volkstümlichen epischen
Dichtung in
Stabreimen. Die
Siege B.s über das Ungeheuer Grendel und einen landverwüstenden Drachen
bilden den Hauptinhalt, wozu mehrere in verwandte Sagenkreise übergreifende
Episoden treten. Die Sagen müssen
Angeln und
Sachsen
[* 2] mit in die neue
Heimat gebracht haben. Das Gedicht, wie es erhalten ist, ging wohl bald nach Beginn
des 8. Jahrh. aus der
Hand
[* 3] seines letzten (christl.) Umdichters hervor. Es ist das älteste größere
Denkmal deutscher Volkspoesie
(im weitern
Umfange) und somit für die
Entwicklung der gesamten deutschen
Sprache,
[* 4]
Poesie und Kultur von höchster Wichtigkeit.
Obschon das Beowulflied die überlieferte Gestalt unter christl. Einflusse erhielt, war dieser
noch nicht mächtig genug, um alle heidn. Züge völlig zu verwischen.
Ausgaben der einzigen Handschrift von Thorkelin (Kopenh.
1815),
Kemble (Lond. 1833; 2. Aufl., 2 Bde.,
1835), der eine engl.
Übersetzung nebst brauchbarem
Glossar (ebd. 1847) folgen ließ, Thorpe (ebd. 1855: 2. Aufl., ebd. 1875),
Grein in dessen
«Bibliothek der angelsächs.
Poesie» (Gött. 1857; neu hg. von Kassel
[* 5] 1881) und in Sonderausgabe
(1867), Grundtvig (Kopenb. 1861), Heyne (Paderb. 1863; 5. Aufl. von
Socin 1889),
G. Sarrazin, «Beowulf-Studien» (Berl. 1888) und
Müllenhoff, «Beovulf» (ebd. 1889).
Über die ältere Litteratur vgl. Wülkers Grundriß zur Geschichte der angelsächs.
Litteratur, §§. 207-281.
in der
Artilleriewissenschaft das Abschließen der in
Zündungen,
[* 8] Leuchtfackeln u. s. w. enthaltenen Satzsäulen
oder Satzschichten vermittelst Aufkleben oder Auflöten von Platten aus Papier,
Pappe, Leder,
Blech.
abessin.
Name des Maria-Theresienthalers (s. d.). ^[= Der Name ist griech. Ursprungs; die einheimische Benennung war Kemet (kopt., Keme in oberägypt., ...]
(spr.-angscheh),
PierreJean de, franz. Liederdichter, geb. zu
Paris
[* 9] als Sohn eines armen Handwerkers,
war
Kellner zu Floricourt bei
Peronne, dann Schriftsetzer in einer Druckerei dieser Stadt, nachher Geschäftsgehilfe
seines
Vaters. Mit 18 Jahren entwarf er ein episches Gedicht
«Clovis»", auch versuchte er sich in religiöser
Lyrik, aber mit
geringem Erfolg, später fand er einen
Gönner an Lucien
Bonaparte, und die Verwendung von A.
Arnault verhalf ihm 1809 zu einer
Anstellung als Schreiber bei der
Universität. Um diese Zeit (1810-14) dichtete Beranger seine ersten Lieder,
und 1813, als er in das «Caveau», eine fröhliche Gesellschaft unter dem
Vorsitz von Désaugiers (s. d.),
aufgenommen war, entstand sein «Roi d'Yvetot», den man später wohl mit
Unrecht als eine Satire auf monarchische Ruhmbegier aufgefaßt hat; es steckt viel freier Scherz, aber nichtsPolitisches
in B.s erster Liedersammlung, die 1815 u. d. T. «Chansons
morales et autres» herauskam und ihm einen strengen Verweis
von seinem Vorgesetzten zuzog. Als 1821 seine zweite Liedersammlung
erschien, verzichtete er auf seine Anstellung. Eine bedeutende
Veränderung war mit dem Dichter vorgegangen. Es erklang ein
schärferer polit.
Ton in den neuen Liedern, wie «Le
[* 10] Marquis de Carabas»,
«Pailasse», «Monsieur
[* 11]
Judas», und hierzu kamen von Voltaireschem
Geist und Spott erfüllte Gedichte, wie «Les Capucins», «Les
clefs du Paradis», «Les
Révérends pères» u. s. w.
Andere Lieder, wie «Le Dieu des bonnes gens», «La
Sainte-Alliance des peuples», «Le vieux drapeau», «Le 5 Mai»,
sind harmloser und von warmem
Patriotismus und freisinniger Menschenliebe beseelt. Die Stimmung der neuen,
mit veränderten Meinungen, Wünschen und Einrichtungen aufgewachsenen Generation in
Frankreich fand in B.s Liedern beredtesten
Ausdruck.
Sie atmen deftigste Erbitterung gegen die mit Standesvorurteilen und vermeintlich unverjährten
Rechten zurückgekommene Dynastie
und
Aristokratie, sie sind durchdrungen von den Gefühlen, die in der breiten
Masse des
Volks geweckt wurden
durch die Unvernunft, mit der Royalisten und Klerikale ihre Macht ausbeuteten, nachdem Napoleons
DespotismusFrankreich erschöpft
hatte.
In den leichtbeschwingten singbaren Liedern wirkte die Kraft
[* 12] und Gewandtheit des Witzes und der Satire unwiderstehlich,
und vergeblich versuchte die Regierung, nachdem 11000 Exemplare der Sammlung beschlagnahmt waren, durch
Geld- und Haftstrafen den Sänger einzuschüchtern oder der
Verbreitung seiner Lieder Einhalt zu gebieten.
Schon 1825 erschienen
«Chansons nouvelles», und eine vierte Sammlung, «Chansons
inédites» (1828), brachte dem Dichter wieder die
Verurteilung zu neunmonatiger Haft und 10000
Frs. Geldbuße.
Nach der Julirevolution vereinigte sich Beranger mit seinen Freunden
Laffitte, Lafayette u. a. zu dem Zwecke,
die Thronkandidatur
Ludwig Philipps bei der republikanischen Partei durchzusetzen, lehnte aber alle Ehrenstellen und Reichtümer
ab, die ihm angeboten wurden. Seine letzte Sammlung, «Chansons nouvelles et derniéres
(1833), enthielt außer den an frühere Gattungen sich anschließenden Gedichten einzelne in eine neue Ideenrichtung
eingehende
Stücke, wie »Les contrabandiers",
«Jeanne la rousse», «Le vieux vagabond», «Les
fons», eine Art socialistischer Lieder. Seitdem hat er seinem Liederschatz nichts Wertvolles hinzugefügt.
Als er nach der
Februarrevolution 1848 vom Seinedepartement in die Nationalversammlung gewählt wurde, lehnte er entschlossen ab. Beranger starb in
Paris.
Gegen das zweite Kaiserreich hatte sich Beranger ablehnend verhalten; um so mehr kam Napoleon
III. der öffentlichen Meinung durch den
Befehl entgegen, das Leichenbegängnis des gefeierten Dichters unter großem Gepränge
auf Staatskosten zu bestreiten. Die
Beerdigung fand auf dem Fried
Hof
[* 13] Père-La-chaise statt. Sein
Denkmal auf dem
Square du
Temple inParis wurde enthüllt. In B.s Gedichten erreicht die Chanson ihre vollkommenste Form, ihre
höchste geistige
Erhebung und ihre größte Volkstümlichkeit.
Kein Liedersänger
Frankreichs ist je so allgemein anerkannt
worden, selbst von seiten polit. Gegner. B.s oft gerühmte Naivetät ist vielfach nur feine Berechnung des großstädtischen
Chansonnier oder eine aus der Beschränktheit des Parisertums und der bequemen Lebensweisheit eines genügsamen
Genußmenschen gemischte Unbefangenheit. Seine poet.
¶
(amtlich The Haidarábád Assigned Districts, d.h. die vom Staate Haidarabad [den Briten] angewiesenen Distrikte),
Landschaft des nördl. Dekan in der Provinz Centralindien, grenzt im N. an Narbada, im O. an Ragpur, beides Divisionen der
Centralprovinzen, im S. an das Gebiet des Nisam von Haidarabad und im W. an den Distrikt Khandesch der Präsidentschaft
Bombay
[* 15] uud nimmt mit 45 712 qkm einen Teil der sich zwischen dem Satpuragebirge im N. und dem Adschantagebirge im S. ausbreitenden,
sich von 400 bis 1000 m über die See erhebenden Hochebene ein.
Von zahlreichen Nebenarmen des Purna, eines Nebenflusses des Tapti, durchströmt, ist Berar gut bewässert,
fruchtbar und namentlich für die Kultur der Baumwollpflanze, die 35 Proz. der Bodenkultur in
Anspruch nimmt, ganz besonders geeignet. Auch Weizen, Hirse,
[* 16] Ölsaaten, Tabak
[* 17] und Ricinuspflanzen werden mit großem Erfolge
angebaut. In der Nähe des Wardhaflusses im Wun-Bezirke sind Kohlenlager, im O. reiche Eisenadern. hat
(1891) 2 897 491 E., darunter 2 531 791 (oder fast 88 Proz.) Hindu, 207 681 (7 Proz.) Mohammedaner, 18 952 Dschain, 1359 Christen, 177 Sikh
und 412 Parsen sowie uncivilisierte Angehörige ureingeborener Stämme (Bhil, Gond, Korku u. s. w.); größtenteils sind letztere
vom Hindutum aufgesogen und zählen alles in allem über 200000 Seelen.
Die Zunahme der Bevölkerung
[* 18] seit 1881 beträgt 8,4 Proz. Die Zahl der Schulen betrug 1890 im ganzen 1183,
die der Zöglinge 47000. Im nördl. Teile ist die Sprache ein Gemisch aus Hindi, dem Gond und dem Mahrattischen. Das letztere
wird im ganzen Lande, und zwar hauptsächlich in den Städten gesprochen, während im SO. das Telugu und
im O. das Urija vorherrscht. Das Gond, welches keine Schriftzeichen besitzt, wird von jedem verstanden. Die Provinz Berar zerfällt
in die 6 Distrikte: Akola, Buldana, Baßim, Amraoti, Ilitschpur und Wun.
Hauptstadt ist das am Purna gelegene Ilitschpur (engl. Ellischpur), wo bis 1850 der
Nawwab von Ilitschpur, ein Vasall des Nisam von Haidarabad, seinen Sitz hatte. Wichtiger als Ilitschpur in merkantiler Beziehung
und als Hauptstapelplatz für die in in so großer Menge erzeugte Baumwolle
[* 19] ist Amraoti (engl. Umrawuttee) an dem von Bhußawal
nach Nagpur führenden Zweige der großen Eisenbahn zwischen Bombay und Allababad. Berar wird im Namen des
Vicekönigs von Britisch-Indien durch einen Oberkommissar, der zugleich Resident bei dem Nisam ist, verwaltet.
Geschichte. In älterer Zeit (1351-1529) machte Berar unter der mohammed. Herrscherfamilie
Bahmani einen Teil des ReichsDekan aus, gelangte später zur Selbständigkeit, wurde aber 1596 von Akbar dem Reiche
Dehli unterworfen. Bei dem Verfall von Dehli nach dem Tode von Aurangseb 1707
kam an den Nisam von Haidarabad, wurde aber bald
nachher von den Mahratten besetzt. Als das Mahrattenreich 1740 sich auflöste, entstand aus verschiedenen Teilen desselben,
worunter auch Berar war, unter der Dynastie Bhonßla, deren Gründer Schahdschi Bhonßla war, das Reich der
östl. Mahratten mit der Hauptstadt Nagpur.
Daher wurde der Name Nagpur neben dem von Berar für dieses Reich gebräuchlich. Der dritte Fürst dieser Dynastie, Ragbudschi
II., ließ sich 1803 mit dem Mahrattenfürsten Daulat Rao Sindhia in eine Koalition gegen die Engländer ein, infolge deren
er bei dem Friedensschlusse von 1804 die Landschaft Katak in Orissa an die Englisch-Ostindische Compagnie,
das eigentliche aber an den Nisam von Haidarabad abtreten mußte. Sein Nachfolger Appa-Sahib verband sich mit dem Peschwa
der Mahratten gegen die Engländer und mußte, durch die letztern besiegt, diesen die Hälfte seines Gebietes abtreten.
Letzteres fiel den Engländern zu, als der Radscha Raghudschi III. ohne männliche Erben gestorben war. Der größte
Teil des frühern Reichs Nagpur, mit Ausnahme des eigentlichen Berar, gehört gegenwärtig zu den Centralprovinzen. Das eigentliche
Berar, welches der Radscha von Nagpur 1803 an den Nisam von Haidarabad hatte abtreten müssen,
wurde nebst den Distrikten Raitschur-Doab und Dharaßeo von dem Nisam 1853 den Engländern überwiesen. Daher der jetzige
offizielle Name «angewiesene Distrikte».
(Barat), in das Türkische und Persische aufgenommenes arab. Wort, bedeutet Diplom, überhaupt ein namens des Souveräns
ausgestelltes Schriftstück, das seinem Inhaber gewisse Rechte und Privilegien sichert. So wurden früher
durch Berat bevorzugten christl. Unterthanen der Pforte Exemtionen von der Kleiderordnung und andere Freiheiten gewährt;
nach
dem Dokument hießen die Inhaber Beratly.
Auch die fremden in der Türkei
[* 20] accreditierten Konsularbeamten werden abweichend
von der Regel außer mit dem Exequatur der Pforte mit einem internationaler Geltung entbehrenden großherrlichen
Berat versehen.
befestigte Hauptstadt eines Sandschaks im europ.-türk. Wilajet Jannina in Unteralbanien,
am Osum, romantisch zwischen Oliven- und Weinpflanzungen gelegen, hat 12000 E., darunter ein Drittel Griechen;
Kinder, in manchen Rechten Bezeichnung derjenigen Kinder, die bei Lebzeiten der Eltern durch eine an sie
erfolgte Leistung (Beratung) abgefunden werden und deshalb später die Eltern nicht mitbeerben. Die Beratung ist dann eine
Art der Erbteilung im voraus; sie kommt meist nur dort vor, wo Eheleute in allgemeiner Gütergemeinschaft leben. Nach einigen
derjenigen Rechte, welche
¶
mehr
die allgemeine Gütergemeinschaft regeln, wird das durch Abschichtung von dem überlebenden der Ehegatten abgefundene Kind auch
des Erbrechts gegenüber dem Abschichtenden verlustig, sog. Totteilung. -
(civil- und strafprozessualisch). Bei Richterkollegien muß der Entscheidung, gleichgültig ob sie auf mündliche
Verhandlung oder ohne solche erfolgt, eine Beratung vorangehen, so kurz und formlos (im unmittelbaren
Anschluß an die Verhandlung) dieselbe sich auch bei einfachen Fragen gestalten mag. Während die Gerichtsverhandlungen der
Regel nach öffentlich sind, ist die Beratung nicht öffentlich (und unterliegt dem Gebot der Amtsverschwiegenheit), doch wird dadurch
nicht ausgeschlossen, daß sie, wenn ein Meinungsaustausch ungehört zu bewerkstelligen ist, namentlich
bei der Entscheidung von Zwischenfällen, im Sitzungszimmer in Anwesenheit der Beteiligten und des Publikums erfolgt.
Den bei demselben Gericht zu ihrer jurist. Ausbildung beschäftigten Personen kann der Vorsitzende die Anwesenheit bei der
und Abstimmung gestatten. AnderePersonen dürfen nach der durch das Reichsgesetz vom veränderten
Fassung des §. 195 des Deutschen Gerichtsverfassungsgesetzes nicht zugelassen werden. Der Vorsitzende leitet die Beratung, stellt
die Fragen, sammelt die Stimmen; er selbst oder der von ihm ernannte Berichterstatter (s. Bericht) trägt Bericht und Gutachten
(s. d.; lat. Votum) mündlich oder auf Grund eines schriftlichen Entwurfs vor. An die Beratung desselben schließt
sich die Abstimmung, bei welcher der Berichterstatter, in dessen Ermangelung das jüngste, nach österr.
Verfahren (§. 19 der Strafprozeßordnung, §. 162 Gesetz vom das älteste Mitglied zuerst, der Vorsitzende
zuletzt seine Stimme abgiebt. Wo das Gesetz nicht etwas anderes bestimmt, erfordert jeder Beschluß absolute
Stimmenmehrheit, d. h. mehr als die Hälfte sämtlicher Stimmen; doch ist in Strafsachen zu einer jeden dem Angeklagten nachteiligen
Entscheidung der Schuldfrage (s. d.) nach §. 262 der Deutschen Strafprozeßordnung eine Mehrheit von zwei Dritteilen der Stimmen
erforderlich. Um bei mehr als zwei Meinungen eine absolute Stimmenmehrheit herzustellen, werden in Strafsachen,
von der Schuldfrage abgesehen, die dem Beschuldigten nachteiligsten Stimmen den zunächst minder nachteiligen so lange hinzugerechnet,
bis sich eine absolute Stimmenmehrheit ergiebt.
Wegen der Besetzung der erkennenden Gerichte mit einer geraden Zahl von Richtern ist in §. 20 der Österr. Strafprozeßordnung
vorgesehen, daß Stimmengleichheit zu Gunsten des Angeschuldigten entscheidet. Bilden sich (in bürgerlichen
Rechtsstreitigkeiten) in Beziehung auf Summen mehr als zwei Meinungen (will z. B. ein Richter dem Kläger 1000, einer 2000,
einer 4000 M. zusprechen), so werden nach dem Deutschen Gerichtsverfassungsgesetz die für die größte Summe abgegebenen Stimmen
der für die zunächst geringere abgegebenen so lange hinzugerechnet, bis sich eine Mehrheit ergiebt
(die sich in dem gesetzten Beispiel also für 2000 M. ergeben würde). Im übrigen vermeiden es die Gesetze, über Art und
Reihenfolge der Abstimmung Regeln aufzustellen; wenn solche Regeln auch aus den allgemeinen Denkgesetzen folgen, so gestaltet
sich ihre Anwendung auf den Einzelfall doch oft schwierig.
Gewisse Vorfragen, z. B. über die Zuständigkeit (s. d.)
des Gerichts, über Zulässigkeit des Rechtsmittels (s. d.), werden, wie dies
in §. 21 der Österr. Strafprozeßordnung und §. 168 c des österr. Gesetzes vom ausdrücklich vorgeschrieben
ist, zweifellos vorweg zu erledigen sein. Bei Entscheidung der Hauptsache ist der in Wissenschaft und
Praxis bestrittenste Punkt, ob nach Gründen oder dem Endresultat abzustimmen ist. In den meisten Fällen wird die Abstimmung
nach Gründen zu einer zuverlässigern Entscheidung führen, insbesondere überall da, wo die bei der Beratung hervorgetretenen Gründe
sich auf die verschiedenen Voraussetzungen (Prämissen, Elemente) des Urteils beziehen.
Wenn also z. B. einige Mitglieder die Klagethatsachen nicht für erwiesen
erachten, andere sie zwar für erwiesen, aber nicht für geeignet erachten, den Klageanspruch rechtlich zu begründen, wieder
andere den Anspruchan sich zwar für begründet annehmen, aber einen denselben aufhebenden Einwand für durchgreifend halten,
wird erst über den Klageanspruch, dann über den Einwand und bei jedem besonders über die Beweis- und
Rechtsfrage abzustimmen sein. Die Richter, die bei einer frühern Frage in der Minderheit geblieben sind, dürfen nach ausdrücklicher
Vorschrift die Abstimmung über eine folgende nicht verweigern, werden sich vielmehr, wenn die Abstimmung in logischer Folge
stattgefunden hat, bei Beantwortung der spätern Frage, wie es §. 168 d des österr.
Gesetzes vom ausdrücklich vorschreibt, auf den Standpunkt der Mehrheit in der vorangehenden Frage zu stellen haben.
Eine scheinbare Ausnahme enthält §. 22 der Österr. Strafprozeßordnung, indem er dem Richter, der den Angeklagten für
nicht schuldig befunden, gestattet, sich der Abstimmung über das Strafmaß zu enthalten, seine Stimme
aber so zählt, als ob er der dein Angeklagten günstigsten Meinung beigetreten wäre. Meinungsverschiedenheiten über Art,
Reihenfolge und Ergebnis der Abstimmung hat das Kollegium zu entscheiden. -
Vgl. Deutsches Gerichtsverfassungsgesetz §§.195-200;
Zacke, Über Beschlußfassung in Versammlungen und Kollegien, insbesondere über die Abstimmung in Richterkollegien
(Lpz. 18O7).
s. Raub. Die Beraubung der auf dem Kampfplatz Gefallenen, der Kranken, Verwundeten und Kriegsgefangenen wird nach
dem Militärstrafgesetzbuch §. 134 mit Zuchthaus, in minder schweren Fällen mit Gefängnis u. s. w.
bestraft.
czech. Berounka, der größte linke Nebenfluß der Moldau in Böhmen,
[* 22] entspringt als Edelsbach
im W. von Tachau im Böhmerwalde, heißt von Tachau (465 m) an Mies (czech. Mže), vereinigt sich bei Pilsen
[* 23] (274 m) mit der Radbusa,
der Angel (czech. Ouhlawa, auch Bradlawka) und Uslawa und führt von hier an den Namen Beraun. Sie nimmt nun
bei Liblin links die Střela (auch Ludica genannt), rechts die wegen ihrer plötzlichen Anschwellungen gefürchtete Litawa
auf und mündet nach 213 km unterhalb Königsaal in die Moldau.
Bern,
[* 24] czech. Beronn, königl. Stadt in der österr. Bezirkshauptmannschaft Hořowitz in Böhmen, an der Vereinigung der
und Litawa und den Linien Furth-Prag der Böhm. Westbahn und Rakonitz-Protiwin der Österr. Staatsbahnen,
[* 25] 30 km
südwestlich von Prag,
[* 26] Sitz eines Bezirksgerichts (236 qkm, 36 Gemeinden, 68 Ortschaften, 26 294 E.), hat (1890) 3351, als
Gemeinde 7265
¶
mehr
742 czech. E., in Garnison ein Bataillon des 88. böhm. Infanterieregiments «Freiherr von Teuchert-Kaufmann», Post, Telegraph,
[* 28] Dekanatkirche mit wertvollen Gemälden (van Dyck); eine bedeutende Spinnerei, Fabrikation von Baumwollwaren, Parketten und
Zucker,
[* 29] Kunstmühlen, Brauerei, Kalkbrennerei und in der Nähe Steinbrüche, Hoch- und Kalköfen. Am Berge Krušná Hora (Erzberg)
wird vorzüglicher Roteisenstein gewonnen. Hier beginnt auch die Kohlenformation. – Im J. 708 gegründet,
im 13. Jahrh. an einer Stelle, wo eine Furt an der Beraun stand, von Deutschen besiedelt, erhielt Beraun vom Könige Wenzel II. die
Marktgerechtigkeit und andere Freiheiten und wurde später vom KaiserKarl IV., der die Stadt sehr liebte
und sieVerona
[* 30] mea nannte, zur Kreisstadt erhoben. In der Hussitenzeit (1421) wurde Beraun von den Pragern und Taboriten unter Žiška
belagert und nach verzweifelter Gegenwehr 26. März erstürmt; 1620 fiel es dem sog. Passauer Kriegsvolk
zur Beute.
Mittel (Inebrantia), diejenigen diätetischen und pharmaceut. Mittel, welche den unter dem
Namen Rausch bekannten Zustand der Exaltation und Überreizung der Hirnthätigkeit hervorzurufen vermögen. Zu ihnen gehören
vor allen der Alkohol und die alkoholhaltigen Getränke, der Äther und gewisse Narkotika (Opium, Haschisch, Fliegenschwamm u.a.);
auch die Kohlensäure, in größern Mengen dem Magen
[* 31] einverleibt, vermag eine leicht berauschende Wirkung zu entfalten (sog.
Brunnenrausch beim Trinken kohlensäurereicher Quellen). Über die durch gewohnheitsmäßigen Mißbrauch
der berauschenden Mittel entstehenden Schäden und Krankheiten s. Alkoholismus.
Dar
[* 32] Berber, Landschaft in Nubien, am Nil unterhalb der Mündung des Atbara. Der Hauptort am Nil, Berber, besteht aus ärmlichen
Erdhütten, ist aber ein nicht unwichtiger Handelsplatz mit über 10000 E. und zwei Bazaren; von hier
aus führt die verkehrsreichste, 420 km lange Karawanenstraße vom Nil zum RotenMeere nach Suakin. Seit Juni 1884 befindet sich
Berber mit der ganzen Landschaft in der Gewalt der Mahdisten, nachdem GeneralGraham im März 1885 vergebens gegen Osman Digma versucht
hatte, von Suakin aus nach Berber vorzudringen.
Hafen- und Handelsplatz am Golf von Aden
[* 33] an der Somalküste, 270 km südlich von Aden, liegt im Hintergrunde
einer durch eine schmale Landzunge im N. geschützten und gegen W. geöffneten, 7 km langen, 2 km breiten, 20–25 m tiefen
Bucht. Die Umgebung ist flach und sandig, im S. und SO. von terrassenartig ansteigenden Ebenen und Gebirgen
umsäumt. Die flache Landzunge enthält an der Basis die überfluteten Reste der verfallenen NiederlassungHellet-Abbas.
Letztere war wahrscheinlich auf den Trümmern des antiken Malao im Lande Barbarica erbaut, welches die Griechen durch die
Handelsfahrten der Ptolemäer kennen lernten und bis zum Vorgebirge Aromata, dem jetzigen KapGuardafui,
auch das Weihrauchsland nannten. Einige Ruinen und die Reste einer jetzt von den Engländern wiederhergestellten Wasserleitung
[* 34] deuten auf eine schon frühe Bedeutung des Ortes. Berbera ist einer der geräumigsten und besten Häfen der ganzen
Somalküste; jährlich im Oktober findet ein großer Markt statt, zu welchem gegen 30000 Menschen sich
versammeln; der Warenumsatz betrug 1885 gegen 5200000 M. Ein anderer Handelsplatz ist
das 75 km entfernte Bulhar an der Küste,
das keinen Hafen besitzt.
Hier treffen von Süd und West die Karawanen ein, vom Oktober bis Januar, und hier kommt auch eine gewaltige
Menge von Geschäftslustigen zusammen, oft bis zu 15000. Außer dem trefflichen Hafen bietet ein gesundes Klima,
[* 35] süßes Wasser
und fruchtbaren Boden. Nachdem Berbera im Sommer 1875 von ägypt. Truppen besetzt worden und auch die Stadt Zeila unterworfen war,
ließ der Chediv die umliegende Landschaft als ägypt. Provinz mit Berbera als Hauptort organisieren. Aber
schon 1884 nahm England von und ZeilaBesitz, und von dieser Zeit datiert der neue Aufschwung des dortigen Handels. (S. Somalland.)
der Titel des türk. Hofbediensteten, dem die Pflege des Bartes und Haupthaars des Großherrn
obliegt.
Der Berber-Baschi geht, wie alle um die Person des Sultans dauernd beschäftigten männlichen Diener, aus
dem Pagenkorps der Chass-Oda (großherrliche Wohngemächer) hervor und nimmt unter den betreffenden 12 Ehrenämtern die 10. Stelle
ein.
Ihm voran geht der Tyrnaktschi-Baschi, der die Nägel
[* 36] des Sultans an Fingern und Zehen zu besorgen hat.
die allgemeine Bezeichnung für den vorwiegend von Berbern (s. d.) bewohnten nordwestl.
Teil von Afrika,
[* 37] zwischen Mittelmeer und Sahara, der, außer im O., vom System des Atlas
[* 38] durchzogen wird und Algerien,
[* 39] Marokko,
Tunis, Tripolis umfaßt. Als im Laufe des 16. Jahrh. sich die Osmanen der Oberherrschaft auch in diesem Teile Nordafrikas bemächtigt
und den Seeraub vollständig organisiert hatten, kam im Abendlande die Namensform Barbarei für das Land undBarbaresken für die einzelnen Staaten, namentlich für die sog. Raubstaaten Algier, Tunis und Tripolis auf, indem man dabei an den
barbarischen Despotismus der Herrscher sowie an die grausame Behandlung der Christensklaven dachte. (S. Marokko, Tunis, Tripolis.)
(Berberidĕae), Pflanzenfamilie aus der Ordnung der Polycarpen (s. d.)
mit gegen 100 Arten in den gemäßigten Zonen der Alten und Neuen Welt. Es sind strauch- oder krautartige Gewächse mit einfachen
oder gefiederten Blättern und zwitterigen meist lebhaft gefärbten, ansehnlichen in Trauben oder Rispen, selten einzeln stehenden
Blüten.
C20H17NO4, ein Alkaloid, das sich in der Wurzel
[* 40] von Jatrorhiza calumba Roxb.
(der Colombowurzel, s. d.), ferner in der Wurzelrinde von Berberis vulgarisL. und mehrern andern Wurzeln und Holzarten findet.
Aus der Wurzel von Berberis vulgaris stellt man es dar, indem man das weingeistige Extrakt derselben zur
Trockne verdampft, den Rückstand mit Kalkmilch auskocht und das Filtrat mit überschüssiger Salzsäure vermischt; es entsteht
dadurch sofort ein amorpher Niederschlag, der durch Filtration beseitigt wird, worauf nach mehrtägigem Stehen salzsaures
in goldgelben Krystallen anschießt. Die Lösung des Malzes, mit Bleioxydhydrat digeriert, läßt nach dem Erkalten
die freie Basis krystallisieren. Die schön hellgelb gefärbten Krystallnadeln verlieren bei 100° ihr Krystallwasser, sind
in 500 Teilen kaltem, leicht in heißen Wasser, schwer in Alkohol löslich, unlöslich in Äther, Schwefelkohlenstoff, Petroleumäther.
Das Berberin bildet mit fast allen Säuren schön krystallisierende Salze.
¶
BerbĕrisL.,Berberitze oder Sauerdorn, Pflanzengattung aus der Familie der Berberideen (s. d.). AlleArten sind
Sträucher mit gelben Blüten, die einen zweireihigen, sechsblätterigen Kelch, eine sechsblätterige Blumenkrone und 6 Staubgefäße
[* 42] besitzen, deren Fäden, wenn sie am Grunde berührt werden, einen bedeutenden Grad von Reizbarkeit zeigen, indem sie sich schnell
zum Stempel hinbiegen und dadurch Ausstreuen des Pollens bewirken. Die Blüten stehen in hängenden Trauben; die Frucht ist eine
längliche, zwei- bis achtsamige, saftige Beere.
Die meist büschelförmig gestellten Blätter sind einfach, ganz, gewimpert-gezähnt oder ganzrandig. Von den etwa 50 bekannten
Arten, die über die gemäßigten und subtropischen Zonen beider Hemisphären verstreut sind, ist
die bekannteste die in ganz Europa
[* 43] und im westl. Asien
[* 44] einheimische und bei uns oft in Zäunen und Anlagen angepflanzte gemeine
Berberitze oder der gemeine Sauerdorn (B. vulgarisL., s. Tafel: Polycarpen,
[* 41]
Fig. 3). Ihre ovallänglichen, bei der Reife lebhaft
roten Beeren, Berberitzenbeeren (auch Weinnägelein oder Erbsele genannt), besitzen sehr sauern Geschmack,
da sie viel freie Apfel- und Citronensäure enthalten; doch wird auch eine Spielart mit ganz süßen Beeren und eine mit kernlosen
Beeren kultiviert.
Medizinisch gebraucht wird die Wurzelrinde von B. vulgaris und B. aquilegifolia, beide in der Form des Fluidextraktes, als
Tonikum und Alterativum. Aus den sauern Beeren wird besonders in FrankreichApfelsäure gewonnen; auch ein
wohlschmeckender Sirup, desgleichen Gelee, Marmelade und Eis
[* 45] (Berberitzeneis). Den Berberitzensaft verwendet man zur Bereitung
der Berberitzenküchel, roter, halbrunder Zuckerscheibchen von angenehm sauerm, kühlendem Geschmack. Die gelbe Wurzel, vorzüglich
der Bast
[* 46] derselben, wie auch der des Stammes und der Äste, dient zum Färben. Zu gleichem Zwecke dienen
einige in Südamerika
[* 47] und auf den Südsee-Inseln einheimische Arten. Über den auf der Unterseite der Blätter häufigen gelbroten
Schmarotzerpilz (AecidiumBerberidis) s. Puccinia.
oder Berber, der allgemeine Name für die seit dem 7. Jahrh. von den Arabern überflutete
und dem Islam unterworfene Urbevölkerung des nördl. Afrikas, welche von dem Westrande der Nilländer über die Sahara und
deren Oasen bis zum Atlantischen Ocean einerseits und von den Negerstaaten des Sudan bis zum Mittelmeere andererseits ausgebreitet
ist und trotz aller innerhalb dieser weiten Gebiete auftretenden Verschiedenheiten in Bezug auf Sprache
wie auf Leibesgestalt, Hautfarbe und Gesichtsbildung doch ziemlich gleichförmig ist und dem hamitischen Völker- und Sprachstamme
angehört.
Unzweifelhaft sind die gegenwärtigen Berbervölker desselben Stammes wie die im Altertume auftretenden Mauri oder Mauretanier
und Numidier, Gätuler und Phazanier, Nasamonen und Hamamientes, die eigentlichen Libyer um das Syrtenmeer, in
Kyrenaica (Barka), Marmarica und den binnenländischen OasenAudschila und Ammonium (Siwah). Der Name Berbern ist den meisten von den
Europäern so benannten Völkerschaften selbst unbekannt. Die wichtigsten Glieder
[* 48] der Berbervölker sind folgende fünf:
1) Die sog. Amazirghen (Imoscharh), d. h. die Freien, Unabhängigen, die, 2–2½ Mill. Köpfe stark, das nördl. Marokko,
das ganze Rif (als gefürchtete Seeräuber
oder Rifpiraten) und den nördlichsten Teil des Atlas bis zur Provinz Tedla bewohnen,
teils unter eigenen Häuptlingen und erblichen Fürsten stehen, teils kleine republikanische Gemeinwesen bilden.
2) Die Schilluh (Schellah, Schuluh) im südl. Marokko, auf 1450000 Köpfe geschätzt, wohnen teils in der großen Ebene
längs dem Um-er-Rebia und Tensift, teils im südl. Atlas bis zu dessen äußersten Verzweigungen am Atlantischen Ocean. In
welchem Verhältnis zu diesen marokk. Berberstämmen 3) die Guanchen (s. d.),
die ausgestorbenen sicher berber. Urbewohner der Canarischen Inseln, gestanden haben, ist unbekannt.
4) Die Kabylen (s. d.) in Algerien und dem Gebiete von Tunis, deren Anzahl in ersterm offiziell auf 760000
angegeben wird.
5) Die Berbern der Sahara leben, als Bewohner der Oasen, meist durch ungeheure Räume voneinander getrennt. Die merkwürdigsten
von ihnen sind die Beni Msab (s. d.) oder M'zsabiten, die Berbern von Ghadames, von Sokna an der Grenze von Fessan, von Audschila,
von Siwah, vor allem aber das weitverbreitete und weithin herrschende Volk der Tuareg (s. d.). – Sämtliche Berbervölker
und Berbersprachen bilden die libysche Gruppe des hamitischen Völker- und Sprachstammes. –
1) Die östlichste der drei Grafschaften des brit. Gouvernements Guayana, am Flusse Berbice, zwischen den Grafschaften Demerara und
Essequibo im W. und dem Corentyne, dem Grenzfluß gegen Niederländisch-Guayana, im O. gelegen, hat, soweit
sie wirklich Kolonialgebiet und nicht zum Lande der unabhängigen Indianer des Innern gehört, etwa 4000 qkm und (1891) 51176 E.
Berbice ist eine ursprünglich 1626 von van Peere begründete holländ. Kolonie. Nach vorübergehender Besetzung durch die Engländer 1781 wurde
sie im Frieden von 1783 an die Niederländer zurückgegeben, aber 1796 von den Engländern wieder genommen,
im Frieden von Amiens
[* 51] 1802 an die Batavische Republik abgetreten, jedoch 1803 abermals besetzt und nebst Demerara und Essequibo
durch die zu London
[* 52] abgeschlossene und vervollständigte Konvention an Großbritannien
[* 53] überlassen. Bis
zu der neuen Verfassung vom bildete Berbice eine abgesonderte Kolonie, seitdem ist dieselbe mit jenen
beiden, nun in zwei Grafschaften getrennten Gebieten zu einer Kolonie Britisch-Guayana, s. Guayana) vereinigt. –
2) Berbice oder Neu-Amsterdam, Stadt in der Grafschaft Berbice, ungefähr 3 km von der Mündung des gleichnamigen Flusses, auf
der Ostseite desselben, ist Sitz eines deutschen Konsuls und hat (1881) 8124 E., 3 Kirchen, ansehnliches Regierungs- und andere
öffentliche Gebäude, darunter ein vortreffliches Hospital, Mission für Neger, bedeutenden Handelsverkehr. Berbice ist 1796, nach
Aufgabe der ältern, 80 km weiter stromaufwärts gelegenen Stadt gegründet.
(spr. -tschehto), Ort im Kreis
[* 55] Borgotaro der ital. Provinz Parma,
[* 56] an der Straße Parma-Pontremoli, die den Apennin
in 1041 m Höhe (La Cisa) überschreitet, und an der Linie
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Parma-Spezia des Mittelmeernetzes, hat (1881) 1845, als Gemeinde 6444 E., Post und Telegraph.
Max, Graf von, Staatsmann, geb. in München,
[* 59] studierte daselbst und in Heidelberg,
[* 60] nahm 1866 als Unterlieutenant im 4. bayr. Jägerbataillon am Kriege teil, wurde 1867 in das bayr. Ministerium des königl.
Hauses und des Äußern berufen, im Frühjahr 1868 der bayr. Gesandtschaft in Berlin
[* 61] attachiert und 1869 zum Ministersekretär
ernannt. 1870 wurde er zum Großen Hauptquartier der Armee als Hauptmann à la suite zur polit. und militär.
Berichterstattung kommandiert und vermittelte als solcher bis zum Eintreffen der bayr. Minister
in Versailles
[* 62] die Verhandlungen des MünchenerHofes mit Bismarck. Im Mai 1871 ging er aus dem bayr. Staatsdienst in den diplomat.
(spr. -ket),Giovanni, ital. Dichter, geb. 1783 zu Mailand,
[* 67] war ein Haupt
der romantischen Schule der Giovine Italia, zu deren Verbreitung er durch die Übersetzung von Bürgers «Lenore» und anderer
Balladen wesentlich beitrug. Er war 1818‒19 Mitarbeiter des «Conciliatore»,
weshalb er sich nach der Revolution von 1821 durch Flucht ins Ausland retten mußte. Berchet lebte bis 1829 als
Buchhalter in London, dann als Begleiter des Marchese Gius. Arconati abwechselnd in Frankreich, Belgien,
[* 68] Deutschland
[* 69] und Griechenland.
[* 70] 1848 kehrte
er heim und ward von der provisorischen Regierung in Mailand zum Minister des Unterrichts ernannt. Nach der Unterdrückung
der Revolution begab er sich nach Turin
[* 71] und wurde in die sardin. Zweite Kammer gewählt, wo er sich zur
gemäßigten Partei hielt. Er starb Seine polit. Gedichte, wie «Der
Einsiedler des Mont-Cenis», «Clarissa», «Die
Flüchtlinge von Parga» («Poesie», vollständigste AusgabeBastia 1848; Lond. 1852 u. ö.), wurden sehr beliebt.
Gesamtausgabe der Werke durch Cusani (Mail. 1863). –
(Berhta, woraus die jetzige Form Bertha, althochdeutsch Perhta, d. i. die Verborgene, Unterirdische),
eine german.
Göttin, wohl nur eine Erscheinungsform der Frija-Hel, der Gemahlin des altgerman. Himmelsgottes Tivaz, deren Namen schon
auf die enge Verbindung mit diesem hinweist. Unter verschiedenen Benennungen (s. Weiße Frau) lebt sie
noch jetzt als geisterhaftes Wesen fort, gerade wie Hulda, Frau Holle. Während letztere im Volksglauben Nord- und Mitteldeutschlands
erscheint, tritt Berchta im südl. Thüringen, Bayern,
[* 74] Elsaß, Schwaben, Österreich,
[* 75] Schweiz
[* 76] auf.
Als Beschützerin der weiblichen Arbeit führt Berchta namentlich die Aufsicht über die Spinnerinnen. Was sie an dem ihr geweihten
letzten Tage des Jahres unabgesponnen findet, verdirbt sie. Ihr Fest wird durch ein Mahl, Mehlspeisen und
Fische,
[* 77] begangen. Auf ihre Verehrung gründet sich das noch übliche P(B)erchtenspringen und P(B)erchtenlaufen in Salzburg
[* 78] und Tirol,
[* 79] vielleicht auch der Bechteltag (s. d.); der Bechtelsberg in Hessen
[* 80] (s. Blocksberg) heißt gewiß nach ihr. Auch mag manche Sage von Berchta auf berühmte Frauen
dieses Namens übertragen worden sein. ^[]
(in Urkunden des 13. und 14. Jahrh. Pertherscadmen und Perhthersgadem genannt).
1) Landschaft und Bezirksamt im bayr. Reg.-Bez. Oberbayern, hat 630,80 qkm und (1890) 17789 (8532
männl., 9257 weibl.) E., 24 Gemeinden (Gnotschaften) und 99 Ortschaften,
darunter eine Stadt, und umfaßt die Amtsgerichtsbezirke Berchtesgaden (8947 E., 12 Gemeinden) und Reichenhall (8839 E., 12 Gemeinden).
Die Landschaft entstand aus einer um 1122 gestifteten klösterlichen Niederlassung, deren Pröpste unter Kaiser Maximilian
Ⅰ. mit der Reichsunmittelbarkeit des Ländchens, das etwa den Umfang des jetzigen Amtsgerichtsbezirks besaß, Sitz
und Stimme auf der Fürstenbank erlangten.
Die gefürstete Propstei wurde 1803 säkularisiert und dem neu errichteten Kurfürstentum Salzburg einverleibt, mit dem sie 1810 an
Bayern kam. Das Ländchen bildet eine wegen ihrer Naturschönheiten vielbesuchte Alpenlandschaft, die zwischen die Thäler
der Salzach und Saalach eingeschoben ist und der Formation der Trias angehört. Eine Menge großer, teils
kubischer, teils scharfgrätiger Bergformen drängen sich so an- und ineinander, daß sie einen ungeheuern Fels- und Hochgebirgskranz
um die Spalte des berühmten Bartholomäus- oder Königssee (602 m) zu bilden scheinen.
An der südl. Grenze breitet sich die zerklüftete Masse des SteinernenMeers (2500 m) mit der Schönfeldspitze
(2650 m) aus. Von diesem Felsenwall ziehen sich zwei starre Felsgrate nördlich in das Innere des Ländchens (der kühn aufspringende
Watzmann 2714 m, der KleineWatzmann 2404 m und der Hochkalter 2629 m, dessen Südspitze, das Kammerlinghorn 2483 m, einer der
schönsten Aussichtspunkte in den Alpen
[* 81] ist) und umschließen mit dem östl. und westl.
Grenzwall die drei Hauptthäler des BerchtesgadenerBeckens: das Hintersee-, das Wimbachthal und das Thal
[* 82] des Königssees, die
sich alle drei in dem grünen Thale der Ramsau vereinigen. Diesen gegenüber erhebt sich, gegen Norden,
[* 83] der unmittelbar in
die Ebene abfallende Untersberg 1975 m, berühmt durch die uralte Sage von KaiserKarl d. Gr., der, von
Bergmännlein bedient, im Berge die Wiederaufrichtung des DeutschenReichs erwartet. Außer dem Reichtum an Salz
[* 84] und Holz
[* 85] bietet
das Land Marmor, Gips
[* 86] und Kreide.
[* 87] Die Hauptbeschäftigungen der Bevölkerung sind Viehzucht, Waldarbeit,
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