umgekehrten, abgestumpften, von vorn nach hinten zusammengedrückten
Kegel darstellt, dessen die Hüften bildende
Basis nach
oben liegt. Es wird aus vier durch Faserknorpel und
Bänder vereinigten
Knochen,
[* 2] den beiden Hüftknochen (Ossa innominata s.
coxae), dem Kreuzbein (Os sacrum), welches die Wirbelsäule trägt, und dem
Steißbeine (Os coccygis) gebildet. Jedes Hüftbein
zerfällt in drei, während des Wachstums voneinander getrennte, erst während der
Pubertät miteinander verschmelzende
Knochen,
in ein oberes schaufelförmiges
Stück, das
Darmbein (Os ilei), ein unteres
Stück, das
Sitzbein (Os ischii), und ein vorderes
Stück, das Scham- oder
Schoßbein (Os pubis).
An der
Vereinigung dieser
Teile sitzt nach unten die Pfanne, welche zur
Aufnahme desKopfes des Oberschenkels
bestimmt ist. Nach einwärts von der Pfanne liegt das sog. eirunde Loch oder Hüftloch (foramen
obturatorium), welches durch die
Äste des Sitz- und Schambeins umgeben und durch eine fibröse
Haut
[* 3] (membrana obturatoria)
so verschlossen wird, daß nur an seinem obern äußern Winkel
[* 4] eine schräg verlaufende, aus der kleinen
Beckenhöhle führende
Lücke (canalis obturatorius) offen bleibt.
Den obern Rand des Hüftbeins nennt man den Hüftbeinkamm, den untern, hervorragenden Winkel des
Sitzbeins den
Sitzknorren.
Die
Vereinigung der beiden Schambeine nach vorn bildet den Schambogen; den in der Mitte liegenden, durch Knorpel
[* 5] und ein
kurzes, festes
Band
[* 6] vermittelten Vereinigungspunkt derselben nennt man Schambeinfuge. (S.
Tafel: Das
Skelett
[* 7] des
Menschen.) Eine fast in der Mitte des innern Becken hervorragende Querlinie teilt dieses in zwei
Höhlen, von denen die obere
das große, die untere das kleine Becken genannt wird.
Die obere Beckenöffnung heißt der Beckeneingang, die untere der Beckenausgang; zwischen beiden liegt
die eigentliche
Beckenhöhle. Das Becken ist außen von kräftigen
Muskeln
[* 8] umgeben, welche die
Bewegungen des Oberschenkels, zum
Teil auch des
Unterschenkels vermitteln; es begrenzt die Bauchhöhle von unten her und enthält einen
Teil der dünnen Gedärme
und den
Mastdarm, die
Harnblase, die Beckengefäße und Beckennerven, beim Weibe die
Gebärmutter
[* 9] und die
Eierstöcke. (S.
Tafeln: Die
Baucheingeweide des
MenschenI, II.) Behufs Empfängnis und Ausbildung der
Frucht ist das weibliche
in allen seinen Dimensionen größer als das männliche, wenn man die Höhe ausnimmt; sein größerer
Umfang wird besonders
durch die größere
Breite
[* 10] des Kreuzbeins bestimmt, während seine Kürze aus der geringern Länge des
Sitzbeins folgt.
Daher hat die Frau auch breitere Hüften, denn die
Breite des Becken beträgt bei ihr gewöhnlich 28, beim
Manne nur 25 cm. Für
die
Geburtshilfe ist die genaue Kenntnis des weiblichen Becken, besonders die seiner Dimensionen von der größten
Wichtigkeit, da die
Technik der mechan. Hilfeleistungen bei schweren
Geburten in erster Linie durch die
räumlichen Verhältnisse dieses knöchernen
Ringes bestimmt wird. Daher sucht man die Durchmesser desselben, von denen der
gerade, vom Kreuzbein zur Mitte der Schambeinfuge gezogene, die Konjugata genannt wird, auch durch besondere
Instrumente,
welche man Beckenmesser (Pelvimeter) genannt hat, genauer zu ermitteln. Verunstaltungen und Formveränderungen
der Beckenknochen, besonders durch Rhachitis bewirkt, geben oft die schwersten Geburtshindernisse ab. (S.
Geburt und
Geburtshilfe.)
in der Geographie eine breite
Vertiefung der Erdoberfläche, welche sich entweder unter das normale Niveau
einsenkt und dann in der Regel als Landsee oder Meeresbecken mit Wasser gefüllt ist, oder welche dadurch
gebildet wird, daß sie von
Gebirgen oder wenigstens Höhenzügen umschlossen ist. Die
Landbecken haben meist einen tiefen
Einschnitt in ihrem Rande, durch welchen das Wasser abfließen kann, sind dann mit einem Flußlauf verbunden und bilden oft
nur große Erweiterungen eines
Fluß- oder Stromthals, nach dem man sie häufig zu benennen pflegt.
Aber mehrere dergleichen Becken können an demselben Flußlauf hintereinander liegen; auch kann ein Becken zwei
oder drei
Ausflüsse, oder eine sehr breite Öffnung nach dem Flachlande oder nach dem
Meere haben, in welchem Falle es dann
eigentlich nur ein halbes Becken oder eine Landbucht ist. So lassen sich im
Flußgebiet der Donau 5 große
Becken unterscheiden:
1) das
Bayrische bis Passau,
[* 11] 2) das
Wiener bis Hainburg, 3) das von Komorn, 4) das Theißbecken und 5) das Becken der Walachei,
welches vom
SchwarzenMeere durch die Hochebene der Dobrudscha abgeschlossen wird. Die obern Donaubecken
sind sämtlich durch
Thalengen, welche Gebirgsketten quer durchbrechen, voneinander getrennt. Ein sehr abgeschlossenes ist
das
Böhmische Becken. Dasselbe umfaßt das Gebiet der
Elbe, Moldau und
Eger
[* 12] und ist rings von
Höhen umgeben, die bei
Tetschen von
einer engen Thalspalte durchbrochen sind.
Auch der Rhein durchströmt zwei große und sehr deutliche Becken, von denen das obere größtenteils
vom
Bodensee ausgefüllt ist, während sich das untere von Basel
[* 13] bis
Bingen
[* 14] ausdehnt. Minder charakteristisch und abgeschlossen ist
das
Thüringer Becken, welches eigentlich nur eine breite
Mulde zwischen dem
Thüringer Wald und dem Harz darstellt, aus welcher
die
Gewässer nach zwei Seiten abfließen. Gewaltig ist das Becken des Mississippithals in Nordamerika.
[* 15] Die
Lage inmitten solcher Becken ist für die
Entwicklung großer
Städte besonders günstig, so in
Deutschland
[* 16] für
Frankfurt
[* 17] a. M.
und Mainz,
[* 18] in
Österreich-Ungarn
[* 19] für
Wien,
[* 20]
Prag,
[* 21]
Budapest
[* 22]
u. s. w. - Seltener sind die abflußlosen Becken, die, in allen Erdteilen
verbreitet, in ihren tiefsten
Teilen regelmäßig Salzseen (s. Seen) enthalten.
Die geologischen Becken oder
Bassins fallen zwar häufig, aber nicht immer mit den geographischen zusammen. Sie bestehen aus schüsselartig
ineinandersitzenden Schichten und Schichtenkomplexen, deren Ränder alle nach einem gemeinsamen Mittelpunkte zu einschießen,
wobei die Neigung der Schichten nach der Mitte zu immer geringer wird und zuletzt in horizontale
Lage
übergeht. Die
Ursachen solcher Lagerungsverhältnisse sind sehr verschiedenartig. Bei sehr flachen Becken ist die besprochene
Lagerungsform die ursprüngliche, bereits durch die beckenförmige Gestaltung des
Untergrundes, auf welchem sich das Schichtenmaterial
abgelagert hat, bedingte, in andern Fällen hat eine lokale
Senkung des
Untergrundes einer horizontal abgelagerten
Schichtenreihe und somit ein Nachsinken und
Biegen der Schichten stattgefunden. Auch seitlicher Zusammenschub kann eine Beckenbildung
verursachen. Zieht sich das Becken mehr in die Länge, so entsteht eine
Mulde. Becken sind namentlich häufig im Gebiete der
Steinkohlenformation
und des Tertiärs. Das
Muster eines geologischen Becken ist das
Pariser Becken (s. d.), an dessen
Aufbau die
Schichten des Juras, der Kreide
[* 23] und des Tertiärs teilnehmen.
¶
Cinellen, türkische Teller (ital. piatti), das vorzüglich bei der Janitscharen- oder türk. Musik gebräuchliche
Schlaginstrument aus zwei runden Scheiben oder Tellern von Metall (Komposition) mit einer halbrunden, beckenartigen Vertiefung
in der Mitte. An der Außenseite der Scheiben ist je ein Griff von Leder befestigt, vermittelst dessen sie mit den
Händen gehalten und streifend aneinandergeschlagen werden. Die Becken geben einen hellen schwirrenden Klang von unbestimmter Tonhöhe
und dienen nebst der großen Trommel zur schärfern Markierung des Rhythmus.
Die Notierung für das Becken geschieht auf einer beliebigen Linie des Notensystems oder bloß auf einer einzigen
Linie, mit Vorsetzung eines Violin- oder Baßschlüssels. Ursprünglich nur bei Militärmusik verwendet,
sind die Becken nebst den übrigen Schlaginstrumenten nach und nach auch in die Konzert- und Theaterorchester gekommen und können
hier, bei nicht mißbräuchlicher Verwendung, in Stücken glänzenden und festlichen Charakters von bedeutender Wirkung sein,
wie z. B. in Glucks «Iphigenie in Tauris» im Skythenchor des ersten Akts. Einen unheimlich gellenden Klang
geben sie beim Schlage mit einem Klöppel (z. B. in WagnersTannhäuser-Ouverture); in Kennzeichnung des Entsetzens übertrifft
sie nur das Tamtam (s. d.).
der im Rumpf gelegene Abschnitt der hintern Extremitäten der Wirbeltiere. Er setzt sich zusammen aus
jederseitigem Darm-, Sitz- und Schambein: auch ein Abschnitt der Wirbelsäule (Kreuzbein) kann an seiner
Bildung teilnehmen.
Albert, Komponist, geb. zu Quedlinburg,
[* 25] studierte in Berlin
[* 26] bei Haupt und Dehn Kontrapunkt. 1855 schrieb
er seine erste Sinfonie, später eine zweite, die 1861 bei der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien den
ersten Preis errang. 1875‒76 komponierte Becker eine dritte Sinfonie und seine große B-moll-Messe, die 1879 vom Riedelschen
Verein in Leipzig
[* 27] aufgeführt wurde. 1881 wurde er Professor, 1889 Direktor des königl. Domchors.
Von ihm erschienen mehrere Hefte Lieder für eine Singstimme, mehrere Psalmen (darunter
Psalm 23. hervorragend),
Motetten, Kammermusik, Orgelstücke und Fugen, Kantaten für Solo, Chor und Orchester («MüllersLust und Leid»),
eine Reformationskantate
u. a. Oft aufgeführt wird sein 1891 erschienenes Oratorium «Selig
aus Gnaden». B.s Bedeutung liegt im Gebiet der Kirchenmusik, des kirchlichen a capella-Stils.
August, Landschaftsmaler, geb. zu Darmstadt,
[* 28] besuchte das Polytechnikum daselbst
und trat 1837 in das Atelier des Hoftheatermalers Schilbach
in Darmstadt. Nach mehrern Studienreisen durch das bayr. Hochland,
die Schweiz
[* 29] und Norwegen
[* 30] siedelte Becker 1852 nach Düsseldorf
[* 31] über, wo er sich mit AugustLeu aus Königsberg
[* 32] zu längern Studienfahrten
in Norwegen sowie in den Tiroler und SchweizerAlpen
[* 33] verband. 1864‒69 hielt sich Becker als Gast der Königin
von England in Balmoral auf und hielt die Eindrücke der schott. Gebirgsnatur in zwei Cyklen von Landschaft fest, welche sich
im Besitz der engl. Königsfamilie und des Königs Karl vonRumänien
[* 34] befinden.
Hierauf folgte ein Aufenthalt des Künstlers am Hohenzollernschen Hofe in der Rauhen Alb, eine Studienreise
in der östl. Schweiz und 1876 mit dem GrafenAndrássy eine Expedition durch die Karpaten und das Tatragebirge. Von seinen
Gemälden besitzt die Galerie in Hannover:
[* 35] ein Mitternachtsbild aus dem Norden
[* 36] (1847), die Jungfrau im Berner Oberlande (1853),
den Hardangerfjord in Norwegen (1854);
Aug., Schriftsteller, geb. zu Klingenmünster in der Rheinpfalz, studierte
1847‒50 zu München
[* 37] Philosophie und Geschichte und trat in die Litteratur mit der Preisnovelle «Die
Pestjungfrau» und einem volkstümlichen lyrischen Epos «Jung-Friedel,
der Spielmann» (Stuttg. 1854) ein, das Bilder aus dem 16. Jahrh. mit eingestreuten lyrischen Stücken enthält und günstige
Aufnahme als Gegenstück zu Redwitz' «Amaranth» fand. Seit 1855 Mitarbeiter
der «Allgemeinen Zeitung», leitete er 1859‒64 die «Isar-Zeitung»
großdeutsch-liberal und ging dann zur Belletristik über. Sein Roman «Verfehmt» (4 Bde.,
Berl. 1868) zog Becker Angriffe zu, weil er in ihm Persönlichkeiten des bayr. Hofs geschildert haben sollte.
Seit Jan. 1868 lebte er in Eisenach,
[* 38] wo er starb. Von seinen zum Teil kulturhistor. Romanen und Novellen sind u. a.
zu nennen: «Des RabbiVermächtnis» (6 Bde., Berl.
1866‒67; neue Aufl., Lpz. 1884),
«Die graue Jette» (ebd. 1890). Becker schrieb technisch gewandt
und spannend, ohne Effekthascherei. Die neuern Romane spielen in Norddeutschland, «Die graue Jette»
und seine letzten beiden Erzählungen «Vor hundert Jahren» (Stuttg.
1891) in der Rheinpfalz.
Christiane Luise Amalie, Schauspielerin, geb. zu Crossen
[* 41] als Tochter des Schauspielers Joh. Christian
Neumann, trat zuerst 1787 in Weimar
[* 42] auf. Durch Corona
[* 43] Schröter ausgebildet, war sie mit 15 Jahren erste Liebhaberin. 1793 heiratete
sie den Schauspieler Heinr. Becker, eigentlich von Blumenthal, starb aber schon zu Weimar. Sie war wegen ihrer Natürlichkeit
und poet. Art beliebt und bewundert, namentlich von Goethe (Elegie «Euphrosyne»),
auch von Schiller und Wieland. Vortreffliches
leistete sie als Emilia Galotti, Minna von Barnhelm, Marianne («Geschwister»),
Herm.
Heinr., preuß. Politiker, geb. zu
Elberfeld,
[* 45] studierte zu Heidelberg,
[* 46] Bonn
[* 47] und BerlinRechts- und Staatswissenschaft, wurde dann Auskultator und Referendar und ließ
sich in letzterer Eigenschaft 1847 nach Köln
[* 48] versetzen. Hier beteiligte er sich an den revolutionären Bewegungen des J. 1848 als
polit. Agitator und Journalist (daher der «rote» Becker genannt);
er wurde seines Amtes entsetzt und zu mehrjähriger Festungshaft verurteilt. Nach Verbüßung derselben arbeitete er einige
Jahre in einem Handlungshause zu Dortmund,
[* 49] wobei er sich vielfach mit volkswirtschaftlichen und geschichtlichen Studien beschäftigte.
Nachdem ihn der Wahlkreis Bochum-Dortmund im Winter 1861‒62 in das preuß. Abgeordnetenhaus
gewählt hatte, gab er seine kaufmännische Thätigkeit auf. Zugleich erhielt er das Amt eines Stadtverordneten in Dortmund
und wurde 1871 zum Oberbürgermeister dieser Stadt erwählt. Der Kreis
[* 50] Dortmund übertrug ihm 1867 ein Mandat für den Norddeutschen
Reichstag und 1871 für den ersten DeutschenReichstag, dem er bis 1874 angehörte. Er schloß sich der
Fortschrittspartei an und trat namentlich bei kommunalen und wirtschaftlichen Angelegenheiten hervor;
doch trennte er sich
später in einzelnen Fragen von seiner Partei. 1872 wurde Becker als Oberbürgermeister von Dortmund ins Herrenhaus
berufen;
1875 beriefen ihn gleichzeitig Königsberg und Köln an die Spitze ihrer Gemeindeverwaltung;
er folgte dem
letztern Rufe und wurde auch im Herrenhause Vertreter von Köln.
Bei der Erneuerung des Staatsrates wurde Becker 1884 in denselben
berufen. Er starb in Köln.
Jak., Genremaler, geb. in Dittelsheim bei Worms,
[* 51] erhielt seit 1833 seine
akademische Ausbildung in Düsseldorf, wo Schadow ihn besonders beeinflußte. Indes vertauschte er, besonders
seit er 1840 als Professor an das Städelsche Institut nach Frankfurt a. M. übergesiedelt war, die romantische Richtung der
Düsseldorfer Schule mit dem Realismus des volkstümlichen Genres. Vornehmlich wußte er das Leben des deutschen Landmanns
mit lebendiger Frische zu behandeln. In seinen Gestalten und landschaftlichen Kompositionen ist das poet.
Element des Volkslebens glücklich zur Geltung gebracht. Seine besten Werke sind: Die vom Gewitter ereilten Landleute (1840;
Nationalgalerie zu Berlin), Der vom Blitz erschlagene Schäfer (1844; Städelsches Institut zu Frankfurt a. M.). Sein Erfolg
verminderte sich bei seinen spätern Leistungen: Liebesantrag (Kunsthalle zu Karlsruhe),
[* 52] Die Schmollenden, Die
Weinprobe, Die kriegsflüchtigen Dorfbewohner;
gleichwohl blieb ihnen die solide und feine Zeichnung eigen. Er starb in
Frankfurt a. M.
Jean, Violinspieler, geb. zu Mannheim,
[* 53] wurde bad. Kammervirtuos, ging 1854 nach Paris,
[* 54] um seine Studien
unter Alard abzuschließen. Seit 1857 machte er größere Kunstreisen in fast allen Ländern Europas. Später
lebte er längere Zeit in Florenz,
[* 55] teils mit der Leitung der dortigen, von Basevi gegründeten Socièta del Quartetto, teils
mit der Bildung eines eigenen Streichquartetts beschäftigt, das, seit 1866 aus Becker selbst, den Italienern Masi und Chiostri
(Violine und Viola) und dem Schweizer Hilpert (Violoncell) bestehend, zu hoher Vollkommenheit gelangte und
als Florentiner Quartett
[* 56] erfolgreich Europa
[* 57] bereiste. Becker starb in Mannheim. ^[]
Karl,
Maler, geb. zu Berlin, erhielt seine erste künstlerische Bildung auf der dortigen Akademie und
trat dann in das AtelierA. von Klöbers. 1843 ging er nach München und erlernte hier unter H. Heß die
Freskomalerei, darauf als Stipendiat der Berliner
[* 58] Akademie nach Paris und Rom,
[* 59] wo er sich 1845‒47 aufhielt und sich neben dem
Studium von Land undVolk hauptsächlich mit der Ausführung mytholog. Bilder beschäftigte. Seine Wandgemälde im Niobidensaale
des Neuen Museums zu Berlin, ebenso wie sein Belisar (Museum in Hannover) ließen kühl; erst seine Genrebilder,
meist venet.
Inhalts (Juwelenhändler beim Senator, 1855; Ravenésche Sammlung zu Berlin), begründeten seinen Ruf. Es folgten: Besuch des
Senators, Sitzung des GeheimenRats, Der Bravo, Karneval von Venedig,
[* 60] Venetianische Balkonscene, Gnadengesuch beim Dogen, Karl Ⅴ.
bei Tizian, Dürer bei Tizian, Dürer in Venedig. Kulturhistor. Treue, eine kräftige Färbung, ein novellistischer
Zug
in dem oft sehr einfachen Vorgange zeichnen alle diese Bilder sowohl wie auch jene aus, deren Stoffe der deutschen Renaissance
entnommen sind; so Besuch Karls Ⅴ. bei Fugger (1866; Nationalgalerie zu Berlin), Scene aus «Götz von Berlichingen»,
Geburtstag des Ratsherrn (Museum zu Königsberg),
Karl, Statistiker, geb. zu Strohausen in Oldenburg,
[* 64] besuchte seit 1838 die Militärschule
zu Oldenburg, wurde 1842 zum Offizier ernannt, wohnte im oldenb. Kontingent den
Feldzügen von 1848 und 1849 gegen Dänemark
[* 65] bei, trat 1850 als Hauptmann und Compagniechef in die schlesw.-holstein. Armee
und nahm als solcher an dem Feldzuge von 1850 teil. Nach Auflösung der Armee im Frühjahr 1851 studierte Becker Volkswirtschaft
und Statistik an den Universitäten Göttingen
[* 66] und Berlin, organisierte nach Ablegung des Staatsexamens das zu Anfang 1855 errichtete
Großherzoglich oldenburgische statist.
Bureau und wurde als dessen Vorstand 1861 zum Ministerialrat ernannt. Unter seiner Leitung erschienen
«Statist. Nachrichten über das Großherzogtum Oldenburg» (13 Hefte, Oldenb.
1857‒72) und die «Statistik der Rechtspflege im Großherzogtum Oldenburg»; auch beteiligte sich Becker als verantwortlicher
Mitredacteur an dem «Magazin für die Staats- und Gemeindeverwaltung im Großherzogtum Oldenburg» (9 Bde.,
1860‒69) und nahm an den Konferenzen teil, welche die amtlichen Vertreter der Statistik zum Zwecke einer
einheitlichen und in der Methode verbesserten Darstellung der nationalen und staatlichen Verhältnisse Deutschlands
[* 67] wiederholt
abhielten. Als Theoretiker erwarb er sich um die richtige mathem. Auffassung der Bevölkerungsbewegung wesentliche Verdienste.
Als 1872 das Statistische Amt des
¶
mehr
DeutschenReichs errichtet wurde, trat er als Direktor desselben in den Reichsdienst. 1878 wurde er Geh. Oberregierungsrat, 1891 trat
er in den Ruhestand. Unter seiner Leitung sind außer den «Vierteljahrsheften»
(1873‒76),
Karl Ferd.,Sprachforscher, geb. zu Lieser an der Mosel, besuchte das Priesterseminar
zu Hildesheim,
[* 69] wurde hier 1794 Lehrer am Josephinum, studierte seit 1799 in Göttingen Medizin, wirkte seit 1803 als Arzt zu
Höxter, wurde 1810 Unterdirektor der Pulver- und Salpeterbereitung im westfäl. Depart. der
Leine und des Harzes, 1814 Vorstand mehrerer Kriegshospitäler, 1815 Arzt in Offenbach,
[* 70] wo er 1823 eine Erziehungsanstalt
begründete und starb.
Durch naturwissenschaftliche und philos. Bildung unterstützt, betrachtete Becker, als er sich in vorgerückten Jahren der Erforschung
der Sprache
[* 71] widmete, diese als einen nach streng logischen Gesetzen geordneten Organismus; er glaubte durch Nachweis der
Denkformen und ihrer Anwendung in der Sprache eine gemeingültige Grammatik zu schaffen, da die Unterschiede
der Sprachen nach ihm nur auf ihrer leiblichen, d. h. lautlichen Seite beruhten. Seine Forschungen
trugen für die deutsche Syntax und Stilistik reiche Frucht, wenn sie sich auch mit den Ergebnissen der histor. und vergleichenden
Grammatik, die Becker fern lag, nur zum Teil decken. Becker gewann in einer der philos. Sprachforschung sehr geneigten
Zeit großen Einfluß. Auf «Deutsche
[* 72] Wortbildung» (Frankf. 1824) folgte
«Organismus der Sprache» als erster Teil einer «DeutschenSprachlehre» (ebd. 1827),
deren zweiter die «Deutsche Grammatik» (ebd.
1829) ist; eine Erweiterung beider erschien als «Ausführliche deutsche Grammatik» (3 Abteil., ebd. 1836‒39; 2. Aufl., 2 Bde.,
Prag 1870). Dazu traten außer vielbenutzten Schulbüchern namentlich «Das
Wort in seiner organischen Verwandlung» (Frankf. 1833) und sein treffliches Buch «Der deutsche Stil» (ebd. 1848; 3. Aufl.,
neu bearbeitet von Lyon,
[* 73] Lpz. 1884). –
Vgl. Helmsdörfer, Becker der Grammatiker (Frankf. 1854).
Karl Ferd., Organist und musikalischer Schriftsteller, geb. zu
Leipzig, wurde dort 1825 Organist an der Peterskirche, 1837 an der Nikolaikirche und 1843 an dem neugegründeten Konservatorium
Lehrer des Orgelspiels. Allgemeine Verdienste erwarb sich Becker als Sammler und Statistiker. Zu nennen sind in dieser Beziehung:
«Sammlung von Chorälen aus dem 16. und 17. Jahrh.» (Lpz. 1831),
«66 vierstimmige Choralmelodien zu Spittas
Psalter und Harfe» (ebd. 1841),
desgleichen zu den sämtlichen geistlichen Liedern von P. Gerhardt (ebd. 1843),
und die Choräle
von J. S. Bach in Partitur (ebd. 1844); ferner: «Systematisch-chronol. Darstellung der musikalischem Litteratur» (2. Abteil.,
ebd. 1836; Nachtrag 1839),
«Die Hausmusik in Deutschland in dem 16., 17. und 18. Jahrh.» (ebd. 1840),
«Die Tonwerke des 16. und 17. Jahrh.» (ebd.
1847). Becker gab 1854 seine Stellenauf und starb Seine musikalische Bibliothek hatte er
der Leipziger Stadtbibliothek
vermacht, der sie als musikalische Abteilung unter dem NamenBeckersStiftung einverleibt wurde. ^[]
Karl Friedr., Geschichtschreiber, geb. 1777 in Berlin, studierte in Halle
[* 74] Philosophie und
Geschichte und war eine Zeit lang Hauslehrer in Cottbus,
[* 75] dann 1798‒1800 Mitglied des Seminars für gelehrte Schulen in Berlin.
Seine schwächliche Gesundheit nötigte ihn jedoch, dieser Thätigkeit zu entsagen; er beschäftigte sich seitdem mit geschichtlichen
Arbeiten und starb Außer einer jetzt vergessenen Schrift: «Die Dichtkunst aus dem Gesichtspunkte
des Historikers» (Berl. 1803),
erschien von ihm «Die Weltgeschichte für Kinder und Kinderlehrer» (10 Bde., ebd. 1801‒9),
ein Werk, das durch zweckentsprechende Auswahl und Darstellung zu großer Berühmtheit und Verbreitung gelangte. Die Fortsetzer
und Umarbeiter des Werkes: Woltmann, A. Menzel (1824),Adolf Schmidt (18 Bde., Berl. 1860‒64),
von Loebell, E. Arnd (22 Bde., bis 1871), Bulle (bis 1877 ergänzt, Lpz. 1874‒79) und neuerdings W. Müller (12 Bde., Stuttg.
1884‒86; 3. Aufl. 1891‒93), haben dem populären Geschichtswerke mehr wissenschaftliche Gediegenheit
verliehen, aber freilich auch das ursprüngliche Gepräge und den Reiz der Beckerschen Darstellung verwischt.
In gleichem Geiste schrieb auch die «Erzählungen aus der Alten Welt» (3 Bde.,
Halle 1801‒3; 18. Aufl. von Masius, ebd. 1890),
welche Günther durch «Die Perserkriege» (ebd. 1842; 3. Aufl. 1861) und G.
F. Hertzberg durch die «Geschichte der MessenischenKriege» (3. Aufl., ebd. 1875) selbständig vermehrten.
Nikol., der Dichter des «Rheinliedes», geb. zu
Bonn, studierte daselbst die Rechte und ward 1838 Auskultator. Hier dichtete er 1840 unter den Eindrücken, die der Waffenruf
der nach dem linken Rheinufer trachtenden franz. Kriegspartei auf den deutschen Patriotismus hervorbrachte, das Lied «Sie
sollen ihn nicht haben, den freien deutschen Rhein», das durch ganz Deutschland rauschenden Beifall fand,
Becker berühmt machte und ihm eine Stelle als königl. Friedensgerichtsschreiber eintrug. Auch die Musik bemächtigte sich des
Liedes: über 70 Kompositionen erschienen, von denen jedoch keine wirklich volkstümlich wurde. A. de Musset antwortete 1841 mit
dem übermütigen «Nous l'avons eu, votre Rhin allemand»;
versöhnlicher war Lamartines «Friedensmarseillaise» (1841). Becker starb zu Hunshoven-Geilenkirchen Seine
«Gedichte» (Köln 1841) enttäuschten sehr.
Oskar, bekannt durch sein Attentat auf König Wilhelm von Preußen,
[* 76] wurde zu Odessa
[* 77] geboren als Sohn
des Lyceumsdirektors Becker, studierte seit Ostern 1859 in LeipzigRechts- und Staatswissenschaften. 1861 reiste
er nach Baden-Baden,
[* 78] wo sich der König zur Kur aufhielt, und schoß am Morgen des 14. Juli auf denselben in der Lichtenthaler
Allee. Der König erlitt indes nur eine ganz leichte Verletzung am Halse. Becker erklärte als sein Motiv: der König
sei den Umständen nicht gewachsen, die Einigung Deutschlands herbeizuführen. Nachdem die gerichtliche Voruntersuchung jeden
Verdacht einer Mitwissenschaft anderer Personen beseitigt, wurde Becker zu 20 Jahren Zuchthaus verurteilt. Auf Fürsprache des
Königs von Preußen wurde er 1866 aus der Haft entlassen, worauf er über Belgien
[* 79] nach Nordamerika ging; dann besuchte er
den Orient und starb in Alexandria.
¶
«Pathologie und Therapie des Linsensystems» in Gräfe-Sämisch'
«Handbuch der Augenheilkunde», «Zur Anatomie der gesunden und kranken Linse»
[* 83] (Wiesb. 1883),
«Die Universitäts-Augenklinik
in Heidelberg» (ebd. 1888).
Rud. Zachar., pädagogischer Volksschriftsteller, geb. zu Erfurt,
[* 84] studierte in JenaTheologie und wurde
Hofmeister bei von Dacheröden, späterm Schwiegervater Wilh. von Humboldts, zu Erfurt. An die Erziehungsanstalt
zu Dessau
[* 85] berufen, schrieb er 1782‒83 die «Dessauische Zeitung für die Jugend und ihre Freunde», die er, nach Gotha
[* 86] übergesiedelt, 1788 als
«Deutsche Zeitung für Erwachsene» umbildete und seit 1796 als «Nationalzeitung
der Deutschen» fortführte.
Von seinem «Not- und Hilfsbüchlein für Bauerleute oder lehrreiche Freuden- und Trauergeschichte des Dorfes
Mildheim» (2 Bde., Gotha 1787‒98) wurden in wenigen
Jahren über eine halbe Million Exemplare in deutscher und auch in fremden Sprachen verbreitet. Neben der «DeutschenZeitung»,
welche die Tagesgeschichte zu einer praktischen Sittenschule machen sollte, begründete Becker 1791 den «Anzeiger»,
der 1792 durch ein kaiserl. Privilegium zum «Reichsanzeiger»
erhoben und 1806 in den «Allgemeinen Anzeiger der Deutschen» verwandelt wurde. Der Teilnahme an geheimen
Verbindungen gegen Napoleon verdächtigt, ward Becker von Ende Nov. 1811 bis April 1813 auf DavoutsBefehl in Magdeburg
[* 87] gefangen
gehalten; «B.s Leiden
[* 88] und Freuden in 17monatiger franz. Gefangenschaft» (1814) ist zeitgeschichtlich
merkwürdig. Becker starb
Sein Sohn, Friedrich Gottlieb Becker, geb. zu Gotha, studierte in Leipzig und Göttingen Sprachkunde und Geschichte und
nahm seit 1814 an den Unternehmungen des Vaters teil. Er vereinigte 1830 die «Nationalzeitung der Deutschen» und den «Allgemeinen
Anzeiger» in ein Tageblatt: «Allgemeiner Anzeiger und Nationalzeitung der Deutschen» und ließ es 1849 als
«Reichsanzeiger der Deutschen» erscheinen, der Ende Juni 1850 einging. 1848 wurde Becker von Gotha in die Deutsche Nationalversammlung
gewählt, wo er zu den später sog. Gothanern gehörte, war dann Direktor der Feuerversicherung zu Gotha und starb
Wilh.Adolf, Altertumsforscher, Sohn des folgenden, geb. 1796 zu Dresden,
[* 90] studierte seit 1816 in
LeipzigTheologie, vorzugsweise aber Philologie, wurde 1822 Konrektor an der Hauptschule zu Zerbst,
[* 91]
1828 Professor an der Landesschule
zu Meißen,
[* 92] 1836 außerord. Professor der klassischen Archäologie und 1842 ord. Professor der Altertumskunde an der Universität
zu Leipzig. Er starb zu Meißen Von seinen Schriften sind zu nennen: «Gallus, oder röm. Scenen
aus der Zeit Augusts» (2 Bde., Lpz.
1838; neu bearbeitet von W. Rein, Lpz. 1863, und von Herm.
Göll, 3 Bde., Berl. 1880‒82) und
«Charikles, oder Bilder altgriech. Sitte» (2 Bde., Lpz. 1840;
neu bearbeitet von C. Fr. Hermann, ebd. 1854, und von Herm.
Göll, 3 Bde., Berl.
1877‒78). Seine Abhandlung«De comicis Romanorum fabulis» (Lpz. 1837) liefert einen schätzbaren Beitrag zur
Geschichte der dramat. Poesie der Römer,
[* 93] namentlich der Werke des Plautus. Sein Hauptwerk jedoch bildet das «Handbuch
der röm. Altertümer» (Teil 1 u. 2, Abteil. 1 u. 2, Lpz. 1843‒46), das von Marquardt und Th. Mommsen fortgeführt
wurde.
Wilh. Gottlieb, Schriftsteller und Archäolog, geb. zu Oberkallenberg
in Sachsen,
[* 94] studierte 1773‒76 in Leipzig und wurde 1777 Lehrer am Philanthropin in Dessau. Darauf bereiste er die Schweiz, Frankreich
und Oberitalien
[* 95] und kam 1782 als Professor an die Ritterakademie zu Dresden, erhielt 1795 die Aussicht
über die Antikengalerie und das Münzkabinett daselbst, 1805 auch die über das Grüne Gewölbe. Er starb Becker veröffentlichte
eine Reihe von Taschenbüchern, die, der belehrenden Unterhaltung gewidmet, ein großes Publikum fanden. Einen Ruf als Kunstschriftsteller
verschaffte ihm sein «Augusteum, Dresdens antike Denkmäler enthaltend» (2 Bde.,
Dresd. 1805‒9; 2. Aufl., Lpz. 1832‒37, mit 162 Kupfertafeln).
Auch gab er nach den im Dresdener Münzkabinett vorhandenen Originalen «Zweihundert seltene Münzen
[* 96] des Mittelalters» (Lpz. 1813) heraus.
Herm.
von, deutscher Politiker, geb. zu Krefeld,
[* 97] etablierte sich daselbst als Bankier und erwarb sich ein bedeutendes
Vermögen. Seit 1843 war er Mitglied der rhein. Landtage und nahm 1847 als
Vertreter von Krefeld am Vereinigten
[* 98] Landtage teil; er war der Verfasser der Adresse auf die Thronrede vom 11. April. Im Frühjahr 1848 in
Krefeld zum Abgeordneten in die Deutsche Nationalversammlung gewählt, gehörte er in dieser zur Fraktion des
rechten Centrums und übte auf diese durch seine Beredsamkeit einen großen Einfluß. Am 9. Aug. trat er als Finanzminister in
das Reichsministerium.
Infolge der konservativen und vermittelnden Richtung, die er in Frankfurt an den Tag legte, wurde Beckerath im September von Friedrich
Wilhelm Ⅳ. berufen, um die Bildung eines neuen Kabinetts zu übernehmen. Das von Beckerath entworfene Programm,
welches eine weitgehende konstitutionelle Politik und eine Konzession an den Antrag der Nationalversammlung wegen eines Erlasses
an die Armee forderte, fand jedoch nicht den Beifall des Königs. Beckerath begab sich demnach nach Frankfurt zurück.
Mit den übrigen Reichsministern nahm er, als das Parlament durch Verwerfung des Waffenstillstandes von
Malmö
[* 99] den Bruch mit Preußen vollzog, 5. Sept. seine Entlassung, trat aber mit seinen Kollegen wieder in das Ministerium ein, nachdem
das Parlament 16. Sept. den Malmöer Waffenstillstand ratifiziert hatte. Im April 1849 beteiligte er sich an der Kaiserdeputation
nach Berlin, nachdem er schon vorher persönlich auf den König, der ihm großes Vertrauen schenkte, einzuwirken
versucht hatte. Da
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mehr
er in der Ansicht über das weitere Verhalten der Nationalversammlung von seinen polit. Freunden abwich, legte er Anfang Mai 1849 sein
Mandat als Abgeordneter nieder und trat aus dem Reichsministerium. Für Preußens
[* 101] Unionspolitik trat er sowohl im Erfurter Parlament
wie in der preuß. Zweiten Kammer seit 1849 ein. 1852 legte Beckerath sein Mandat für die Kammer nieder, in der
er erst 1859 wieder auf kurze Zeit erschien; 1862 trat er noch einmal auf dem Handelstage in München für Preußen ein. Er
starb zu Krefeld. –
Vgl. Kopstadt, Hermann von Beckerath (Braunschw. 1875).
Moritz von, Historienmaler, geb. 1838 in Krefeld, wurde seit 1857 als
SchülerKehrens an der DüsseldorferAkademie gebildet und ging 1859 nach München, wo er meist bei Schwind studierte. Weniger
glücklich in der Farbe (Flucht Napoleons aus Moskau,
[* 102] Anbietung der deutschen Kaisertreue durch König Ludwig Ⅱ. von Bayern),
ist er besonders im Karton bedeutend; so im Wittekind, Cimbernkampf, BestattungAlarichs im Busento (München,
GalerieSchack), wie in seinem Brunhildecyklus. Beckerath ist auch der Urheber der Sgraffitomalereien im Lichthof der Technischen Hochschule
zu Charlottenburg
[* 103] (1884 ausgeführt).
Hubert, Philosoph, geb. in München, studierte in seiner Vaterstadt und habilitierte sich dort 1831 als
Privatdocent der Philosophie. Nachdem er seit dem folgenden Jahre in Dillingen am Lyceum die Philosophie
gelehrt hatte, wurde er 1847 als ord. Professor nach München zurückberufen, 1853 Mitglied der bayr. Akademie der Wissenschaften.
Er starb zu München. Seine philos. Arbeiten stehen sämtlich auf dem Boden der spätern Schellingschen Lehre.
[* 105]
Bekannt wurde er zuerst durch die Übersetzung eines Cousinschen Fragments «Über franz. und deutsche Philosophie»
(Stuttg. 1834),
wozu Schelling selbst eine Einleitung schrieb; sodann durch die «Mitteilungen
aus den merkwürdigen Schriften der verflossenen Jahrhunderte über den Zustand der Seele nach dem Tode» (2 Hefte, Augsb. 1835 u.
1836). Weiter veröffentlichte er: «Repertorium der in- und ausländischen Litteratur der gesamten
Philosophie» (2 Jahrgänge, 1839 u. 1840),
«Schellings Geistesentwicklung» (ebd. 1875); anonym endlich «Das
geistige Doppelleben» (Lpz. 1856). Auch hat er eine Sammlung von geistlichen Liedern als
«Cantica spiritualia» (2 Quartbände, Augsb.
1845‒47) herausgegeben und sich selbst als Dichter-Komponist eines «Deutschen Reichsliedes» («Preis dir, o DeutschesReich»)
bekannt gemacht, welches bei Einweihung des Niederwalddenkmals gesungen wurde.
Bestätigung. Aber nun trat eine Wandlung ein: als Erzbischof kannte Becket kein höheres Ziel, als die im Papste gipfelnde hierarchische
Klerikalkirche gegen jeden Eingriff der Staatsgewalt sicher zu stellen;
er erstrebte völlige Exemtion des Klerus von aller
bürgerlichen Gerichtsbarkeit und Erwerbung eines selbständigen Kirchenvermögens.
Dagegen berief Heinrich
Ⅱ. eine Versammlung geistlicher und weltlicher Großen nach Clarendon, deren Beschlüsse in den «Konstitutionen
von Clarendon» die energische Behauptung staatlicher Hoheit gegenüber der Kirche darstellten. Becket war gezwungen zuzustimmen,
widerrief aber bald darauf. Vor des Königs Gericht zu Northampton geladen, floh er nach Frankreich, von wo aus
er, von Papst Alexander Ⅲ. und dem franz. König Ludwig Ⅶ. geschützt, den Kampf gegen Heinrich fortsetzte.
Erst im Sommer 1170 kam eine scheinbare Vereinigung zu stande, auf Grund deren Becket nach England zurückkehrte. Aber der alte
Kampf drohte von neuem auszubrechen, als Becket infolge eines verhängnisvollen Wortes
des erbitterten Königs von vier Edelleuten auf den Stufen des Altars erschlagen ward. Der Ermordete erschien dem Volke als
ein Märtyrer, man glaubte an Zeichen und Wunder, die an seinem Grabe geschahen, der König selbst mußte sich zur Buße am
Grabe des zum HeiligenerhobenenThomas demütigen, der bald der Nationalheilige Englands wurde.
Heinrich Ⅲ. ließ 1221 die Gebeine B.s in eine eigene Kapelle bringen, wohin Gläubige in großer Anzahl Wallfahrten machten,
deren Andenken Chaucer in seinen «Canterbury tales» aufbewahrt hat. Jährlich ward ein großes Fest, und alle 50 Jahre ein
Jubiläum gefeiert, bis Heinrich Ⅷ. nach seiner Trennung von der röm. Kirche sich des reichen, in B.s
Kapelle aufgehäuften Schatzes bemächtigte, den Heiligen vor seinen Gerichtshof laden und, da er ausblieb, als Verräter
und Majestätsverbrecher verurteilen ließ.
Sein Name ward aus dem Kalender gestrichen, die Feier seines Festes untersagt, seine Gebeine wurden verbrannt. –
Vgl. Giles,
Life and letters of Thomas a Becket (2 Bde., Lond.
1846);
William, ein durch Reichtum, litterar. Talent und Überspanntheiten bekannter Engländer, geb. 1759 zu Fonthill
in Wilts als Sohn William B.s, spätern Lord-Mayors von London (als welcher er eine berühmte Ansprache
an Georg Ⅲ. hielt), der 1770 starb und ihm großen Kolonialbesitz
[* 107] sowie
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