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als ausnahmsweise zulässig erklärt und nur in einem Falle versucht worden.
als ausnahmsweise zulässig erklärt und nur in einem Falle versucht worden.
der chemischen Industrie für das Gebiet des Deutschen Reichs. Sitz ist Berlin, [* 2] Sitz der 8 Sektionen: Berlin, Breslau, [* 3] Hamburg, [* 4] Köln [* 5] a. Rh., Leipzig, [* 6] Mannheim, [* 7] Frankfurt [* 8] a. M., Nürnberg. [* 9] Ende 1893 bestanden 5601 Betriebe mit 107036 versicherten Personen, deren anzurechnende Jahreslöhne 89151572 M. (832,91 M. pro Kopf) betrugen. Die Jahreseinnahmen beliefen sich auf 1336839 M., die Ausgaben auf 1226289 M., der Reservefonds (Ende 1893) auf 2881454 M. Entschädigt wurden (1893) 3212 Unfälle, darunter 683 im Laufe des Jahres neu hinzugekommene, mit 727264 M. 79 Unfälle hatten tödlichen Ausgang, 93 völlige Erwerbsunfähigkeit zur Folge. (S. Berufsgenossenschaft.)
der Feinmechanik für das Gebiet des Deutschen Reichs. Sitz ist Berlin, Sitz der 10 Sektionen: Berlin, Freiburg [* 10] i. Schles., Dresden, [* 11] Suhl, [* 12] Braunschweig, [* 13] Iserlohn, [* 14] Aachen, [* 15] Karlsruhe, [* 16] Stuttgart, [* 17] Nürnberg. Ende 1893 bestanden 2640 Betriebe mit 66558 versicherten Personen, deren anzurechnende Jahreslöhne 59128418 M. (888,37 M. pro Kopf) betrugen. Die Jahreseinnahmen beliefen sich auf 356316 M., die Ausgaben auf 315402 M., der Reservefonds (Ende 1893) auf 623246 M. Entschädigt wurden (1893) 1030 Unfälle, darunter 255 im Laufe des Jahres neu hinzugekommene, mit 164840 M. 15 Unfälle hatten tödlichen Ausgang, 13 völlige Erwerbsunfähigkeit zur Folge. (S. Berufsgenossenschaft.)
der Gas- und Wasserwerke für das Gebiet des Deutschen Reichs. Sitz ist Berlin, Sitz der 11 Sektionen: Berlin, Danzig, [* 18] Breslau, Dresden, Magdeburg, [* 19] Frankfurt a. M., München, [* 20] Karlsruhe, Düsseldorf, [* 21] Hannover, [* 22] Hamburg. Ende 1893 bestanden 1193 Betriebe mit 29354 versicherten Personen, deren anzurechnende Jahreslöhne 28894024 M. (931,33 M. pro Kopf) betrugen. Die Jahreseinnahmen beliefen sich auf 376707 M., die Ausgaben auf 305221 M., der Reservefonds (Ende 1893) auf 672491 M. Entschädigt wurden (1893) 662 Unfälle, darunter 145 im Laufe des Jahres neu hinzugekommene, mit 185307 M. 12 Unfälle hatten tödlichen Ausgang, 13 völlige Erwerbsunfähigkeit zur Folge. (S. Berufsgenossenschaft.)
der Musikinstrumenten-Industrie für das Gebiet des Deutschen Reichs. Sitz ist Leipzig, Sitz der 3 Sektionen: Leipzig, Berlin, Stuttgart. Ende 1893 bestanden 800 Betriebe mit 22792 versicherten Personen, deren anzurechnende Jahreslöhne 16341504 M. (716,98 M. pro Kopf) betrugen. Die Jahreseinnahmen beliefen sich auf 104060 M., die Ausgaben auf 93677 M., der Reservefonds (Ende 1893) auf 168388 M. Entschädigt wurden (1893) 252 Unfälle, darunter 44 im Laufe des Jahres neu hinzugekommene, mit 51248 M. 3 Unfälle hatten tödlichen Ausgang, 2 völlige Erwerbsunfähigkeit zur Folge. (S. Berufsgenossenschaft.)
der Schornsteinfegermeister des Deutschen Reichs. Sitz ist Berlin, Sitz der 16 Sektionen: Danzig, Berlin, Stettin, [* 23] Posen, [* 24] Breslau, Altona, [* 25] Halle [* 26] a. S., Bielefeld, [* 27] Hannover, Wiesbaden, [* 28] Düsseldorf, Freiburg i. Br., München, Würzburg, [* 29] Leipzig, Stuttgart. Ende 1893 bestanden 3300 Betriebe mit 5919 versicherten Personen, deren anzurechnende Jahreslöhne 3704895 M. (625,93 M. pro Kopf) betrugen. Die Jahreseinnahmen beliefen sich auf 77076 M., die Ausgaben auf 50727 M., der Reservefonds (Ende 1893) auf 82938 M. Entschädigt wurden (1893) 77 Unfälle, darunter 29 im Laufe des Jahres neu hinzugekommene, mit 21445 M. 8 Unfälle hatten tödlichen Ausgang, 2 völlige, 15 teilweise Erwerbsunfähigkeit zur Folge. (S. Berufsgenossenschaft.)
s. Konsul.
Bezeichnung für solche Krankheiten, die erfahrungsgemäß häufig oder vorwiegend bei den Angehörigen gewisser Berufsarten vorkommen und durch ganz bestimmte, mit dem betreffenden Beruf verbundene Schädlichkeiten hervorgerufen werden. Derartige Schädlichkeiten können auf den gesamten Organismus ungünstig einwirken, wie z. B. bei den Bergleuten, bei denen sich bald infolge ihres beständigen Arbeitens in den lichtlosen und mangelhaft ventilierten Gruben Blutarmut und chronisches Siechtum einstellen, bei Schuhmachern, Schneidern und vielen Bureaubeamten, die infolge ihrer sitzenden Lebensweise an Blutstockungen, Verdauungsstörungen, Hämorrhoiden und Hypochondrie leiden u. dgl. In andern Fällen entstehen Berufskrankheiten durch die ausschließliche und übermäßige Anstrengung bestimmter Organe oder Körperteile.
Hierher gehören die X-Beine der Bäcker, Tischler und Schlosser, der entzündliche Plattfuß der Kellner und Ladendiener, die Krampfadern der Waschfrauen und Tischler, das Lungenemphysem der Musiker, welche Blasinstrumente spielen, die chronischen Kehlkopfkatarrhe der Lehrer und Prediger u. a. Weiterhin werden zahlreiche Krankheiten veranlaßt durch die Einatmung von Stoffen, welche die Atmungsorgane reizen, sowie durch das Hantieren mit giftigen Farben und giftigen Chemikalien, welche bei den verschiedenen Gewerbebetrieben zur Verwendung gelangen (s. Gewerbekrankheiten). Manche Berufskrankheiten sind unvermeidlich, während sehr viele andere durch zweckmäßige hygieinische Vorsichts- und Verhaltungsmaßregeln mit Sicherheit verhütet werden können.
Litteratur. Die erste klassische Darstellung der Berufskrankheiten gab der Italiener Ramazzini, De morbis artificum diatriba (Modena 1700).
Unter den neuern sind hervorzuheben: Lombard, De l’influence de professions sur la phthisie pulmonaire (Par. 1834);
Österlen, Handbuch der mediz.
Statistik (Tüb. 1874);
Beiträge zur Untersuchung des Einflusses von Lebensstellung und Beruf auf die Mortalitätsverhältnisse (Jena [* 30] 1877);
Oldendorff, Der Einfluß der Beschäftigung auf die Lebensdauer des Menschen (2 Hefte, Berl. 1877‒78);
Hirt, Die Krankheiten der Arbeiter (4 Bde., Lpz. 1871‒78);
Schuler und Burckhardt, Untersuchungen über die Gesundheitsverhältnisse der Fabrikbevölkerung in der Schweiz [* 31] (Aarau [* 32] 1889).
die statist. Ermittelung der beruflichen Gliederung einer Bevölkerung, [* 33] soweit sie auf Grund der berufsmäßigen Erwerbsthätigkeit der Personen sich zu erkennen giebt. Die Berufsstatistik unterscheidet sich darin von der Gewerbestatistik (s. d.), die nicht von den Personen, sondern von den Gewerben als solchen ausgeht und in erster Linie die Betriebsverhältnisse letzterer im Auge [* 34] hat. Die Berufsstatistik ist als ein Teil der Bevölkerungsstatistik (s. Bevölkerung) zu betrachten und zwar als einer der schwierigsten. Schon die Entscheidung der Frage, welcher ¶
Berufsgruppe der einzelne zuzurechnen ist, stößt auf Hindernisse. Falls jemand nur eine einzige Art von Beschäftigung ausübt, ist freilich die Unterbringung leicht zu bewirken, wenn erst die Schwierigkeiten einer angemessenen Klassifizierung der Berufsarten überwunden sind. In sehr vielen Fällen aber ist mit dem Hauptberuf noch ein Nebenberuf verbunden, und namentlich wird der Beruf der Landwirtschaft häufig mit einem andern Gewerbe vereinigt, wobei es dann fraglich erscheint, ob der Betreffende mit seinem Hauptberuf der einen oder der andern Gruppe zuzurechnen ist.
Weitere Schwierigkeiten verursacht die Unterbringung der Angehörigen sowie der Dienstboten. Die beste Lösung dieser Fragen besteht in der Auseinanderhaltung einer möglichst großen Anzahl von Berufsgruppen, der jedesmaligen Unterscheidung des Haupt- und Nebenberufs und der Aufführung der Zahl der Angehörigen, der landwirtschaftlichen, gewerblichen und sonstigen Dienstboten innerhalb jeder Gruppe. Weitere Unterscheidungen betreffen das Arbeits- und Dienstverhältnis, das Alter, Geschlecht u. s. w. Entsprechend den Gesichtspunkten, von denen die Berufsstatistik auszugehen pflegt, wird die Berufszählung gewöhnlich mit der allgemeinen Volkszählung verbunden.
Auch im Deutschen Reich geschah dies gelegentlich der Volkszählung vom aber mit geringem Erfolge. Seitdem ist reichsseitig von einer solchen Verbindung abgesehen worden; mehrere Einzelstaaten haben aber bei den spätern Zählungen auch einige auf den Beruf bezügliche Thatsachen erhoben. Seit dem Jahre 1871 blieb die nächste und einzige allgemeine Berufszählung die selbständige Berufsaufnahme vom mit der eine gewerbestatist. Erhebung verbunden wurde.
Sie hat die gesamte Bevölkerung in den Kreis [* 36] ihrer Ermittelung gezogen, sei es, daß die Personen als Erwerber oder Versorger oder als Angehörige oder Versorgte erscheinen. Unter ausschließlicher Berücksichtigung der erstern Kategorie und im Anschluß an einen in der deutschen Reichsstatistik unternommenen Versuch sind im Folgenden die zu einem internationalen Vergleich der Berufsverhältnisse dienenden Thatsachen zusammengestellt. Danach betrug die Zahl der erwerbsthätigen Personen in:
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Zu beachten ist, daß die in der Gruppe «Lohnarbeit wechselnder Art» auftretenden Verschiedenheiten weniger den thatsächlichen Verhältnissen als vielmehr dem ungleichen Erhebungs- und Zusammenstellungsverfahren zuzuschreiben sind. -
Vgl. H. von Scheel, Artikel Beruf und Berufsstatistik im «Handwörterbuch der Staatswissenschaften», Bd. 2 Jena 1891).
eingetragene. 1891/92 wurde vom Reichstag ein Gesetzentwurf eingebracht, an eine Kommission verwiesen und von dieser angenommen, der bezweckt, für Arbeitgeber und Arbeitnehmer den Gebrauch des ihnen nach der Gewerbeordnung zustehenden Koalitionsrechts dadurch zu erleichtern und zu regeln, daß den auf Grund desselben gebildeten Vereinigungen Rechtsfähigkeit verliehen werde. Demgemäß sollen solche Vereinigungen (V. genannt), «welche die Förderung der Berufsinteressen und die Unterstützung ihrer Mitglieder bezwecken», durch Eintragung in gerichtliche Vereinsregister Rechtsfähigkeit, jurist.
Persönlichkeit, erlangen (§. 1). Solche Berufsvereine müssen ein Statut, einen Vorstand und eine Mitgliederversammlung haben. Der Zweck der Berufsvereine soll insbesondere durch folgende Unterstützungen und Einrichtungen für die Mitglieder und deren Familienangehörige erstrebt werden können ($. 1): unentgeltliche Rechtsberatung und Rechtsschutz;
Arbeitsnachweisung und Unterstützung bei Reisen, bei Arbeitslosigkeit, bei Arbeitsausständen und Arbeitsausschüssen, sowie in außerordentlichen Notfällen;
berufliche Bildung durch Vorträge, Diskussionen und Beschlußfassungen über alle das Interesse der Mitglieder berührenden Fragen, Unterrichtskurse, Bibliothek und Zeitschriften, insbesondere Förderung der körperlichen, technischen, geistigen und sittlichen Ausbildung der Lehrlinge und jugendlichen Arbeiter;
Vertretung der Rechte und Interessen der Mitglieder, insbesondere durch Errichtung von Schieds- und Einigungsämtern.
Außer freiwilliger Auflösung und der Aufhebung durch Eröffnung des Konkurses siebt der Entwurf eine Schließung durch gerichtliches Erkenntnis vor, die eintreten darf, wenn der Verein durch gesetzwidriges Verhalten das Gemeinwohl gefährdet und der Aufforderung der Behörde, die betreffenden Beschlüsse aufzuheben oder den Vorstand abzusetzen, nicht rechtzeitig nachkommt.
Bedenken sind gegen den Gesetzentwurf u. a. um deswillen erhoben worden, weil er auch die Vereinspolizei sowie die Versicherungspolizei und damit ein Gebiet des öffentlichen Rechts berühre, welches bisher der Landesgesetzgebung unterstanden habe. Auch ist geltend gemacht worden, daß durch eine solche Regelung die Socialdemokratie eine unerwünschte Förderung erhalten möchte.
Die Berufszweige sind in der socialpolit. Gesetzgebung von Bedeutung insofern geworden, als nach Berufszweige grundsätzlich die Ortskrankenkassen errichtet werden sollen ($$. 16 fg. des Krankenversicherungsgesetzes vom und die Durchführung der Unfallversicherung ausschließlich nach Berufszweige erfolgt ist. (Vgl. $. 9 des Unfallversicherungsgesetzes.) Auch für die Invaliditäts- und Altersversicherung haben die Berufszweige Bedeutung, weil die ¶
Beiträge innerhalb der einzelnen Versicherungsanstalten nach Berufszweige verschieden bemessen, also Gefahrenklassen nach Berufszweige errichtet werden dürfen. (Vgl. §. 24 des Invaliditäts- und Altersversicherungsgesetzes.) (S. Berufsgenossenschaft.)
die der Übertragung eines Amtes vorhergehende Aufforderung zur Übernahme. Ein Vormund wird berufen durch Bestimmung des Vaters, durch Gesetz auf Grund der Verwandtschaft, durch Beschluß des Gerichts. Bei Erbschaften bedeutet Berufung den Anfall (s. d.). Im Sinne der Deutschen Civil- und Strafprozeßordnung ist Berufung dasjenige Rechtsmittel, durch welches ein in erster Instanz ergangenes Urteil zur Entscheidung einer höhern Instanz in thatsächlicher und rechtlicher Beziehung gebracht wird. Dieselbe ist aus der römisch-rechtlichen Appellation hervorgegangen.
I. Im Civilprozeß (vgl. Civilprozeßordn. §§. 472-500) ist dies Rechtsmittel dahin gestaltet:
Statthaft ist dasselbe gegen Endurteile und gewisse diesen gleichgestellte Zwischenurteile (s. d.), welche in erster Instanz, d. h. von Amtsgerichten oder von Civilkammern der Landgerichte oder den Kammern für Handelssachen, erlassen sind. Das in den meisten frühern Prozeßgesetzen aufgestellte Erfordernis eines bestimmten Streitwerts ist fallen gelassen. Versäumnisurteile (s. d.) unterliegen der Berufung von seiten dessen, gegen welchen sie erlassen, nur insoweit, als der Einspruch (s. d.) dagegen gesetzlich überhaupt nicht statthaft ist und die Berufung auf das Nichtvorliegen eines Versäumnisfalles gestützt wird.
Ein Verzicht auf die Berufung ist wirksam, sofern er nach Erlaß des anzugreifenden Urteils erfolgt. Die Zurücknahme einer eingelegten Berufung ist ohne Einwilligung des Gegners nur bis zum Verhandlungsbeginne des letztern zulässig; sie erfolgt, wenn nicht in der Verhandlung, durch Zustellung eines Schriftsatzes an den Gegner, und sie hat den kostenpflichtigen Verlust des Rechtsmittels zur gesetzlichen Folge, auf deren richterliche Festsetzung der Gegner antragen darf.
Die Einlegung der Berufung ist an eine Notfrist von einem Monat seit Zustellung des ersten Urteils geknüpft. Sie erfolgt wirksam nicht durch Anmeldung bei Gericht, sondern nur durch Zustellung eines Schriftsatzes an den Gegner, welcher wesentlich die Bezeichnung des angefochtenen Urteils, die Berufungseinlegung und die gegnerische Ladung zur Berufungsverhandlung enthalten muß und außerdem als vorbereitender Schriftsatz namentlich die Berufungsanträge und das neue Vorbringen ankündigen soll.
Der Berufungsbeklagte kann sich, soweit das erste Urteil ihm nachteilig ist und er nicht auch fristgemäß Berufung eingelegt hat, der (Haupt-)B. des Gegners anschließen (s. Anschließung). Diese Anschlußberufung ist noch bis zum Schluß der mündlichen Verhandlung über die Hauptberufung statthaft. Sie verliert aber als bloß accessorischer Rechtsbehelf ihre Wirkung wieder, sobald die Hauptberufung zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.
Die hat einerseits Suspensiveffekt, d. h. sie hemmt die Rechtskraft und die Vollstreckbarkeit des Urteils, soweit letzteres nicht für vorläufig vollstreckbar erklärt ist. Andererseits übt sie Devolutiveffekt, indem sie den Rechtsstreit von dem Gericht erster Instanz (judex a quo) an den höhern Richter (judex ad quem), also im Amtsgerichtsprozeß an das Landgericht, im Landgerichtsprozeß an das Oberlandesgericht, bringt (devolviert), und zwar dergestalt, daß vor dem Berufungsgericht, wenn auch auf Grundlage der erstinstanzlichen Verhandlung und Entscheidung, eine wesentliche Erneuerung und Wiederholung des Rechtsstreits, nicht bloß eine Nachprüfung im Rechtspunkte Platz zu greifen hat.
Auf das Berufungsverfahren finden im allgemeinen die Vorschriften über das Verfahren erster Instanz im Landgerichtsprozeß Anwendung; jedoch mit folgenden Maßgaben: Die Neuverhandlung ergreift das erste Urteil nur insoweit, als dessen Abänderung beantragt wird, also in den durch die Berufungsanträge bestimmten Grenzen. [* 38] Die Parteien dürfen neue Augriffs- und Verteidigungsmittel (Thatsachen, Beweismittel) vorbringen (jus novorum), früher unterbliebene oder verweigerte Erklärungen über Thatsachen, Urkunden, Eideszuschiebungen nachholen.
Unzulässig ist dagegen eine Klageänderung, sowie die Erhebung neuer Ansprüche außer zum Zwecke einer in erster Instanz unverschuldet versäumten Aufrechnung. Im übrigen bleibt der frühere urteilsmäßige Prozeßstoff auch für die zweite Instanz maßgebend. Daher ist derselbe von den Parteien vorzutragen, und ein früheres gerichtliches Geständnis, eine frühere Eidesannahme oder Zurückschiebung, die Leistung, Verweigerung oder Erlassung eines (auch von der zweiten Instanz für erheblich erachteten) Eides behalten ihre Wirksamkeit.
Bei der Entscheidung hat das Berufungsgericht vorerst von Amts wegen die formale Zulässigkeit des eingelegten Rechtsmittels zu prüfen und, falls solche nicht vorhanden, die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Andernfalls hat es regelmäßig eine Entscheidung in der Sache selbst, immer im Umfange der durch die Sache gezogenen Grenzen, abzugeben, nötigenfalls nach zuvoriger Beweisaufnahme. Nur in gewissen Fällen, denen es gemeinsam ist, daß dann das erste Urteil noch keine eigentliche Endentscheidung getroffen hat, muß das Berufungsgericht, um den Parteien die erste Instanz nicht zu entziehen, die Sache an letztere zurückverweisen.
Eine gleiche Zurückverweisung steht im Ermessen der zweiten Instanz, wenn das Verfahren erster Instanz an einem wesentlichen Mangel leidet. Dem Gedanken dieser civilprozessualischen Berufung nachgebildet, aber durch Reichs- oder Landesgesetze besonders geordnet, sind die Berufung gegen Entscheidungen des Patentamtes über Nichtigkeitsklagen und Anträge auf Zurücknahme eines Erfinderpatents an das Reichsgericht (Gesetz vom die in Streitsachen der Armenverbände an das Bundesamt für Heimatswesen (Gesetz vom an die Schiedsgerichte für die Unfallversicherung (Gesetz vom vom Verordnung vom und für die Invaliditäts- und Altersversicherung (Gesetz vom die in Auseinandersetzungssachen, in Preußen [* 39] an das Oberlandeskulturgericht (Gesetz vom 18. Febr. 1880), in Verwaltungsstreitsachen, in Preußen an den Bezirksausschuß (Gesetz vom
II. Im Strafprozeß. Die Deutsche [* 40] Strafprozeßordnung gestattet dieses Rechtsmittel (§§. 354 fg.) nur gegen Urteile der Schöffengerichte oder Urteile der Amtsrichter ohne Zuziehung der Schöffen (8-211, Abs. 2). Die Österr. Strafprozeßordnung vom in den §§. 283, 345 gestattet die Berufung gegen Endurteile der Gerichtshöfe erster Instanz ¶
und der Schwurgerichte in sehr beschränktem Maße nur hinsichtlich des Ausspruchs über die Strafe und über privatrechtliche Ansprüche. Gegen Urteile der Bezirksgerichte wegen Übertretungen findet nach ßß.463fg. der Österr. Strafprozeßordnung die an den Gerichtshof erster Instanz als einziges Rechtsmittel statt, mittels dessen auch Nichtigkeitsgründe geltend gemacht werden können und die Entscheidung der Schuldfrage auch durch neue Anführungen und Beweise angefochten werden darf.
Nach der Deutschen Strafprozeßordnung muß die Berufung bei dem Gerichte erster Instanz binnen einer Woche nach Verkündung (bei Verkündung in Abwesenheit des Angeklagten nach Zustellung) des Urteils zu Protokoll des Gerichtsschreibers oder schriftlich eingelegt werden. Die rechtzeitige Einlegung bewirkt, daß das Urteil, soweit es angefochten ist, nicht rechtskräftig wird. Nach derselben ist das Urteil mit den Gründen, sofern dies noch nicht geschehen, dem Beschwerdeführer zuzustellen, der binnen einer weitern Woche nach Ablauf [* 42] der Einlegungsfrist oder nach der später erfolgten Zustellung das Rechtsmittel ebenfalls bei dem Gericht erster Instanz zu Protokoll des Gerichtsschreibers oder schriftlich rechtfertigen kann.
Ist die Berufung auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt, so unterliegt das angefochtene Urteil nur insoweit der Prüfung des Berufungsgerichts; ist dies nicht geschehen oder eine Rechtfertigung überhaupt nicht erfolgt, so gilt das ganze Urteil als angefochten; doch darf auch dann auf eine vom Angeklagten oder zu dessen Gunsten eingelegte Berufung keine Abänderung zu seinem Nachteile (reformatio in pejus) erfolgen. Hinsichtlich der Begründung unterliegt die Berufung keiner Beschränkung; insbesondere kann sie auf neue Thatsachen und Beweismittel gestützt werden.
Das Amtsgericht kann die Berufung durch Beschluß als unzulässig verwerfen, wenn sie verspätet eingelegt ist, wogegen der Beschwerdeführer binnen einer Woche nach Zustellung des Beschlusses auf die Entscheidung des Berufungsgerichts antragen kann, was jedoch die Vollstreckung nicht hemmt. Das Berufungsgericht kann das Rechtsmittel, falls es die Bestimmungen über dessen Einlegung nicht für beobachtet erachtet, durch Beschluß als unzulässig verwerfen; andernfalls entscheidet es über dasselbe nach vorgängiger Hauptverhandlung durch Urteil.
Zur Hauptverhandlung sind in der Regel die in erster Instanz vernommenen Zeugen und Sachverständigen zu laden und ist im übrigen bei Auswahl derselben auf die vom Angeklagten zur Rechtfertigung der Berufung benannten Personen Rücksicht zu nehmen. In der Hauptverhandlung erfolgt nach Verlesung des Urteils erster Instanz und Vortrag eines Berichterstatters über die Ergebnisse des bisherigen Verfahrens die Vernehmung des Angeklagten und die Beweisaufnahme. Bei der Berichterstattung und der Beweisaufnahme dürfen Protokolle über Aussagen der in erster Instanz vernommenen Zeugen und Sachverständigen ohne Zustimmung der Prozeßbeteiligten nicht verlesen werden, wenn die wiederholte Vorladung derselben erfolgt oder von dem Angeklagten rechtzeitig vor der Hauptverhandlung beantragt worden war.
Nach dem Schluß der Beweisaufnahme werden der Staatsanwalt und der Angeklagte, und zwar der Beschwerdeführer zuerst, gehört. Dem Angeklagten gebührt das letzte Wort. Ist weder der Angeklagte noch zulässigenfalls (s. Abwesenheit) ein Vertreter desselben erschienen, so ist die von ihm eingelegte ohne weiteres zu verwerfen, über die von der Staatsanwaltschaft eingelegte aber entweder zu verhandeln oder die Vorführung des Angeklagten anzuordnen. (S. auch Ungehorsamsverfahren und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.) Im übrigen verwirft das Berufungsgericht entweder die Berufung oder hebt, falls es dieselbe als begründet erachtet, das angefochtene Urteil auf und erkennt dann entweder in der Sache selbst oder verweist die Sache bei Verletzung von Rechtsnormen über das Verfahren in die Vorinstanz zurück (Deutsche Strafprozeßordn. §§.355 fg.). Berufungsgerichte sind die Strafkammern der den Amtsgerichten übergeordneten Landgerichte. Sie sind in der Berufungsinstanz bei Übertretungen und in Privatklagesachen mit drei Richtern, in allen andern Fällen mit fünf Richtern, einschließlich des Vorsitzenden, besetzt.
Bei der umfassenden Bedeutung der und da gegen die Berufungsurteile der Strafkammern noch die Revision (s. d.) wegen Verletzung des materiellen Gesetzes zulässig ist, scheint für die geringern Straffälle jede mögliche Gewähr gerechter Entscheidung gegeben zu sein. Anders bei den schwerern Fällen, die der Zuständigkeit der Strafkammern oder des Schwurgerichts unterliegen. Wenn nun auch mit dem Wesen des Schwurgerichts (s. d.) eine auf wiederholte thatsächliche Prüfung beruhende höhere Instanz nicht vereinbar sein mag und demgemäß Schwurgerichtsurteile überall und von jeher nur der Anfechtung aus Rechtsgründen, also jetzt mittels der Revision, unterworfen sind, so erscheint doch die Forderung der Einführung der Berufung gegen erstinstanzliche Urteile der Strafkammern nicht unberechtigt.
Der Entwurf der Deutschen Strafprozeßordnung wollte die Berufung gänzlich beseitigen, weil er dieselbe grundsätzlich mit der Mündlichkeit und Unmittelbarkeit des Verfahrens und der von allen Regeln befreiten Beweiswürdigung nicht vereinbar hielt und weil bei der bisherigen verschiedenen Gesetzgebung der Einzelstaaten mehr Klagen über die - meistens allerdings sehr unvollkommen gestaltete - Berufung als über den Mangel derselben laut geworden waren; die Reichstagskommission wollte ursprünglich die Berufung sowohl für schöffengerichtliche als auch für landgerichtliche Strafsachen einführen.
Zwischen diesen beiden folgerichtigen Wegen einigte man sich in zweiter Lesung auf den Mittelweg, daß man die Berufung nur in schöffengerichtlichen Strafsachen zuließ. Die strenge Durchführung des Grundsatzes der Mündlichkeit und Unmittelbarkeit spricht zweifellos gegen die Berufung; denn selbst wenn die Verhandlung in der Berufungsinstanz eine vollständig neue ist, so sind doch die Zeugen nicht mehr so unbefangen als in der ersten Instanz; einesteils fühlen sie sich durch den dort geleisteten Eid gebunden, andernteils ist durch die inzwischen verlaufene Zeit ihre Erinnerung abgeschwächt, der Unterschied ihrer eigenen Wahrnehmung und dessen, was in erster Instanz verhandelt ist, leicht verwischt. So kann es geschehen, daß die wiederholte Beweisaufnahme ein minder treues Bild der Wirklichkeit giebt als die erste. Für die Berufung spricht ebenso entschieden die Erfahrung, daß der erste Richter vielleicht häufiger noch als in der Gesetzesanwendung bei Beurteilung des Beweisergebnisses irrt, daß aber auch, abgesehen von dem Irrtum des Richters, der vor der Strafkammer in der Regel ohne Verteidiger erscheinende Angeklagte häufig erst durch die Hauptverhandlung, wenn nicht gar ¶
durch das Urteil darüber klar wird, wie er sich hätte verteidigen sollen, daß endlich die Gerichte den vom Angeklagten erst in der Hauptverhandlung gestellten Veweisanträgen nicht immer, besonders nickt wenn dadurch eine Vertagung nötig wird, mit Wohlwollen entgegenkommen. Gegen die Ablehnung von Beweisanträgen hilft zwar, falls sie ungenügend begründet ist, die Revision (s. d.); gegen die unterlassene Vorbringung von Verteidigungsthatsachen oder Beweisen unter gewissen Voraussetzungen die Wiederaufnahme (s. d.) des Verfahrens, gegen thatsächliche Irrtümer des Richters aber nur die Gnade. (S. Begnadigung.) Die Freunde der Berufung meinen nun, daß man sie dem praktischen Bedürfnis gegenüber nicht theoretischen Grundsätzen zu Liebe auf diese und andere Abhilfen der auch von den Gegnern anerkannten Mißstände verweisen dürfe, da jene Grundsätze doch nicht streng durchgeführt seien.
Wenn nicht nur im Civilprozeß, für welchen die Grundsätze der Mündlichkeit und Unmittelbarkeit und der freien Beweiswürdigung ebenfalls gelten, sondern auch im Strafprozeß für die der Zahl nach weit überwiegenden minder schweren Fälle, die vor dem Schöffengericht verhandelt werden, die Berufung zugelassen werde, so könne man sie für die geringere Zahl der schwerern Fälle, die der Inständigkeit der Strafkammern unterliegen, nicht versagen, seitens der Gegner der Berufung wird, abgesehen von den grundsätzlichen Bedenken, die Verzögerung des Verfahrens, die Kostspieligkeit der neuen Beweisaufnahme, die Notwendigkeit und Schwierigkeit von Änderungen in der Gerichtsorganisation geltend gemacht.
Aber auch unter den Anhängern der Berufung gehen die Ansichten über deren Gestaltung auseinander. Während die einen die Berufung nur zu Gunsten des Angeklagten wollen, gestehen die andern sie auch dem Staatsanwalt zu. Während die einen zur Vermeidung der durch die größere Entfernung entstehenden Kosten und Umstände eine andere Strafkammer desselben Landgerichts als Berufungsgericht einsetzen wollen, geben andere dem Oberlandesgericht den Vorzug, weil einer andern Abteilung desselben Gerichts das Ansehen gegenüber den in erster Instanz urteilenden Kollegen, namentlich aber auch in den Augen der Beteiligten fehle, die die Entscheidung eines höhern Gerichts verlangen.
Eine Vermittelung zwischen diesen beiden Gegensätzen ließe sich finden, wenn in besonders großen Oberlandesgerichtsbezirken für entferntere Teile des Bezirks periodisch zusammentretende auswärtige Berufungssenate aus Mitgliedern des Oberlandesgerichts und der Landgerichte gebildet würden. Endlich streitet man über die Besetzung der Gerichte. Wenn man über die bisherige erstinstanzliche Strafkammer von fünf Mitgliedern ein aus sieben Mitgliedern bestehendes Berufungsgericht setzte, so würde dadurch ein großer Mehrbedarf von Richtern eintreten.
Begnügt man sich aber bei Zulassung der in erster Instanz mit drei Richtern, denen fünf in zweiter Instanz entsprechen würden, so würde damit für die Mehrzahl der Sachen, die nur in erster Instanz verhandelt werden, eine Veränderung der Stimmenverhältnisses dahin eintreten, daß die Schuldfrage (s. d.) statt mit vier gegen eine künftig mit zwei gegen eine Stimme bejaht werden könnte. Freilich hätte der Angeklagte die und könnte in der Berufungsinstanz nur mit vier gegen eine verurteilt werden.
Die Bewegung für die von der Mehrheit der Gerichte nicht für notwendig erachtete Berufung ist am lebhaftesten von dem Anwaltsstande (besonders Rechtsanwalt Munckel-Berlin) betrieben, und so hat sich denn auch der Deutsche Anwaltstag 1881 in Heidelberg, [* 44] 1884 in Dresden mit großer Mehrheit für die Berufung ausgesprochen. Ebenso hat der Deutsche Juristentag 1884 in Würzburg mit 85 gegen 58 Stimmen, einem Antrage Dr. Harburgers folgend, trotz des Widerspruchs namhafter Gegner (Reichsanwalt, jetzt Reichsgerichtsrat Stenglein, Professor Gneist, Landgerichtspräsident Becker-Oldenburg) seine Überzeugung dahin ausgesprochen, daß die Einführung der Berufung zum Oberlandesgericht gegen die Urteile der Strafkammern wenigstens hinsichtlich der Schuldfrage dringend zu wünschen sei.
Auch im Reichstag sind seit der Tagung 1882/83 wiederholt Gesetzentwürfe betreffend Zulassung der Berufung gegen Urteile der Strafkammern eingebracht und zwar von den Abgeordneten Munckel, Meibauer und Lenzmann, welche die Strafsenate der Oberlandesgerichte als Berufungsgerichte vorschlugen, und von dem Abgeordneten Reichensperger, welcher bei den Landgerichten einzurichtende Berufungskammern in Vorschlag brachte. Ein auf letzterm Standpunkt stehender Regierungsentwurf ist zwar 1885 vom Reichskanzler beim Bundesrat eingebracht; letzterer hat aber sowohl diesen Entwurf abgelehnt als auch dem 1886 vom Reichstage angenommenen Reichenspergerschen Gesetzentwurf im März 1887 die Zustimmung versagt.
In der Tagung von 1887/88 brachten Munckel und Reichensperger ihre Gesetzentwürfe wiederum ein; der Reichstag beschloß deren zweite Beratung im Plenum. wurde abermals ein Antrag Reichenspergers auf Wiedereinführung der Berufung angenommen. In ein neues Stadium ist die Frage seit 1894 getreten. Ein dem Reichstag vorgelegter, an den von 1885 anknüpfender Regierungsentwurf, der auch die sachliche Zuständigkeit der Schöffengerichte und Strafkammern verändert, den unschuldig Verurteilten Entschädigung gewährt u. s. w., will die Berufung gegen erstinstanzliche Urteile der Strafkammern (nur 3 Mitglieder) den Oberlandesgerichten zuweisen und für die entferntern Landgerichte besondere Strafsenate (5 Mitglieder) errichten, denen für den betreffenden Bezirk die gesamte Thätigkeit des Oberlandesgerichts als Berufungsinstanz zugewiesen werden soll.
Vgl. Schwarze, Die zweite Instanz im mündlichen Strafverfahren (Wien [* 45] 1862);
von Kries, Rechtsmittel des Civilprozesses und des Strafprozesses (Breslau 1880);
Leo Horn, Die Berufungsinstanz im Strafverfahren (Berl. 1884);
von Schwarze, Die Berufung im Strafverfahren (Stuttg. 1883, 1885);
Stenglein, Wider die Berufung (Berl. 1894).
Für die Berufung Munckel, Einführung der Berufung gegen Urteile der Strafkammern (Berl. 1884); von Weinrich, Die Frage der Einführung der Berufung (Straßb. 1884); Jacobi, Der Rechtsschutz im deutschen Strafverfahren (Berl. 1884).
Der Berufung im Strafverfahren nachgebildet, aber auf besonderer gesetzlicher Regelung beruht die Berufung im Disciplinarverfahren (vgl. z. B. Reichsgesetz vom §§. 110-117, Rechtsanwaltsordnung vom §$. 90-92).
in der Dogmatik die an die Menschen ergehende Einladung zur Teilnahme am Gottesreich, die im Gleichnisse als Einladung zum Hochzeitsmahl (Matth. 22, 1-14;. Luk. 14, 16-24). dargestellt wird.
Der Ausdruck setzt ursprünglich einen Unterschied zwischen Berufung, die auch ausgeschlagen werden kann, und Erwählung, welche die ¶
Teilnahme am Gottesreiche verbürgt.
Paulus braucht das Wort aber nur von der geschichtlichen Verwirklichung des ewigen Heilsratsschlusses über die Erwählten (Röm. 8,30).
(S. auch Prädestination.)
Mittel (Sedativa), diejenigen Heilmittel, welche krankhafte Erregungszustände des Nervensystems herabstimmen oder ganz beseitigen. Man nennt diese Mittel auch besänftigende, kalmierende, lindernde. Die Mittel wirken bald vorzugsweise auf die Gefühlsnerven als schmerzstillende (Anodyna) oder empfindungslähmende (anästhetische Mittel), bald auf die Bewegungsnerven als krampfstillende (Antispasmodika), bald auf das Gehirn [* 47] als schlafmachende (Hypnotika) und betäubende (Narkotika) oder berauschende (Inebriantia). Es gehören hierher teils chemisch und physikalisch, teils psychisch wirkende Mittel. Zu den chemisch-wirkenden zählt man eine große Anzahl narkotischer Arzneien (besonders Belladonna, Bilsenkraut, Cocaïn, Opium und Morphium), dann die ätherartigen oder anästhetischen Mittel (Schwefeläther und Chloroform, Chloralhydrat und Crotonchloral), die spirituösen, berauschenden Mittel, einzelne alkalische Mittel (Bromkali), gewisse ätherisch-ölige Substanzen (Kamille, Baldrian, Asa foetida, Moschus).
Als physikalisch wirkende dienen teils die Kälte, insofern durch sie die entzündliche Spannung der Gewebe [* 48] und die hierdurch bedingten Schmerzen vermindert werden, teils die Wärme [* 49] in der Form feuchtwarmer Umschläge, welche einen regern Blutumlauf und eine wirksame reflektorische Ableitung zur Folge haben. Von den mannigfachen psychischen Beruhigungsmitteln sind zu nennen die methodische Entziehung des Lichts, die Anwendung geistiger und geselliger Unterhaltung, die zerstreuende Beschäftigung mit Arbeit zur Beruhigung eines krankhaft aufgeregten Gemüts (vgl. Kant, Von der Macht des Gemüts, durch den bloßen Vorsatz seiner krankhaften Gefühle Meister zu werden. Mit Anmerkungen von Hufeland, 21. Aufl., Lpz. 1881), endlich der sog. Hypnotismus (s. d.).
soviel wie Mohnsirup (s.d.).
s. Galvanismus. ^[= Voltaismus, Berührungs- oder Kontaktelektricität, bezeichnet den Inbegriff aller Erscheinungen, ...] [* 50]
soviel wie Tangente (s. d.). ^[= (lat., d. i. Berührende), die Gerade, die mit einer krummen Linie zwei im Berührungspunkt ...]
Pflanzengattung aus der Familie der Umbelliferen [* 51] (s. d.).
Sie besteht aus perennierenden Kräutern mit einfach, gefiederten Blättern, vielstrahligen Dolden und vielblütigen Döldchen, mit weißen Blüten und kahlen, eiförmigen Früchtchen.
Die einzige in Deutschland [* 52] und überhaupt in Europa [* 53] vorkommende Art, Berula augustifolia Koch, Berle, ist ein Sumpfgewächs, dessen junge Blätter als Salat gegessen werden.
(spr. -rüll), Peter de, s. Oratorianer.
Dorf im Kreis Norden [* 54] des preuß. Reg.-Bez. Aurich, [* 55] hat (1890) 76 E., Amtsgericht (Landgericht Aurich) in der noch erhaltenen Vorburg des im 18. Jahrh. abgebrochenen Schlosses der Fürsten von Ostfriesland.
Nahebei die Orte Berumbur (791 E.) und Berumerfehn (861 E.);
südöstlich ein großes Moor (mit dem seit längerer Zeit trocken gelegten Düvelsmeer), aus dem der Berumer- oder Norderfehnkanal (10,6 km lang) bei Ostermoordorf abgeht und zur Leybucht bei Norden führt.
Berumerfehn, s. Berum. ^[= Dorf im Kreis Norden des preuß. Reg.-Bez. Aurich, hat (1890) 76 E., Amtsgericht (Landgericht ...]
1) Alt-Berun, Stadt im Kreis Pleß des preuß. Reg.-Bez. Oppeln, [* 56] an der Straße Breslau-Krakau, hat (1890) 1977 poln. E., darunter 36 Evangelische und 72 Israeliten, Post, Telegraph; [* 57]
Fabrikation von Sprengstoffen, Zündwaren, Zündhütchen und Sprengkapseln. - 2) Neu-Berun, 7 km südöstlich von Alt-Berun, 2 km von der österr.
Grenze, an der Linie Cosel-Myslowitz-Oswiecim der Preuß.
Staatsbahnen, [* 58] ein zu drei Gemeinden gehöriger Häuserkomplex mit Rittergut Sciern und Kopcziowitz, hat (1885) 210 kath. poln. E., Post, Telegraph, Handel und Ackerbau.
Abu Naihân Muhammed ibn Ahmed al-, Mathematiker, Astronom, Chronolog, Historiker und Philosoph des Islam, geb. 973 in der Vorstadt von Chwarism, wo er in seiner frühen Jugend die Unterstützung der Ma'mun'schen Fürstenfamilie genoß. Mehrere Jahre verlebte er am Hofe des Fürsten Kabus in Dschordschan (Hyrkanien), wo seine wissenschaftlichen Arbeiten bedeutend gefördert wurden. Als seine Heimat vom Ghasneviden Mahmud erobert wurde, nahm der Eroberer mit vielen andern Gelehrten auch Bêrûnî nach Ghasna mit (1017);
hier bot sich ihm reiche Gelegenheit zur Vertiefung und Ausbreitung seiner Studien, namentlich zur Abfassung seines berühmten Werkes über die Geschichte, Altertümer, Sitten und Religionen Indiens, dessen Sprache [* 59] er auch erlernte. Bêrûnî schrieb seine Werke in arab. Sprache;
er starb 1048. Seine beiden bedeutendsten Werke sind durch Ed. Sachau herausgegeben und mit erklärenden Noten ins Englische [* 60] übersetzt worden: «Chronologie orient. Völker» (Lpz. 1878; englisch Lond. 1879);
«India» (Lond. 1887; englisch, 2 Bde., ebd. 1888).
(spr. -wik), Charles Clément, franz. Kupferstecher, geb. in Paris, [* 61] war ein Schüler von J. G. Wille, wurde 1784 Mitglied der Akademie und starb Seine Werke sind gewissenhaft gezeichnet und meisterhaft in der technischen Durchführung, doch ohne malerische Wirkung.
Hauptblätter sind: das Bildnis Ludwigs XVI. in ganzer [* 46] Figur nach Callet, Die Erziehung Achills nach Regnault (1792) und Die Entführung der Dejanira nach Guido Reni (1789).
schwed. Musikerfamilie, aus der hervorzuheben sind: Johann Fredrik Berwald, geb. zu Stockholm, [* 62] bildete sich unter Abt Vogler als Komponist, Violin-, Klavier- und Orgelspieler aus, unternahm 1817-19 große Konzertreisen, wirkte 1823-49 als Kapellmeister in Stockholm und starb daselbst Er komponierte Sinfonien, Konzerte, Streichquartette u. s. w. - Sein Vetter Franz Adolf Berwald, geb. zu Stockholm, war 1835-40 Vorstand eines orthopäd. Instituts in Berlin, betrieb in Norrland eine Glashütte und wurde später Lehrer der Komposition am Konservatorium in Stockholm, wo er starb. B.s Oper «Estrella di Soria» kam in Stockholm und Wien zur Aufführung, die Operette «Der Verräter» in Berlin; auch komponierte er mehrere von Frische und Originalität zeugende Sinfonien, Kantaten, Ouvertüren und Quartette.
Berwickshire (spr. bérrickschir), Grafschaft im südöstl. Schottland, durch den Tweed von England (Northumberlaud) geschieden, umfaßt 1202,52 qkm mit (1891) 32 406 E. Die Küste (31 km) ist felsig und steil, St. Abbs Head das bedeutendste Vorgebirge. Der nördl. Teil ist durch die im Seenes Law 534 m hohen Lammermuir-Berge (s. d.) erfüllt; im S. erstreckt sich die fruchtbare Thalgegend Merse, und im W. Lauderdale oder das Thal [* 63] des Lauder. Die Hauptflüsse sind Lauder, Blackadder ¶