Hörnerartigen Fortsätzen (s. beistehende
[* 1]
Fig. 1a und
[* 1]
Fig.
2a, stark vergrößert) versehen sind; der
Fruchtknoten ist aus meist 5 Fruchtblättern verwachsen und enthält zahlreiche
Samenknospen, die an axiler Placenta sitzen. Die Ordnung umfaßt die Familien der Ericaceen (s. d.),
Epakridaceen (s. d.) und
Vacciniaceen (s. d.). (Hierzu die
Tafel:
Bicornen; zur Erklärung s. die
ArtikelArbutus,
Erica, Monotropa, Pirola,
Vaccinium.)
Staatsbahnen,
[* 3] hat (1890) 6035 magyar. E., darunter 2999 Katholiken und 2679
Reformierte, Post,
Telegraph,
[* 4] bedeutenden Weizen-
und
Weinbau.
Das Gut gehört der Familie Batthyány.
In der Nähe eine
Sternwarte
[* 5] und das Schloß Alcsuth
des Erzherzogs
Joseph. Am verlegte Fürst Windischgrätz sein Hauptquartier hierher und empfing im Schlosse die
Deputation des
PesterReichstags. (S.
Ungarn.)
Alexandre, franz.
Maler und Zeichner, geb. 1813 zu
Toulouse,
[* 7] bildete sich unter
Delacroix in
Paris
[* 8] aus, besuchte
1844-46 und später wiederholt den
Orient, der ihm den Gegenstand zu vielen seiner
Bilder lieferte, wie:
Das arab.
Café, Der Sklavenmarkt, Die Rückkehr von Mekka, Die betenden
Judenvor der Salomonischen
Mauer (1851), Die maronitische
Predigt (1859) u. s. w. Am bekanntesten wurden seine Zeichnungen zur
Bibel,
[* 9] die genaue Bekanntschaft mit den Örtlichkeiten
beweisen. 1876 erschienen seine Zeichnungen zuBuch Ruth und den vier
Evangelien, in welchen er die alttestamentlichen
Gestalten im
Typus der modernen
Araber darstellte. Auch veröffentlichte Bida eine illustrierte
Ausgabe der Werke
A. de Mussets
(10 Bde., 1866).
oder Vidassoa, kleiner Küstenfluß der span.
ProvinzGuipuzcoa, entspringt vom Otsondo der Westpyrenäen nördlich
von Maya
[* 10] in Navarra, bildet einen Pamplona zugekehrten
Bogen,
[* 11] dann, nach NW. gewendet, 18 km lang die
Grenze zwischen
Spanien
[* 12] und
Frankreich und erreicht nach 72 km langem Lauf unterhalb der Grenzfeste Fuenterrabia mit einem
Ästuarium
[* 13] den Golf von
Biscaya. Südlich von Fuenterrabia liegt die span. Eisenbahnstation
Irun. Der Oberlauf des
Flusses, das
Valle de Baztan in Navarra, mit dem Hauptorte Elizondo, umfaßt den östl. und südl.
Schenkel des Flußlaufs und mit einer südl. Erweiterung des
Thals ein Gebiet von 35 km Länge und etwa 20 km
Breite,
[* 14] mit 14 Gemeinden
und 8000 Seelen, die eine Art Republik unter span. Oberhoheit bilden und unter
dem Oberbürgermeister (Alkalden) von Elizondo stehen.
Die Bewohner haben Adelsrang und erfreuen sich dieser
Vorrechte (los Fueros de
Baztan) wegen ehemaliger Verdienste um die
KroneSpaniens.
Das Klima ist gesund, der
Boden grasreich
und fruchtbar, so daß Viehzucht
[* 15] und
Ackerbau blühen. Oberhalb der Mündung
liegt im B. die Fasanen- oder Konferenzinsel, auf der 1659 zwischen
Don Luis de
Haro und Mazarin der Pyrenäische
Friede (s. d.) geschlossen, 1660 zwischen Philipp IV. und
Ludwig XIV. beschworen wurde.
Schon früher hatte man diesen neutralen
Boden zu Verhandlungen benutzt, z. B. zwischen
Ludwig XI. von
Frankreich und
Heinrich IV. von
Castilien zur Verheiratung desHerzogs
von
Guienne (1463); 1526 fand mitten auf dem
Flusse die
AuswechselungFranz' I. gegen seine beiden
Söhne statt, die als Geiseln
in
Karls V. Gefangenschaft kamen. Spanischerseits befindet sich auf dem Thalrand eine vorteilhafte
Stellung bei St. Marcial,
welche die
Straße vonBayonne deckt. Hier schlugen 8000
Spanier die doppelte Zahl
Franzosen,
welche diese
Stellung angriffen, um
San Sebastian zu entsetzen. Am führte Wellington einen kühnen Übergang über
den Bidassoa aus und schlug
Soult, der am rechten Ufer des
Flusses eine feste
Stellung innehatte.
Staates Maine, südwestlich von Portland am Saco, 10 km
von dessen Mündung, ist mit dem gegenüberliegenden Saco durch eine
Brücke
[* 16] verbunden, hat (1890) 14 443 E.,
Baumwollspinnereien,
andere
Industrie und Granitbrüche.
(spr. biddl),John,Stifter der engl.
Unitarier, geb. 1615 zu Wotton-under-edge in
Gloucester, studierte seit 1632 zu
Oxford,
[* 17] ward 1641
Magister, darauf
Lehrer an der Freischule zu
Gloucester. Gegner der
Trinität, schrieb
er «Twelve arguments» gegen die Gottheit des
HeiligenGeistes, 1646 ließ er sein
Glaubensbekenntnis über die Dreieinigkeit
erscheinen sowie «Zeugnisse verschiedener Kirchenväter» über diese
Lehre.
[* 18] Wegen dieser Ketzereien ward er 5 Jahre lang im
Gefängnis gehalten und erst 1651 bei Gelegenheit der allgemeinen
Amnestie freigelassen.
Jetzt sammelte in
London
[* 19] Gesinnungsgenossen, die man Biddlianer (s. auch
Socinianer und
Unitarier) nannte. Um seine
Ansichten
zu verbreiten, schrieb Biddle zwei Katechismen. Deshalb wieder verhaftet, ward er nach 10
Monaten freigelassen, die Katechismen
aber wurden durch den
Scharfrichter verbrannt. Vor erneuter Haft wußte Cromwell ihn nur durch dreijährige
Verbannung nach den
Scilly-Inseln zu retten (Okt. 1655); als aber mit
Karl II. die Hochkirche wieder zur Herrschaft kam, ward
auch Biddle verhaftet und starb im Gefängnis.
(spr. biddeförrd),Hafenstadt in der engl.
GrafschaftDevon,
[* 20] am Torridge, etwa 5 km oberhalb
seiner Mündung in das
Ästuarium des Taw, zerfällt in zwei durch eine im 14. Jahrh. erbaute, 1864 erweiterte
Brücke verbundene
Teile, hat (1891) 7908 E.,
Töpferei, Leder-,
Spitzen- und Segelfabrikation,
Schiffbau und Ausfuhr von Getreide,
[* 21] Wollstoffen und Eichenrinde und wird wegen seines milden
Klimas alsSommerfrische besucht. Im 17. Jahrh.
war Bideford einer der ersten Seehandelsplätze Englands. Der Quai inmitten der Stadt kann Schiffe
[* 22] von 500 t aufnehmen.
in der gemäßigten und wärmern Zone. Es sind einjährige oder perennierende Kräuter mit gegenüberstehenden Blättern und
gelben, meist an der Spitze der Zweige stehenden Blütenköpfchen.
Die Achenen tragen 2-4 starre Grannen auf der Spitze. In
Deutschland
[* 25] ziemlich häufig sind Bidens cernuaL. und Bidens tripartitaL. Von beiden war das Kraut offizinell.
Herm.
Ignaz, Staatsrechtslehrer, geb. zu Wien,
[* 26] studierte in Wien, Innsbruck,
[* 27] Göttingen
[* 28] und Leipzig,
[* 29] habilitierte sich 1855 in Pest, wurde 1858 ord. Professor an der Kaschauer, 1860 an der Preßburger Rechtsakademie, 1861 in
Innsbruck, 1871 in Graz
[* 30] und starb daselbst Er schrieb: «Die technische Bildung im Kaisertum Österreich»
[* 31] (Wien 1854),
«Die Italiener im tirolischen Provinzialverbande» (Innsbr. 1874). Für Grünhuts «Zeitschrift
für das Privat- und öffentliche Recht der Gegenwart» (Jahrg. 1875) schrieb er eine Abhandlung über «Entstehung und Bedeutung
der Pragmatischen Sanktion», 1875 auch einen Beitrag zur Jubelfeier der Bukowina: «Die Bukowina unter österr. Verwaltung» (2.
Aufl., Lemberg
[* 33] 1876),
1877 als Festschrift der Grazer Universität «Die Romanen und ihre Verbreitung in
Österreich». In Bd. 1 der «Forschungen
zur deutschen Landes- und Volkskunde» von der Centralkommission für wissenschaftliche Landeskunde von Deutschland erschien:
«Die Nationalitäten in Tirol
[* 34] und die wechselnden Schicksale ihrer Verbreitung», in Bd. 2: «Neuere
slaw. Siedelungen auf süddeutschem Boden», in der «Österr.-Ungar. Revue» (1888) Beiträge «Zur Ethnographie
[* 35] von Dalmatien».
eine Legierung von Kupfer,
[* 36] Zink, Zinn und Blei,
[* 37] aus der in Ostindien
[* 38] vielfach mit Zeichnungen versehene Metallgefäße
gefertigt werden, die man auf folgende Weise herstellt.
Auf den gegossenen und mit Kupfervitriol geschwärzten Gefäßen werden
die Zeichnungen eingraviert und die Vertiefungen mit Gold
[* 39] oder Silber kalt ausgelegt.
Die Oberfläche wird
dann poliert und mit einer besondern Beize dauernd geschwärzt, wobei aber das eingelegte Gold oder Silber blank bleibt, so
daß sich die Zeichnung hellglänzend von dem schwarzen Grund hervorhebt.
(Bidousse, spr. -duhs'),Fluß im franz. Depart. Basses-Pyréneés, entspringt in den Pyrenäen, fließt zum
großen Teil durch das baskische Navarra und mündet bei Guiche in den Adour. An ihm liegen die Orte St. Palais und Bidache.
(Bedschapur,
engl. Be[e]japoor oder Bijapur, im Sanskrit widschajapura, «Siegesstadt»).
1) Ein untergegangenes, einst mächtiges mohammed. Königreich im westl.
Teile des vorderind. Hochlandes Dekan, zwischen dem Bhima, einem nördl., und der Tungabhadra, einem südl. Nebenflusse
des Kistna. Nach Firischta wurde es 1488 von einem Sohne des osman. SultansMurad II., Namens Jussuff, gegründet
und gelangte unter ihm (gest. 1510) und seinen bedeutendsten Nachfolgern Ismail (gest.
1534), Ali-Adil-Schah (1557-79), der Regentin Tschand Bibi, Ibrahim-Adil-Schah II. (1579-1626) und Muhammad-Adil-Schah (1626-60)
zu Macht und Blüte.
[* 40] Die Hauptstadt wurde durch Prachtgebäude verschönert. Unter Ali-Adil-Schah II. (gest. 1672) und dessen
Sohne, Sikandar-Ali-Schah, verfiel das Reich, bis der Großmogul Aurangseb 1686 dasselbe einnahm. Bei dem
Verfalle des Reichs von Dehli, zu Anfang des 18. Jahrh., kam an die Mahratten und von diesen 1818 an
die Engländer. Die letztern behielten den größern, an der Küste gelegenen Teil desselben für sich, gaben einen zweiten
dem Nisam von Haidarabad und den dritten, mit der Hauptstadt, dem Mahratten-Radscha von Sattra. Von letzterm
ist es an die engl. Regierung zurückgefallen und bildet jetzt einen Teil der Präsidentschaft Bombay.
[* 41] - 2) Stadt im Distrikt
Kaladgi der Präsidentschaft Bombay, unweit dessen östl. Grenze gegen Haidarabad, unter 16° 50' nördl.
Br. und 75° 46' östl. L. gelegen, hatte zur Zeit ihrer Blüte fast 1 Mill. E. und schloß mit ihren hohen,
noch jetzt erhaltenen Steinmauern gegen 1600 Moscheen und eine größere Anzahl in den verschiedensten orient.
Baustilen errichteter Paläste und anderer Prachtgebäude in sich als kaum eine andere Hauptstadt des Ostens. Sie hatte 1881: 11 424 E.
(1514 weniger als 1872), 1891: 16 759 E., darunter 12 075 Hindu, 4509 Mohammedaner. Das von Muhammad-Adil-Schah für sich
selbst errichtete «Bara Gumbas», d. h. großer Dom, genannte Mausoleum ist ein ernstes und schmuckloses, aber großartiges Gebäude,
dessen Maße sich denen der Peterskirche in Rom
[* 42] nähern. Die Hauptmoschee zeichnet sich ebenfalls durch
Größe, das Grabmal von Ibrahim-Adil-Schah dagegen durch die Schönheit seiner Architektur aus. Auch das innerhalb der Ringmauer
gelegene Fort mit 109 Türmen, einem in den Fels gehauenen Graben und der Citadelle, in welcher sich ein dem zu Elura gleichender
Tempel
[* 43] aus vormohammed. Zeit befindet, ist bemerkenswert. Die Regierung zu Bombay sorgt gegenwärtig nach
Kräften für die Erhaltung dieser Bauwerke.
berühmte Kaltwasserheilanstalt in dem schwed. LänSödermanland. ^[= Landschaft im mittlern Teile Schwedens, im Süden der Seen Mälar und Hjelmar, umfaßt 8800 ...]
[* 48] (Biebrich-Mosbach), Stadt im preuß. Reg.-Bez. und
Landkreis Wiesbaden,
[* 49] 5 km südlich von Wiesbaden, in reizender Lage rechts vom Rhein und an den Linien Frankfurt
[* 50] a. M.-Rüdesheim
(Bahnhof Mosbach) und Frankfurt-Wiesbaden mit Station Curve, von wo eine Zweigbahn (5,9 km) nach Biebrich führt,
der Preuß. Staatsbahnen, ist Station der Rheindampfschiffahrt (Mannheim-Köln-Rotterdam), hat (1890) 11 023 E., darunter 3742 Katholiken,
evang. und kath. Pfarrkirche, städtisches und königl. Realprogymnasium (9 Lehrer, 134 Schüler), Privatknabeninstitut (Dr.
Künkler), städtische höhere Mädchenschule, Mädcheninstitut, seit 1867 eine königl.
Unteroffizierschule (649 Mann) in der schönen Kaserne, ein Postamt erster Klasse, Telegraph, Zollamt, Hauptsteueramt, großherzoglich
luxemb. Finanzkammer, Dampfstraßenbahn nach Wiesbaden, und war bis zum J. 1840 die Residenz des Herzogs von Nassau. Das Schloß,
im franz. Geschmacke 1699-1706 begonnen und von KarlAugust von Nassau-Usingen (gest. 1753) vollendet, ist
der schönste Fürstenpalast am Rhein und war bis 1866 die Sommerresidenz des Herzogs. In demselben die Moosburg, erbaut 1806 auf
den Trümmern der alten Kaiserpfalz Biburk.
Beim Landeplatz der Dampfboote ein Denkmal für 1870/71. hat Fabrikation von Cement und Cementwaren, Anilin, künstlichem Dünger,
Schwefelsäure,
[* 51] Dachpappe, Seife und Essig; Eisengießereien, Gipsbrennereien und Holzschneidereien. Südöstlich,
nach Kastel zu, wo sich noch die Spuren eines Römerkastells finden, mag Cäsar bei seinem zweiten Zuge gegen die Sueven, und
Agrippa, als er gegen die Katten zog, über den Rhein gegangen sein. Nachdem Biebrich die Rechte eines Freihafens (Rheinschiffahrtsakte
von 1831) erhalten hatte, legte die nassauische Regierung für größere Schiffe und Dampfboote bei Biebrich einen
Landungsplatz an und baute von der gegenüberliegenden Insel (Biebricher Wörth)
[* 52] eine 300 m lange Fangbuhne in südl. Richtung
nach der Ingelheimer Aue. Die hess.-darmst. Regierung ließ, veranlaßt durch den Mainzer Handelsstand, der den Wettbewerb
von Biebrich fürchtete, in der Nacht vom durch 103 mit Steinen beladene Neckarschiffe an der Spitze der
nassauischen Fangbuhne das Fahrwasser nach der Hess. Petersaue zuwerfen und verlegte es auf den linken Stromarm, mußte jedoch
durch Vermittelung des Bundestags den Steindamm wieder herausschaffen.
Man stellt
ihn dar, indem man Sulfosäuren des Amidoazobenzols mit Natriumnitrit in die Diazoverbindung umwandelt und auf dieselbe ß-Naphthol
in alkalischer Lösung einwirken läßt.
Die chem. Konstitution des Biebricher Scharlach ist in folgender Formel wiedergegeben:
^[img]
und es existiert eine große Zahl Wolle rot färbender Azofarbstoffe (Croceinscharlach, Doppelscharlach, Ponceau,
Azorubin, Bordeaux)
[* 53] von ganz ähnlicher Konstitution.
(spr. bjetsch), Stadt in der österr. Bezirkshauptmannschaft Gorlice in Galizien, auf
einer Anhöhe an der Ropa,
einem Nebenflusse der Wisloka und der Linie Grybow-Neu-Zagorz der Osterr. Staatsbahnen, hat (1890) 957, als Gemeinde 3180 poln.
E., Bezirksgericht (27 739 E.), Steueramt, eine große got. Pfarrkirche mit merkwürdigen Grabmälern,
ein Schloß (jetzt Reformatenkloster) und ein reich ausgestattetes städtisches Armenhaus. Biecz, eine der ältesten
StädtePolens, war ehemals königl. Freistadt, die als sog. «parva
Cracovia» an Reichtum jahrhundertelang mit Krakau
[* 54] wetteiferte. Von der alten Burg- und Stadtbefestigung sind noch Überreste
vorhanden. Biecz ist der Geburtsort des bekannten Chronisten Martin Cromer.
1) Kreis im preuß. Reg.-Bez. Wiesbaden, hat 676,96 qkm, (1890) 41 329 (19 737 männl., 21 592 weibl.) E., 1 Stadt, 89 Landgemeinden
und gehörte bis 1866 zum Großherzogtum Hessen.
[* 55] - 2) Kreisstadt im Kreis an der Lahn, 33 km nordwestlich von Marburg,
[* 56] an der
NebenlinieMarburg-Creuzthal der Preuß. Staatsbahnen, Sitz des Landratsamtes, eines Amtsgerichts (Landgericht Marburg), Kreisbauamtes,
Kataster-, Zoll-, Steueramtes, einer Eisenbahnbauinspektion, Oberförsterei, hat (1890) 2833 E., Post, Telegraph, 2 evang., 1 kath.
Kirche, königl. Realprogymnasium, Wasserleitung;
[* 57] Eisensteinbergbau, Eisengießereien,
Wollweberei, Gerberei und Dampfsägewerk.
Aloys Emanuel, prot. Theolog, geb. zu Oberrieden,
studierte 1837-41 zu Basel
[* 58] und Berlin,
[* 59] ward 1843 Pfarrer in Mönchenstein bei Basel,
1850 außerord. Professor der Theologie in Zürich
[* 60] und zugleich
Lehrer der Religion und Philosophie am dortigen obern Gymnasium, bis er 1864 als ord. Professor der Dogmatik ganz an die Hochschule
überging; er starb In frei fortbildender Weise an Hegel anknüpfend, suchte Biedermann nachzuweisen,
daß der durch wissenschaftlich-kritische Verarbeitung der Schrift- und Kirchenlehre gewonnene geistige Gehalt der christl.
Religion mit den Resultaten einer geläuterten Philosophie durchaus übereinstimme.
Sein Hauptwerk ist die «Christl. Dogmatik» (Zür.
1869; 2. Aufl., 2 Bde., Berl.
1884-85). Seine Stellung zur Kritik hat Biedermann dargelegt in der Rektoratsrede: «Strauß
[* 61] und seine Bedeutung
für die Theologie» (in den «Jahrbüchern der prot. Theologie», 1875). Außer wertvollen Artikeln in der 1845 von ihm mit D.
Fries gegründeten Monatsschrift «Die Kirche der Gegenwart» (bis 1850) und den von H. Lang redigierten «Zeitstimmen»
sind von seinen Schriften noch zu nennen: «Die freie Theologie oder Philosophie und Christentum in Streit
und Frieden» (Tüb. 1844),
«Leitfaden für den Religionsunterricht an höhern Gymnasien» (Zür.
1859),
«BiographieHeinrich Langs» (ebd. 1876) und «Ausgewählte Vorträge und Aufsätze, mit biogr. Einleitung», hg. von Kradolfer
(Berl. 1885).
Nationalversammlung, wo er den sächs. Wahlbezirk Zwickau
[* 64] vertrat, gehörte Biedermann zuerst dem linken Centrum (WürttembergerHof),
[* 65] nach dem Septemberaufstande in Frankfurt dem rechten (AugsburgerHof) an. Später war er einer der Begründer und fast fortwährend
Vorsitzender des sog. Weidenbuschvereins oder der Erbkaiserpartei. Nach seinem Austritt aus der Versammlung schrieb er
«Erinnerungen aus der Paulskirche» (Lpz. 1849), in denen er die Parteibestrebungen
treffend charakterisierte. Biedermann nahm hierauf am Nachparlament in Gotha
[* 66] teil (s. Gothaer)
und vertrat als Abgeordneter zur sächs. Zweiten Kammer des Landtags 1849-50 den Anschluß an die Unionspolitik Preußens.
[* 67]
Als Herausgeber der «DeutschenAnnalen» (seit 1852) wurde er wegen eines gegen den franz.
Staatsstreich vom gerichteten Aufsatzes, dessen VerfasserL. von Rochau war, in einen Preßprozeß verwickelt, in
dessen Folge er 1854 eine einmonatige Gefängnisstrafe zu verbüßen hatte und seiner Professur entsetzt wurde. Biedermann folgte 1855 einem
Rufe zur Leitung der halboffiziellen «Weimar.
[* 68] Zeitung», auch begann er die Herausgabe der «Staatengeschichte
der neuesten Zeit», von der er aber 1863 zurücktrat. Im Herbst 1863 siedelte Biedermann wieder nach Leipzig über, um die Redaktion
der «DeutschenAllgemeinenZeitung» zu übernehmen, die er bis zu ihrem Aufhören (Ende 1879) führte. 1866 trat an die Spitze der
neugebildeten nationalliberalen Partei in Sachsen,
[* 69] die er auch als Abgeordneter in der Zweiten Kammer des
Landtags seit 1869 und im DeutschenReichstage von 1870 bis 1873 vertrat.
Doch gab er seine Reichstagsthätigkeit 1874, die im Landtage 1876 auf. Als außerord. Professor war Biedermann 1865 wieder
angestellt worden; 1874 ward er zum ord. Honorarprofessor ernannt. Von seinen Schriften sind hervorzuheben:
«Die deutsche Philosophie von Kant bis auf unsere Zeit» (2 Bde.,
Lpz. 1842-43),
«Deutschland im 18. Jahrh.» (4 Bde.,
ebd. 1854-80; Bd. 1 u. 2 in 2. Aufl. 1881),
das ein allseitiges Bild der materiellen, politischen, socialen, geistigen, sittlichen
und religiösen Zustände Deutschlands
[* 70] im 18. Jahrh, giebt; ferner «Frauenbrevier» (ebd. 1856; 2. Aufl.
1881),
«Deutschlands trübste
Zeit oder der Dreißigjährige Krieg in seinen Folgen für das deutsche Kulturleben» (Berl. 1862). 1864 verfaßte er
für das vom Freiherrn von Harthausen herausgegebene Werk: «Das konstitutionelle Princip, seine geschichtliche
Entwicklung», dessen ersten Teil: «Die Repräsentativverfassungen mit Volkswahlen, geschichtlich entwickelt im Zusammenhange
mit den polit. und socialen Zuständen der Völker» (Lpz. 1864). Als populäre Geschichtswerke schrieb Biedermann: «1840-1870. Dreißig
Jahre deutscher Geschichte» (2 Bde., 2. Aufl.,
Mesl. 1883) und als Ergänzung dazu: «1815-40. Fünfundzwanzig Jahre deutscher Geschichte» (2 Bde.,
ebd. 1889-90);
«Mein Leben und ein Stück
Zeitgeschichte» (2 Bde., Bresl.
1886-87),
«Geschichte der Leipziger Kramerinnung. 1477-1880» (Lpz. 1891),
«Fünfzig Jahre im Dienste
[* 72] des
nationalen Gedankens» (Bresl. 1892),
«Geschichte des deutschen Einheitsgedankens» (Wiesb. 1894).
Auch gab er H. von Kleists«Briefe an seine Braut nach
den Originalhandschriften» mit Einleitung heraus (Bresl. 1884) und verfaßte
die vaterländischen Dramen: «Heinrich IV.» (Weim. 1861),
Sein Sohn Richard Biedermann (geb. zu Leipzig, gest. daselbst) begründete das «Centralblatt
für Agrikulturchemie und rationellen Landwirtschaftsbetrieb».
(spr. bĭähf), Edouard de, belg. Historienmaler, geb. zu
Brüssel,
[* 77] besuchte seit 1831 das Atelier des Bildhauers David d'Angers in Paris, wo er gleichzeitig Statuen
und Bilder arbeitete, beschränkte sich jedoch später auf die Historienmalerei. Sein Hauptwerk ist der Kompromiß des niederländ.
Adels in Brüssel 1566 (1841; im Brüsseler Museum und verkleinerte Wiederholung in der Berliner
[* 78] Nationalgalerie), das durch
den dramat. Effekt der Schilderung und lebendiges Kolorit namentlich auf die deutschen Künstler vorbildlich
wirkte. In der Folge wurde er aber vollständig überholt, so daß seine spätern Werke ohne Einfluß blieben. Biéfve starb zu
Brüssel.
eine je nach der Art des der Formgebung zu unterwerfenden Materials verschieden
konstruierte mechan. Einrichtung zur Herstellung gekrümmter Arbeitsstücke.
Gott, dessen Götzenbild Bonifacius 722 an der Bielshöhle (s. d.)
vernichtet haben soll.
Weder von Bonifacius' That noch von Biel ist etwas überliefert. Er gehört zu den erlogenen Gottheiten,
die nach dem Dreißigjährigen Kriege überall auftauchten, ist aus «Bielshöhle» erschlossen und von J. Grimm als spätes Machwerk
entlarvt.
1) Bezirk im schweiz. Kanton Bern,
[* 81] hat (1888) 18 633 E.,
darunter 2505 Katholiken und 225 Israeliten, in 4 Gemeinden. - 2) Biel, frz.
¶
mehr
Bienne, Hauptstadt des Bezirks Biel im Seeland des schweiz. Kantons Bern,
in 440 m Höhe, 26 km nordwestlich von
Bern,
[* 83] in freundlicher, wohl angebauter Gegend am Fuß des Jura und an den Linien Basel-Olten-Biel (100 km) der Centralbahn und Chaux-de-Fonds-Biel-Bern
(79 km) sowie Delsberg-Biel (52 km) der Jura-Simplonbahn, hat (1888) 15 407 E.,
darunter 2199 Katholiken, 225 Israeliten und 123 andere; 77 Proz. der Einwohner sprechen deutsch, 22 Proz.
französisch, 1 Proz. andere Sprachen.
Der Ort ist gut gebaut, hat breite Straßen und wird von der Schüß, die sich 1 km weiter südwestlich in den Bieler See ergießt,
in 2 Kanälen durchflossen; die bergwärts gelegenen Teile bieten mit ihren Türmen, ihren unregelmäßigen
Gassen und massiven Häusern einen ziemlich altertümlichen Anblick dar. Die neuen gegen den Bahnhof und den See sich ausdehnenden
Stadtviertel dagegen sind regelmäßig angelegt. Ein Kranz von Villen mit Gärten und Parkanlagen umgiebt die Stadt auf allen
Seiten und prächtige Alleen erstrecken sich fast bis zu dem 800 m entfernten See hinab.
Bemerkenswert sind von den 6 Kirchen die Stadtkirche und die neue kath. Kirche in der Juravorstadt, ferner die Synagoge, die
alte Burg (jetzt Rathaus), das Bürgerspital, die Waisen- und Pfrundanstalt, das Museum Schwab mit einer besonders
an Pfahlbaufunden, kelt. und röm. Waffen
[* 84] reichen Sammlung, das Schlachthaus,
das prächtige Schützenhaus und die großartige Wasserleitung. An Unterrichtsanstalten besitzt die Stadt außer den Primärschulen
ein Progymnasium, eine Mädchensekundärschule, Handwerker-, Handels- und Uhrmacherschule, ein Technikum mit Specialschule für
Eisenbahnangestellte.
Gewerbfleiß und Handel sind sehr lebhaft; wichtig ist besonders die Uhrenfabrikation, die Baumwollspinnerei,
die Cigarrenfabrikation, die Gerberei und Färberei, ferner besteht Fabrikation von elektrischen Apparaten, Bijouteriewaren,
Maschinen, Schrauben,
[* 85] Nägeln, künstlichen Blumen, Holzstoff
[* 86] und Papier, 7 Buchdruckereien und mehrere Banken. Eine Trambahn
führt vom Bahnhof durch die Stadt nach Nidau und dem 2 km im Norden
[* 87] liegenden Bözingen (frz.
Boujean).
Die Umgebung ist anmutig, reich an Reben und Waldungen; die schönsten Punkte sind die wilde Klus, genannt
die Taubenlochschlucht, durch welche die Schüß aus dem Jura hervorbricht, das Kurhaus Magglingen (frz. Macolin), 900 m ü.
d. M. auf einer aussichtsreichen Höhe des Jura westlich von der Stadt gelegen, zu dem eine Drahtseilbahn hinaufführt,
mit großem Waldpark und Alpenfernsicht vom Sentis bis zum Montblanc, und im Bieler See (s. d.) die durch Rousseaus Aufenthalt
(1765) bekannte St. Petersinsel mit Wein- und Obstgärten, prächtigem Eichenwald und gutem Kurhaus. - Biel, das schon im 9. Jahrh.
gegründet sein soll, kam 1264 unter Vorbehalt ihrer Rechte an den Bischof und schloß 1352 ein ewiges Bündnis
mit Bern.
Seit den Burgunderkriegen, in denen Biel auf der Seite der Eidgenossen focht, bildete die Stadt einen Freistaat unter sehr
eingeschränkter Herrschaft des Bischofs und gehörte zu den «zugewandten Orten». 1797 von Frankreich besetzt und seinem Depart.
Haut-Rhin einverleibt, kam die Stadt 1815 mit den leberbergischen Ämtern des Bischofs von BaselanBern.-
Vgl. Blösch, Geschichte der Stadt Biel (3 Tle., Biel 1855-56).
1) Biela (czech. Běla) in Böhmen,
[* 88] entsteht in der Nähe von Teplitz oberhalb
Görkau im Erzgebirge aus vielen Gebirgsbächen. Zuerst
fließt sie im Gebirge, dann bei Seestadtl durch einen großen Kessel, einen jetzt abgeleiteten See (Kummersee, 254 m),
bis Bilin durch Hügelland, hierauf zwischen Basaltwänden und mündet nach einem 75 km langen Laufe bei Aussig in die Elbe.
Ihr Wasser ist schlammig, ihre Überschwemmungen verheerend. - 2) Biela (Bielitz) in Sachsen, entspringt im
Erzgebirge und mündet bei Königstein. Ihr Thal
[* 89] (Bielagrund) gehört zu den schönsten Teilen der Sächsischen Schweiz.
[* 90]
Komet, ein 1826 durch Wilh. von Biela (s. d.) zu Josefstadt in Böhmen entdeckter Komet, der sich als periodisch
mit 6¾ Jahren Umlaufszeit erwies. Dieser nur im Fernrohr
[* 93] sichtbare Komet wurde erst 1845 wieder beobachtet.
Im Jan. 1846 teilte er sich plötzlich in zwei Kometen, die nebeneinander in einem Abstand von etwa 300000 km herliefen und
von denen bald der eine, bald der andere heller war. Im März verschwand der eine gänzlich, während der andere noch
einen Monat länger verfolgt werden konnte.
Bei der nächsten Wiederkehr 1852 wurden beide wieder gesehen, hatten sich aber schon 2 411000 km voneinander entfernt. 1859 wurden
sie nicht aufgefunden, wahrscheinlich wegen ihrer ungünstigen Lage zur Erde; ebenso suchte man 1865 vergeblich nach ihnen,
schrieb dies aber ihrer großen Entfernung zu. Als sie auch 1872 nicht gefunden werden konnten, nahm
man an, daß sie sich nunmehr gänzlich aufgelöst hätten. Wahrscheinlich ist der große Sternschnuppenfall am auf
Überreste dieses Kometen zurückzuführen, auf welche die Erde stieß, als sie seine Bahn kreuzte.
Ähnliche Teilungen und Auflösungen von Kometen sind schon früher beobachtet worden. In neuester Zeit
löste sich der von Barnard 1889 entdeckte schwache Komet in vier Kometen auf; auch der große Septemberkomet 1882 zeigte sich
nach seinem Perihel plötzlich von einem kleinen Kometen begleitet, der anfänglich durch eine Nebelhülle mit ihm verbunden
war, sich dann völlig von ihm trennte und bald darauf verschwand; der Kern dieses Kometen teilte sich
in fünf Teile, deren Abstand mit der Zeit zunahm.
(Beilbrief, Bylbrief), ein in früherer Zeit übliches, von der zuständigen Behörde auf Grund
einer (wohl auch eidlichen) Erklärung des Bauherrn und Baumeisters und einer behördlichen Untersuchung ausgestelltes Zeugnis
darüber: wie, wann, wo, von wem, für wen, wofür, in welcher Größe und Gattung, mit welchem Namen ein Schiff
[* 94] gebaut, sowie
daß es vorschriftsmäßig gebaut sei. Auch wurde darin wohl die Bezahlung des Lohns des Baumeisters,
sowie der Name des Schiffers erwähnt. Der Bielbrief war in früherer Zeit die wichtigste Urkunde für den Nachweis des Eigentums am
Schiffe und der Nationalität desselben.
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Bielbrief wurde auch diejenige Urkunde genannt, durch welche bei einem über ein Schiff geschlossenen Kaufvertrag zur Sicherung der
künftigen Zahlung des Kaufpreises das Schiff von dem neuen Eigentümer dem Verkäufer besonders verpfändet wurde.
Endlich versteht man unter Bielbrief die Urkunde, welche über ein Darlehn errichtet wird, welches zum Bau eines
Schiffs oder zur Ausrüstung eines solchen unter Verpfändung des Schiffs oder auch nur gegen die Zusicherung, daß das Schiff
nicht früher vom Stapel laufen darf, als bis das Darlehn zurückgezahlt sei, dem Eigentümer gegeben wird. Wenn ausgemacht
ist, daß im Falle Auslaufens des Schiffs vor der Rückzahlung der Schuldner zu der Rückzahlung nur verpflichtet sein soll,
wenn das Schiff wohlbehalten ankommt, liegt ein Fall der uneigentlichen Bodmerei (s. d.) vor. In diesem Falle wird der auch
Bodmereibrief genannt.
1) Landkreis, ohne die Stadt Bielefeld, im preuß. Reg.-Bez.
Minden,
[* 97] hat 261,47 qkm, (1890) 48 130 (23 825 männl., 24 305 weibl.) E. und 34 Landgemeinden.
- 2) Stadtkreis (12,21 qkm) und Kreisstadt im Landkreis Bielefeld im preuß. Reg.-Bez.
Minden, in anmutiger Gegend am Nordfuße des TeutoburgerWaldes, in 120 m Höhe, an der Linie Löhne-Hamm
der Preuß. Staatsbahnen, durch den BachLutter in die Altstadt und Neustadt
[* 98] geteilt, hat (1890) 39 950 (19 070 männl., 20 874 weibl.)
E., darunter 4599 Katholiken und 681 Israeliten, in Garnison das 2. Bataillon des Infanterieregiments GrafBülow von Dennewitz
Nr. 55; einen Oberbürgermeister, Bürgermeister, 8 Magistratsmitglieder und 36 Stadtverordnete.
Unter den 5 (4 evang., 1 kath.) in Bielefeld vorhandenen
Kirchen besitzt die Neustädter Marienkirche ein schönes Altarbild (14. Jahrh.) und das
Grabmal des GrafenOtto III. von Ravensberg und seiner Gemahlin Hedwig, die AltstädterKirche einen geschnitzten Altar
[* 99] (1508).
Bielefeld ist Sitz des Landratsamtes für den Landkreis, eines Landgerichts (Oberlandesgericht
Hamm)
[* 100] mit 14 Amtsgerichten (Bielefeld, Bünde, Gütersloh, Halle,
[* 101] Herford,
[* 102] Lübbecke, Minden, Oeynhausen, Petershagen, Rahden, Rheda, Rietberg,
Vlotho, Wiedenbrück) und einer Kammer für Handelssachen, eines Amtsgerichts, Zoll- und Steueramtes, einer Handelskammer,
Reichsbankstelle und der Westfälischen Bank.
Ferner bestehen ein königl. und städtisches evang. Gymnasium
mit einem Realgymnasium, 1558 gegründet, 2 höhere Mädchenschulen, 7 Bürgerschulen, ein städtisches
Krankenhaus,
[* 103] Franciscushospital, Augenheilanstalt, Gasanstalt, Schlachthof sowie in der nahen Vorstadt Gadderbaum (s. d.) das
Diakonissen-Mutterhaus für die Provinz Westfalen,
[* 104] die Diakonenanstalt Nazareth und die Anstalt Bethel für Epileptische der
Provinzen Westfalen und Rheinland (1500 Kranke) mit Kirche, beide umgeben von zahlreichen Häusern und Gehöften
für fast sämtliche Zweige der Innern Mission, alle durch freiwillige Gaben erbaut und unterhalten (Leiter: Pastor von Bodelschwingh).
Ferner ist Bielefeld Sitz des deutschen Vereins «Arbeiterheim» zur Beschaffung eigener Häuser für Fabrikarbeiter.
Bielefeld ist einer der wichtigsten Plätze Deutschlands für Leinweberei und Flachsspinnerei. Die Leinenindustrie ward
im 16. Jahrh. durch Einwanderer aus den
Niederlanden begründet, die in und um Bielefeld die Fabrikation der Schleier, der sog.
klaren Leinwand, und die Flachsspinnerei einführten. Der neue Erwerbszweig blühte besonders seit den Zeiten des Großen Kurfürsten
rasch auf.
Die Batist- und Damastweberei, worin Bielefeld ebenfalls einen vorzüglichen Ruf genießt, kam
seit dem Siebenjährigen Kriege in Aufnahme. Gegenwärtig liefert Bielefeld besonders feinere Sorten Leinen. Außerdem ist die Fabrikation
fertiger Wäsche, in der 160 Firmen arbeiten (zum Teil mit Dampf
[* 105] getriebene Nähmaschinen)
[* 106] und 3500 Personen beschäftigt sind,
in schwunghaftem Betrieb. Von hervorragender Bedeutung sind die Ravensberger Spinnerei mit der Filiale in
Wolfenbüttel
[* 107] (30 200 Spindeln), die SpinnereiVorwärts (10850 Spindeln), die beide zusammen für 9 Mill. M. jährlich fertig
stellen, und die 1863 begründete mechan. Weberei
[* 108] (950 Stühle und 200 009 Stück Jahresproduktion). Die großartigen Bleichen
um Bielefeld sind meist nach irländ. und belg. Systeme eingerichtet. In neuerer Zeit wird auch mit bestem Erfolge
Seiden-, Sammet-und Plüschweberei betrieben.
Auch die Eisenindustrie (34 Anlagen, über 3000 Arbeiter) ist sehr bedeutend, darunter namentlich die Nähmaschinenfabrikation;
endlich noch Fabrikation von Cigarren, Glas,
[* 109] Asphalt, Filzpappe, Cement, Leder und Ziegeln. Bielefeld ist Sitz der Leinen-Berufsgenossenschaft
und deren 3. Sektion sowie der 8. Sektion der Berufsgenossenschaft der Schornsteinfegermeister des DeutschenReichs. Ganz nahe bei der Stadt der Sparrenberg mit der nach dem Brande von 1877 wieder aufgebauten alten Feste Sparrenburg,
die, 1177 vom GrafenBernhard von der Lippe
[* 110] erbaut, jetzt der Stadt Bielefeld gehört. In derselben befinden sich Festsäle und ein
histor. Museum der Grafschaft Ravensberg. Von ihr sowie von dem gegenüberliegenden, mit schönen Anlagen
versehenen Johannisberge genießt man eine weite Aussicht. In der Nähe der zur Erinnerung an das Dreikaiserjahr 1888 errichtete
Dreikaiserturm. - Bielefeld kam um die Mitte des 9. Jahrh. an das Kloster Corvei, erhielt 1250 die ersten Stadtgesetze und trat 1270 der
Hansa bei. Die Reformation fand 1541 Eingang; 1609 kam die Stadt mit der Grafschaft Ravensberg an Preußen.
[* 111] -
Vgl. Fricke, und Umgegend (Bielef. 1891);
ders., Geschichte der Stadt und der Grafschaft Ravensberg (ebd. 1887);
August, lettischer Sprachforscher, geb. 4. März in Mitau,
[* 112] besuchte
das Gymnasium in Schulpforta, studierte in Dorpat
[* 113] Theologie, ward 1852 Pfarrer in Neu-Autz in Kurland
[* 114] und 1867 Pastor der deutschen
Gemeinde in Doblén. Sein großes Werk «Die lettische Sprache
[* 115] nach ihren Lauten und Formen» (2 Tle., Berl. 1863-64) ist eine
der ausgezeichnetsten Grammatiken innerhalb des Kreises der indogerman. Sprachen. Eine kürzere Fassung
der Sprachlehre enthält das «Handbuch der lettischen Sprache. I. Grammatik» (Mitau 1863),
und ein kurzer Leitfaden sind «Die
Elemente der lettischen Sprache» (ebd. 1866). Bielenstein giebt außerdem eine große Sammlung lettischer Volkslieder heraus und veröffentlichte
«Tausend lettische Rätsel, übersetzt und erklärt» (Mitau 1881).
Die von ihm revidierte lettische Bibel erschien Mitau 1877; unter seiner Leitung erschien Ulmanns «Lettisches
Wörterbuch» (Tl. 1: «Lettisch-deutsches
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