Bodenlaube,
Burgruine, 2 km südlich von Kissingen, [* 2] einst Sitz des Grafen Otto II. von Henneberg, der sich als Minnesänger Otto von Botenlauben (s. d.) nannte.
Burgruine, 2 km südlich von Kissingen, [* 2] einst Sitz des Grafen Otto II. von Henneberg, der sich als Minnesänger Otto von Botenlauben (s. d.) nannte.
s. Grundluft.
ist eine unerläßliche Kulturmaßnahme für den Ackerboden, um den zersetzenden Wirkungen der Luft, Wärme [* 3] und Feuchtigkeit Gelegenheit zu verschaffen, durch die fortschreitende Verwitterung der Boden- und Düngerbestandteile Pflanzen Nährstoffe zu schaffen. Der Zutritt der atmosphärischen Luft in den Boden ist ferner für die Keimung der Samenkörner durchaus notwendig in einem Boden, welcher so fest beschaffen oder derartig in seinen Zwischenräumen mit Wasser erfüllt ist, daß die Luft nicht in demselben cirkulieren kann. Im letztern Falle besitzt der Landwirt in der Drainierung (s. d.) ein vorzügliches Mittel, diesem Übelstande abzuhelfen. Sonstige Mittel zur Bodenlüftung sind sämtliche Feldarbeiten, welche eine Lockerung der Bodenteilchen hervorrufen, desgleichen Düngung mit Stallmist oder Gründüngungspfianzen, bei deren Zersetzung Hohlräume im Boden entstehen. Die Bodenluft ist etwas anders zusammengesetzt als die atmosphärische Luft.
Pfarrdorf im Bezirksamt Regen des bayr. Reg.-Bez. Niederbayern, im Böhmischen Wald, am Rothbach, einem Zufluß des Regen, in 691 m Höhe, hat (1890) 1255, als Gemeinde 1854 kath. E., Post, Telegraph, [* 4] Forstamt, königl. Hüttenamt (mit reicher Mineraliensammlung), Bergbau [* 5] auf Eisenvitriol, Schwefel- und Magnetkies, Polierrot, zum Polieren von Spiegelglas (Potée genannt), Glashütten mit Ausfuhr nach sämtlichen europ. Ländern; der nahe Silberberg birgt seltene Mineralien, [* 6] die Wälder Zunderschwamm. - 1436 wurden die Gruben Lehen des Regensburger Schultheißen Grafenreiter, 1522 Bodenmais freie Bergstadt, um Mitte des 18. Jahrh. Staatseigentum.
s. Melioration. ^[= (lat.), im weitern Sinne die Verbesserung eines Grundstücks oder einer ganzen ...]
Friedr., Maler, geb. in München, [* 7] studierte an der dortigen Akademie und wurde dann durch den Deutsch-Französischen Krieg von 1870 und 1871, den er als Offizier in der bayr. Armee mitmachte, der Schlachtenmalerei zugeführt. Die Neue Pinakothek in München besitzt von ihm zwei Schlachtscenen: Episode aus der Schlacht bei Sedan [* 8] (1873) und Das 1. bayr. Armeekorps in der Schlacht bei Wörth [* 9] (1875). Später wandte er sich mytholog. und allegorischen Stoffen zu; so malte er: Elegie, Schleiertanz (1888), Frühlingszeit.
eine Art der Felchen (s. d.). ^[= philos. Begriff, s. Materie.]
Grund-, Landrente (engl. rent, frz. fermage), im wissenschaftlichen Sinne der Überschuß, den die wirtschaftliche Benutzung des Bodens ergiebt, nachdem von dem Rohertrage einer bestimmten Betriebsperiode abgezogen sind:
1) die eigentlichen Bewirtschaftungskosten;
2) die normale Verzinsung des benutzten stehenden und umlaufenden Kapitals, mit Einschluß des dem Boden einverleibten Meliorationskapitals. Die in diesem Sinne fällt also nicht völlig mit dem Pachtzins zusammen, den der Pächter eines Grundstücks an den Eigentümer bezahlen kann, während er zugleich selbst aus der Bebauung desselben noch die normale Vergütung für seine Thätigkeit und Kapitalverwendung erzielt. Vielmehr wird meistens ein, nach den Umständen allerdings sehr verschiedener Bruchteil dieses Pachtzinses als Verzinsung des in dem Boden steckenden Meliorationskapitals anzusehen sein.
Die wirkliche Bodenrente beruht auf der Thatsache, daß zur Befriedigung des Bedarfs an Bodenprodukten nicht bloß Boden - mit Rücksicht auf Fruchtbarkeit oder Lage - bester, sondern auch minderer Beschaffenheit verwendet werden muß, dessen Bebauer aber gleichwohl noch die Vergütung für Kapital und Arbeit nach dem üblichen Satze erhält, da er andernfalls diese Produktion nicht unternehmen würde; Boden besserer Beschaffenheit trägt daher einen Überschuß ein, der demjenigen zufällt, der die Verfügungsgewalt über ihn besitzt, d. i. Der Eigentümer.
Die Rente wird im allgemeinen steigen, wenn die namentlich mit der Zunahme der Bevölkerung [* 10] in Zusammenhang stehende Vermehrung des Bedarfs es notwendig macht, immer minder fruchtbare oder minder gut gelegene Grundstücke in Anbau zu nehmen; sie wird fallen, wenn dieses Bestreben überwogen wird durch technische Fortschritte, namentlich auf dem Gebiete des Verkehrswesens, indem es dadurch möglich ist, auch fern gelegene, aber fruchtbare Grundstücke für die Versorgung des Marktes dienstbar zu machen, eine Erscheinung, die sich insbesondere in jüngster Zeit für die europ. Landwirtschaft durch die Konkurrenz von Amerika [* 11] und Indien ergeben hat. - Die Theorie der Bodenrente wurde namentlich nach dem Vorgange von Anderson, Malthus und West durch Ricardo (s. d.) in einer scharfen, aber zu abstrakten Formel entwickelt; in Deutschland [* 12] machte sich von Thünen („Der isolierte Staat“, 2 Teile, Rostock [* 13] 1842-50) um dieselbe verdient. Von Carey (s. d.) und Bastiat (s. d.) ging ein, allerdings sehr einseitiger Rückschlag gegen die Ricardosche Theorie aus, ebenso kritisierte diese Rodbertus (s. d.) scharf; eine große Rolle spielt diese Theorie namentlich in den Angriffen des Socialisten Henry George (s. d.) gegen die heutige Gesellschaftsordnung. -
Vgl. Berens, Versuch einer kritischen Dogmengeschichte der Grundrente (Lpz. 1868);
Leser, Untersuchungen zur Geschichte der Nationalökonomie (Jena [* 14] 1881);
Schullern-Schrattenhofen, Untersuchungen über Begriff und Wesen der Grundrente (Lpz. 1889).
Grundrentenbanken, Landrentenbanken oder kurz Rentenbanken, sind staatlich verwaltete Institute, welche bei der Ablösung von Reallasten (s. d.) die Auszahlung der Ablösungssummen an die Berechtigten vermitteln, indem sie ihnen vom Staate garantierte verzinsliche Rentenbriefe in der Höhe des Kapitalbetrags überweisen und die von den Verpflichteten geschuldete Rente einziehen, welche außer der Verzinsung der Rentenbriefe auch eine Amortisationsquote einschließt, sodaß in einer bestimmten Periode (z. B. 4½ oder 56 1/12 Jahr) die Tilgung erfolgt sein wird.
Die Rentenbriefe lauten auf den Inhaber, können also leicht an der Börse veräußert werden und werden nach dem vorgeschriebenen Tilgungsplane allmählich ausgelost. In Preußen [* 15] wurde ein allgemeines Gesetz über die Errichtung von Bodenrentenbanken, dort einfach Rentenbanken genannt, gleichzeitig mit dem Ablösungsgesetz erlassen und die Ablösung provinzenweise unternommen, daher die Rentenbriefe auch nach den einzelnen Provinzen benannt sind. Durch ein späteres Gesetz vom wurde dann die Vermittelung der Rentenbanken zur Ablösung der Reallasten wieder zugelassen. Das neueste preuß. Gesetz über die Beförderung der Errichtung von Rentengütern (s. d.) ¶
vom bestimmt, daß die Rentenbank sowohl zur Vermittelung der Ablösung der Renten auf mittlern und kleinern Rentengütern als auch zu Darlehen für die Aufführung der notwendigen Wohn- und Wirtschaftsgebäude bei der erstmaligen Einrichtung eines Rentengutes benutzt werden kann. In beiden Zwecken werden 3½prozentige und 4prozentige Rentenbriefe ausgegeben. Im erstern Falle der Ablösung oder Abfindung erhält der Rentenberechtigte den 27fachen Betrag der Rente in 3½prozentigen oder den 23 ⅔ fachen Betrag der Rente in 4prozentigen Rentenbriefen.
Der Rentengutsbesitzer hat die Abfindungssumme, bez. die Darlehnssumme durch Zahlung einer jährlichen Rentenbankrate bei der Bank zu verzinsen und zu tilgen. Diese Rate beträgt bei den 3½prozentigen Rentenbriefen 4, bei den 4prozentigen 4½ Proz. Im erstern Falle dauert die Ratenzahlung 60½, im letztern 56 1/12 Jahre. Die Ablösung der Grundlasten ist in Österreich [* 17] in ähnlicher Weise wie in Preußen erfolgt. Die von den Grundentlastungskassen zu diesem Zweck ausgegebenen Schuldscheine heißen Grundentlastungsobligationen.
s. Bodenkamm. ^[= oder ein Werkzeug für Faßbinder, dient bei kleinern hölzernen Geschirren zur ...]
forstlich ein Holzwuchs, der hauptsächlich den Boden gegen Sonne, [* 18] austrocknende Winde, [* 19] Verwehung, Abschwemmung zu schützen hat. Den Zweck direkter Holzproduktion hat das Bodenschutzholz entweder gar nicht oder nur nebenbei zu erfüllen. Die Lichtholzarten, wie Eiche, Kiefer, auch Lärche, stellen sich im hohen Alter meist so licht, daß sie den Boden selbst nicht genügend schützen, man unterbaut deshalb Schatten [* 20] vertragende Hölzer als Bodenschutzholz, z. B. Weißbuchen, Buchen, Fichten, Tannen. Mitunter finden sich auch als Bodenschutzholz dienende Sträucher, z. B. Wacholder, Schwarzdorn, Hasel, Stechpalme u. a. von selbst ein. Unter Umständen dient ein ganzer Bestand selbst als Bodenschutzholz, z. B. Krummholzkiefern oder Alpenerlen an den steilen Hängen des Hochgebirges, Kiefern auf den Dünen an der Meeresküste.
von den Römern Lacus Brigantinus (Bregenzersee) oder Lacus Venetus et Acronius, seit dem 9. Jahrh. Lacus Podamicus und Mare Podanum, im spätern Mittelalter Bodam- oder Bodmensee, später auch wohl Schwäbisches Meer oder Konstanzersee (frz. Lac de Constance) genannt, einer der für den Nordfuß der Alpen [* 21] charakteristischen Flußseen, vom Rhein und mehrern kleinern Zuflüssen gespeist, liegt zwischen der schweiz. und der schwäb.-bayr. Hochebene auf der Grenze von Deutschland (Baden, [* 22] Württemberg [* 23] und Bayern), [* 24] Österreich (Vorarlberg) und der Schweiz [* 25] (Kantone St. Gallen, Thurgau und Schaffhausen) [* 26] und wird von 47° 40' nördl. Br. und 9° 30' östl. L. von Greenwich durchkreuzt. Der hat die Gestalt eines von SO. gegen NW. hakenförmig zugespitzten Keils und ist der größte deutsche, nächst dem Genfersee auch der größte schweiz. See. Der nordwestlich verengte Teil wird nach der bad. Stadt Überlingen auch der Überlingersee genannt. Gewöhnlich wird auch die kleinere, westlich von Konstanz [* 27] gelegene Seebildung unter dem Namen Zeller- oder Untersee zum Bodensee gerechnet, während letzterer selbst als Obersee bezeichnet wird. Beide Seebecken werden durch den 4 km langen, 2-500 m breiten Rheinlauf zwischen Konstanz und Gottlieben verbunden. Der Bodensee ist 63 km lang (von Bregenz [* 28] bis zum Einfluß der Stockach) und bis zu 14 km breit (Egnach-Friedrichshafen); der Umfang mit Einschluß des Zellersees beträgt 220 km, der Flächenraum 539 qkm, die Mittelhöhe über dem Meere 395 m. Der Zellersee liegt um 1 m niedriger als der und ist auch bei weitem nicht so tief wie dieser, dessen größte Tiefe zwischen Arbon und Friedrichshafen 276 m beträgt.
Die seit einiger Zeit vom Ingenieur Hörnlimann vorgenommenen Tiefenmessungen haben ergeben, daß das Rinnsal des Rheins am Grunde des Sees bis auf 10 km in den See hinaus zu verfolgen ist. Dasselbe ist anfangs 600 m breit und 70 m tief und verläuft 7½ km in gerader Richtung auf Langenargen zu, wo es durch eine aus Ablagerungen entstandene Erhöhung gegen Romanshorn hin abgelenkt wird; am Ende hat es nur noch eine Tiefe von 7 m und die Hälfte der anfänglichen Breite. [* 29] Das Wasser des Sees ist licht blaugrün und klar; zur Zeit der Schneeschmelze schwillt es oft plötzlich um 1-2, selten um 3-4 m an; durch den Föhn (Südwind), aber auch durch den Nordwest- und Ostwind wird es oft zu hohen Wellen [* 30] aufgewühlt. Den «Seiches» des Genfersees entspricht das als «Rinnen» bekannte Steigen und Fallen [* 31] des Wasserspiegels. Eine eigentümliche Erscheinung ist auch das sog. «Blühen» des Sees im Mai, wobei die Oberfläche namentlich des Untersees mit gelbem Blütenstaube der umliegenden Obstbaumpflanzungen bedeckt ist.
Das Klima der Seegegend ist im allgemeinen mild, im Spätherbst und Winter sehr nebelig. Der Untersee friert fast jeden Winter zu, der Obersee selten, so: 1259, 1276, 1420, 1435, 1465, 1573, 1624, 1695, 1789, 1830 und 1880. Der Fischreichtum nimmt allmählich ab, doch geschieht neuerdings viel zu dessen Hebung [* 32] durch Einsetzen künstlicher Fischbrut; von den 26 Fischarten sind die wichtigsten die Lachsforellen, die Grundforellen oder Rheinlanken, Welse, Hechte, Barsche und (namentlich im Untersee) Blaufelchen, welche, wie Heringe gesalzen und geräuchert, unter dem Namen Gangfische in den Handel kommen.
Von Konchylien sind 22 Arten, von Vögeln 73 Arten, worunter viele nordische Wasser- und Sumpfvögel, beobachtet worden. Dem Botaniker bieten die Ufer eine großenteils alpine und subalpine Flora. Geologisch gehört das Gebiet des Bodensee hauptsächlich dem Alluvium, Diluvium [* 33] und der obern Süßwassermolasse an; nur bei Rorschach und Bregenz treten die marine Molasse und die Nagelfluh bis an den See heran. Unstreitig hatte der Bodensee früher eine weit größere Ausdehnung [* 34] nach Süden.
Noch im 4. Jahrh. reichte er bis Rheineck; jetzt liegt zwischen den beiden, durch die Ablagerungen des Rheins und der Bregenzerach gebildet, ein 3-4 km breiter Streifen flachen, zum Teil sumpfigen, am Ufersaume mit Röhricht bestandenen Schwemmlandes, das von zahlreichen Gräben, Kanälen, Bächen und alten Rheinläufen durchschnitten wird. Der Rhein mündet jetzt zwischen zwei langen schmalen Landzungen 4½ km unterhalb des Städtchens und seine Sinkstoffe arbeiten weiter an der allmählichen Ausfüllung des Seebeckens. Von den zahlreichen andern Flüssen, die dem See zufließen, münden die Argen, der Schüssen, die Aachen [* 35] von Bregenz, Dornbirn und Friedrichshafen und die Steinach in den Obersee, die Aach von Uhldingen und die Stockach in den Überlingersee und eine weitere Aach in den Zellersee.
Schon außerhalb der eigentlichen Alpen gelegen, von Niederungen (an den Flußmündungen) und zahmem Hügel- und Bergland umgeben, ohne Steil- und Felsufer, hat der See weder die Großartigkeit des Königs- oder des Walensees noch die ¶
Mannigfaltigkeit des Vierwaldstättersees oder die Lieblichkeit der ital. Seen aufzuweisen. Wohl aber macht die gewaltige Wasserfläche, namentlich vom östl. Ufer aus sowie von der Konstanzer Gegend bei Abendbeleuchtung gesehen, mit ihrem verschwimmenden Horizont [* 37] und ihren wechselnden, wundervollen Licht- und Farbeneffekten einen überwältigenden Eindruck. Die Ufer sind anmutig, von Obst- und Weingärten, reichen Getreidefeldern, üppigen Wiesen und Waldungen umgürtet. Am südl. Horizont türmen sich die Alpengipfel der Sentisgruppe, des Rhätikon und dcs Vorarlberg bis in die Firnregion auf. Im O. zeigen sich die grünen Voralpen des Allgäus, im NW. die Basaltkegel des Hegaus mit ihren Burgen [* 38] und Ruinen.
Auf eine frühzeitige Besiedelung der Ufer des Bodensee weisen die zahlreichen Pfahlbaustationen, besonders am Überlinger- und Untersee, sowie viele Überreste aus der Römerzeit hin. Heute gehört die Umgebung des Bodensee zu den dichtbevölkertsten Gebieten Deutschlands. [* 39] Freundliche Schlösser und Villen, Bauernhöfe und Fischerhütten, behäbige reinliche Dörfer, belebte Marktflecken, stattliche, jetzt meist weltlichen Zwecken dienende Klöster, altertümliche Städte spiegeln sich im bunten Kranze in den Uferwellen.
Beim Eingang in den Überlingersee liegt die liebliche Insel Mainau (s. d.), im Untersee die Reichenau (s. d.) und im SO. des Obersees auf drei Inseln Lindau [* 40] (s. d.), das schwäb. Venedig. [* 41] Außer dem bayr. Lindau sind die wichtigsten Orte des Bodensee Bregenz in Vorarlberg, Rorschach im Kanton [* 42] St. Gallen, Arbon (Arbor felix der Römer) [* 43] und Romanshorn im Thurgau, das bad. Konstanz (die alte Bischofsstadt, 1890 mit über 16 322 E.), Überlingen und Meersburg mit dem besten «Seewein», und zu Württemberg gehörig Friedrichshafen und Langenargen.
Handel und Schiffahrt sind trotz Beschränkung durch den nahen Rheinfall bei Laufen infolge der starken Besiedelung der Ufer und der in neuester Zeit vermehrten Verkehrswege außerordentlich lebhaft. Seit Eröffnung der bayr. Eisenbahn (München-Lindau) und der württemb. (Stuttgart-Friedrichshafen) Bahn, der Vorarlberger Bahn (Lindau-Bregenz-Bludenz), der Linien Konstanz-Offenburg (bad. Schwarzwaldbahn), Radolfszell-Schaffhausen, Radolfszell-Ulm sowie der schweiz. Linien Winterthur-Konstanz-Romanshorn, Zürich-Romanshorn-Rorschach, St. Gallen-Rorschach und Chur-Rorschach ist der Bodensee die besuchteste Eingangspforte der Schweiz geworden und damit seine kommerzielle Bedeutung, der Personen- und Warenverkehr ungemein gestiegen.
Auf dem See selbst wurde die Dampfschiffahrt 1824 eröffnet. 1892 vermitteln 42 Dampfer (worunter 1 großes Trajektschiff) mit vielen Schleppern den Verkehr zwischen Lindau, Friedrichshafen, Meersburg, Überlingen, Ludwigshafen, [* 44] Konstanz, Romanshorn, Rorschach, Bregenz, Radolfszell und Schaffhausen. Außerdem beleben den Seespiegel viele Frachtschiffe und Segelkähne. Außer dem 1856 versenkten Telegraphenkabel Friedrichshafen-Romanshorn wurde 1862 ein zweites, Lindau-Rorschach, angelegt, das später wegen der Anschwemmungen des Rheins nach Friedrichshafen-Romanshorn verlegt werden mußte. Im Winter 1891/92 wurde das alte Friedrichshafen-Romanshorner Kabel durch ein neues ersetzt. -
Vgl. Söltl, Der Bodensee mit seinen Umgebungen (Nürnb. 1828; 2. Ausg. 1836);
Schnars, Der und seine Umgebungen (2. Aufl., Stuttg. 1859);
Rogg, Das Becken des (in Petermanns «Mittheilungen», Jahrg. 1863);
Grünewald, Wanderungen um den Bodensee (Rorschach 1874);
Grube, Vom Bodensee (Stuttg. 1875);
Zingeler, Rund um den Bodensee (Würzb. 1879);
Honsell, Der und die Tieferlegung seiner Hochwasserstände (Stuttg. 1879);
Rettich, Völker- und staatsrechtliche Verhältnisse des Bodensee (Tüb. 1884);
Graf E. Zeppelin, Geschichte der Dampfschiffahrt auf dem Bodensee 1824-84 (Lindau 1885);
ders., Über die Erforschung des (in «Verhandlungen des neunten deutschen Geographentags zu Wien», [* 45] Berl. 1891);
A. Schlatterer, Die Ansiedelungen am Bodensee (Stuttg. 1891);
W. Schnarrenberger, Die Pfahlbauten [* 46] des Bodensee (Konstanz 1891);
die Schriften des Vereins für Geschichte des Bodensee (gegründet 1868 in Konstanz).
wird die erst teilweise (101 km) vollendete Bahn genannt, die den ganzen Bodensee umschließen soll. Im Betrieb sind die Strecken: Lindau-Bayr. Grenze (Bayr. Staatsbahn)-Bregenz-St. Margarethen (Österr. Staatsbahn)-Konstanz (Vereinigte Staatsbahnen)-Radolfzell (Bad. [* 47] Staatsbahn) mit zusammen 94 km und Radolfzell-Stahringen (Bad. Staatsbahn) mit 7 km. Im Bau ist die Strecke Stahringen-Überlingen.
Friedrich Mart. von, Dichter und Schriftsteller, geb. zu Peine, widmete sich anfangs dem Kaufmannsstande, besuchte dann die Universitäten Göttingen, [* 48] München und Berlin, [* 49] um alte und besonders neue Sprachen, Geschichte und Philosophie zu studieren. 1840 kam er als Erzieher zu Fürst Galizin nach Moskau. [* 50] Damals entstand die Anthologie «Kaslow, Puschkin und Lermontow» (Lpz. 1843) und eine Sammlung kleinruss. Volkslieder, «Poet. Ukraine» (Stuttg. 1845). Im Herbst 1843 ging Bodenstedt nach Tiflis, um ein Seminar zu leiten und am Gymnasium Latein und Französisch zu lehren. 1845 durchstreifte er Armenien, die Kaukasusländer und kehrte über die Krim, [* 51] Türkei, [* 52] Kleinasien und die Ionischen Inseln nach Deutschland zurück.
Als Früchte dieser Wanderungen erschienen «Die Völker des Kaukasus und ihre Freiheitskämpfe gegen die Russen» (Frankf. 1848; 2. Aufl., 2 Bde., 1855) und «Tausend und ein Tag im Orient» (2 Bde., Berl. 1849-50; 5. Aufl. 1891),
zwei Werke, die B.s Ruf begründeten. Im Mai 1818 wurde er Redacteur am «Österreichischen Lloyd» in Triest. [* 53] Ende 1850 Redacteur der «Weser-Zeitung» in Bremen [* 54] und lebte, nachdem er Schwiegersohn des Hess. Obersten Osterwald geworden (B.s Gattin Mathilde ist die «Edlitam» der Gedichte), 1852 teils auf dessen Gut, teils auf dem des Freiherrn von der Malsburg bei Cassel. 1853 ging er nach Friedrichroda, dann auf Wunsch Herzog Ernsts nach Gotha, [* 55] 1854 folgte er einem Rufe König Maximilians nach München.
Als Professor an der Universität las er über slaw. Sprachen und Litteratur, seit 1858 vorzugsweise über ältere engl. Litteratur. Im Herbst 1866 berief ihn Herzog Georg von Meiningen [* 56] zur Leitung der Hofbühne. Hier blieb er, das Meininger Theater [* 57] der Vervollkommnung zu einer Musterbühne mit entgegenführend, 1867 geadelt, bis 1870, später ließ er sich dauernd in Wiesbaden [* 58] nieder. Bodenstedt bereiste 1881 die Vereinigten Staaten, [* 59] hielt dort Vorlesungen und beschrieb die Fahrt in «Vom Atlantischen zum Stillen Ocean» (Lpz. 1882). 1880 begründete er in Berlin die «Tägliche Rundschau. Zeitung für unparteiische Politik», von deren Leitung er 1888 zurücktrat. Er starb in Wiesbaden, wo ihm 1894 ein Denkmal errichtet wurde. ¶
Als Ergebnisse seiner slaw. Studien erschienen Lermontows «Poet. Nachlaß» (2 Bde., Berl. 1852),
Puschkins «Poet. Werke» (3 Bde., ebd. 1854 - 55) und Turgenjews «Erzählungen» (2 Bde., Münch. 1864 - 65) in gelungenen Übertragungen; von seiner umfassenden Beschäftigung mit der ältern engl. Litteratur zeugen «Shakespeares Zeitgenossen und ihre Werke» (3 Bde., Berl. 1858 - 60),
treffliche Verdeutschungen und Charakteristiken, sowie eine deutsche Nachbildung der «Sonette» Shakespeares (4. Aufl., ebd. 1873). An der Gründung der Deutschen Shakespeare-Gesellschaft (1864) beteiligt, gab er die beiden ersten Bände von deren «Jahrbuch» (1865 und 1867),
sowie in Verbindung mit O. Gildemeister, Herwegh, P. Heyse, Kurz, Wilbrandt, Delius u. a. eine Gesamtübersetzung von Shakespeares «Dramat. Werken» (5. Aufl., Lpz. 1890) heraus, der er «W. Shakespeare. Ein Rückblick auf sein Leben und Schaffen» (ebd. 1871) einfügte. Auch schilderte er «Shakespeares Frauencharaktere» (4. Aufl., Berl. 1887). Eine Reihe von Vorlesungen vereinigte Bodenstedt u. d. T. «Aus Ost und West» (ebd. 1861). Beiträge zur Kenntnis des russ. Staats- und Volkslebens in seiner histor. Entwicklung bieten die «Russ. Fragmente» (2 Bde., Lpz. 1862).
Den Glanzpunkt unter B.s eigenen poet. Schöpfungen bilden die «Lieder des Mirza-Schaffy» (Berl. 1851; 100. [Jubel-]Aufl. 1881; 141. Aufl. 1892),
die seinen Namen der Weltlitteratur einverleibten und in fast alle europ. Sprachen, sogar ins Hebräische übersetzt wurden. Sie galten lange Zeit als Übertragungen morgenländ. Urtexte, sind aber mit Ausnahme von «Mullah, rein ist der Wein» von Bodenstedt selbst gedichtet und nur seinem geliebten tatar. Lehrer in Tiflis in den Mund gelegt. Während hier Liebe und Wein im Vordergrund stehen, huldigt in der Fortsetzung «Aus dem Nachlaß des Mirza-Schaffy» (Berl. 1874; 17. Aufl., Lpz. 1891; Prachtausg. 1877 und 1883) reiferer und mehr beschaulicher Lebensweisheit. «Der Sänger von Schiras. Hafisische Lieder» (3. Aufl., Jena 1884) und «Die Lieder und Sprüche des Omar Chajjâm verdeutscht» (Bresl. 1881; 4. Aufl. 1889) sind lediglich Übersetzungen orient. Poesie. In denjenigen Dichtungen, in denen Bodenstedt sich des exotischen Tons enthält, ist seine Originalität geringer; so in den «Gedichten» (3. Aufl., Berl. 1859),
«Aus Heimat und Fremde» (2 Bde., ebd. 1857 - 59),
«Einkehr und Umschau» (Jena 1876),
«Aus Morgenland und Abendland. Neue Gedichte und Sprüche» (Lpz. 1882; 3. Aufl. 1887),
«Neues Leben. Gedichte und Sprüche» (Bresl. 1886). B.s «Neun Kriegslieder» (Bielef. 1870) und «Zeitgedichte» (Berl. 1870) vervollständigen sein vielseitiges Schaffen auf seinem Hauptgebiete, dem der Lyrik, dem er auch durch beliebte Anthologien diente («Album deutscher Kunst und Dichtung», 8. Aufl., Berl. 1892; «Kunst und Leben», Stuttg. 1877 - 78; «Verschollenes und Neues», Hannov. 1877-78; «Liebe und Leben», Lpz. 1892). Das Epische lag B.s Natur nicht so günstig. Doch ragen «Ada, die Lesghierin» (Berl. 1853) und «Sakuntala» (Lpz. 1887 u. 1889),
erstere den Kampf der Tscherkessen gegen das russ. Joch verherrlichend, letztere eng an Kalidasa angelehnt, durch kunstvolle Schilderungen in Einzelscenen hervor; seine jüngste epische Dichtung ist «Theodora. Ein Sang aus dem Harzgebirge» (Lpz. 1892). Geschlossenere Komposition zeigen die kleinern «Epischen Dichtungen» (Berl. 1862),
namentlich «Herun und Habakuk» und «Andreas und Mafa» (in der Spenser-Stanze). Sehr thätig war Bodenstedt späterhin in der Prosaerzählung. Hier sind zu nennen: «Kleinere Erzählungen» (Münch. 1863),
die eigene Erlebnisse verwerten, und eine Reihe von Romanen und Novellen, z. B. «Vom Hof [* 61] Elisabeths und Jakobs» (2 Bde., Jena 1871; 4. Aufl. 1882),
«Aus deutschen Gauen» (2 Bde., ebd. 1871; 4. Aufl. 1882),
«Das Herrenhaus im Eschenwalde» (3 Bde., ebd. 1872; 3. Aufl. 1878),
«Gräfin Helene» (Stuttg. 1880),
«Die letzten Falkenburger» (2. Aufl., Berl. 1887),
«Eine Mönchsliebe. Das Mädchen von Liebenstein» (2. Aufl., ebd. 1887),
«Lady Penelope» (2. Aufl., ebd. 1887),
«Feona. Ein Mißverständnis» (2. Aufl., ebd. 1889),
«Thamar und ihr Kind. Die geheimnisvolle Sängerin. Oheim und Neffe» (ebd. 1889); eine Sammlung mehrerer davon u. d. T.: «Erzählungen und Romane» (7 Bde., Jena 1871 - 72; 2. bez. 3. Aufl. 1874 - 78). Formvollendet und sinnvoll sind sie fast alle, doch ohne hervorstechende Eigenart und in der Erfindung unbedeutend. Noch weniger war Bodenstedt für das Drama beanlagt. Die Tragödie «Demetrius» (Berl. 1856),
das Lustspiel «König Autharis Brautfahrt» (ebd. 1860),
«Kaiser Paul» und «Wandlungen» (zusammen als «Theater», ebd. 1876) und «Alexander in Korinth» [* 62] (Hannov. 1876; neu bearbeitet Lpz. 1883) ermangeln trotz dichterischer Schönheiten des bühnenmäßigen Zuschnitts, während er im Gelegenheitsstück eher den richtigen Ton traf. Gewandtheit und Vornehmheit des Stils und der Form wahrte Bodenstedt jederzeit trotz seiner großen Fruchtbarkeit, wie bilden einen Hauptzug seines Wesens, wie es auch aus seinen Memoirenwerken hervortritt («Aus meinem Leben. Erinnerungsblätter, Bd. I: Eines Königs Reise. Erinnerungsblätter an König Max», Lpz. 1879; 3. Aufl. als «Eine Königsreise», 1883; «Erinnerungen aus meinem Leben», Bd. 1 u. 2, Berl. 1888 - 90). B.s «Gesammelte Schriften» (12 Bde., ebd. 1865 - 69; neue Ausg. 1892) umfassen nur einen Teil der Werke. -
Vgl. Friedrich von Bodenstedt. Ein Dichterleben in seinen Briefen (1850 - 92), hg. von Schenck (Berl. 1893).
Bernstein, [* 63] s. Bernsteinindustrie. ^[= A. Gewinnung des Bernsteins. Das Hauptgebiet, in welchem der Bernstein gewonnen wird, sind die ...]
Andr. Rud., s. Karlstadt. ^[= Joh., luth. Theolog, s. Draconites.]
das hintere, meist stärkere Ende der Geschützrohre, das bei Vorderladern den Boden, bei Hinterladern den Verschluß aufnimmt.
s. Grundeigentum und Landliga.
(Bodonis insula), Stadt im Kreis [* 64] Hameln [* 65] des preuß. Reg.-Bez. Hannover, [* 66] 18 km im SO. von Hameln, auf einer Insel der Weser liegend, ist durch eine 150 m lange Brücke [* 67] (1882) mit dem rechten und zwei andern Brücken [* 68] mit dem linken Flußufer verbunden, hat (1890) 1515 E., darunter 18 Katholiken und 41 Israeliten, Post, Telegraph; Düngemittel-, Kunstwollfabrik, Wollgarnspinnerei, Lohgerberei, Steinbrüche, Steinschleiferei und Schifffahrt. Noch im 18. Jahrh. hatte der Ort, der schon 1287 sein Stadtrecht erhielt, bedeutenden Warenverkehr zwischen Bremen und den Städten und Landschaften des mittlern Leinegebietes.
s. Wichse.
Dorf im Bezirksamt Neunburg des bayr. Reg.-Bez. Oberpfalz, vorm Walde, 11 km im SW. von Neunburg, an der Linie Schwandorf-Furth-Grenze der Bayr. Staatsbahnen [* 69] und an dem großen Bodewöhrer Weiher, in umschlossenem Thale, gehört zur Gemeinde Neuenschwand und hat (1890) 847, mit Neuenschwand 1025 E., königl. Berg- und ¶
Hüttenamt, Forstamt, eine Löffelfabrik und ein Emaillierwert mit Werkhammer.
s. Dismembration.
s. Bode ^[= # 1) Linker Nebenfluß der Saale, entsteht aus der Warmen und Kalten B., die beide vom Brockenfelde ...] (Fluß).
Reihe. Teilt man den Abstand der Erde von der Sonne in 10 gleiche Teile, so lassen sich die mittlern Abstände der Planeten [* 71] von der Sonne ziemlich nahe durch folgende Zahlen ausdrücken: Merkur [* 72] 4, Venus 7, Erde 10, Mars [* 73] 16, Jupiter 52, Saturn 100, Uranus 196. Zieht man die erste Zahl 4 von allen andern ab, so kommt 3, 6,12, 48, 96,192; hier ist jede Zahl das Doppelte der vorhergehenden, nur mit Ausnahme der Zahlen 12 und 48 (für Mars und Jupiter), zwischen denen 24 fehlt.
Man gründete hierauf die Vermutung, daß hier noch ein Planet in dem Abstande 28 von der Sonne stehen möge, welchen die in der letzten Reihe noch fehlende Zahl 24 geben würde. Die Vermutung hat sich bestätigt, doch fand man nicht einen größern Planeten, sondern mehrere kleine an dieser Stelle, deren Zahl sich später auf überraschende Weise vermehrt hat. (S. Planetoiden.) Übrigens paßt der 1846 entdeckte entfernteste Planet Neptun nicht in jene Reihe der Abstände, da seine mittlere Entfernung von der Sonne nur 300 (statt 388) beträgt. - Diese von Titius in Wittenberg [* 74] gefundenen Beziehungen, die aber erst durch Bode allgemeiner bekannt wurden, sind nur ein Spiel des Zufalls.
Ruine des Jagdschlosses der sächs.und salischen Kaiser im Harz in der Nähe des Zusammenflusses der Kalten und Warmen Bode, südlich von Elbingerode, bei dem kleinen Hüttenwerke Königshof, auf der alten Straße von Wernigerode [* 75] nach Nordhausen. [* 76] Der dazugehörige Jagdbezirk (etwa 110 qkm) wurde 1008 von Kaiser Heinrich II. an das Kloster Gandersheim übertragen; dieses belehnte damit die Grafen von Wernigerode, von denen Bodfeld 1420 an die Stolberger Grafen kam. Von letztern gelangte es an die Welfen. Zu Bodfeld verschied Kaiser Heinrich III. in Gegenwart des Papstes Victor II.
Tonio Wilh. Laurenz Karl Maria, Präsident des Reichs-Versicherungsamtes, geb. zu Haselünne in Hannover, studierte in Heidelberg, [* 77] Berlin und Göttingen, trat 1864 in den hannov. Justizdienst und arbeitete bis 1869 bei verschiedenen Amtsgerichten und Ämtern sowie der Landdrostei in Osnabrück. [* 78] Von 1869 bis 1871 war er nacheinander Regierungsassessor bei der Finanzdirektion in Hannover und beim Amte Hümmling, Verwalter der Landratsämter in Schlochau und Lötzen, Hilfsarbeiter beim Oberpräsidium und der Regierung in Stettin, [* 79] bis er 1871 als Hilfsarbeiter in das Ministerium des Innern berufen wurde.
Von 1873 bis 1881 war er Landrat des Kreises Gladbach [* 80] und erhielt nun den Ruf als vortragender Rat in das Reichsamt des Innern, wo ihm das Ressort für Gewerbe- und Versicherungsangelegenheiten und die Vertretung der bezüglichen Gesetze vor dem Reichstage übertragen wurde. Nachdem der Reichstag das Unfallversicherungsgesetz angenommen hatte, wurde die gewaltige Aufgabe der Oberleitung der neuzuschaffenden Organisationen Bödiker zu teil durch seine Berufung zum Präsidenten des Reichs-Versicherungsamtes. Am wurde dieses bereits eröffnet und gelangte durch B.s Arbeitskraft und Umsicht bald zu regelrechter und mit den Jahren, zumal nach Einführung der Invaliditäts- und Altersversicherung, an Umfang immer steigender Wirksamkeit.
B.s Verdienste erkannte die philos. Fakultät zu Leipzig [* 81] durch Verleihung der Ehrendoktorwürde an, und die Deutsche [* 82] Allgemeine Ausstellung für Unfallverhütung 1889 in Berlin ernannte ihn zu ihrem Ehrenpräsidenten. Von seinen zahlreichen staatswissenschaftlichen Schriften seien genannt: «Die Zulässigkeit des Rechtswegs und die Kompetenzkonflikte in der Provinz Hannover» (Berl. 1870),
«Die Kommunalbesteuerung (local-taxation) in England und Wales» (ebd. 1873),
Aufsätze in der von ihm mitbegründeten «Gewerblichen Zeitschrift. Organ für die nationale Industrie und das Wohl der Arbeiter» (Dortm. u. Bernburg [* 83] 1879 fg.),
«Die Unfallstatistik des Deutschen Reichs nach der Aufnahme vom Jahre 1881» (in den «Monatsheften zur Statistik des Deutschen Reichs», 1882),
«Die Unfallgesetzgebung der europ. Staaten» (Lpz. 1884),
«Die gesetzliche Regelung des Feingehalts der Gold- und Silberwaren» (ebd. 1886),
«Die Gewerbe- und Versicherungsgesetzgebung des Deutschen Reichs» (2. Aufl., Berl. 1887; Nachtrag 1889).
(spr. -däng), Jean, franz. Publizist, geb. 1530 zu Angers, war zuerst Rechtslehrer in Toulouse, [* 84] später Advokat am Pariser Parlament, und wurde als hervorragender Schriftsteller von Karl IX. und Heinrich III. ausgezeichnet. Da er dem Fanatismus der kath. Partei widerstand, raubten seine Gegner ihm die Gunst des Königs, und Bodin zog sich, nachdem er dem Herzog Franz von Alençon als Sekretär [* 85] gedient hatte, nach Laon zurück, wo er die Stelle eines Kronanwalts erhielt.
Auf der Ständeversammlung zu Blois (1576) trug Bodin als Abgeordneter des dritten Standes von Vermandois dazu bei, daß den Reformierten ein vorläufiger Friede und Gewissensfreiheit gewährt wurde; doch schloß er sich nach Ermordung des Herzogs von Guise (1589) der Ligue an, wurde aber, da er die Ziele der Führer nicht gutheißen konnte, aus der Partei wieder ausgestoßen, und da er in seinem Herzen immer die Ansichten der «Politiker» teilte, wurde ihm die Unterwerfung unter Heinrich IV. nicht schwer. Bodin starb 1596 in Laon an der Pest. Durch sein Werk «Vom Staate» («De la république», 1576; lateinisch von ihm selbst, Par. 1586) wurde er der hervorragendste Staatsrechtslehrer seiner Zeit.
Indem er in der väterlichen Gewalt ein Vorbild der Gewalt des Staatsoberhauptes erkennt, wird Bodin zum Verkündiger der Lehre [* 86] von der unbeschränkten königl. Gewalt, die er nur, um ihre Ausartung in Tyrannei zu verhindern, durch die beratende Stimme der Stände und Parlamente einzudämmen sucht. Die Religionsverfolgungen verdammt Bodin, weil sie zum Atheismus führten. Er unterscheidet drei Regierungsformen, Monarchie, Volksherrschaft und Aristokratie, den Vorzug giebt er der erstern. Auch entwickelt er, was bei Aristoteles noch im Keime vorhanden ist, zuerst die Beziehungen, die zwischen den Institutionen und der Natur eines Volks bestehen, Seine «Démonomanie» (Par. 1580 u. ö.; lateinisch, Bas. 1581) und sein «Universae naturae theatrum» (Lyon [* 87] 1596; französisch, ebd. 1597) beweisen, wie sich in jener Zeit noch Gelehrsamkeit und Aberglauben seltsam verbanden. Den Vorwurf des Atheismus zog er sich vorzüglich durch sein «Colloquium heptaplomeres de rerum sublimium arcanis abditis» zu (hg. von Noack, Schwerin [* 88] 1857), das lange nur handschriftlich verbreitet war (vgl. Guhrauer, Das Heptaplomeres des Jean Bodin, Berl. 1841). Die Schrift ist ein Dialog ¶
zwischen den Vertretern der verschiedenen Religionsparteien. Bodin sucht darin zu zeigen, daß jede Religion das Recht habe, anerkannt zu werden, wenn sie nichts enthalte, was gegen den Staat, die Sittlichkeit und Gottesfurcht gerichtet sei. -
Vgl. Baudrillart, Jean et son temps (Par. 1853): Barthélemy, Étude sur Jean Bodin (ebd. 1876).
Heinr., praktischer Zoolog, geb. zu Drewelow bei Anklam [* 90] in Pommern, [* 91] studierte in Greifswald [* 92] und Berlin Medizin und Naturwissenschaften und ließ sich dann in Bergen [* 93] auf Rügen als praktischer Arzt nieder. Um sich ausschließlich naturwissenschaftlichen Arbeiten hinzugeben, siedelte er 1852 nach Greifswald über und wurde 1859 nach Köln [* 94] berufen, um daselbst den Zoologischen Garten [* 95] ins Leben zu rufen. Hier wirkte er so glücklich, daß er 1869 einen Ruf nach Berlin zur Reorganisation des dortigen Zoologischen Gartens erhielt. Bodinus unterzog sich dieser Aufgabe mit vielem Erfolge, sodaß dieses Institut in Bezug auf wissenschaftliche Anordnung und äußere Einrichtung für mustergültig angesehen wird. Als Direktor des Zoologischen Gartens erreichte Bodinus dann in Bezug auf Acclimatisation und Züchtung Resultate, wie man sie unter deutschem Himmel [* 96] bisher nicht für möglich gehalten hatte. Er starb in Berlin.
Luigi, ital. Statistiker, geb. zu Mailand, [* 97] studierte in Pavia und Pisa [* 98] die Rechte, reiste 1861 mit Unterstützung des Unterrichtsministeriums nach Frankreich behufs statist. Studien, ward 1864 Professor der Nationalökonomie am Technischen Institut in Livorno, [* 99] 1867 nach Mailand, 1868 nach Venedig als Professor der Statistik und Geographie an der Handelsakademie, 1872 als Direktor des Statistischen Bureaus des Königreichs nach Rom [* 100] versetzt. Er schrieb: «Saggio sul commercio esterno terrestre e marittimo del regno d' Italia» (Flor. 1865),
«Sui documenti statistici del regno d' Italia» (ebd. 1867),
«Dei rapporti della statistica coll' economia politica e colle altre scienze affini» (Mail. 1869). Mit Correnti, Messedaglia u. a. redigierte er 1877 - 82 die in Rom erscheinende Vierteljahrsschrift «Archivio di statistica», seit 1886 das «Bulletin de l' Institut International de Statistique». Seitdem an der Spitze der ital. Statistik steht, sind zahlreiche Abhandlungen von ihm in den offiziellen statist. Veröffentlichungen zum Abdruck gebracht.
Bibliothek, s. Bodley. ^[= (spr. boddlĭ), Sir Thomas, engl. Staatsmann und Gelehrter, geb. 2. März 1544 zu Exeter, begann ...]
(spr. boddlĭ), Sir Thomas, engl. Staatsmann und Gelehrter, geb. zu Exeter, begann nach längerm Aufenthalte in Deutschland, wohin er mit seiner Familie im 12. Jahre wegen der Verfolgungen der kath. Königin Maria geflohen war, seine Studien auf der Universität zu Genf, [* 101] kehrte nach Elisabeths Thronbesteigung zurück und vollendete seine Studien in Oxford. [* 102] 1576 - 80 unternahm er eine Reise durch Europa [* 103] und kam dann an den Hof Elisabeths, die ihn zu diplomat.
Missionen in Dänemark, [* 104] Frankreich und Holland benutzte. 1597 zurückgekehrt, entsagte er dem Staatsdienste und wandte in Oxford seine Sorgfalt vorzüglich der Universitätsbibliothek zu, die nach ihm den Namen Bodleianische Bibliothek führt. Er sandte Sachverständige zum Behuf von Bücherankäufen nach Deutschland, Holland, Frankreich, Spanien [* 105] und Italien [* 106] und soll auf die Erwerbung von 24000 größtenteils sehr seltenen Werten, die er der Bibliothek schenkte, gegen 200000 Pfd. St. verwendet haben. Bodley starb zu London, [* 107] wo er zuletzt lebte.
Sein Testament setzte ansehnliche Legate zur Fortsetzung der Bibliothek sowie zur Besoldung der Bibliothekare aus. Die Universität Oxford feiert alljährlich am 8. Nov. durch eine öffentliche Rede sein Andenken. Die Bibliothek enthält nach der Zählung von 1867 rund 350000 (1893 etwa 530000) Druckwerke und 27000 Handschriften, darunter das älteste gedruckte engl. Buch (s. Caxton), Gutenbergs erste Bibel, [* 108] auch Wycliffes Neues Testament (1380), einen Psalter von 1430 mit Miniaturen, eine angeblich dem Augustin gehörige Handschrift des 7. Jahrh.; ferner zahlreiche Handzeichnungen, eine Sammlung von 50000 Münzen, [* 109] eine von Modellen antiker Tempel [* 110] und anderer Gebäude, eine Galerie von Bildnissen und Merkwürdigkeiten (darunter B.s «chest»). Im Lesesaal stehen Glaskästen mit Autographen, alten Handschriften, bibliogr.
Seltenheiten und kostbaren Bucheinbänden. Bücher dürfen aus der Bibliothek nicht entliehen werden. Sie kann von jedem in England gedruckten Buche ein Exemplar verlangen. Mit der Bodleianischen Bibliothek verbunden ist die sog. Ratcliffe Library oder Camera, [* 111] welche die meisten neuen Erwerbungen der Bodleianischen Bibliothek seit 1850 enthält. Eine bis 1609 reichende Autobiographie B.s ist enthalten in Thom. Hearnes «Reliquiae Bodleianae» (Lond. 1703); auch erschien sie zu Oxford (1647). -
Vgl. Macray, Annals of the Bodleian Library (Oxf. 1868; 2. Aufl. 1890);
Catalogus librorum impressorum bibliothecae Bodleianae (3 Bde., ebd. 1843, Nachtrag 1851).
Dorf und Schloß im Amt Stockach des bad. Kreises Konstanz, 8 km im SSO. von Stockach am Überlingersee, dem nordwestl. Arme des Bodensees, der ursprünglich Bodmannsee hieß, hat (1890) 947 kath. E., Dampf- und Fernsprechverbindung mit Ludwigshafen und Überlingen, Schloß der Freiherren von Bodmann mit Sammlung alter Familienbilder, Pfahlbautenresten und Hirschpark, Dampfziegelei, Wein-, Obst-, Getreidebau und Holzhandel. Der Weingarten, genannt der Königsgarten, angeblich von Karl dem Dicken gepflanzt, liefert den Königswein, einen der besten Seeweine. Über dem langgestreckten Dorfe der Frauenberg mit besuchter Wallfahrtskapelle; das auf diesem stehende Stammschloß der Edlen von Bodmann brannte 1307 ab. Gegenüber die Ruine der Burg Alt-Bodmann, 1646 von den Schweden [* 112] zerstört.
Georg, Mechaniker, geb. zu Zürich, [* 113] kam im 16. Jahre zu einem Mechaniker zu Hauptweil im Kanton Thurgau in die Lehre. Hier machte er bereits 1803 die Erfindung der Schraubenräder; 1805 erwarb er sich große Verdienste um die Vervollkommnung der Baumwollspinnereimaschinen. Bald darauf legte er zu Küßnacht im Kanton Zürich eine mechan. Werkstätte an und verfertigte daselbst 1808 das erste einpfündige, gezogene Hinterladungsgeschütz für Granaten [* 114] mit Perkussionszündern.
In der Folge beschäftigte er sich noch mit der Ausdehnung seines verbesserten Systems auf alle Arten von Schußwaffen, konnte sich jedoch nicht entschließen, seine Erfindungen der franz. Regierung zu überlassen. Seit 1806 zu St. Blasien in Baden ansässig, wurde er 1816 als Kapitän der Artillerie angestellt und mit der technischen Leitung der großherzogl. Eisenwerke beauftragt, während er gleichzeitig, wie schon früher, der Gewehrfabrik an dem genannten Orte sowie einer Spinnerei und mechan. ¶