernt werden. In seinem chem.
Verhalten ist das amorphe Bor dem schwarzen Kohlenstoff äußerst ähnlich, es wirkt z. B. als starkes Reduktionsmittel auf
fast alle sauerstoffhaltigen Verbindungen.
Das krystallisierte Bor ist dagegen ungemein widerstandsfähig gegen alle chem. Agentien
und teilt darin die Eigenschaft des Diamants, es kann mit Alkalien und Säuren von jeder Konzentration behandelt
werden, und läßt sich mit Salpeter zusammenschmelzen, ohne oxydiert zu werden. Im Sauerstoffstrom stark geglüht, überzieht
es sich mit einer ganz feinen Schicht von Borsäure, die
den Rest vor weiterer Verbrennung bewahrt. In seinen Verbindungen (Boracit,
Boronatrocalcit, Borsäure, Borax,
[* 76] Borstickstoff) tritt es als dreiwertiges Element auf.
Pieter Christiaenszoon, holländ. Geschichtsforscher, geb. 1559 zu
Utrecht,
[* 77] studierte Geschichte und wurde 1615 zum Historiographen von Holland und Westfriesland und zum Rentmeister von Nordholland
ernannt. Bor starb zu Haarlem.
[* 78] Nach Veröffentlichung der 6 ersten Bücher des mit dem J. 1556 beginnenden Werkes
" Oorspronck, begin ende vervolgh der nederlandsche oorlogen»
(Utr. 1595; Amsterd. 1621, 1679, 1684) öffneten ihm die Staaten von Utrecht 1602 ihre Archive und forderten auch alle andern
öffentlichen und Privatsammlungen auf, ihm alle die neuere vaterländische Geschichte betreffenden Aktenstücke mitzuteilen.
So ausgerüstet, führte Bor sein Werk in 37 Büchern bis 1619 (beste Ausgabe, 4 Bde., Amsterd. 1679)
fort. Es ist ein besonders für die Utrechter Geschichte genaues und unentbehrliches Quellenwerk. Die Darstellung freilich
ist kunstlos und unbeholfen. B.s Geschichte von Herzogenbusch («Gelegentheyt vans'Hertogenbosch», Haag
[* 79] 1630) hat nur untergeordneten
Wert; ebenso die Fortsetzung der von seinem Oheim Wilh. van Zuylen van Nijevelt (gest. 1608) übersetzten «Chronik des
Cario» (Arnheim 1629; Amsterd. 1632).
(ital.) heißt der kalte, trockne und heftige Nordostwind, der meist im Winter,
oft 8-9 Tage anhaltend, von den kroat. und illyr. Gebirgen her das ganze Litorale und die istrischen Küsten bis Triest
[* 80] und weiterhin
bestreicht und namentlich das Aus- und Einlaufen in die dortigen Häfen und Reeden hindert. An der Seestadt
Zengg, auch in Triest, weht die Bora oft so heftig, daß sie die Fenster eindrückt, Wagen u. dgl. umwirft, und daß man, um nur
gehen zu können, Leitseile über die Straßen ziehen muß. Die schwächere Form der Bora führt den NamenBorino. Die
Entstehung der Bora ist ähnlich der des Föhns (s. d.). Der Bora ähnliche
Erscheinungen kommen im SchwarzenMeer bei Noworossijsk vor.
Luther ließ ihr durch Nikolaus vonAmsdorf den Doktor Kaspar Glatz
[* 85] zum Gatten antragen. Sie lehnte ab, erklärte
sich aber bereit, Amsdorf oder auch Luther selbst die Hand zu reichen. Luther hatte zwar 1524 seine Mönchskleidung abgelegt
und war auch dem Ehestande nicht abgeneigt; dennoch überraschte sein plötzlicher Entschluß zur Heirat und ihr Vollzug allgemein.
Katharina gebar ihm drei Söhne und drei Töchter, von denen Luther selbst zwei sterben sah. Sie war eine
nicht gerade weiblich zarte, aber tüchtige, ehrliche Natur, wie Luther sagt: «ein fromm, getreu Weib, auf das sich eines MannesHerz verlassen kann». Nach LuthersTode unterstützte Kurfürst JohannFriedrich sie wiederholt mit Geldgeschenken
und sorgte für ihre Söhne; auch Christian III. von Dänemark
[* 86]
¶
mehr
sandte ihr mehrmals kleine Summen. Nach Wittenbergs Einnahme im Schmalkaldischen Krieg 1547 ging sie nach Magdeburg,
[* 88] dann mit
Melanchthon nach Braunschweig,
[* 89] in der Absicht, sich zum Könige von Dänemark zu begeben. Doch kehrte sie nach Wittenberg zurück,
bis sie sich 1552, durch die Pest vertrieben, schon krank nach Torgau
[* 90] wendete, wo sie starb.
-
Vgl. Köstlin, M. Luther (2 Bde., 3. Aufl., Elberf.
1883);
oder Bolabola, eine der Gesellschaftsinseln (s. d.). ^[= Stadt und Stadtkreis (21,72 qkm) im preuß. Reg.-Bez. Düsseldorf, liegt 51° 18' nördl. Br. ...]
schöne, durch ihre tetraedrische Hemiëdrie ausgezeichnete Krystalle des regulären Systems,
von Glasglanz oder Diamantglanz, farblos oder weiß, grünlich oder gelblich, von der Härte 7 und dem spec. Gewicht 2,9
bis 3; die abnorme Doppelbrechung
[* 93] vieler derselben verschwindet bei einer Erwärmung auf 265°. Die chem.
Formel des Boracit ist 2 Mg3B8O15 + MgCl2, was in Prozenten 62,5 Borsäure, 26,9 Magnesia, 7,9 Chlor,
2,7 Magnesium entspricht (das Chlor als Chlormagnesium gedacht).
Durch Erwärmung wird das Mineral in charakteristischer Weise polarelektrisch. Es findet sich als vereinzelte Individuen eingewachsen
in Gips
[* 94] und Anhydrit bei Lüneburg
[* 95] und Segeberg, auch im Carnallit bei Leopoldshall (Staßfurt)
[* 96] und Douglashall. Im Steinsalzgebirge
bei Staßfurt kommen feinkörnige bis dichte, kopfgroße bis rundliche Knollen
[* 97] vor, Staßfurtit genannt,
die wahrscheinlich ein etwas wasserhaltiges unkrystallisiertes Umwandlungsprodukt des Boracit sind.
oder Asperifoliaceen, Pflanzenfamilie aus der Ordnung der Tubifloren (s. d.), mit gegen 1200 über die ganze
Erde verbreiteten Arten. Es sind einjährige oder perennierende Kräuter oder Sträucher, seltener baumartige Pflanzen mit meist
abwechselnden Blättern.
Die Blüten besitzen einen röhrigen oder glockenförmigen Kelch, eine verwachsenblätterige,
sehr verschiedenartig ausgebildete Blumenkrone, fünf Staubgefäße
[* 98] und einen Griffel;
die Früchte sind in den einzelnen Gattungen
verschieden.
Die Blütenstände sind meist Wickel, die in diesem Falle wohl als einseitswendige Trauben aufzufassen sind.
L,. (Borago Juss.), Pflanzengattung aus der Familie der Boragineen (s. d.). Es sind nur
drei, sämtlich der Mediterranflora angehörende Arten bekannt: einjährige oder perennierende, krautartige, aufrechte Pflanzen
mit saftigen und stark behaarten Stengeln und Blättern. Die Blüten haben eine radförmige, blaue Blumenkrone, fünf Staubgefäße,
einen Griffel und einen vierteiligen Fruchtknoten mit vier runzeligen Nüßchen. Die wichtigste Art ist die
aus Kleinasien stammende Borago officinalisL.,Bor(r)etsch, Gurkenkraut (s. Tafel: Tubifloren,
[* 87]
Fig. 5). Sie wird in Deutschland vielfach
als Küchengewächs gebaut und kommt auch verwildert vor. Es ist eine einjährige Pflanze mit steifhaarigen Blättern, die
einen eigentümlichen gurkenartigen Geruch und Geschmack besitzen. Sie werden in manchen Gegenden als Salat
oder als Gewürz für andere Salate benutzt. Kraut und Blüten sind als Herba et Flores Boraginis offizinell.
(spr. búrohs), Stadt im schwed. Län Elfsborg (Westergötland), am Flusse Wiskan und an den Privatbahnlinien
Herljunga-Boras (42 km), Warberg-Boras (85 km) und Boras-Svenljunga (39 km), hat (1891)
8564 E., eine technische,
eine Webeschule und bedeutende Baumwollindustrie und wurde 1622 von Gustav Adolf in einer schon damals ungemein gewerbthätigen,
aber magern Gegend gegründet.
L., Pflanzengattung aus der Familie der Palmen
[* 100] (s. d.) mit nur einer Art, Borassus flabelliformisL., die
im tropischen Afrika und vielleicht auch in Ostindien
[* 101] an der Indusmündung wild vorkommt, sonst aber in
Ostindien als Kulturpflanze ausgedehnte Verbreitung besitzt, die sog. Wein- oder Palmyrapalme, auch Lontar genannt; sie ist
für Ostindien fast so wichtig wie die Dattelpalme für Afrika und Arabien. Sie hat einen etwa 10-20 m hohen, ziemlich dicken
Stamm und 2-3 m lange, fächerförmige Blätter.
Aus dem weinartigen Safte der Blütenkätzchen, den man als Palmwein trinkt, bereitet man in Ceylon
[* 102] und auf Java Sirup und
den sog. Lontarzucker. Die Früchte bilden im rohen oder gerösteten Zustande oder auch eingemacht ein wichtiges Nahrungsmittel;
[* 103] die Blätter dienen als Papier und zum Dachdecken, auch werden daraus Flechtwerke, als Matten, Körbe u. s. w.,
hergestellt. Aus dem Mark wird Sago bereitet. Das Holz derStämme, hauptsächlich der weiblichen, ist wegen seiner Festigkeit
[* 104] als Bau- und Wertholz in den Tropengegenden Asiens geschätzt.
[* 76] krystallisiertes tetraborsaures Natrium, Na2B4O7 + 10 H2O, ein technisch wichtiges
Salz,
[* 105] das sich fertig gebildet in der Natur in einigen alpinischen Seen von Indien, Tibet, Persien,
[* 106] auf Ceylon, bei Potosi in Bolivia
[* 107] und besonders in scheinbar unerschöpflicher Menge in Kalifornien und in Nevada vorfindet. Der durch freiwillige Verdunstung
des Wassers dieser Boraxseen herauskrystallisierte Borax kommt unter dem NamenTinkal, Pounxa und Nevadaborax
nach Europa. Er erscheint in kleinen farblosen oder gelblichen Krystallen, die sich fettig anfühlen, und wird durch Umkrystallisieren
gereinigt.
Mit dem aus Ostindien kommenden rohen Borax geschah dies früher in Venedig,
[* 108] woher der häufig noch gebräuchliche NameVenetianischer
Borax (lat. Borax veneta) für die gereinigte Ware stammt. Die Produktion
des nordwestl. Amerikas an Borax gewinnt immer mehr an Ausdehnung;
[* 109] während Kalifornien und Nevada zusammen noch vor wenig Jahren
jährlich 2000000 kg Borax produzierten, war die Ausbeute in Kalifornien allein 1889: 4 470000 kg. Die dort gewonnene halbraffinierte
Ware wird in Säcken, die raffinierte in Kisten versendet.
Seit 1818 gewinnt man den Borax künstlich aus Borsäure und kohlensaurem Natron. In neuerer Zeit stellt man auch Borax dar aus
dem Mineral Tiza oder Boronatrocalcit, das aus Südamerika
[* 110] in großer Menge nach Europa gelangt, indem man dieses mit Soda zersetzt,
wobei unter Abscheidung von kohlensaurem Kalk Borax gebildet wird. In Deutschland, dessen Produktion an Borax sich
von Jahr zu Jahr auf Kosten der englischen vergrößert, wird jetzt anstatt der früher üblichen toscan. Borsäure fast nur
noch der chilen. Boraxkalk (borato de Cal, s. Boronatrocalcit) zur Herstellung von Borax benutzt; etwas wird auch aus dem StaßfurterBoracit gewonnen. Die Gesamtausfuhr Chiles an Boraxkalk und Borax belief sich auf: