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Die Ein- und Ausfuhr verteilt sich 1890 folgendermaßen auf die Industriezweige:
Waren | Einfuhr | Ausfuhr |
---|---|---|
in Mill. Frs.
Getreide | 302,0 | 90,0 |
---|---|---|
Rohstoffe der Textilindustrie | 204,5 | 95,0 |
Harz und Pech | 59,8 | 17,9 |
Chemikalien | 59,6 | 35,1 |
Rohe Häute | 57,4 | 44,0 |
Lebende Tiere | 53,4 | 22,5 |
Ölhaltige Samen | 51,3 | 19,1 |
Mineralien | 47,8 | 26,4 |
Mehl, Kleie, Stärke | 28,4 | 18,7 |
Fleisch | 27,9 | 24,3 |
Wollgewebe | 20,9 | 29,0 |
Dungmittel | 19,6 | 25,2 |
Droguen | 17,9 | 11,1 |
Baumwollgewebe | 17,8 | 23,0 |
Farbstoffe und Farben | 14,9 | 11,7 |
Rohes Blei | 14,3 | 10,9 |
Öle | 14,0 | 9,7 |
Maschinen | 13,6 | 46,5 |
Kurz- und Schnittwaren | 13,0 | 12,3 |
Zwirne und Garne | 11,8 | 72,2 |
Außerdem wurden eingeführt: Bauholz (im Werte von 62 Mill. Frs.), Kaffee (52 Mill.), Butter (33 Mill.), Kohlen und Briquettes (30 Mill.), Wein (24 Mill.), Eisen- und Stahlspäne und Eisenerze (19 Mill.), Reis (17 Mill.), Roheisen (15 Mill.), Konserven (15 Mill.), Seidengewebe (14 Mill.), Fische [* 2] (13 Mill.), Tabak [* 3] (12 Mill.), Kupfer [* 4] und Nickel (11 Mill.). – Wichtige Ausfuhrgegenstände sind noch: Kohlen (im Werte von 79 Mill. Frs.), Eisenbahn- und Pferdebahnwagen (58 Mill.), Garne (54 Mill.), Glaswaren (44 Mill.), Rohzucker (42 Mill.), Schmiede- und Walzeisen (42 Mill.), Rohzink (31 Mill.), Koks (27 Mill.), Eisenguß (25 Mill.), Steine (22 Mill.), Waffen [* 5] (16 Mill.), Roh- und Gußstahl (16 Mill.), Papier (14 Mill.), Lumpen (14 Mill.), Flachs-, Hanf- und Jutegewebe (13 Mill.), Häute 12 Mill.), Stahlwaren (12 Mill.), Kerzen (11 Mill.), Früchte (10 Mill.), raffinierter Zucker [* 6] (10 Mill.).
Die Beteiligung der auswärtigen Staaten zeigt folgende Tabelle (Werte in Mill. Frs.):
1892
Frankreich | 299 | 310 | |
---|---|---|---|
Deutschland | 167 | 313 | |
Niederlande | 178 | 189 | |
England | 182 | 234 | |
Rußland | 73 | 6 | |
Spanien | 14 | 28 | |
Italien | 20 | 22 | |
Rumänien | 62 | 7 | |
Schweden-Norwegen | 42 | 16 | |
Schweiz | 3 | 32 | |
Übriges Europa | 22 | 53 | |
Verein. Staaten | 206 | 53 | |
Südamerika | 137 | 35 | |
Britisch-Ostindien | 60 | 12 | |
Andere Staaten | 63 | 54 |
Von den Hauptwaren kamen (1892) in Prozenten auf:
Warengattung | Einfuhr | Ausfuhr |
---|---|---|
Nahrungs- und Genußmittel | 39,7 | 20,7 |
Tiere | 3,2 | 2,3 |
Rohstoffe | 45,4 | 38,9 |
Fabrikate | 11,7 | 38,1 |
Wie sich das Bild des belg. Handels mit Deutschland [* 7] (mit Einschluß von Bremen [* 8] und Hamburg) [* 9] gestaltet, zeigt die Tabelle auf S. 672.
Zu den Erleichterungen eines erweiterten Handelsverkehrs gesellte sich die Sorge der Regierung für den Abschluß von Handelsverträgen, besonders 1892 mit Deutschland und Österreich, [* 10] die Entwicklung des Konsulatswesens, die stetig fortschreitende Ermäßigung des Zolltarifs, die regelmäßige Verbindung mit überseeischen Staaten und das Bestreben, besonders ersichtlich in der Errichtung des Kongostaates, den Verlust des Kolonialverkehrs zu ersetzen. Am Ende des J. 1850 zählte die belg. Reederei 161 Kauffahrteischiffe; aber diese Entwicklung einer einheimischen Handelsmarine hat sich nicht gehalten, und 1892 bestand dieselbe aus nur 55 Schiffen (darunter 47 Dampfer) mit einem Gehalte von 72904 t. Eingelaufen waren 1891: 7395 Schiffe [* 11] mit 6025339 t. Ausgelaufen: 7377 Schiffe mit 6060913 t;
der Hauptverkehr geht über Antwerpen. [* 12]
An der Spitze der Banken des Landes steht die durch das Gesetz vom gegründete, 1872 auf 30 Jahre verlängerte, allein zur Ausgabe von Banknoten berechtigte Nationalbank. Ihr Kapital beträgt 50 Mill. Frs., bestehend in 50000 Aktien zu 1000 Frs. Die Nationalbank macht ausschließlich Depositen-, Giro- und Diskontogeschäfte und ist außerdem mit der unentgeltlichen Führung der Staatskasse beauftragt. 15 Proz. des 6 Proz. des eingezahlten Kapitals übersteigenden Reingewinns wird zum Reservefonds geschlagen, ein Sechsteil dem Staate zugeschrieben. Die älteste der zahlreichen Kreditinstitute und Bankanstalten B.s ist die Société générale pour favoriser l’industrie nationale. Außerdem giebt es mehrere Börsen (die wichtigste in Antwerpen), Handels- und Fabrikkammern.
Über Eisenbahnen s. Belgische Eisenbahnen. Die Länge der Chausseen betrug 1889 9000,5 km. Die Post beförderte 1892 138 Mill. Briefe und Postkarten, 88 Mill. Drucksachen und 100 Mill. Zeitungen. Ihre Einnahmen betrugen 17,5 Mill., die Ausgaben 9,9 Mill. Frs. Der 1851 eingeführte Telegraphendienst umfaßte 1892 7435 km Linien mit 965 Stationen und hatte 600000 Frs. Überschuß.
Verfassung und Verwaltung. Die 1892‒94 revidierte monarchisch-konstitutionelle Verfassung vom erkennt die Gleichheit aller Belgier vor dem Gesetz an, die Aufhebung jedes Ständeunterschiedes, das Recht der Vereinigung und Versammlung, die Freiheit der Meinungsäußerung und des Unterrichts. In gleicher Ausdehnung [* 13] ist die Freiheit jedes religiösen Kultus gewährleistet, so daß der Staat kein Recht der Einmischung hat in die Ernennung der Diener irgend eines Kultus, in den Verkehr des Klerus mit seinen geistlichen Obern und hinsichtlich der Bekanntmachung der religiösen Verordnungen.
Das Königtum ist erblich nach Primogeniturrecht, jedoch mit beständiger Ausschließung der Frauen und ihrer Nachkommenschaft. Mangels männlicher Nachkommen kann der König seinen Nachfolger unter mit Zweidrittelmehrheit erfolgter Zustimmung beider Kammern ernennen. Dem König, der an der Spitze der vollziehenden Gewalt steht und das Recht der Kammerauflösung hat, kommt nebst den beiden Kammern die gesetzgebende Gewalt zu. Die auf vier Jahre gewählten, alle zwei Jahre zur Hälfte zu erneuernden, mindestens 25 J. alten Mitglieder der Repräsentantenkammer, jetzt 152 an der Zahl (1 auf 40000 Einwohner), werden vermittelst des Pluralwahlsystems (s. d.) von allen 25 J. alten, mindestens ein Jahr in derselben Gemeinde ansässigen Staatsbürgern direkt gewählt. Wer Grund- oder Rentenbesitz im Mindestwert von 2000 Frs. hat, oder wer 35 J. alt, verheiratet oder Witwer mit ¶
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Handel Belgiens mit Deutschland (einschließlich Bremen und Hamburg).
Einfuhr | Im Durchschnitt | 1890 |
---|---|---|
(in Mill. Frs.) | 1886‒89 | |
Kohlen und Briquettes | 6,7 | 14,3 |
Eisen- und Stahlfeilspäne, Erze | 13,6 | 14,1 |
Hanf, Werg, Jute und Flachs | 9,4 | 10,1 |
Bauholz | 7,7 | 9,3 |
Vieh | 8,8 | 7,9 |
Schnitt- und Kurzwaren | 4,8 | 5,6 |
Baumwollgewebe | 5,0 | 5,5 |
Wollgewebe | 4,2 | 5,1 |
Rohe Häute | 2,9 | 5,0 |
Chemikalien | 4,9 | 5,0 |
Maschinen | 4,3 | 4,9 |
Dungmittel | 2,5 | 4,4 |
Seidengewebe | 2,5 | 3,8 |
Mehl, Kleie, Brot | 5,4 | 3,5 |
Waffen | 0,9 | 3,0 |
Hopfen | 0,9 | 2,9 |
Kleider | 2,6 | 2,8 |
Rohwolle | 2,6 | 2,6 |
Pferde und Füllen | 1,4 | 2,2 |
Alle andern Waren | - | 68,0 |
Ausfuhr | Im Durchschnitt | 1890 |
(in Mill. Frs.) | 1886‒89 | |
Getreide | 28,0 | 40,9 |
Rohe Häute | 25,4 | 21,3 |
Woll- und andere Zwirne | 13,8 | 14,0 |
Eisenbahn- und Pferdebahnwagen | 1,7 | 11,7 |
Pferde und Füllen | 12,3 | 11,3 |
Ölhaltige Samen | 13,2 | 11,1 |
Chemikalien | 5,8 | 9,7 |
Tierische Fette | 5,7 | 8,7 |
Zwirne aus Pflanzenstoffen | 6,5 | 7,4 |
Rohe Mineralien | 5,8 | 8,5 |
Dungmittel | 6,5 | 7,5 |
Koks | 4,2 | 6,7 |
Kohlen und Briquettes | 2,5 | 6,5 |
Petroleum | 8,7 | 6,1 |
Harze und Pech | 3,0 | 5,1 |
Maschinen | 2,1 | 4,8 |
Mehl, Kleie, Brot | 3,2 | 4,6 |
Hanf, Werg, Jute, Flachs | 4,0 | 4,6 |
Vegetabilische Öle | 3,6 | 3,8 |
Alle andern Waren | - | 69,0 |
Kindern ist und mindestens 5 Frs. Personalsteuer zahlt, hat eine zweite Wahlstimme; die akademisch Gebildeten oder eine höhere öffentliche Stelle Bekleidenden haben drei Wahlstimmen. Von den 101 auf 8 Jahre ernannten und alle 4 Jahre zur Hälfte zu erneuernden, mindestens 40 J. alten Senatoren werden 75 durch dieselben Wähler berufen; sie müssen aber wenigstens 1200 Frs. direkte Staatssteuern zahlen oder Immobilien im Wert von 12000 Frs. besitzen; die übrigen 26 werden ohne Census durch die Provinzialräte gewählt.
Jedes Jahr genehmigen die Kammern das Budget. Auch der Bestand des Heers wird jährlich ihrer Beratung unterworfen. Für Verfassungsänderungen müssen nach vorgängiger Erklärung von seiten des Senats und der Repräsentanten neue Kammern berufen werden. Ein verantwortliches Ministerium steht unter dem Vorsitze des Königs an der Spitze der Verwaltung. Das Ministerium ist zusammengesetzt aus den Abteilungen des Innern, der auswärtigen Angelegenheiten, der Finanzen, der Justiz, des Krieges, der Abteilung für Ackerbau, Industrie und öffentliche Arbeiten und derjenigen für Eisenbahnen, Post und Telegraphen. [* 15]
Die neun belg. Provinzen sind ausschließlich Verwaltungsbezirke. Die Provinzialverwaltung wird geführt von einem vom König ernannten Gouverneur, einem Provinzialrat und einem ständigen Ausschuß. Die Provinzen sind eingeteilt in Verwaltungsarrondissements, deren jedes seinen Arrondissementskommissar hat. – Für das Gerichtswesen ist Belgien [* 16] eingeteilt in Kantons;
jeder Kanton [* 17] hat seinen Friedensrichter, der über Polizeiverbrechen und Civilsachen bis zu 200 Frs. entscheidet;
weiter in Arrondissements, die von den Verwaltungsarrondissements verschieden sind;
jedes Arrondissement hat ein Gericht erster Instanz (bis zu 2000 Frs. korrektionelle Gerichtsbarkeit).
Gerichte in erster Instanz sind auch die 14 Handelsgerichte. Friedensrichter und Richter in erster Instanz werden vom König ernannt. Es giebt 3 Appellationshöfe, in Brüssel, [* 18] Gent [* 19] und Lüttich. [* 20] Die Mitglieder derselben werden vom Könige aus einer Doppelliste dieser Gerichtshöfe und der Provinzialräte gewählt. Für Kriminalsachen, politische und Preßvergehen giebt es in jeder provinziellen Hauptstadt einen sog. Cour d’assises, wobei ein Geschworenengericht über die Schuld des Angeklagten entscheidet. Das Gerichtsverfahren ist öffentlich. Für ganz Belgien besteht ein Kassationshof, der über Formfehler und bei Ministerprozessen entscheidet und dessen Mitglieder vom Könige aus einer vom Senat und Kassationshofe gebildeten Liste ernannt werden. Der Code Napoléon bildet die Grundlage der Justizgesetze, der Code pénal wurde 1867 wesentlich gemildert. Belgien gehört der (1865 gegründeten) Lateinischen Münzkonvention (s. d.) an.
Über Heer und Flotte s. Belgisches Heerwesen. Das Wappen (s. beistehende [* 14] Figur) ist der goldene stehende Brabanter Löwe mit ausgestreckter roter Zunge, auf schwarzem Grunde, mit der Devise: «L’union fait la force». Die Farben des Landes sind (seit 1831) Rot, Gelb und Schwarz senkrecht nebeneinander; letzteres der Flaggenstange zunächst. Von Orden [* 21] besteht der Leopoldsorden (s. d., 1832 gestiftet) und der Orden für Civilverdienste (gestiftet 1867).
Finanzen. Die Staatseinnahmen betrugen (1890) 378,40, die Ausgaben 417,89 Mill. Frs. Für 1894 sind die erstern zu 349,31, die letztern zu 347,72 Mill. Frs. aufgestellt, und zwar verteilen sich die Einnahmen auf direkte Steuern (Grund-, Personal-, Gewerbesteuer) mit 51,0 Mill. Frs., indirekte Steuern 67,11 Mill. Frs. (darunter Eingangszölle 24,50, Konsumtionsabgaben 42,18 Mill. Frs.), Einnahmen aus Verkehrsanstalten 158,65 Mill. Frs. (darunter Eisenbahnen 139 Mill. Frs.), Registrierabgaben 51,22 und verschiedene Einnahmen (Do-
[* 14] ^[Abb. Wappen [* 22] von Belgien] ¶
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mänen, Forsten, Kautionen, Lotsen- und Leuchtturmtaxen u. s. w.) 17,03 Mill. Frs. Die Ausgaben zerfallen in Staatsschuld (Zinsen und Renten) 107,75 Mill. Frs., Dotationen für den König und den Grafen von Flandern 4,59 Mill. Frs., Justizministerium 19,14, Ministerium des Innern und des Unterrichts 23,66, des Ackerbaues u.s.w. 17,70, der Eisenbahnen, Post und Telegraphen 103,4i, des Krieges 47,11, der Finanzen 15,7, des Äußern 2,5, andere Ausgaben 1,5 Mill. Frs.
Geistige Kultur. Die geistige Bildung des belg. Volks steht dessen Entwicklung auf industriellen und merkantilem Gebiete noch nach, aber auch hierin zeigt sich ein stetiger Fortschritt. Haupthindernis der intellektuellen Entwicklung war die Verschiedenheit der Sprachen, die namentlich eine selbständige nationale Litteratur nicht aufkommen ließ. Doch haben die vielen vom Staate, vom König, von Privaten und wissenschaftlichen Gesellschaften aufgestellten Preisbewerbungen für die verschiedenen Zweige geistigen Schaffens eine Thätigkeit geweckt, wie sie sich kaum anderswo unter entsprechenden Verhältnissen kräftiger und fruchtbarer darbietet.
Unterrichtswesen. Die Einrichtung des Schulwesens war bei der durch die Konstitution gewährleisteten Lehrfreiheit und dem übermächtigen Einfluß der Geistlichkeit vou Anfang an für den neu errichteten belg. Staat eine höchst schwierige Aufgabe. Das zuerst abgefaßte Unterrichtsgesetz (Sept. 1834) betraf das höhere Schulwesen, darauf folgte (Sept. 1842) ein Gesetz über den Primärunterricht, zuletzt (Febr. 1850) eins über den mittlern Unterricht, selbstverständlich ist seitdem von der ursprünglichen Organisation jeder dieser Unterrichtszweige in der mannigfachsten Weise abgewichen worden.
Bei der Organisation des höhern Unterrichtswesens (1834) erhielten die Universitäten Lüttich und Gent den Charakter von (wallonischen und vlamländischen) Staatsuniversitäten. Sofort benutzte die kath. Geistlichkeit die grundgesetzliche Lehrfreiheit zur Errichtung einer kath. Universität in Mecheln [* 24] der aber von liberaler Seite sehr bald die freie Universität in Brüssel gegenübergestellt wurde; die kath. Universität wurde alsbald nach der alten Universitätsstadt Löwen [* 25] verlegt.
Nur letztere hat eine theol. Fakultät; die übrigen nur vier Fakultäten. Doch stehen mit der Genter und Lütticher Universität außer den mit ihnen verbundenen Lehrerseminaren noch gewisse technische Hochschulen und Ingenieurakademien in Verbindung. Lüttich hat eine Bergschule, eine Polytechnische Schule, eine Schule für mechan. Technologen und Elektricitätsingenieure, Gent ebenfalls eine Polytechnische Schule und Schule für Ingenieure und Architekten.
Bald sind auch Brüssel mit einem Polytechnikum, Löwen mit technischen Spezialschulen nachgefolgt. Akademische Grade werden erworben nach bestandener Prüfung vor einer centralen Staatskommission, an welcher die Professoren der verschiedenen Universitäten sich beteiligen, ein System, womit man die mannigfachsten Versuche gemacht hat. 1891 hatte Gent 783, Lüttich 1383, Brüssel 1092, Löwen 1800 Studierende, gegen 396, 331, 279, 490 im J. 1840.
Der belg. mittlere Unterricht ist mit dem deutschen schwer vergleichbar. Man unterscheidet den mittlern Unterricht höhern und niedrigern Grades. Die Schulen der ersten Gattung sind an erster Stelle königl. Atheneen. Diese haben eine Abteilung für Humaniora (stehen aber an Gediegenheit der klassischen Bildung den deutschen Gymnasien weit nach) und eine Abteilung, welche eine Bildung bezweckt, die für andere höhere Berufsarten als die eigentlich gelehrten befähigt, in deren Lehrprogramm die neuern Sprachen eine hervorragende Stelle einnehmen.
Ziemlich gleichartig mit den Atheneen, aber nicht vom Staate, sondern von den Gemeinden unterhalten, sind die sog. Collèges communaux und die sog. patronierten, d. h. von den Gemeinden unterstützten privaten Colleges. Der mittlere Unterricht niedrigern Grades umfaßt mittlere Staats-, Gemeinde- und patronierte Schulen für Knaben und, seit dem Gesetz von 1881, für Mädchen, welche eine geringere, mehr unmittelbar für das praktische Leben verwendbare Bildung bezwecken.
Die Einteilung und Frequenz der mittlern Schulen erhellt aus folgender Tabelle:
Mittlere Schulen | Zahl der Schulen 1860 | Zahl der Schüler 1860 | Zahl der Schulen 1890 | Zahl der Schüler 1890 | |
---|---|---|---|---|---|
Königl. Atheneen | 10 | 2939 | 20 | 5726 | |
Colleges der Gemeinde | 14 | 1133 | 8 | 564 | |
Patronierte Collèges | 11 | ? | 7 | 831 | |
Mittlere Schulen des Staates für Knaben | 50 | 6962 | 79 | 12473 | |
Mittlere Schulen der Gemeinden für Knaben | 3 | 888 | 5 | 1422 | |
Patronierte mittlere Schulen | 6 | ? | 4 | 392 | |
Mittlere Schulen des Staates für Mädchen (1881) | 26 | 3427 | 34 | 5721 | |
Mittlere Schulen der Gemeinden für Mädchen (1881) | 4 | 1025 | 4 | 1273 |
Für Lehrerbildung für den mittlern Unterricht niedrigern Grades giebt es ein Seminar zu Nivelles und eine sog. Section normale zu Gent, ersteres 1882 mit 47, 1889 mit 12, letztere 1882 mit 34, 1889 mit 6 Schülern.
Für den höhern Unterricht gab es bis 1891 in Lüttich ein Seminar für Sprachen (1882 mit 52, 1889 mit 12 Schülern), in Gent ein Seminar für exakte Wissenschaften (1882 mit 29, 1889 mit 5 Schülern). Seminare für Lehrerinnen giebt es in Lüttich (1882 mit 45, 1891 mit 28 Schülerinnen) und Brüssel (1882 mit 29, 1891 mit 17 Schülerinnen).
Der belg. Primärunterricht umfaßt Kindergärten, eigentliche Primärschulen, Schulen für Erwachsene (organisiert 1869) und Lehrerseminare. Vom Staate völlig unabhängige Schulen giebt es jetzt nur sehr wenige; am zahlreichsten sind die von den Gemeinden errichteten und unterhaltenen Schulen, welche aber seit dem Gesetz vom unter starkem Einfluß der Geistlichkeit stehen. Zugleich aber können Privatschulen, fast ausschließlich Schulen der Geistlichkeit, von der Gemeinde adoptiert werden, was seit jenem Gesetze vom wegen der Bestimmung, daß Adoptierung von Privatschulen zur Aufhebung bestehender Kommunalschulen berechtige, häufig geschehen ist.
Öffentliche Kindergärten bestanden:
Im Jahre | In den Gemeinden | Adoptiert | Zahl der Kinder |
---|---|---|---|
1845 | 17 | 84 | 9405 |
1869 | 119 | 233 | 43512 |
1881 | 684 | 24 | 56408 |
1885 | 642 | 234 | 85483 |
1890 | 689 | 456 | 113172 |
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Die Zahl der Lehrer und Schüler an den eigentlichen Primärschulen betrug:
Im Jahre | Gemeindeschulen Lehrer | Gemeindeschulen Schüler | Adoptierte Schulen Lehrer | Adoptierte Schulen Schuler | Gesamtzahl Lehrer | Gesamtzzahl Schüler | |
---|---|---|---|---|---|---|---|
1845 | -- | 218054 | -- | 108559 | -- | 326613 | |
1869 | 5799 | 424349 | 1308 | 69036 | 7107 | 493385 | |
1883 | 8657 | 345687 | 12 | 325 | 8669 | 346012 | |
1885 | 7941 | 422150 | 2726 | 166654 | 10667 | 588804 | |
1890 | 8591 | 440646 | 3204 | 175445 | 11795 | 616091 |
Die Zahl der Schüler in den Schulen für Erwachsene betrug:
Im Jahre | Gemeindeschulen | Adoptierte Schulen | Zusammen | |
---|---|---|---|---|
1845 | 6385 | 31765 | 38150 | |
1869 | 67668 | 6497 | 74165 | |
1881 | 76253 | 665 | 76918 | |
1885 | 61759 | 2589 | 64348 | |
1890 | 62159 | 5516 | 67675 |
Die Seminare für Lehrer und Lehrerinnen sind teils Staatsinstitute, teils von Provinzen, Gemeinden und Privatleuten errichtet und vom Staate anerkannt worden; außer den förmlichen Seminaren giebt es noch vom Staate unterhaltene, weniger umfassende Einrichtungen für denselben Zweck, sog. Schulabteilungen für Lehrerbildung (Sections normales). In der letzten Zeit ist ebenfalls die große Mehrzahl der Schüler von den Staatsinstituten in die weit mehr unter dem Einfluß der Geistlichkeit stehenden sog. anerkannten Seminare übergegangen. Eine Übersicht der Seminare giebt folgende Tabelle:
Im Jahre | Für Lehrer | Für Lehrerinnen | ||||||||||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Staatsseminare | Sections normales | Anerkannte Seminare | Staatsseminare | Sections normales | Anerkannte Seminare | |||||||
Zahl der Schulen | Zahl der Schüler | Zahl der Schulen | Zahl der Schüler | Zahl der Schulen | Zahl der Schülerinnen | Zahl der Schulen | Zahl der Schülerinnen | Zahl der Schulen | Zahl der Schülerinnen | |||
1845 | 2 | 103 | -- | -- | 7 | 365 | -- | -- | -- | -- | -- | -- |
1850 | 2 | 205 | 2 | 19 | 7 | 316 | -- | -- | -- | -- | 10 | 69 |
1875 | 2 | 235 | 5 | 321 | 8 | 643 | 1 | 77 | -- | -- | 22 | 1139 |
1884 | 6 | 634 | 8 | 756 | 2 | -- | 4 | 653 | 5 | 652 | 8 | -- |
1885 | 6 | 643 | 3 | 325 | 10 | 689 | 4 | 450 | 5 | 505 | 23 | 960 |
1890 | 5 | 250 | 2 | 87 | 11 | 720 | 3 | 205 | 3 | 161 | 23 | 1085 |
Die Pflege der schönen Wissenschaften in franz. Sprache [* 27] wird durch die Überflutung der aus Frankreich eindringenden Produktionen in hohem Maße zurückgedrängt. Aber auch das eigene Schaffen ist stark und in stetem Fortschritt begriffen und zahlreiche Namen haben sich wenigstens im Inlande Ruf und Ansehen erworben. Reicher ist die schöne Litteratur der Vlämen. (S. Vlämische Sprache und Litteratur.)
Die bildenden Künste, besonders Malerei und Baukunst, [* 28] verdankten schon dem Reichtum der flandr. Städte und dem Glänze des burgund. Hofs eine schöne Blütezeit: aber es trat auch hierin nach der vorübergehenden Glanzperiode Rubens' und seiner Schüler ein langer Schlummer ein, bis die Kräfte neuerdings wieder zu schöpferischer Thätigkeit gespornt wurden. Eines hohen Rufs genießt das großenteils vom Staat unterhaltene, seit Fétis' Tod von Gevaert geleitete Konservatorium zu Brüssel.
Das belg. Theater [* 29] war dagegen bisher ohne allen nationalen Charakter. Das Staatsbudget von 1887 hatte einen Posten von 6 Mill. Frs. für künstlerische Anstalten und Zwecke, dasselbe ungefähr für beide Staatsuniversitäten. Zur Förderung wissenschaftlicher Thätigkeit sind vom Staate für das Gebiet der exakten und schönen Wissenschaften verschiedene Fünf- oder Dreijahrspreise errichtet worden, wozu sich seit 1874 die durch den König erfolgte Stiftung eines Jahrespreises von 25000 Frs. gesellt.
Zeitungen und Zeitschriften. 1605 erschien bereits zu Antwerpen, wie es scheint in unbestimmten Zwischenräumen, eine illustrierte Kriegszeitung u. d. T. «Nieuwe tijdinghen» (seit 1637 «Posttijdingen»),
als deren Nachfolgerin die erst 1827 eingegangene Gazette van Antwerpen» angesehen wird. Unter der span. und österr. Herrschaft besaß jede bedeutendere Stadtgemeinde ihre privilegierte Zeitung, jedoch ohne polit. Tendenz. zu erwähnen sind unter denselben der 1649 auftauchende «Courrier véritable des Pays-Bas», der mit der einzigen Unterbrechung 1746-49 und unter verschiedenen Titeln (zuletzt «Gazette des Pays-Bas») sich bis 1794 erhielt, das «Journal de Liège» (1764) und die 1667 gegründete „Gazette von Gent", die beide noch heute bestehen.
Unter der franz. Herrschaft sind neben der Unzahl der franz., vorschriftsmäßig eingerichteten Departementsblätter von histor. Wert: «Le [* 30] Compilateur» (1798-1810),
«Le vrai Brabançon» mit kath.-österr. Färbung (1790-92),
das «Journal de la Société des amis de la liberté et de l'égalite» (1792-93) nebst dem «Républicain du Nord», streng französisch-republikanisch. Als Tageblatt erhielt sich das «Oracle» (1800-27). Unter der niederländ. Regierung waren die Bestimmungen des Preßgesetzes vom scharf genug, um die Preßprozesse sehr stark zu mehren. Außer der amtlichen «Gazette des Pays-Bas» und dem noch bestehenden farblosen «Journal de la Belgique» sind hervorzuheben der «Nain jaune réfugié», ein Spottblatt gegen die bourbon.
Familie, dessen Redacteure 1818 des Landes verwiesen wurden; der «Vrai Libéral», der 1816 aus der Vereinigung des «Mercure surveillant» und des «Nain janne» entstand, aus dem sich 1821 der durch seine erbitterte Opposition berühmt gewordene «Courrier des Pays-Bas» herausbildete. Daneben galten als die wichtigsten Oppositionsblätter vom ultramontanen Standpunkte der 1820 begründete «Courrier de la Meuse», der 1841 nach Brüssel übersiedelte und zum jetzigen «Journal de Bruxelles» umgestaltet wurde; in Brüssel der geistvoll von Devaux, Lebeau und Rogier geleitete «Mathieu Laensberg», der, 1824 begründet, seit 1828 «Politique», seit 1841 «Tribune» hieß, aber 1849 unter letzterer Benennung sich zum Organ des Republikanismus an der Stelle des ultraliberalen «Libéral liégeois» (1845-49) umwandelte; der ¶
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«Catholique des Pays-Bas», das nachmalige «Journal des Flandres» zu Gent; das kath. «Journal d'Anvers», seit 1811, und das «Journal de l'opposition», das 1827-30 zu Mastricht erschien. Ministerielle Blätter waren in Brüssel der aus der Revolution von 1830 bekannte «National» und das «Jounal de Gand» (seit 1831 «Messager de Gand»),
bis auf die neueste Zeit orangistisch.
Die verbreitetsten Zeitungen tragen franz. Gepräge. Seit der beschlossenen Abschaffung des Stempels, noch mehr seit Erniedrigung des Postsatzes hat sich ihre Zahl bedeutend gesteigert. Unter den Blättern der liberalen Richtung ist das bedeutendste die «Indépendance belge» (s. d.),
gegenwärtig die im Auslande am meisten verbreitete der belg. Zeitungen. Sie ist nach außen gemäßigt und hält sich in der innern Politik auf der Linken. Nach dem Untergange des «Observateur» (1835-60) sind unter den Organen des Liberalismus weiter zu erwähnen: das bis 1878 von L. Hymans geleitete Blatt [* 32] «Echo du Parlament» (gegründet 1857),
seit 1887 durch die «Nation» ersetzt;
die Brüsseler «Etoile belge» (anfänglich orleanistisch, später entschiedener Gegner des Bonapartismus und der preuß. Politik),
das verbreitetste Blatt;
seit 1871 die Brüsseler «Gazette»;
der «Précurseur» zu Antwerpen (seit 1835),
der namentlich die Handelsinteressen berücksichtigt;
das «Journal de Liége» und die «Meuse» in Lüttich;
das «Journal de Gand»;
die 1874 in Gent gegründete «Flandre libérale» und das «Journal de Verviers».
Als Organe der parlamentarischen Rechten (d. i. der sog. Katholiken) bestehen, nach Eingehen der «Emancipation» (in Brüssel begründet),
das gemäßigte «Journal de Bruxelles», in unmittelbarer Verbindung mit dem Episkopat und als halbamtliches Organ der kath. Regierung betrachtet, im Gegensatz zum fanatisch kirchlich gesinnten «Courrier de Bruxelles»; der «Patriote» (Volksblatt),
die «Gazette de Liège», das «Jounal d'Anvers», der «Bien public» in Gent (völlig ultramontan),
die «Patrie» in Brügge und der «Ami de l'ordre» zu Namur. [* 33] Demokratischen Bestrebungen huldigen mit verschiedenen Schattierungen, aber mit großem Anhang, die Brüsseler «Réforme» (Organ der Radikalen),
in Brüssel der «Peuple» und in Gent das vläm. «Vooruit», beide der socialistischen Arbeiterbewegung das Wort redend. Der berühmte, 1831 gegründete und der Satire gewidmete «Mephistophiles» ging 1858 wieder ein. Ein auch als liberales Organ bedeutendes Wochenblatt ist seit 1858 die Brüsseler „Office de publicité“. Großen Beifalls erfreuen sich die zu Anfang der siebziger Jahre in Brüssel entstandenen und innere Angelegenheiten frei besprechenden Tageblätter zu 2 Cent.: «Chronique» und «Nouvelles». Der von Rußland beeinflußte «Nord» ist eingegangen. Als Staatsanzeiger besteht seit 1831 der «Moniteur belge».
In Bezug auf eigentlich litterar. Zeitschriften zehrt Belgien von den Erzeugnissen des Pariser Büchermarkts. Vor der Abschaffung des Nachdrucks (1854) konnte sich kaum eine inländische Zeitschrift erhalten. Aber selbst jetzt noch hat der sonst weit vorgeschrittene Staat in diesem Punkte nicht die Höhe erreicht, auf der er stand, als Rousseau (von Toulouse) [* 34] und dessen Nachfolger in Lüttich und später in Bouillon (1756-93) dem berühmten «Journal encyclopédique» vorstanden und der Abbé de Coster zu Lüttich 1772 den bis 1818 fortgeführten «Esprit des journaux», der Jesuit Feller zu Luxemburg, dann seit 1788 zu Lüttich, später zu Maastricht [* 35] das «Jounal historique et littéraire» herausgaben.
Die «Revue belge» (1835-43),
an der alle litterar. Größen des Landes teilnahmen, brachte es trotz öffentlicher Unterstützung kaum auf 600 Abnehmer. Besser bestand wegen seines mehr histor.-archäol. Charakters der «Messsager des sciences historiques» (seit 1833 zu Gent),
sowie die von den Professoren der Universität Löwen geleitete «Revue catholique», der 1842 eine Fehde mit dem von Kersten zu Lüttich (1834-69) trefflich geleiteten orthodoxen «Journal historique et littérare» das Entstehen gab. Gleichfalls kath. Zwecke verfolgt die in Brüssel erscheinende, von de Haulleville geleitete «Revue générale». In entgegengesetzter Richtung wirkte seit 1854 zu Brüssel die von van Bemmel mit vielem Erfolg geleitete «Revue trimestrielle», nach deren Untergang 1868 die von de Laveleye, Graf Goblet, Potvin u. a. geleitete «Revue de Belgique» entstanden ist.
Die vläm. Interessen wurden früher am würdigsten durch das «Belgisch Museum» (1837-45) unter Willems, seitdem aber, nach dem Aufhören von Wolfs «Broederhand» (1846),
durch den Antwerpener «Taalverbond» vertreten, seit 1874 durch das Genter «Nederduitsch Museum», seit 1879 durch den «Vlaamsche Kunstbode» in Antwerpen, seit 1885 durch die Brüsseler, von H. Haerynck geleitete Wochenschrift «Flandria». Außer den Schriften der zahlreichen gelehrten Körperschaften verdienen als vortreffliches Specialblatt noch besonderer Erwähnung die «Annales des travaux publics» (seit 1843). Sehr geschätzt sind als Kunstblätter seit 1858 das «Journal des beaux-arts» (redigiert von Siret) und seit 1878 die in Antwerpen erscheinende «Revue artistique». Sonst verdienen noch Erwähnung: van Houttes «Flore des serres» (in Gent),
«Illustration horticole» (in Gent, redigiert von Lemaire),
für die Armee das «Journal militaire» und die «Belgique militaire», für Medizin das «Journal de médicine“ (seit 1842) und die »Annales de médicine véterinaire" (seit 1852),
für Staatswirtschaft und Jurisprudenz «Belgique judicaire», «Moniteur du notariat» und «L'Économiste» (von Molinari).
Nachstehende Tabelle giebt Auskunft über Anzahl und Art der zu Anfang 1890 erscheinenden Zeitungen und Zeitschriften:
Provinzen | Politische | Finanzielle | Ackerbau, Handel, Gewerbe | Sonstige | Gesamtzahl |
---|---|---|---|---|---|
Antwerpen | 24 | 2 | 6 | 48 | 80 |
Brabant | 94 | 27 | 43 | 188 | 352 |
Westflandern | 45 | 1 | 5 | 23 | 74 |
Ostflandern | 58 | 2 | 6 | 56 | 122 |
Hennegau | 52 | - | 17 | 38 | 107 |
Lüttich | 62 | 1 | 15 | 50 | 128 |
Limburg | 22 | - | 1 | 7 | 30 |
Luxemburg | 14 | - | 3 | 3 | 20 |
Namur | 15 | 1 | 3 | 17 | 36 |
Königreich | 386 | 34 | 99 | 430 | 949 |
^[Tabellende]
Von diesen 949 Blättern erscheinen 87 täglich, 628 wöchentlich und 234 in andern Zwischenräumen. Das Wachsen des vläm. Elements zeigt sich in der bedeutenden Zunahme der vläm. Zeitungen und ¶
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Zeitschriften. Dieselben sind von 90 (Ende 1860) auf (1890) 296 gestiegen.
Litteratur. Höften, Vlämisch-Belgien (2 Bde., Brem. 1847);
Scheler, Annuaire statistique et historique belge (Brüss. 1854-68);
Houzeau, Essai d'une géographie physique de la Belgique (ebd. 1854);
Horn, Bevölkerungswissenschaftliche Studien aus Belgien, Bd. 1 (Lpz. 1854);
van Bruyssel, Histoire du commerce et de la marine en Belgique (3 Bde., Brüss. 1861-64);
Meulemans, La Belgique, ses ressources agricoles, industrielles et commerciales (Gent 1865);
Jourdain, Dictionnaire de géographie historique du royaume de Belgique (Brüss. 1868-69);
van Bruyssel, L'industrie et le commerce en Belgique (ebd. 1868);
Dewalgue, Description géologique de la Belgique (1868);
Patria Belgica, hg. von E. van Bemmel (3 Bde., Brüss. 1873-75);
van Bemmel, Belgique illustrée (2 Bde., ebd. 1878-82);
Genonceaux, La Belgique physique, politique, industrielle et commerciale (ebd. 1878);
Hymans, La Belgique contemporaine (Mons [* 37] 1880);
Kips, Guide to Belgium (Lond. 1881);
Rodenberg, und die Belgier (Berl. 1881);
Hochsteyn, Dictionnaire géographique belge, contenant la nomenclature compléte des communes et hameaux (Brüss. 1882);
Wauters, La Belgique ancienne et moderne (ebd. 1882 fg.);
Joanne, Belgique (Par. 1885);
Brämer, Nationalität und Sprache im Königreich (in den «Forschungen zur deutschen Landes- und Volkskunde», Bd. 2, Stuttg. 1887);
Leroy, Géographie génerale de la Belgique (Namur 1889);
Penck, Das Königreich (in Kirchhoffs «Länderkunde von Europa», [* 38] Bd. 2, Wien [* 39] 1889);
Baedeker, und Holland (20. Aufl., Lpz. 1894);
Annuaire statistique de la Belgique (amtlich, erscheint jährlich).
Geschichte.
1) Ältere Geschichte bis zur Februarrevolution 1830. An der Grenze von Gallien und Germanien [* 40] bildeten zur Römerzeit die südl. Niederlande, [* 41] unter dem Namen Gallia belgica, einen Teil Galliens. Ihre Bevölkerung [* 42] war aus kelt. und einigen german. Stämmen gemischt; während die der nördl. Niederlande ausschließlich germanisch war. Unter der fränk. Herrschaft ward das german. Element im 5. und 6. Jahrh. auch in den südl. Gebieten vorherrschend. Im Vertrage von Verdun [* 43] (843) fiel das spätere Westflandern und Artois an Karl den Kahlen, die übrigen niederländ. Gebiete dagegen an das Reich Lothars.
Auch Lothar teilte das Reich unter seine Söhne. Nach dem Ausgange eines derselben, Lothars II., kam dessen Reich (Lothringen und Friesland), welches den größten Teil der spätern Niederlande umfaßte, infolge des Vertrags von Mersen (870) an Deutschland und blieb dabei mit Ausnahme der Zeit von 911 bis 924. Seit der Auflösung des karolingischen Reichs breitete sich bis Ende des 11. Jahrh. das Lehnwesen immer mehr aus. Die einzelnen südl. Provinzen wurden Herzogtümer oder Grafschaften.
Die Grafschaft Flandern, die vor allen durch Gewerbe und Handel an Macht und Reichtum zunahm, verteidigte in langem Kampfe ihre Selbständigkeit gegen die Verschmelzung mit Frankreich. Sie kam nach dem Aussterben des Mannsstammes der flandr. Grafen (1384) an das Haus Burgund, das 1406-73 durch Heirat, Erbschaft, Kauf und Vertrag auch fast alle andern niederländ. Provinzen vereinigte, nachdem schon 1288 die brabant. Herzöge durch die Vereinigung Limburgs mit Brabant den Grund zu einer ausgedehntern Herrschaft gelegt hatten.
Die burgund. Regenten verfolgten den Plan der Gründung eines mächtigen Zwischenstaates zwischen Deutschland und Frankreich und bekämpften im Innern den demokratischen Geist der rasch aufblühenden Städte. Philipps Sohn, Karl der Kühne, unterlag aber in den Kämpfen mit Schweizern und Lothringern. Nach seinem Tode 1477 verlor seine Tochter Maria Burgundien an Frankreich, die übrigen burgund. Besitztümer, darunter die Niederlande, kamen durch ihre Heirat mit Maximilian I. an das Haus Österreich. Maximilians Enkel, Karl V., erreichte, was die Burgunder angestrebt hatten; Flandern und Artois wurden der Oberlehnsherrlichkeit Frankreichs enthoben und 1548 mit den übrigen Niederlanden zu dem sog. Burgundischen Kreis [* 44] vereinigt, der nur in sehr lockerm Zusammenhang mit dem Deutschen Reiche blieb. (S. Niederlande.)
Mit der Thronentsagung Karls V. (1555) fielen sämtliche Niederlande an Philipp II. und sollten fortan nach Primogeniturrecht mit Spanien [* 45] vereinigt bleiben. Kaum hatte der Friede von Cateau-Cambresis 1559 den Angriffen Frankreichs ein Ziel gesetzt, als die religiösen Bewegungen der Reformation und die despotischen Eingriffe Philipps in die Rechte der Stände und Provinzen den langen Bürgerkrieg entzündeten, der mit der Unabhängigkeit der nördl. Niederlande endete, während in den südlichen, in Belgien, mit der Herrschaft Spaniens auch die des Katholicismus behauptet und befestigt wurde.
Für kurze Zeit ward Belgien durch die Cession Philipps II. 1598 an seine Tochter Isabella und deren Gemahl, Erzherzog Albrecht, ein selbständiges Reich. Es geschah manches unter dieser Regierung für die Ordnung der innern Zustände, wie z. B. durch die Sammlung der die Justizpflege betreffenden Verordnungen in dem 1611 publizierten Édit perpétuel, sowie für Hebung [* 46] der durch die Politik Philipps II. zerrütteten Industrie. Die Ehe Albrechts blieb kinderlos, und so fiel Belgien nach Albrechts Tode (1621) an Spanien zurück, wurde in den Verfall dieser Monarchie hineingerissen und in den Kriegen gegen Frankreich und Holland den ersten Angriffen bloßgestellt.
Meist auf B.s Kosten ward der Friede erkauft. Im Pyrenäischen Frieden von 1659 unter Philipp IV. kamen die Grafschaft Artois, Diedenhofen [* 47] und andere Gebiete an Frankreich. Neue Eroberungen der Franzosen, anerkannt durch den Frieden von Aachen [* 48] von 1668, rissen Lille, [* 49] Charleroi, Oudeuaarde, Kortrijk, Touruai ab, die zwar teilweise im Nimwegener Frieden (1679) an Belgien zurückfielen, wogegen dieses aber andere Gebietsteile mit Valenciennes, Nieuport, Cambrai, St.Omer, Ypern, Charlemont verlor und im Ryswijker Frieden von 1697 nur teilweise wiedererhielt.
Nach dem Abschlusse dieses Vertrags suchte die Regierung dem gesunkenen Wohlstande durch eine neue Zollgesetzgebung sowie auf andere Weise aufzuhelfen und namentlich dem Nachteile der im Interesse Hollands beschlossenen Schließung der Schelde durch Anlage von Kanälen zu begegnen. Allein diese Verbesserungen blieben infolge des langwierigen Spanischen Erbfolgekrieges ohne Erfolg. Durch den Utrechter Frieden 1713 kam an Österreich, das jedoch im sog. Barrieretraktat (s. d.) 1715 den holländ. Generalstaaten ein Besatzungsrecht in den wichtigsten Festungen an der franz. Grenze nebst andern Befugnissen einräumte, namentlich auch die fortwährende Schließung der Schelde anerkannte. Auch die 1722 ¶