erwünscht und notwendig ist, ist ein Übermaß wieder schädlich, da die Samen
[* 2] der Seitentriebe sich später ausbilden als
die des Haupttriebes, was eine ungleichmäßige Reifung derselben zur Folge hat. Die Bestockung des Roggens findet
bei seiner verhältnismäßig frühen
Aussaat im Herbst und raschen
Entwicklung im
Frühjahr vorzugsweise im Herbst statt,
die des Winterweizens im
Frühjahr.
Man erreicht dies dadurch, daß man die zur Bestreichung (Flankierung) bestimmte
Linie unter einem rechten Winkel
[* 4] zu der zu bestreichenden anlegt, bei voneinander getrennten Werken durch eine
Anordnung der
gegenseitigen
Lage in diesem
Sinne.
Raum ist diejenige am ebenen
Boden gemessene
Strecke, innerhalb deren sich die Geschoßbahn nicht über
die Zielhöhe (Reiterhöhe, ganze, halbe oder Viertelmannshöhe) erhebt. Auf vorstehender
[* 1]
Figur
ist der bestrichene Raum mit
a b bezeichnet. Die Länge desselben ist abhängig von der Konstruktion der Waffe und
Patrone,
von der Schußweite und der damit fortwährend zunehmenden
Krümmung der
Bahn, der Zielhöhe, der Anschlagshöhe des Schützen
(insofern mit
Abnahme der Anschlagshöhe der bestrichene Raum zunimmt), vom Haltepunkt und von der Neigung
des Geländes am Ziel. (S. auch
Unbestrichener Raum.)
Alexander Alexandrowitsch, russ. Novellist und Kritiker, geb. 3. Nov.
war Rittmeister beim Generalstabe und
Adjutant des
HerzogsAlexander von
Württemberg.
[* 5] Mit Ryljejew (s. d.) in die Verschwörung
von 1825 verwickelt, wurde er nach Jakutsk verwiesen, erhielt aber später die Erlaubnis in die Kaukasusarmee
einzutreten, wurde wieder Offizier und fiel 19. (7.) Juli 1837 in einem
Treffen unweit Jekaterinodar. Er gab mit Ryljejew
den ersten russ.
Almanach, «Der Polarstern» (Petersb.
1823, 1824, 1825), heraus.
Auf seine spätern
Arbeiten, die in Novellen undSkizzen bestehen und unter dem
Namen A.
Marlinskij erschienen,
waren sein Lebensgang und seine Umgebungen am
Kaukasus nicht ohne Einfluß. Als Kritiker war er einer der Hauptvertreter der
sog. romantischen Kritik. Seine kritischen und polemischen
Aufsätze erschienen im «Sohn des Vaterlands» (Bd. 2 seiner
«Gesammelten Werke»).
Außer der Erzählung «Mullah-Nur» ist sein Hauptwerk
der
Roman «Ammalat-Beg», welcher pittoreske
Beschreibungen kaukas. Gegend enthält. Gesammelt erschienen seine
Schriften in
Petersburg
[* 6] 1839-40 in 12
Bänden (deutsch, 4 Bde., Lpz.
1845),
nachdem schon 1835 «Novellen und Erzählungen von
Marlinskij» veröffentlicht und von Seebach in den
«Russ. Novellen
und
Skizzen» (Lpz. 1837) übersetzt worden waren.Über ein Zusammentreffen mit ihm berichtet
Erman in der
«Reise um die Erde» (Bd. 2);
Chamisso hat diesen
Stoff zu dem schönen Gedicht «Der Verbannte» benutzt. B.s interessanter
Briefwechsel wurde 1860 von Semewskij herausgegeben.
Alexej Petrowitsch,
Graf, russ. Reichskanzler und Feldmarschall, geb. zu
Moskau,
[* 7] wurde inBerlin
[* 8] und Hannover
[* 9] erzogen und kam erst 1718 nach
Rußland zurück, wo
Peter d. Gr. ihn
zum Gesandten am dän., dann am kurländ.
Hofe, die Kaiserin
Anna zum Geheimrat und
Kabinettsminister ernannte. Nach dem
SturzeBirons wurde er als dessen
Anhänger 1740 verhaftet; doch setzte ihn die Kaiserin Elisabeth wieder auf freien
Fuß, erhob ihn in den Grafenstand und machte ihn zum Reichsvicekanzler, 1744 zum Großkanzler.
Der
Sturz des
Grafen L'Estocq befestigte ihn in seiner
Stellung. Bestushew-Rjumin brachte 1746 ein
Bündnis mit
Österreich
[* 10] zu stande, erneuerte
dasselbe 1756, was zur
TeilnahmeRußlands am Siebenjährigen
Kriege führte. Als eine Unpäßlichkeit der Kaiserin ihn
deren
Tod fürchten ließ, rief er, im Einverständnis mit der Großfürstin
Katharina, die russ.
Armee unter
Apraxin plötzlich
aus
Preußen
[* 11] zurück. Doch die Kaiserin erholte sich wieder, und Bestushew-Rjumin wurde 1758, als des Hochverrats
schuldig, aller seiner Würden entsetzt und nach dem ihm gehörigen Flecken Gorelowo bei
Moskau verwiesen. Erst
Katharina II. ließ ihn 1762 wieder an den
Hof
[* 12] kommen und ernannte ihn zum Feldmarschall, verwandte ihn aber nicht in Staatsangelegenheiten.
Er starb Er entdeckte 1725 ein arzneiliches
Eisenpräparat (s.
Bestushews Eisentinktur).
russ. Geschichtschreiber, geb. 1829 im Gouvernement
Nishegorod, studierte in
Moskau die
Rechte, widmete sich aber dann der Geschichte und war erst
Docent, 1865-82
Professor der russ. Geschichte an der
Universität in
Petersburg, dabei 1872-82 zugleich Präsident der
«Slawischen Wohlthätigkeitsgesellschaft»
daselbst, deren
«Izvěstija» er von 1885 bis 1887 redigierte. Die J. 1882-84 verbrachte in
Italien.
[* 13] Neben populären Monographien
ist sein Hauptwerk eine
«Russische
[* 14] Geschichte» (1.
u. 2. Bd., Petersb. 1872-82;
der 1.
Bd. auch deutsch, 3 Hefte, Mitau
[* 15] 1873-76), die bis Ende des 16. Jahrh. reicht und besonders die
Entwicklung des russ.
Volkslebens berücksichtigt, mit eingehender Übersicht der
Quellen der russ. Geschichte in der Einleitung.
Eisentinktur oder ätherische
Chloreisentinktur
(TincturaFerri chlorati aethera,Liquor
anodynus martiatus,
Spiritus
[* 16]
Ferri chlorati aethereus,
Tinctura tonico-nervina Bestuscheffii), ein Heilmittel aus alchimist.
Zeit, das auch jetzt noch Verwendung findet. Nach dem
Arzneibuch für das
Deutsche Reich
[* 17] wird die
Tinktur in der
Weise bereitet,
daß eine Mischung aus 1
Teil Eisenchloridlösung, 2
TeilenÄther und 7
TeilenWeingeist in hellen, gut verschlossenen
Flaschen den Sonnenstrahlen ausgesetzt wird, bis sie völlig entfärbt ist. Dann werden die Flaschen an einen schattigen
Ort gebracht und bisweilen geöffnet, bis der
Inhalt wieder eine gelbe
Farbe angenommen hat.
das
Recht eines
Kriegsschiffs, ein Schiff
[* 18] anderer Nationalität zu besuchen (franz. droit de
visite, visitation) in
Verbindung mit dem
Recht, dasselbe zu durchsuchen (engl. search).
eine der östlichsten Residentschaften auf der Insel Java, grenzt im N., NO. und S. an das Meer und im W. an die
Residentschaft Probolingo, hat mit Banjuwangi (s. d.) 9656 qkm und (1891) 672730 E., darunter 928 Europäer
und 1579 Chinesen. Besuki besteht aus den drei Abteilungen Besuki, Panarukan und Bondowoso mit zusammen 18 Distrikten und 575 Dessas
(Dörfern), ist im allgemeinen gebirgig und enthält die 3 Vulkane
[* 20] Merapi, Buloran und Argopuro. Haupterzeugnisse sind Tabak,
[* 21] Kaffee und Zucker.
[* 22] Hauptort und Sitz der Provinzialbehörden ist der an der Nordküste gelegene Hafenplatz
Besuki, dessen Schiffahrt auf die Ausfuhr der Landesprodukte beschränkt ist.
L., Pflanzengattung aus der Familie der Chenopodiaceen (s. d.). Die
Arten derselben (etwa 15) sind in den wärmern Gegenden der nördlichen gemäßigten Zone Europas, Afrikas und Asiens einheimisch.
Es sind zweijährige oder perennierende Kräuter mit einfachen, wechselständigen, etwas dicken Blättern und unscheinbaren,
grünlichen, in eine beblätterte, schweifartige Rispe gestellten Blüten, welche von 3 Deckblättern
gestützt, mit halb oberständigem, fünfteiligem Perigon, 5 Staubgefäßen und 2 Griffeln versehen sind und eine kleine,
einsamige, lederartige, von dem verhärteten Perigon umschlossene Frucht hervorbringen.
Die wichtigste Art dieser Gattung ist Beta vulgarisL. (vgl. Centrospermen,
[* 24] Fig.
1), deren zahlreiche, durch die Kultur hervorgebrachte Abarten unter verschiedenen Namen, Bete, Mangold,
Runkelrübe, Rote Rübe u. s. w. bekannt sind. Manche halten die am Ufer des AdriatischenMeers, der Nord- und Ostsee wachsende
Beta maritimaL. für die Stammart dieser wichtigen Kulturpflanze; doch unterscheidet sich die genannte Strandpflanze außer
ihrer schmächtigen, holzigen Wurzel
[* 25] und ihren kleinen Blättern auch durch den Umstand, daß sie eine
perennierende Pflanze ist, während alle Varietäten der Beta vulgaris im zweiten Lebensjahre absterben.
Die verschiedenen, einander zum Teil sehr wenig ähnlichen Abarten der Beta vulgaris lassen sich in zwei Hauptvarietäten zusammenfassen,
welche manche Botaniker als eigene Arten betrachten, nämlich:
1) Beta vulgaris var. Cicla, (Beta CiclaL.), mit schmächtiger
Wurzel, aber veredeltem Blattwerk, welches den allein genießbaren Teil der Pflanze bildet, und 2) Beta vulgaris var. rapacea
(Beta rapaceaKoch), mit fleischig saftiger, dicker, veredelter Wurzel und wertlosem, höchstens als Viehfutter benutzbarem Blattwerk.
Zur Varietät 1 gehören die unter dem NamenBeißkohl, Römischer Kohl, Bete und Mangold bekannten Gemüsearten,
deren dicke Blattstiele und Blattrippen, als Gemüse zubereitet, genossen werden.
Man baut Sorten mit weißen, gelben und roten Blattstielen und Rippen. Letztere zwei werden auch zur Zierde als Blattdekorationspflanzen
in Gärten gezogen. Zur Varietät 2 gehören die gemeine
Runkelrübe (s. Tafel: Futterpflanzen Ⅰ,
[* 19]
Fig. 15),
die Zuckerrübe und die Rote Rübe. Erstere zwei Abarten werden in zahllosen Rassen von verschiedenem Kulturwert gebaut, die
erstere vorherrschend als Viehfutter, die zweite zur Gewinnung des Rübenzuckers. Die gemeine Runkelrübe dient, in würfelige
Stückchen geschnitten, an der Luft oder auf dem Ofen getrocknet und sodann wie Kaffeebohnen gebrannt, als
Kaffeesurrogat. ^[Spaltewechsel]
Fertig gebildet kommt das in der Melasse von Runkelrüben
(BetavulgarisL.) vor. Es krystallisiert aus Alkohol mit 1 Molekül Wasser in glänzenden Krystallen, reagiert
neutral und hat einen süßlichen Geschmack.
Mit starken Säuren vereinigt es sich zu meist gut krystallisierenden sauer reagierenden
Salzen.
Distriktshauptstadt in der span. Provinz Coruña in Galicien, 23 km südöstlich von Coruña, auf einem
Hügel rechts am Mandeo, der in die Ria de Betánzos mündet, an der EisenbahnlinieLeon-Coruña, hat (1887) 8120 E.,
Post, Telegraph,
[* 27] Wein- und Getreidehandel.
gewöhnlich Bezeichnung für die mehr oder minder vollständige Bewußtlosigkeit (s. d.), die durch
starke mechan. Einwirkungen auf das Gehirn, z. B. durch Stoß, Fall, Druck (Gehirnerschütterung), durch den Genuß oder das
Einatmen von Stoffen, die lähmend auf die Ganglienzellen
[* 28] des Gehirns wirken (Narkose), wie Opium, Schwefeläther, Chloroform,
Stickstoffoxydul, Kohlenoxydgas, Alkohol u. s. w., oder durch heftige sinnliche oder psychische Einwirkungen (Kanonendonner,
Schreck u. s. w.) hervorgerufen wird. In der Medizin bedient man sich mit großem Vorteil der betäubenden
(narkotischen) Mittel, um in einzelnen Körperteilen oder dem ganzen Körper für einige Zeit mehr oder minder vollständige
Gefühllosigkeit hervorzubringen. (S. Anästhesieren.)
(engl. Bethany), Name dreier Missionsstationen in Südafrika;
[* 33]
die eine im Großnamalande, östlich von Angra-Pequena,
wurde 1814 gegründet und gehört der Rheinischen Missionsgesellschaft an, die andere im Oranje-Freistaat
wurde 1834 von der Berliner
[* 34] Mission angelegt, die dritte im Transvaal, 9 km östlich von Rustenburg, ist eine Gründung der
Hermannsburger Gesellschaft (1864).
ein 4 km (15 Stadien,
Joh. 11,18). von Jerusalem
[* 35] entfernter Flecken, an der röm. Straße von dort nach Jericho
auf dem Ostabhang des Ölberges gelegen, wird im NeuenTestament als Wohnort des Lazarus
(Joh. 11,1). und
Simons des Aussätzigen erwähnt, sowie als Quartier Jesu während seines letzten Besuchs in Jerusalem, bekannt durch die Salbung
der Maria
(Joh. 12,1). Bethanien ist stets von Pilgern besucht worden und hieß seit dem 6. Jahrh.
Lazarium (d. i. Ort des Lazarus), arabisiert El-'Azārīje, ein freundlich zwischen Bäumen gelegener Ort
mit 40 Häusern, von Moslems bewohnt. Man zeigt jetzt das unterirdische Grab des Lazarus, das Schloß des Lazarus (Kreuzfahrerbau?)
und das Haus der Maria und Martha.
(«Gotteshaus»,
1 Mos. 28,17),. Name einer Stadt und berühmten Kultusstätte im Westjordanlande
an der Straße vonJerusalem nach Sichem, an der Südgrenze des Reichs Israel. Es soll früher Lus geheißen haben. Jerobeam
I. machte Bethel zu einem königl. Heiligtum mit Tempel und Gottesbild
(1Kön. 12,26. fg.), dessen verschwenderischen Kultus namentlich
der Prophet Hosea als Baals-, d. h. Götzendienst bezeichnete. 722 kam es mit dem übrigen
Reich Israel an die Assyrer, wurde aber nach dem Exil von Judäern neu besiedelt. Das alte Bethel ist das heutige
Bētīn (400 E.), ein hoch- und freigelegener Ort, 18 km im N. von Jerusalem.
(d. i. Haus der Barmherzigkeit oder Gnadenort), ein Teich in Jerusalem, der nur im Evangelium
des Johannes (Kap. 5) erwähnt wird. In den fünf Hallen oder bedeckten Gängen, von denen er umgeben war, hielten sich viele
(Glieder-) Kranke auf, welche, nach des JohannesBericht, auf die Bewegung des Wassers warteten, um sich darin zu
baden. Wahrscheinlich nach einer jüd. Volkssage läßt jene Erzählung diese Bewegung durch einen Engel bewirkt werden, der
zu einer gewissen Zeit in den Teich steigt und den Kranken, welcher nach dieser Bewegung zuerst in das Wasser kommt, gesund
macht.
Vermutlich war es eine intermittierende Quelle.
[* 37] Schon die Kirchenväter, namentlich Nonnus, der dichterische
Paraphrast des Johannes, erklären die Erscheinung auf natürliche Weise. Der Teich lag nach den Zeugen des Altertums und des
Mittelalters im Norden
[* 38] des Tempelplatzes. Seit
1887 hat man in der nordwestl. Umgebung der den Franzosen gehörigen St. Annenkirche
eine unterirdische, ursprünglich in den Felsen gehauene hallenartige Teichanlage entdeckt, die später
durch Mauerwerk erweitert und mit einer kleinen Kirche überbaut worden ist. Noch jetzt sind fünf Hallen vorhanden, aus denen
eine Treppe
[* 39] in den Teich hinabführt.
Horon, das «untere und obere»
(Jos.
16,3, 5),. im heutigen ArabischBet 'Ur et-Tahta und Bet 'Urel-Foka, zwei auf dem Westrande des Gebirges von
Palästina
[* 40] nahe bei einander gelegene Dörfer, die die ehemals wichtigste, noch heute vorhandene Straße aus der Küstenebene
in das mittlere Bergland beherrschten und daher in den Kriegen Israels gegen die Kanaaniter und gegen die Philister, der Juden
gegen die Syrer und gegen die Römer
[* 41] wiederholt der Schauplatz erbitterter Kämpfe gewesen sind. Die Reste aus dem Altertum
sind unbedeutend.
Stadt in Palästina, die Heimat der großen Männer des StammesJuda, besonders des David,
daher die Stadt Davids genannt
(Luk. 2,4, 11). Bethlehem lag an der Gebirgsstraße nach Ägypten
[* 43] und wurde deshalb von Rehabeam befestigt.
Nach dem Exil wurde es neu besiedelt, doch sind seine Bewohner im 4. Jahrh. v. Chr. nicht mehr Judäer, sondern Nachkommen
Kalebs, die von Hebron aus nach Norden vorgedrungen waren. Da es zur Landschaft Ephrat gerechnet wurde,
so wird es
1 Mos. 35,19. geradezu so genannt.
Der Ruhm B.s gründet sich darauf, daß nach den Evangelien des Matthäus, Lukas und JohannesChristus dort geboren worden ist.
Die Herberge
Luk. 2,7. ist seit der Mitte des 2. Jahrh.
als eine Höhle bekannt, die wahrscheinlich schon unter dem KaiserKonstantin mit einer schönen, ziemlich gut erhaltenen Basilika
[* 44] (im Osten des jetzigen Dorfs) überbaut wurde und noch jetzt, freilich in einer seit dem 8. Jahrh.
völlig veränderten Gestalt, gezeigt wird. Die ursprüngliche Länge der Basilika (Atrium, Vorhalle und
Schiffe
[* 45] mit Apsis) betrug 108,50 m, die Breite
[* 46] 28,50 m. Jetzt ist nur noch der östlichste Teil, die durch Säulen
[* 47] geteilten
Schiffe mit einem spitzen Balkendach, in einer Länge von 58 m erhalten. Das Mittelschiff, neben dem zwei niedrigere und
schmälere Seitenschiffe laufen, wird von einem gleich breiten Querschiff durchschnitten, dessen Enden
(S. und N.) ebenso wie das Ende des Langschiffs (O.) in Apsiden¶
mehr
auslaufen. Unter der Kreuzung, dem Chore, befindet sich die Geburtsgrotte Christi, zu der man auf mehrern Treppen
[* 49] hinabsteigen
kann. Sie ist von 32 Lampen
[* 50] erhellt, mit Marmor, Teppichen und Gemälden überreich ausgeschmückt. Die Geburtsstätte ist
durch einen silbernen Stern auf dem Boden einer Nische bezeichnet. Nach W. stoßen verschiedene Felsengemächer
an, darunter das Grab und die Kapelle des heil. Hieronymus; nach S. und N. sind Klöster der Armenier, Griechen und Lateiner
an die Kirche angebaut. Bethlehem (Bet Lahm) liegt 10 km südlich von Jerusalem, mit dem es jetzt durch eine Fahrstraße verbunden
ist, hat 5000 meist christl. E., die sich von Acker- und Weinbau, von Viehzucht
[* 51] und durch Schnitzarbeiten
(Steine und Perlmutter) ernähren. Eine alte Wasserleitung
[* 52] von den sog. Salomonischen Teichen nach Jerusalem giebt von ihrem
Inhalt auch an ab. (S. Stätten, heilige.)
mehrfach Bezeichnung der Hussiten (s. d.), nach der Bethlehemskirche in Prag,
[* 53] in der Huß predigte. -
Ferner ist Bethlehemiten der Name zweier Orden.
[* 54] Der eine war ein Ritterorden zur Bekämpfung der Ungläubigen, gestiftet durch Pius II. und
zu Ehren der Maria Religio militans ac hospitalis Mariae Bethlehemitanae genannt. Er hatte seinen Hauptsitz auf der InselLemnos,
ging aber bald wieder unter. - Bekannter ist der durch Peter von Bethencourt um 1659 gestiftete amerik.
Schul- und Hospitalorden Fratres Bethlemitae. Innocenz XI. erhob 1687 die Bethlehemiten zu einem Orden und gab ihm die Regel des heil.
Augustin. Clemens XI. erteilte ihnen 1707 die Privilegien der Bettelorden. Die Tracht der Bethlehemiten war die der Kapuziner, nur
trugen sie Hüte, den Rosenkranz um den Hals, auf der rechten Seite des kurzen Mantels einen Schild,
[* 55] auf welchem die Krippe
von Bethlehem gemalt war. Außer den drei gewöhnlichen Gelübden hatten sie noch das der Gastfreiheit und verpflichteten sich
zur unbedingten Krankenpflege. 1668 kam auch noch ein weiblicher Zweig hinzu. Die Bethlehemiten verbreiteten
sich in Peru
[* 56] und Mexiko
[* 57] und errichteten zahlreiche Spitäler und Schulen, die aber 1820 säkularisiert wurden, worauf der Orden
einging.
Andreas, Graf, ungar. Staatsmann, geb. 1850 in Klausenburg,
[* 58] aus einer der vornehmsten protestantischen siebenbürg.
Adelsfamilien, studierte in Budapest
[* 59] und machte Reisen nach Deutschland,
[* 60] Belgien
[* 61] und England. 1875 wurde er zum Abgeordneten
gewählt, 1882 zum Obergespan des Kronstädter Komitats, 1886 zum provisorischen Obergespan des Hermannstädter Komitats und
zum Comes der Sachsen
[* 62] ernannt, deren Versöhnung mit dem ungar. Staat er sich besonders angelegen sein
ließ. 1890 trat er als
Ackerbauminister in das KabinettSzapáry ein und sorgte besonders für Flußregulierung, Hebung
[* 63] der Viehzucht
und Verbesserung der Veterinärpolizei. Einen wichtigen Erfolg für den ungar. Export erreichte
er durch die 1892 mit Deutschland abgeschlossene Viehseuchenkonvention. Er behielt sein Portefeuille auch unter Wekerle, trat
aber zurück.
Gábor (d. i. GabrielBethlen), der berühmteste Sproß eines altungar., in Ungarn und Siebenbürgen reich begüterten
Geschlechts, geb. 1580. Er warf sich nach wechselvollen Kämpfen 1613 gegen seinen frühern Parteigenossen,
den Fürsten GabrielBáthory, mit türk. Hilfe zum Beherrscher Siebenbürgens auf. Es gelang ihm zunächst,
die Türken aus dem Lande zu bringen und mit Österreich ein leidliches Verhältnis anzubahnen. Als aber nach dem Tode des Kaisers
Matthias Böhmen
[* 64] Ferdinand II. den Gehorsam aufsagte, gesellte sich den Feinden Habsburgs zu. Im Aug. 1619 brach er, von
den Türken begünstigt, in Ungarn ein, eroberte weite Striche des Landes und neben andern Plätzen 20. Okt. das feste Preßburg
[* 65] mit der Stephanskrone, bedrohte Wien
[* 66] und ließ seine Wahl zum König Ungarns durch dessen Stände zu.
Die Niederlage der Böhmen am Weißen Berge bei Prag wirkte jedoch lähmend auf seine Thätigkeit; er schloß den
Frieden zu Nikolsburg, der ihm gegen Verzicht auf Ungarn und den königl. Titel sieben oberungar.
Gespanschaften nebst Kaschau, Tokay und Munkacs, ferner die Herzogtümer Oppeln
[* 67] und Ratibor
[* 68] brachte.
Doch schon im Herbst 1622 eröffnete wieder den Krieg, ward jedoch durch die Siege der Kaiserlichen im Reich zum Wiener Frieden
bewogen in dem er zwar auf die schles. Herzogtümer verzichtete, dafür aber
das nahe gelegene Ecsed erhielt. 1626 ward er als Gemahl Katharinas vonBrandenburg
[* 69] (seine erste Gemahlin war 1622 kinderlos
gestorben) noch einmal in den Mittelpunkt einer großen prot.
Koalition gestellt, in der England, Dänemark,
[* 70] Holland und die deutschen Protestanten sich mit ihm zu einem allseitigen Angriff
auf die habsburg. Mächte anschickten. Die NiederlagenChristians von Dänemark bei Lutter am Barenberge
und Mansfelds an der DessauerBrücke
[* 71] gegen Tilly und Wallenstein durchkreuzten auch diesen Plan und bewogen zum Frieden von
Leutschau (Dez. 1626), der jene beiden ersten bestätigte. Schon war er in die neue große Angriffsbewegung gegen Habsburg
eingeweiht, die von seinem Schwager Gustav Adolf ausgehen sollte, als ihn eine Krankheit hinwegraffte
Seinem Fürstentum ist trotz der unaufhörlichen Kriege durch seine auf die Entwicklung der natürlichen Hilfsquellen
und des geistigen Lebens gerichtete Verwaltung zum Segen gewesen. An seiner Universität in Weißenburg
[* 72] wirkten namhafte deutsche
Lehrer, unter andern eine Zeit lang Martin Opitz.
Demselben Geschlechte gehören an: JohannBethlen, Kanzler von Siebenbürgen, geb. 1613, gest. 1678, bekannt
durch sein Geschichtswerk «Rerum transsylvanicarum libri IV» (Amsterd.
1664; Klausenb. 1789), das die Geschichte Siebenbürgens von 1629 bis 1663 enthält. Der Verfasser ließ die Fortsetzung
dieses Werkes bis 1673 in der Handschrift zurück, die von Horányi (2 Bde.,
Wien 1782, 1783) herausgegeben wurde. - WolfgangBethlen, ebenfalls siebenbürg. Kanzler, gest. 1679 im
¶
mehr
40. Lebensjahre, schrieb in 16 Büchern die Geschichte Siebenbürgens von der Mohácser Schlacht bis 1609, die, von Benko u. d. T.
«Wolfgangi de Bethlen historia de rebus transsylvanicis» (6 Bde.,
Hermannst. 1782 fg.) herausgegeben, eine Hauptquelle für die ungar.-siebenbürg. Geschichte
ist.
eine angesehene Familie zu Frankfurt
[* 74] a. M., die aus Niedersachsen stammt und deren Vorfahren
seit 1416 in Goslar
[* 75] nachweisbar sind. Dort gehörte die Familie seit dem Beginn des 16. Jahrh.
zu den ratsfähigen Geschlechtern und zu den Mitgliedern der ersten Gilde. Ein Angehöriger dieser Familie, Konrad V. (geb. zu
Goslar, gest. zu Mainz),
[* 76] war Münzmeister in Diensten der Fürstin
von Nassau-Holzappel, des DeutschenOrdens in Friedberg
[* 77] in der Wetterau und des Kurfürsten von Mainz.
Sein Sohn, SimonMoritz Bethmann, fürstl. nassauischer Amtmann, geb. und gest. hinterließ vier
Kinder: Johann Philipp, JohannJakob, Katharina Elisabeth und SimonMoritz, die alle beim Ableben des Vaters
noch sehr jung waren. Ihr Oheim von mütterlicher Seite, der in Frankfurt lebende, sehr vermögende Handelsherr JakobAdami
(geb. nahm sich der Knaben an und ließ ihnen eine sorgfältige Erziehung geben. Der älteste, Johann Philipp
Bethmann, geb. wurde von Adami frühzeitig in dessen damals schon blühendes Handelsgeschäft aufgenommen
und endlich durch testamentarische Verfügung mit seinen Geschwistern zum Erben des Oheims eingesetzt. Nach dem Tode desselben
führte Johann Philipp die Handlung noch einige Zeit unter dem NamenJakobAdami fort.
Als er aber sodann seinen jüngsten BruderSimonMoritz, geb. gest. 1782, als Teilhaber aufnahm,
gaben beide mit dem ihrer Handlung die Firma Gebrüder Bethmann. Der andere Bruder, JohannJakob, geb.
etablierte sich in Bordeaux.
[* 78] Den BrüdernJohann Philipp und SimonMoritz gelang es, ihren Geschäften einen außerordentlichen
Aufschwung zu geben und den großen Wohlstand ihrer Familie zu begründen. Johann Philipp Bethmann, kaiserl.
Rat und Bankier, starb Sein einziger Sohn, SimonMoritz Bethmann, geb. wurde nun Chef der Handlung, die durch
die stets wachsende Ausdehnung ihrer Bankgeschäfte sowie durch die Negotiierung großer Anleihen für
Österreich, Dänemark u. s. w. ihren höchsten Flor erreichte und ihren Ruf nach allen Weltgegenden
verbreitete.
SimonMoritz wurde vom KaiserFranz vonOsterreich 1808 in den Adelstand erhoben und vom KaiserAlexander von Rußland zum Generalkonsul
und Staatsrat ernannt. Er war ein Wohlthäter der Armen, ein Beförderer der Künste und Wissenschaften,
vor allem aber seiner Vaterstadt Frankfurt ein weiser Berater und werkthätiger Beschützer. Er starb Seine Witwe,
Luise Friederike Boode, aus einer angesehenen holländ. Familie (geb.
verband sich in zweiter Ehe 1828 mit Matthias Franz Borgnis, nachherigem Associé der Gebrüder Bethmann. Von seinen drei
Schwestern, die ihn sämtlich überlebten, ist zu erwähnen Susanna Elisabeth (geb. gest. vermählt 1780 mit
Joh. Jak. Hollweg (geb.
gest. Associé von Gebrüder Bethmann, der Namen und Wappen
[* 79] der Familie annahm und Stifter der Linie Bethmann-Hollweg
wurde.
Der älteste Sohn SimonMoritz B.s, Philipp
HeinrichMoritzAlexanderFreiherr von Bethmann, geb. gest.
war früher königlich preuß. Generalkonsul und wurde in den erblichen bad.
Freiherrenstand erhoben. Dessen ältester Sohn SimonMoritz, geb. ist jetzt Chef der Familie
und des Bankhauses. Zu der Bethmannschen Villa vor dem Friedberger Thore zu Frankfurt, welche im Innern geschmackvoll eingerichtet
und mit Kunstschätzen aller Art ausgeschmückt ist, gehört das sog. Museum, und in diesem
steht die berühmte Ariadne, auf dem Panther reitend, von Dannecker in Marmor ausgeführt.
Friederike Auguste Konradine, Schauspielerin, geb. zu Gotha,
[* 80] wo ihr Vater,
Namens Flittner, herzogl. Beamter war, nach dessen Tode ihre Mutter den Schauspieler Großmann heiratete. Nachdem dieser die
Leitung des kurfürstl. Theaters in Bonn
[* 81] übernommen hatte, betrat sie 1779 in Bonn die Bühne, zuerst in der Oper, und erwarb
in muntern und naiven wie in tragischen Rollen
[* 82] großen Beifall. Sie heiratete 1785 den KomikerUnzelmann
(s. d.), mit dem sie 1788 nach Berlin ging, wo sie allgemein bewundert wurde. 1803 ließ sie sich scheiden und heiratete 1805 den
Schauspieler Heinr. Ed. Bethmann (1774-1857); sie starb in
Berlin. Sie war gleich ausgezeichnet in Schauspiel und Oper, schalkhaft und anmutig in den leichtern Gattungen,
voll poet. Schwungs in der Tragödie, Meisterin des Vortrags und, wie wenige, der geschmackvoll glänzenden Kostümierung.
Mor. Aug. von, Jurist und preuß. Staatsminister, geb. zu
Frankfurt a. M., Sohn J. J.. Bethmann-Hollwegs, des zweiten Chefs des Bankierhauses Gebrüder Bethmann daselbst,
studierte in Göttingen
[* 83] und Berlin die Rechte und habilitierte sich 1819 an der letztern Universität als Privatdocent. Ein
Jahr darauf wurde ihm eine außerord. Professur, drei Jahre später die ord. Professur für Civilrecht und Civilprozeß übertragen.
Er wurde 1829 nach Bonn versetzt, legte 1842 die Professur nieder und übernahm das Kuratorium der Universität,
das er bis 1848 führte.
Nachdem er 1845 zum Mitglied des Staatsrates ernannt worden war, nahm er 1846 als Deputierter der Rheinischen Provinzialsynode
an der Generalsynode zu Berlin teil. Parlamentarisch thätig war Bethmann-Hollweg als Mitglied der preuß.
Ersten Kammer von 1849 bis 1852 sowie der Zweiten Kammer von 1852 bis 1855; er war hier der Führer der
in der Presse
[* 84] durch das «Preuß. Wochenblatt» vertretenen gemäßigt-liberalen Partei. Im Herbst 1858 ward ihm vom Prinz-Regenten
von Preußen in dem neuen liberalen Ministerium (Schwerin-Auerswald) das Portefeuille der geistlichen, Unterrichts- und Medizinalangelegenheiten
übertragen, von welchem Ministerposten er im Frühjahr 1862, gleich seinen Kollegen infolge des beginnenden
Verfassungskonflikts, zurücktrat. Er starb auf seinem Schlosse Rheineck Von B.s wissenschaftlichen Arbeiten sind
hervorzuheben: «Grundriß zu Vorlesungen über den gemeinen und preuß.
Civilprozeß» (3. Aufl., Bonn 1832),
«Über Gesetzgebung und Rechtswissenschaft
als Aufgabe unserer Zeit» (ebd. 1876),
«Das zwanzigste Buch derPandekten erläutert» (Heft 1, Titel 1, ebd. 1877). Bethmann-Hollweg wurde 1840 bei
der Huldigung Friedrich Wilhelms IV. als einer der bedeutendsten rhein. Grundbesitzer in
den Adelstand erhoben. Schloß Rheineck ließ er neu aufbauen und ausschmücken.
(d. i. Fischhausen), Name eines Dorfs in Palästina am See Genezareth, die Heimat dreier Jünger Jesu, des Philippus,
Andreas und Petrus. Wegen
Mark. 6, 45. setzen viele Gelehrte an das Westufer des Sees (bei Chan Minje, Tell Hum
oder Abu Zeni). Andere halten das Bethsaida der Evangelien für identisch mit dem am östl. Ufer des Jordans, das Herodes Philippus
zu einer Stadt mit Namen Julias (zu Ehren der Julia, Tochter des Auqustus) erhob und von dem wahrscheinlich
die Ruinen el-'Aradsch, el-Mes'adije und et-Tell im Osten der Mündung des Jordans in den See Genezareth herrühren.
Sean (auch BethSān), alte Stadt in Palästina, lange von den Kanaanitern gegen Israel behauptet, eine Zeit lang
von den Philistern beherrscht und erst nach Saul von Israel unterworfen. Ihr griech. Name war Skythopolis.
Sie gehörte später zur Dekapolis und war eine stark heidn. Stadt. Ihre ausgedehnten Ruinen sowie das daneben liegende Dorf
heißen heute Beisan oder Besan und liegen am Rande einer wasserreichen Terrasse im westl. Jordanthal, schon 100 m unter
dem Meer. Beth Sean E. ist der Geburtsort des Gnostikers Basilides und war im 4. Jahrh. christl. Bischofssitz.
Semes, mehrere Orte in Palästina, von denen die judäische Stadt an der Grenze des Philistergebietes (jetzt Ruinen
von 'Ain Schems) die bekannteste ist.
Die Lade Jahwes erreichte hier wieder das Gebiet Israels
(1 Sam.
6,12. fg.);
Amazja, König von Juda, wurde hier durch den König Joas von Israel gefangen genommen
(2Kön. 14, 11,. 13).
1) Arrondissement im franz. Depart. Pas-de-Calais, hat 939,44 qkm, (1891) 245 090 E., 142 Gemeinden und zerfällt in
die 8 Kantone Bethune (100,12 qkm, 27 720 E.), Cambrin (116,55 qkm, 23 963 E.), Carvin-Epinoy (90,60 qkm, 32 770 E.), Houdain (182,03
qkm, 36 467 E.), Laventie (70,55 qkm, 13 856 E.), Lens (141,32 qkm, 63 391 E.), Lillers (107,95 qkm, 19 994 E.), Norrent-Fontes
(130,32 qkm, 26 929 E.). - 2)
Hauptstadt des Arrondissements Bethune im franz. Depart. Pas-de-Calais, in der
alten GrafschaftArtois, an der Brette und dem Béthunekanal, unweit der Vereinigung des Lawe- und Bassékanals, an den Linien
Abbeville-Bethune (94 km), Amiens-Arras-Calais und Lille-Bethune (36 km) der franz. Nordbahn, ist Sitz eines Civilgerichts
erster Instanz, hat eine schöne got. Kirche (1533-45 erbaut), ein Kommunalcollege, (1891) 9891, als Gemeinde 11 098 E.,
in Garnison das 73. Infanterieregiment, Leinwandbleichen und -Webereien, Zucker-, Salz- und Ölraffinerien, Gerbereien und
ansehnlichen Handel mit Leinwand, Getreide,
[* 88] Steinkohlen und Torf sowie mit Leinsaat und Rüböl. - Die Stadt entstand um das
feste Schloß der Herren von Bethune, war im 12. Jahrh. schon ein
ansehnlicher Ort, kam durch Heirat an die Grafen von Flandern und stand dann unter eigenen Grafen, die um die Mitte des 17. Jahrh.
ausstarben. Gaston von Orleans nahm die Stadt 1645, Prinz Eugen von Savoyen 1710; im Utrechter Frieden 1713 kam
sie an Frankreich. In der Nähe liegt das von Gräben umgebene Schloß des Herzogs von Roquelaure. Die Sage läßt hier im 12. Jahrh.
die Artesischen Brunnen erfunden sein, deren die Stadt eine Menge besitzt. -
Vgl. Beghin, Histoire de la ville de Bethune (Douai
1874).
Eduard Georg, Graf von, konservativer Parlamentarier, geb. auf dem Stammgute Bankau im schles.
Kreise
[* 89] Kreuzburg, studierte zu Bonn, Breslau
[* 90] und Berlin die Rechte und übernahm 1853 die Besitzungen Bankau und Albrechtsdorf
(im Kreise Rosenberg). Seit 1856 Kreisdeputierter, 1860 Landesältester und Abgeordneter zum Provinziallandtage,
wurde er 1861 vom Wahlkreise Kreuzburg-Rosenberg in das preuß. Abgeordnetenhaus gewählt,
wo er bis 1863 der konservativen Fraktion angehörte und energisch die Armeereform vertrat.
Als begeisterter Anhänger der deutschen Einheit war er zugleich ein eifriger Teilnehmer an den Bestrebungen
des Nationalvereins. Im Aug. 1866 gründete er mit dem Grafen Renard und Herrn von dem Knesebeck die Fraktion der Freikonservativen
(Deutsche Reichspartei), deren Führer er seitdem im Abgeordnetenhause wie im Norddeutschen und DeutschenReichstage war. 1874-79
fungierte er auch als zweiter Vicepräsident des Abgeordnetenhauses. Im Jan. 1880 erloschen seine Mandate
infolge seiner Ernennung zum Landrat des Kreises Kreuzburg. Aus Gesundheitsrücksichten legte er 1886 auch dies Amt nieder
und starb zu Bankau.
Baleska, Gräfin, geborene von Reiswitz-Kaderzin, Romanschriftstellerin unter dem PseudonymMoritz von
Reichenbach,
[* 91] geb. zu Kielbaschin in Oberschlesien, lebt seit ihrer Vermählung 1869 auf
Deschowitz.
Von ihren Veröffentlichungen sind die Novellenbände «Coeurdamen» (Stuttg.
1885),
«Eva in allerlei Gestalt» (Lpz. 1890) und «Unter
der Maske» (Berl. 1893),