Peloponnesischen
Krieg wurde ihr Betrieb unterbrochen, und seit dieser Zeit haben sie nie wieder ihre frühere Bedeutung erlangt.
Zur Zeit des
Demosthenes war die Zahl der attischen
Bergleute so gestiegen, daß er sie in eine besondere Kaste, neben die
Ackerbauer und Kaufleute, stellte. Auch in neuester Zeit spielt der Bergbau
[* 2] im Lauriongebirge
wieder eine Rolle. Die alten
Römer
[* 3] besaßen ursprünglich gar keine
Bergwerke. Erst die Eroberung von Mittelitalien, wo die
Etrusker Bergbau trieben, und die von Unteritalien brachte sie in Bergwerksbesitz, und nach Besiegung der Karthager
fielen ihnen die
BergwerkeSiciliens,
Sardiniens und
Spaniens in die
Hände.
Durch ihre weitern Eroberungen in den östl.
Ländern erhielten sie die Gruben in
Kleinasien,
Griechenland
[* 4] und die ergiebigen
Bergwerke in Macedonien, während ihnen die
Bergwerke in
Asien
[* 5] und
Ägypten
[* 6] durch die Feldzüge des Pompejus
und
Augustus, die in
Gallien, Britannien und dem nördl.
Spanien
[* 7] durch die
Siege des
Cäsar und
Augustus zufielen. Da
die
Bergwerke durch Eroberung erlangt waren, so wurden sie Eigentum der röm. Republik und als
solches von dem Censor, dem das
Amt der Finanzverpachtung oblag, verpachtet.
Auf diese
Weise entstand zuerst das noch heute fast überall gültige Eigentumsrecht des
Staates auf nutzbare
Mineralien
[* 8] und
Metalle, das
Bergregal. Als
Arbeiter in den Gruben wurden teils Sklaven, teils die unterjochten Volksstämme
verwendet. Nach
Strabo sollen in der Nähe von
Neu-Karthago in
Spanien allein 40000 Mann beschäftigt worden sein. Der unter
den
Kaisern sehr blühende Bergbau wurde bald durch die
Unruhen an den Grenzen
[* 9] und die wiederholten Einfälle der
Barbaren schwer
geschädigt.
Namentlich litten die
Provinzen Dacien, Illyrien,
Dalmatien und
Thrazien darunter. Mit der Zertrümmerung
des
RömischenReichs scheint der römische Bergbau überall zum Erliegen gekommen zu sein, wenigstens in den Gebieten, die von
der
Völkerwanderung berührt wurden. Daher mußte mit der Gründung des Frankenreichs der Bergbau fast überall erst
wieder neu aufgenommen werden. Im Rheingebiete hatten die
RömerBergwerke im
Schwarzwalde, z. B. auf
Blei
[* 10] und
Silber zu Wiesloch bei
Heidelberg,
[* 11] dann auf Kupfer
[* 12] im
Spessart.
Auf
Silber und
Eisen
[* 13] bauten nach
Tacitus die
Soldaten des Curtius
Rufus bei Mattium, dem heutigen
Marburg,
[* 14] im Chattenlande. Ferner
waren alte Römerbetriebe auf
Blei undSilber im Lahnthale bei
Holzappel und Ems.
[* 15] An der mittlern und obern
Sieg scheinen die
Römer auch die Eisengewinnung betrieben zu haben, wie sie auch in
Steiermark,
[* 16] dem Noricum der
Römer, wenigstens
schon 300
v. Chr., vorzügliches
Eisen gewannen und aus ihm die von
Horaz besungenen norischen Schwerter
[* 17] verfertigt haben.
Von den seßhaft gebliebenen Volksstämmen der
Alamannen,
Ostfranken und
Thüringer, also in den
Thälern
des Rheins und des Mains, an dem
ThüringerWalde, dem
Frankenwalde, Fichtelgebirge und
Böhmerwalde wurde der Bergbau weiter betrieben
und tritt nachderVölkerwanderung überall als Kolonisator und Städtegründer auf, indem er, von den
Ländern des mittlern
und obern Mains ausgehend, seine
Ausdehnung
[* 18] bis weit nach Norden,
[* 19]
Osten und Südosten erlangte. In Erkenntnis
seiner Wichtigkeit zur
Hebung
[* 20] des nationalen Reichtums wurde der Bergbau von den Fürsten überall begünstigt und mit besondern
Freiheiten beliehen, so daß er schnell allerorts
Wurzel
[* 21] trieb.
Daß oft große Ereignisse,
Krieg,
Pest und
Hungersnot,
den Bergbau beeinträchtigten und zeitweise zum Erliegen brachten, weist die Geschichte in vielen Fällen nach, ebenso
wie große Erfindungen, z. B. die des
Sprengpulvers um 1330 sowie die Anwendung der Dampfmaschinen
[* 22] u. s. w. im Betriebe des
Bergbau gewaltige Umwälzungen hervorzubringen im stande waren.
Zu den bedeutendsten Bergbaubetrieben, die sich in der Folge in
Deutschland
[* 23] entwickelten, gehört der
am Rammelsberge bei Goslar,
[* 24] unter
Otto I. durch fränk.
Bergleute eröffnet, und am Oberharze bei Zellerfeld,
Clausthal,
[* 25] um
das J. 1000, sowie südlich an den Harz angrenzend der Kupferschieferbergbau der
GrafschaftMansfeld, der im 15. Jahrh. bereits
jährlich 20000 Ctr. Kupfer lieferte. 1171 wurden die Silbergänge bei
Freiberg
[* 26] und 300 Jahre später
die von
Schneeberg in
Sachsen
[* 27] entdeckt, und an beiden Orten entwickelte sich der Bergbau wegen großer Ergiebigkeit rasch zu bedeutsamer
Ausdehnung. 1477 wurde beispielsweise in der
Schneeberger Grube St.
Georg eine Silberstufe gefunden, aus der allein 400 Ctr.
Silber geschmolzen worden sind, und die
Ausbeute der
Schneeberger Gruben soll 1471–1500 über 3200 Ctr.
Silber betragen haben. Die Silberbergwerke von
Reichenstein und
Silberberg, die Goldwäschereien von
Goldberg, der Kupfersteinbergbau
von Rudolstadt
[* 28] werden schon im 12. Jahrh. als längst bestehende Fundgruben edler Metalle
geschildert. Mitte des 8. Jahrh. beginnt der in Schemnitz durch die Mähren,
[* 29] und in diese Zeit fällt auch die Entdeckung der reichen und mächtigen
Erzgänge von Přibram in
Böhmen. Den größten Aufschwung
erlangte der böhmische Bergbau im 13. Jahrh. unter Wenzel II. durch die Silbergruben
von Kuttenberg und Joachimsthal. Allein nicht bloß
Gold,
[* 30]
Silber,
Blei, Kupfer, Zinn und
Eisen, sondern auch
Steinsalz und
Steinkohlen wurden Gegenstände bergmännischer Nachforschungen und Gewinnung, und berühmte Salzbergwerke im
Salzburgischen befanden sich schon zu Anfang des 10. Jahrh. im Betriebe.
Der
Steinkohlen Englands wird bereits 853 Erwähnung gethan, und die Entdeckung der
ZwickauerKohlenlager fällt in das 10. Jahrh.
Im 12. Jahrh. findet man ferner die Kohlengruben bei
Lüttich
[* 31] und im 13. Jahrh. die von Newcastle,
[* 32] in
Wallis
und in
Schottland sowie bei
Charleroi im
Gange. Der Steinkohlenbergbau zu
Waldenburg
[* 33] in
Schlesien
[* 34] ist etwa so alt wie der in
Sachsen,
während der Kohlenreichtum im Rheinlande und Westfalen
[* 35] zwar schon früh bekannt war, wegen
Billigkeit der
Holzkohlen aber ohne Beachtung blieb.
SchonAgricola, der Verfasser des Werkes
«Derebus metallicis» (1546), gedenkt des brennenden
Berges bei Dudweiler im Saarbrückenschen,
während ein eigentlicher Betrieb auf
Steinkohlen erst gegen Ende des 17. Jahrh. begonnen zu haben scheint. Erst im Laufe
des 19. Jahrh., nach der Erfindung der Dampfmaschinen und der Verschmelzung
der
Erze mit Hilfe von
Steinkohlen und Koks, sind die mächtigen
Kohlenlager in
Abbau genommen worden, die gegenwärtig nebst
dem Bergbaubetriebe auf Eisenerze der gesamten
Industrie eine so bedeutende
Ausdehnung gewähren und den Nationalreichtum begründen.
In Europa
[* 36] hat man vom 37. bis 56.° nördl.
Br., inAmerika
[* 37] vom 32. bis 50.° nördl.
Br.
Kohlenlager aufgeschlossen,
ebenso in
Australien,
[* 38] Neuseeland, auf
Borneo, in
China
[* 39] und
Japan. In Europa ist
Großbritannien
[* 40] am reichsten mit
Kohlen gesegnet.
Seinen Kohlengebieten folgen
¶
mehr
an Wichtigkeit das belg.-franz. Kohlenbecken, das südfranzösische, in Deutschland das rhein., westfäl., die sächs., böhm.
und schles. Kohlengebiete. Auch der Steinsalzbergbau hat erst seit Mitte des 19. Jahrh, an
Bedeutung zugenommen, und obschon unermeßliche Steinsalzlager zum Aufschluß gebracht worden, sind bei der Wichtigkeit desselben
in der norddeutschen Ebene vielfach Bohrversuche ausgeführt, die das Vorhandensein von Kalisalzen, u. a.
bei Wolfenbüttel
[* 42] (Thiede) und bei Bienenburg am Harz, nachgewiesen haben. Die großartigen Stein- und Kalisalzwerke zu Staßfurt
[* 43] und Erfurt
[* 44] sind erst 1857 in bergmännischen Betrieb gekommen, nachdem eine Mächtigkeit des Salzlagers von über 330 m nachgewiesen
war. Zu den ältesten Steinsalzfundorten geboren die von Wieliczka bei Krakau,
[* 45] Hallein, Hallstadt, Ber,
Cordonna u. s. w.
Aus der reichen Litteratur über den Bergbau sind hervorzuheben: Archiv für und Hüttenwesen (hg. vonKarsten, 20 Bde., Berl.
1818–31; fortgesetzt als Archiv für Mineralogie, Geognosie, und Hüttenkunde, 26 Bde., ebd. 1829–55);
Studien des Göttinger
Vereins bergmännischer Freunde (hg. von Hausmann, 4 Bde.,
Gott. 1824–41);
Chr. Zimmermann, Die Wiederausrichtung verworfener Gänge, Lager
[* 46] und Flöze (Darmst. 1828);
Kalender für
den sächs. Berg- und Hüttenmann (hg. von der Bergakademie zu Freiberg, Freiberg 1827–29; fortgesetzt
als Jahrbuch für denBerg- und Hüttenmann, ebd. 1830–72; neue Folge: Jahrbuch für dasBerg- und Hüttenwesen im Königreich
Sachsen, auf Anordnung des Finanzministeriums hg. von Gottschalk, seit 1887 von C. Menzel, ebd. 1873 fg.);
von Groddeck, Die Lehre von den Lagerstätten der Erze (Lpz. 1879);
Gätzschmann, Vollständige
Anleitung zur Bergbaukunst (Tl. 1: Die Aufsuchung und Untersuchung von Lagerstätten nutzbarer Mineralien, 2. Aufl., ebd. 1866);
von Rittinger, Lehrbuch der Aufbereitungskunde (nebst Atlas, Berl. 1867; Nachtrag 1870);
Lottner, Leitfaden
zur Bergbaukunde (4. Aufl., ebd. 1884);
Zeitschriften:Berg- und Hüttenmännische Zeitung (Lpz. 1842 fg.), Zeitschrift für dasBerg-, Hütten- und Salinenwesen im preuß. Staate
(Berl. 1853 fg.), Österr. Zeitschrift fürBerg- und Hüttenwesen (Wien 1853 fg.), Erfahrungen im berg- und hüttenmännischen
Maschinenbau- und Aufbereitungswesen (ebd. 1855 fg.),
Der Berggeist (Köln
[* 51] 1856 fg.), Zeitschrift des
berg- und hüttenmännischen Vereins für Steiermark und Kärnten (Klagenfurt
[* 52] 1869fg.), Der Bergmann (Prag
[* 53] und Wien 1873–81),
Annales des mines (Paris),
[* 54] Annales des travaux publics (Brüssel),
[* 55] Mining Journal (London).
[* 56]
die zur Ausübung des staatlichen Berghoheitsrechts (s.
Bergwerkseigentum) erforderlichen Organe der Staatsgewalt. Die Organisation ist in den verschiedenen Staaten verschieden gestaltet,
in den größern meistens dreigliederig, in den kleinern zweigliederig. In Preußen
[* 57] sind Bergbehörde die Revierbeamten (Bergmeister,
die ältern mit dem Titel«Bergrat», in neuerer Zeit auch «Oberbergrat»),
die Oberbergämter, kollegialisch eingerichtete Behörden
mit einem Berghauptmann als Präsidenten und der erforderlichen Zahl von Oberbergräten und Hilfsarbeitern
(Bergassessoren), Markscheidern und Baubeamten, und eine Abteilung des Handelsministeriums, deren erster Beamter der Oberberghauptmann
ist. Die Revierbeamten bilden die erste Instanz in allen Geschäften, welche gesetzlich der Bergbehörde obliegen und nicht ausdrücklich
den Oberbergämtern übertragen sind.
Zur Kompetenz der letztern gehören unter anderm die Verleihung und Entziehung des Bergwerkseigentums,
die Enteignung von Grundstücken zu bergbaulichen Zwecken, die Aufsicht über die Knappschaften, Bestellung, Entlassung, Prüfung
von Markscheidern u.s.w. Die Oberbergämter bilden außerdem die Aufsichts- und Rekursinstanz für die Revierbeamten und die
Verwaltungen der fiskalischen Bergwerke, wie das Ministerium wiederum für die Oberbergämter. Die Sitze
der Oberbergämter sind: Breslau,
[* 58] Halle,
[* 59] Clausthal, Dortmund,
[* 60] Bonn.
[* 61] – In Bayern
[* 62] sind die Bezirksbergämter die erste, das Oberbergamt
zu München
[* 63] die zweite und das Ministerium des Innern die dritte Verwaltungsinstanz.
Ähnliche Einrichtungen bestehen in Württemberg
[* 64] und in Hessen.
[* 65] In Elsaß-Lothringen
[* 66] fungieren zwei Bergmeister als Lokalbergbehörden,
das Ministerium (vierte Abteilung) als Oberbergbehörde und der Statthalter als letzte Instanz. Im Königreich Sachsen und in
den meisten übrigen kleinern deutschen Staaten giebt es, soweit sie überhaupt Bergbehörde haben, nur zwei Instanzen; die untere verwalten
in der Regel Bergämter mit beigegebenen technischen Lokalbeamten, die obere das Ministerium. In Österreich
[* 67] sind die Einrichtungen ähnlich wie in Preußen; die Behörden sind hier die Revierbeamten, die Berghauptmannschaften und das
Ackerbauministerium.
Insofern weicht das österr. Recht erheblich vom preußischen ab, als es in allen Fällen nur zwei Instanzen zuläßt. –
Die Thätigkeit der Bergbehörde ist in der Hauptsache eine polizeiliche; sie haben zu wachen
über die Sicherheit der Baue, die Sicherheit des Lebens und der Gesundheit der Arbeiter, den Schutz der Oberfläche im Interesse
der persönlichen Sicherheit und des öffentlichen Verkehrs, den Schutz gegen gemeinschädliche Einwirkungen des Bergbaues.
IhrerAufsicht unterliegen auch die Aufbereitungsanstalten, Dampfkessel,
[* 68] Triebwerke, sowie die Salinen. Die höhern Bergbehörde haben
das Recht, Bergpolizeiverordnungen zu erlassen. Für die Verwaltung der fiskalischen Gruben sind besondere, gleichfalls
¶
mehr
unter Aufsicht der höhern Bergbehörde stehende Behörden (Bergwerksdirektionen, Bergwerksinspektionen, Hüttenämter, Salinenämter)
eingesetzt, unter denen Subalternbeamte (Bergverwalter, Obersteiqer, Werkmeister, Obermeister u. s. w.) den Betrieb führen.
Die Bergwerksdirektoren erhalten den TitelBergrat, Oberbergrat, Geh. Bergrat. - Die in ältern Zeiten vorhanden gewesene besondere
Berggerichtsbarkeit ist in die neuen Berggesetze nicht mit übergegangen. Die streitige Gerichtsbarkeit
verwalten auch in Bergsachen die ordentlichen Gerichte des Landes; in manchen Angelegenheiten ist indessen den Bergbehörde eine vorläufige
Entscheidung eingeräumt.
eine Malerfarbe. Das natürliche Bergblau, das gegenwärtig im Farbenhandel kaum oder nur zu sehr
hohem Preise zu finden ist, ist fein gemahlener und geschlämmter Lasurstein. Das künstliche auch Mineral-,
Englisch-, Kalk-, Kupferblau, Bremer, Casseler, Hamburger und Neuwieder Blau genannt, ist ein basisch-kohlensaures Kupferoxyd
mit oder ohne fremde Beimengungen (Gips,
[* 70] Schwerspat u. a.). Es wird erhalten, indem man eine kalte Lösung von Kupfervitriol
mit Sodalösung bis zum Eintritt der gewünschten Färbung versetzt, dann den Niederschlag auswäscht und bei
gewöhnlicher Temperatur trocknet.
[* 69] Erdbohrer,
[* 71] Grundbohrer heißen die Instrumente, mit denen Tiefbohrungen ausgeführt werden, um Lagerstätten
nutzbarer Mineralien, Petroleum, Solquellen oder Brunnenwasser aufzusuchen. Der Bergbohrer ist schon den ältesten Kulturvölkern,
den Chinesen, Ägyptern und Syrern bekannt gewesen und in den letzten Decennien in ausgedehnte Anwendung gekommen. Die größten
mit Tiefbohrungen erreichten Tiefen sind 1303 m bei Sperenberg und 1748,4 m bei Schladebach. Die Bohrwerkzeuge
werden bei geringen Tiefen durch Menschenkraft, bei größern durch Maschinen bewegt. Über dem Bohrloch stellt man einen Bohrturm
(Bohrgerüst,
[* 69]
Fig. 19 u. 21) auf, in dessen Spitze eine Seilscheibe
[* 72] zum Einlassen und Ausziehen des Bohrgerätes mittels
Seil angebracht ist.
Außerdem befindet sich im Bohrturm die balancierartige Vorrichtung zum abwechselnden Anheben und Fallenlassen des Bohrapparates.
Das Bohren geschieht mit Gestänge und Seil, letzteres war schon den Chinesen bekannt und wird gegenwärtig in Pennsylvanien
viel angewendet. Jeder Gestängbohrer besteht aus dem Bohrgestänge, dem Kopfstück und dem Oberstück; er
wird je nach der Tiefe des Bohrlochs aus
mehr oder weniger Gestängteilen, Schaftstücke genannt, zusammengesetzt. Das Gestänge
besteht zumeist aus quadratischem Eisen oder schmiedeeisernen Röhren,
[* 73] seltener aus Holz,
[* 74] und wird in seinen Schaftstücken
durch sog. Zungen
[* 69]
(Fig. 5) oder Schraubenschlösser
[* 69]
(Fig. 20) fest zusammengesetzt.
Das Bohren selbst erfolgt nun drehend oder stoßend, je nach der Beschaffenheit des Gesteins.
[* 69]
Fig.
1, 2, 28, 29 zeigen Bohrer
[* 75] zum Drehendbohren bei weichem, mildem Gestein,
[* 69]
Fig. 3, 4, 13, 14, 15, 26, 27 Bohrköpfe
zum Stoßendbohren bei festem Gestein. Außerdem hat man verschiedene Hilfsstücke, die sowohl beim Bohren zur Anwendung gelangen
müssen, als auch in besondern Fällen, wie z. B. bei Gestängbrüchen,
beim Abbrechen der Bohrköpfe u. dgl. m., anzuwenden sind.
Zu dem Hilfsgezäh gehört das Setzkreuz
[* 69]
(Fig. 24, 25) oder die Bohrkrücke, auch Bohrkrückel, ein zweiarmiger Hebel,
[* 76] der
einige Meter unter der Erdoberfläche am Bohrgestänge angebracht ist und vom Bohrmeister beim Stoßendbohren umgesetzt wird;
ferner die Gleit- und Rutschschere
[* 69]
(Fig. 6), eine Vorrichtung innerhalb des Gestänges zum Zwecke der Teilung der Gestänglast;
dann verschiedenartige, am Gestänge angebrachte, zur Geradführung
[* 77] desselben dienende Leitungsvorrichtungen, sodann Freifallvorrichtungen,
wie sie von Kind, Fabian und Werner angegeben worden sind, die den Vorteil eines raschen und sichern Bohrens für sich
haben und darin bestehen, daß nicht das ganze Gestänge mit dem Bohrer, sondern letzterer als besonderes Abfallstück für
sich allein aufschlägt, so daß das Gestänge den direkten Stößen und so einer Beschädigung nicht ausgesetzt ist. Beim Kindschen
Freifallbohrer
[* 69]
(Fig. 22 u. 23) sind es zwei Zangen, die sich beim Auf- und Niedergange schließen oder
öffnen und so den Bohrkopf fassen oder fallen lassen.
Zur Beseitigung des beim Bohren entstehenden Mehles oder Schmantes bedient man sich eines Schmantlöffels
[* 69]
(Fig. 11),
der von Zeit zu Zeit unter Beseitigung des Gestänges in das Bohrloch eingelassen wird und durch ein in seinem Boden befindliches
Ventil
[* 78] den Schmant in seine cylindrische Röhre aufnimmt. Das Auslöffeln ist daher eine zeitraubende Arbeit, weshalb auch Konstruktionen
ersonnen worden sind, das Mehl
[* 79] und den Schmant durch das Bohrgestänge selbst und zwar kontinuierlich zu beseitigen. Man
hat daher hohle Gestänge
[* 69]
(Fig. 17) in Anwendung gebracht oder wenigstens
mit dem Bohrkopfe selbst Löffelvorrichtungen in Verbindung gesetzt, indem man Wasser in das Bohrloch einführt und entweder
im Gestänge oder im Bohrloche den Schlamm in die Höhe steigen läßt.
Da ferner die Bohrgestänge öfters Brüche erleiden, so hat man eine Menge Vorrichtungen und Apparate nötig, die, um das
Bohrloch und die gethane Arbeit nicht verloren zu geben, die Bruchteile aus dem Bohrloche entfernen; hierher
gehören die Fanginstrumente, von denen es fast ebenso viele Modifikationen giebt, als Brüche vorkommen können. Ihr Zweck
ist zu fassen, ihre Einrichtung richtet sich in Form und Art des Gebrauchs nach dem Stücke, das zu beseitigen
ist. Hierher gehören u. a. der Winder
[* 80]
(Fig. 7), die Düllschraube
[* 80]
(Fig. 8), der Glückshaken
[* 80]
(Fig. 9), die Trompete
[* 80]
(Fig.
10), der Zangenfanghaken
[* 80]
(Fig. 16), der Katzenfuß
[* 80]
(Fig. 18), die Fallfangschere,
Fangschaufel, Teufelskralle, der Geißfuß
[* 80]
(Fig. 12) u. dgl. m. Übrigens hat man nicht nur Bohrlöcher,
sondern auch ganze Schächte, also Löcher in großen Dimensionen abgebohrt und zwar in festem Gestein
mit starken Wasserzuflüssen, ferner in neuester Zeit in festem Gesteine das Bohren mit Diamanten (Major Beaumont) in ausgedehnte
Anwendung gebracht. Dabei wird unter gleichzeitiger Wasserspülung ein das untere Ende eines Hohlgestänges bildender, mit
schwarzen Diamanten (Carbonate aus Babia) besetzter Stahlring gedreht, der einen Kern stehen läßt. Dieser
wird zeitweilig abgebrochen und zu Tage geschafft, so daß man durch ihn Kenntnis von den durchbohrten Schichten gewinnt.
1) Unter der Bezeichnung Landherrenschaft ein Teil des hamburg. Staates, bis 1867 Hamburg
[* 82] und Lübeck
[* 83] gemeinschaftlich
gehörig, hat 85,4 qkm, 18000 E. und enthält außer der Stadt Bergedorf (s. unten) noch
die vier reichen Kirchspiele Kirchwerder, Neuengamme, Altengamme und Curslack, welche die sog.
Vierlande bilden, und das ganz von lauenb. Gebiet umschlossene Kirchdorf Geesthacht. Die Vierlande, vier von Deichen eingeschlossene
Niederungslandschaften, von der Bille, der Elbe und ihren Armen umflutet, von unzähligen Entwässerungsgräben
durchschnitten, sind berühmt wegen ihrer üppigen Fruchtbarkeit.
Das Land ist bedeckt von ausgedehnten Weizenfeldern und Wiesen, Gemüse- und Blumengärten, Kirschen-, Pflaumen- und Aprikosenpflanzungen,
Erdbeer- und Himbeerfeldern. Besonders wird die Maiblume hier gebaut und im Herbst in blühbaren Keimen
bis nach Amerika versandt. Das Land hat treffliche Milchkühe und liefert reiches Geflügel und Schlachtvieh. Die Erzeugnisse
der Landwirtschaft gehen nach Hamburg und England. Die Bewohner, unter dem Namen der Vierländer bekannt, stammen wahrscheinlich
von niederländ. Kolonisten aus dem 12. Jahrh. und zeichnen
sich durch ihre Kleidertracht wie durch eigentümliche Sitten
und Gebräuche aus, so daß sie als ein
von den Umwohnern ganz verschiedener Volksstamm erscheinen. Jedes Kirchspiel besitzt seine eigene Tracht und Farbe. - 2) Stadt
in der Landherrenschaft Bergedorf, 15 km südöstlich von Hamburg, am Elbzuflusse Bille und der Linie Wittenberge-Hamburg der Preuß.
Staatsbahnen,
[* 84] Sitz eines Amtsgerichts (Landgericht Hamburg), Zoll- und Steueramtes, hat (1890) 6699 E.,
darunter etwa 200 Katholiken, Post zweiter Klasse, Telegraph,
[* 85] altes Schloß, luth. Realprogymnasium (Hansaschule), Krankenhaus,
[* 86] Gas- und Wasserleitung;
[* 87] Ziegelei, Bierbrauerei,
[* 88] Samen- und Pflanzenhandel, Glashütten, Gerbereien. - Bergedorf, schon 1178 erwähnt,
erhielt 1275 lübisches Recht, gehörte zu Sachsen-Lauenburg, ward 1420 von Lübeck und Hamburg erobert
und 1867 gegen Zahlung von 600000 M. an Lübeck dem HamburgerStaat einverleibt. Bei Bergedorf erfocht das Lützowsche Korps einen
Sieg über die Franzosen.
ital. ValBregaglia, Thal
[* 91] im schweiz. Kanton Graubünden
[* 92] und in der ProvinzSondrio des Königreichs Italien,
[* 93] ist vom Malojapaß (1811 m) bis Chiavenna (s. d.) 25 km lang. Es wird von der wilden Maira oder Mera bewässert, welche 14 km
unterhalb Chiavenna in den düstern Lago diMezzola (s. Comer See) mündet. Die obersten Thalstufen mit ihren
Weiden und Nadelwäldern zeigen alpinen Charakter, die untern, durch das Felsenriff Porta etwas oberhalb Promontogno scharf
abgegrenzt, weisen mit ihren Reben, Kastanienwäldern und Maisfeldern auf ital. Klima
[* 94] hin.
Im N. wird das Thal von den Oberhalbsteiner Alpen
[* 95] (Piz Gallegione 3135 m, Pizzo Stella 3406 m), im S. vom westl. Teile
der Bernina-Alpen (Cima di Castello 3402 m, Piz Badile 3307 m) begrenzt. Der obere schweiz. Teil des an Naturschönheiten reichen
Thals zählt in den stattlichen, größtenteils aus Stein erbauten Dörfern Casaccia, Vicosoprano, Stampa, Bondo, Soglio und
Castasegna (1880) 1700 meist prot. Einwohner ital. Zunge, die sich hauptsächlich mit Ackerbau und Viehzucht
[* 96] beschäftigen, aber auch wie die Engadiner als Konditoren, Kaffeewirte u. s. w. auswandern.
Die Bevölkerung ist im allgemeinen sehr wohlhabend. Der ital. Teil von Castasegna bis Chiavenna ist fruchtbarer, aber weniger
gut angebaut, die Dörfer sind ärmlich. Interessant ist in diesem Teile auf dem linken Ufer der Maira der von einem
Kastanienwalde überwachsene Bergsturz
[* 97] des Monte-Conto, der die reichen Orte Plurs und Schilano mit 2500 E. begrub.
Bei Chiavenna schließt sich die Poststraße der Maloja, welche das Bergell mit dem Oberengadin verbindet, an die
Splügenstraße an. -
Vgl. Lechner, Das Thal Bergell (2. Aufl., Lpz. 1874).
Gewinnungsorte für taube Gesteine, die man zum Ausfüllen der durch den Abbau entstandenen Hohlräume
verwendet, wenn der Abbau selbst hierzu nicht genügendes Material liefert.
[* 89] in der Seemannssprache im allgemeinen soviel wie in Sicherheit bringen; daher heißt die
Segel bergen soviel wie die Segel bei starken
¶
mehr
Winde
[* 99] niederholen (herabnehmen). Im Seerecht versteht man unter Bergen das Retten und Insicherheitbringen des
Schiffs oder seiner Ladung aus einer Seenot. Nach allen Seerechten steht nach Abschaffung des Strandrechts (s. d.) dritten
Personen, welche Schiff
[* 100] oder Ladung ganz oder teilweise geborgen haben, heutzutage nur noch ein Anspruch auf eine Vergütung
für die Bergung zu (Bergelohn, Bergegeld). Das Deutsche
[* 101] Handelsgesetzbuch unterscheidet Bergung und Hilfsleistung
in Seenot. Es nimmt Bergung nur dann an, wenn in einer Seenot ein Schiff oder dessen Ladung ganz oder teilweise, nachdem sie derVerfügung der Schiffsbesatzung entzogen oder von derselben verlassen waren, von dritten Personenan sich genommen
und in Sicherheit gebracht sind, während es alle andern Fälle, in welchen ein Schiff oder dessen Ladung durch Hilfe dritter
Personen aus einer Seenot gerettet wird, unter den Begriff der Hilfsleistung zusammenfaßt.
Den Rettern wird ein Anspruch auf Bergelohn oder Hilfslohn gewährt. Die Voraussetzung, daß eine Seenot vorgelegen haben muß,
ist für den Fall der Bergung durch Art. 20 der Deutschen Strandungsordnung vom hinfällig geworden. Die Höhe des
Berge- und Hilfslohns, welcher zugleich die Vergütung für die gemachten Aufwendungen umfaßt, kann vereinbart werden;
andernfalls wird sie vom Richter unter Berücksichtigung aller Umstände des Falles nach billigem Ermessen
festgesetzt.
War im erstern Falle der Vertrag noch während der Gefahr geschlossen worden, so kann er wegen erheblichen Übermaßes der
zugesicherten Vergütung angefochten werden. Die Vergütung soll in einer Summe und darf nur auf Antrag beider Parteien auf
eine Quote des Wertes der geborgenen oder geretteten Gegenstände festgesetzt werden. Der Bergelohn soll
regelmäßig den dritten Teil des Wertes der geborgenen Gegenstände nicht übersteigen. Der Hilfslohn ist immer niedriger
zu bemessen als unter gleichen Verhältnissen der Bergelohn.
Waren mehrere Personen beteiligt, so wird die Vergütung nach Maßgabe der Leistungen der einzelnen, im Zweifel nach Köpfen
verteilt. Erfolgte die Bergung oder Rettung durch ein anderes Schiff, so erhält mangels anderer Vereinbarung
der Reeder die Hälfte, der Schiffer ein Viertel und die Schiffsmannschaft nach Verhältnis der Heuer das letzte Viertel der
Vergütung. Keinen Anspruch auf Berge- und Hilfslohn hat, wer seine Dienste
[* 102] aufgedrungen hat oder wer von den geborgenen Gegenständen
dem Schiffer, dem Eigentümer oder der zuständigen Behörde nicht sofort Anzeige gemacht hat, und ferner
die Besatzung des verunglückten oder gefährdeten Schiffs.
Hinsichtlich der Bergungs- und Hilfskosten einschließlich des Berge- und Hilfslohns steht dem Forderungsberechtigten an den
geborgenen und geretteten Gegenständen ein Pfandrecht, an den geborgenen Gegenständen bis zur Sicherheitsleistung auch
ein Zurückbehaltungsrecht zu. Das Pfandrecht wird durch Klage bei dem zuständigen Gericht auf öffentlichen
Verkauf der Gegenstände geltend gemacht. Dem Forderungsberechtigten haften nur diese Gegenstände.
Eine persönliche Verpflichtung zur Befriedigung seines Anspruchs ist an sich nicht begründet. Aber durch Hinzutritt einer
Verschuldung kann sie entstehen. So wird der Schiffer persönlich verpflichtet, wenn er die geborgenen
oder geretteten Güter vor Befriedigung oder Sicherstellung des Forderungsberechtigten ganz oder teilweise
ausliefert. Hatte
der Reeder diese Handlungsweise angeordnet, wird er neben dem Schiffer persönlich verpflichtet. Auch haftet der Empfänger
der Güter persönlich, wenn ihm bei der Annahme derselben bekannt war, daß von ihnen Bergungs- oder Hilfskosten
zu berichtigen seien (Deutsches Handelsgesetzbuch Art. 742-756). Durch die §§. 36 fg. der Deutschen Strandungsordnung ist
ferner bestimmt, daß jeder, welcher Berge- oder Hilfslohn oder Erstattung sonstiger Kosten verlangt, in Ermangelung einer
gütlichen Einigung seine Ansprüche bei dem Strandamt anzumelden hat. Die Aufsichtsbehörde über das Strandamt, oder letzteres
selbst, falls ihm die Befugnis landesgesetzlich beigelegt ist, hat die Ansprüche zu prüfen und durch
Bescheid festzustellen. Gegen diesen Bescheid findet dann der Rechtsweg statt. - Die scharfe Trennung des deutschen Rechts zwischen
Bergung und Hilfsleistung ist dem engl. Rechte fremd.
Die engl. Salvage umfaßt sowohl Berge- wie Hilfslohn. Das engl. Recht läßt einen Anspruch auf Salvage
auch zu, wenn lediglich Personen aus einer Seenot gerettet sind, während das deutsche Recht eine Vergütung für die Rettung
von Personen nur dann gewährt, wenn und soweit aus derselben Gefahr auch Sachen geborgen oder gerettet sind. Ähnlich wie
im deutschen Recht wird auch im franz. und holländ.
Seerecht zwischen Bergung und Hilfsleistung unterschieden. (S. auch Strandrecht.)
1) Bergen auf Rügen, Kreisstadt im Kreis
[* 103] Rügen des preuß. Reg.-Bez. Stralsund
[* 104] und Hauptstadt der InselRügen, in der Mitte der
Insel auf einer wohlangebauten Anhöhe, an den Linien Stralsund-Bergen-Crampas (50,83 km) und Bergen-Lauterbach (12 km) der Preuß.
Staatsbahnen, Sitz des Landratsamtes, eines Amtsgerichts (Landgericht Greifswald),
[* 105] Zoll- und Steueramtes, hat (1890) 3821 E.,
Post, Telegraph, spätroman. Pfarrkirche (12. Jahrh.), höhere Mädchenschule, ein Fräuleinstift für Mitglieder des
rügenschen Adels, bürgerliches Stift, Kreiskrankenhaus, Waisenhaus; Lederfabrikation, Färbereien, Druckerei, zahlreiche
Windmühlen, Ackerbau und Viehzucht. - Bergen wurde urkundlich zu Anfang des 13. Jahrh.
angelegt, ursprünglich als «Dorf Göra» bezeichnet, kommt aber bereits
in der Roeskilder Matrikel von 1294 als «Villa Berghe» vor und erkaufte 1613 von dem Herzog Philipp Julius von Pommern
[* 106] für 8000 M.
die ersten städtischen Privilegien. - 1 km nordöstlich der 98 m hohe Rugard, mit einer Erdumwallung, dem
einzigen Überrest einer 1316 zerstörten Burg der rügenschen Fürsten und einem als Denkmal für Ernst MoritzArndt errichteten
Aussichtsturm. - 2) Bergen bei Hanau,
[* 107] Marktflecken im Landkreis Hanau des preuß. Reg.-Bez. Cassel, an der Straße von Offenbach
[* 108] nach Friedberg,
[* 109] Sitz eines Amtsgerichts (Landgericht Hanau), hat mit dem Vorort Enkheim (1890) 3703 meist
reform. E., darunter 168 Katholiken und 241 Israeliten, Post, Telegraph, evang. Pfarrkirche, Spar- und Leihkasse; Acker-, Obst-
und Weinbau. In der Nähe die Bergener Warte mit schöner Aussicht. - Im Siebenjährigen Kriege wurden hier die Verbündeten
(26 500 Mann) unter Herzog Ferdinand von Braunschweig
[* 110] von den Franzosen (36000 Mann) unter dem Herzog von
Broglie geschlagen, der für diese Schlacht den Marschallsstab erhielt. Die Verbündeten verloren 2373 Mann und 5 Geschütze,
[* 111] die Franzosen 1800 Mann.
1) Stift im Königreich Norwegen,
[* 120] umfaßt die Ämter Stadt Bergen, Nordre-Bergenhus, Söndre-Bergenhus und die Vogtei Söndmöre
des AmtesRomsdal und hat 39364 qkm und (1891) 312630 E. – 2) Hauptstadt und Amt an der Westküste von
Norwegen, für Ausfuhr und Dampfschiffreederei die erste Handelsstadt Norwegens, liegt rund um Wägen, die innerste Bucht des
Byfjords, der einen vortrefflichen, von hohen und steilen Felsen umgebenen und gegen Norden durch einen Molo geschützten
Hafen bildet, und an der Linie Bergen-Vossevangen der Norweg.
Staatsbahnen. Landeinwärts lehnt sich die Stadt an vier 250‒650 m hohe Felsenberge. Die auf der Seeseite liegende alte
Feste Bergenhus sowie die Citadellen Frederiksborg und Sverresborg werden seit 1873 nur noch als Garnison- und Depotplätze
benutzt. Obgleich unter 60° 24’ nördl. Br., also nördlicher als Petersburg,
[* 121] liegend, hat Bergen mildes
Klima (größte Winterkälte -8° C.), sehr starke Niederschläge (über 1800 mm) und infolgedessen Laubbäume, Obst- und Getreidebau.
Die Stadt ist im ganzen wohlgebaut, doch sind die Straßen zum Teil eng, krumm und uneben, und ein Teil der Häuser, nach der
eigentümlichen skandinav. Bauweise, nur von Holz. Der durch die große
Feuersbrunst vom in Asche gelegte unansehnliche Stadtteil ist seitdem der regelmäßigste und schönste geworden.
Die Stadt ist Sitz der Stiftsbehörden, eines Bischofs, der Konsuln von Belgien, Dänemark,
[* 122] dem DeutschenReich, Österreich-Ungarn,
[* 123] Spanien, Uruguay,
[* 124] den Vereinigten Staaten
[* 125] von Amerika und hat (1891) 53686 E., zwei Thore, mehrere öffentliche
Plätze, darunter der neue große Park Nygårdsparken, 5 Kirchen, eine Kathedralschule, eine Seefahrerschule und eine Zeichenschule,
eine öffentliche Bibliothek von 40000 Bänden, eine Sternwarte,
[* 126] ein nautisches Observatorium (1788 gegründet), einen Kunstverein,
ein ganz vorzügliches Museum für Kunst, Altertum und Naturerzeugnisse, ein Schauspielhaus u. s. w. – Die Industrie ist
mit Ausnahme von Schiffbau und Böttcherei nicht von Bedeutung.
Die wichtigste Nahrungsquelle ist der Handel. Nach Bergen bringt die Bevölkerung der nördlichern Küste gewöhnlich zweimal im
Jahre in den Zeiten der «Stävne» ihre vorzugsweise in dem Ertrage der Fischerei
[* 127] bestehenden Erzeugnisse und setzt sie gegen Getreide,
[* 128] Branntwein, Gerätschaften u. s. w. um. Die eigene
Handelsflotte der
Stadt bestand (1891) aus 370 Fahrzeugen mit 123064 t. Die Zahl der Dampfer ist von 159 im J. 1889 auf 192 gestiegen
(etwa ein Drittel der gesamten norweg. Dampfschiffreederei). 1889 liefen 691 Schiffe
[* 129] mit 318894
t ein und 661 mit 299869 t aus. Die Hauptgegenstände der Ausfuhr bilden die Fischereiprodukte (Dorschthran,
Heringe, Stockfische, Hummern u. s. w.), deren Gesamtwert (1890) 17,7 Mill. Kronen
[* 130] betrug oder zwei Fünftel der Fischereiausfuhr
des ganzen Reichs. – Bergen erhielt schon 1070 städtische Gerechtsame. 1445 errichteten hier die deutschen Hansestädte
eins ihrer vier Hauptcomptoirs oder Faktoreien und setzten sich in den ausschließlichen Besitz des ganzen
Handels. Auch standen die deutschen Handwerker unter dem Schutze der Hansa. Doch gingen 1559 alle diese Privilegien verloren,
indem die Norweger, des Drucks der «Contorschen» müde, diese mit Gewalt
vertrieben. Aus jenen Zeiten stammen noch die ehemalige deutsche Marienkirche, das deutsche Armenhaus und das deutsche Comptoir,
das aus 60 Warenspeichern bestand, jetzt als Warenlager benutzt.
(spr. sohm), Stadt in der niederländ.
Provinz Nordbrabant, ehemals starke Festung,
[* 132] 30 km nördlich von Antwerpen,
[* 133] an der Mündung der Zoom in
die Ostschelde, mit der sie durch einen Kanal
[* 134] und guten Hafen in Verbindung steht, und an den Linien Rozendaal-Vlissingen der
Niederländ. Staatsbahnen und Antwerpen-(Merrem-)Santvliet-Bergen-op-Zoom der Belg. Vicinalbahnen, hat (1889) 13031 E., ein altes Schloß,
den Marquisenhof (jetzt Kaserne), drei Kirchen, ein Stadthaus, Dampfbahn nach Tholen, Töpferei, Ziegelbrennereien, Anchovisausfuhr
und in den letzten Jahren besonders auch Austernzucht. – Bergen-op-Zoom wurde im 13. Jahrh. als Hauptort einer Herrschaft
des Grafen Gerhard von Wesemaele mit Mauern und Schloß versehen.
Das Marquisat Bergen-op-Zoom zog die Statthalterin Margareta von Parma
[* 135] ein. 1576 wurde die Stadt von den aufständischen
Niederländern genommen und erfolgreich gegen die Spanier (1588, 1597, März, Aug., Sept. 1605 und 1622)
verteidigt. 1628 und später, 1688 und 1727, wurde die Stadt durch den Ingenieur Generalvan Coehorn noch stärker befestigt,
aber von den Franzosen unter Graf Löwendal erstürmt. Im Winter 1795 nahm Pichegru sie durch Kapitulation. 1813 wurde
sie von den Engländern belagert, aber erst nach dem Frieden von Paris übergeben.
Joh. Nepomuk, österr. Staatsmann, geb. zu Proßnitz in Mähren, studierte zu Olmütz
[* 136] und Wien Rechtswissenschaft,
zugleich aber auch Philosophie, Mathematik und Astronomie
[* 137] und wurde 1844 zum Assistenten für die Lehrkanzel des Natur- und
Kriminalrechts am Theresianum ernannt; 1848 wurde er Advokat in Wien. Von der Stadt Schönberg in Mähren
zum Abgeordneten in die Frankfurter Nationalversammlung gewählt, vertrat er auf der Linken mit Klarheit und Schärfe die großdeutsche
Richtung. Größtes Aufsehen erregte seine Rede in der Paulskirche (März 1849) gegen WelckersAntrag auf Übertragung der
Kaiserwürde an Preußen. Nach Abberufung der österr.
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