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pflanzt man an Stellen mit natürlichem Schatten, [* 2] auf der Nordseite hoher Gebäude oder unter Bäumen.
pflanzt man an Stellen mit natürlichem Schatten, [* 2] auf der Nordseite hoher Gebäude oder unter Bäumen.
die von den Goldschmiedezünften im Mittelalter geübte Prüfung der Goldarbeiten auf ihren Feingehalt.
Dem von Beamten geprüften Stück wurde ein Beschauzeichen eingeschlagen;
diese geben daher Auskunft darüber, in welcher Stadt das Stück geprüft wurde. -
Vgl. M. Rosenberg, Der Goldschmiede Merkzeichen (Frankf. a. M. 1890).
s. Beschauung. ^[= oder Kontemplation, die Betrachtung und Auffassung eines Gegenstandes, die sich dessen Bild ...]
oder Kontemplation, die Betrachtung und Auffassung eines Gegenstandes, die sich dessen Bild anzueignen bestrebt; dann der Zustand, in dem sich der Geist, allen äußern Eindrücken entzogen, mit seinen eigenen Vorstellungen, Begriffen und Gefühlen beschäftigt. Beschaulichkeit heißt die beharrliche Neigung, sich in das eigene Innere zu versenken. Die meisten orient. Völker sahen die Beschauung für ein wesentliches Element der Religion an. Von ihnen aus wurde auch das beschauliche Leben, mit den gnostischen und neuplatonischen Ideen der Erhebung über die Sinnenwelt bereichert, im 3. Jahrh. in das Christentum gebracht, wo es sich durch das Mönchswesen verkörperte.
Fünffingerberg, russ. St. Ilja, bei den Eingeborenen Schaitanka und Chidyr-Sünda, Berg in der kaukas.
Gebirgskette im russ. Gouvernement Baku, 564 m hoch, hat seinen Namen von den fünf Felszacken, die seinen Gipfel bilden, und enthält eine den Persern heilige Höhle, in welcher der Sage nach der Prophet Elias sich vor Ahas verborgen hatte.
die früher gebräuchliche Bezeichnung sowohl für Urteile und Verfügungen der Gerichte als für Anordnungen der Verwaltungsbehörden.
Die deutschen Prozeßordnungen bedienen sich dafür des allgemeinen Ausdrucks Entscheidung.
s. Glaubhaftmachung. ^[= früher genannt, im Prozesse die Thätigkeit, welche dem Richter eine Thatsache ...]
zunächst gleichbedeutend mit gattieren, möllern, oft auch legieren, nennt man in der Metallurgie das Vermischen von ärmern Erzen mit reichern, um die Masse auf einen gewissen mittlern Gehalt zu bringen, oder das Vermischen von Eisen [* 3] mit Stoffen (Zuschlägen), die mit den verschiedenen Gangarten beim Schmelzen Schlacken zu bilden vermögen. Das Eintragen oder Aufgeben der beschickten Massen in den Apparat, in dem sie verarbeitet werden, bezeichnet man ebenfalls mit Beschicken Beschickung (Charge) ist die Bezeichnung für die einmal eingetragene Masse Material.
soviel wie Anschießen (s. d.). ^[= von Handfeuerwaffen ist die Prüfung derselben auf Treffgenauigkeit, Genauigkeit der Visiereinrichtu ...]
s. Besikabai. ^[= auch eine Bucht des Agäischen Meers, an der Westküste Kleinasiens, der türk. ...]
Vorstadt von Konstantinopel [* 4] zwischen Kabatasch (s. d.) und Ortaköi auf dem europ. Ufer des Bosporus, [* 5] 4 km vom Goldenen Horn, Station der Bosporusdampfer.
Nach Ortaköi zu am Meere, von der Landstraße durch eine hohe Mauer abgetrennt, der etwa 800 m lange, in seinem Innern mit außergewöhnlicher Pracht ausgestattete Marmorpalast Tschiragan, erbaut 1870 von Abd ul-Asis, welcher darin 1876 starb.
Seit 1876 Wohnung des abgesetzten Murat V.
Die Beschimpfung wird nach dem Deutschen Strafgesetzbuch (§. 189) auf Antrag der Eltern, der Kinder oder des Ehegatten des Verstorbenen mit Gefängnis bis zu 6 Monaten bestraft, wenn wider besseres Wissen eine unwahre Thatsache behauptet oder verbreitet wird, welche geeignet gewesen wäre, den Verstorbenen bei seinen Lebzeiten verächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen.
Sind mildernde Umstände vorhanden, so kann auf Geldstrafe bis 900 M. erkannt werden.
s. Tamil. ^[= Tamulisch, eine dravidische Sprache (s. Dekanische Sprachen), die durch ihre altgeübte grammatische ...]
in der Chemie und Technologie die Bezeichnung für vier verschiedene Dinge.
1) Ein Überzug, mit dem man gewisse Utensilien umhüllt, um sie widerstandsfähiger gegen Hitze zu machen oder die Poren ihrer Wandungen zu verstopfen. Gläserne Retorten, die man bei freiem Feuer hohen Wärmegraden aussetzen will, beschlägt man mit einem dünnen Thonbrei, der nach dem jedesmaligen Trocknen in mehrern Schichten aufgetragen wird. Thonröhren werden, um sie für Gase [* 6] undurchlässig zu machen, auf ihrer Innenfläche mit einem leicht schmelzenden Glassatz beschlagen.
2) Der Anflug von aus der Luft kondensierter Feuchtigkeit, der sich auf allen Gegenständen bildet, deren Temperatur unter dem Taupunkt der umgebenden Atmosphäre liegt.
3) Eine von selbst entstehende Veränderung der äußern Oberfläche verschiedener Gegenstände. Blanke Metalle beschlagen durch Oxydbildung, feuchte Mauern durch Auswittern von Salzen (s. Mauerfraß), die Kruste des Brotes durch sich darauf ansiedelnde Schimmelpilze.
4) In der Lötrohranalyse ein auf der Unterlage der Probe sich bildender Anflug von Oxyden flüchtiger Metalle, deren Farbe Auskunft über die Natur derselben giebt. Der Beschlag ist z. B. weiß bei Gegenwart von Zink, gelb deutet auf Blei, [* 7] braun auf Kadmium. (S. auch Anflug und Auswittern.) - In der Baukunst [* 8] heißen Beschlag bei Thüren, Fenstern, Schränken u. s. w. alle Metallteile, als Angeln, Angelbänder, Scharnierbänder, Schloßschilder, wohl auch die Schlösser selbst, u. s. w. Der Beschlag ist oft Gegenstand künstlerischer Behandlung, wie bei Möbeln im Barockstil, bei den Thüren got. Kirchen u. s. w. (S. Fenster.)
(bei Pferden), s. Hufbeschlag.
(im Rechtswesen), s. Beschlagnahme. ^[= . Die B. einzelner Vermögensgegenstände erfolgt im Wege des Arrestes oder der Zwangsvollst ...]
Beschlag. Die Beschlagnahme einzelner Vermögensgegenstände erfolgt im Wege des Arrestes oder der Zwangsvollstreckung zur Sicherung oder zur Realisierung vermögensrechtlicher Ansprüche, auch auf Anordnung einer Verwaltungsbehörde wegen öffentlich-rechtlicher Ansprüche, oder aus polizeilichen Gründen. (S. Arrest, Pfändung, Subhastation.)
Im Strafprozeß müssen körperliche Gegenstände, welche für die Untersuchung von Bedeutung sein können, sei es, daß sie durch die Strafthat hervorgebracht sind (z. B. ein fälschlich angefertigter Wechsel), sei es, daß sie zur Begehung derselben gebraucht sind (z. B. das zum Morde gebrauchte Beil), sei es, daß sie Spuren der That tragen (z. B. Kleider mit Blutflecken), möglichst frühzeitig in gerichtliche Verwahrung genommen oder sonst sichergestellt werden, damit einerseits von ihnen in der Hauptverhandlung als Beweismittel Gebrauch gemacht werden kann, andererseits sie für die etwa im Urteil auszusprechende Einziehung, Vernichtung oder Unbrauchbarmachung bereit gestellt sind. Soweit derartige Gegenstände von ihren Inhabern nicht freiwillig herausgegeben werden, bedarf es der Beschlagnahme. Dieselbe kann entweder im Wege der Durchsuchung (s. d., auch Haussuchung genannt) und Wegnahme, oder, insofern es sich um Herausgabe bestimmter Gegenstände seitens unbeteiligter Dritter handelt, ¶
871 mit den Mitteln und in den Grenzen [* 10] des Zeugniszwanges (s. d.) durchgeführt werden (Deutsche [* 11] Strafprozeßordn. §§. 94, 95; Österr. Strafprozeßordn. §. 143). Nach der Deutschen Strafprozeßordnung sind von der Beschlagnahme ausdrücklich ausgenommen Aktenstücke öffentlicher Behörden, wenn die oberste Dienstbehörde erklärt, daß ihr Bekanntwerden dem Wohl des Reichs oder eines Bundesstaates Nachteil bereiten würde (§. 96), und ferner schriftliche Mitteilungen zwischen dem Beschuldigten und denjenigen Personen, welche wegen ihres Verhältnisses zu ihm zur Zeugnisverweigerung (s. d.) berechtigt sind, falls diese Mitteilungen sich in den Händen der letztern befinden und diese nicht selbst der Teilnahme an der Strafthat verdächtig sind (§. 97). Nach der Deutschen Strafprozeßordnung (§. 99) unbedingt, nach der Österreichischen (§. 146) nur, falls der Beschuldigte sich bereits wegen eines Verbrechens oder Vergehens in Haft befindet oder doch Vorführungs- oder Verhaftbefehl gegen ihn erlassen ist, zulässig ist die an den Beschuldigten gerichteter, für ihn bestimmter oder von ihm herrührender Briefe, Sendungen und Telegramme auf den Post- und Telegraphenanstalten. (S. Briefgeheimnis.) Die Anordnung von Beschlagnahme steht grundsätzlich nur dem Richter, in Deutschland [* 12] bei Gefahr im Verzuge auch der Staatsanwaltschaft und, sofern es sich nicht um Postsendungen und Telegramme handelt, deren Hilfsbeamten zu; doch unterliegt auch in diesen Fällen die Beschlagnahme der gerichtlichen Bestätigung, welche vor Erhebung der öffentlichen Klage bei dem Amtsrichter des Bezirks, nach Erhebung derselben bei dem mit der Sache befaßten Gericht binnen drei Tagen nachzusuchen ist (Deutsche Strafprozeßordn. §§ 98, 100). Über Eröffnung der mit Beschlag belegten Postsendungen entscheidet überall der Richter, der zugleich die Aushändigung oder abschriftliche Mitteilung derjenigen Stücke anzuordnen hat, welche für die Untersuchung nicht von Bedeutung sind (Deutsche Strafprozeßordn. §§. 100, 101; Österr. Strafprozeßordn. ߧ. 147–149).
In dem Verfahren gegen Abwesende (s. auch Abwesenheit) findet nach der Deutschen Strafprozeßordnung, sofern es sich um das Ungehorsamsverfahren wegen nur mit Geldstrafe oder Einziehung bedrohter Strafthaten handelt, zur Deckung der Strafe und Kosten eine Beschlagnahme einzelner dem Angeschuldigten gehöriger Gegenstände, und falls diese nicht ausführbar, die Beschlagnahme des im Deutschen Reiche befindlichen Vermögens des Angeschuldigten statt; sofern es sich um die Beweissicherung in schwerern Fällen handelt und Verdachtsgründe vorliegen, welche die Erlassung eines Haftbefehls rechtfertigen würden, findet nur die Beschlagnahme des Vermögens statt. Letztere ist dabei als ein Mittel, den Angeschuldigten zur Gestellung zu veranlassen, gedacht (Strafprozeßordn. §§. 325, 326, 332). Vgl. auch Wehrpflichtige.
Bei Druckschriften findet unbeschadet der allgemeinen Vorschriften über Beschlagnahme (s. oben) eine vorläufige ohne richterliche Anordnung durch die Polizeibehörden statt, wenn entweder die Druckschriften den preßpolizeilichen Bestimmungen, insbesondere über Angabe des Namens und Wohnorts des Druckers, Verlegers, Redacteurs, nicht entsprechen, oder wenn ihre Verbreitung auf Grund gesetzlicher Ermächtigung verboten ist, oder wenn sie ihres Inhalts wegen im öffentlichen Interesse (im Deutschen Reich nur wegen Aufforderung zur Begehung strafbarer, insbesondere hochverräterischer Handlungen, wegen Majestätsbeleidigung, Anreizung zu Gewaltthätigkeiten und wegen unzüchtigen Inhalts) zu verfolgen sind.
Die Polizeibehörden haben die Verhandlungen ohne Verzug der Staatsanwaltschaft, diese, falls sie die Beschlagnahme nicht wieder aufhebt, dem Gericht zur Bestätigung oder Aufhebung der Beschlagnahme vorzulegen. Die dafür genau bestimmten Fristen sind so kurz bemessen, daß die Beschlagnahme erlischt, wenn der bestätigende Gerichtsbeschluß nicht bis zum Ablauf [* 13] des fünften Tags, in Österreich [* 14] binnen acht Tagen nach der Beschlagnahme ergeht. Auch die bestätigte Beschlagnahme ist aufzuheben, in Deutschland, wenn nicht binnen zwei Wochen nach der Bestätigung die Strafverfolgung in der Hauptsache eingeleitet ist, in Österreich, wenn nicht innerhalb acht Tagen der Staatsanwalt Voruntersuchung beantragt oder Anklageschrift eingereicht hat. Das österr. Gesetz gewährt bei Aufhebung oder Erlöschen der Beschlagnahme dem Beschädigten Ersatz des erweislichen Schadens aus der Staatskasse. (Deutsches Preßgesetz vom §§. 23 fg.; Österr. Strafprozeßordn. §§. 487–491.)
s. Eskadron.
Acceleration, in der Mechanik Bezeichnung der pro Zeiteinheit gerechneten Zunahme der Geschwindigkeit (s. d.) eines bewegten Körpers. Eine solche Geschwindigkeitszunahme hat zur Ursache immer eine Kraft. [* 15] Ist dieselbe P und die zu beschleunigende Masse m, so ist, wenn man eine geradlinige Bewegung voraussetzt, die Beschleunigung ϕ=P/m, d.h. je größer die wirkende Kraft und je kleiner die zu beschleunigende Masse, desto größer ist die dem Körper erteilte Beschleunigung. Ist die Kraft konstant, so ist es auch die und die Bewegung heißt dann gleichmäßig beschleunigt, vorausgesetzt, daß die Kraft in der Bewegungsrichtung wirkt, und gleichmäßig verzögert, wenn die Kraft der Bewegungsrichtung entgegenwirkt; in letzterm Falle ist die Beschleunigung negativ, also eine Geschwindigkeitsabnahme.
Bei wechselnder Größe der Kraft ändert sich auch die und ihre Größe ist dann gewöhnlich nur mit Hilfe der Differentialrechnung [* 16] angebbar. Ist hierbei der zurückgelegte Weg s für jede Zeit t durch die Funktion s=f(t) gegeben, so ist die Beschleunigung ϕ=d₂s/dt², d.h. die Beschleunigung ist die zweite Ableitung des Weges nach der Zeit oder auch die erste Ableitung der Geschwindigkeit v nach der Zeit ϕ=dv/dt , da v=ds/dt. Bei krummliniger Bewegung unterscheidet man noch die Normalbeschleunigung, welche senkrecht zur Bahn gerichtet ist und die Größe v²/ρ hat, wo v die Geschwindigkeit in der Richtung der Bahn und ρ den Krümmungsradius bedeutet. In der Kinematik wird die Beschleunigung durch geometr. Konstruktion ermittelt, und ihre Kenntnis ist hier für die Beurteilung der Massenwirkungen an Mechanismen von Bedeutung. Für das Kurbelgetriebe, [* 17] den Urtypus der meisten Mechanismen, hat zuerst Rittershaus («Civilingenieur», 1880, S. 244) eine mathematisch genaue Konstruktion mitgeteilt. Über die Acceleration der Schwerkraft s. d. (Vgl. Bewegung.)
soviel wie Kanalisation (s. d.). ^[= die Anlage eines unterirdischen Netzes von Röhrenleitungen oder Kanälen (Schleusen ...]
im Türkischen soviel wie Fünfer, d.h. eine Silbermünze von 5 Gurusch oder türk. Piastern. Der seit 1844 geprägte Beschlik ist von derselben Feinheit wie der Silber-Medschidieh (s. Jirmilik) und ¶
an Gewicht ein Viertel desselben, also = 0,624 M.; während der vor dieser Zeit geprägte, in Anatolien noch jetzt stark umlaufende (ganze und halbe) Beschlik nach amtlichen Angaben von 1879 durchschnittlich eine Feinheit von 195 Tausendstel und ein Gewicht von 15,2 g (der halbe Beschlik von 7,6 g) hat, so daß zum Preise von 125 M. für 1 kg Feinsilber sein Edelmetallinhalt = 0,371 (der halbe 0,185) M. ist. Der halbe Beschlik heißt auch Jüslik, Bejas-jüslik, d. i. Hunderter, weißer Hunderter, oder Jüspara, d. i. 100 Para.
Derselben Zeit wie der Beschlik verdanken die Altilik und Metallik (Métalliques) ihren Ursprung, auch haben sie dasselbe Umlaufsgebiet. Der Altilik, ursprünglich 6 Piaster geltend, hat nach den erwähnten Quellen ein Gewicht von durchschnittlich 12,3 g und eine Feinheit von 443 Tausendteilen, so daß er zum Preise von 125 M. für 1 kg Feinsilber = 0,681 M. ist. Die halben und Viertelaltiliks sind von verhältnismäßigem Gewichte und der erwähnten Feinheit. Seit März 1880 gilt der Altilik bei den türk. Staatskassen statt 6 nur noch 5 Piaster, der halbe Altilik 2½, der Viertelaltilik 1¼ Piaster.
Die Metallik bestehen aus Stücken, die ursprünglich 1, ½ und ¼ Piaster galten. Der Piaster in Metallik ist durchschnittlich 2,85 g schwerer und hat eine Feinheit von 167½ Tausendteilen, so daß er zu dem erwähnten Silberpreise = 0,0597 M. ist. Seit März 1880 gelten die Metallik bei den türk. Staatskassen nur noch die Hälfte des frühern Betrags, der alte Beschlik nur noch 2½ und der Jüslik nur noch 1¼ Piaster. Vermöge ihrer geringen Feinheit gehören alle diese ältern Sorten zu den Billonmünzen. (S. Billon.)
(jurist.). Nach dem allerdings nicht überall gleichmäßig durchgeführten Sprachgebrauch der Reichsjustizgesetze werden die Entscheidungen der Gerichte in Urteile (s. d.), und Verfügungen (s. d.) eingeteilt. Während erstere nur auf Grund der mündlichen Verhandlung ergehen und den Prozeß wenigstens für eine Instanz beendigen, können Beschlüsse, sowohl in der mündlichen Verhandlung als auch ohne solche, vor und nach der Hauptverhandlung gefaßt werden, führen aber nicht die sachliche Endigung des Prozesses herbei.
Während Verfügungen nur den äußern Gang [* 19] und Betrieb des Prozesses leiten und deshalb auch von einem einzelnen Richter, dem Vorsitzenden, Untersuchungsrichter, ersuchten oder beauftragten Richter erlassen werden können, ergehen Beschlüsse, soweit die Sache nicht der Zuständigkeit des Amtsgerichts unterliegt, auf Grund kollegialer Beratung. Soweit die Beschlüsse auf Grund mündlicher Verhandlung in Civilsachen, in Anwesenheit der davon betroffenen Person in Strafsachen ergehen, werden sie durch Verkündung, sonst durch Zustellung bekannt gemacht. Beschlüsse sind in der Regel durch Beschwerde anfechtbar. (Vgl. Civilprozeßordn. §§. 146, 271, 294; Strafprozeßordn. §§. 33, 35.)
die Befugnis eines Kollegiums, einer Volksvertretung u. s. w., wirksame Beschlüsse zu fassen. Sie ist in der Regel von der Anwesenheit einer bestimmten Anzahl von Mitgliedern abhängig. In den meisten Verfassungen der deutschen Einzelstaaten wird die Anwesenheit der Mehrzahl der Mitglieder zur Beschlußfähigkeit der Kammern verlangt; ebenso ist der Deutsche Reichstag nur dann beschlußfähig, wenn die größere Anzahl seiner (397) Mitglieder (also mindestens 199) anwesend ist. Doch wird die in der Regel ohne weiteres angenommen, und die Abstimmung erfolgt meist generell (durch Aufstehen, Erheben der Hände u. dgl.); jederzeit kann jedoch Auszählung des Hauses und damit Feststellung der Beschlußfähigkeit von jedem Mitgliede beantragt werden, welchem Antrage jedoch nicht Folge zu geben ist, wenn kein Mitglied des Bureaus über die Beschlußfähigkeit des Hauses in Zweifel ist (Geschäftsordnung §§. 54-56).
Sachen, die durch Beschlüsse (s. d.) zu erledigen sind.
s. Buchbinderei. ^[= nennt man das vorzugsweise mit Heften und Binden von Büchern, jedoch auch mit der Anfertigung ...]
der Pflanzen. Das Beschneiden der Pflanzen bezweckt, sie zur vermehrten Bildung gewisser Organe, als Wurzeln, Zweige, Blüten und Früchte, anzuregen oder bestimmte Formen zu erzielen. Es bedarf genauer Kenntnis der Lebensweise und Wachstumsbedingungen der Pflanzen, wenn durch das ein sicheres Resultat erreicht werden soll; andernfalls kann durch dieses Verfahren viel Schaden angerichtet werden. Das Beschneiden der Wurzeln wird hauptsächlich beim Verpflanzen (s. d.) vorgenommen; es beschränkt sich bei jungen krautigen Gewächsen meist auf das Einstutzen der Hauptwurzeln und bei Bäumen und Sträuchern auf ein Zurückschneiden der verletzten und kranken Wurzeläste.
Topfpflanzen, welche um den Erdballen einen feinen dichten Wurzelfilz bilden (Erika, Oleander u. a.), werden beim Verpflanzen von diesem durch Abschälen mit dem Messer [* 20] befreit; an andern Gewächsen mit stärkern Wurzeln ist das Beschneiden nach Möglichkeit zu unterlassen. Bei Pflanzen mit fleischigen Wurzeln unterbleibt der Wurzelschnitt stets, wenn nicht faule oder verletzte Stücke zu entfernen sind. Das Beschneiden der Äste und Zweigspitzen wird hauptsächlich bei holzigen Pflanzen angewendet, um eine reichere Zweig- und Blütenbildung oder besondere Baumformen (Kronenbäumchen, Pyramiden), zu erzielen.
Sollen holzige Topfpflanzen sich von der Basis an verzweigen, so werden sie schon in der Jugend durch Beschneiden des Gipfeltriebes gezwungen, viele Seitenzweige zu bilden, die später durch neues Beschneiden wiederum zum seitlichen Austreiben angeregt werden. Bei der Erziehung von Kronenbäumchen wird der Gipfeltrieb durch Beschneiden der Seitenzweige im Wachstum begünstigt, bis er die gewünschte Länge für die Stammhöhe erreicht hat. Nunmehr wird die Spitze beschnitten, wonach sich aus den obern Augen die Seitenzweige entwickeln, welche die Krone bilden sollen. Durch die Beförderung der Verzweigung der Pflanzen mittels Beschneiden wird gleichzeitig eine vermehrte Blütenentwicklung bewirkt, da die meisten dieser Gewächse ihre Blüten an den jungen Trieben bilden.
Größere Eingriffe in den Pflanzenorganismus durch Beschneiden werden regelmäßig im Frühjahr an Holzgewächsen vorgenommen. Än Obstbäumen zur Auslichtung der Kronen, [* 21] zur Beförderung des Wachstums und zur Regulierung der Baumform (s. Obstbaumzucht). Zu gleichem Zweck an Zier- und Parkgehölzen, bei denen jedoch zu berücksichtigen ist, daß die Blüten mancher Ziersträucher an den Spitzen vorjähriger Zweige, bei andern an der Basis derselben, oder an den kommenden Sommertrieben erscheinen.
Nadelhölzer [* 22] werden nur in der Jugend mäßig beschnitten, im Alter nur dann, wenn Hecken aus ihnen gebildet werden sollen. Die holzartigen Topfgewächse, wie z. B. die immergrünen subtropischen Pflanzen, werden gleichfalls im Frühjahr einem Schnitt unterworfen. Es werden hierbei die dürren Zweige und die innerhalb der Baumkronen stehenden verkrüppelten Äste ganz entfernt, die andern nach Bedürfnis mäßig eingestutzt, um während des Sommers eine reichere Verzweigung und ¶
dichtere Baumkronen zu erhalten. Sind diese Gewächse Frühjahrsblüher (Akazien, Callistemon, Azaleen), so geschieht das Beschneiden erst nach Beendigung der Blütezeit. Dieser allgemeine Frühjahrsschnitt an Topfpflanzen wird größtenteils während des Verpflanzens der Gewächse vorgenommen. Der Schnitt ist stets mit scharfen Instrumenten (Messer, Gehölzschere, Baumsäge) auszuführen, und es dürfen nur glatte Schnittwunden hinterlassen werden, weshalb auch die vermittelst der Säge [* 24] verursachten Wunden nachträglich mit dem Messer glattzuschneiden sind. Alle bedeutendern Schnittflächen sind mit Baumwachs zu verstreichen, da sie andernfalls schwer überwallen und leicht durch Eindringen von Nässe in das Holz [* 25] zu Faulstellen Veranlassung geben.
s. Buchbinderei. ^[= nennt man das vorzugsweise mit Heften und Binden von Büchern, jedoch auch mit der Anfertigung ...]
(grch. peritome; lat. circumcisio; hebr. mila), die bei verschiedenen Völkern noch jetzt herrschende Sitte, die Vorhaut des männlichen Gliedes (s. Geschlechtsorgane) ab- oder einzuschneiden. Diese Körperverstümmelung fand sich im Altertum besonders in Äthiopien (nach Herodots Bericht), Ägypten [* 26] und den an dieses angrenzenden asiat. Landschaften und wird noch jetzt von Juden, Kopten, [* 27] christl. Abessiniern und Mohammedanern, außerdem von sehr vielen afrik., von amerik. und austral.
Völkerschaften geübt. Durch den Islam ging sie von den Arabern, die sie auf Ismael zurückführten, zu Türken, Persern und Indern über. Bei den Ägyptern geschah sie im 14. Lebensjahre (nach 1 Mos. 17, 25),. wohl nur im Priester- und Kriegerstande, bei den Völkern des Islams erfolgt sie zwischen 6. und 15., meist aber im 13.; die Juden vollziehen sie am achten Tage nach der Geburt. Doch scheint sie zur Zeit des alten Israels beim Eintritt der Mannesreife vorgenommen worden zu sein.
Für die jüngste litterar. Schicht des Pentateuchs ist die Beschneidung das Symbol des von Gott mit Abraham geschlossenen Bundes (1 Mos. 24, 4). Durch sie wird der «Beschnittene» in den Bund Gottes mit Israel aufgenommen (3 Mos. 12, 3). Sie ist bei Strafe der Ausrottung anbefohlen und soll am achten Tage erfolgen. Dies ist die Grundlage der Geltung der Beschneidung für Glaubensgenossen, Knechte, Schutzverwandte im Judentum. In Zeiten ritueller Gleichgültigkeit oder Freisinnigkeit (s. Reformjudentum) kam sie in Wegfall.
Jeder Jude, nötigenfalls auch eine Frau, darf sie verrichten; sie geschieht in der Regel mit feierlichem Ritus von eigens darin geübten Männern, genannt Mohel, d. i. Beschneider. An einigen Orten ist ein Wundarzt zugegen. Dieser seltsame Gebrauch hat sicher nichts mit diätetischen Rücksichten (Reinlichkeit u. a.) zu thun, die dem höchsten Altertum, in das er zurückreicht, völlig fremd sind, sondern wurzelt wie die meisten traditionellen Körperverstümmelungen in religiösen Anschauungen der Vorzeit, wie denn die Beschneidung noch jetzt bei vielen wilden Völkern die Aufnahme unter die waffen-, heirats- und kultfähigen Männer des Stammes bedeutet.
Wohl zu unterscheiden sind von der Beschneidung der Knaben die Operationen an den weiblichen Geschlechtsteilen, besonders der Klitoris, die in vielen, namentlich mohammed. Ländern herkömmlich sind und vielfach gleichfalls Beschneidung benannt werden. – An die Stelle der Beschneidung ist in der christl. Kirche die Taufe getreten. Die Beschneidung Christi (Beschneidungsfest, festum circumcisionis) wurde nach Luk. 2, 21. bereits gegen Ende des 4. Jahrh. im Abendlande am 2. Jan. kirchlich gefeiert, ursprünglich als Buß- und Fasttag, später als Freudenfest. – Über die Verbreitung der Beschneidung vgl. H. Ploß, Das Kind in Brauch und Sitte der Völker (2. Aufl., 2 Bde., Berl. 1882); ders., Geschichtliches und Ethnologisches über Knabenbeschneidung (Lpz. 1885).
Wer infolge seines Lebenswandels die Unbescholtenheit verscherzt (z. B. Vagabunden und öffentliche Dirnen), wer wegen gemeiner Vergehen auch ohne Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte bestraft ist, wird von der Obrigkeit wie von der Gesellschaft anders angesehen als ein Unbescholtener. Bei der Übertragung einer Vormundschaft, einer Pflegschaft, einer Konkursverwaltung, bei der Prüfung der Glaubwürdigkeit des Zeugnisses, bei der Auswahl zum Geschworenen oder Schöffen, bei der Frage, ob der von den Eltern verweigerte Ehekonsens richterlich zu ergänzen ist, ob eine Person aus einer Genossenschaft ausgestoßen, von der Börse ausgeschlossen werden darf, in eine Innung aufzunehmen ist, kommt noch jetzt die in Betracht. Die Römer [* 28] faßten derartige Fälle zusammen mit der Bezeichnung infamia facti oder turpitudo (S. auch Anrüchigkeit und Ehre.)
s. Schotter. ^[= im Bauwesen zerschlagene Steinbrocken von etwa 4 bis 7 cm Größe. Man verwendet den S. beim ...]
Berg, s. Latmos.
Haftpflicht, s. Haftpflicht.
Unterthanenverstand, meist ironisch gebrauchter Ausdruck, herzuleiten aus einem Erlaß des preuß. Ministers von Rochow vom worin folgender Satz vorkommt: «Es ziemt dem Unterthanen nicht, die Handlungen des Staatsoberhauptes an den Maßstab [* 29] seiner beschränkten Einsicht anzulegen.»
Die Beschränkungen des Eigentümers in der Verfügung über sein Grundstück bestehen teils im Interesse der Nachbarn (s. Legalservituten), teils in allgemeinem Interesse.
Dahin gehören die Beschränkungen der Waldeigentümer zur Erhaltung der Forsten (s. Forstpolizei und Waldgenossenschaften), die baupolizeilichen Beschränkungen (s. Baupolizei), die Rayonbeschräntungen (s. Festungsrayon), die Deichlasten (s. Deich), [* 30] die Zwangspflicht zur Bildung von Wassergenossenschaften (s. Wasserrecht), die sich aus dem Bergrecht (s. Bergwerkseigentum 4) ergebenden Beschränkungen, die Unterwerfung unter die Enteignung (s. d.).
im weitesten Sinne die sprachliche Darstellung eines Gegenstandes durch Angabe mehrerer Merkmale. Sie giebt das Eigentümliche seiner Erscheinung, versinnlicht, individualisiert ihn, während die Erklärung abstrakt ist, den Gegenstand generalisiert. Gegenstand der Beschreibung kann jedes wirkliche oder als wirklich gedachte Ding sein (s. Erzählung); doch gehören vorzugsweise die Werke der Natur und Kunst sowie körperliche und geistige Zustände und Charaktere hierher.
Die Beschreibung muß treu und anschaulich sein, d. h. sie darf nur vorhandene Züge bieten und muß diese zu einem Bilde gestalten, das die wirkliche Anschauung ersetzt. Da die Beschreibung gewöhnlich belehren oder auf die Phantasie wirken soll, so hat man sie in Lehrbeschreibung oder Beschreibung schlechtweg und in Schilderung eingeteilt. Die poetische Beschreibung oder Schilderung will durch Zusammenfassung mannigfaltiger, die Phantasie anregender Merkmale das Gefühl auf eine bestimmte Weise erregen, und löst ihre Aufgabe um so sicherer, je lebendiger sie individualisiert. Ein Gedicht, dessen Zweck die ästhetische Beschreibung eines Ganzen ist, heißt ein beschreibendes, im engern Sinne eins, das einen Naturgegenstand behandelt. Die ¶
malerisch-beschreibende Poesie, eine untergeordnete Gattung, hat sich vornehmlich bei den Engländern ausgebildet. Durch den Einfluß der engl. Litteratur beherrschte sie von der Mitte des 17. bis zur Mitte des 18. Jahrh. ganz Europa; [* 32] Lessings «Laokoon» machte ihrer Vorrangsstellung ein Ende.
In den Wissenschaften heißt Beschreibung die genaue Darlegung eines beobachteten Thatbestandes; beschreibende (deskriptive) Wissenschaft eine solche, die über die Beschreibung des Thatbefundes nicht hinausgeht. Ihr steht gegenüber die erklärende Wissenschaft oder Theorie, welche die Thatsachen auch erklären, d. h. auf ihr Gesetz bringen will.
oder berufen, alter Ausdruck für das Herbeirufen geisterhafter Wesen.
Man pflegte den Geist zu beschreien, damit er Glück brächte.
Jetzt wird der Ausdruck von Abergläubischen in dem Sinne gebraucht: mit Worten (besonders durch zu großes Lob) schädigen. In christl. Auffassung nimmt man dem heidn.
Glauben den Boden, wenn man der Aussage über Glück einer Person die Worte «unberufen» oder «unbeschrien» hinzufügt und wohl auch mit dem Finger drei Kreuze in der Luft macht.
kaukas. Berggruppe, s. Pjatigorsk.
im Sinne der Deutschen Strafprozeßordnung (§. 155) die allgemeine Bezeichnung dessen, gegen den sich eine Untersuchung wendet;
diejenige Person, gegen welche Strafklage erhoben ist, heißt bis zur Eröffnung des Hauptverfahrens «Angeschuldigter», nach der Österr.
Strafprozeßordn. §. 38 «Beschuldigter», nach diesem Zeitpunkt «Angeklagter».
Das franz. Recht braucht allgemein den Ausdruck «prévenu», dagegen für den vor das Schwurgericht Verwiesenen das Wort «accusé»;
das engl. Recht meist ohne weitere Unterscheidung das Wort «prisoner».
1) Auf dem Gebiete der Verwaltung heißt Beschwerde das Rechtsmittel, welches dem durch einen Akt der Verwaltungsbehörde Benachteiligten zusteht und welches durch Anrufung der höhern Instanz die Beseitigung jenes Aktes bezweckt. Während früher die Beschwerde auf diesem Gebiete nur eine formlose Anrufung höherer Behörden war, hat die neuere Verwaltungsgesetzgebung sie unter bestimmten Voraussetzungen in den Rahmen der Verwaltungsgerichtsbarkeit (s. d.) eingefügt, ohne daß jedoch hierdurch die erstere Beschwerde beseitigt worden wäre. In besonderer Weise hat die Reichsgewerbeordnung das Beschwerdeverfahren für genehmigungspflichtige Anlagen geordnet. Die Grundzüge des Verfahrens sind von Reichs wegen normiert, die nähern Vorschriften giebt das Landesrecht (Gewerbeordn. §§. 16, 20 fg.).
2) Eine ähnliche Bedeutung hat die in Sachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit, z. B. in Vormundschafts-Nachlaßsachen, in Grundbuchsachen. Darüber enthalten die einschlagenden Landesgesetze die maßgebenden Bestimmungen. Für Beschwerde dieser Art ist das Deutsche Reichsgericht nicht zuständig.
3) Im Civilprozeß (vgl. Civilprozeßordn. §§. 530-540) bedürfte es neben den Rechtsmitteln der Berufung (s. d.) und Revision (s. d.), welche der Korrektur sachlicher, auf mündliche Verhandlung in Form des Endurteils unter den Prozeßparteien ergehender Entscheidungen dienen, noch eines Rechtsmittels zur endgültigen Entscheidung von prozessualen Nebenstreitpunkten, welche teils nur die Vorbereitung (Verhandlung) oder Ausführung (Vollstreckung) des Endurteils betreffen, teils gar nicht zwischen den Parteien, sondern zwischen Parteien und Dritten (z. B. Zeugen) entstehen, also mehr formaler Natur sind. Dieses Rechtsmittel bildet die Beschwerde. Dieselbe ist ihrem Zweck entsprechend unter vereinfachte Formen gestellt, auch nicht mit Suspensiveffekt (s. Berufung 1) ausgestattet. Sie zerfällt in die einfache oder fristlose und die sofortige Beschwerde, deren wesentlicher Unterschied darin beruht, daß die letztere der formellen Rechtskraft (s. d.) fähig ist, die erstere nicht. - Zulässig ist die Beschwerde einerseits gegen Entscheidungen, welche ein das Prozeßverfahren betreffendes Gesuch einer Partei, für welches mündliche Verhandlung nicht vorgeschrieben ist, zurückweisen, andererseits in gewissen von der Civilprozeßordnung besonders bezeichneten Fällen.
Über die hat zu entscheiden die nächst höhere Instanz, also bei Beschwerde gegen ein Amtsgericht das übergeordnete Landgericht, bei Beschwerde gegen ein Landgericht das übergeordnete Oberlandesgericht, bei Beschwerde gegen ein Oberlandesgericht das Reichsgericht. Gegen die Entscheidung des Beschwerdegerichts ist unter Umständen, nämlich wenn dieselbe einer Partei einen neuen selbständigen Beschwerdegrund bietet, ein Fall, der ausgeschlossen ist beim Vorliegen zweier gleichlautender Entscheidungen, eine weitere an die noch gegebene höhere Instanz statthaft.
Die Einlegung der Beschwerde erfolgt grundsätzlich beim angegriffenen und nur in dringenden Fällen beim Beschwerdegericht, und zwar durch Einreichung eines Schriftsatzes, welcher regelmäßig dem Anwaltszwange (s. Anwaltsprozeß) unterliegt, in gewissen Ausnahmefällen auch durch Erklärung zum Gerichtsschreiberprotokoll. Die Vorbringung neuer Thatsachen und Beweise ist zulässig. Das Verfahren im weitern fällt dem gerichtlichen Amtsbetriebe anheim. Erachtet das Gericht oder der Vorsitzende, dessen Entscheidung angegriffen wird, die Beschwerde für begründet, so haben sie derselben abzuhelfen.
Sonst ist die Beschwerde dem Beschwerdegericht vorzulegen. Vor diesem bedarf es keiner mündlichen Verhandlung; wohl aber kann schriftliche Erklärung der Beteiligten eingeholt werden. Das Beschwerdegericht hat grundsätzlich selbst zu entscheiden. Die unstatthafte Beschwerde wird als unzulässig verworfen, die unbegründete zurückgewiesen. Ist die Beschwerde begründet, so hat das Beschwerdegericht die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die dann erforderliche Anordnung regelmäßig selbst zu treffen; doch kann es solche auch der angegriffenen Instanz übertragen. - Die Regelung der sofortigen Beschwerde weicht wesentlich insofern ab, als sie einer Notfrist von zwei Wochen unterliegt und auch in nicht dringenden Fällen beim Beschwerdegericht eingereicht werden kann und die angegriffene Instanz zur eigenen Abänderung des angegriffenen Beschlusses nicht befugt ist.
4) Im Konkursverfahren ist nach der Deutschen Konkursordnung (§. 66, Abs. 3) bezüglich aller ergangenen Entscheidungen Beschwerde zulässig, soweit dieses Gesetz nicht etwas anderes bestimmt. In allen diesen Fällen findet «sofortige» Beschwerde statt (s. unter 3). Das Recht der Beschwerde steht allen Personen zu, deren Interesse durch die ergangene Entscheidung verletzt wird.
Nach der Österr. Konkursordnung (§. 70) kann derjenige, der sich durch die Verfügungen des «Konkurskommissars» (s. d.) beschwert erachtet, die Entscheidung des Konkursgerichts einholen, gegen welche (nach §. 257) der «Rekurs» an den höhern Richter offen steht.
5) Im Strafprozeß (§. 346) ist die Beschwerde zulässig gegen alle von den Gerichten in erster Instanz oder in der Berufungsinstanz erlassenen ¶
Beschlüsse (s. d.) und gegen die Verfügungen des Vorsitzenden (s. d.), des Untersuchungsrichters (s. d.), des Amtsrichters (s. d.) und eines beauftragten oder ersuchten Richters (s. d.), soweit das Gesetz nicht dieselben der Anfechtung entzieht. Ausgeschlossen ist die a. gegen Urteile (s. d.) und die der Urteilsfällung vorhergehenden Entscheidungen der erkennenden Gerichte, sofern letztere nicht Verhaftungen, Beschlagnahmen oder Straffestsetzungen betreffen oder gegen dritte Personen, die nicht zu den Prozeßbeteiligten gehören, gerichtet sind (§. 347);
beschwerde gegen Beschlüsse und Verfügungen des Reichsgerichts und der Oberlandesgerichte überhaupt (§. 346);
c. gegen Beschlüsse in der Beschwerde-Instanz mit Ausnahme der vom Landgerichte erlassenen, Verhaftungen betreffenden Beschlüsse (§. 352);
d. in den in der Strafprozeßordn. §§. 28 (s. Ablehnung), 46 (s. Wiedereinsetzung), 180 (s. Voruntersuchung), 199, 200, 209 (s. Eröffnung des Hauptverfahrens), 270, 388 (s. Unzuständigkeitserklärung), 279 (s. Schwurgericht) und im Gerichtsverfassungsgesetz §§. 41, 52, 53, 75 (s. Schöffengericht), 94 (s. Schwurgericht) behandelten Fällen.
Die Beschwerde steht nicht bloß den Prozeßbeteiligten (Angeklagten, Staatsanwalt, Privat- und Nebenkläger), sondern auch dritten Personen (Zeugen, Sachverständigen, Verteidigern, Dolmetschern, Schöffen, Geschworenen u. s. w.) zu, sofern sie durch die Entscheidung betroffen werden (§. 346). Man unterscheidet auch hier die einfache Beschwerde, welche die Regel bildet, von der «sofortigen», welche an eine einwöchige Frist gebunden ist. (Vgl. Strafprozeßordn. §§. 28, 46, 81, 122, 180, 181, 199, 209, 270, 363, 412, 455, 461, 463, 494, 501; Gerichtsverfassungsgesetz §. 183.) - Die Beschwerde kann zu Protokoll des Gerichtsschreibers oder schriftlich eingelegt werden, der Regel nach bei demjenigen Gericht, dessen Entscheidung angefochten wird (judex a quo), in dringenden Fällen - die sofortige auch sonst - bei dem Beschwerdegericht (judex ad quem).
Das Gericht, dessen Entscheidung angefochten wird, ist bei der fristlosen - nicht bei der sofortigen - Beschwerde befugt, derselben durch Abänderung seiner Entscheidung abzuhelfen, andernfalls verpflichtet, die Akten vor Ablauf von drei Tagen dem Beschwerdegericht vorzulegen (§. 348). Die hat der Regel nach keine aufschiebende Wirkung (Suspensiveffekt, s. d.), doch kann sowohl das Gericht, dessen Entscheidung angefochten wird, als auch das Beschwerdegericht die Aussetzung der Vollziehung der angefochtenen Entscheidung anordnen (§. 349). Die Beschwerde kann auf rechtliche oder thatsächliche Gründe, auch auf neue Anführungen oder Beweise gestützt und dadurch dem Beschwerdegericht Veranlassung gegeben werden, eine schriftliche Gegenerklärung zu erfordern, sowie neue Ermittelungen anzuordnen oder selbst vorzunehmen (§. 350). Die Entscheidung erfolgt ohne mündliche Verhandlung, in geeigneten Fällen nach Anhörung der Staatsanwaltschaft (§. 351). Über Beschwerde gegen Entscheidungen des Untersuchungsrichters, des Amtsrichters und des Schöffengerichts entscheidet die Strafkammer (s. d.) des Landgerichts, über Beschwerde gegen Entscheidungen der Strafkammern und des Schwurgerichts entscheidet der Strafsenat (s. d.) des Oberlandesgerichts. Über Beschwerde, die sich auf die Zulässigkeit der Rechtshilfe (s. d.) und die Handhabung der Sitzungspolizei (s. d.) beziehen, entscheidet in allen Fällen das Oberlandesgericht (Gerichtsverfassungsgesetz §§. 72, 123, Nr. 5, 160, 183).
Die Österr. Strafprozeßordnung läßt gegen Entscheidungen der Bezirksrichter, sofern dieselben nicht der Berufung unterliegen, an den Gerichtshof erster Instanz binnen drei Tagen (§. 481), gegen Verfügungen oder Verzögerungen des Untersuchungsrichters an die Ratskammer und gegen deren Entscheidung ausnahmsweise, insbesondere über Verhaftung, Beschwerde mit dreitägiger Frist an den Gerichtshof zweiter Instanz zu (§§. 113, 114) und ordnet im übrigen die Beschwerde bei den einzelnen Fällen.
6) Wegen Justizverzögerung oder Justizverweigerung findet die Beschwerde sowohl in Civilprozeß- wie in Strafsachen an die vorgesetzte Behörde statt. Das Deutsche Reichsgericht ist nicht vorgesetzte Behörde der Landesgerichte; nur bei Ablehnung der Rechtshilfe geht eine A. an das Reichsgericht nach §. 160 des Gerichtsverfassungsgesetzes. Dagegen ist nach Art. 77 der Reichsverfassung eine Beschwerde wegen Justizverweigerung an den Bundesrat zulässig.
7) Beim Militär sind die Vorschriften über Beschwerde erst in der neuesten Zeit einer Linderung unterzogen worden, indem eine Kabinettsorder vom bestimmt, daß der zweite Satz des Kriegsartikels 22 für die Folge festzusetzen habe, daß der Soldat niemals während oder unmittelbar nach Beendigung des Dienstes, sondern erst am folgenden Tage seine Beschwerde anbringen darf. Im weitern Verfolg dieser grundlegenden Änderung sind dann auch die Bestimmungen über die Beschwerdeführung der Personen des Soldatenstandes vom Feldwebel abwärts in diesem Sinn abgeändert worden. Nicht berührt sind bei dieser Neuerung die alten Vorschriften, nach denen die Beschwerde von Soldaten in einem besondern Dienstwege zur Kenntnis der Vorgesetzten desjenigen, über welchen Beschwerde geführt wird, zu gelangen haben.
Nach dem Betriebsreglement für die Eisenbahnen Deutschlands [* 34] vom das im wesentlichen auch für den Deutschen Eisenbahnverein (s. Eisenbahnverbände) Gültigkeit hat, muß auf jeder Station ein Beschwerdebuch ausliegen und den Reisenden zur Eintragung von Beschwerden über Beamte, Bahneinrichtungen u. s. w. vorgelegt werden.
Die Verwaltung soll baldmöglichst auf alle Beschwerden antworten, die unter Angabe des Namens und des Wohnortes des Beschwerdeführers erfolgen.
derjenige, welcher durch eine behördliche Verfügung oder eine gerichtliche Entscheidung verletzt ist und deshalb Anlaß hat, Beschwerde (s. d.) zu führen oder ein Rechtsmittel einzulegen. Im Erbrecht ist Beschwerter derjenige, welcher infolge einer letztwilligen Verfügung etwas zu leisten hat. In der ältern Rechtssprache nennt man den Beschwerter den Onerierten. Der gemeinrechtliche Satz, daß niemand mehr an Vermächtnissen auferlegt werden darf, als ihm von dem Erblasser zugewendet ist, ist in der Fassung «niemand kann mit Vermächtnissen weiter beschwert werden, als der Vorteil reicht, welchen er auf den Todesfall erhält», in das Sächs. Bürgerl. Gesetzb. §. 2389 übergegangen; vgl. auch Bayr. Landr. III, 6, §. 6. Wie schon im Gemeinen Rechte, so wird der Satz von fast allen neuern Rechten in Verbindung gebracht mit den Grundsätzen über die Schuldenhaftung des Erben, vgl. z. B. Preuß. Allg. Landr. I, 12, 333-335 mit §§. 287, 296; Code civil und Bad. [* 35] Landrecht Art. 926 fg.; Österr. Bürgerl. Gesetzb. §§. 690, 692, 693, 801, 802, u. a.