(engl., lat. billa, Korruption von bulla, Urkunde) ist zunächst allgemeiner Ausdruck für eine Reihe von Urkunden.
So hieß Bill of complaint in Chancery im frühern Verfahren die Klagschrift, welche den Prozeß im Kanzleigericht eröffnete.
Daher: The bill was dismissed = die Klage wurde abgewiesen. Die Untersuchungsjury (Grand Jury) findet
im Strafverfahren eine true bill, wenn die Anklage prima facie als begründet angesehen wird. Ferner bezeichnet Bill eine Rechnung,
ein Plakat, einen Wechsel (in ausführlicherer Form Bill of exchange) u. s. w.- Insbesondere versteht man unter Bill einen dem
Parlament vorgelegten Gesetzentwurf.
Jede hat in beiden Häusern drei Lesungen durchzumachen; bei der zweiten Lesung wird über das Princip
der Bill debattiert: zwischen der zweiten und dritten Lesung erfolgt die Beratung «in Committee», in der die einzelnen Paragraphen
besprochen und häufig abgeändert werden. Das sog. Komitee besteht in der Regel aus allen Mitgliedern (Committee of the whole
house), nur führt statt des Lord-Chancellor, bez. statt des Speaker, der Chairman of Committees den Vorsitz,
und die Verhandlung geht in formloserer Weise vor sich. In Ausnahmsfällen wird eine an eine Specialkommission (Select Committee)
aus 15 Mitgliedern verwiesen.
Seit 1882 sind im Unterhause die beiden sog. Grand Committees eingeführt worden, die aus je 60-80 Mitgliedern
bestehen und an die Stelle des Committee of the whole house treten, wenn es sich um Handelsangelegenheiten oder Angelegenheiten
der Rechtspflege handelt. Nach der Kommissionsberatung wird über das Resultat an das Haus berichtet (Report) und schließlich
erfolgt die dritte Lesung. Wenn das Haus, das zuletzt eine Bill berät, dieselbe verändert, so
muß sie in ihrer veränderten Gestalt an das andere Haus zurückverwiesen werden und, wenn dann wieder Veränderungen der
Veränderungen vorgenommen werden, ist eine zweite Rückverweisung nötig.
Für die Erzielung einer Einigung bei Konflikten giebt es verschiedene Proceduren. Sog. Money bills, d. h. Bill, welche den Staatshaushalt
betreffen, können nur von der Regierung beantragt und müssen in erster Linie dem Unterhause vorgelegt
werden. Die Beratung über diese Bill erfolgt zuerst im Committee of the whole house, das Committee of Supply heißt, wenn
es sich um Staatsausgaben handelt, Committee of Ways and Means, wenn es sich um Staatseinnahmen handelt. Die
Beschlüsse, welche aus diesen Beratungen hervorgehen, werden gewöhnlich am Ende der Sitzungsperiode in einen AppropriationAct und einen Customs and Inland RevenueAct zusammengefaßt.
Das House of Lords hat das Recht, die betreffenden Entwürfe zurückzuweisen (was übrigens in neuerer Zeit
nie geschieht),
darf sie aber nicht abändern. Bill, welche Religion oder Handel betreffen, kommen im Unterhaus nicht zur
Beratung, wenn die allgemeinen Grundsätze, welchen sie Ausdruck geben sollen, nicht vorher durch Beschluß im Committee of
the whole house anerkannt wurden. Im übrigen kann jede Bill sowohl dem Unterhause als dem Oberhause zuerst vorgelegt und sowohl
von der Regierung als einem beliebigen Mitgliede eines der beiden Häuser beantragt werden.
Das letzte Stadium ist die königl. Genehmigung. Es ist seit dem Tode Wilhelms III. nicht vorgekommen, daß dieselbe versagt
wurde; wenn jetzt der Souverän eine Bill mißbilligt, so muß er zu verhindern suchen, daß sie zum Gesetz erhoben wird, was
durch Entlassung der Minister, Auflösung des Parlaments u. s. w. erreicht werden kann. Das bis jetzt
besprochene Verfahren bezieht sich nur auf Public bills (s. Act). Bei Private bills ist der Schwerpunkt
[* 8] der Beratung im Committee.
Die Committees, welchen Private bills vorgelegt werden, bestehen aus 4-5 Mitgliedern. Sie hören die Advokaten der Parteien,
welche die Bill befürworten oder sie zu verändern oder ihren Erfolg zu verhindern suchen (insofern
sie ein Interesse am Gegenstand derselben haben), vernehmen Zeugen und verhandeln überhaupt mehr in den Formen einer gerichtlichen
als einer gesetzgebenden Behörde. Auch die Form, in der die königl. Zustimmung erteilt wird, zeigt, daß es sich
bei der Private bill mehr um die Entscheidung in einem Konflikt zwischen Privatinteressen als um einen gesetzgeberischen Akt
handelt. Während es bei Public bills heißt: «Le
[* 9] roi (la reine) le veult», lautet die Formel bei Private bills: «Soit fait
comme il est désiré». Hauptthätigkeit der Gesetzgebung durch Private bills ist die Erteilung
von Konzessionen an Eisenbahn- und Kanalgesellschaften.
eine auf Füßen stehende, völlig wagerechte, herkömmlich mit
grünem Tuche überzogene und mit einem erhabenen, elastischen Rande (Bande) versehene Tafel (von 220 bis 275 cm Länge und 110 bis 150 cm
Breite,
[* 10] gewöhnlich doppelt so lang als breit), auf der mit mehrern Elfenbeinbällen das Billardspiel
ausgeführt wird. Die Versuche, quadratische, kreisförmige, ovale oder sechseckige Billard einzuführen, haben keinen
Beifall gefunden. Die Billard werden entweder so angefertigt, daß an den Langseiten je drei Öffnungen (Löcher)
angebracht sind, welche in Ballfänger (bascules) zur Aufnahme der hineingespielten Bälle führen, sog.
deutsche Billard; oder so, daß keine Öffnungen vorhanden sind, sog. französische oder
Karambolage-Billards. Bei den verschiedenartigen Partien, die auf dem Billard von zwei oder mehrern
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Personen mit 2-22 Bällen, auch mit kleinen, in der Mitte der Tafel aufgestellten Kegeln (5 an der Zahl) gespielt werden (z. B.
gewöhnliche Partie, Karoline oder Russische,
[* 12] Pyramide-, Doublé-, Karambolage-Partie, Kegelpartie, gewöhnliche Poule, Kegel-Poule),
setzt der Spieler seinen Ball oder einen besondern Spielball durch Stoßen mit einem an der Spitze mit Leder
versehenen Stäbe (Queue), der mit Kreide
[* 13] eingerieben wird, um das Abgleiten zu verhüten, in Bewegung, um einen andern Ball
so zu treffen, daß letzterer (der Zielball) in eine der Öffnungen oder, wie in der Kegelpartie, Kegel-Poule u. s. w., in
die Kegel getrieben wird, oder endlich noch einen andern Ball berührt.
Bei einigen Partien werden, wenn der Spielball keinen Ball trifft oder selbst sich in eine Öffnung oder in die Kegel verläuft,
diese Fehler dem Gegner gutgeschrieben. Im Fuchsspiele und bei der sog. Asperdo-(à se perdre)Partie
zählen jedoch Verläufer, wenn ein anderer Ball berührt wurde, für den Spielenden. Die Partie ist gewöhnlich
beendet, sobald einer der Spielenden die vorher festgesetzte Pointszahl gewonnen hat; doch giebt es auch Partien, die unter
den besiegten Teilnehmern bis zum Unterliegen des letzten fortgesetzt werden, oder welche die Vereinigung sämtlicher Einsätze
auf nur einen übrigbleibenden Sieger bezwecken. Je nachdem der zweite Ball voll, über, unter oder neben
seinem Mittelpunkt getroffen wurde (natürlicher Stoß, Nachlaufstoß, Effektstoß zum Zurückklappen, Effektstoß zur Rechten
oder Linken), dreht er sich in einer von dem Spieler abgewendeten oder demselben zugekehrten Richtung um seine Achse.
Letztere liegt, wenn der Vall voll genommen, d. h. wenn nach dem Mittelpunkte beider Bälle visiert ist (Centralstoß), in
einer horizontalen, bei seitlichen (excentrischen) Stößen in einer nach rechts oder links geneigten Ebene. Die schon hieraus
sich ergebende Mehrheit von Kombinationen wird noch durch die Einwirkung der Gesetze vermehrt, nach welchen sich das Zusammentreffen
elastischer Körper regelt. Ein völlig horizontaler Centralstoß giebt die Bewegung des Spielballs an den Zielball
völlig ab, sodaß der Spielball stehen bleibt und der angestoßene weiterläuft.
Hochstöße lassen den Spielball noch nach dem Auftreffen fortrollen oder, falls sie mit besonderer Stärke
[* 14] geführt wurden,
über den Zielball hinwegspringen: bei Klappstößen bleibt dagegen der Spielball vermöge seiner dem Spieler zugewendeten
Drehung im Augenblicke der Zusammenkunft mit dem andern Balle entweder stehen oder läuft selbst zurück,
wenn der Stoß sehr kräftig war. Der voll getroffene Ball bewegt sich in der Richtung des Spielballs fort, während die Linie,
welche der zur Seite getroffene Ball beschreibt, mit der vom Spielballe durchmessenen Linie einen Winkel
[* 15] bildet (Schnitt).
Wird ein Ball ohne
Effekt an die Bande gespielt, so muß der Winkel, in welchem er abprallt, ebensoviel Grade haben wie der, in welchem er auftraf;
bei Effektstößen ist der Winkel des Abschlags je nach dem gegebenen Effekt größer oder kleiner als der des Anschlags. Hierauf
beruht das Brikolieren, wo der eine Ball den andern im Rückschlag von der Bande trifft, ingleichen das Doublieren,
bei welchem der Spielball den Zielball an die Bande treibt, um ihn durch den darauffolgenden schrägen Anschlag an die beabsichtigte
Stelle zu bringen. Von sonstigen Stößen sind noch zu erwähnen: Doublé, Triplé, Quarte, Quinte, Kopfstoß
(massé), Quetscher,
Billardeur, Kicks.
Das Billardspiel scheint sich im 16. Jahrh, in Italien
[* 16] aus dem Ballspiel entwickelt und zunächst in Frankreich
Eingang gefunden zu haben, von dort aus aber im 18. Jahrh, nach Deutschland
[* 17] und dem übrigen Europa
[* 18] gekommen zu sein. In Frankreich
stand es bei Ludwig XIV. in Gunst und verbreitete sich deshalb als noble jeu de billard in der vornehmen
Welt. Zum öffentlichen Halten eines Billard war anfänglich eine besondere Konzession erforderlich. In Paris
[* 19] waren die billards
paulmiers, deren es 1789 nur 200 gab, förmlich patentiert und hatten ihre eigenen Reglements. Gegenwärtig ist diese Beschränkung
aufgehoben und das Billardspiel in den weitesten Kreisen verbreitet.
Die Billardfabrikation hat in neuester Zeit in Deutschland großen Aufschwung genommen. Als bedeutendste Fabrikationsplätze
sind Berlin, Breslau,
[* 20] Hannover,
[* 21] Köln,
[* 22] Mainz
[* 23] und Straßburg
[* 24] anzuführen. Besonders Hannover, Köln und Mainz dürfen mit Recht
behaupten, die solidesten und in konstruktiver Hinsicht die besten Billard der Welt zu liefern. - Das erste Erfordernis
eines guten Billard ist eine genau wagerechte Spielfläche. Anfangs wurde diese aus Holz,
[* 25] später aus Stein, Glas,
[* 26] Marmor, Granit
und Schiefer hergestellt.
Letzterer verdient erfahrungsgemäß vor jedem andern Material den Vorzug. Die von den Banden umschlossene Spielfläche muß
etwa doppelt so lang als breit sein (s. oben). Die 3 cm dicke Schieferplatte
wird bedeckt mit einem dünnen, gleichmäßig gewebten, möglichst straff ausgespannten, feinen, grünen Tuche. Nicht minder
wichtig ist die Billardbande, von der Richtung und Geschwindigkeit des abschlagenden Balles sowie ein bequemer Stoß abhängen.
Der Berührungspunkt des Balles mit der Bande soll möglichst in der Nähe des Ballmittelpunktes liegen, um
das Springen des Balles zu vermeiden, höchstens ein paar Millimeter darüber. Je höher die Bande über dem Ballmittelpunkt
liegt, desto größer ist die Differenz zwischen Anschlag- und Abschlagwinkel.
Die Bande muß durchweg gleichmäßig elastisch, nicht zu weich und nicht zu hart sein und darf nur einen geringen Eindruck
des Balles zulassen. Die früher gebräuchlichen Polster-, Metall- und Federbanden genügten vorstehenden
Anforderungen nicht und sind durch die Gummibande verdrängt. Das vulkanisierte Paragummi ist dem natürlichen vorzuziehen,
weil letzteres zu sehr unter Einwirkung der Temperatur leidet. Eine genügend elastische Bande muß den Ball 6-7mal abstoßen
(ihm 6-7 «Banden geben»).
Das Billard wird vermittelst der Wasserwage und der im Unterteil der Billardfüße befindlichen eisernen Mutterschrauben
wagerecht gestellt. Der Unterteil eines Billard muß aus schwerem, hartem Holze fest gebaut sein, damit selbst die
stärkste Bewegung des Spielers keinen Einfluß auf die Bewegung der Bälle hat. Zu Billardbällen ist nur das weiche, elastische
Elfenbein geeignet. Ein solcher Ball muß gut ausgetrocknet und bei 60 mm Durchmesser 190-200 g schwer
und genau rund sein. Das Spielstab- oder Queuegewicht für diese Ballschwere müßte 4-600 g, demnach das 2-3fache Ballgewicht
betragen, je nach dem mehr oder weniger elastischen Stoße des Spielers. Das Queue muß genau gerade, gut biegsam
und oben mit einer Elfenbeinspitze versehen sein. Der richtigste Durchmesser der Queuespitze ist 13-14 mm. Die mittlere und
beste Queuelänge beträgt 142 cm und der Schwerpunkt dieses Queue muß 40-45 cm
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vom untersten Ende liegen. Ein Queueleder soll gleichmäßig aufliegen, fest, aber doch elastisch sein und nicht im geringsten
vorstehen; die Form soll flachrund sein, mit etwas scharfer Kante. –
Vgl. Coriolis, Théorie mathématique des effets du
jeu de billard (Par. 1835);
Möley, Unterricht im Billardspiel (Lpz. 1841);
Kranefeldt, Das feine Billardspiel
(Berl. 1874);
Th. An. Thropos, Der elegante Billardspieler (Kolberg
[* 28] 1873);
(spr. bĭjoh warénn),Jean Nicolas, franz. Politiker, geb. zu La Rochelle,
trat ohne jeden Glaubenseifer in den Orden
[* 30] der Oratianer und ward Lehrer am Collège zu Juilly, verlor
aber sein Amt und ging 1785 nach Paris, wo er Advokat am Parlament wurde. Im Jakobinerklub trat er 1790 als feuriger Redner
auf und war Mitglied der Pariser Commune. Er galt als einer der Haupturheber der Septembermetzeleien. Im Konvent
stimmte er für den TodLudwigs ⅩⅥ. «binnen 24 Stunden».
Die Errichtung des Revolutionstribunals war zum guten Teil sein Werk. 1793 trug er wesentlich zum Sturze der Girondisten sowie
zur Begründung des Schreckenssystems bei. Von jetzt an entwickelte er im Konvent eine einflußreiche Thätigkeit; fast alle
seine Anträge waren Anklagen. Nachdem er Präsident geworden war, wurden auf seinen Antrag der Herzog von
Orléans,
[* 31] Königin Marie Antoinette und viele andere vor das Revolutionstribunal geführt. Beauftragt, den Wohlfahrtsausschuß
(s. d.) zu organisieren, bekämpfte er die Anarchie, die er selbst mit Ungestüm hervorgerufen hatte. Er veranlaßte den SturzDantons und Robespierres, zog dadurch aber auch seinen und seiner Anhänger Fall nach sich.
Der ihm und seinen Mitangeklagten Collot d’Herbois, Barère u. a. günstige Aufstand vom 12. Germinal beschleunigte
nur ihre Verurteilung. Billaud-Varennes wurde nach Guayana deportiert. Die Begnadigung, die ihm Bonaparte anbot, verschmähte er. 1816 kam
er nach Neuyork,
[* 32] fand aber keine gute Aufnahme, sodaß er sich ein Asyl auf Haïti
[* 33] suchte. Hier bewilligte
ihm Präsident Pétion eine kleine Pension. Billaud-Varennes starb – Die Memoiren seiner Kindheit, 1786 als
«Tableau du premier âge» verfaßt, sind 1888 in der Zeitschrift «La
Révolution française» erschienen; die 1821 erschienenen «Mémoires de
Billaud écrits au Port-au-Prince» (2 Bde.) sind unecht.
(spr. bĭjoh),Auguste Adolphe Marie, franz. Advokat und Staatsmann, geb. zu Vannes, studierte die
Rechte zu Rennes und ließ sich in Nantes
[* 34] als Advokat nieder, wo er schnell Ansehen erwarb und 1837 zum Abgeordneten gewählt
wurde. Er stellte sich mit einer kräftigen Rede gegen die ministeriellen Umtriebe und Bestechungen bei
den Wahlen auf die Seite der dynastischen Opposition. Im KabinettThiers 1840 wurde er Unterstaatssekretär, trat nach dessen
Auflösung, wieder zur Opposition, näherte sich dann aber der ministeriellen Partei.
In den Februartagen von
1848 schlug er sich zur Linken, stimmte für Verbannung der Orléans und gegen das
Zweikammersystem und wurde wegen seiner polit. Unzuverlässigkeit für die Gesetzgebende Versammlung nicht wiedergewählt.
Billault trat in den Advokatenstand zurück, ließ sich aber nach dem Staatsstreiche vom mit amtlichem Beistande im Depart.
Ariége zum Deputierten wählen, worauf ihn Napoleon zum ersten Präsidenten des Gesetzgebenden Körpers
ernannte.
Auf diesem Posten wirkte er nun zur Herstellung des Kaiserreichs mit, das er auch befestigen half, als er im Juli 1854 an
PersignysStelle Minister des Innern wurde. Im Dez. 1854 erhielt er die Senatorwürde. Im Febr. 1858 trat er das Ministerium
des Innern an Espinasse ab, erhielt es aber im Nov. 1859 zurück. Ende 1860 wurde er zum Minister ohne
Portefeuille ernannt, um die Politik des Kaisers im Gesetzgebenden Körper zu verteidigen. Er löste diese Aufgabe in der geschicktesten
Weise. Am mit dem neugebildeten Staatsministerium betraut, wirkte er insbesondere zur Entkräftung der Thiersschen
Opposition. Billault starb zu Grésillières bei Nantes Er gehörte nebst Rouher und
Baroche unter Napoleon Ⅲ. zu den parlamentarisch gewandtesten bonapartistischen Staatsmännern. – Huet gab seine
Plaidoyers und polit. Reden als «Œuvres de M. B.,
précédées d’une notice biographique» heraus (2 Bde.,
Par. 1864, nicht im Buchhandel).
Thun., Pflanzengattung aus der Familie der Bromeliaceen (s. d.), mit etwa 20 Arten, sämtlich dem tropischen
Amerika
[* 35] angehörend. Es sind krautartige Pflanzen mit meist linearen oder schwertförmigen Blättern, nicht selten auf alten
Baumstämmen wachsend. Die meist in Ähren oder Rispen gestellten Blüten haben ein sechsteiliges Perigon, 6 Staubfäden und 3 Narben,
die Frucht ist eine dreifächerige Beere. Von der in Mexiko
[* 36] einheimischen Billbergia tinctoria Mart.
wird die Wurzel
[* 37] zum Gelbfärben benutzt und von der in Brasilien
[* 38] wachsenden Billbergia variegata Mart.
finden die Bastfasern der Blätter, wie die mehrerer anderer Bromeliaceen, Verwendung bei Herstellung von Geweben.
CarlSteenAndersen, dän. Politiker, aus altem dän.
Adel stammend, geb. zu Nykjöbing auf Seeland, studierte die
Rechte und begann 1851 die Herausgabe des «Dagbladet». Als Redacteur hat er sich um die Entwicklung der dän. Tagespresse sehr
verdient gemacht. Der nationalliberalen Partei angehörend, wurde er 1861 Mitglied des Folkethings und machte sich bemerkbar
als ein stets schlagfertiger Redner. 1864 wurde er des Hochverrats angeklagt, weil er das Erbfolgerecht
des Königs Christian Ⅸ. in Zweifel gezogen hatte, jedoch vom Höchstengericht freigesprochen. Nach Verkauf des «Dagbladet»
(1872) war er 1880‒84 Geschäftsträger und Generalkonsul in den Vereinigten Staaten.
[* 41] Zurückgekehrt wurde er 1886 zum Amtmann
in Holbaek auf Seeland ernannt. Hauptwerke: «Tyve Aars Journalistik» (3 Bde., Kopenh.
1873‒77) und «Erindringer fra Rejser i Italien» (2 Bde., ebd. 1878).
in Westfalen,
[* 42] Stadt im Kreis
[* 43] Koesfeld des preuß. Reg.-Bez. Münster,
[* 44] nahe der
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mehr
Quelle
[* 46] der Berkel und den Billerbecker Hügeln (Baumbergen), hat (1890) 1519 kath. E., Post, Telegraph,
[* 47] 2 kath. Kirchen, eine
Rektorats- und eine landwirtschaftliche Winterschule, Sparkasse;
bedeutende Molkerei und Leinweberei, Kalk- und Ziegelbrennerei.
Billet d'amour (spr. bijeh damuhr), Billet doux (spr.
duh), Liebesbrief; Billet de faveur (spr. fawöhr), Freibillet; Billet de (faire) part
(spr. fähr pahr),Anzeige, Meldung (eines Familienereignisses). In der Zusammensetzung Bankbillet ist Billet soviel als Banknote.
Mit Handelsbillet bezeichnete das Preuß. Allg. Landrecht den gewöhnlich an Order gestellten kaufmännischen Verpflichtungsschein
(s. d.); für diesen sind jetzt die Bestimmungen des Deutschen Handelsgesetzbuchs maßgebend.
Wenn in demselben sowohl dem ersten Gläubiger als «an dessen Order» zu zahlen versprochen ist, so kann es mittels Indossaments
(s. d.) an andere übertragen werden; es kommt aber selten in weitern Umlauf. Der Begriff des Handelsbillets, dessen namentlich
das Preuß. Landrecht gedenkt, ist übrigens mit seiner Anwendung dem deutschen Handelsstande entschwunden.
In Frankreich wird auch der eigene oder trockne Wechsel (den derAussteller selbst bezahlt) nur Billet genannt, weil das franz.
Recht derartigen Papieren zunächst die Wechselkraft abspricht. An Order gestellte eigene Wechsel heißen hier billets à ordre
und besitzen Wechselkraft, domizilierte eigene Wechsel, d. i. solche Wechsel, bei denen ein anderer Zahlungsort
als der der Ausstellung bestimmt ist, billets à domicile. - Billetteur (spr. -töhr), einer, der Billet ausgiebt
oder einnimmt; billettieren, mit Billet versehen (z. B. Waren mit Preiszetteln).
sind Maschinen zur fabrikmäßigen Herstellung von Eisenbahnbillets.
Nachdem die zu verwendende
Pappe nach Länge und Breite passend geschnitten ist, werden die Karten mittels einer komplizierten Maschine
[* 49] einzeln gedruckt
und durch einen Zählapparat abgezählt.
Direkt vor derAusgabe werden vom Schalterbeamten Datum und Tageszeit durch die kleine
Stempelmaschine von Edmonson aufgedrückt, die insofern selbstthätig wirkt, als das bloße energische Hineinschieben der
Karte in den Schlitz die Abstempelung bewirkt;
in einer Minute können 100 Billets abgestempelt werden.
(jurist.). Das Recht stellt allgemeine Regeln auf. Wäre es dem Menschen möglich, die Regeln so genau und
so gerecht zu formulieren, daß die einfache logische Konsequenz aus der allgemeinen Vorschrift genügte,
um für jeden einzelnen Fall eine für alle Beteiligten angemessene Entscheidung zu treffen, so hätten wir vollkommene Gesetze.
So aber erfahren wir auf allen Gebieten des Rechts durch die Praxis, daß das Gesetz hier und da nicht paßt. Ein überraschender
Specialfall eröffnet eine neue Perspektive.
Wollte man hier das Gesetz in seiner Strenge anwenden, so würde man zu einer unbilligen Konsequenz kommen.
Die Billigkeit ist kein Mitleid, sie fordert nicht eine Modifikation des Gesetzes, weil dasselbe wegen zufälliger Umstände, welche
für die Regelung rechtlicher Verhältnisse nicht maßgebend sind, den Einzelnen hart trifft, sondern sie fordert, daß das
Gesetz dem, was der Idee des Rechtsverhältnisses entspricht, was seiner innern Natur gemäß ist, Genüge
leistet.
Wer im fremden Auftrag
verreist, hat den Anspruch auf Ersatz der Kosten, welche er im Interesse seines Auftraggebers aufgewendet
hat. Wird er auf der Reise ohne sein Verschulden von Räubern überfallen, welche ihm das, was er als Reisegeld
mitgenommen hat, rauben, so ist das Geraubte nicht im Interesse des Auftraggebers verwendet. Auf jenen Rechtssatz kann er
also einen Anspruch gegen den Auftraggeber nicht gründen. Aber es wäre unbillig, wenn den Schaden der Reisende tragen sollte,
welcher die Reise lediglich im Interesse des Geschäftsherrn unternimmt. Er hätte sich das Reisegeld
vom Auftraggeber vorschießen lassen können, um die Kosten von diesem Barbestande zu bestreiten.
Dann wäre das Geld des Auftraggebers geraubt, und dieser hätte selbstverständlich den Schaden gehabt. Ein billiges Urteil
wird den Auftraggeber für haftbar erklären. Daß etwa der Beauftragte reich ist, und daß den Auftraggeber
nach seinen Vermögensverhältnissen der Verlust härter trifft, entscheidet nicht, das wäre Mitleid. Wenn ein Wechsel durch
Vollindossament übertragen wird, so stehen dem Indossator Einreden aus der Person seines Indossanten nicht entgegen.
Das ist formales Recht. Wenn aber der Indossatar den Wechsel nur aus Gefälligkeit für den Indossanten übernommen hat, um
ihn für dessen Rechnung, aber in eigenem Namen einzuklagen, so verlangt es die Billigkeit, daß er die Einwendungen gegen sich gelten
läßt, welche der Acceptant gegen den Indossanten hätte vorschützen können, wenn dieser selbst geklagt hätte. Nach allgemeinen
Rechtsgrundsätzen muß jeder den Schaden tragen, welcher ihm aus einem unglücklichen Zufall erwächst,
der ihn trifft, er sei arm oder reich.
Die Eisenbahnverwaltungen betreiben aber ein Gewerbe, welches besonders leicht Zufälle mit sich führt. Sie ziehen daraus
Vorteile und sind allein in der Lage, durch die möglichst besten Einrichtungen, sorgsame Überwachung, Auswahl der besten
Kräfte, angemessene Besoldung derselben den Kreis der Unfälle einzuschränken. Der Reisende und der Absender
von Gütern kann dazu gar nichts thun, der Dritte, welcher durch den Eisenbahnbetrieb verletzt wird, noch weniger.
Deshalb war es billig, daß die deutsche Gesetzgebung die allgemeine Rechtsregel für den Eisenbahnbetrieb änderte, den
Unternehmer für den Schaden an Personen und Sachen schlechthin haftbar erklärte. Aber es war wieder billig,
daß die Haftung ausgeschlossen wurde für die Fälle höherer Gewalt, welche auch die beste Verwaltung nicht abwenden kann.
Die Gesetzgebung überläßt teils dem Richter die Hereinziehung der Billigkeit, zumal wenn sie seinem Ermessen die Entscheidung überläßt.
Hier hat das billige Ermessen zu walten, welches auch in Vertragsverhältnissen maßgebend ist. (S. Arbitrium.)
Zum Teil korrigiert sich die Gesetzgebung selbst, indem sie allgemein gefaßte Gesetze durch speciellere Bestimmungen einschränkt,
unzureichende Bestimmungen erweitert, neue Satzungen trifft. Das großartigste geschichtliche Beispiel eines allmählichen
Fortschreitens vom unvollkommenen strengen Recht (jus strictum) mit seinen dürftigen abstrakten Satzungen zu einem reichen
Schatze von die individuellern Gestaltungen, die Gestaltungen des allgemeinen Verkehrs zwischen röm.
Bürgern und Nichtbürgern, berücksichtigenden billigen Rechtsregeln (jus aequum) bietet das röm.
Recht. Daher der enge Zusammenhang einerseits zwischen jus strictum und jus civile (dem alten Recht der röm. Bürger), andererseits
zwischen jus gentium, dem Bürgern und Nichtbürgern
¶