Segler (s. d.), welche
Indien, die
Sunda-Inseln und
Molukken bis Neuguinea bewohnt. Die Baumschwälbchen haben sehr lange schmale Flügel
und einen wie bei den Schwalben ausgeschnittenen
Schwanz. Oberseite meist schwarzgrün, Unterseite grau, häufig haben sie
eine Federhaube auf dem Scheitel. Die
Nester der Baumschwälbchen sind auffallend klein, eben groß genug, um das einzige
hellblaugrüne
Ei
[* 2] aufzunehmen, und sind an der Seite von Baumästen angebracht, wie die
Nester unserer Schwalben an
Wänden.
(PassermontanusBriss.), der Feldsperling, s.
Sperling. ^[= Spatz oder Sperk, niederdeutsch Lüning (Passer), eine Gruppe der Vogelfamilie der Finken (s. ...]
einen Kommentar zu
Horaz (2 Bde., Freiburg
1841) und das
für die altdeutsche Verfassungsgeschichte wie für Erklärung der
«Germania»
[* 6] des
Tacitus bedeutende Werk: «Urdeutsche
Staatsaltertümer»
(Berl. 1873).
Hieran schloß sich eine: «Ausführliche Erläuterung des allgemeinen
Teils der
Germania des
Tacitus» (Lpz. 1875),
ferner eine kommentierte
Ausgabe der
«Germania» für Studierende (ebd. 1876),
eine deutsche
Übersetzung derselben
Schrift(Freiburg 1876)
und eine «Ausführliche Erläuterung des besondern völkerschaftlichen
Teils der
Germania des
Tacitus» (Lpz. 1880). Ferner schrieb
er: «Zur Neugestaltung des bad. Schulwesens» (ebd.
1862) und «Friedr. Aug.
Wolf und die Gelehrtenschule» (ebd. 1864). Unter dem
PseudonymHermann vom Busche veröffentlichte er:
«Friedr.
Karl vonMoser» (Stuttg. 1846),
Eduard, Nationalökonom,
Bruder des vorigen, geb. zu
Sinzheim in
Baden, studierte zu
Heidelberg
Jurisprudenz und Kameralwissenschaften, habilitierte sich 1829 daselbst als Privatdocent und ging 1838 als
außerord. Professor der
Volks- und Staatswirtschaft nach Greifswald.
[* 7] Auch übernahm er die
Aufsicht über die staats- und
landwirtschaftliche
Akademie zu Eldena, wurde 1842 zum ord. Professor und 1843 zum Direktor der
Akademie ernannt. 1848 wurde
er in die preuß. Nationalversammlung, 1849 in die Erste Kammer gewählt, wo
er seinen Platz im linken Centrum nahm und zum Vicepräsidenten erwählt wurde.
Von der Ersten Kammer 1850 in das Staatenhaus nach
Erfurt
[* 8] entsendet, stimmte er hier für die
Annahme der Unionsverfassung
im ganzen. Unter dem Ministerium
Hohenzollern-Auerswald erfolgte sein Eintritt in das Herrenhaus, wo er zur Linken gehörte.
AlsVertreter des Wahlkreises
Greifswald-Grimmen im Konstituierenden
Reichstage des Norddeutschen
Bundes
schloß sich Baumstark der nationalliberalen Partei an. Er starb Unter seinen wissenschaftlichen
Arbeiten sind aus früherer
Zeit «Staatswissenschaftliche Versuche über
Staatskredit» (Heidelb. 1833) und die «Kameralistische
Encyklopädie» (ebd. 1835) hervorzuheben. Zu
Ricardos «Grundgesetze der
Volkswirtschaft», die er ins Deutsche
[* 9] (Lpz. 1837. 2. Aufl., 1. Bd.,
1877) übertrug, hat er «Volkswirtschaftliche Erläuterungen» (ebd. 1838)
veröffentlicht. Später (1848) begründete er die «Jahrbücher der staats- und
landwirtschaftlichen
Akademie Eldena», für welche er Beiträge lieferte, unter denen der auch besonders erschienene «Zur
Einkommensteuerfrage» (Greifsw. 1849) von praktischem Einfluß wurde. Außerdem schrieb
er noch: «Zur Geschichte der arbeitenden
Klasse» (ebd. 1853) und «Einleitung in das wissenschaftliche
Studium der
Landwirtschaft» (Berl. 1858). Mit von Waldbrühl (Zuccalmaglio) veröffentlichte er
«Bardale. Sammlung auserlesener
Volkslieder der verschiedenen
Völker der Erde» (Lpz. 1836). Seine
Ansichten über
Musik hat er in
der Gedächtnisschrift «A. Fr. J.
Thibaut» (ebd. 1841) niedergelegt.
Reinhold, Sohn von
Anton Baumstark, Politiker und Schriftsteller, geb. in Freiburg
i. Br.,
studierte daselbst, wurde 1857
Amtsrichter und 1864 Kreisgerichtsrat in Konstanz,
[* 10] trat 1878 krankheitshalber in den
Ruhestand,
später aber als Oberamtsrichter in
Achern in den
Staatsdienst zurück, wurde 1884 Landgerichtsrat in Freiburg,
1889 Landgerichtsdirektor
in
Mannheim
[* 11] und darauf in Freiburg.
Nach Veröffentlichung der
Schrift«Gedanken eines
Protestanten über die päpstl.
Einladung zur Wiedervereinigung mit der röm.-kath.
Kirche» (Regensb. 1868) trat er 1869 zum
Katholicismus über.
Die
Anfechtungen, die er infolge seines Eintretens für die Innerlichkeit des
Glaubens und seiner reichsfreundlichen Haltung
seitens desUltramontanismus erfuhr, erzählt er in «Plus ultra.
Schicksale eines deutschen Katholiken
1869-82» (Straßb. 1883; 2. Aufl. 1885). Von 1869 bis zur
Neubegründung des
DeutschenReichs war Baumstark Mitglied der ultramontan-großdeutschen Partei in der bad. Kammer; 1879 wieder
in den Landtag berufen, zog er sich durch seine Bemühungen um den kirchlichen Frieden die Feindschaft
seiner frühern Parteigenossen zu. (Vgl. seine
Schrift «Die Wiederherstellung der kath. Seelsorge
im Großherzogtum
Baden», Freib. i. Br. 1880.) Von seinen kirchenpolit.
«Die kirchenpolit. Gesetze
und Verordnungen für die röm.-kath.
Kirche im Großherzogtum
Baden von 1860 bis 1888» (anonym, ebd. 1888). Von seinen weitern
Schriften sind zu nennen: «Mein Ausflug nach
Spanien»
[* 12] (Regensb. 1868; 2. Aufl. 1869),
eine klebrige Masse von verschiedener Konsistenz, welche zum Bedecken kleiner Baumwunden sowie zum Bestreichen
der Veredelungen, außer beim Okulieren
[* 16] und Pfropfen,
[* 17] dient. Für die Lebensdauer der Obst- und Zierbäume ist es
von Wichtigkeit, daß alle durch Ausputzen oder durch ein Ungefähr entstandenen Wunden, nachdem sie mittels eines scharfen
Messers geglättet worden, durch Bedeckung mit Baumwachs gegen die Einwirkung der Atmosphärilien, insbesondere gegen die austrocknende
Luft geschützt werden. Hierdurch wird zugleich die «Überwallung», d. h.
der natürliche Schluß der Wunde durch Bildung neuer Zellgewebemassen von der Rinde her gefördert. Man
unterscheidet warm- und kaltflüssiges Baumwachs.
Um warmflüssiges oder gewöhnliches Baumwachs zu bereiten, läßt man 2 Teile gelbes Wachs, 1 Teil weißes Pech und ½ Teil Schweinefett
über gelindem Kohlenfeuer zergehen und setzt alsdann unter beständigem Umrühren 1 Teil dicken Terpentin zu. Man gießt
die flüssige Masse in kaltes Wasser und formt sie, wenn sie etwas erhärtet ist, zu Stangen. Dieses Baumwachs muß vor seiner Anwendung
erwärmt und, wenn es flüssig geworden ist, unter beständigem Warmhalten in einer Pfanne, mittels eines Borstenpinsels
entweder direkt auf die Wunden oder auf festes Papier gestrichen werden, welches man später in beliebig
lange und 1½ cm breite Streifen schneidet. Mit letztern wurden früher die beim Veredeln entstandenen Wunden bedeckt.
Kaltflüssiges Baumwachs, das über die Wunden gestrichen wird, bereitet man, indem man ½ kg weißes Pech schmelzt und dann vorsichtig
50-80 g Weingeist zusetzt. Man bewahrt diese Mischung in gut verschlossenen Blechbüchsen
[* 18] an einem kühlen
Orte auf. Sollte sie mit der Zeit dicker werden und sich nicht mehr leicht aufstreichen lassen, so wird sie erwärmt und
wieder mit etwas Weingeist versetzt.
Altere und große Wunden, welche länger als ein Jahr gebrauchen, um zu verheilen, werden dadurch gegen Austrocknung
und das Eindringen der Feuchtigkeit geschützt, daß man sie mit dickflüssigem Steinkohlenteer überstreicht.
oder Heckenweißling (PieriscrataegiL.), ein in manchen Jahren sehr häufig auftretender
Tagschmetterling aus der Gattung Weißling (s. d.), der besonders in frühern Jahren oft verheerend für den
Obstbau wurde. Seit Ende der zwanziger Jahre ist der aber entschieden seltener geworden. Alle 4 Flügel des 55-63 mm spannenden
Schmetterlings sind weiß und von schwarzen Rippen durchzogen, welche in den schwärzlichen Flügelsaum
ausmünden. Seine Hauptflugzeit fällt zwischen Mitte Juni und Mitte Juli. Während dieser Zeit legt das Weibchen bis 200 Eier
[* 19] dicht nebeneinander auf die Oberfläche der Blätter der Apfel-, Birn- und Zwetschenbäume, auch des Weiß- und des Schwarzdorns.
Die schon Ende August auskommende Raupe ist ausgewachsen an Kopf und Beinen schwarz, sonst bleigrau, oben
mit weißlichen Borstenhaaren besetzt und mit drei schwarzen und dazwischen zwei rotbraunen Längsstreifen gezeichnet. Die
Räupchen halten sich zusammen und überwintern, nachdem sie das ihnen zunächst liegende Laub aufgezehrt, in einem gemeinschaftlich
angefertigten Gespinste, das nach dem Laubfall wegen der miteingesponnenen Blätter schon von weitem sichtbar
ist. Im Frühjahre weiden sie die benachbarten Knospen
[* 20] ab und zerstreuen sich nach der dritten Häutung.
Die erwachsene Raupe ist feist und glänzend, ziemlich stark behaart und hat auf dem Rücken schwarze und rote Längsstreifen.
Die Puppe hängt an der Hinterleibsspitze und mitten um den Leib durch einen Faden
[* 21] festgehalten aufrecht
an Zweigen in Zäunen, an Baumstämmen, Wänden u. s. w. und ist gelb und regelmäßig schwarz punktiert. Die Gespinste der
Baumweißling nennt man zum Unterschiede von denen des Goldafters (s. d.) kleine Raupennester. Man vertilgt diese Obstbaumschädiger
dadurch, daß man im Herbst die Nester mit der Raupenschere abschneidet oder sie im Frühjahr, solange
die Raupen noch beisammen leben, mittels der Raupenfackel verbrennt.
Neublau, Meldolas Blau, ein 1879 entdeckter, zu den Oxazinen gehörender Farbstoff, der aus Nitrosodimethylanilin
und Naphthol gewonnen wird. Es färbt die mit Gerbsäure und Brechweinstein gebeizte Baumwolle blau.
[* 22]
(frz. coton; engl. cotton). Die Baumwolle besteht
aus den Samenhaaren verschiedener Arten der Gattung Gossypium, Familie der Malvaceen, die in den Tropenländern
heimisch und dort angebaut sind. Gossypium herbaceumL. (die in
[* 15]
Fig. 2 auf Tafel: Columniferen abgebildet ist) und GossypiumarboreumL. sind die Grundformen aller im tropischen Asien,
[* 23] Ostindien
[* 24] und Afrika
[* 25] wild wachsenden Arten, während GossypiumbarbadenseL. als in Amerika
[* 26] einheimisch betrachtet werden muß; eine besondere Art ist die Gossypium religiosum, die namentlich
in China
[* 27] und Ostindien gebaut wird und deren rötlichgelbe Faser zu den echten Nankingstoffen verarbeitet wird. Es sind ein-
oder mehrjährige kraut- oder staudenartige Gewächse von 0,5 bis 1,5 m Höhe, mit ästigem, behaartem
Stengel,
[* 28] drei- bis fünflappigen Blättern, großen, blaßgelben, fünfblätterigen Blumen, die einzeln in den Blattwinkeln
stehen und von einer eingeschnittenen, gesägten Kelchhülle umgeben sind.
Die kapselartige Frucht ist eiförmig, etwa von der Größe einer Walnuß. Bei der Reife springt sie drei- bis fünfklappig
auf, und die langen, weißen, elastischen Samenhaare, welche die einzelnen Samen
[* 29] dicht einhüllen, quellen
hervor. Die Baumwollpflanzen werden aus Samen gezogen. Die nach 12-14 Tagen über der Erde erscheinenden Pflänzchen werden
beizeiten und wiederholt verstutzt, damit sie immer neue Schößlinge treiben, da diese die besten Früchte ansetzen.
Die Blüten kommen nach 8-9 Monaten. Nach der Ernte
[* 30] werden die Stämme kurz über dem Boden abgeschnitten
behufs Erzeugung neuer Triebe, die jedoch merklich weniger Ertrag liefern als im ersten Jahre; daher benutzt man ein und dieselbe
Pflanze nur 2, höchstens 3 Jahre, so daß fortwährend neue Pflanzungen angelegt werden müssen. Die Saaten gedeihen
in geringwertigem Boden, verlangen aber etwas Sand. Bis zur Fruchtreife ist ihnen Regen und künstliche
Bewässerung zuträglich, insofern dadurch eine lange Faser erzeugt wird.
¶
mehr
Den aufgesprungenen Kapseln
[* 32] ist jedoch Regen schädlich, da er die Faser verdirbt. Der Boden wird durch mehrjährige Pflanzungen
bald wertlos, man geht daher zu immer neuen Strichen über, weshalb die ganze Baumwollkultur einen nomadenhaften Charakter
besitzt. Neuerdings versucht man, durch Düngung den alten Boden wieder ertragfähig zu machen. - Nachdem
die Kapseln sich zu öffnen begonnen haben, werden die Samenhaare gepflückt, indem man sie samt den Kernen aus der Kapsel
herauslöst. Da das Aufspringen der Kapseln an verschiedenen Tagen der Erntezeit erfolgt und ein längeres Verweilen der Wolle in
den aufgesprungenen Kapseln ihr schädlich ist, erfordert das Einsammeln große Aufmerksamkeit und eine
große Zahl Arbeiter (ein Arbeiter sammelt höchstens 25 kg pro Tag).
Man hat daher, namentlich in Nordamerika,
[* 33] versucht, das Einsammeln durch Maschinen zu verbilligen, was jedoch von vornherein
problematisch erscheint, da alle mechan. Vorrichtungen das Einernten nicht anders als mechanisch
besorgen können, d. h. unreife, reife und überreife Wolle gleichmäßig einsammeln. Die rohe Baumwolle wird
einige Tage zum Trocknen der Sonne
[* 34] ausgesetzt und dann mittels besonderer Maschinen egreniert, d. h. von den Samenkernen befreit.
(S. Baumwollspinnerei.) Die handelsmäßige Verpackung ist verschieden; gewöhnlich wird die Baumwolle durch Zusammenpressen
stark verdichtet und in Ballen zusammengeschnürt, in Nordamerika mit Bandeisen. Levantische Baumwolle kommt in
Säcken von Haartuch in den Handel.
Die Güte der sehr verschiedenen Handelssorten beurteilt man nach der Länge der Faser (lang- oder kurzstaplig), der Farbe,
Festigkeit,
[* 35] Feinheit, Weichheit und dem Glanz; auch kommt dabei in Betracht, ob die Faser frei von Knötchen (Finnen) ist.
Bezüglich der Farbe sind die farblosesten Sorten die geschätztesten, dann folgen die bläulichen, rötlichen
und zuletzt die gelblichen und bräunlichen. Auch der Grad der Reinheit spielt eine Rolle bei der Wertbestimmung, da schlecht
gereinigte Sorten eine Nachreinigung erfordern, bei der sich bis zu 25 Proz. Abfall ergiebt.
Die Handelssorten tragen den Namen der Herkunft des Produktes und werden nach ihrer aus obigen Merkmalen
beurteilten Güte in mehrere Klassen oder Marken eingeteilt; in England unterscheidet man gewöhnlich: fine, good, good fair,
middling fair, good middling, good ordinary, ordinary, inferior. Hamburg
[* 36] bezeichnet: A, AB, B, BC, C, CD, D, DE, E, EF.
Einen
Überblick über die Eigenschaften der allgemein bekannten Handelssorten zeigt folgende Tabelle, in der
die verschiedenen Sorten nach ihrer Herkunft in einzelne Gruppen geteilt sind;
diese sind nach ihrer durchschnittlichen Güte
geordnet;
innerhalb einer Gruppe folgen die Sorten ebenfalls nach ihrer Güte aufeinander.
Nach
den für die Weltindustrie einigermaßen nachweisbaren Quellen beziffert sich die gesamte Baumwollgewinnung:
für 1870 auf etwa 1450 Mill. kg
" 1880 "
" 1840
"
"
" 1885* "
" 1850
"
"
" 1888 "
" 2680
"
"
" 1890 "
" 2800
"
"
" 1893 "
" 2760
"
"
* Infolge der schlechten amerik. Ernte.
Der Hauptanteil fällt auf die Vereinigten Staaten
[* 38] von Amerika. Infolge des amerikan. Secessionskrieges trat in den J. 1802-67
empfindlicher Mangel an Baumwolle für den Weltmarkt ein, und durch große Anpflanzungen in Ostindien mußte Ersatz für die amerikanische
Baumwolle zu schaffen versucht werden. Nach Beendigung des Secessionskrieges hob sich indessen
die Baumwollerzeugung in Nordamerika sehr rasch wieder, und von 1871 ab nehmen die Vereinigten Staaten in der Erzeugung von
Baumwolle wieder den ersten Rang ein. Die Anbaufläche betrug (1889/90) 64 917,53 qkm oder 15 683 qkm (31,85 Proz.)
mehr als im Erntejahr 1879/80. Gewonnen wurden:
Jahr
Mill. kg
1876/77
1041
1880/81
1598
1883/84
1379
1885/86
1702
1890/91
2124
1892/93
1822
Bis etwa um das J. 1850 wurde nahezu der ganze Baumwollertrag ausgeführt, da das Land keine eigene Baumwollindustrie besaß.
Von dieser Zeit ab fing man jedoch an, wenn auch anfangs sehr langsam, die einheimische Baumwolle weiter
zu verarbeiten, und bereits 1871 wurden 27,6 Proz. der nordamerikanischen Baumwolle im
Lande selbst weiter verarbeitet, 1885 schon 31,1 Proz. und 1890: 38,5 Proz.
Nach andern Berechnungen, die mit den obigen Angaben wenigstens annähernd übereinstimmen, belrug der Wert der Rohbaumwollen-Ausfuhr:
In Britisch-Indien wurden 1858 nur erst 111,8 Mill. kg, 1872 bereits 528 Mill. kg gewonnen. Von da trat ein Rückschlag
ein, so daß 1880 Ostindien nur etwa 360 Mill. kg erzeugte; 1883 ist die Gewinnung jedoch wieder auf 456 Mill. kg gestiegen
und erreichte 1894 (freilich nur nach vorläufigen Schätzungen) 612 Mill. kg. Von dieser Erzeugung
verbraucht Ostindien für seine eigene steigende Baumwollindustrie bis zu 300 Mill. kg, so daß gegenwärtig
etwa 300 Mill. kg für die Ausfuhr zur Verfügung stehen.
Ägypten
[* 39] hat seiner Baumwollkultur im Lauf der letzten 30 Jahre erhöhte Aufmerksamkeit zugewendet und hängt von deren Ergebnis
der Wohlstand des Landes wesentlich ab. Der einheimische Verbrauch¶
mehr
ist gering, und die Ernten können nach den Ziffern der Ausfuhr in folgender Weise abgeschätzt werden:
1871 auf etwa 106,8 Mill. kg
1875 "
" 132
"
"
1880 "
" 150,5 "
"
1889 "
" 189,6 "
"
1893
"
245
"
"
In Brasilien
[* 41] sollen 1872: 78,5 Mill. kg ausgeführt worden sein, während 1880 nur noch 12,7 Mill. kg
außer Landes gingen. Die nordamerik. Konkurrenz war schwer zu bestehen, weshalb in einer Anzahl von Bezirken die Baumwollkultur
entweder ganz aufgegeben oder auf den eigenen Bedarf beschränkt wurde. Seit 1881 ist jedoch die Ausfuhr wieder gestiegen;
sie betrug
im Jahre 1882: 21,9 Mill. kg
"
"
1888: 25,6 "
"
"
"
1893: 28,4 "
"
Außerdem kommen für die Gewinnung von Baumwolle noch die Türkei
[* 42] mit ihren kleinasiat. Distrikten mit etwa 9,5 Mill. kg, die Westindischen
Inseln mit etwa 1,7 Mill. kg, Peru
[* 43] mit 1,8 Mill. kg, sodann noch Columbia
[* 44] und Surinam in Frage. In Japan
sollen die Anpflanzungen von Baumwollstauden erhebliche Fortschritte gemacht haben, das Land verbraucht jedoch seine eigene
Baumwolle selbst. In Afrika sind außer Ägypten an den verschiedensten Punkten sehr beachtenswerte Versuche mit der Gewinnung von
Baumwolle gemacht worden, darunter auch in den deutschen Besitzungen. Die Erfolge sind ermutigend,
für den Welthandel fällt indessen die Erzeugung zunächst wenig ins Gewicht. Dasselbe gilt für den Süden von Spanien und
Italien
[* 45] sowie für das russ. Centralasien und für Turkestan. Seit einigen Jahren verarbeiten indessen die russ. Spinnereien
die Baumwolle aus Mittelasien anscheinend erfolgreich.
Die Ausfuhr aus den genannten Ländern ging früher etwa zur Hälfte nach England, während sich die andere
Hälfte auf die andern Industriestaaten Europas verteilte. 1885 bezog England nur noch etwa 40 Proz., 1894 etwa
nur noch ein Viertel der im Welthandel befindlichen Baumwolle Einfuhr,Ausfuhr,Verbrauch in Doppelzentnern:
Für Norwegen
[* 46] wird der Verbrauch zu etwa 1,2, für Portugal zu rund 1 kg pro Kopf anzunehmen sein. Für die Vereinigten Staaten
von Amerika wird die Produktion von Baumwolle 1893 zu 7 013 208 Ballen, 1892 dagegen zu 9 038 707 Ballen, die Ausfuhr 1892 zu 2 935 219 811 Pfd.
im Werte von 258,5 Mill. Doll. angegeben. Für dasselbe Jahr wird der einheimische Verbrauch zu 2 806 471 Ballen, d. h. etwa
9,3 kg pro Kopf berechnet.
Von der deutschen Einfuhr im
J. 1893 in Höhe von 2 477 433 Doppelcentnern kamen 1 537 222 aus
Nordamerika, 560 667 aus Britisch Ostindien, 130 572 aus Ägypten; der Gesamtwert betrug 192 744000 M. Haupthandelsplatz für
Deutschland
[* 47] ist Bremen,
[* 48] das 1893: 1 753 560 Doppelcentner im Werte von 156 514000 M. einführte. Der Preis
der Baumwolle ist selbstverständlich je nach der Höhe der Erzeugung wie des Verbrauchs sehr schwankend gewesen. 1848 wurden in
England 3½ d für das engl. Pfund middling Orleans gezahlt, ein Preis, der so niedrig noch nicht dagewesen war. 1850-90 schwankte
der Preis zwischen 4-8 d, sank indessen Anfang 1892 infolge einer sehr reichen Ernte auf 3¾-4 d und
stellte sich Anfang 1895 auf 4-4¼ d. Über die Verarbeitung der rohen Baumwolle s. Baumwollspinnerei und Weberei;
[* 49] über specielle
Beschaffenheit der Baumwollfaser s. Gespinstfasern;
[* 50] über Geschichtliches und Statistisches s. Baumwollindustrie. -
In der Heilkunde dient die und die aus ihr bereitete Watte als einhüllender, wärmender Stoff sowie als Verbandmittel. In
letzterer Hinsicht hat sie infolge der modernen Antiseptik die Charpie vollständig verdrängt. Auch verwendet man sie zur
Herstellung der Mora (s. d.). - Außerdem gebraucht man die Baumwolle zur
Herstellung der Schießbaumwolle (s. d.) und des Kollodiums (s. d.).
1) Geschichtliches. Wie Indien die Heimat der Baumwolle war, so ist es auch das Land, in dem diese Gespinstpflanze zuerst und
in bis jetzt unübertroffener Feinheit verarbeitet wurde. Schon in den ältesten sanskritischen Schriften werden Baumwollgewebe
erwähnt, zu Herodots Zeiten waren Baumwollgewebe die allgemeine Kleidung der Einwohner und die orient.
Dichter nennen den feinen ind. Musselin «gewebten Wind». Von Indien verbreitete sich mit dem Anbau auch die Verarbeitung der
Baumwolle nach China, Vorderasien und Ägypten, durch Phönizier und Karthager nach Griechenland,
[* 52] Malta, Sicilien und Spanien.
Die Verbreitung der Baumwollmanufaktur in China war wohl die Folge der Eroberung dieses Reichs durch die
Tataren. Vorher holten die Chinesen ihre Gewebe
[* 53] ausschließlich aus Indien, wie sie dieselben denn auch mit dem ind. Worte Kattun
benannten; von dort bezogen sie auch die kürzern und stärkern Sorten des Rohstoffs, bis sie selbst im 9. Jahrh.
den Anbau begannen. Die Perser, Meder und Babylonier empfingen gleichfalls von Indien aus ihre Kenntnis der Baumwolle wie deren
Verarbeitung.
Nach Arrian brachten arab. Kaufleute die ind. Baumwolle nach Aduli am RotenMeer, wohin Kattun, Musselin u. a. aus Patala am Indus,
Ariake und Barygaza an der Nerbudda gelangten. Die Baumwollmanufakturen von Masalia (Masulipatnam) waren
berühmt, aber die feinsten Musseline kamen aus dem Gebiete des Ganges, daher sie von den Griechen gangētikoi genannt wurden.
Die Griechen wurden mit der Baumwolle durch Alexanders Feldzug bekannt gemacht, und die Insel Kos zeichnete sich bald vor allen
andern durch ihre vorzüglichen Manufakturen aus.
Nach Malta war die Kultur der Baumwollpflanze wahrscheinlich schon durch die Phönizier gebracht worden; hier errichteten
die Karthager bedeutende Manufakturen, in denen die durch Feinheit und Weichheit ausgezeichneten Gewänder hergestellt wurden,
welche die Phönizier als wichtigste Ware den afrik. Völkerschaften zuführten. In Ägypten wurde die Baumwollstaude wohl
schon von alters her gebaut; Plinius erzählt von ihrer Kultur in Oberägypten. Weiter südlich ist sie
durch ganz Afrika verbreitet und wird dort
¶
mehr
auch verarbeitet. Die Ägypter schätzten Gewänder aus Baumwolle hoch, wie wir aus dem biblischen Berichte über den Aufenthalt
der Juden in Ägypten wissen. Joseph erhielt ein baumwollenes Kleid als Geschenk von dem damaligen Pharao. Im Ostindischen Archipel
ist die Verwendung der Baumwollhaare zur Anfertigung von Gewändern eine uralte.
Den Bewohnern von Amerika war die Kultur der Baumwolle und ihre Verarbeitung zur Zeit der Entdeckung bereits
bekannt. Unter den Geschenken, die Columbus von den Einwohnern von Guanahani erhielt, befand sich auch Baumwolle; die Bewohner
des Innern von Hispaniola mußten ihm alle drei Monate 25 Pfd. als Tribut liefern, und auf Cuba fand man
große Vorräte von Rohstoff und allerlei Fabrikaten. In Südamerika
[* 55] bestanden die bunten Kopftücher und Schürzen der wilden
Indianer aus Baumwolle, die Brasilianer fertigten ihre Hamaks und Jagdgarne daraus, die Peruaner ihre ärmellosen Hemden und
Mäntel.
Bei den Mexikanern war die Baumwolle fast das einzige Bekleidungsmaterial. Unter den Geschenken, die Montezuma
dem Cortez bot, befanden sich 30 der feinsten baumwollenen Mäntel, außer Teppichen u. s. w., von denen Cortez einige dem
KaiserKarl V. sandte, an dessen Hofe diese Neuheiten die größte Bewunderung erregten. Auf weißen baumwollenen Zeugen entwarfen
auch die Maler, die sich unter den Gesandten Montezumas an Cortez befanden, Zeichnungen aller der Merkwürdigkeiten,
die sie bei den Spaniern gesehen hatten. In das nördl. Amerika ist die Kultur und Verarbeitung der Baumwolle aber erst durch
Europäer eingeführt worden.
Wie die Araber den Anbau der Baumwolle nach Europa
[* 56] brachten, so fingen sie auch zuerst an, dieselbe zu verarbeiten, indem sie
Baumwollmanufakturen in Spanien gründeten. AbuAbdallah sandte an Karl d. Gr. als Geschenk baumwollene Zeuge,
die in Spanien verfertigt worden waren. Unter Abdarrhaman entwickelte sich diese Industrie noch weiter und gelangte im 12. Jahrh.
zu hoher Blüte;
[* 57] im 14. Jahrh. wurde sie in Granada
[* 58] schwunghaft betrieben. Die Christen aber hatten schon im 13. Jahrh.
bedeutende Baumwollmanufakturen in Barcelona.
[* 59]
Sicilien verdankt die Einführung dieser Industrie im 12. Jahrh. gleichfalls den Saracenen. In Italien führte Venedig
[* 60] zuerst
die Baumwollmanufaktur ein; hier blühte sie im Anfang des 14. Jahrh. und verbreitete sich
bald über die benachbarten ital. Städte. Florenz
[* 61] glänzt um diese Zeit durch seine ausgezeichnete Weberei,
Appretur und Färberei. Von Italien kam die Baumwollindustrie bald nach der Schweiz,
[* 62] und zwar hauptsächlich nach Zürich,
[* 63] wo im 14. und 15. Jahrh.
der Handel mit Baumwolle und baumwollenen Zeugen ein sehr lebhafter war. Um dieselbe Zeit gelangte die Baumwolle von Venedig
nach Augsburg;
[* 64] durch den regen Handelsverkehr zwischen diesen beiden Städten fing Augsburg bald an, sehr
beträchtliche Mengen von Geweben nach den Niederlanden auszuführen, von wo es später den Rohstoff bezog.
Denn den Niederlanden wie England wurde zwar schon im Anfang des 14. Jahrh. Baumwolle durch Genuesen und Venetianer zugeführt,
indes verwandte man dieselbe, soweit bekannt, nur zu Licht- und Lampendochten. Die Holländer sollen aber
zuerst in Europa Kattun, wie den indischen, angefertigt haben, eine Kunst, die wohl zu Anfang des 16. Jahrh.
nach England übersiedelte. Prot. Flüchtlinge brachten die Baumwollspinnerei und
Weberei hierher, unter Heinrich VIII. begann
die Verarbeitung der Baumwolle in Lancashire, und eine Parlamentsakte Eduards VI. spricht schon von Baumwollwaren
von Manchester,
[* 65] Lancashire und Cheshire.
Manchester wurde der Hauptplatz der Fabrikation baumwollener Gewebe (Kanevas, Barchent, Fustian, Dimity u. a.) und lieferte
bald baumwollene Sammete und Velvetins. Aber erst durch die Einführung des Kattundrucks und die gesetzliche Beschränkung
der Einfuhr ostind. Zeuge 1700 und 1721 gelangte die englische Baumwollindustrie zu stärkerer
Entfaltung, und seit Erfindung der Spinnmaschinen,
[* 66] namentlich in den zwei letzten Jahrzehnten des 18. Jahrh., ist sie mit
Riesenschritten vorwärts geeilt, so daß sie die aller andern Länder Europas überflügelt hat.
Der Erfindungsgeist und die Energie des angelsächs. Stammes lieferten in einem halben Jahrhundert unendlich
viel mehr als alle Weisheit des Orients in Jahrtausenden. Den Engländern folgten die Franzosen, Schweizer und Deutschen bald
nach. In Deutschland war Sachsen
[* 67] eins der ersten Länder, und Plauen
[* 68] die erste Stadt, wo Kattunfabriken im großen angelegt wurden,
und noch immer ist Sachsen das Hauptland für die deutsche Baumwollindustrie. Zu diesen europ.
Gebieten sind in neuester Zeit die Vereinigten Staaten von Amerika und Britisch-Ostindien hinzugetreten, so daß eine Zweiteilung
Europas in Großbritannien
[* 69] und den Kontinent vorausgesetzt, vier verschiedene Richtungen zu unterscheiden sind, nach denen
sich der auf der Erde produzierte Rohstoff verteilt, um fabrikmäßig verarbeitet zu werden.
Gegenwärtig nimmt die Baumwollspinnerei und Baumwollweberei, was Umfang der Etablissements, Verbrauch des
Rohmaterials, Zahl der beschäftigten Hände und Anwendung maschineller Hilfsmittel anlangt, unter allen Zweigen der Textilindustriedie ersteStelle ein. Sie zuerst hat von den Erfindungen der neuern Zeit im Fache des Maschinenwesens Gebrauch gemacht; die
Spinnmaschine,
[* 70] der mechan. Webstuhl
[* 71] fanden in der Baumwollindustrie zuerst
Anwendung, ja verdanken ihr Erfindung und konstruktive Entwicklung; Druck- und Appreturmaschinen nahmen von ihr den Weg in andere
Gebiete der Faserstofftechnik. In ihrem Rohstoff fast vollständig von außereurop. Gebieten abhängig, tritt in der Baumwollindustrie das
Übergewicht europ. Intelligenz und europ. Kapitals auf das glänzendste zu Tage und läßt sie als eins
der lehrreichsten Beispiele unserer technischen und wirtschaftlichen Erfolge erscheinen.
2) Statistisches. Von dem gewaltigen Aufblühen der in Europa selbst giebt zunächst der jährliche Verbrauch Europas von Baumwolle
Aufschluß; derselbe belief sich im Durchschnitt: 1846-50 auf 518 Mill. kg, 1851-55 auf 704 Mill. kg, 1856-60 auf 871 Mill.
kg, 1861-65 auf 665, Mill. kg, 1866-70 auf 1040 Mill. kg, 1871-72 auf 1018 Mill. kg, 1881-82 auf 1156 Mill. kg und 1889-90
auf 1661 Mill. kg. Die Anzahl sämtlicher Spindeln Europas belief sich 1832 auf 11,8 Mill., 1880 war sie auf 58,6 Mill. Gestiegen.
Anfang 1895 wird die Anzahl sämtlicher Baumwollspindeln der Erde auf etwa 90 Mill. zu veranschlagen
sein, der Gesamtverbrauch des Jahres 1894 dürfte 2000 Mill. kg überstiegen haben.
Weitaus an der Spitze der Produktion sowohl Europas wie der ganzen Erde steht Großbritannien; im übrigen macht den Anteil
der einzelnen Länder an der Baumwollindustrie nachstehende Tabelle ersichtlich:
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