Die Bestätigung eines anfechtbaren
Geschäfts (s.
Anfechtung) macht das
Geschäft unanfechtbar, wenn die Bestätigung nicht unter der Herrschaft
des Anfechtungsgrundes erfolgt ist; das zufolge einer
Drohung abgeschlossene
Geschäft wird also unanfechtbar, wenn der Bedrohte
dasselbe bestätigt, ohne daß er noch unter dem Einfluß der
Drohung steht; das von einem Minderjährigen
abgeschlossene
Geschäft, wenn es derselbe nach erlangter Großjährigkeit bestätigt.
Die Bestätigung eines nichtigen
Geschäfts erzielt nur dann eine Wirkung, wenn die Bestätigung die Bedeutung eines neuen
Abschlusses desselben
Geschäfts hat, ohne daß dieser neue
Abschluß an demselben Nichtigkeitsgrunde leidet. Von manchen wird das Wort Bestätigung nur auf
nichtige
Geschäfte angewandt, im Gegensatz zu Genehmigung oder
Anerkennung (s. d.) eines anfechtbaren
Geschäfts.
Abfahren, Abrollen,
Abstreifen, Zustellen, Zustreifen, das Abholen der
Güter vom Bahnhof nach der Behausung
des Empfängers oder von der Behausung des
Absendern nach dem Bahnhof. In
Deutschland
[* 2] und den übrigen
Ländern des
Deutschen
Eisenbahnvereins ist das
An- und Abfahren der
Güter im allgemeinen Privatsache. In größern
Städten werden
hierfür von der Eisenbahnverwaltung zugleich
Unternehmer bestellt, für die sie haftet. Die Gebühren, die die
Unternehmer
erheben dürfen, sind vertragsmäßig festgesetzt.
Von der bahnamtlichen Bestätterung ausgeschlossen sind die bahnhoflagernd gestellten
Güter. Ausgeschlossen von der Selbstabholung sind
diejenigen
Güter, die nach steueramtlichen Vorschriften oder aus andern
Gründen nach Packhöfen oder
Niederlagen der
Steuerverwaltung gefahren werden müssen. Die Befugnis der Empfänger, ihre
Güter selbst abzuholen, kann von
der Eisenbahn im allgemeinen Verkehrsinteresse mit Genehmigung der
Aufsichtsbehörde beschränkt oder aufgehoben werden.
Eine solche
Beschränkung ist z. B. eingeführt in
Altona,
[* 3] Kiel,
[* 4] Flensburg,
[* 5] Hadersleben,
[* 6]
Husum,
[* 7] Rendsburg
[* 8] und
Schleswig,
[* 9] indem dort
nur für bestimmte
Güter, wie für leicht verderbliche Gegenstände, die Befugnis der Empfänger
zur Selbstabholung bestehen geblieben ist, alle übrigen
Güter dagegen der Zwangsbestätterung unterliegen. In
Elberfeld
[* 10] und
Barmen ist die Zwangsbestätterung ohne Einschränkung eingeführt. Neuerdings ist bei den
Preuß. Staatsbahnen
[* 11] auch die bahnseitige
An- undAbfuhr von
Stückgut zwischen entfernt von der Eisenbahn gelegenen Orten und der nächsten Bahnstation
durch Errichtung sog. Güternebenstellen in größerm
Umfange eingeführt worden. (S. auch Eisenbahnagenten.) - In England
besteht insofern eine Art zwangsweiser bahnamtlicher Bestätterung, als in den Frachtsätzen der größeren
Stationen die Gebühr für
die bahnamtlich zu bewirkende
An- undAbfuhr mit enthalten ist. In welchem
Umfang von dieser Einrichtung
vom Publikum Gebrauch gemacht wird, geht aus dem Umstande hervor, daß die
Midlandbahn allein zum Zweck der
An- undAbfuhr über 8000
Pferde
[* 12] und ungefähr 2300 Wagen im Betriebe hat. - In
Frankreich besorgen die Eisenbahnen an fast allen größern
Orten die
Abfuhr, die Selbstabholung ist gewissen einschränkenden
Bedingungen unterworfen. - In
Italien
[* 13] besteht auf den von
den Bahnverwaltungen zu bezeichnenden
Stationen Zwangsbestätterung, falls nicht der Frachtbrief mit dem Vermerk «in
stazione» versehen ist. - In
Amerika
[* 14] wird das Abholen der
Güter von besondern Transportgesellschaften bewirkt. - Eine
eigentümliche Einrichtung
besteht in
Rußland, wo sich sog.
Artels (s. d.) für die Ausführung des
Auf- und Abladens von
Gütern,
deren
Beförderung an die Bahnstationen, das Abrollen von letztern u. s. w. gebildet haben.
Der
Artels bedienen sich sowohl die Eisenbahngesellschaften wie die
Verfrachter. -
der
Toten. Die Bestattung ist stets in religiöser wie in ceremonieller und rechtlicher Hinsicht bei allen einigermaßen
gebildeten Völkern ein Gegenstand großer
Aufmerksamkeit gewesen, indem sich hier teils noch einmal die im Leben gehegte
Liebe, teils auch der
Glaube an
Her- und Zukunft des
Toten zu bethätigen sucht. Je lebendiger bei einem
Volke der
Glaube an die Fortdauer nach dem
Tode ist, um so sorgfältiger pflegt der
Leichnam behandelt zu werden. Im
Altertum
hielten die Ägypter infolge ihres ausgebildeten
Glaubens an Seelenwanderung und
Totengericht den
Leichnam am höchsten; daher
ihre riesenhaften Totengebäude (Felsenhöhlen, Totenstädte, Pyramiden) und ihre Kunst des
Einbalsamierens
(s.
Ägypten,
[* 16] Bd. 1, S. 241). Die Nekropolen (grch.,
d. h. Totenstädte) von Memphis und
Theben mit ihren ansehnlich ausgebauten Gräbern zogen sich weit am Rande der Wüste hin.
Den Ägyptern schließen sich, von anderm Standpunkte aus, die
Chinesen,
Japaner, Griechen undRömer
[* 17] an,
die die Art der Bestattung von Einfluß auf die
Lage der Verstorbenen im Jenseits hielten. Die Griechen und
Römer meinten sogar, daß
der Unbestattete 100 Jahre ruhelos an den Ufern der
Styx (s. d.) umherirren müßte, und hielten es deshalb für Pflicht,
jedem gefundenen
Toten wenigstens durch Aufstreuen von drei
Hand
[* 18] voll Erde zur Ruhe zu verhelfen (s.
Kenotaph).
Untergang durch Schiffbruch erschien ihnen daher als ein entsetzliches
Schicksal.
Außer den Spartanern, die ihrem Gesetze gemäß die
Toten auf Schilden hinaustrugen, bestatteten die Griechen, vornehmlich
die
Athener, feierlichst und öffentlich, je nach dem Reichtum des Gestorbenen in längerer oder kürzerer
Zeit nach dem
Tode, je nach dem
Alter zu verschiedenen Tageszeiten und unter dem Geleite der in schwarze Gewänder gehüllten
Verwandten und Freunde, einer Klagefrau (penthetria, bei den
Römern praefica), von
Musikchören und seit
Solon von Lobrednern.
Die Demarchen wachten in
Athen
[* 19] über die gesetzmäßige und schlossen nur Staatsschuldner, Tempelräuber,
Landesverräter,
Tyrannen, Selbstmörder von dieser Ehre aus.
Vor der Bestattung ward der
Tote dreimal gerufen, dann zur Erde gesetzt,
sein
Antlitz von liebender
Hand bedeckt und seine
Augen geschlossen. Auch wurde der ausgestellten mit frischen
Pflanzen geschmückten
Leiche ein Geldstück (obolós, bei den
Römern auch triens) als Fährlohn für den Totenfährmann Charon
[* 20] in den Mund, und ein
Stück Kuchen aus Mehl
[* 21] und
Honig, zur Beschwichtigung des
Cerberus, in die
Hand gelegt. Vor dem Trauerhause
brachte man ein Opfer für die Totenkönigin
Persephone.
[* 22] Ein den Verwandten im Hause bereitetes
Leichenmahl (perideipnon, bei
den
Römern silicernium, verbunden mit Spenden an das
Volk, visceratio) beschloß die Feier. Die Griechen
legten ihre
Gräber in der Regel außerhalb der
Städte an, ebenfalls meist zu einer
Nekropolis vereinigt. Verdiente
Männer
wurden jedoch in den
Städten selbst, auf öffentlichen
¶
mehr
Plätzen und Märkten oder an Landstraßen beigesetzt. In Athen war der äußere Kerameikos eine Art Gräberstraße von stattlicher
Anlage. Vornehme und Reiche ließen sich auch auf eigenen Grundstücken, jedoch ebenfalls gern an Landstraßen vor den Thoren
der Städte bestatten. Wohlhabende und angesehene Geschlechter hatten ihre besondern Familiengrüfte. Die Etrusker legten
bei ihren Städten auch Nekropolen an, deren monumentale Gräber jedoch nur den bemittelten Klassen der Bürger angehörten.
Die Römer bestatteten die Toten mit ähnlichem Aufwande wie die Griechen und bekränzten sie ebenfalls mit Laubwerk und Blumen.
Nur fügten sie (wie die ältern rohern Griechen mit den HeldenPferde, Sklaven, Gefangene, Waffen
[* 24] und
Schätze verbrannten), doch erst später, grausame Fechterspiele und einen Archimimus (s. Mimen) hinzu, der den Verstorbenen
nachzuahmen hatte. Die Grabstätten mit oft kostbaren Monumenten waren unverletzlich und daher, da man die Geister der Toten
(s. Manen) in der Nähe glaubte, Zufluchtsstätten von Flüchtlingen, so später oft von verfolgten Christen.
Der ursprünglich griech. Wunsch ihrer Inschriften: Si tibi terra levis (leicht sei dir die Erde) beruhte auf dem Glauben,
daß die Seele mit dem Leibe in geheimnisvoller Verbindung bleibe und sich einst zur Auferstehung vereinigen würde. In der
Stadt Rom
[* 25] selbst sollte schon von alters her, mit Ausnahme der Vestalinnen, kein Toter verbrannt oder begraben
werden; doch wurde diese Bestimmung nicht streng eingehalten. Das Zwölftafelgesetz und später andere Verordnungen schärften
das Verbot wiederum ein.
In der Kaiserzeit galt es für eine hohe Ehre, die indes nur von dem Senat ausnahmsweise erteilt werden konnte, innerhalb
der Mauern von Rom bestattet zu werden; dergleichen Ehrengräber befanden sich zumal auf dem Marsfelde.
Die Römer hatten Gräber (sepulcra) für einzelne Personen, für einzelne Familien und ganze Geschlechter, für Korporationen
u. s. w.; auch errichteten mehrere Familien zusammen eine gemeinschaftliche Grabstätte.
Solche für eine oder mehrere Familien, für kaiserl. Freigelassene meist unter der Erde erbaute
gemeinsame Grabkammern hießen monumenta, die darin zur Aufnahme der Aschenurnen angebrachten Nischen columbaria.
(S. Kolumbarium.)
[* 26] Die Vornehmen und Wohlhabenden errichteten ihre Grabstätten oft auf ihren Grundstücken, vorzugsweise
in der Nähe der Städte auf eigens dazu erworbenen Ackerstücken längs der großen Heerstraßen, wie z. B.
bei Rom an der Via.
Appia, der Via Latina, der Via Flaminia u. s. w. Nur für die ärmsten Volksklassen, für Sklaven, für
Verbrecher gab es in Rom einen gemeinschaftlichen Begräbnisplatz am Esquilin, puticuli genannt, der indessen unter Augustus
in anmutige Gartenanlagen umgewandelt wurde. In andern StädtenItaliens,
[* 27] aber auch in Rom, dienten dann wohl auch Steinbrüche,
Felsklüfte, Sand- und Thongruben zur Begräbnisstätte für den ärmern Teil des Volks, die mit der Zeit
je nach Bedürfnis zu ausgedehnten Höhlungen oder stollenartigen Gängen unter der Bodenfläche erweitert wurden. In diesen
Sandgruben (arenariae) wollte man früher die Anfänge der altchristl. Cömeterien (grch.,
d. h. Schlafplätze) und Katakomben (s. d.) erkennen; doch ist es nach neuern
Untersuchungen zweifellos, daß die weitverzweigten unterirdischen Gräbergänge der ersten Christen eigens zur Bestattung von diesen
angelegt sind.
Gingen die Ansichten der
genannten Völker von Hochachtung und Verpflichtung gegen die Toten aus, so ist das Grundgefühl der
Inder, Perser und HebräerScheu vor diesen. Bestimmend wirkt hier der orient. Gedanke, daß der Leib eine
nichtige, abzustreifende Fessel des Geisteslebens sei, daneben wohl auch das Klima, das den Leichnam bald in Gefahr drohende
Verwesung übergehen läßt. Indessen bestatten die Hindostaner, namentlich die vornehmern Kasten, die Birmanen und andere
Ostasiaten die Toten nicht ohne Feierlichkeit und Glanz, zum Teil mit großem Aufwande.
Die übliche Eile der Bestattung beruht auf der Meinung, daß der Leichnam das Haus verunreinige. Die Perser meinen geradezu, daß
ein böser Geist (Dew) selbst im Sterbenden schon seinen Sitz aufgeschlagen habe und deshalb die Fäulnis eintrete. Bei den
Israeliten galten nicht nur alle Leichname, sondern auch die sie Berührenden oder ihnen Nahenden, ferner
die im Hause befindlichen nicht bedeckten Gefäße auf 7 Tage für levitisch unrein. Man eilte daher (wie bis vor kurzer Zeit
noch bei den poln. und russ. Juden), trotz der Gefahr, Scheintote zu begraben, mit der und legte die Totenäcker möglichst
entfernt an. Einbalsamieren wie Verbrennen kam nur ausnahmsweise vor.
Man hatte für die Totenklage besondere Pfeifer und Klageweiber, wusch die (vom Tode bis zur Bestattung von Männern bewachte) Leiche
feierlich, umwickelte sie von Haupt bis Fuß mit schmalen Tüchern, verbarg das Gesicht,
[* 28] dessen Anblick verunreinigte, mit
dem Schweißtuche und schüttete alles Wasser im Hause auf die Straße. BrennendeWachskerzen, zu Häupten
oder zu den Füßen aufgestellt, weihten die letzten Stunden, und die nächsten männlichen Anverwandten trugen oder begleiteten
wenigstens die Toten zum Begräbnis. Die neuern Juden weichen von diesen Bräuchen vielfach ab. -
Vgl. Rabbinowicz, Totenkultus
bei den Juden (Marb. 1889).
Die Christen aller Parteien ließen von jeher, wie die Juden, nur das Begraben zu. Der weit ausgebildete
Glaube der Auferstehung der Leiber trat, außer der jüd. Tradition, der Verbrennung entschieden entgegen, weshalb die Heiden
bei den Verfolgungen der Christen deren Leichname dem Auferstehungsglauben zum Hohn teils verbrannten, teils Raubtieren vorwarfen.
Im allgemeinen hielt sich das aufkeimende Christentum an die geistigern Gebräuche der alten Juden. Aus
seinem Zufluchtsorte, den Krypten und Katakomben, hervorgetreten, verlangte es mehr und mehr eine feierliche in Gegenwart
des Priesters und unter dem Gesange erhebender Hymnen auf Tod und Auferstehung, als eine der wichtigsten Pflichten.
Dennoch hielten sich hier und da bei der Bestattung Volksgebräuche, die unstreitig der vorchristl.
Zeit angehören, z. B. das sog. Leichenmahl und das dreimalige Streuen von Erde auf den Sarg, das noch jetzt in Deutschland
und England Sitte ist. Etwa seit Mitte des 5. Jahrh. begann man Bischöfe und andere höhere geistliche Würdenträger in den
Kirchen selbst zu bestatten. Bald gewährte man jedoch auch Fürsten und andern vornehmen Laien ein Grab in der Kirche, während
die große Masse der Christen in den Umgebungen der Gotteshäuser begraben wurde. Zwar sprachen sich schon früh Kirchenversammlungen
gegen die Unsitte des Begrabens innerhalb der Kirchen aus; doch wurden die Verbote umgangen. Die römisch-katholische Kirche
hat die Liturgie der Bestattung besonders reich ausgebildet: die brennenden Kerzen, Symbol¶
mehr
des ewigen Lichts, das kleine Kreuz
[* 30] zwischen den auf der Brust gefalteten Händen, das Voraustragen eines mit Flor umhüllten
großen Kreuzes als des Symbols der in Christi Tode gewonnenen Erlösung, die reiche Symbolik, die selbst die Unschuld der verstorbenen
Kinder durch ein weißes Sargtuch der mitfühlenden Gemeinde versinnbildlichen will. Gebühren durften
ursprünglich nicht erhoben werden, haben sich aber später allgemein entwickelt, vielfach in der Form scheinbar freiwilliger
Gaben und Stiftungen, insbesondere für Seelenmessen.
Überall bestehen dafür besondere Observanzen oder partikularrechtliche Vorschriften. Eine kirchliche Bestattung wurde
von jeher nur versagt den Ungetauften (auch den ungetauften Kindern), den Nichtrömisch-Katholischen, Exkommunizierten, notorischen
Religionsspöttern und Lasterhaften, solchen, die nicht wenigstens einmal im Jahre, zu Ostern, das Abendmahl
genossen, denen, die ohne Reue verstorben, den Hingerichteten, Selbstmördern, im Zweikampfe Gefallenen.
Doch milderte auch hier die Praxis bedeutend. Die Gebräuche der griechisch-katholischen Kirche sind ähnlich, nur aber, wie
hier alles, mehr veräußerlicht. Die Russen pflegen ihre Toten bloß des Morgens zu beerdigen. Die protestantische
Kirche, besonders die reformierte, hat auch die Bestattung zu größerer Einfachheit zurückgeführt. Sie unterscheidet
die öffentliche Beerdigung (sepultura solennis), mit Geläute, feierlichem Leichengeleit, Gesang, Predigt oder Leichenrede
und Segensspruch des Geistlichen, und die stille Bestattung (sepultura minus solennis), ohne dieses Ceremoniell.
Das ältere strengere Ceremoniell, in einzelnen Ländern, z. B. England, eifrig gepflegt, wird gewöhnlich
nur bei außerordentlichen Fällen, wie beim Landesherrn, durch Glockengeläute, Enthaltung von Festlichkeiten u. s. w.
angewandt. Die Brüdergemeinen zeichnen sich mehr als andere prot. Genossenschaften durch Teilnahme und Sorgfalt für die Bestattung ihrer
und selbst fremder, unter ihnen verblichener Toten aus. Auch die evang. Kirche kennt Versagung des kirchlichen
Begräbnisses als Censur, und früher hatte selbst das weltliche Strafrecht diese Strafe anerkannt («unehrliches Begräbnis»).
Doch sind jene kirchlichen Rechtssätze neuerdings von Staats wegen vielfach eingeschränkt oder ganz beseitigt worden, so
daß die Grabstätte jedenfalls gewährt werden muß; bezüglich der Beerdigung von Protestanten auf kath.
Kirchhöfen (vgl. Instrumentum Pacis Osnabruckensis V, §. 35; österr. Gesetz vom
Art. 12), sowie der Beerdigung von Selbstmördern und Duellanten waren die Staaten mehrfach zu eingreifenden Maßregeln veranlaßt
(österr. Patent vom Art. 16; Preuß. Allg. Landr. II, 11, §§. 183 fg.; bayr. Ministerialerlaß
vom Die prot.
Kirche behielt die Gräberordnung der katholischen im allgemeinen bei. Fürsten, Patrone, höhere Geistliche, ausgezeichnete
Staatsmänner, Gelehrte und Künstler wurden innerhalb der Kirchen bestattet, die übrigen in deren Umgebung, auf den sog.
Kirchhöfen. Mit dem Anwachsen der Städte begannen diese aber bald nicht mehr zu genügen. Man errichtete
eigene umfriedete Acker zur Bestattung (Friedhöfe, Gottesäcker), die früh eine künstlerische Gestalt erhielten, meist nach dem
Vorbilde der Kreuzgänge als der Begräbnisstätte der Mönche. (S. Campo santo.) Bereits im 17., mehr aber noch im 18. Jahrh.
erklärten sich, meist von gesundheitspolizeilichen Rücksichten geleitet, die öffentlichen Gewalten
zunächst gegen das Begraben in den Kirchen, im 19. Jahrh. aber überhaupt gegen das Bestehen von Begräbnisplätzen innerhalb
der Städte und selbst der Dörfer. In den meisten StaatenDeutschlands
[* 31] dürfen seitdem mit wenig Ausnahmen (fürstl. Begräbniskapellen,
Erbbegräbnisse, Erzbischöfe und Bischöfe u. s. w.) Leichen nicht mehr in den Kirchen beigesetzt werden.
Im Gebiete des franz. Rechts kann sich jedoch jedermann auf seinem Eigentum beerdigen lassen.
Außer den Juden und Christen sind es die Ägypter, Parsen, die amerik. und afrik. Urvölker sowie die den Christen sich anschließenden
Mohammedaner, die ihre Toten ausschließlich begraben. In einem großen Teile Europas wurden, wie die Gräberfunde
ergeben, während der Steinzeit
[* 32] die Toten entweder in der flachen Erde, oder unter einem freistehenden Bau aus gewaltigen Steinblöcken,
oder in einer Steinkiste (Sarkophag)
[* 33] beigesetzt, die dann mit Steinen oder Erde überdeckt wurde, manchmal einen Zugang von
außen hatte (s. Ganggräber), häufig auch von einem Steinkreis umgeben war (s. Dolmen).
Diese Art der in Hünengräbern, in denen man die Leichen nicht selten in hockende Stellung brachte, änderte sich mit der Verwendung
der Metalle, indem man von da an ziemlich allgemein die Leichen verbrannte und die Aschenbestandteile in Urnen (s. d.) beisetzte,
die anfangs in Hügeln, später reihenweise an einem gemeinschaftlichen Platze vergraben wurden. Doch
fand bisweilen nur eine teilweise Verbrennung statt. Solche «Urnenfriedhöfe», die man in Deutschland an sehr vielen Stellen
findet und fälschlich wohl als «Slawen- oder Wendengräber» bezeichnet, reichen bis in die ersten Jahrhunderte n. Chr., wo
dann wiederum mit Einführung des Christentums allmählich die Beerdigung der Leichen in Aufnahme kam.
Noch Karl d. Gr. mußte die Vorschriften der christl. Priester
gegen das Verbrennen gesetzlich bekräftigen. Das Verbrennen der Toten nebst Sammeln und Beisetzen der Asche in einer Urne
[* 34] war
seit der sog. Bronzezeit in ganz Nordeuropa, bei den Germanen (s. Brennalter) nach Tacitus und den Kelten nach Diodorus
Siculus sowie bei den Slawen im Gebrauch. Die Gräber enthalten vielfach bald reichere, bald ärmlichere Grabgeschenke, je
nach dem Wohlstande des Beerdigten: neben dem Manne ruhen die Waffe, Mantelschmuck, Armspangen und Gefäße von Thon, Erz oder
Glas
[* 35] mit der nötigen Wegekost;
Diese Gegenstände sind vielfach von Händlern
aus den südl. Kulturländern eingeführt. Auch auf den brit. Inseln und in Skandinavien zeigt sich in den Grabaltertümern
diese Verbindung mit dem Süden, den Etruskern und Römern. Die ind. Völkerstämme neigen mehr zum Verbrennen,
das bei den brahmanischen Gebot ist, und die Griechen und Römer schritten allmählich vom Begraben zum Verbrennen fort. In
Griechenland
[* 37] wurde das Verbrennen seit dem Anfange des 4. Jahrh. v. Chr., in Rom erst seit dem Falle der Republik bis zum 4. Jahrh.
n. Chr., dann aber so allgemein, daß nur noch vor dem Zahnen gestorbene Kinder und vom Blitze Erschlagene
beerdigt wurden. Das Verbrennen ist jetzt noch bei den Japanern und einzelnen asiat. (indischen,
Koljuschen u. a.) und amerik. (Athabasken) Völkerschaften üblich. In sanitätspolizeilicher
Hinsicht ist das Verbrennen als völliger Schutz
¶
a mit unreifem Andröceum, reifem Gynäceum, Eingang durch
abwärts gerichtete Borsten verschlossen, b mit reifem Andröceum und befruchtetem Gynäceum, Eingang offen. 2. Thymus serpyllum
(Proteranderie);
a Form
mit langem, b mit mittlerem, c mit kurzem Griffel. 4. Primula
officinalis (Dimorphismus);
a mit langem,
b mit kurzem Griffel. 5. Marcgravia nepenthoides, vom Kolibri besucht. 6. Orchis mascula, von einer Schnepfenfliege (Empis
livida) besucht;
Das ganze Beerdigungswesen muß insbesondere aus Rücksicht auf die Gesundheit der Bevölkerung
[* 43] in jeder Hinsicht streng beaufsichtigt
werden. Bei der gegenwärtigen Art der hat die Sanitätspolizei namentlich für folgende Vorkehrungen
zu sorgen. Zunächst dürfen Totenäcker nur außerhalb der Stadt und nie in der Nähe von Wohnungen liegen. In Italien soll
die Entfernung der Begräbnisplätze von den Wohngebäuden 100 m, in Sachsen
[* 44] 136, in Österreich
[* 45] und Frankreich 200 m betragen,
der HygieinischeKongreß zu Brüssel
[* 46] 1852 forderte 400 m. Neue Friedhöfe sollen nach Ansicht einiger Hygieiniker
wenigstens 1000 m von einem Orte entfernt angelegt werden.
Man soll für einen Friedhof womöglich thonhaltigen Sandboden wählen; Thonboden hindert den Zutritt der Luft, während
Kiesboden ein zu geringes Absorptionsvermögen hat, so daß schädliche Zersetzungserzeugnisse aus diesem entweichen könnten,
bevor sie vom Sauerstoff der Luft völlig zerstört sind. Der Boden sollte 3 m tief drainiert, das Drainwasser
auf eine Wiese geleitet werden. Die Vorsicht gebietet, nicht einen Platz zu wählen, dessen Grundwässer nach einem nahen
Wohnorte oder nach einer städtischen Wasserleitung
[* 47] abfließen.
Der Sarg soll mit einer 1½ m dicken Schicht Erde bedeckt, ein Grab erst nach 30 Jahren wieder benutzt
werden. Auch würde es sich empfehlen, in die Särge eine Schicht Eisenoxyd und Kalk zu bringen. Vielen größern Städten ist
aus den Totengrüften durch Anhäufung der schädlichen Erzeugnisse der fauligen Zersetzung in der Luft und im Brunnenwasser
Seuche und Tod gekommen. Schwierig ist schnelle Bestattung gefallener Soldaten nach großen Schlachten.
[* 48] Jede Grube
soll tief sein, nicht überfüllt, 2 Hand breit mit Kalk, Kohle oder Asche bedeckt und mit 2 m Erde fest gestopft werden; zur
Desinfektion
[* 49] (s. d.) benutzt man Carbolsäure und ähnliches.
Auch werden die Gefallenen mittels Teers und Petroleums oder Siemensschen Ofens verbrannt. Eine zweite,
nicht weniger ernste Aufgabe der Sanitätspolizei ist die zweckmäßig organisierte Leichenschau und die Errichtung von Leichenhäusern
oder -Hallen zur Vermeidung der Bestattung von Scheintoten. Bei der Eile, mit der im Altertum die Bestattung, besonders bei Armen, vor sich
ging, erwachten, nach Plinius, nicht wenige sogar auf dem Scheiterhaufen beim Verbrennen. In Deutschland
darf die Beerdigung erst nach einer bestimmten, partikularrechtlich verschiedenen (1 Tag Elsaß-Lothringen,
[* 50] 2 Tage Süddeutschland, 3 TagePreußen,
[* 51] Sachsen, Hessen)
[* 52] Frist erfolgen;
die Kirchhöfe sind in Deutschland meist konfessionell, in Württemberg,
[* 53] Baden,
[* 54] Hessen
und einzelnen preuß. Gebietsteilen (linkes Rheinufer, Nassau, Berg) stehen sie im Eigentum der bürgerlichen Gemeinden, auch
sonst ausnahmsweise;
zur Anlegung von Kirchhöfen ist überall Staatsgenehmigung erforderlich, für deren Erteilung im einzelnen
sehr verschiedene Grundsätze gelten;
nach
der Schließung darf ein Kirchhof erst nach bestimmter Frist (in Altpreußen 40,
Hessen 30, Baden 20, im Gebiet des Code civil 5 Jahren) in anderweitigen Gebrauch genommen werden.
Solange der
Kirchhof seinem Zwecke dient, ist er dem Verkehr entzogen. Rechtsgeschäfte, die jenem Zwecke widersprechen, sind ungültig.
Während die Kirchhöfe noch im 18. Jahrh. (mit Ausnahme der sehr regelmäßig angelegten
der Herrnhuter) meist ein Bild der Überfüllung und Unordnung und Vernachlässigung boten, haben die neuern Friedhöfe, besonders
in größern Städten, das Aussehen von Gärten mit reichem architektonischem und monumentalem Schmuck
gewonnen. Berühmt wegen seiner schönen Denkmäler ist der Friedhof Père-Lachaise (s. Lachaise) in Paris.
[* 55] (S. auch Grabmal.)
Die Beerdigungspflicht, d. h. die Pflicht, die Leiche eines Verstorbenen zu bestatten oder die Kosten der Beerdigung zu tragen,
ist ein Bestandteil der gesetzlichen Unterhaltspflicht und liegt bei Unmündigen dem Vater, in dessen Gewalt
der Verstorbene war, wenn die Ehe durch den Tod getrennt wurde, dem überlebenden Ehegatten ob; nur kann der Pflichtige die
Kosten aus dem Nachlaß des Verstorbenen entnehmen, oder wenn ein anderer Erbe ist, von diesem, der auch sonst der Verpflichtete
ist, Erstattung fordern.
War der Verstorbene getötet, so ist der Urheber der Tötung auch zum Ersatz der Beerdigungskosten verpflichtet. Das Gemeine
Recht giebt demjenigen, welcher als Geschäftsführer ohne Auftrag die Verbindlichkeit erfüllte, gegen den Pflichtigen eine
besondere Klage (actio funeraria). Nach §. 2413 des Sächs. Bürgerl. Gesetzbuches sind nicht allein die
Beerdigungskosten, sondern sogar die Kosten für ein Grabdenkmal, sofern dieselben den Standes- und Vermögensverhältnissen
des Erblassers entsprechen, bei Herausgabe einer Erbschaft zu ersetzen. Die Preuß. Konkursordnung (§. 75) wies den Beerdigungskosten
im Nachlaßkonkurse eine bevorzugte Stellung ein.
Die Deutsche
[* 56] Konkursordnung hat ihnen eine gleiche Bevorzugung nicht zu teil werden lassen. Der Code civil
gab denselben im Art. 2101, Nr. 2 ein allgemeines Vorzugsrecht auf die fahrende Habe. Das geltende Recht gewährt zum Teil Erleichterungen
in Ansehung der Form für letztwillige Verfügungen, wenn diese lediglich die Beerdigung betreffen. So z. B. das Preuß. Allg.
Landr. I, 12, §. 169 mit §. 162. Nach andern Rechten wird das Gleiche deshalb anzunehmen sein, weil und
soweit sie formlose Nachzettel kennen.
Die Beurkundung der Sterbefälle geschieht reichsgesetzlich (Gesetz vom durch die bürgerlichen Standesbeamten,
welchen die Anzeige spätestens am nächsten Wochentage nach Eintritt des Todes zu erstatten ist, im staatlichen Sterberegister;
vor dem Eintrag in dasselbe darf die Beerdigung bei Strafe nicht stattfinden; bei Verdacht eines unnatürlichen
Todes ist das Gericht oder der Staatsanwalt zu benachrichtigen.
Litteratur. Feydeau, Histoire générale des usages funèbres et des sépultures des peuples anciens (3 Bde.,
Par. 1858; mit 100 Taf.);
in der Botanik die Übertragung der Pollenkörner
[* 60] auf die Narbe. Da die aus erstern hervordringenden Schläuche
durch die Narbe und den Griffel hindurch zu den Samenknospen gelangen müssen, wenn eine Befruchtung
[* 61] (s. d.)
der letztern erzielt werden soll, so ist die Bestäubung bei allen Phanerogamen für das Zustandekommen einer geschlechtlichen Fortpflanzung
unumgänglich notwendig. Die Übertragung des Pollens auf die Narbe kann in verschiedener Weise geschehen; zunächst durch
einfaches Ausstreuen der Pollenkörner von den Antheren auf die Narbe in derselben Blüte, sodann durch
Vermittelung des Windes oder des Wassers, ferner durch Einwirkung von Tieren, vorzugsweise von Insekten,
[* 62] und schließlich auch
durch die Hand des Menschen. Da in den meisten Fällen keine sog. Selbstbestäubung stattfindet, d. h.
die in einer Blüte gebildeten Pollenkörner nicht die Narbe derselben Blüte oder einer andern Blüte desselben
Pflanzenindividuums befruchten können, so muß die Bestäubung durch äußere Einflüsse bewirkt werden.
Aus zahlreichen Versuchen hat sich ergeben, daß die Selbstbestäubung zwar gewöhnlich zur Bildung von Samen
[* 63] führt, daß
aber entweder diese Samen eine geringe Keimfähigkeit besitzen oder die daraus entstandenen Pflanzen in allen Teilen schwächlicher
ausgebildet werden wie die Stammpflanze, zumal wenn die Selbstbestäubung schon durch einige Generationen hindurch stattgefunden
hat. Eine Ausnahme hiervon machen allerdings die sog. kleistogamen Blüten (näheres s. Kleistogamie). Deshalb ist es für
die Fortpflanzung und für die Erhaltung derArten von Vorteil, wenn Wechselbestäubung stattfindet, d. h. wenn die Pollenkörner
aus den Antheren der einen Pflanze auf die Narben einer andern Pflanze derselben Art gelangen. Diese ist
nur möglich, wenn Wasser, Wind oder Tiere die Übertragung der Pollenkörner auf die Narbe bewirken.
Das Wasser übernimmt nur in sehr wenigen Fällen die Vermittelung zwischen Pollen und Narbe und nur bei echten Wasserpflanzen,
[* 64] wie z. B. bei Vallisneria spiralisL., bei der die weiblichen Blüten sich bis an die Oberfläche des Wassers erheben und
hier durch den heranschwimmenden Pollenstaub der männlichen Blüten befruchtet werden. In den weitaus meisten Fällen dagegen
besorgen Windströmungen oder Tiere die Bestäubung. Die Pollenkörner sind von so geringem Gewicht, daß sie, wenn
sie nicht zu größern Massen verklebt sind, mit Leichtigkeit vom Winde
[* 65] hinweggeführt werden können.
Außerdem sind jedoch die Blüten derjenigen Pflanzen, die auf Bestäubung durch den Wind angewiesen sind, mit Einrichtungen versehen,
die eine Übertragung des Pollens auf die Narbe sehr erleichtern. Hierher gehören unter andern die Gräser,
[* 66] bei denen die Antheren an langen, leicht beweglichen Stielen sitzen und so vom Winde hin und her bewegt werden können, auch
sind die Narben infolge ihrer feder- oder pinselartigen Gestalt sehr geeignet, den in der Luft herumfliegenden Pollenstaub
aufzufangen.
Ferner gehören hierher die sog. Kätzchenpflanzen, wie die Birken, Erlen, Haselnüsse, bei denen die männlichen
Blüten in langen herabhängenden und leicht beweglichen Kätzchen angeordnet und die Narben der weiblichen Blüten pinselförmig
ausgebildet sind. Bei denNadelhölzern (Koniferen)
[* 67] sind
ebenfalls die Blüten auf Bestäubung durch den Wind angewiesen; auch hier sind
die Antheren dem Winde leicht zugänglich und außerdem besitzen die Pollenkörner noch zwei mit Luft gefüllte
Anhängsel, die als Flugorgane dienen.
AllePflanzen, bei denen die Bestäubung durch den Wind erfolgt, haben keine lebhaft gefärbten Blüten, das Perigon fehlt oft ganz oder
ist nur sehr unscheinbar ausgebildet; es sind keine Pflanzen, deren Blüten dasjenige darstellen, was man im gewöhnlichen
Leben unter «Blumen» versteht. Ganz anders ist es bei der großen Gruppe von Pflanzen, bei denen Tiere,
vorzugsweise Insekten, das Geschäft der Wechselbestäubung übernehmen. Hier sind die Blüten zu Blumen geworden, sie besitzen
lebhafte Färbung, oft einen starken Geruch und sind so geeignet, schon aus einiger Entfernung wahrgenommen zu werden.
Daß viele Insekten durch die Färbung sowohl als auch durch den Geruch sich anlocken lassen, ist durch
zahlreiche Versuche nachgewiesen worden. Aber Farbe und Geruch sind nur dazu da, um den Insekten den Weg zu zeigen, in den Blumen
selbst suchen sie die in den verschiedenartigsten Behältern und Drüsen, den sog. Nektarien (s. d.), abgesonderte
zuckerhaltige Flüssigkeit. Außer den Insekten giebt es nur wenige Tiere, von denen bekannt ist, daß sie Bestäubung vollziehen können.
Für einige Aroideen, wie z. B. für die in Deutschland einheimische CallapalustrisL., ist es wahrscheinlich, daß die Bestäubung. Durch
Schnecken,
[* 68] welche von Blüte zu Blüte kriechen, bewirkt werden kann. Ferner sind in einigen Fällen kleine
Vögel,
[* 69] wie Kolibris,
[* 70] die Vermittler der Bestäubung, so bei der brasil. PflanzeMarcgravia nepenthoidesL. (Vgl. Tafel: Bestäubungseinrichtungen,
[* 59]
Fig. 5.) Die Blüten sind hier strahlig geordnet und besitzen ziemlich lange, nach unten gebogene Stiele, die Achse des herabhängenden
Blütenstandes ist etwas verlängert und schließt mit einer Anzahl krugartiger Nektarien, in denen sich
eine zuckerhaltige Flüssigkeit ansammelt, ab. Die Kolibris suchen dieses Sekret auf, streifen dabei mit ihrem Rücken die
Staubfäden ab und bringen die an den Federn nur leicht haftenden Pollenkörner beim Besuch anderer Blüten an die Narbe.
Bei denBlüten, die vorzugsweise auf Insektenbestäubung angewiesen sind, herrscht eine sehr große Mannigfaltigkeit
in den Einrichtungen, welche den Besuch der Insekten und das Abstreichen der Pollenkörner oder Pollenmassen herbeiführen
oder wenigstens erleichtern. Die sog. Pollinien, die zu größern Massen verklebten Pollenkörner, wie sie vielen Orchideen
[* 71] eigentümlich sind, besitzen kleine, mit Klebstoff behaftete Säckchen an ihrem untern Ende und lassen
sich sehr leicht aus den Antheren entfernen.
Kommt nun ein Insekt an die Blüte herangeflogen, so stößt es mit dem Kopf an jene Säckchen, nimmt beim Wegfliegen die daran
haftenden Pollinien mit, um sie in einer andern Blüte auf der Narbe wieder abzustreifen. So ist es z. B.
bei den meisten in Deutschland wachsenden Orchideen (Fig. 6). Die Insekten, die hier die Bestäubung vollziehen, sind meistens Blumenwespen
oder Hummeln. Einen ganz eigentümlichen Mechanismus besitzen die Blüten der Salbeiarten
[* 59]
(Fig. 7). Die Staubgefäße besitzen
sehr stark verlängerte Konnektive (s. Staubgefäße), die um ihre Anheftungspunkte drehbar sind
[* 59]
(Fig.
7b). Bei SalviaofficinalisL. z. B. liegt die eine, keinen Pollen bildende Antherenhälfte gerade
vor dem Eingang in die Blütenröhre, während die andere
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mehr
pollenbildende an den längern Schenkeln der Konnektive in die Oberlippe vorragt. Kommt ein Insekt, z. B. eine Hummel, an
die Blüte heran, um den im Grunde der Blütenröhre vorhandenen Honig Zu holen, so stößt sie an die beiden untern Antherenhälften,
die vor dem Eingange liegen, und bewirkt so eine Drehung der Konnektive um ihre Anheftungspunkte; die
Folge dieser Drehung ist, daß die obern Antherenhälften sich auf den Rücken des Insekts legen und hier ihren Pollenstaub
abstreifen lassen. Da sich der Griffel bei der Reife ebenfalls so weit herunterneigt, daß er den Rücken des besuchenden
Insekts berührt, so kann der an letzterm haftende Pollenstaub sehr leicht an die Narbe einer andern
Blüte gelangen. An die Narbe derselben Blüte kann das Insekt deshalb die Pollenkörner nicht abstreifen, weil zur Zeit der
Antherenreife die Narbe noch nicht geschlechtsreif und nicht so weit heruntergebogen ist, um das Insekt berühren zu können.
Äußerst merkwürdige Verhältnisse finden sich bei dem Weiderich (LythrumsalicariaL.). In jeder Blüte
besitzen die Geschlechtsteile dreierlei Länge; entweder hat die eine Hälfte der Staubgefäße die geringste, die andere die
mittlere, der Griffel dagegen die größte Länge, oder die eine Hälfte der Staubgefäße die größte, die andere die geringste,
der Griffel die mittlere Länge, oder endlich die eine Hälfte der Staubgefäße die mittlere, die andere
die größte, der Griffel dagegen die geringste Länge.
[* 72]
(Fig. 3 a, b, c.) Jede dieser Blütenformen kommt auf gesonderten
Stöcken vor, so daß also Blüten desselben Stocks dieselben Längenverhältnisse der Geschlechtsteile besitzen.
Merkwürdig ist nun, daß je nach der Länge der Staubgefäße auch die von ihnen produzierten Pollenkörner
verschiedene Größenhaben - die Pollenkörner der längsten Staubgefäße sind die größten, die der kürzesten die kleinsten
- und daß Befruchtung nur stattfinden kann zwischen gleich langen Geschlechtsteilen, also nur zwischen der längsten Griffel-
und längsten Staubgefäßform u. s. f. Die besuchenden Insekten sind vorzugsweise Bienen und größere
Fliegen,
[* 73] deren Körperlänge bei ausgestrecktem Rüssel mindestens 15 mm beträgt.
Dieselben berühren während des Aufsaugens des Honigs, der sich am Grunde der Blütenröhre befindet, mit dem Rüssel oder
Kopf die kürzesten, mit einer etwa 4-5 mm weiter hinten liegenden Stelle ihres Körpers die mittellangen,
und mit einer noch weiter zurückliegenden die längsten Geschlechtsteile, und können so die Pollenkörner verschiedenlanger
Staubgefäße zugleich abstreifen. Bei aufeinanderfolgendem Besuche verschiedener Blütenformen werden dann die entsprechenden
Pollenkörner auf jede der drei Griffelarten übergeführt und so eine regelmäßige Befruchtung bewirkt. In ähnlicher Weise
finden sich in manchen Blüten, wie z. B. in der gewöhnlichen Schlüsselblume (Primulaofficinalis Jacq.,
[* 72]
Fig. 4 a, b), nicht Griffel und Staubgefäße von dreierlei, sondern bloß von zweierlei Länge vor. Man bezeichnet diesen
letztern Fall als Dimorphismus, den erstern als Trimorphismus.
Interessant und für das Zustandekommen der Wechselbestäubung äußerst wichtig sind auch diejenigen Einrichtungen, die
eine Selbstbefruchtung unmöglich machen. Hierher gehören u. a. die Erscheinungen
der Proterandrie und der Proterogynie. Die erstere besteht darin, daß die Pollenkörner bereits ihre volle Reife erlangt haben
und aus den Antheren entfernt worden sind, ehe die Narbe geschlechtsreif
geworden ist; unter Proterogynie dagegen versteht
man das umgekehrte Verhältnis, wenn nämlich die Narbe bereits ihre Empfänglichkeit eingebüßt hat,
ehe die Pollenkörner ihre volle Ausbildung haben.
Ein Fall von Proterandrie ist das bereits besprochene Beispiel von SalviaofficinalisL., wo die Narbe erst dann ihre Geschlechtsreife
erlangt und sich bogenförmig abwärts krümmt, nachdem die Antheren bereits durch Besuch von Insekten entleert sind. Als weiteres
Beispiel für Proterandrie sind auf der Tafel
[* 72]
Fig. 2 a, b die Blüten des Thymian (ThymusserpyllumL.) abgebildet. Die eine
[* 72]
(Fig. 2 a)
zeigt die Staubgefäße vollständig entwickelt, während der Griffel noch ganz kurz ist, in der zweiten Blüte (Fig. 2b) ist
der Griffel bedeutend länger und die Staubgefäße haben ihren Pollen entleert.
Proterandrie sowohl als Proterogynie finden sich an sehr vielen Blüten. Eine besondere Einrichtung besitzen die Blütenkolben
des in um einheimischen Aronstabes (ArummaculatumL.,
[* 72]
Fig. 1), die proterogynisch sind. Oberhalb der männlichen Blüten befinden
sich schräg nach abwärts gerichtete Haare
[* 74] (Fig. 1 a), die ziemlich steif sind, solange die Antheren ihre
Reife noch nicht erlangt haben. Die Richtung der Haare gestattet kleinen Fliegen das Hineinkriechen, verhindert aber, solange
sie noch steif sind, das Herauskriechen; erst wenn die Antheren geschlechtsreif geworden sind, verschrumpfen jene Haare (Fig.
1d), und die betreffenden Insekten können nunmehr ihr zeitweiliges Gefängnis wieder verlassen, nehmen
aber auf ihrem Wege reife Pollenkörner mit.
Besuchen sie sodann andere Blütenkolben, deren weibliche Blüten bereits reif, deren Antheren jedoch noch nicht ihre volle
Ausbildung erlangt haben, so bewirken sie Bestäubung der Narbe mit dem ihnen anhaftenden Pollenstaub und kriechen
zugleich wieder in das Innere der Blütenscheide hinein. Hier müssen sie ebenfalls so lange verweilen,
bis die Antheren reif sind, um sodann mit frischem Pollenstaub beladen zu andern Blütenkolben fliegen zu können. Ganz ähnlich
sind die Verhältnisse bei den gleichfalls proterogynischen Blüten des Osterluzeis (AristolochiaclematisL.). Nur handelt
es sich bei dieser Pflanze um Einzelblüten und nicht um kolbenförmige Blütenstände. (Vgl. Tafel: Hysterophyten
I,
[* 72]
Fig. 6.)
Die Litteratur über die Bestäubung ist ziemlich umfangreich;
H. Müller, Die Wechselbeziehungen
zwischen Blumen und den ihre Kreuzung vermittelnden Insekten (in der «Encyklopädie der Naturwissenschaften, Handbuch der Botanik»,
Bd. 1, Bresl. 1881).
Der Bestechung im engern Sinne macht sich sowohl derjenige schuldig, welcher für eine Handlung,
die eine Verletzung einer Amts- oder Dienstpflicht enthält, Geschenke oder andere Vorteile (nicht nur Vermögensvorteile)
annimmt, fordert oder sich versprechen läßt (passive Bestechung), als auch derjenige, welcher zu gleichem Zwecke
Geschenke oder andere Vorteile anbietet, verspricht oder gewährt (aktive Bestechung). Hier ist die Verletzung
einer Amts- oder Dienstpflicht, also eine pflichtwidrige Amtshandlung in
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