den übrigen schles. Herrschaften an
Österreich
[* 2] und 1742 an
Preußen.
[* 3] Der
Bergbau
[* 4] auf
Blei
[* 5] und
Silber blühte um Beuthen
[* 6] bereits seit
dem 11. Jahrh., bis er Mitte des 14. Jahrh. wegen der Wasser
erlag. Seit 1697 ist Beuthen Standesherrschaft der
Grafen Henckel von Donnersmarck. Erst im Laufe des 18. und noch
mehr im 19. Jahrh., wo außer
Blei und
Silber noch
Zink,
Kohle und
Eisen
[* 7] Gegenstand des Betriebes wurden, kam Beuthen wieder in Aufschwung
und wurde 1818 Mittelpunkt des Kreises. -
Vgl. Gramer,Chronik der Stadt in Oberschlesien (Beuthen 1863);
3) an der Oder,
Niederbeuthen, Stadt im
Kreis
[* 8] Freistadt des preuß. Reg.-Bez.
Liegnitz,
[* 9] links an der Oder, an der Linie
Breslau-Cüstrin-Stettin
der
Preuß. Staatsbahnen,
[* 10] Sitz eines Amtsgerichts (Landgericht Glogan), hat (1890) 3387 (1494 männl., 1893 weibl.)
E., darunter 450 Katholiken, Post,
Telegraph,
[* 11] ein Schloß, eine Wasserleitung;
[* 12] Strohhutfabrikation, Korbweidenbau
und
-Handel, Schiffahrt, Kohlenbergbau und ist der Hauptort des mediatisierten Fürstentums
Carolath-Beuthen (s. d.).
Mont- (spr. mong böwräh), ein 810 m hoher Gipfel des Morvangebirges im franz.
Depart. Saône-et-Loire unweit der Grenze des Depart.
Riévre, etwa 12 km westlich von
Autun, zwischen den
FlüssenArroux und Aron gelegen, mit prachtvoller Rundschau und einer
wichtigen
Messe (Anfang Mai). Unfern davon steht das megalithische Druidendenkmal Ruchette-Pertuse. Im Mittelalter lag hier
eine Priorei, ein besuchter Wallfahrtsort. Neuere
Ausgrabungen haben die Reste einer gallischen Ortschaft aufgedeckt
und ergeben, daß hier die Stadt der
Äduer, das alte
Bibracte (s. d.) lag.
(spr. bewannja),Stadt im
KreisSpoleto der ital.
ProvinzPerugia, 8 km westlich von Foligno, am Clitunno
(Clitumnus),
hat (1881) 2747, als Gemeinde 5003 E., 2
Kirchen aus dem 12. Jahrh., Post und
Telegraph,
Handel mit dem
reichen Überfluß der Bodenprodukte, den berühmten Hanf- und Leingeweben,
Braunkohlen und den trefflichen Landweinen (Pizzotello
und Cornata). - Bevagna ist das alte Mevania der
Umbrer, von dem noch Ruinen
(Amphitheater,
Thermen,
Mauern) vorhanden sind.
(spr. béwwerli),Hauptstadt der Landschaft Ost-Riding der engl.
GrafschaftYork, 12 km nordnordwestlich von Hull,
[* 17] am
Kanal
[* 18] Beverley-Beck, der die Stadt mit dem Hull, Nebenfluß des
Humber,
verbindet, hat (1891) 12 539 E., zwei sehr schöne
Kirchen im gor.
Stil, die Kollegiatkirche Beverley-Minster, deren ältester
Teil aus dem 13. Jahrh. stammt, mit dem herrlichen Percy-Schrein im
Chor, und die Marienkirche, eine uralte
lat. Schule; Fabrikation von Ackerbaugerätschaften, Färbereien und
Handel mit landwirtschaftlichen Produkten, Leder und
Kohlen. - Beverley entstand aus einer von St. John von Beverley, der, in der Nähe geboren, als
Bischof von
York 721 starb,
gestifteten Priorei.
Ortschaft in der belg.
Provinz Limburg,
[* 19] 22 km nordwestlich von Hasselt, hat (1889) 1105 E., Post und
Telegraph;
in der Nähe seit 1835 das ständige
Übungslager (2400 ha) des belg.
Heers. Von der Gesamtfläche entfallen 360 ha auf
Gebäude,
Wege und Anpflanzungen. Die
Baracken bestehen aus einem Infanterielager für 12
Bataillone, einem Kavallerielager
für 6 Schwadronen und einem Artillerielager für 3
Batterien. Außerdem sind
Spitäler,
Magazine und
Bäckereien sowie Pavillons
für den König, den Kriegsminister und die Generalität vorhanden. Das Lager
[* 20] wird jetzt außer zu taktischen
Übungen in
größern
Verbänden zu Versuchsschießen mit Infanteriegewehren benutzt.
Staates Massachusetts, 28 km nordöstlich von
Boston
[* 21] all einer Meeresbucht,
ist mit dem gegenüberliegenden Salem durch eine 460 m lange
Brücke
[* 22] verbunden, hat einen guten
Hafen, etwa 40 Schuhfabriken,
betreibt Lederbereitung und andere
Industrie sowie Fischfang und zählt (1890) 10 821 E.
Marktflecken im
Kreis Holzminden des Herzogtums
Braunschweig,
[* 23] an der
Bever, 5 km nordöstlich
von Holzminden, hat mit der
Domäne Forst
[* 24] (135 E.) 1890: 2578 E., Postagentur,
Telegraph und ein Schloß, in dem sich jetzt
das Wilhelmstift, eine herzogl. Erziehungsanstalt (292 E.) für verwahrloste
Kinder, befindet. - Bevern wurde 1666 Residenz der
NebenlinieBraunschweig-Bevern, die 1735 zur Regierung des Herzogtums gelangte.
Aug.Wilh.,Herzog von
Braunschweig-Lüneburg-Bevern, preuß.
General der Infanterie, geb. zu
Braunschweig
aus der apanagierten
Nebenlinie des Hauses Wolfenbüttel,
[* 25] trat 1731 in preuß. Kriegsdienste und machte 1734 den
Feldzug am Rhein mit. Im ersten und zweitenSchlesischen Kriege focht er als Oberst und Commandeur eines
Infanterieregiments mit großer Auszeichnung und ward bei Mollwitz verwundet. Bei Hohenfriedberg führte er als Generalmajor
eine
Brigade und wurde 1747 Gouverneur von
Stettin.
[* 26] Im Siebenjährigen
Kriege trug er zur
Entscheidung der
Schlacht bei Lobositz
wesentlich bei, schlug selbständig den
Grafen von Königseck bei
Reichenberg
[* 27] und
befehligte bei
Prag
[* 28] (6. Mai) einen
Teil des rechten Flügels; in der
Schlacht von Kolin
[* 29] (18. Juni) führte er den rechten Flügel der
Armee des Königs und rettete diese durch seine feste Haltung vor gänzlicher Vernichtung. Als der König imAugust
aus der
Lausitz nach
Sachsen
[* 30] eilte, übergab er Bevern den
Befehl über das Korps, das er zur
DeckungSchlesiens zurückließ. Mit
diesem zog sich Bevern nach dem
Gefechte von
Moys(7. Sept.) über
Liegnitz auf
Breslau
[* 31] zurück und nahm, durch den bestimmten
¶
mehr
Befehl des Königs festgehalten, in ungünstiger Stellung bei Breslau (22. Nov.) die Schlacht an, die mit seiner Niederlage endigte.
Am folgenden Morgen wurde er gefangen, anscheinend nicht gegen seinen Willen. Im Mai 1758 aus der Gefangenschaft zurückgekehrt,
wurde Bevern Gouverneur von Stettin, wo er gegen die Schweden und Russen gute Dienste
[* 33] leistete. Wieder ins Feld
berufen, erhielt er nach einem siegreichen Gefecht bei Reichenbach
[* 34] abermals das Oberkommando in Schlesien
[* 35] bis zum
Frieden von Hubertusburg. Bevern starb zu Stettin.
Stadt im Kreis Hörter des preuß. Reg.-Bez. Minden,
[* 36] 12 km südlich von
Hörter, an der Mündung der Bever in die hier schiffbare Weser und an den Linien Scherfelde-Holzminden
und Ottbergen-Nordhausen (Station Lauenförde-Beverungen) der Preuß. Staatsbahnen, Station der Weserdampfschiffahrt (Münden-Hameln),
hat (1890) 1910 E., darunter 250 Evangelische und 113 Israeliten, Post, Telegraph, Amtsgericht (Landgericht Paderborn),
[* 37] kath.
und evang. Kirche, Synagoge, Rektoratsschule, kath. und evang. Volksschule, Rathaus, Krankenhaus;
[* 38] mechan.
Weberei,
[* 39] Fabrikation von Cigarren, Schuhwaren und Leder, zwei Sägewerke, Ziegelei, Korbflechterei. - Beverungen, unter Karl d. Gr.
ein Haupthof (villa) und später Drostei des Hochstifts Paderborn, das 1330 eine Burg daselbst erbaute und die Stadt befestigte,
erhielt 1447 Stadtrechte und wurde 1632 niedergebrannt. -
Vgl. Giefers, Beiträge zur Geschichte der Stadt
Beverungen (Paderb. 1870).
(spr. -weik), Marktflecken in der niederländ.
Provinz Nordholland, 11 km nördlich von Haarlem,
[* 40] an der Zweigbahn Haarlem-Uitgeest der holländ. Eisenbahngesellschaft, durch
Dampfstraßenbahn mit dem Seebad Wijk-aan-Zee verbunden, hat 4114 E., viel Gartenbau und Parkanlagen. 3 km südlich Velsen,
wo Bonifacius eine Zeit lang wirkte. Beverwijk besaß schon 1298 Stadtrechte und war im Mittelalter ein blühender
Handelsplatz, verlor aber infolge der Versandung des Hafens später jede Bedeutung.
[* 41] die Summe der in einem Staate oder in einem andern abgegrenzten Gebiete zu einer gegebenen Zeit lebenden
Menschen. Das Wort hat eine mehr numerische Bedeutung, im Gegensatz zu Volk, das eine Gesamtheit von Menschen
bedeutet, sofern sie durch Abstammung, Sprache
[* 42] oder gemeinsame staatliche Organisation innerlich verbunden ist. Die Größe
und die wichtigern Eigentümlichkeiten der Bevölkerung eines Landes und seiner einzelnen Teile zu ermitteln, ist Sache der Volkszählungen
(s. d.). Für die hier in Betracht kommenden neuern Zählungen handelt es sich dabei um die Zahl derjenigen
Personen, die am Zählungstermin an einem bestimmten Ort entweder thatsächlich anwesend (ortsanwesende Bevölkerung) oder
wohnhaft (Wohnbevölkerung) sind. Im erstern Falle werden die am Ort vorübergehend Anwesenden der Bevölkerung zugerechnet,
die vorübergehend Abwesenden dagegen nicht in dieselbe einbegriffen, während im zweiten Falle umgekehrt verfahren wird.
Neuerdings bildet die Ermittelung der ortsanwesenden Bevölkerung die Regel. Übrigens sind die Unterschiede in den
beiderseitigen Ergebnissen nur für sehr kleine Bezirke von erheblicher Bedeutung. Neben der durch die periodischen Volkszählungen
zu bewirkenden Feststellung der an einem gewissen Zeitpunkt gleichzeitig lebenden Personen (Stand der Bevölkerung) ist auch die sog.
Bewegung der Bevölkerung, wie sie durch Geburten, Sterbefälle und Wanderungen verursacht wird, Gegenstand der statist.
Ermittelung (s. unten).
Die nächste und wichtigste
Aufgabe der Zählung ist die Feststellung der Zahl der vorhandenen Individuen als solche. Diese
Zahl wird als die absolute Bevölkerung bezeichnet, im Gegensatz zu der relativen oder specifischen Bevölkerung, unter
der das Verhältnis jener Zahl zu der Größe des betreffenden Gebietes zu verstehen ist. Dieses Verhältnis, auch Dichtigkeit
der Bevölkerung genannt, giebt also an, wie viele Menschen durchschnittlich auf der Flächeneinheit, z. B. auf 1 qkm des Gebietes vorhanden
sind.
Die Angaben über die Bevölkerung eines großen Teiles der Länder in den außereurop. Erdteilen sind, weil noch
auf Schätzungen beruhend, unsicher. Man hat die Bevölkerung der Erde folgendermaßen berechnet (vgl.
Wagner-Supan, Die Bevölkerung der Erde, Gotha
[* 43] 1891):
Die teilweise außerordentlich großen Verschiedenheiten in der Dichtigkeit der Bevölkerung werden teils durch
natürliche Ursachen (Klima,
[* 45] Bodenbeschaffenheit u. s. w.), teils durch eigentümliche sociale Verhältnisse
(in Volkswirtschaft, Recht, Sitte u. s. w.) hervorgerufen. Indessen ist klar, daß Länder von sehr verschiedenem Flächeninhalt
nur bedingungsweise miteinander verglichen werden können. Innerhalb großer Staaten können die Unterschiede in der Dichtigkeit
des Zusammenwohnens ganz erheblich sein, so daß manche Bezirke derselben ebenso stark, bez. schwach bevölkert
sind wie selbständige Staaten gleicher Größe. So entfielen z. B. 1890 auf 1 qkm im Königreich Sachsen 233, in der Rheinprovinz
[* 46] 174, im Großherzogtum Hessen
[* 47] 129, in der ProvinzPommern
[* 48] 50,5, in Mecklenburg-Schwerin 43,5 und in Mecklenburg-Strelitz 33,4
E., so daß thatsächlich dem Reichsdurchschnitt nur wenige Gegenden entsprechen. Zu einer genauen Untersuchung
der Bevölkerungsdichtigkeit bedarf es daher des Zurückgehens auf kleine, möglichst gleich große Bezirke. Dabei führt
die Betrachtung in letzter Linie auf die Gestaltung der einzelnen Wohnplätze, auf die Frage nach ihrer Größe und ihrer
Lage zu einander.
Den gemeinverständlichsten Ausdruck findet dieses Problem in dem Gegensatz von Stadt und Land. Eine statistisch
brauchbare Abgrenzung dieser beiden Begriffe ist schwierig. Heutzutage bezeichnet man gewöhnlich die Orte mit mehr als 2000 E.
als städtische, die übrigen als ländliche. Weiter geht die Unterscheidung der Wohnorte in 1) Großstädte, von
mehr als 100000 E., 2) Mittelstädte, von 20 bis 100000 E., 3) Kleinstädte, von 5 bis 20000 E.,
4) Landstädte, von 2 bis 5000 E., und 5) Orte und Wohnplätze von weniger als 2000 E. Im DeutschenReiche betrug die Zahl
der vier ersten Kategorien nach der Volkszählung von:
1871
1875
1880
1885
1890
1. Großstädte
8
12
14
21
26
2. Mittelstädte
75
88
102
116
135
3. Kleinstädte
529
591
641
683
733
4. Landstädte
1716
1837
1950
1951
1997
Zusammen
2328
2528
2707
2771
2891
Die
Bevölkerung verteilte sich auf die fünf Gruppen in folgender Weise:
In den vorstehenden Zahlen kommt u. a. der moderne, übrigens hinlänglich bekannte Zug
der kleinstädtischen und
ländlichen in die größern Städte deutlich zum Ausdruck. Für die Anhäufung der in mehr oder minder großen Wohnplätzen
ist, nach dem Vorgange franz. Statistiker, die Bezeichnung «Agglomeration» gebräuchlich geworden.
Das ungefähre Gleichgewicht in der Zahl der männlichen und weiblichen Individuen ist keineswegs zufällig,
vielmehr an größern Bevölkerungsmassen stets beobachtet worden und beruht auf dem Zusammenwirken verschiedener konstant
thätiger Faktoren. Als solche kommen in erster Linie die Geburts- und Sterblichkeitsverhältnisse in Betracht (s. Geburtsstatistik
und Sterblichkeitsstatistik). Im allgemeinen überwiegen die Geburten der Knaben an Zahl die der Mädchen.
Die größere Sterblichkeit des männlichen Geschlechts auf den niedern Altersstufen, die schon in der stärkern Beteiligung
der Knaben an den Totgeburten zum Ausdruck¶
mehr
gelangt, ruft aber bereits für die mittlern Lebensjahre ein numerisches Gleichgewicht der beiden Geschlechter hervor. Auch
später ist das männliche Leben, nicht zum geringsten infolge der größern physischen Anstrengung, der Kriege und der Gefährdung
im Beruf stärker bedroht als das weibliche, bei dem die mit den Entbindungen verknüpften Gefahren gegenüber
jenen schädlichen Einflüssen auf seiten der Männer nicht beträchtlich ins Gewicht fallen. Neben diesen, Geburten und Sterblichkeit
betreffenden Momenten wirken ferner die Wanderungen auf die Geschlechtsverteilung ein. Insbesondere hat in den Vereinigten Staaten
der Strom der europ. Einwanderer das Verhältnis zu Gunsten der Männer verschoben. Sehr erheblich kann die letztgenannte
Ursache der Geschlechtsverteilung für kleinere Bezirke, insbesondere Städte, an Bedeutung gewinnen, während sie andererseits
bei gemeinsamer Betrachtung größerer Staatengruppen und ganzer Erdteile zurücktreten muß.
Weiterhin ist die Gliederung der Bevölkerung nach dem Alter von großer Wichtigkeit, und zwar nicht nur in bevölkerungswissenschaftlicher,
sondern auch in wirtschaftlicher, politischer und administrativer Hinsicht. Nach den neuesten Zählungen
standen von 1000 E. im Alter von Jahren:
Hier ist es von besonderm Interesse, die Stellung der einzelnen Staaten im Hinblick auf die für die wirtschaftliche Produktion
verfügbaren Kräfte, wie auf die Belastung derselben durch bloß konsumierende Elemente ins Auge
[* 61] zu fassen.
Man kann die erste der vier unterschiedenen Perioden als das Kindesalter, die zweite als das jugendliche, die dritte als das
reife Alter und die vierte als das Greisenalter betrachten. Hiervon stellen die beiden mittlern Abschnitte die Jahre der größten
wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit dar; die beiden andern umschließen mehr nur konsumierende Bevölkerungsteile,
doch besteht zwischen ihnen noch ein bedeutungsvoller Unterschied.
Die Kinder können, wie Ernst Engel hervorhebt, «noch nicht produzieren, ihre
Erhaltung muß ganz und gar von den in der Arbeitsperiode Stehenden mit bestritten werden. Diese Periode ist sonach thatsächlich
durch die erstern belastet. Anders liegt die Sache bei den Konsumenten der Altersperioden sie haben produziert
und leben von der direkten oder auf dem Wege der Versicherung erzielten Ersparnissen und Früchten ihrer eigenen Produktion;
sie belasten, einzelne Fälle ausgenommen, die gleichzeitig lebende Generation der Arbeitsperiode nicht. Es sind also selbst
die reinen Konsumenten nochmals in abhängige und unabhängige zu unterscheiden.» Von diesen Gesichtspunkten
aus erscheint Frankreich in außerordentlich günstiger, die Vereinigten Staaten und mehr noch Argentinien in ebenso ungünstiger
Lage, während das Deutsche Reich
[* 62] zwischen diesen Extremen eine Mittelstellung einnimmt.
Die Ursachen der Verschiedenheiten beruhen vornehmlich in der geringen oder großen Stärke
[* 63] des Nachwuchses. Je mehr
die Bevölkerung auf natürliche Weise infolge der Geburten zunimmt, desto größer ist auch ihr unproduktiver Bestandteil. Einen kurzen
Ausdruck finden die obigen Gegensätze in dein Durchschnittsalter der Bevölkerung. Dasselbe betragt für die Vereinigten Staaten nur
etwas über 23, für das Deutsche Reich 27 und für Frankreich gar 31 Jahre. Nach den neuesten Zählungsergebnissen
entfallen weibliche Personen auf 1000 männliche:
Mit den Jahren tritt infolge teils der geringern Auswanderung, teils der geringern Sterblichkeit der Frauen eine fortschreitende
Verschiebung des Geschlechtsverhältnisses zu Ungunsten der Männer ein. Der Familien- oder Civilstand der Bevölkerung trennt dieselbe
in vier Gruppen, je nachdem es sich um Ledige, Verheiratete, Verwitwete oder Geschiedene handelt. Nach
den jüngsten Ergebnissen entfallen von 10000 15 Jahre und darüber alten E. auf:
Für die Beurteilung der Heiratsverhältnisse der Bevölkerung giebt diese Verteilung deshalb
keinen genügenden Anhalt,
[* 64] weil sie daneben von andern Faktoren mehr oder weniger stark beeinflußt wird; insbesondere ist
die geringe Zahl der Ledigen in Frankreich im wesentlichen auf die schwache Geburtenfrequenz dieses Landes zurückzuführen.
Größere Klarheit gewinnt man bereits durch die Berücksichtigung des Geschlechts. Im DeutschenReich entfielen 1890 auf 1000 männliche
Personen weibliche bei den Ledigen 969, bei den Verheirateten 1003, bei den Verwitweten 2784 und bei den Geschiedenen 1963. Der
Überschuß der Junggesellen über die Jungfrauen wird einmal durch den Knabenüberschuß auf den jüngern Altersstufen, sodann
aber auch dadurch
¶
mehr
bewirkt, daß die Männer durchschnittlich später heiraten als die Frauen. Unter den Verheirateten müßte die Zahl der beiderseitigen
Eheleute genau übereinstimmen, wenn nicht am Zählungstage mehr Männer als Frauen außer Landes sich befunden hätten. Das
außerordentlich starke Übergewicht der Frauen unter den verwitweten Personen erklärt sich einerseits aus dem spätern
Heiratsalter in Verbindung mit der größern Sterblichkeit auf seiten der Männer, andererseits aus der häufigern Wiederverheiratung
der Witwer im Vergleich zu den Witwen. Dieses letztere Moment der Wiederverheiratung ist auch für die Geschiedenen ausschlaggebend.
Noch lehrreicher wird die Betrachtung, wenn man mit dem Familienstand das Alter kombiniert. Im DeutschenReiche
gehörten 1890 von 10000 Personen zu der betreffenden Altersklasse:
Auf den untersten Altersstufen sind alle Leute ledig. Im Laufe der Jahre mindert dann die Sterblichkeit, besonders aber die
Verheiratung die Zahl der Ledigen derart, daß etwa vom dreißigsten Jahre ab, bei den Frauen noch eher,
das früher bedeutende Vorwiegen der Ledigen gegenüber den Verheirateten in ein noch weit stärkeres Übergewicht der letztern
umschlägt. Allmählich lichtet dann der Tod die Reihen der Ledigen wie der Verheirateten, während die Zahl der zurückbleibenden
Verwitweten desto stärker anschwillt. Zu den volkswirtschaftlich wichtigsten Unterscheidungen gehört
die Gliederung der Bevölkerung nach dem Beruf (s. Berufsstatistik).
Neben dem Stande der in ihrer mannigfachen Gliederung, wie er periodisch durch Zählung festgestellt wird, ist aber auch die
unausgesetzt sich vollziehende Veränderung, die Bewegung der Bevölkerung durch eine fortlaufende Listenführung (s. Civilstandsregister)
möglichst genau zu verfolgen. Die innere Veränderung der Bevölkerung entsteht durch Geburt und Tod, daneben wirkt
die Ein- und Auswanderung (s. d.) ein, jedoch werden letztere Faktoren nur ausnahmsweise mit den erstern nach ihrer Bedeutung
vergleichbar.
Die Sammlung und Verarbeitung der auf die Geburten bezüglichen Thatsachen ist Aufgabe der Geburtsstatistik (s. d.), während
die Todesfälle den Gegenstand der Sterblichkeitsstatistik (s. d.) bilden. Wegen des innern Zusammenhangs,
in dem die Eheschließungen mit den Geburten stehen, pflegt man neben den letztern und den Sterbefällen auch jene zu den Faktoren
der Bevölkerungsbewegung zu rechnen. Auch ist durch die Gleichartigkeit der Erhebung des statist.
Materials eine Zusammenfassung der Geburten, Sterbefälle und Eheschließungen (s. Ehestatistik) berechtigt.
Hier sind noch die Gesamtveränderungen zu
betrachten, welche sich an dem Stande der Bevölkerung durch Geburten, Sterbefälle und Wanderungen
vollziehen. Im folgenden ist der Stand der in den Jahren 1870 und 1889 einander gegenübergestellt, und zwar sind die Zahlen
größtenteils für diese Zeitpunkte berechnet worden, meistens auf den Schluß der beiden Jahre. Die
durch die Differenz der beiderseitigen Ergebnisse dargestellte Zu- oder Abnahme der Bevölkerung wird durch den ermittelten Überschuß
der Geburten über die Sterbefälle sowie durch den aus den voraufgegangenen Daten rechnungsmäßig festgestellten Wanderungsüberschuß
hervorgerufen.
Die erste für Italien angegebene Bevölkerungszahl ist das Zählungsergebnis vom weshalb auch die entsprechenden
weitern Zahlen sich nur auf die achtzehnjährige Periode 1872-89 beziehen. Würde der Wechsel im Stande
der Bevölkerung lediglich durch Geburten und Sterbefälle bedingt, so
¶
mehr
hätten alle beobachteten Staaten eine, und zwar zum Teil recht ansehnliche Volkszunahme gehabt. Ein Geburtenüberschuß, freilich
von sehr verschiedener Größe, zeigt sich nämlich überall. Bemerkenswert ist, daß neben Finland es ausschließlich die
german. Staaten sind, in denen die natürliche Volksvermehrung eine Höhe erreicht, an die dje übrigen nicht heranreichen.
Auffallend gering ist der Überschuß in Frankreich, dessen äußerst schwache Geburtsfrequenz (s. Zweikindersystem)
eine Zunahme verhindert.
Der letztern kommt dort aber der starke Zuzug vom Auslande zu gute. Frankreich gehört zu den wenigen europ. Staaten, denen
die Wanderungen einen" Gewinn bringen. Sonst verringert fast überall die Auswanderung mehr oder minder die
einheimische ohne genügenden Ersatz durch Zuzug von außen, besonderem Irland, dessen trostlose agrarische Verhältnisse
eine massenhafte Auswanderung der ländlichen Bevölkerung verursachen. 1841 hatte dieses unglückliche Land 8 199 853 E., 1851 noch 6 514 473,
seitdem ist die Zahl beträchtlich gesunken, so daß nur hier das Gesamtergebnis ein ungünstiges ist.
In allen andern Ländern hat die Bevölkerung zugenommen, am meisten in Finland und im industriereichen Großbritannien, so daß im Vereinigten
Königreich die Wirkung der schärfsten wirtschaftlichen Gegensätze sichtbar wird. Die europ.
Auswanderung (s. d.) kommt in erster Linie den Vereinigten Staaten von Amerika
[* 67] zu gute, deren Bevölkerung von 3 929 214 i. J. 1790 auf 62 622 250 i.
J. 1890, also um jährlich 3,17 Proz. anwuchs, womit dieses Land die europ.
Verhältnisse weit hinter sich läßt.
Diejenige Wissenschaft, welche sich die Erforschung der auf die Bevölkerung als solche bezüglichen Fragen zur Aufgabe macht, wird
als Bevölkerungslehre bezeichnet. Sie zerfällt in drei Teile:
1) Die Bevölkerungsstatistik (s. oben), welche die thatsächlichen Bevölkerungszustände ermittelt
und beschreibt;
Litteratur. Quetelet, Sur l'homme on essai de physique sociale (2 Bde., Par.
1835; deutsch von Riecke, Stuttg. 1838; neu bearbeitet u. d. T.
Physique sociale, 2 Bde., Brüss.
und Par. 1869);
Censimento della popolazione del Regno d'Italia al 31 dic. 1881. Relazione generale e confronti internazionali (Rom
[* 69] 1885);
Cheysson, La question de la population en France et à l'étranger (Par. 1885);
Levasseur, La population
française
(2 Bde., ebd. 1889-91);
Supan, Die Verschiebung der in den industriellen Großstaaten Westeuropas im letzten Jahrzehnt
(1881-91) in Petermanns «Mitteilungen», Bd. 38, Heft III (1892).
die Lehre
[* 70] von den Aufgaben und Mitteln der Staatsgewalt, auf die Gestaltung
der Bevölkerungsverhältnisse eines Landes bestimmend einzuwirken. Insbesondere ist es die Frage der Förderung oder Hemmung der
Volksvermehrung, welche die Staatsmänner vielfach beschäftigt hat und je nach den Verhältnissen und dem Grade der gewonnenen
Einsicht verschieden beantwortet worden ist. Die Wohlfahrtspolitik der im 17. und 18. Jahrh, herrschenden
merkantilistischen Staatspraxis betrachtete eine möglichst dichte Bevölkerung als notwendige Vorbedingung einer gesunden
Volkswirtschaft und die Steigerung der Volkszahl daher als eine ihrer wichtigsten Aufgaben.
Genährt wurden diese, auch von den damaligen Theoretikern, unter den deutschen namentlich von Seckendorff, Süßmilch, von
Justi, Sonnenfels u. a., befürworteten Bestrebungen durch das wachsende Verlangen
der aufkommenden absolutistischen Staaten nach Steuerzahlern und Soldaten sowie durch die argen Verheerungen, die namentlich
in Deutschland
[* 71] der Dreißigjährige Krieg unter der Bevölkerung angerichtet hatte. Zur Hebung
[* 72] der Volkszahl schlug man verschiedene
Wege ein, stets aber suchte man möglichst direkt das Ziel zu erreichen.
Ein beliebtes Mittel war die Förderung der Kinderzeugung durch Begünstigung der Eheschließungen und durch
Aussetzung besonderer Prämien. So schon bei den Römern die Lex Papia Popaea (s. d.) vom Jahre 9 n. Chr.
In neuerer Zeit sagte Colbert 1666 allen denjenigen Geldbelohnungen zu, die vor dem 20. Jahre heirateten oder 10 eheliche
Kinder am Leben hätten. Rationeller waren die auf die Heranziehung fremder Einwanderer gerichteten Bestrebungen,
zumal hierdurch Leute im kräftigen Lebensalter dem Lande gewonnen wurden, deren Gewerbfleiß die Industrie ihrer neuen Heimat
beleben konnte.
Die preuß. Politik ist reich an Beispielen dieser Art. Auf der andern Seite wurde die Auswanderung nach Möglichkeit zu erschweren
gesucht oder gänzlich untersagt. Im 19. Jahrh. trat ein Umschwung der Anschauungen ein, der theoretisch namentlich durch
das Werk von Malthus (s. d. und Bevölkerungstheorie), praktisch aber durch die gedrückte Lage der Masse der Arbeiter in der
Zeit des Übergangs zur neuern Industrie verursacht wurde. Man hielt es jetzt vielfach für nötig, die
Auswanderung zu begünstigen, und in einigen deutschen Staaten wurden die Eheschließungen der Unbemittelten durch die Gesetzgebung
wesentlich erschwert, eine Maßnahme, die eine starke Vermehrung der unehelichen Geburten im Gefolge hatte.
Das norddeutsche Bundesgesetz vom beseitigte deshalb mit Recht diese Beschränkungen und gewährte der Selbstverantwortlichkeit
des Einzelnen wieder einen größern Spielraum. Dieses Gesetz wurde auch in Württemberg
[* 73] und Baden
[* 74] eingeführt,
nicht aber in Bayern,
[* 75] wo zwar auch die frühern Bestimmungen über den obrigkeitlichen Ehekonsens aufgehoben wurden, aber
durch das Gesetz vom den Gemeinden in bestimmten Fällen ein Einspruchsrecht gegen eine beabsichtigte Eheschließung
vorbehalten ist. Als Gebiet zur
¶