Bevölkerung.
[* 11] Diese, etwa 400000 Seelen auf etwa 315000 qkm, zerfällt in Belutschen und
Brahui. Die Belutschen
sind ein iranischer, den Afghanen in einzelnen Zügen ähnelnder
Stamm. Sie sprechen einen iran. Dialekt, das Belutschī (s.
Iranische Sprachen). Die
Brahui (s. d.), ein wahrscheinlich dravidischer
Stamm, haben sprachlich und ethnologisch sowie auch
im bürgerlichen Leben nichts mit den Belutschen gemein. Die
Brahui sind die herrschende Rasse; aus ihnen
gehen die Herrscher hervor.
Beide
Stämme sind wie die Afghanen sunnitische Mohammedaner. Das Land ist in 7
Provinzen geteilt:
1)
Katschi-Gandawa und 2) das
Land der Marri und Bugti im
NO, 3) Dschhalawan im O., 4) Lus im SO., 5)
Mekran
im S., 6) Kohistan im W., 7)
Kelat im N. Die wichtigsten
Städte sind
Kelat, Mastung, Bagh, Dadar,
Gandawa, Nuschki, Dera Bugti
und Sunmiani. Die Distrikte wählen ihre Oberhäupter (Chane). Der Chan von
Kelat übt die Oberhoheit aus; er steht unter
engl. Schutze, erhält ein Jahresgehalt und muß die
Anlage engl. Militärstationen, besonders zum Schutze
des
Bolanpasses, gestatten. Ein engl.
Agent hat seinen Sitz in
Kelat. (S.
Britisch-Belutschistan.)
Geschichte. Die ersten sichern Nachrichten über Belutschistan geben uns die Geschichtschreiber
Alexanders d. Gr., z. B.
Arrian. Im 8. Jahrh.
wurde Belutschistan von einem
Heere derChalifen von
Bagdad durchzogen.
Wann dieBrahui und die Belutschen das Land eingenommen
haben, steht nicht fest. Es scheint, als ob das vordem von einer Hindudynastie regierte Land von den
Brahui erobert worden,
und als ob die Belutschen später hinzugewandert seien. Die Belutschen behaupten arab. Ursprungs
zu sein und aus der Gegend von Haleb zu stammen.
Ihr Führer habe Tschâkur (Kâkur) geheißen. Der
Name des Brahuichans, der zuerst das Land erobert haben
soll, war Kumbar. Sein vierter Nachfolger,
Abdullah-Chan, eroberte
Katschi-Gandawa, welches damals zu Sindh gehörte. Noch
während der
Kriege der Kumbarâni (Nachfolger Kumbars) schickte Nadir Schah, der große pers. Eroberer,
von Kandahar Expeditionen nach und unterwarf es. Dem tapfern
Abdullah-Chan, der im Kampfe gegen die
Nawwabs
(Nabobs) von Sindh fiel, folgte sein verschwenderischer und tyrannischer ältester Sohn
Hadschi Muhammed-Chan.
Die Mißregierung und
Bedrückung dieses Fürsten veranlaßten seinen
Bruder Naßir-Chan, einen bewährten
Heerführer im Gefolge
Nadir Schahs, nach
Kelat zu eilen und, da
Vorstellungen nichts nützten, seinen
Bruder zu erstechen. Naßir-Chan,
nachmals der
Große genannt, bestieg unter dem Jubel des
Volks den
Thron
[* 12] und wurde von Nadir Schah als Herrscher anerkannt (1739).
Naßir verstand es, seine Herrschaft nach innen und außen zu festigen. Nach Nadir Schahs
Tode (1747) erkannte Naßir zwar
anfangs
Ahmad Schah Durrani als König von
Kabul an, erklärte sich aber später unabhängig.
Ein
Heer, welches
Ahmad Schah gegen den kühnen Naßir sandte, wurde vollständig geschlagen. Nun zog der große Eroberer selbst
nach
Süden, schlug die
Brahui und schloß sie in
Kelat ein.
Da er aber die Festung
[* 13] nicht bezwingen konnte, schloß er einen
Friedens- und Freundschaftsvertrag, wonach er Naßirs
Base heimführte, Naßir aber keinen
Tribut zu zahlen hatte, sondern
nur im Kriegsfalle ein Hilfskorps gegen Geldentschädigung aufbieten sollte. Naßir hatte häufig Gelegenheit, seine Lehnstreue
zu beweisen, so besonders in der
Schlacht bei Meschhed, die er zu Gunsten
Ahmed Schahs entschied. Er starb hochbetagt 1795. Seine
Nachfolger
Mahmud und
Mihrâb waren unbedeutend.
Letzterer kam 1839 in einem
Kriege gegen die Engländer um. Sein Sohn Naßir II. kam 1841 zur Herrschaft. Er ließ sich 1854 von
den Engländern einen
Vertrag aufnötigen, wonach er u. a. die Belegung belutschischer Orte durch brit.
Truppen dulden mußte und ihm ein Jahrgeld von 100000 M. zugesagt wurde; der
Vertrag kam indes nicht zur
Ausführung. Sein Nachfolger Chudadâd-Chan hatte mit vielen
Unruhen zu kämpfen und mußte sich wieder den Engländern in
die
Arme werfen, die bei dieser Gelegenheit Quetta besetzten und es später einzogen. Durch Abmachungen vom und ist
der gegenwärtige Zustand geschaffen worden.
Beim Durchzug der brit.
Truppen durch Belutschistan bei Gelegenheit des afghan.
Krieges 1887 leistete
Chudadâd-Chan den Engländern
Beistand.
(ital., gleichbedeutend mit dem franz.
Bellevue [s. d.], d. h. schöne Aussicht),
Benennung für Punkte mit schöner Fernsicht, später aber auch auf die an solchen Punkten errichteten
Bauwerke mit turm- oder tempelartigem Charakter übertragen. Auch ist dieser
Name verschiedenen Lustschlössern, die an besonders
schönen Punkten liegen, gegeben worden, z. B. einem nach
PlänenBramantes erbauten
Teile des
VatikanischenPalastes zu
Rom,
[* 14] in
dem sich die berühmte
Statue des
Apollon
[* 15] von Belvedere (s.
Apollon) befindet; ferner dem 1693-1724 von Hildebrand
im
Auftrage des Prinzen Eugen von Savoyen erbauten Lustschlosse in
Wien
[* 16] (in dem sich bis Okt. 1891 die kaiserl., jetzt in das
kunsthistor. Museum übertragene Gemäldesammlung befand), Lustschlössern bei
Weimar,
[* 17] Neubrandenburg
[* 18] u. a. Im Mittelalter
nannte man solche
Stellen oder die an ihnen errichteten
Türme meistLuginsland; so z. B. in
Augsburg,
[* 19]
Nürnberg.
[* 20]
Stadt in der österr. Bezirkshauptmannschaft
Sokal (im ehemaligen
ZolkiewerKreise)
[* 21] in Ostgalizien, an der links
zum
Bug gehenden Sołokija und der Linie
Jaroslau-Sokal der
Karl-Ludwigsbahn, hat (1890) 773, als Gemeinde 4960 meist poln.
E., Post,
Bezirksgericht (374 qkm, 38 Gemeinden, 40 Ortschaften, 34 Gutsgebiete, 27 949 E.), Steueramt,
Ackerbau, Viehzucht,
[* 22] und war einst der
¶
mehr
Hauptort eines russ. Fürstentums, das der Polenkönig Kasimir d. Gr.
zugleich mit Rot-Rußland eroberte und dem Masoverfürsten Semovit schenkte. Unter dem Jagellonen Kasimir (1462) kam es mit
dem Fürstentum Masovien an Polen.
Kreisstadt im Kreis
[* 24] Zauch-Belzig des preuß. Reg.-Bez. Potsdam,
[* 25] am nördl. Fuße des Flämings und an der
Linie Berlin-Güsten der Preuß. Staatsbahnen,
[* 26] Sitz des Landratsamtes, eines Amtsgerichts (Landgericht Potsdam), Zoll- und Steueramtes,
hat (1890) 2733 evang. (5., Postamt zweiter Klasse, Telegraph,
[* 27] drei Kirchen; Weberei,
[* 28] Brauerei, Wollspinnerei, Ziegelei, Stärkefabrik,
Acker- und Gartenbau. Belzig ist Geburtsstadt des Dichters Aug. Gottlob Eberhard und des Komponisten Reissiger. Die Stadt wurde von
den Schweden
[* 29] geplündert und verbrannt. In der Nähe ein altes Schloß, Eisenhart genannt; ungefähr 3,5 km südwestlich
der Stadt und 2 km südlich vom Dorfe Lübnitz das Dorf Hagelberg, nach welchem das bedeutende Gefecht genannt wird, in dem
nach der Schlacht von Großbeeren 27. Ang. 1813 der preuß.
General Hirschfeld mit kaum 12000 Mann Landwehr und 600 Kosaken unter Tschernitschew die ebenso starke franz.
Division Girard vollständig aufrieb. Zur Erinnerung hieran wurde unweit Hagelberg ein Kolossalstandbild der Borussia in Sandstein
errichtet.
Giovanni Battista, Forschungsreisender und Archäolog, geb. zu Padua,
[* 30] ward in Rom
zum geistlichen Stande erzogen, wandte sich jedoch bald den mechan. Künsten, besonders der Hydraulik zu. Von Rom ging er 1800 nach
Holland, von da 1803 nach England, wo er durch öffentliche Darstellungen aus der Hydraulik, nachher durch athletische Künste
seinen Unterhalt zu gewinnen suchte. 1812 kam er nach Lissabon,
[* 31] später nach Madrid
[* 32] und nach Malta. Hier
ward er 1815 nach Ägypten
[* 33] eingeladen, um eine hydraulische Maschine
[* 34] für den Pascha zu bauen.
Nachdem er sich dieses Auftrags entledigt hatte, bewogen ihn Burckhardt und Salt, sich der Erforschung ägypt. Altertümer zu
widmen. Es gelang ihm, die Büste des sog. jüngern Memnon aus der Nachbarschaft von Theben nach Alexandria
zu schaffen und zuerst in den Tempel
[* 35] von Abu-Simbel einzudringen. Im Thale der Königsgräber (Biban el-Moluk) bei Theben entdeckte
er mehrere wichtige Katakomben mit Mumien. Er eröffnete auch unter anderm 1817 das berühmte Königsgrab des Psammetich oder
Necho, aus welchem er den prächtigen alabasternen Sarkophag
[* 36] fortschaffte, der jetzt, mit der erwähnten
Memnonsbüste und den meisten übrigen von ihm nach Europa
[* 37] mitgebrachten ägypt. Altertümern,
das Britische Museum in London
[* 38] schmückt.
B.s glänzendste Unternehmung war jedoch die Eröffnung der Pyramide des Chephren. Ein Anschlag auf sein Leben veranlaßte
ihn, Ägypten zu verlassen. Zuvor unternahm er noch eine Reise nach der Küste des RotenMeers, auf der er
die Smaragdgruben vom Dschebel Sebara und die Überreste des alten Berenice auffand, und von hier nach der OaseSiwah, um die
Trümmer des Ammontempels zu untersuchen. Im Sept. 1819 schiffte er sich mit seiner Gattin, die auf allen Fahrten
und Reisen seine mutige Begleiterin gewesen war, nach Europa ein. Die Resultate seiner Forschungen veröffentlichte er u. d. T.
«Narrative of the operations and recent discoveries ect. in Egypt» (Lond. 1821, nebst einem Band
[* 39] mit 44 illum. Kupfern). Gegen
Ende 1822 wollte er die Nigerquellen
und Timbuktu aufsuchen, starb aber zu Gato in Benin. Die
Originalzeichnungen des von ihm eröffneten ägypt. Königsgrabes wurden von seiner Gattin
herausgegeben (Lond. 1829). -
Jos., poln. General, geb. 1791 zu Krakau
[* 40] aus adliger Familie, studierte in Krakau und trat 1809 in die
von Napoleon zu Warschau
[* 41] gegründete Artillerieakademie. Dem Feldzuge von 1812 wohnte er als Lieutenant
der reitenden Artillerie bei, kam beim Rückzug der Franzosen nach Danzig
[* 42] und kehrte nach der Übergabe der Festung nach Polen
zurück, wo er in die 1815 reorganisierte Armee eintrat und zugleich Lehrer an der Warschauer Militärschule wurde, 1819 zum
Kapitän aufstieg und tüchtige Schriften über Organisierung der Artillerie, über CongrevescheBrandraketen
(Weim. 1820), Pulvererzeugung u. s. w. herausgab.
Wegen seiner patriotischen Gesinnung erhielt er jedoch 1825 den Abschied aus dem russ. Dienst, worauf er sich in Lemberg
[* 43] mit
litterar, und technischen Arbeiten beschäftigte. Als 1830 die poln. Revolution ausbrach, eilte Bem nach
Warschau, wurde Major einer Batterie, zeichnete sich besonders in den Schlachten
[* 44] bei Iganie und Ostrolenka aus und stieg schnell
bis zum General empor. Nach dem Fall von Warschau trat er mit einem Teil der poln. Armee auf preuß. Gebiet über, lebte einige
Zeit als Leiter der Emigration in Deutschland
[* 45] und seit 1832 in Paris.
[* 46]
Wissenschaftliche Arbeiten, dann Reisen in Portugal,
[* 47] Spanien, Belgien
[* 48] und Holland füllten die folgenden Jahre aus. In den Märztagen 1848 kam
Bem nach Lemberg, 14. Okt. nach Wien, wo er sich in hervorragender Weise an der revolutionären Erhebung beteiligte und während
der Einschließung der Stadt verkleidet nach Preßburg
[* 49] entkam. Von dort brach er im Auftrage der ungar.
Regierung an der Spitze eines selbständig geschaffenen Korps von 8000 Mann Ende 1848 in Siebenbürgen ein, lieferte 19. Dez. bei
Deés den Österreichern das erste siegreiche Gefecht, trieb seinen Feind aus dem Norden
[* 50] des Landes in die Bukowina und zog
die herbeiströmenden Szekleran sich. Hierauf wandte er sich gegen die österr.
Hauptmacht unter Puchner und griff, nachdem er ihn zum Rückzug nach Hermannstadt
[* 51] genötigt hatte, diesen Ort an.
Er wurde jedoch zurückgeschlagen und erlitt 4. Febr. von Puchner zu Vizakna eine bedeutende Niederlage. Dennoch wußte er
sich 7. Febr. durchzuschlagen und lieferte, durch ungar. Truppen verstärkt, 9. Febr. die blutige Schlacht an der Brücke
[* 52] zu Piski,
eroberte 11. März Hermannstadt, nahm Kronstadt
[* 53] und trieb die Österreicher sowie die seit dem Februar herbeigerufenen russ. Hilfstruppen 16. März durch
den Rotenturmpaß in die Walachei.
Auf Befehl der ungar. Regierung begab er sich hierauf ins Banat und nötigte Puchner zur Räumung auch
dieses Gebietes, sodann kehrte er nach Siebenbürgen zurück, wurde aber 31. Juli bei Schäßburg von dem dreifach stärkern
Gegner entscheidend geschlagen. Auf dringendes Verlangen Kossuths eilte er nach Ungarn,
[* 54] wo er 9. Aug. an der Schlacht bei
Temesvár sich beteiligte. Nach einem vergeblichen Versuch zu Lugos, den Kampf wieder aufzunehmen, mußte er nach Siebenbürgen
zurückweichen, wo er sich bis zum 19. Aug. gegen eine erdrückende Übermacht hielt. Endlich rettete auch er sich auf türk.
Gebiet, trat dort zum Islam über und wurde unter dem Namen Amurat Pascha im türk. Heere¶
mehr
angestellt. Auf Österreichs und Rußlands Einsprache wurde Bem 1850 nach Haleb geschickt, wo er im November an der Spitze türk.
Truppen den blutigen Aufstand der arab. Bevölkerung gegen die Christen niederschlug. Er starb 1880 wurde ihm in
Maros-Vásárhely ein Denkmal errrichtet. Außer andern Schriften erschien von ihm «Exposé général de
la méthode mnémonique polonaise etc.» (Par. und Lpz.
1839). –
Vgl. Czetz, B.s Feldzug in Siebenbürgen (Hamb. 1850);
Pietro, ital. Gelehrter, geb. zu Venedig,
[* 57] aus vornehmer Familie, studierte 1492‒94 das Griechische
unter Konstantin Laskaris in Messina,
[* 58] verweilte 1498‒1500 in Ferrara,
[* 59] wo er bei Lucrezia Borgia in Gunst stand, war dann
in Venedig eins der vorzüglichsten Mitglieder von Aldus Manutius’Akademie und besorgte für dessen Druckerei
die Ausgabe der ital. Gedichte Petrarcas (1501) und der «Göttlichen
Komödie» (1502). 1506‒12 lebte er am Hofe von Urbino, ging nach Rom und ward 1513 von Leo Ⅹ. mit seinem Freunde Sadoleto
zum päpstl.
Sekretär
[* 60] ernannt. In Rom lernte Bembo seine Geliebte Morosina kennen, die ihm zwei Söhne und eine Tochter
gebar. Seit 1520 lebte er in Padua, wo er sich eine herrliche Bibliothek und Antiquitätensammlung anlegte. 1530 erhielt er
vom Rate der Zehn zu Venedig den Auftrag, Sabellicos «Venetianische Geschichte» fortzusetzen, und das Bibliothekariat der Markusbibliothek.
Paul Ⅲ. verlieh ihm 1539 den Kardinalshut,
[* 61] 1541 das Bistum Gubbio und 1544 das von Bergamo. Er blieb aber in Rom, wo er starb.
Seine ital. und lat. Dichtungen («Carmina») zeichnet weniger Eigenart als hohe Formvollendung aus. Sein großes Verdienst war,
daß er, obgleich eleganter Latinist, mit seinem großen Einflusse für das Italienische in der Litteratur
eintrat und das reine Toscanisch zur gemeinsamen Schriftsprache der ganzen Halbinsel erhob. Unter seinen (auch vielfach einzeln
gedruckten) Werken (4 Bde., Vened.
1729) sind am wichtigsten: «Historiae Venetae libri ⅩⅡ» (von 1487 bis 1513, ebd. 1551),
die er selbst ins Italienische
übersetzte (ebd. 1552; beste Ausgabe von Morelli, 2 Bde., ebd. 1790);
Malerfamilie, die aus Burgund wegen Religionsbedrückung nach Utrecht
[* 65] ausgewandert war. Ihr Stammvater ist Wilhelm
von Bemmel, geb. 1630 in Utrecht. Er lernte bei Saftleven die Landschaftsmalerei und trat dann auf 6 Jahre
in den Dienst des Landgrafen von Hessen-Cassel, für den er viele Landschaften, meist Motive aus Tivoli, malte. Seit 1662 lebte
er in Nürnberg, wo er starb. Seine Bilder sind gut gezeichnet, wahr in der Auffassung, etwas kühl
in der Farbe.
Er war auch Radierer. Die DresdenerGalerie besitzt von ihm: Abendlandschaft mit Wasserfall (1660) und
Morgenlandschaft mit Bergsee (1661);
Einer seiner Söhne, Peter von Bemmel, geb. 1685 zu Nürnberg, gest. 1754 zu Regensburg,
[* 69] wurde besonders vom Fürstbischof von Bamberg,
[* 70] Franz Konrad von Stadion, beschäftigt, dessen Schlösser er mit Gemälden schmückte. Er war wie der Vater
Landschaftsmaler und ist nächst diesem der bedeutendste Künstler aus der Familie am besten gelangen ihm Winter- und Gewitterscenen.
Bilder von ihm sind in Braunschweig und Bamberg.
Karl Sebastian von Bemmel, Enkel des vorigen, geb. 1743 zu Bamberg, gest. zu Nürnberg, bildete sich
in der Schule der Brüder Lang daselbst und stellte am liebsten Seestücke, Stürme, Feuersbrünste, Morgen-und Nachtscenen
dar; seine Landschaften zeichnen sich durch gute Perspektive und Naturwahrheit aus.
es wird zu näherer Bezeichnung der Person dem Namen auch der des Vaters beigefügt, daher
in solcher Verbindung «Sohn des ...» bezeichnet, z. B.
David Ben Salomo, Ali Ben Hassan.
Daher haben, analog den deutschen Namen auf -sohn, manche Juden neuerer Zeit aus der Zusammensetzung
des und des väterlichen Namens neue Familiennamen gebildet, z. B. Benary (= Löwensohn).
1) Division der Lieutenant-Gouverneurschaft der Nordwestprovinzen des Indobritischen Reichs, grenzt im N. und O. an die Division
Patna der Präsidentschaft Bengalen, im S. an tributpflichtige Staaten Centralindiens, im W. an die Divisionen Allahabad und
Mirath (engl. Meerut) der Nordwestprovinzen, hat 47491 qkm, (1891) 10632190, (1881) 9820728
E., darunter 8759446 Hindu und 1056351 Mohammedaner, und 7 Distrikte: Asamgarh, Mirsapur, Benares, Ghasipur, Gorakhpur, Basti und
Ballia. – 2) Hauptstadt der Division und des Distrikts Benares, das Rom der Hindu, die heiligste Stadt derselben, etwa 8 km lang,
unter 25° 18½’ nördl. Br. und 83° 3’ östl. L., amphitheatralisch auf dem linken Ufer des Ganges, der daselbst eine
hafenförmige Einbuchtung in das Land bildet und eine nach der Jahreszeit wechselnde Breite
[* 71] von 550 bis 850 m bei einer Tiefe
von 25 bis 30 m besitzt. Eine Holzbrücke und eine 1888 vollendete Eisenbahnbrücke vermitteln den Verkehr
mit dem rechten Ufer. Die am Ufer liegende Stadt der Hindu bildet ein Labyrinth dunkler, feuchter, schmutziger und so enger
Straßen, daß kaum der Elefant
[* 72] allenthalben durchkommen kann. Wagen sind in ihnen nicht zu brauchen. Die Häuser, deren
Zahl sich 1872 auf 35741 belief, sind drei-, häufig aber fünf- bis sechsstöckig, meist mit
¶
mehr
Erkern, Balkonen, Geländern, Kuppeln und runden oder mehr pyramidalischen Domen geschmückt und mit Blumen, Tier-, Menschen- und
Göttergestalten sehr bunt bemalt. Benares ist Mittelpunkt der Verehrung des Schiw oder Mahadeo (sanskritisch: Schiwa oder Mahadewa),
und die Zahl der dieser Gottheit geweihten Tempel (Schiwala) daselbst soll sich auf mehr als 1000 belaufen;
die meisten sind als Bauwerke wenig großartig. Der bedeutendste, älteste, geehrteste und besuchteste ist der des Bischeswar,
d. h. des Herrn der Welt. In allen sind aufrecht stehende Linga aus Stein Hauptgegenstand der Anbetung.
Dem Schiwa geweihte Stiere laufen allenthalben frei in den Straßen umher, während die in den Tempeln der
Durgā früher zahllos herumspringenden Affen
[* 74] jetzt auf Verfügung der engl. Regierung fast ganz verschwunden sind. Von den der
Sekte der Dschain angehörenden Tempeln sind besonders der Man-Mandil sowie der Dschain-Mandil oder Tempel der Dschain, wiewohl
schon im Verfalle, ihrer Architektur wegen bemerkenswert. Hoch über den Man-Mandil erhebt sich die 1693 von
Radscha Tschai-Singh errichtete Sternwarte,
[* 75] die mit ihrem großartigen Instrumentenschatz noch heute in Gebrauch ist. Von den 272 Moscheen
ist die von Aurangseb, unweit des Ganges auf der Stelle eines niedergerissenen Hindutempels erbaut, mit 3 Kuppeln und 2 Minarets
eine der großartigsten. Interessant ist ferner der große Palast des Radschas von Nepal (mit Tempel),
ein äußerst malerischer Baukomplex, dessen Stil an den chinesischen erinnert.
Die Bevölkerung betrug 1881, einschließlich Garnison (6075 Mann), 199 700, 1891: 219 467 E. (Zunahme: 11 Proz.),
darunter 168 691 Hindu, 49 405 Mohammedaner, 1206 Christen, wechselt aber sehr wegen der Menge täglich nach Benares strömender
Wallfahrer und anderer Fremden, die zur Zeit des Ram-Lila, des größten, und des Diwali, des glänzendsten aller zu Benares gefeierten
religiösen Feste mehr als 100000 betragen. Unter der Bevölkerung befinden sich mehr als 20000 Brahmanen, eine sehr große
Anzahl von Bettlern, Landstreichern, Müßiggängern aller Art und von Schmutz bedeckten, fast nackten
Fakiren.
Aber auch viele reiche und vornehme Hindu halten sich zeitweilig oder während der letzten Lebensjahre in Benares auf, teilweise
um dort zu sterben. Lieblingsaufenthalt der Bevölkerung sind die von den Quaien zu dem Ganges hinabführenden Ghat oder Ufertreppen.
Um im Angesichte des Ganges zu sterben, lassen Todkranke sich dorthin tragen, während auf einigen dieser
Ghat auch Leichenverbrennungen stattfinden. Die heiligsten Plätze sind der Daßaswamedh-Ghat, Mani-KarnikisBrunnen
[* 76] mit Wischnus
Schweiß, der Gopal-Mandir oder Krischnatempel und vor allem der genannte Bischeswartempel. Benares ist noch immer,
wie in alter Zeit, der Hauptsitz brahmanischer Gelehrsamkeit und Wissenschaft, obgleich Kalkutta
[* 77] in neuerer
Zeit, namentlich mit Bezug auf das Studium ind. Sprachen, mit Benares wetteifert.
Die Benares-Pandits gelten noch immer in allen religiösen Fragen als erste Autoritäten. Von den zahlreichen Lehranstalten
sind das Hindukollegium und das 1792 gestiftete Sanskritkollegium die bemerkenswertesten. Beide genießen die Unterstützung
der engl. Regierung. In ersterm wird Unterricht im Lesen, Schreiben und Rechnen, dem Gesetze der Hindu,
in deren heiliger Litteratur, dem Sanskrit, und der Astronomie
[* 78] erteilt. In dem andern lehrt man die engl. Sprache, Geschichte
und
Litteratur, das Sanskrit, das Hindi und Persische sowie Mathematik, Staatsökonomie u. s. w. Benares, das durch Eisenbahn
nach O. mit Patna und Kalkutta, nach W. und NW. mit Mirsapur, Allahabad, Kanpur, Lakhnau, Pischawar verbunden
ist, ist auch der Sitz einer blühenden Industrie und als Handelsplatz von großer Bedeutung. Berühmt sind die dort verfertigten
Schmucksachen
[* 79] von edeln Metallen, die Gold- und Silberbrokate, Sammete, seidenen und baumwollenen Stoffe. Zu Markte kommt daselbst
alles, was Indien und die Nachbarländer an edeln und kostbaren Erzeugnissen des Kunstfleißes sowie an
Naturprodukten hervorbringen, zugleich mit allen nur denkbaren Erzeugnissen der engl. Industrie. Von den Kaufleuten in Benares zählen
einige zu den reichsten in ganz Indien.
Geschichte. Benares ist eine uralte Stadt, in den sanskritischen Dichtungen Kaschi, d. i. die Glänzende, genannt
und als Brahmanenschule gefeiert. Hier predigte Gautama Buddha zuerst; an 800 Jahre blieb Benares die heilige Stadt der Buddhisten.
In Sārnāth, dem ältesten Teile von Benares, befinden sich noch bedeutende buddhistische Ruinen. An jene Zeit erinnert noch der
Lat-Bhairo, eine gebrochene Säule, die vom König Aßoka (im 3. Jahrh. v. Chr.) errichtet worden sein
soll. 1194 wurde Benares von Mohammed Ghori erobert und 1529 von Babar dem Reiche von Dehli einverleibt. Bei dem Verfalle des letztern
zu Anfang des 17. Jahrh. schwang sich der Nawwab-Wasir von Oudh (Fürst von Ghasipur) zum Gebieter über die Stadt und das
Gebiet von Benares auf, kam 1775 unter die Oberherrlichkeit der Englisch-Ostindischen Compagnie, wurde aber 1781 von
letzterer abgesetzt und verlor sein Gebiet. -
Vgl. Sherring, The sacred city of the Hindus. An account of the Benares in ancient
and modern times (Lond. 1868);
ders., Hindu tribes and castes, as represented in Benares (Benares 1872).
Ernst, Gärtner und Samenzüchter, geb. in Cassel, erlernte die Gärtnerei in Erfurt
[* 80] und in den bedeutendsten
Gärtnereien Belgiens, Frankreichs und Englands und begründete 1843 in Erfurt ein Etablissement für Samenzucht und Samenhandel.
Sein erfolgreiches Streben nach Vervollkommnung und Reinzüchtung der vorhandenen Gemüse und Blumen, die
Züchtung neuer verbesserter Sorten, ferner die erst nach vorgenommener sorgsamster Prüfung in den Versuchsfeldern stattfindende
Einführung neuer in- und ausländischer Erzeugnisse erhöhten den Ruf der Firma immer mehr. Von den beliebtesten Florblumen
gab Benary künstlerisch ausgeführte, kolorierte Abbildungen heraus. Das «Album, ein in Lieferungen im Selbstverlage des Verfassers
erschienenes Werk, enthält farbige Abbildungen der vorzüglichsten Gemüsesorten. Von sonstigen Schriften
ist zu nennen: «Die Erziehung der Pflanzen aus Samen»
[* 81] (mit Jäger, Lpz. 1887). Benary starb in Erfurt.
(spr. -naßke), befestigte Stadt in der span. Provinz Huesca (Aragonien), an der Esera, einer der höchsten
Orte in den Pyrenäen, hat (1887) 1434 E., Post, Telegraph, Bleibergwerte und Mineralquellen.
Nördlich
davon der Paß
[* 82] Puerto de Benasque, 2417 m, in das Thal
[* 83] von Luchon.
Bezirksstadt in der span. Provinz Zamora im ehemaligen Königreich Leon, zwischen dem Esla und seinem linken
Nebenflusse Orbigo, liegt in fruchtbarer, schlecht angebauter Hochebene
¶
mehr
700 m hoch, hat (1887) 4627 E., Post, Telegraph, 9 Kirchen, einen verfallenen Palast der herzogl. Familie Pimentel und etwas
Industrie. Benavente ist seit seiner Glanzzeit im 16. Jahrh. sehr zurückgegangen.
ein Zweig einer brandenburg. Familie, der im 16. Jahrh.
in Livland
[* 85] einwanderte und erst um die Mitte des 18. Jahrh. das liv- und
esthländ. Indigenat erlangte. Christoph von Benckendorff, geb. 1749, starb 1823 als General der Infanterie. Er hinterließ 2 Söhne und 2 Töchter.
Alexander von Benckendorff, der älteste Sohn, geb. 1783 in Reval,
[* 86] erhielt seine Jugendbildung
in Deutschland. Nach Petersburg
[* 87] zurückgekehrt, wurde er 1797 vertrauter Jugendgenosse der Großfürsten,
trat als Gardeoffizier in die Armee, nahm an den Kriegen in Deutschland und Frankreich mit Auszeichnung teil und wurde 1813 Generalmajor, 1815 General
der Kavallerie und Adjutant des GroßfürstenNikolaus. Zur Unterdrückung der Militärrevolution bei Nikolaus' Thronbesteigung
trug Benckendorff wesentlich bei und gewann hierdurch die Freundschaft des Kaisers. Im Juni 1826 wurde er Chef der
Gendarmerie und Kommandant des kaiserl. Hauptquartiers.
Sein Einfluß ward beinahe unbegrenzt, nachdem die «eigene Kanzlei Sr. Maj. des Kaisers» durch eine dritte, unter seiner Leitung
stehende Abteilung erweitert worden war. Diese Abteilung bildete den Mittelpunkt jenes von Benckendorff organisierten
Geheimpolizeisystems, das nicht nur in Rußland selbst, sondern auch in ganz Europa seine Agenten hielt. Am 8. (20.) Nov. 1832 wurde
in den erblichen Grafenstand erhoben und zum Mitglied des Reichsrats ernannt. Im Frühjahr 1844 unternahm er eine Badereise
nach Deutschland und starb auf der Rückreise 11. (23.) Sept. 1844.
Konstantin von Benckendorff, der jüngere Bruder des vorigen, geb. trat 1812 als Major in die Armee. Als Führer einer Kosakenabteilung
war er unter den ersten, die bei der Verfolgung der franz. Armee Norddeutschland durchstreiften. Benckendorff wurde 1813 Oberst, 1814 Generalmajor
und 1820 Gesandter in Stuttgart.
[* 88] Wieder in die aktive Armee eingetreten, ward er im pers. Feldzug für die
Blockade von Eriwan und ein glückliches Gefecht gegen die Kurden 1827 zum Generallieutenant befördert. Als Generaladjutant
des Kaisers folgte er diesem in den Türkenkrieg, nahm Pravadi ein und starb vor Varna am
Nervenfieber.
Von den Töchtern Christophs von Benckendorff war die ältere die in der diplomat. Welt bekannte Fürstin Dorothea von
Lieven (s. d.).
deutsche Musikerfamilie, stammt von dem musikalisch gebildeten Leinweber HansGeorg Benda zu
Altbenatek im böhm. BezirkJungbunzlau. Er hatte vier Söhne: Franz, Georg, Johann und Joseph, und eine Tochter Anna Franziska.
Franz Benda, der Stifter einer eigenen Violinschule in Deutschland, geb. kam als Chorknabe an die Nikolaikirche zu
Prag.
[* 92] Später trat er einer wandernden Musiktruppe bei, in der er durch einen blinden JudenNamens Löbel
im Geigenspiel unterrichtet wurde. In seinem 18. Jahre ging er wieder nach Prag, hierauf nach Wien, wurde Kapellmeister bei
dem Starosten Szaniawski, bis ihn 1740 der Kronprinz von Preußen
[* 93] (Friedrich II.) berief. An Joh. Gottlieb GraunsStelle wurde Benda 1771 königl. Konzertmeister und starb zu Potsdam. Von seinen vielen Kompositionen sind wenige herausgegeben.
- Georg V., geb. 1721, wurde 1742 in der Kapelle Friedrichs II. als Violinspieler angestellt, trat 1748 als Kapellmeister in
die Dienste
[* 94] des HerzogsFriedrich III. von Gotha,
[* 95] der ihn 1765 nach Italien
[* 96] reisen ließ.
Seit 1787 wirkte er als Musikdirektor am Schröderschen Theater
[* 97] in Hamburg
[* 98] und lebte dann in Wien, Gotha, Ohrdruff, Ronneburg,
zuletzt in Köstritz, wo er starb. Ihm ist die Einführung des von Rousseau erfundenen Melodrams (s. d.) in Deutschland
zu danken. Seine «Ariadne auf Naxos», sein «Pygmalion» und seine «Medea» waren ein halbes Jahrhundert auf
den Bühnen heimisch und riefen zahlreiche Nachahmungen hervor. Seine Opern, von denen ehedem «Der Dorfjahrmarkt», «Wälder»,
«Romeo und Julie», «Der Holzhauer»,
«Lukas und Bärbchen», «Das
Findelkind» sehr beliebt waren, hoben das von Hiller begründete deutsche Singspiel durch einen reichen
dramat. Musikgeist und durch die Verwendung größerer ital.
Formen sofort auf eine höhere Stufe. Sie verdienen noch heute Beachtung und haben zu ihrer Zeit anregend auf Mozart gewirkt.
- Johann Benda, geb. 1713, gest. 1752 als Kammermusikus
zu Berlin,
[* 99] und Joseph Benda, geb. seit 1786 Konzertmeister ebendaselbst, gest. werden
als Violinspieler gerühmt. - Der jüngere Sohn von Franz, KarlHeinrichHermann Benda, geb. 2. Mai 1748 zu Potsdam, gest.
wurde sehr jung von Friedrich II. seines Violinspiels wegen unter die Zahl der Kammermusiker aufgenommen und erhielt später
die Stellung eines königl. Konzertmeisters. Er kam seinem Vater im Vortrag des Adagio am nächsten. - Sein
älterer Bruder, Friedrich Wilhelm Heinrich Benda, geb. zu Potsdam, gest. als Kammermusikus in Berlin, war
ein guter Violin- und Klavierspieler und hat sich als Komponist von Kantaten und Opern («Orpheus»,
[* 100] «Das Blumenmädchen»
u. s. w.) einen Namen erworben. - Johann Wilhelm Otto Benda, Sohn des letztgenannten, geb. gest. als
Regierungsrat zu Oppeln,
[* 101] ist litterarisch durch seine Shakespeare-Übersetzung (19 Bde., Lpz.
1825-26) bekannt. - Anna Franziska Benda, geb. 1726, war eine der besten Sängerinnen ihrer Zeit. Sie heiratete
den Kammermusikus Hattasch in Gotha und starb daselbst 1780.
seiner polit. Haltung in der Bewegung von 1848 gegen seinen Willen nach Gumbinnen
[* 105] versetzt werden sollte. Er widmete sich nunmehr
der Landwirtschaft, erwarb 1853 das Rittergut Rudow bei Berlin und gewann hier durch seine Thätigkeit in der Kreisverwaltung
bald das Vertrauen seiner Mitbürger in dem Maße, daß er 1859 in das preuß. Abgeordnetenhaus und 1871 in
den Reichstag gewählt wurde, wo er auf dem Gebiete der Finanzfragen eine hervorragende Thätigkeit entwickelte. Benda ist
im Landtage wie im Reichstage ständiges Mitglied der Budgetkommission, in ersterm war er es lange Zeit als Vorsitzender.
Seit dem Beginn seiner parlamentarischen Thätigkeit gehört er der gemäßigt liberalen Richtung an,
zuerst als Mitglied der Fraktion Vincke-Schwerin, während der Konfliktszeit als Anhänger des linken Centrums und später
als Mitglied der nationalliberalen Partei, die ihn bald in ihren Vorstand berief. 1878-93 war er Vicepräsident des Abgeordnetenhauses.
Große Verdienste hat er sich auch erworben um die Kommunalverwaltung in den Kreis- und Provinzialversammlungen
sowie um die Regulierung der Grundsteuer als Referent und Ausführungskommissar.
(Bender-Abbas, d. h. Abbas-Hafen), Hafenort der pers. ProvinzKerman, nördlich von der zum PersischenMeerbusen
führenden Straße, der Insel Ormus gegenüber, am Fuße des Berges Gendale, Ausgangspunkt wichtiger Straßen nach Kerman und
Schiras, besteht aus Hütten
[* 106] und wenigen schlechten Häusern mit einer vorwiegend arab.
Bevölkerung von 8000 Köpfen unter einem arab. Scheich als pers. Lehnsfürsten. Während
der glühenden Sonnenhitze zieht sich die Bevölkerung in das Innere zurück. Der Handel und die Bedeutung des Ortes ist sehr
gesunken. 1893 betrug der Wert der Einfuhr 392 907 Pfd. St., darunter
Baumwollwaren 163 446, Thee 105 108 Pfd. St., daneben Tuche und Zucker;
[* 107] der Wert der Ausfuhr 240 124 Pfd. St., davon Opium 36 578,
Früchte und Gemüse 50 239 Pfd. St., Tabak, Asa foetida, Teppiche und rohe Wolle. hat Dampfschiffverbindung mit Bombay,
[* 108] Karatschi,
Buschehr und Basra.
Die Portugiesen hatten hier von Ormus aus 1612 das Fort Komoran, auch Gomrun genannt, angelegt, nach ihrer
Vertreibung durch Schah Abbas I. und die Engländer 1623 blühte der Hafen dadurch auf, daß der Schah den Handel von Ormus
hierher verlegte. Doch schon seit dem Ende des 17. Jahrh. hinderten die Unruhen im Lande den Verkehr, und
die Waren mußten die mehr im Innern des Persischen Golfs gelegenen Häfen, besonders Buschehr (s. d.), aufsuchen. Außer Bendarabbas führen
noch andere Hafenplätze des PersischenMeerbusens, des Schwarzen und RotenMeers, an der KüsteIndiens u. s. w. den NamenBender
(d. i. Hafen).
Lazarus, Philosoph und Mathematiker, geb. zu Berlin von jüd. Eltern, wurde
Glasschleifer, widmete sich aber daneben wissenschaftlichen Studien, namentlich der Mathematik. Nachdem er in Berlin öffentlich
mathem. und ästhetische Vorlesungen gehalten, wandte er sich 1790 nach Göttingen,
[* 109] wo er unter Lichtenberg und Gmelin Physik
und Chemie, unter PlanckKirchengeschichte hörte. Inzwischen von der Kantschen Philosophie lebhaft ergriffen,
ging er nach Wien und hielt hier Vorlesungen über die kritische Philosophie und Ästhetik.
Ein allgemeines Verbot gegen die Fremden nötigte ihn 1797 zur Rückkehr nach Berlin, wo er in seinen mündlichen
Vorträgen
und schriftstellerischen Arbeiten fortfuhr und Direktor der jüd. Freischule wurde. Zur Zeit der
Franzosenherrschaft redigierte er mit großer Umsicht die «Haude- und Spenersche
Zeitung». Er starb Er schrieb u. a.: «Über Parallellinien» (Berl. 1786),
Eduard, Historienmaler, geb. zu Berlin, widmete sich seit 1828 in Düsseldorf
[* 110] unter W. Schadow der Malerei, ging 1830-31 nach Italien, wo er später wiederholt weilte. Schon in seinen Jugendarbeiten, z. B.
in Boas und Ruth, bekundete er ein bedeutendes Talent, und bereits sein 1832 vollendetes großes Gemälde, Die trauernden
Juden in Babylon (Museum zu Köln),
[* 111] zeigte ihn auf seiner Höhe. Ein zweites größeres Bild, Zwei Mädchen
am Brunnen (1833), wurde vom Rheinisch-Westfälischen Kunstverein erworben.
Allgemeine Bewunderung erweckte das 1837 entstandene große Gemälde: Jeremias auf den Trümmern von Jerusalem
[* 112] (königl. Schloß
in Hannover).
[* 113] Nannte sich Bendemann selbst den Idyllenmaler des Alten Testaments, so sprach sich der idyllische
Charakter seiner Kunst noch deutlicher aus in der Ernte,
[* 114] Der Hirt und die Hirtin (Sammlung des GrafenRaczynski) und Die Töchter des
serb. Fürsten, nach einem serb. Volksliede. 1838 als Professor der Kunstakademie nach Dresden
[* 115] berufen, schmückte er dort
im königl. Schlosse den Thronsaal sowie den Ball- und Konzertsaal mit umfangreichen Fresken.
Von sonstigen Ölbildern, die in Dresden malte, sind noch hervorzuheben: der Kaiser Lothar II. für den Römer
[* 116] zu Frankfurt,
die Nausikaa für König Friedrich Wilhelm IV., Ulysses und Penelope (Museum zu Cassel). 1859 folgte Bendemann dem Rufe als Direktor
der Akademie zu Düsseldorf, legte dieses Amt jedoch 1867 wieder nieder. Dort noch hatte er 1866 den Fries
für die Realschule zu Düsseldorf (Allegorien und 20 Bildnisse großer Deutscher) gemalt;
seitdem lieferte er als Wandgemälde
im Schwurgerichtsgebäude zu Naumburg
[* 117] den Tod des Abel;
außerdem die Porträte
[* 118] Wilh. von Schadows, des Fürsten von Hohenzollern-Sigmaringen
(zu Antwerpen)
[* 119] und sein Selbstbildnis;
endlich 1872 das große Ölgemälde: Wegführung der Juden in die Babylonische Gefangenschaft
(Nationalgalerie in Berlin) und 1877 das von der AntwerpenerAkademie erworbene Ölgemälde: Penelope. 1880 vollendete er drei
größere Bilder, die die Fahrt durch die Wüste gleichnisartig darstellen. In B.s Bildern ist das lyrische,
zum Teil elegische Moment, die Darstellung des Gemütszustandes im Gegensatz zur dramatisch entwickelten Handlung, vorwiegend.
Sie tragen das Gepräge sorgfältigster Durchbildung Und graziöser Klassicität; im Kolorit versuchte der Künstler erst
spät den süßlichen Idealismus der Schadowschule mit dem modernen Realismus zu vertauschen. Bendemann starb zu
Düsseldorf.