22 nach
Rom und
[* 2] gab von dort aus dem 1350 gestifteten
Kloster in Wadstena am Wettersee, dessen erste
Äbtissin 1357 ihre Tochter,
die heil.
Katharina, wurde, eine Regel, die ihr vom Herrn selbst geoffenbart worden sei und die sie darum regula Sancti Salvatoris
nannte. Papst
Urban Ⅴ. genehmigte 1370 die Regel. Nachdem
Birgitta noch eine
Wallfahrt nach
Jerusalem
[* 3] gemacht
hatte, starb sie zu
Rom ihre
Leiche ward nach Wadstena übergeführt, sie selbst 1391 durch
Bonifacius Ⅸ .heilig
gesprochen.
Von ihren
Schriften sind die wichtigsten die acht
Bücher der «Revelationes» (erste Ausg.
Lübeck
[* 4] 1492), die eine tiefeMystik und ernstes Drängen auf eine
Reformation der
Kirche enthalten. Der
Birgittenorden vereinigte
Männer und Frauen in einem
Kloster, doch wohnte jedes Geschlecht in einem besondern
Gebäude; daran schlossen
sich
Tertiarier beiderlei Geschlechts. Die
Klausur war sehr streng;
Sonntags ward in der Landessprache gepredigt, auch für
das
Volk. In seiner Blütezeit zählte der
Orden
[* 5] 74 Klöster, von
Finland bis
Spanien
[* 6] zerstreut; er erreichte
sein Ende in
Schweden
[* 7] zur Zeit der
Reformation, in
Spanien im 17. Jahrh. –
Vgl. Fred. Hammerich, Den hellige
Birgitta og Kirken
i Norden
[* 8] (Kopenh. 1863; deutsch von Michelsen, Gotha
[* 9] 1872);
Clarus, Leben und Offenbarungen der heil.Brigitta
(Regensb. 1888);
Volksstamm, den
Abakan-Tataren zugehörig, im sibir. Gouvernement
Jenisseisk, an den Ufern des Abakan, ist in den benachbarten
Katschinzen aufgegangen. In alter Zeit nomadisierten die am
FlußBirjussa (s. d.), dem sie den
Namen gaben.
Fluß in den russ.-sibir. Gouvernements
Irkutsk und Jenisseisk, 400 km lang, bildet nach
Vereinigung mit der
Uda die Tasjejewa, welche links in die
Angara, kurz vor ihrer
Vereinigung mit dem Jenissei, mündet. Im Quellgebiet der Birjussa im
Sajanschen
Gebirge finden sich Goldwäschereien.
1)
Kreis
[* 13] im
SW. des russ. Gouvernements Woronesch, hat 4399,9 qkm mit 259686 E. (meist
Kleinrussen),
Ackerbau
und Viehhandel. In demselben liegt der Flecken
Aleksjejewka (s. d.).
–
2) Kreisstadt im
Kreis Birjutsch, 138 km südsüdwestlich von Woronesch, an der rechts zum
Don gehenden Tichaja Sosna, hat (1890) 4502 E.,
Post,
Telegraph,
[* 14] 4 russ.Kirchen, etwas
Handel und
Industrie.
Birjutsch, 1705 von Kosaken gegründet, wurde 1795 Kreisstadt.
(BetulaL.), Pflanzengattung aus der Familie der
Betulaceen. Die Birke sind einhäusigeBäume
oder
Sträucher mit in
Kätzchen gestellten
Blüten. Die männlichen
Kätzchen entwickeln sich schon im
Sommervor der Blütezeit
und befinden sich daher den ganzen Winter hindurch an den entlaubten Zweigen, während die viel kleinern weiblichen
Kätzchen
erst mit dem Laubausbruch im
Frühling erscheinen, zu welcher Zeit auch erst die sich dann verlängernden
männlichen
Kätzchen aufblühen.
Diese tragen die
Blüten, aus sechs von häutigen Hüllblättchen umgebenen
Staubgefäßen bestehend, unter gestielten, schildförmigen
Schuppen. Die weiblichen
Kätzchen haben dreilappige, flache
Schuppen, unter deren jeder sich drei
Fruchtknoten mit zwei fadenförmigen
Narben befinden. Aus jedem
Fruchtknoten entsteht ein mit zwei Flügeln versehenes
Nüßchen, gewöhnlich
Birkensame genannt. Bei der Samenreife lösen sich die
Nüßchen samt den
Schuppen von der Ährenspindel los, die stehen bleibt.
Die Abbildung auf
TafelLaubhölzer:
WaldbäumeII,
[* 1]
Fig. 2, zeigt die gemeine
Weißbirke
(Betulaverrucosa Ehrh.)
als
Baum, außerdem von dieser Art: 1. Die
Spitze eines
Triebes mit den großen männlichen und den kleinern
weiblichen
Kätzchen, 2. belaubten Zweig mit einem Fruchtkätzchen und an der
Spitze mit zwei männlichen Blütenknospen, 3. Triebspitze
mit Laub- und männlichen Blütenknospen im Winter, 4. und 5.
Stücke weiblicher
Kätzchen, 6. weibliche
Blüte
[* 15] mit drei nackten
Fruchtknoten, deren jeder zwei fadenförmige Narben trägt, 7 ‒ 9. männliche
Blüten von vorn, von der
Seite und von unten gesehen, 10.
Staubgefäß, 11.
Deckblatt der weiblichen
Blüte, 12. die aus dem
Deckblatt erwachsene Deckschuppe, 13. geflügelte
Frucht, Birkensame. (1, 3 ‒ 5 natürliche
Größe, 2 verkleinert, 6 ‒ 13 vergrößert.)
Die Birkenarten zerfallen in
Baum- und Strauchbirken. Erstere sind der Mehrzahl nach in Nordamerika,
[* 16] letztere
in der gemäßigten und Polarzone der
Alten Welt und auf den Hochgebirgen Nord- und Mitteleuropas zu Hause. Baumbirken Europas
sind die gemeine
Weißbirke
(Betula. verrucosa Ehrh.,
BetulaalbaL.), auch Steinbirke,Maserbirke, Harzbirke und Maie genannt, und die weichhaarigeBirke
(Betulapubescens Ehrh.,
albaBechst., odorataBechst.), auch Ruchbirke genannt.
Die
Weißbirke zeichnet sich vor allen europ.
Laubhölzern aus durch ihren schlanken, mit weißer, der Quere nach bandförmig
sich abrollender Korkrinde bekleideten
Stamm, ihre leichte, zierlich verästelte, dünnbelaubte
Krone. An ältern
Bäumen wird
die Rinde vom Fuße bis zur
Krone allmählich dicker, sehr hart, längs- und querrissig und schwärzlich
gefärbt. Die langgestielten, doppelt gesägten, herzförmigen, zugespitzten
Blätter sind ausgewachsen unbehaart.
JungeBlätter,
Blattstiele und
Triebe sind namentlich bei jugendlichen
Pflanzen behaart, noch mehr ist dies der Fall bei den
mancherlei
Abweichung in der Form zeigenden
Stockausschlägen. Die Birke trägt im 10.‒30. Jahre keimfähigen Samen,
[* 17] der meist schon zeitig, Ende Juni oder im Juli, abfliegt und sofort keimt. Später im Herbst abfliegender Same keimt erst
im nächsten
Frühjahr. Die jungen
Blätter und
Triebe zeigen zahlreiche, warzige, ein wohlriechendes Wachsharz ausscheidende
Drüsen.
Beim Laubausbruch bildet dieses Harz einen glänzenden klebrigen
Überzug, an ältern
Blättern weißliche Fleckchen.
Das
Holz der
[* 18] Birke ist ein vorzügliches Brennmaterial und sehr tauglich für Wagnerarbeiten, Gartenmöbel, Schnitzereien,
Schuhnägel u. s. w., als
Bauholz ist es nicht verwendbar, denn in feuchter Luft wird es gewöhnlich schon nach Jahresfrist
morsch. Birkenreisig wird vielfach zu
Besen verarbeitet, sodaß es die Beachtung der Forstwirtschaft verdient. Die
¶
mehr
23 an Betulin (s. d.) sehr reiche weiße Rinde widersteht der Verwesung, wird von
Feuchtigkeit nicht durchdrungen, dient daher als Unterlage, um Feuchtigkeit von Schwellen und Balken abzuhalten. Man benutzt
sie deshalb, z. B. in Schweden, auch zum Dachdecken, indem man die aufgenagelte Rinde mit Rasenplaggen belegt. Aus der weißen
Rinde wird ferner der Birkenteer(s. d.) gewonnen, aus diesem das zur Bereitung von Fruchtsäften dienende
Birkenöl (s. d.). Aus Birkenlaub wird das sog.
Schüttgelb (s. Beerengelb) gemacht. Den im Frühjahr in reichlicher Menge aufsteigenden Saft benutzt man zur Bereitung von
Birkenwasser (s. d.).
Der Verbreitungsbezirk der Weißbirke läßt sich sicher nicht angeben, da früher meist die beiden Arten
der Birke verwechselt oder nicht streng geschieden wurden. Hauptsächlich ist sie heimisch im nördl.
und östl. Europa,
[* 20] im norddeutschen Tiefland, in den baltischen Ländern, doch kommt sie auch in Norwegen, in der Türkei,
[* 21] in
Schottland, Syrien, Italien u. s. w. vor. Sie gedeiht auch auf dem magersten und trockensten
Boden und eignet sich besonders zum Niederwaldbetrieb.
Zum Hochwaldbetrieb in hohem Umtrieb eignet sie sich nicht, da sie sich mit zunehmendem Alter sehr licht stellt und der Boden
wegen des zu großen Lichteinfalls unter ihr verangert. In jungen Fichtenbeständen, in die sie sich gern eindrängt, wird
sie zwar durch das Abpeitschen der Nadeln
[* 22] mittels ihrer biegsamen Ruten bei windigem Wetter
[* 23] oft nachteilig,
gewährt aber in den ersten Jahren den jungen Fichten Schutz gegen mancherlei Gefahren, z. B. gegen Frost, Wildverbiß.
Die weichhaarige Birke, Betulapubescens Ehrh.,
ein auf moorigem, feuchtem Boden wachsender Baum, der sich zwar überall in Deutschland findet, vorzüglich
aber in Nordeuropa und Rußland vorkommt, wo er dichtgeschlossene Wälder bildet, unterscheidet sich von der gemeinen Birke durch
die mattweiße Farbe der Rinde, den völligen Mangel an Wachsharzabsonderung an Zweigen und Blättern und den weichen, sammetartigen
Überzug derselben. Der Gebrauchswert dieser Birke ist wohl derselbe wie der der Weißbirke.
Unter den amerik. Baumbirken sind namentlich die mit glatter, dunkelgrauer, sich nicht ablösender Rinde versehene BetulalentaL. und die Betularubra Michx. oder nigraL., deren Rinde sich an den Stämmen in rötlich oder schwärzlich gefärbte,
dünne Schuppen auflöst, beliebte Zierbäume bei uns geworden. Von Strauchbirken ist als die kleinste
und zierlichste Art zu erwähnen die Zwergbirke (BetulananaL.) mit niedergestreckten Stämmchen und Ästen, deren Spitzen
oft nur aus dicken Moospolstern hervorragen, mit aufrechten, länglichen Fruchtähren. Sie wächst auf Torfmooren der Hochgebirge
sowie in der Polarzone. Ihr Saft gilt bei den Alpenbewohnern für ein Mittel gegen Auszehrung, Gicht und
Hautausschläge.
Feinden und Gefahren sind die Birke wenig ausgesetzt. Von Frost haben sie äußerst selten zu leiden; von Insekten
[* 24] bewirkt wirklich
empfindlichen Schaden nur manchmal der Birkensplintkäfer (Scolytus RatzeburgiJans.).
Prinzessin geleitet hatte, kehrte er wieder nach Nürnberg zurück. Der Blumenorden ernannte ihn nach Harsdörffers Tode 1662 zum
Oberhirten der Pegnitzschäfer. Er starb zu Nürnberg. Birken lieferte als Dramatiker allegorische Festspiele
(namentlich zur Friedensfeier «Margenis» 1650),
die ebenso wie seine geistliche und weltliche Lyrik durch süßlich-pedantische
Spielerei, durch überladenen Schwulst und künstliche Wortbildungen ihre Schule verraten. Sein «Spiegel
[* 28] der Ehren des Erzhauses
Österreich»
[* 29] (3 Bde., Nürnb.
1668), eine im AuftrageKaiserLeopolds Ⅰ. unternommene Überarbeitung eines gleichnamigen Werkes von J. J.
Fugger, gehört trotz der Beschränkungen, die ihm der WienerHof
[* 30] auferlegte, zu den bessern deutschen Geschichtswerken des 17. Jahrh.;
hat auch viele andere deutsche Fürstenhäuser in umfänglichen Schriften gefeiert, wie er denn einer der gewinnsüchtigsten
Schmeichler seiner Zeit war. Auswahl seiner Gedichte in Müllers«Bibliothek deutscher Dichter des 17. Jahrh.»,
Bd. 9 (Lpz. 1826). –
Vgl. Tittmann, Die Nürnberger Dichterschule (Gött. 1847).
1) Zum Großherzogtum Oldenburg
[* 32] gehöriges Fürstentum (s. Karton zur Karte: Hannover,
[* 33] Schleswig-Holstein,
[* 34] Braunschweig
[* 35] und
Oldenburg), 210 km südlich vom Hauptlande entfernt, am Hunsrück und am obern Lauf der Nahe, wird von den preuß.
Reg.-Bez. Trier
[* 36] und Koblenz
[* 37] begrenzt und besteht aus der hintern GrafschaftSponheim, die nach selbständigem Bestehen (1044‒1437)
an die Häuser Pfalz und Baden
[* 38] fiel, aus Teilen des Fürstentums Zweibrücken
[* 39] des Oberrheinkreises und
aus der keinem Reichskreise einverleibt gewesenen Herrschaft Oberstein, die vom 12. Jahrh. bis 1682 eigene Herren hatte (von
Daun und Oberstein, später Grafen von Falkenstein genannt), 1766 an Leiningen-Heidesheim, dann an Trier kam.
Das Fürstentum hat 502,89 qkm und (1890) 41242 E., darunter 32391 Evangelische, 8044 Katholiken und 583 Israeliten,
und ist ein steiniges Bergland, durchzogen von Zweigen des zum Hunsrück gerechneten Idar- und Hochwaldes, die hier bis zu 630 m
Höhe aufsteigen. Die Nahe, die an der Südgrenze entsteht, durchfließt das Land in gewundenem Laufe. Durch ihr Thal
[* 40] ist
die Rhein-Nahe-Bahn mit großen Kosten geführt. Ungeachtet der vielen Berge, Felsen und ausgedehnten
Wälder, die 200 qkm (davon 32,3 Proz. Staatsforst) einnehmen, hat Birkenfeld Ackerland
und infolge des milden Klimas in den untern Thälern auch etwas Weinbau, der jedoch immer mehr zurückgeht. Doch wird nicht
genug
¶
mehr
24 Brotfrucht zur Deckung des Bedarfs gewonnen. Von größerm Belang ist die Viehzucht,
[* 42] namentlich die Rindviehzucht. Das
häufige Vorkommen von Achatsteinen hat zu einem eigentümlichen Gewerbe Veranlassung gegeben, zu dem sog. Obersteinischen
Fabrikwesen, das wesentlich im Schleifen und Verarbeiten von Achaten zu Bijouteriewaren (120 Schleifereien mit 8000 Arbeitern)
besteht, dessen Hauptsitze die StädteOberstein (s. d.) und Idar sind. Neben diesen Achatwaren führt Birkenfeld nur
noch Vieh, Holz, Schiefer und Eisen
[* 43] aus.
Das Fürstentum ist in die 2 Amtsgerichtsbezirke Birkenfeld (ehemals Sponheimisches Gebiet) und Oberstein und in 5 Bürgermeistereibezirke
eingeteilt. Dem Regierungskollegium zu (ein Präsident und zwei Mitglieder), unmittelbar dem Ministerium
zu Oldenburg unterstellt, liegt die gesamte Civilverwaltung ob. Der Provinzialrat setzt sich aus 15 Abgeordneten zusammen
und wird jährlich zweimal durch die Provinzialregierung einberufen. Birkenfeld gehört zum Bezirk des 8. Armeekorps und zum Landgericht
Saarbrücken,
[* 44] bei dem ein oldenb. Richter Sitz und Stimme hat.
Das prot. Kirchenwesen steht unter dem 1823 errichteten Konsistorium; die zwölf luth. und zwei reform.
Pfarreien sind einem Superintendenten unterstellt, der zugleich Mitglied des Konsistoriums ist. Die sieben kath.
Pfarreien werden von einem Dechanten beaufsichtigt, der unter dem Bischof von Trier steht. Die 4 israel. Synagogengemeinden
haben 1 Landrabbiner, der in der Stadt Birkenfeld seinen Sitz hat. An der Spitze der selbständigen Gemeindeverwaltungen
stehen Bürgermeister als Staatsbeamte. Die Ausgaben des Fürstentums betrugen (1890) 530950 M., die Einnahmen 533250 M. -
Vgl. Barnstedt, Geogr.-histor.-statist.
Beschreibung des Fürstentums Birkenfeld (Birkenf. 1845); Böse, Das Grohherzogtum Oldenburg
(Oldenb. 1803).
2) Hauptstadt des Fürstentums B.,in 382 m Höhe, am Zimmerbach, 40 km südöstlich von Trier, an der Linie
Bingerbrück-Neunkirchen (Bahnhof Birkenfeld-Neubrücke) der Preuß. Staatsbahnen
[* 45] und der der Stadt Birkenfeld gehörigen Privatbahn Birkenfeld-Neubrücke-Birkenfeld
(5,23 km), ist Sitz des Regierungskollegiums, des prot. Konsistoriums, eines Amtsgerichts (Landgericht Saarbrücken) und
hat (1890) 2443, als Bürgermeisterei 7135 (3530 männl., 3605 weibl.) E., Post zweiter Klasse, Telegraph,
Zollamt, Steuerrezeptur; evang. und kath.Kirche, großherzogl.
Gymnasium mit Realabteilung (Direktor Back, 13 Lehrer, 141 Schüler), höhere Privatmädchenschule, Elisabethkrankenhaus; Fabrikation
von Holzschuhen, Tabak
[* 46] und Cichorien, Gerberei, Bierbrauerei,
[* 47] Viehzucht und Viehmärkte.
Nahebei auf einer Anhöhe das alte, zerfallene Residenzschloß oder «Burg Birkenfeld», im 14. Jahrh. von den GrafenSponheim erbaut,
und das kleine Bad
[* 48] Sauerbrunnen bei dem Dorfe Hambach mit drei eisenhaltigen Säuerlingen, der Trink-,
der Bade- und der Albertusquelle, sowie Schwollen (Dorf) oder der «Birkenfelder
Sauerbrunnen», jod- und bromhaltige, alkalische Eisenquellen. Bei dem Dorfe Brücken
[* 49] eine Holzessigfabrik (Verein für chem.
Industrie zu Frankfurt
[* 50] a. M.) und bei dem Dorfe Abentheuer eine Holz-Imprägnierfabrik.
– Der Ort war bis 1733 Residenz der Pfalzgrafen Zweibrücken-Birkenfeld.
(spr. börkenhedd), neue, rasch anwachsende Hafenstadt und Parlamentsborough
in der engl. Grafschaft Cheshire, links vom hier 1,2 km breiten Mersey, mit dem gegenüber liegenden Liverpool
[* 51] (s. d.)
durch
einen unter dem Flusse gehenden, 1886 eröffneten Eisenbahntunnel und Dampffähren verbunden, ist
thatsächlich nur ein Teil dieser Stadt, hat gerade und breite Straßen, ein prächtiges Rathaus, eine auf eisernen Säulen
[* 52] ruhende große Kaufhalle, eine öffentliche Bibliothek, in der Vorstadt Claughton das St. Aidan's College für anglikan.
Geistliche, im NW. der Stadt den musterhaft angelegten Clifton-Park und den 1885 eröffneten Mersey-Park.
– Seinen Ursprung der im 11. Jahrh. gestifteten Benediktiner-Priorei «Byrkhed» verdankend, hatte Birkenhead Anfang
des 19. Jahrh, kaum 100 E., 1821: 236, 1851: 24285, 1881:84006, 1891 ohne Vororte 99184 und 1893:103817 E. Bis 1840 war die
Umgegend teils wüst, teils mit einigen Pachthöfen und Dörfchen besetzt. Zur Anlegung von Docks kaufte 1824 J.
Laird mit andern Liverpooler Kaufleuten sehr billig eine große StreckeGrund an den Grenzen
[* 53] der Wallasey Pool genannten Bucht der
Mersey.
Erst 1847 jedoch wurde das erste von der Birkenhead Dock
[* 54] Company erbaute Dock eröffnet. 1857 sind die Docks in die
von Liverpool eingeschlossen und seit 1869 mit denselben durch eine Eisenbahn verbunden. Einschließlich
des 48,6 ha umfassenden Great-Hoat, mit einer Minimaltiefe von 6,7 m, besitzt Birkenhead Docks von 68,8 ha. Fläche, 15 km Quais und
zahlreiche Werfte, wo einige der größten eisernen Schiffe
[* 55] der Erde (u. a. die «Alabama») erbaut worden sind. Die wichtigsten
Industriezweige sind Fabriken zur Erbauung riesenhafter Brücken, Eisengießereien, Kupferschmieden, Firnis-,
Ölkuchen-, Mehl- und Lastwagenfabriken.
ein weißer, schwarz bestäubter und gefleckter Schmetterling
[* 59] von etwa 53 mmSpannweite, von plumpem, spinnerartigem Habitus, im männlichen Geschlecht mit doppelkammförmigen
Fühlern, fliegt vom April bis Ende Mai.
Die graue, seltener grünliche Raupe lebt im Sommer auf Laubholz.
(Gastropachalanestris L.), Kirschenspinner, Wollafter, ein im männlichen Geschlecht etwa 36, im weiblichen 46 mm
spannender, sehr gemeiner Nachtfalter mit rotbraunen Vorder- und Hinterflügeln, über welche eine durchgehende, geschlängelte
weiße Querlinie verläuft. Die Vorderflügel haben auch vor derWurzel
[* 60] noch einen weißen Punktfleck. Der Schmetterling fliegt
im April und Mai. Die Raupe ist von bläulichschwarzer Grundfarbe mit zwei Reihen rostrot behaarter Rückenwarzen, an jeder
Seite mit einer oberhalb der Füße und Afterfüße verlaufenden gelblichen, schmalen Längsbinde und auf der
ganzen Oberseite mit zerstreut stehenden weißen Punkten. Sie lebt im Vorsommer und Sommer gesellig in größern Gespinsten
auf Laubbäumen, besonders Kernobstbäumen.
schwarzer Doggert, Dagget, schwarzer Degen, namentlich in Rußland durch trockne Destillation der Birkenrinde
dargestellter Teer. In seinen Verwendungen ersetzt er den Holzteer, außerdem dient er zum Einschmieren gröberer, aus Juchtenleder
gefertigter Gegenstände, wie Jagdstiefel. Für feinere Juchtenlederwaren verwendet man das durch Destillation des Teers gewonnene
Birkenteeröl (s. d.). Der specifische Geruch des Juchtenleders ist auf Bestandteile des Birkenteer zurückzuführen.
Der Birkenteer enthält Kohlenwasserstoffe, die dem Terpentinöl isomer sind, verschiedene Brandharze und sonstige Produkte der trocknen
Destillation, außer diesen noch den in der Rinde fertig gebildeten Birtenkampfer oder das Betulin (s. d.).
Daggetöl, Juchtenöl, das durch nochmalige Destillation aus dem Birkenteer gewonnene
ätherische Öl. Es ist frisch bereitet gelblich und klar, färbt sich aber nach und nach braun und wird trübe;
der Geruch
ist sehr stark und nicht angenehm, in sehr verdünntem Zustande hat es aber den angenehmen Geruch nach Juchten. Es enthält
neben vielen andern Stoffen verschiedene Phenole.
Birkenwein, Birkenmet, ein erfrischendes Getränk, das am Harz, in Kurland,
[* 62] Livland
u. s. w. aus dem Frühjahrssaft der Birke gewonnen wird, indem man den untern Teil des Stammes anbohrt und den ausfließenden
Saft sammelt, wovon ein großer Baum 16‒18 l liefern soll. Derselbe gerät rasch in Gärung. In verstöpselte Flaschen gebracht,
wird die bei der Gärung entwickelte Kohlensäure in der Flüssigkeit zurückgehalten und bewirkt nach
dem Ausgießen des ein leichtes Schäumen; häufig versetzt man den Saft mit Zucker,
[* 63] wodurch die Gärung verstärkt und das
Produkt weinähnlicher wird.
(Tetraotetrix L., s.Tafel: Hühnervögel
[* 65] Ⅰ,
[* 61]
Fig. 6) ist eine Art der Gattung Waldhuhn, aus
der Familie der Rauchfußhühner (Tetraoniden), die sich durch den besonders bei dem Männchen gabelförmig geteilten Schwanz
auszeichnet. Das Männchen, Spielhahn, auch Schildhahn genannt, welches unter die schönsten Vögel
[* 66] des
europ. Nordens gehört und gegen 60 cm hoch wird, ist schwarz, am Halse und Unterrücken mit stahlblauem Glanze, am Bauche weiß
gefleckt, mit schneeweißen Unterschwanzfedern, auf den Flügeln mit einer weißen Binde gezeichnet und mit hochroten, warzigen
Brauenbogen geschmückt.
Der Schwanz ist stark gabelförmig geteilt und etwas leierförmig, indem die vier Seitenfedern desselben
mit ihren Enden bogenförmig nach außen gekrümmt stehen. Das Weibchen ist kleiner, oben rostgelbbraun, mit zahlreichen,
in Querbänder geordneten, dunkelbraunen Flecken gezeichnet, an der Brust kastanienbraun und schwarz gebändert, und die Spitzen der
größern Flügeldeckfedern sind weiß. Der rostfarbene Schwanz ist undeutlich gegabelt, schwarz gefleckt und mit
weißen, schwarzgestreiften Deckfedern versehen.
Das Birkhuhn ist in ganz Europa, von dem Mittelmeer bis nach Lappland, zu Hause, besonders gemein in Sibirien, in Skandinavien und
Finland;
im mittlern Deutschland findet es sich vorzüglich auf dem Harze, dem Thüringerwalde und dem sächs.
Grenzgebirge, doch keineswegs
häufig;
in Frankreich zeigt es sich selten, öfter in der Schweiz,
[* 67] wo es
an einigen Orten Fasan genannt wird. Es liebt nicht den Hochwald, sondern mehr niederes Gesträuch und Moorgrund;
gleicht
aber übrigens in seiner Lebensweise sehr dem Auerhahn, mit welchem der Birkhahn auch das Balzen (s. d.) gemein hat, doch wird
er dabei nie so blind gegen jede Gefahr wie der Auerhahn, ist auch scheuer und flüchtiger als dieser.
Die Jagd auf das Birkhuhn, die in Skandinavien und Schottland ein beliebtes Wintervergnügen ausmacht, wird dort auf verschiedene
Weise betrieben; in Deutschland dagegen wird der Birkhahn meistens auf dem Balzplatze geschossen. Zur Nahrung dienen ihm Insekten,
Blüten, Blätter, Beeren, Knospen der Bäume und der Samen verschiedener Hülsenpflanzen. Die Henne legt 12‒16
gelbe rostfarbig punktierte, längliche Eier
[* 68] in ein ohne Sorgfalt bereitetes Nest, das meist nur aus einer flachen Grube besteht,
und brütet 25‒28 Tage; aber erst in der siebenten Woche vermögen die Jungen sich auf die Bäume zu schwingen.
Zwischen Auergeflügel und Birkgeflügel kommen Bastardierungen vor; die männlichen Bastarde heißen Rackelhahn. Kommt ein
Rackelhahn in einem Auergeflügelbestand vor, so ist mit Sicherheit zu schließen, daß der Vater ein Birkhahn war, ebenso
wenn ein solcher mit Birkgeflügel getroffen wird, daß dessen Vater ein Auerhahn war. Das Fleisch des
Birkhuhn ist weit zarter und saftiger als das des Auerhahns, daher auch beliebter. Die Birkhuhn, die man in der Gefangenschaft antrifft,
stammen meist aus Skandinavien und werden mit etwa 50 M. das Paar bezahlt. Sie sind sehr scheu und schwer zu halten, da sie
durchaus die Nahrung verlangen, die sie in der Freiheit genießen. ^[]
Anton, Germanist, geb. in Wurmlingen bei Tübingen,
[* 69] studierte zu Tübingen kath. Theologie und deutsche
Philologie, wurde 1869 in Bonn
[* 70] Privatdocent für deutsche Philologie, 1872 außerord. Professor und starb daselbst.
Birlinger machte sich die Erforschung der süddeutschen, namentlich der alamann. Mundarten, Sagen
und Sitten zur Aufgabe und leistete hier Verdienstliches. Er veröffentlichte u. a. «Schwäb.-Augsburgisches
Wörterbuch» (Münch. 1864),
«Rechtsrhein. Alamannien»
(Stuttg. 1890); mit Crecelius eine bereicherte Prachtausgabe von «Des
Knaben Wunderhorn» (2 Bde., Münch. 1873‒77); mit Buck «Volksthümliches aus Schwaben» (2 Bde., Freiburg
[* 71] 1861‒62).
Seit 1871 leitete Birlinger die «Alemannia. Zeitschrift für Sprache,
[* 72] Litteratur und Volkskunde des Elsasses, Oberrheins und Schwabens»,
die zahlreiche Beiträge von ihm enthält.
Barma, unter brit. Regierung stehendes Land in Hinterindien,
[* 73] dessen Bewohner sich Mran-ma
schreiben und Ba-ma (der Aussprache nach) nennen; die Engländer machten daraus Burma(h) oder nannten
es nach der frühern Hauptstadt Kingdom of Ava. Bis 1886 unterschied man Britisch-Birma(nien) und das unabhängige Ober-Birma
(engl. Upper oder IndependentBurma), letzteres jenseits 19° 25½' im Norden von Britisch-Birma. Seit 1886 gehört aber auch
Ober-Birma zum Indobritischen Reiche. Birma wird im N. von der brit. ProvinzAssam und von Tibet, im O. von
der chines. Provinz Jünnan und von Tongling und Siam, im S. vom Golf von Martaban und vom
¶
mehr
Golf von Bengalen, im W. von dem bengal. Distrikte Tschittagong, von einem unerforschten Gebirgslande, von dem Staate Manipur
und von Assam begrenzt und liegt zwischen 9° 55' bis 27° 15' nördl. Br. und zwischen 92° 10' bis 100° 40' östl. L., mit
einem Gebiete von etwa 414951 qkm.
Bodengestaltung. Birma ist meist hügelig und selbst bergig, erhebt sich gegen N. mehr und
mehr und ist von verschiedenen parallelen Gebirgsketten mittlerer Höhe in der Richtung von N. nach S. durchzogen, der Nat-tung,
der Pegu-Joma (s. d.) und der westlichsten der Arakan-Joma (s. d.). Mit seinem nördlichsten Teile geht dasselbe in das hohe,
wenig bekannte Alpenland östlich von Assam und Bhotan zwischen Brahmaputra und dem chines. FlusseKin-scha
über. Niedrigeres Flachland findet sich hauptsächlich zu beiden Seiten der nordsüdlich gerichteten Ströme: des Irawadi
(s. d.), der eigentlichen Lebensader des Landes, seines westl. oder rechten Nebenflusses Thalawadi oder Kjin-dwin und des
östlich vom Irawadi verlaufenden Sittang und Saluen (Salwin). Die südöstlichsten Grenzdistrikte gegen
Jünnan und Tongking
[* 75] werden noch vom Mekong oder Kambodschaflusse und dessen westl. Nebenflüssen bewässert.
Archäisches und paläozoisches Gestein bildet den Norden, die ganze Küste ist tertiär, das Irawadi-Delta quartär. Erloschene
Vulkane
[* 76] liegen an der Küste.
Klima.
[* 77] Birma, mit seiner größern südl. Hälfte innerhalb der
Wendekreise liegend, hat im allgemeinen, zumal in den niedriger gelegenen Landstrichen, ein heißes Klima. Die Wärme
[* 78] beträgt
daselbst während der Monate April bis Juli 30° C., steigt zuweilen bis 43°, sinkt aber in den kühlsten Monaten, November
bis März, auf 25°. Die periodischen Regen fallen August bis Oktober. Die durchschnittliche jährliche
Regenhöhe beträgt bei Bassein, Rangun
[* 79] und Pegu 2,5 m, am obern Laufe des Irawadi nur 0,8 m, bei Mandale 1,2 m; der Küste entlang
von Akjab bis Mergui steigt sie bis zu 5 m. Das Klima ist für europ. Truppen noch viel unzuträglicher als das der ind. Niederungen.
In den den nördlichsten Teil von Birma bildenden Thälern sind die Winter rauh und bringen auch Schnee
[* 80] und Eis.
[* 81] Selbst in den Sommermonaten
erreicht die Quecksilbersäule hier nie die mittlere Höhe der südlichern Niederungen. Birma ist ein an Erzeugnissen
aus allen drei Naturreichen höchst ergiebiges Land. Die große Fruchtbarkeit des Bodens wird in den Niederungen
durch das Übertreten der Flüsse
[* 82] während der periodischen Regenzeit noch vermehrt.
Mineralien.
[* 83] Man gewinnt Gold
[* 84] nur aus dem Flußsande; auf Silber, Blei
[* 85] und treffliches Eisen wird nur in den östl. Teilen von den
Schan gebaut. Auch an Kupfer,
[* 86] Zinn und Antimon fehlt es nicht; Steinkohlen sind in Menge vorhanden. Petroleum
wird aus einer beträchtlichen Anzahl (130) Brunnen
[* 87] bei Jenangong am linken Ufer des Irawadi im Betrage von 26 bis 28 Mill.
Pfd. jährlich gewonnen. Sonst findet man noch weißen Marmor, sog.
edeln Serpentin oder Ophit (Ju-Stein), Bernstein,
[* 88] Saphire und Rubine bei Mogok, Nephrit bei Mogung.
Pflanzenwelt. Die Flora verbindet die reichsten Gegenden Vorderindiens (Assam) mit der hinterindischen von Malaka. Das Teakholz
(von Tectonia grandisL.) erreicht hier seinen östlichsten Bezirk und wetteifert mit zahlreichen andern Nutzhölzern, welche
die sorgsame Überwachung der Urwälder in ihrer Verbreitung schon jetzt festgestellt hat, besonders in den Arbeiten eines Deutschen,
Sulpicius
Kurz.
Eichen sind mit Dipterocarpaceen vergesellschaftet, sogar die Bestände der südlichsten Kiefern (Pinus Merkusii) fehlen nicht.
Manche Baumarten Vorderindiens, welche dort in Bergeshöhe wachsen, steigen in Birma beträchtlich zur Küste herab.
Tierwelt. Die Fauna ist eine echt tropisch-indische. Es finden sich zahlreiche Affen,
[* 89] sowohl Meerkatzen als Schlankaffen sowie
Gibbons; auch die Halbaffen
[* 90] sind durch die Gattung Nycticebus vertreten. Leoparden, Tiger und Bären finden
in den dichten fast unzugänglichen Waldungen sichere Schlupfwinkel. Hirsche,
[* 91] Schweine,
[* 92] Nashörner, Elefanten beleben die
Landschaft, Vögel sind in vielen Arten vertreten, desgleichen Eidechsen
[* 93] und Schlangen.
[* 94] Die Gewässer beherbergen Krokodile
[* 95] und
zahlreiche Fische.
[* 96] Da die Religion Fleischspeisen untersagt, so züchtet man auch kein Schlachtvieh; doch
werden Ochsen, Büffel, Pferde,
[* 97] Esel, Ziegen und Elefanten als Zugvieh gehalten.
Bevölkerung.
[* 98] Sie beträgt 1891 7605560, d. i. 17 auf 1 qkm, und besteht aus dem herrschenden Volke der eigentlichen Birmanen
oder Birmesen und den ihnen nahe verwandten Tanimgtha, Javoi, Arakanern, Jalaing, Ja, Dainguet, Salon,
sowie aus Karenen, Kaku Kakhjenen, Tschin, Singho im N. und Schan im O. Diese Schan, deren Zahl auf 2 Mill. geschätzt wird,
wandern alljährlich in großen Scharen von Osten her in ein, sind kultivierter als die übrigen Stämme und besitzen einige
Litteratur, während die Karenen ein Waldleben führen. Im früher sog.
Britisch-Birma (236251 qkm) zählte man 1855 nur etwa 1½ Mill., 1881 schon 3736771 und 1891 4658627 E., d. i. 19 auf 1 qkm,
darunter zahlreiche Chinesen, Hindu, mohammed. Inder, Nordamerikaner und Europäer.
Der Religion nach zerfiel die Bevölkerung in Birma (1891) in 6888075 Buddhisten (90 Proz.), 253031
Mohammedaner, 168449 Nat oder Geisterverehrer, 171577 Hindu, 120768 Christen, 96 Parsen, 3164 Sikh und 351 Israeliten. Sämtliche
der genannten Stämme werden fälschlicherweise der indochines. Völkergruppe zugerechnet; sie haben aber mit den Indern nichts,
und mit den Chinesen nur die typische Gesichts- und Schädelbildung gemein, da sie der mongol. Rasse im
weitesten Umfange angehören.
Auch bietet ihre physische Bildung eine unverkennbare Ähnlichkeit
[* 99] mit jener der Malaien. Die eigentlichen Birmesen oder Birmanen,
einschließlich der Arakaner etwa 4 Mill., bewohnen das Land zwischen Pegu und dem nördl. Wendekreise: sie sind wohlgebaut,
meist klein, aber stämmig, von braungelber Hautfarbe. Sie besitzen langes, glattes, schwarzes Haupthaar
und wie alle mongol. Völker meistens nur schwachen Bartwuchs. Infolge despotischen Druckes treulos, lügenhaft, kriechend,
sind sie jetzt im ganzen gesittet, frohsinnig und freigebig.
Nüchternheit herrscht allgemein, Opiumrauchen und Spielsucht aber sind sehr verbreitet. In ihrer Bildung stehen die Birmanen
hinter den Indern zurück. 1890 wurden 165 Werke, meist poetischen und religiösen Inhalts, veröffentlicht; 1889 waren
es nur 84. Von den 28 Zeitungen erscheinen 4 (2 englische und 2 birmanische) täglich. Reinlichkeit in Kleidung und Wohnung
trifft man selten; daher die Häufigkeit von Hautkrankheiten.
[* 100] Die Häuser sind einstöckig, die der niedern Klassen aus Bambus
und mit Palmblättern gedeckt, die der reichern oft ganz vergoldet. Hauptspeise ist Reis, Wasser das alleinige
Getränk. Vielweiberei ist erlaubt, aber selten, Ehescheidung¶
mehr
sehr häufig und leicht zu vollziehen. Keuschheit der Frauen, die in freierer Stellung leben als in Indien, wird bei den Birmanen
nicht geschätzt. Junge Mädchen aus den untern Klassen werden an Fremde gegen Bezahlung für längere oder kürzere Zeit abgegeben.
Die Aussätzigen werden gesetzlich von der Gesellschaft ausgeschlossen, die Leichen der an der Cholera
Verstorbenen sowie die der Kinder begraben, die Übrigen in Särgen verbrannt. Die Schan sind ärmer als die Birmanen, aber
kräftiger und mutiger und haben auch sonst die Charakterzüge der Gebirgsvölker. Zugleich zeigen sie große Anlage für
den Handel. Die Karenen unterscheiden sich ebenfalls von den eigentlichen Birmanen durch ihre größere
Ausdauer; viele von ihnen sind durch amerik. Missionare von einer wilden Naturreligion zum Christentum bekehrt worden.
Kultur. Die Religion der Birmanen ist der Buddhismus. Die Priester sind Mönche, deren Klostergebäude (Kjaung) meist in großen
Gärten bei den Städten liegen. An der Spitze der gesamten Priesterschaft steht der P'ha-T'hena-Baing
(d. i. Verteidiger des Glaubens), der die Vorsteher der einzelnen Klöster einsetzt und zu den Reichswürdenträgern gehört.
Die birman. Tempelgebäude (P'hra oder Tsa-di) haben eine eigentümliche Bauart. Die Sprache der Birmanen, grammatisch und
lexikalisch für Europäer von Latter, Judson, Lane bearbeitet, ist eine einsilbige und der chines. und
tibetan.
Sprache nahe verwandt. Die Schriftzeichen, aus dem Pali entwickelt, zeigen durchaus runde Formen. Die Litteratur ist
nicht unbedeutend und stammt aus dem 6. bis 7. Jahrh. n. Chr.
Die Hauptmasse derselben ist buddhistisch-religiöser Natur und in Inhalt und Form aus Indien übernommen. Die Buchdruckerkunst
ist erst neuerdings durch christl. Missionare in Birma bekannt geworden.
Man schreibt mit eisernen Griffeln auf Abschnitte von Palmblättern. Eigentliche Schulen bestehen nur in den Klöstern.
Unterrichtsanstalten für Mädchen fehlen gänzlich. Zeugnisse für die ziemlich entwickelte Baukunst
[* 102] geben die Dagobas (buddhistische
Reliquienheiligtümer), die Tempelgebäude sowie die in allen Orten vorhandenen sog. Sajat,
die teils religiösen Zwecken, teils als öffentliche Herbergen oder zu Gemeindeversammlungen dienen.
Auch finden sich mittelalterliche Ziegelbauten in modifiziertem ind. Stile und schöne Flach-, Rund- und Spitzbögen an alten
Gebäuden erhalten. Die Plastik beschäftigt sich besonders mit der Herstellung großer Buddhabilder. Proben alter Kunstfertigkeit
sind besonders in der Stadt Pagan zu finden.
Landwirtschaft. Hauptprodukt in den Niederungen ist Reis (102 Arten), der 23283 qkm, d. i. fast die Hälfte
des kultivierbaren Bodens in Anspruch nimmt, in den höhern Teilen werden Weizen, Mais, Hirse
[* 103] und verschiedene Hülsenfrüchte
gebaut. Baumwolle
[* 104] liefert das Gebiet des mittlern Irawadi in großer Menge; Sesam, Zuckerrohr und ausgezeichneten Tabak baut
man fast nur für den eigenen Bedarf. Thee ist im Oberlande einheimisch und wird nach den niedern Gegenden
verhandelt. Ein Teil desselben wird nicht getrocknet, sondern eingesalzen und so zu einem beliebten Getränke benutzt, ein
anderer Teil mit Öl und Knoblauch gegessen. Indigo
[* 105] wächst wild, wird aber schlecht bereitet.
Industrie, Handel und Verkehr. Industrie treiben sowohl die Birmanen als auch die übrigen Bewohner des
Landes. Die Frauen verfertigen
grobe Baumwollstoffe und auch Zeuge aus inländischer Seide.
[* 106] Unter den Metallwaren sind besonders
die Schellen und Glocken sowie die Zinnarbeiten (Buddhabilder, Laternengestelle) hervorzuheben sowie auch Schnitzarbeiten
aus Holz und Bambus, vorzügliches Töpfergeschirr; auch wird Fabrikation von Eisenwerkzeugen, Seidenzeug,
Zeugfärberei betrieben. In Rangun sind drei bedeutende Schiffsreeden, auf denen auch große See- und Flußschiffe gebaut
werden.
Pagan ist Mittelpunkt der Lackwarenindustrie. Seehandel durch die Eingeborenen fand auch früher, als sie das Land noch bis
zur Küste selbständig beherrschten, nicht statt. Hauptgegenstände der Ausfuhr sind Teakholz, Baumwolle,
Wachs, Erdöl,
[* 107] Kutsch oder Gambir (aus UncariaGambir Roxb.),
Stablack, Salpeter, Elfenbein, Rhinoceros- und Hirschhörner, Rubine, Saphire, Serpentin, in geringem Umfange auch Blei, Kupfer,
Zinn, Indigo, Bernstein, eßbare Vogelnester u. s. w. Zur Einfuhr gelangen Baumwollzeuge, Eisen, Stahl, Kupfer, Quecksilber,
Schwefel, Schießpulver,
[* 108] Feuerwaffen, engl. Glaswaren, grobes Porzellan, Kokos- und Arecanüsse,
Thee, rohe Seide, Sammet- und Seidenstoffe, Moschus, Papier, Fächer,
[* 109] Sonnenschirme, Opium, Zucker, Spirituosen. – Der auswärtige
Handel ist ganz in den Händen der Ausländer, namentlich der Engländer und Chinesen.
Noch bedeutender als die Ausfuhr nach den Seehäfen ist der Handelsverkehr mit China,
[* 110] namentlich der Provinz Jünnan. Hauptort
derselben ist Bhamo (s. d.), wo der Umtausch der von den Birmanen dorthin mit Flußfahrzeugen
gebrachten Erzeugnisse ihres Landes, im Werte von ungefähr 6 Mill. M., gegen chinesische im Betrage von etwa 4½ Mill. M.
stattfindet. Die Ausfuhr von dort nach China geschieht längs Karawanenstraßen. Eine Belastung des Handels gehörte zu Monopolen
des Herrschers.
Seit 1861 wurde ein Silber-Pikul als wirkliche Münze geprägt, daneben kleinere StückeBleies, Silbers und Goldes, die ungefähr
mit den ind. Münzen
[* 111] (Rupie u. s. w.) übereinstimmten. Genauere
Zahlen für den Handel besitzt man für das ehemalige Britisch-Birma. Hier wertete der Gesamtaußenhandel 1886/87: 56632567
M., 1890/91 dagegen 218828200 M.;
Die Gesamteinfuhr betrug im letztern Jahre (einschließlich des Grenzhandels) 79586715 M., die Gesamtausfuhr 139241484
M. Ausfuhrartikel sind: Teakholz (im Werte von 5,4 Mill. M.), Katechu (2,0), rohe Baumwolle (1,0), Kautschuk (0,9 Mill. M.);
vor allem aber Reis, dessen Ausfuhr 1890/91 89,98 Mill. M. Wert (das ist eine Steigerung von 26 Proz. gegen
das Vorjahr) erreichte. Die wichtigsten Einfuhrgegenstände sind Metalle und Metallwaren, Woll- und Baumwollwaren, Rohseide
und Seidenwaren, Fische, Gemüse, Bier und andere Lebensmittel. Die Hauptindustriezweige sind: das Mahlen des Reises (auf 49 Reismühlen,
davon 28 in Rangun), Weberei,
[* 113] Holzsägerei (auf 20 Dampfsägemühlen in Rangun, Malmen, Akjab, Bassein),
Töpferei, Schiffs- und Wagenbau, Papierfabrikation,
[* 114] Elfenbeinschnitzerei u. s. w. Die
Staatseinnahmen betrugen 1891 5087045, die Ausgaben 3835507 Rupien. – Das Verkehrswesen ist während der trocknen Jahreszeit
sehr beschränkt, da Landwege nur spärlich vorhanden sind. Eisenbahnen giebt es zwei: Rangun-Prome und Rangun-Tungu-Naiingjan-Mandale
(am eröffnet). Fortsetzung der letztern
¶