Hanf-,
Woll- und Holzhandel. Auf der Aubebrücke steht eine Kapelle aus dem 15. Jahrh., zum Andenken
an
Alexander von
Bourbon, der auf
BefehlKarls VII. 1441 hier in den
Fluß gestürzt wurde. Am lieferten unweit Bar-sur-Aube die
Verbündeten dem Marschall Mortier ein
Gefecht, infolgedessen letzterer zur Fortsetzung seines Rückzugs
gezwungen war. Ein noch bedeutenderes
Gefecht fand statt. Nachdem die Verbündeten seit 23. Febr. von
Troyes aus langsam
zurückgegangen waren, sammelte Napoleon seine Hauptmacht bei Mery, um der schles.
Armee nach der
Marne zu folgen und
Blücher
vereinzelt zu schlagen.
Als der
Plan Napoleons sichtbar ward und die Nachricht einging, daß
Blücher glücklich die
Aube überschritten,
beschlossen die Verbündeten, ihren Rückzug aufzugeben. Während Napoleon 27. Febr. gegen die schles.
Armee aufbrach, ließ
Schwarzenberg am Morgen desselben
Tages das von Macdonald nach Bar-sur-Aube vorgeschobene, durch Oudinot befehligte
franz. Korps angreifen. Nach mehrern hitzigen
Gefechten mußte am späten Nachmittag Oudinot weichen,
sodaß auch Macdonald seine
Stellung zu Malepin nicht halten konnte. Wiewohl die Verbündeten ihren
Sieg nicht mit hinreichender
Energie verfolgten, war doch, zum großen Nachteile Napoleons, hiermit die Offensive wieder eröffnet.
1)
Arrondissement im franz. Depart.
Aube, hat 1216,30 qkm, (1891) 41722 E., 84 Gemeinden und zerfällt
in die 5 Kantone Bar-sur-Seine (288,87 qkm, 10468 E.), Chaource (349 qkm, 9216 E.), Essoyes (313,98 qkm, 10545 E.),
Mussy-sur-Seine (118,61 qkm, 6233 E.), Les Riceys (145,84 qkm, 5260 E.). - 2) Hauptstadt des
Arrondissements Bar-sur-Seine im franz.
Depart.
Aube, 30 km südöstlich vonTroyes, 158 m hoch, am linken Ufer der Seine, über die eine schöne
steinerne
Brücke
[* 2] führt, und an der Linie
Troyes-Chatillon-sur-Seine-Is-sur-Tille-Gray der
Franz.
Ostbahn, hat (1891) 2710,
als Gemeinde 3237 E., Post,
Telegraph,
[* 3] ein Kommunal-Collège und eine Ackerbaugesellschaft,
Brennereien, Färbereien, Gerbereien,
Wollzeug-, Droget- und Papierfabrikation
[* 4] sowie Gärtnerei und betreibt lebhaftenHandel mit Holz,
[* 5] Hanf,
Wolle, Getreide,
[* 6] besonders aber mit
Wein aus eigenen
Weinbergen.
der dem männlichen Geschlechte eigentümliche Haarwuchs (s.
Haare)
[* 7] um Mund,
Kinn und
Wangen. Die Barthaare haben
gewöhnlich einen derbern Schaft als die übrigen, sind kürzer und starrer als das Haupthaar und beginnen ihre eigentliche
Entwicklung erst um die Zeit der
Pubertät. Bei Frauen findet sich ein Bärtchen öfters in spätern Jahren,
meist nach Erlöschen der Zeugungsfähigkeit, ferner als hysterische
Hyperplasie, besonders auch bei den (gewöhnlich unfruchtbaren)
Mannweibern.
(Über bärtige Frauen vgl. Zeitschrift für Ethnologie, VIII, 110; XI, 145; XIII, 213.)
Die
Farbe des Bart stimmt gewöhnlich mit der des Haupthaares überein, doch giebt es eine Menge
Nuancen, wie den dem Norden
[* 8] eigentümlichen Rotbart, den schwach oder nicht gefärbten Milchbart u. a.
Auf Länge,
Dichtigkeit u. s. w. haben
Klima
[* 9] und Nationalität wesentlichen Einfluß. Bei manchen Völkern ist der Bartwuchs
schwach entwickelt, namentlich bei denen mit straffem, grobem
Haar,
[* 10] so außer bei Indianern bei Nord-
und Ostasiaten sowie bei Malaien, kümmerlich bei den
Hottentotten, reichlicher bei mittel- und südafrik.
Negern, mäßig
bei den
Australiern, üppiger bei
den Papua.
Ursprünglich wurde bei allen bärtigen Völkern der Bart als Zeichen der Kraft
[* 11] und als Zierde der Männlichkeit betrachtet,
daher auch sorgfältig gepflegt und für heilig gehalten; seine unehrerbietige Berührung wie das Entfernen
galt und gilt noch als Schimpf oder
Strafe. Aber in ganz
Mittel- und Nordeuropa findet man in Gräbern der
Metallzeit
[* 12] und
Pfahlbauten
[* 13] gebogene Bronzemesser, die vielleicht zum Rasieren dienten, wiewohl auch in Frauengräbern solche gefunden werden. Im Morgenlande
ist der Gebrauch des Rasierens uralt, bei den Ägyptern, wo nur der
Adel ein würfelförmiges Kinnbärtchen,
Pharao einen längern gepflegten und sorgsam geschützten Spitzbart trug,
bis in die ältesten
Zeiten zurückzuverfolgen. In
Assyrien rasierte man den Bart erst zur Zeit Sardanapals und Nebukadnezars; aber wie dort einen schmalen keilförmigen
Kinnbart, heftete man hier einen breiten Vollbart künstlich an. Die Babylonier sowie die alten
Perser
trugen sorgfältig gepflegte Bart. Jedoch war der, unter Umständen künstlich ersetzte, geflochtene und gekräuselte
Vollbart bei allen Altorientalen
Vorrecht des Herrschers, in verkürzter Gestalt des hohen
Adels; alle Eunuchen waren bartlos.
Die
Juden stutzten den Bart wenig, salbten ihn und pflegten ihn als
Abzeichen des
Freien und Frommen; nur
Trauernde und Gefangene vernachlässigten symbolisch auch die Pflege des Bart, ja rauften ihn wohl aus. Die Griechen
ließen den Bart um
Wangen, Lippen und
Kinn wachsen und verwandten große Sorgfalt auf seinen Zustand. Erst zu
Alexanders d. Gr.
Zeit und durch ihn kam das wirtliche Scheren
[* 14] des Bart auf. Die meisten
Philosophen aber, insbesondere Cyniker
und
Sophisten, sahen im B. einen Gegenstand bewußter Würde.
Die
Römer
[* 15] gingen ungeschoren bis etwa 300
v. Chr.; der erste
Barbier kam nach
Rom
[* 16] angeblich durch P. Licinius Mänas aus
Sicilien.
Seitdem ging man außer inTrauer glatt rasiert. In
Ciceros Zeit gingen die vornehmen Stutzer noch nach
dem 22.
Geburtstage
(Tag des ponere barbam) mit schön gestutztem Kinnbärtchen (bene barnati und barbatuli). Erst unter Hadrian
ließ man allgemein den Bart wieder wachsen, und dies dauerte bis auf die Zeit
Konstantins d. Gr., wo wenigstens die langen
Kinnbärte in Europa
[* 17] zum großen
Teil verschwanden.
Bei den alten
Germanen galt nach
Tacitus
(Germ., 31) gekürztes
Haar und geschorener Bart als Zeichen der Unfreiheit oder des
Verlustes
der Ehre. «Gescherter» ist in Süddeutschland jetzt noch ein Schimpfwort.
Die Langobarden erhielten ihren
Namen vom langen Bart. Die
Sachsen
[* 18] trugen jedoch im 6. Jahrh, keinen Bart. Die
Franken trugen in der Merowingerzeit kurzen, unter
Karl d. Gr. längern Vollbart, die Vornehmen damals schon meist Schnurrbart.
Im 10. Jahrh, wurde aber durch
Otto I. der Bart wieder
allgemein. - Noch im 12. Jahrh, pflegte man in
Frankreich den bis auf die
Brust herabfallenden in einzelne
Strähnen zu flechten und die
Spitzen des Schnurrbarts zusammenzubinden.
Die vornehmen und gebildeten
Stände des ausgehenden Mittelalters bevorzugten den Bart wieder.
Heinrichs IV. fein bearbeiteter
Knebel- und einzackiger Kinnbart
(Henri quatre) machte rasch Schule und ist, geringfügig modifiziert, noch heute für den
französischen Bart typisch.
Ludwig XIV. und seine Feldherren und Hofdichter trugen den ausgezogenen Schnurrbart.
Seines Enkels Philipp V. Eintreten für das Rasieren
¶
mehr
erregte die Spanier, die noch aus ihrer großen Zeit den dem Henriquatre verwandten sog. Spanischen Bart trugcn. Seit Ludwig XIII.
und XIV. begann in Westeuropa die Mode, dann die Militärdisciplin sich des Bart zu bemächtigen, und seine Form und
Gestalt wurde seitdem zahllosen Veränderungen unterworfen. In Rußland begann Peter d. Gr. die Kultivierung
mit Verbot des großen Bart für alle Nichtbauern und führte, als er nicht gleich durchdrang, eine Bartsteuer ein;
wer durch die Thore einer Stadt mit einem Bart ging, mußte ihn versteuern. Die Starowherzen (Altgläubigen) behielten ihn trotzPeters Verfolgungen bei.
Seit der Eroberung von Algier (1830) wurde erst in Frankreich, dann im übrigen Europa, besonders seit 1848 wieder
der Vollbart Mode; er galt eine Zeit lang als Abzeichen demokratischer Gesinnung, und einzelne Regierungen bekämpften den
Bart, wenigstens bei Beamten. Für die europ. Heere giebt es teils bestimmte Vorschriften, teils allgemein befolgte Sitten; so
ist in Österreich
[* 20] der Kotelettbart mit ausrasiertem Kinn, im DeutschenReiche der ausgezogene Schnurrbart,
in Frankreich der Knebel- mit Spitzbart, dem Henriquatre ähnlich, ihm verwandt der Victor Emanuel-Bart in Italien,
[* 21] in Rußland
der quadratische Vollbart üblich, im großbrit.
Heere der bis 1840 untersagte Schnurrbart seitdem vorgeschrieben; die preuß. Garde trägt
das Kinn stets rasiert. Die Mode hat sich fort und fort in häufigem Wechsel mit der Form des Bart beschäftigt.
Bald war mehr der Schnurr- oder der Knebelbart, bald, besonders in Frankreich (wo später der Kinnbart à la. Napoleon III.
aufkam), der Henriquatre, bald der Backenbart beliebt. Der Geistlichkeit wurde der Bart bald streng verboten,
bald wieder gestattet. Bei den Katholiken tragen nur die Ordens-, nicht die Weltgeistlichen einen Bart. Die Priester der griech.
Kirche traten seit Mitte des 9. Jahrh. lebhaft für den in die Schranken, schmähten die
röm.-kath. Geistlichen und deren bartlose Heilige und behielten den Bart bis heute bei, insbesondere die
russ. Dorfpopen. In neuerer Zeit tragen viele prot. Geistliche den Bart, der ihnen vor
nicht langer Zeit noch verboten oder bloß als Backenbart erlaubt war, während bis um 1700 Schnurr- und Zwickelbart für
sie als allgemeiner Brauch galt. Die israel. Rabbiner tragen der alten religiösen Vorschrift entsprechend den ungestutzten
Vollbart.
Der hat, außer den mit dem Kopfhaare gemeinsamen Krankheiten (z. B. Schuppen- und Kleienflechte, Wabengrind, Ansfallen oder
Ergrauen der Haare u. s. w.), noch einige eigentümliche Krankheiten, namentlich die Bartfinne, Bartflechte oder den Bartgrind
(Mentagra, Sycosis), eine schmerzhafte, tiefgreifende Entzündung der Haarbälge und Haarbalgdrüsen, welche leicht zu ausgedehnter
Borkenbildung, zu Geschwüren und Wucherungen führt, meist durch Anhäufung von Schmutz an den Wurzeln
des Haars, oft aber auch nur durch das Rasieren hervorgerufen oder unterhalten wird.
Ein eigentümlicher mikroskopischer Pilz
[* 22] (Trichophyton tonsurans) findet sich bei der Bartfinne an und in den erkrankten Haaren.
Diese parasitäre Form der Bartfinne, welche Köbner als knotige Trichomycosis bezeichnet, ist durch Ansteckung
von einer Person auf die andere übertragbar. Dieselbe kann gewöhnlich schon durch vollständiges Beseitigen (Ausraufen)
oder tägliches Abrasieren der kranken Haare und
durch Bestreichen der erkrankten Stelle mit Auflösung von Quecksilber- oder
Kupfersalzen, mit Carbolöl, Schmierseife oder Schwefelpaste gründlich geheilt werden.
bei einem Schlüssel derjenige Teil, der nach Einführung des Schlüssels in das Schlüsselloch bei der Drehung
des Schlüsselringes den Riegel erfaßt. Er geht in einer Führung, deren Querschnitt als Einschnitte im B. erscheinen.
Je komplizierter diese Einschnitte sind und je genauer sie in die Führung passen, desto sicherer ist das Schloß gegen unbefugtes
Öffnen. (S. Schloß.) - Bart werden im Orgelbau zwei StückeBlech genannt, durch deren Ein- oder Auswärtsbiegung die Pfeife
gestimmt wird. Ferner bedeutet in der Technik soviel wie Grat oder Gußnaht.
auch BaertoderBarth, Jean, franz. Seeheld, Sohn eines Fischers, geb. 1651 zu Dünkirchen,
[* 25] nach andern in den Niederlanden. Er trat früh in die holländ. Marine, ging jedoch im Beginn der Kriege gegen Holland in franz.
Dienste
[* 26] über. Da Bürgerliche damals auch im Seewesen keinen Offiziersrang bekleiden durften, machte
sich Bart selbst zum Kapitän eines Korsarenschiffs. Als solcher bewies er so außerordentliche Kühnheit, daß ihm Ludwig XIV.
eine besondere Mission im Mittelmeere zuwies und ihn später auch zum wirklichen Schiffslieutenant ernannte. In einem Gefecht
gegen engl. Übermacht ward Bart 1695 gefangen genommen und nach Plymouth
[* 27] gebracht.
Hier entwich er auf einem einfachen Fischernachen nach Frankreich, wo ihm der König nun zum Kapitän erhob.
Bei der Blockade des Hafens von Dünkirchen durch die Engländer 1696 unternahm Bart eine ruhmvolle Kreuzerfahrt, worauf ihn
Ludwig XIV. zum Commandeur eines Geschwaders ernannte. Er starb zu Dünkirchen. Seine rauhe
Freimütigkeit und sein derber Witz machten ihn nicht weniger populär als seine Kühnheit und Schlagfertigkeit. Sein Denkmal
in Dünkirchen wurde enthüllt. -
Vgl. De la Landelle, Études marines, Jean et sons fils (Par. 1874);
Parte, mittelalterliche Bezeichnung für Beil überhaupt (so in der Zusammensetzung Hellebarde, d. i. Helmbarte),
sowie im besondern für die kurzgestielte Streitart der Reiter (s. Streitaxt);
Sine Ölgemälde sowie namentlich seine Aquarelle, in denen er besonders norddeutsche Strand-
und Flußlandschaften darstellt, zeichnen sich durch kräftiges Kolorit und genaue Auffassung aus. Er erhielt 1886 und 1891 auf
der Berliner
[* 33] Kunstausstellung die kleine goldene Medaille.
Stadt im Kreis
[* 35] Rastenburg des preuß. Reg.-Bez. Königsberg,
[* 36] in der frühern
Landschaft an der Liebe, hat (1890) 1488 evang. E., ein Amtsgericht (Landgericht Bartenstein), Post, Telegraph, Flachsbau.
Nahebei
befindet sich die gut erhaltene um die Mitte des 13. Jahrh, erbaute Ordensburg Barten, jetzt Domäne, mit 70 E.
sowie die gräfl.
Stolbergsche Herrschaft Dönhoffstädt mit Schloß und schönem Park.
oder Barterland (Barthonia im Mittelalter), eine Landschaft im SO. Natangens, von dem es die Alle trennt,
ein Teil der Provinz Ostpreußen,
[* 37] umfaßt die Kreise
[* 38] Rastenburg, Friedland und Rössel des Reg.-Bez. Königsberg
und grenzt im N. an den Pregel,
[* 39] im O. an die Angerap, im S. unterhalb Rastenburgs an Galindien. Bartenland zerfiel
in das eigentliche Barten und in Plica-Barten, später Groß- und Klein-Barten genannt.
1) Stadt im Kreis Friedland des preuß. Reg.-Bez. Königsberg,
^[Abb.]
55 km südlich von Königsberg, in 42 m Höhe, rechts an der Alle, an der Linie Königsberg-Prostken der Ostpreuß. Südbahn,
Sitz eines Landgerichts (Oberlandesgericht Königsberg) mit 17 Amtsgerichten (Barten, Bartenstein, Bischofsburg, Bischofsstein, Domnau,
Friedland, Gerdauen, Guttstadt, Heilsberg, Kreuzburg, Landsberg,
[* 40] Nordenburg, Preußisch-Eylau, Rastenburg, Rössel, Schippenbeil,
Seeburg), eines Amtsgerichts, Kataster- und Zollamtes, Steueramtes erster Klasse und einer Reichsbankstelle,
hat (1890) 6442 E., darunter 265 Katholiken und 65 Israeliten, Postamt erster Klasse, Telegraph, 2 evang., 1 kath. Kirche, königl.
Gymnasium, städtische höhere Mädchenschule, Bürger-, Volksschule, Krankenhaus,
[* 41] Freimaurerloge, 2 Vorschuß- und Kreditvereine;
große Dampfschneidemühle, Ziegelei, Eisengießerei
[* 42] und Maschinenbauanstalt, große Wagenfabrik, bedeutende Mühlenwerke,
Brauerei, Gerberei, Töpferei, lebhaften Getreidehandel, 5 Vieh- und Pferde- sowie 2 Krammärkte. Vom April bis Juni 1807 war
Bartenstein das Hauptquartier der verbündeten Preußen
[* 43] und Russen, und wurde hier der BartensteinerVertrag zwischen Preußen
und Rußland abgeschlossen.
2) Stadt im Oberamt Gerabronn des württemb. Jagstkreises, an der rechts zur Jagst gehenden Ette, hat
(1890) 823 E., Post, Telegraph, schönes Residenzschloß des Fürsten von Hohenlohe-Bartenstein, 2 kath. und 1 evang.
Schule.
[* 28] Joh. Christoph,
Freiherr von, Staatsmann, geb. 1689 zu Straßburg,
[* 44] legte den Grund zu seiner Berühmtheit 1709 durch
eine rechtshistor. Schrift über den Krieg des Kurfürsten Moritz gegen Karl V., in der er das Recht der Kriegführung
seitens der Reichsstände gegen den Kaiser verfocht, ein Grundsatz, den er in seiner eigenen polit. Thätigkeit aufs schärfste
bekämpft hat. Er trat 1715 in den Dienst des österr. Staates und zum Katholicismus über.
Seine große Laufbahn begann 1727, als er den erkrankten geheimen Staatssekretär Buol als Substitut,
dann als Nachfolger ersetzte. Diese Stellung brachte ihn in den vertrautesten Verkehr mit KaiserKarl VI., dessen Gunst und
Vertrauen er in immer höherm Maße gewann. Der Einfluß B.s dauerte auch unter Maria Theresia ungeschwächt fort, bis 1753 Kaunitz
die Leitung der auswärtigen Angelegenheiten erhielt. B.s langjährige Bemühungen, Karl VI. die Anerkennung
seiner Pragmatischen Sanktion von Europa zu verschaffen, erwiesen sich unmittelbar mit dem Tode dieses Fürsten als vergeblich,
und die Politik, die er unter Maria Theresia verfolgte, und die in der Abneigung gegen das engl. Bündnis, der Zuneigung zu
Frankreich und dem bittersten Haß gegen Preußen gipfelte, führte zu den für Österreich so demütigenden
Friedensschlüssen von Breslau,
[* 45] Dresden
[* 46] und Aachen.
[* 47] Trotzdem bewahrte sich auch nach der Entfernung aus dem auswärtigen Ministerium
(1753) die Zuneigung der Kaiserin, die ihn zum Geh. Rat und Vicekanzler im Ministerium des Innern ernannte und ihn auch
bei der Erziehung ihres Lohnes Joseph zu Rate zog. Bartenstein starb zu Wien
[* 48]
ungar. Bártfa, ehemalige königl. Freistadt, seit 1876 mit geordnetem Magistrat,
im oberungar. Komitat Sáros, an der Topla (Tepl), hat (1890) 5069 meist slowakische E. (1188 Deutsche,
[* 49] 358 Magyaren), Post,
Telegraph, eine 1878 niedergebrannte und seitdem wiederhergestellte kath. Kirche, ein im 15. Jahrh, erbautes Rathaus mit wichtigem
Archiv, ein kath. Untergymnasium und Kloster; Töpfergeschirrfabrikation und Leinwand Handel. - Etwa 2 km
von der Stadt in einem von Tannenwaldungen umgebenen Thale das Bad
[* 50] Bartfeld mit 12 jodhaltigen, alkalisch-salinischen Eisen-Heilquellen,
wovon 5 zu Trinkkuren, eine zur Versendung, die übrigen zu Bädern, gegen Blutarmut, Nervenleiden, Rheumatismen, gestörte
Verdauung und Krankheiten des Atmungsapparats verwendet werden. Das Wasser ist klar und hat eine Temperatur
von 9,5, bis 10,5° C. Die Badeanstalt
[* 51] ist sehr gut eingerichtet und wurde 1888 von 1536 Personen besucht. Der früher bei
Bartfeld getriebene Bergbau
[* 52] auf Gold
[* 53] und Silber ist jetzt ganz eingestellt.
oder Bartmoose, Name von Arten verschiedener Flechten
[* 54] mit schlaff herabhängendem, wurzelartig
verzweigtem Thallus, die an Baumstämmen wachsen und oft lang herabhängende Bärte von grauweißer oder graugrüner Farbe¶
mehr
bil-441 den. Sie treten namentlich in hochgelegenen Gebirgsnadelwäldern massenhaft auf. Es sind Arten der Gattungen Usnea
Dill. und Bryopogon Link. Die gewöhnlichsten Arten sind UsneabarbataFr. (vgl. Tafel: Flechten II,
[* 55]
Fig. 2) und BryopogonjubatumKbr.; beide in ganz Deutschland
[* 56] in ebenen wie in gebirgigen Gegenden. Auf die höhern Gebirge ist UsnealongissimaAch. beschränkt, die sich hauptsächlich im Riesengebirge und bayr. Hochgebirge findet;
ihre Fäden werden nicht selten gegen 5 m lang.
eine Gattung der Raubvögel,
[* 57] welche den Übergang von den Geiern zu den Adlern bildet und sich von den erstern
durch den dichtbefiederten Kopf und Hals, von den letztern durch den an der Wurzel
[* 58] geraden, vorn gewölbten
und an der Spitze stark hakig gebogenen Schnabel unterscheidet. Die spaltförmigen Nasenlöcher sind mit steifen, vorwärts
gerichteten Borsten überdeckt, und am Grunde des Unterkiefers steht ein Büschel von Federborsten (Bart). Der gewöhnliche Bartgeier, Geieradler
oder Lämmergeier (GypaëtusbarbatusL., s. Tafel: Geier,
[* 55]
Fig. 1), lebt in allen höchsten Gebirgen der Alten Welt,
in den Pyrenäen, dem Balkan und Kaukasus, dem Sinai, Altai und Himalaja, dem Atlas
[* 59] und in Abessinien.
Auch in den Alpen
[* 60] war er früher weit verbreitet, ist dort aber jetzt vollständig ausgerottet. Er ist der größte Raubvogel
der Alten Welt, 1,25 m hoch und hat eine Flugbreite von über 3 m. Die Oberseite des Körpers ist
glänzend braunschwarz, mit weißem Schaftstrich an jeder Feder, der Kopf weißlich mit schwarzem Augenstreifen; Hals und Unterseite
sind rostgelb. Seine Krallen sind weit schwächer als an manchem ungleich kleinern Raubvogel; nur sehr
selten geht er auf größere Beute aus, und die Jagdgeschichten vom Wegführen von Lämmern und Kindern scheinen sich wesentlich
auf den Steinadler zu beziehen, wenn auch einzelne Fälle seiner Dreistigkeit beglaubigt sind.
In der Gefangenschaft wird er sehr zahm. Er lebt von frisch getöteten kleinern Säugetieren, im Süden auch
von Schildkröten,
[* 61] rührt Vögel
[* 62] nicht an, nährt sich aber hauptsächlich von Aas. Die ältern Bartgeier verschlucken große Knochenstücke
und scheinen die Knochen
[* 63] größerer Tiere aus der Höhe auf Felsen herabfallen zu lassen, um sie zu zerbrechen und zu verschlingen.
Das auf den unzugänglichsten Felsen angelegte Nest enthält 1, selten 2 schmutzigweiße, glanzlose Eier.
[* 64] Die Legezeit fällt in Europa von Ende Dezember bis in den März. Die Jungen bleiben bis gegen den Herbst im Neste und werden
mit frischer Beute gefüttert. Die Bartgeier, die man in den zoolog. Gärten antrifft, stammen
meist aus den Pyrenäen und werden mit 300–400 M. das Stück bezahlt. Um sie lange am Leben zu erhalten,
muß man ihnen stets viel Knochen und Abfälle von Fellen neben dem Pferdefleisch geben, wenn man nicht mit kleinen Säugetieren
füttern kann.
Stadt im Kreis Franzburg des preuß. Reg.-Bez. Stralsund,
[* 65] unweit der Mündung der Barthe an
dem BartherBodden, der den Seehafen der Stadt bildet, und an der Nebenlinie Velgast-Barth (11,42 km) der Preuß. Staatsbahnen,
[* 66] Station der Dampferlinie Barth-Prerow, ist ein alter, aber gut gebauter Ort und hat (1890) 5578 (2522 männl., 3056 weibl.)
E., Amtsgericht (Landgericht Greifswald),
[* 67] Post erster
Klasse, Telegraph, Nebenzollamt; frühgot. Marienkirche
(13. Jahrh.) mit spätgot.
Turm
[* 68] (72 m) und Turmkapellen, ein 1733 auf dem Platze des ehemaligen herzogl. Schlosses
(1570–1605 Residenz des HerzogsBogislaw) errichtetes Fräuleinstift, höhere Bürgerschule, Navigationsschule mit 3 Klassen,
Volksschulen für Knaben und Mädchen und Hospitäler;
Vorschußverein, Schiffsassekuranzverein,
städtische Sparkasse, Handel mit Getreide, geräucherten und marinierten Fischen und künstlichem Dünger. hat 4 Werften;
seine
Reederei umfaßt (1880) 238 Schiffe
[* 69] von 43673 t. – Im 12. Jahrh.
ein wend. Burgflecken, wurde Barth im 13. Jahrh. von deutschen
Einwanderern zur Stadt erweitert und erhielt 1255 vom Fürsten Jaromar II. von Rügen einen Teil des umliegenden
Landes mit Lübischem Recht. Im 15. Jahrh. galt es als bedeutende Handelsstadt und war durch ihre Bierbrauereien
weit berühmt. – Das nach der Stadt benannte Land Barth, mit dem sie den «landfesten
Teil des Fürstentums Rügen» bildete, umfaßte den Franzburger Kreis, gehörte zuerst zu Rügen, kam 1148 an
Pommern,
[* 70] 1185 wieder an die Fürsten von Rügen.
Nach deren Aussterben 1325 fiel es durch Erbvertrag an den Fürsten Wratislaw
IV. von Pommern-Wolgast, wurde 1326 durch Heinrich von Mecklenburg
[* 71] besetzt, kam 1364 an Pommern zurück und wurde seit 1457 von
einer Seitenlinie des Hauses beherrscht, die sich die Barthische nannte; 1630 besetzten es die Schweden,
[* 72] bis es 1815 an Preußen
fiel. – In dasBarther Binnenwasser, das durch die Insel Zingst und die Halbinsel Darß von der Ostsee getrennt wird, führt
im Osten ein schmaler Eingang aus dem von dem Festlande und der InselRügen begrenzten Prohner Wiek. Dieses
Binnenwasser erweitert sich zur Bucht Grabow, dann vor Barth zum BartherBodden.
Heinr., einer der berühmtesten Forschungsreisenden der neuesten Zeit, geb. in
Hamburg, besuchte das dortige Johanneum und widmete sich 1839–44 zu Berlin
[* 73] dem Studium der klassischen
Philologie und Altertumswissenschaft. Auf einer Reise nach Rom undSicilien 1840 hatte sich bei ihm der Plan ausgebildet, das
Becken des Mittelmeers
[* 74] womöglich seinem ganzen Umfange nach aus eigener Anschauung kennen zu lernen; er ging daher 1845 über
Gibraltar
[* 75] nach Tanger und wandte sich, da er in das Innere von Marokko
[* 76] nicht einzudringen vermochte, nach
Algier und Tunis.
Nach einem kurzen Besuch in Malta (Anfang 1846) begab er sich aufs neue nach Tunis, von hier über Gabes nach Tripolis, zog
um die Syrte nach Bengasi, erforschte das alte Kyrenaika und wandte sich hierauf dem Nilthal zu. Nahe der
ägypt. Grenze von Räubern ausgeplündert und schwer verwundet, langte er endlich in Kairo
[* 77] an. In Ägypten
[* 78] machte er eine Nilfahrt
bis zum zweiten Katarakt von Wadihalfa, durchschnitt die Wüste von Assuan bis Berenice und setzte hierauf seine Forschungen
auf der Sinaihalbinsel und in Palästina
[* 79] fort. Das nordsyr. Küstenland, Cilicien, Cypern
[* 80] und die einst
blühenden hellenischen Kolonien an den KüstenKleinasiens berührend, erreichte er Konstantinopel,
[* 81] von wo er nach dreijähriger
Abwesenheit über Griechenland
[* 82] nach seiner Heimat zurückkehrte. Im Winter 1848/49 habilitierte sich Barth als Privatdocent zu
Berlin und
¶
mehr
begann die Bearbeitung seiner «Wanderungen durch die Küstenländer des Mittelmeers»,
Bd. 1 (Berl. 1849). Im Nov. 1849 begab
er sich mit Overweg über Tunis nach Tripolis, um sich der Unternehmung Richardsons nach Centralafrika anzuschließen.
Am brach die Karawane nach Mursukauf und wandte sich durch die Sahara nach Tintellust, von wo
Barth einen Ausflug nach Agades unternahm. Erst im Dezember konnten die Reisenden ihren Weg nach Süden fortsetzen und erreichten
im Jan. 1851 Damerghu, wo sie sich trennten. Barth wandte sich südwestlich nach den Haussastaaten, um Katsena und Kano im ReicheSokoto zu erreichen. Richardson wollte mit Overweg über Sinder nach Kuka gehen, starb aber zu Ungurutua,
während Overweg glücklich Kuka, die Hauptstadt von Bornu, erreichte, wo er 5. Mai mit Barth zusammentraf.
Von hier aus machte Barth alsbald einen Abstecher nach Adamaua, entdeckte 18. Juni den Binue und kehrte 22. Juli nach Kuka zurück. Beide
vereint unternahmen nun eine Reise nach Kanem und, vom bis Ende Jan. 1852, eine andere nach
dem Lande der Musgu. Nach ihrer Rückkehr reiste Barth Ende März nach Bagirmi im Südosten des Tsadsees, 20. Aug. traf er zu Kuka
wiederum mit Overweg zusammen, der inzwischen Jakuba besucht hatte, aber bald darauf (27. Sept.) zu Maduari
am Tsadsee dem Klimafieber erlag. Wenige Monate darauf trat Barth eine Reise nach dem Westen an und ging nach Sokoto, von wo aus
er seinen Weg über Gando nach Say am Niger fortsetzte. Nachdem er bei Say den Strom überschritten,
durchwanderte er die noch von keinem Europäer betretenen Landschaften Gurma, Libtako und Dalla und kam am 7. Sept. nach Timbuktu.
Nach einem siebenmonatigen Aufenthalte verließ er die Wüstenstadt, mußte aber noch einmal dahin zurückkehren
und konnte erst 8. Mai die Reise wieder aufnehmen. ÜberGogo oder Gao, die einstige glänzende Hauptstadt
des Songhayreichs, Wurno und Kano langte er 12. Dez. wiederum in Kuka an, wo er 4 Wochen mit Eduard Vogel, dem er bereits 1. Dez. zu
Bundi, zwischen Kano und Kuka, begegnet war, zusammen lebte. Anfang Mai 1855 trat Barth den Rückweg nach Europa an, erreichte
über Bilma und Mursuk21. Aug.Tripolis und betrat nach fast sechsjähriger Abwesenheit8. Sept. zu Marseille
[* 84] den europ. Boden wieder.
Die ReisenB.s und seiner Begleiter sind epochemachend für die EntdeckungsgeschichteAfrikas geworden. Als Frucht derselben veröffentlichte
Barth während eines mehrjährigen Aufenthalts in London
[* 85] seine «Reisen und Entdeckungen in Nord- und Centralafrika»
(5 Bde., Gotha
[* 86] 1855-58; Auszug, 2 Bde., 1859-60),
welchem Hauptwerke sich «Sammlung und Verarbeitung centralafrik. Vokabularien»
(3 Abteil., Gotha 1802-66) anschlossen. Nach Berlin übergesiedelt, wurde er 1863 Professor an der Universität und zugleich
Präsident der Geographischen Gesellschaft. Daneben setzte er auch seine Studien über die Mittelmeerländer fort
und unternahm zu diesem Zwecke größere Reisen;
im Herbst 1862 durch die Centralkarpaten, das ungar. Erzgebirge und Siebenbürgen
nach der Donau, dem Balkan, dem Rilo-Dagh und über Monastir zum thessal. Olymp («Reise quer durch das Innere der
europ. Türkei»,
[* 88] in der «Zeitschrift für allgemeine Erdkunde»,
[* 89] Bd.
15, 1863, und Bd. 16, 1864);
Marquard Adolf, bayr. Abgeordneter, geb. in Eichstätt,
[* 94] studierte die Rechte, wurde 1837 Advokat in Kaufbeuren,
[* 95] 1870 in
München. In Kaufbeuren 1848 zum Abgeordneten in die Deutsche konstituierende Nationalversammlung gewählt,
gehörte Barth dort zur erbkaiserl. Partei, war Mitglied der Deputation, welche Friedrich Wilhelm IV. die Deutsche Reichsverfassung
überbrachte und nahm an der Gothaer Versammlung vom 26.Iuni 1849 teil. Seit 1855 Mitglied der bayr.
Abgeordnetenkammer, wußte er bald solchen Einfluß zu gewinnen, das; er seit 1861 Führer der Linken
in derselben, 1855-65 Sekretär
[* 96] und 1865-69 Vorstand des Ausschusses für die Gesetzbücher war, und wirkte mit seinen Gesinnungsgenossen
Völk, Buhl, Brater, Jordan, Stauffenberg u. a. unausgesetzt im freiheitlichen und deutsch-nationalen Sinne.
In den J. 1862-66 beteiligte er sich an den Abgeordnetentagen in Weimar
[* 97] und Frankfurt
[* 98] a. M. und leitete 1866 und 1867 die
Versammlungen der süddeutschen Nationalpartei in Stuttgart. Ein eifriger Gegner der bundesstaatlichen Politik des Ministeriums
von der Pfordten, war Barth später ein Förderer der deutsch-nationalen Bestrebungen des Kabinetts des Fürsten von Hohenlohe.
Als Vertreter des Wahlkreises Rotenburg in Mittelfranken war Barth Mitglied des Zollparlaments und 1871 des
DeutschenReichstages, wo er sich zur liberalen Reichspartei hielt. Im Juli 1871 wurde Barth zum Reichs-Oberhandelsgerichtsrat
in Leipzig
[* 99] ernannt. Im Herbst 1879 trat er in den Ruhestand und siedelte nach Würzburg
[* 100] über, wo er starb. Barth veröffentlichte
einen «Kommentar zur neuen Civilprozessordnung für das Königreich Bayern»
[* 101] (3 Bde., Nördl. 1869-71).
Theodor, liberaler Parlamentarier, polit. und volkswirtschaftlicher Schriftsteller, geb. in
Duderstadt, studierte 1868-71 Rechtswissenschaften und Volkswirtschaft in Heidelberg,
[* 102] Leipzig und Berlin, war 1871-72 Rechtsanwalt
in Bremen,
[* 103] 1872-76 Amtsassessor in Bremerhaven, 1876-83 Syndikus der Bremer Handelskammer und siedelte dann nach Berlin über,
wo er die Wochenschrift «Nation» gründete, die er
seitdem leitet. Barth wurde 1881 für Gotha, seit 1885 für Hirschberg
[* 104] in den Reichstag gewählt, wo er sich der liberalen Vereinigung,
dann der deutschfreisinnigen Partei und 1893 der freisinnigen Vereinigung anschloß. Er bekämpfte besonders in freihändlerischem
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mehr
Sinne die Wirtschaftspolitik der Regierung und die socialpolit. Gesetzgebung. Außer zahlreichen Artikeln in der Tagespresse
veröffentlichte in den «Freihändlerischen Blättern» und den «Volkswirtschaftlichen Zeitfragen» (Berl. 1879 fg.)
u. a.: «Der socialistische Zukunftsstaat»,
«Die handelspolit. Stellung der deutschen Seestädte», «Die Besteuerung der indirekten Einfuhr», «Wandlungen im Weltbandel»,
«Amerik. Wirtschaftsleben», «Scheinbare
und wirkliche Socialreform» (Heft 73 der «Volkswirtschaftlichen
Zeitfragen», Berl. 1888).
JohannAmbrosius, Verlagsbuchhandlung in Leipzig, im Besitz von ArthurSteiner, geb. in Leipzig. Sie wurde
von Joh. Ambrosius Barth, Johann Ambrosius, geb. zu Thalschütz bei Lützen,
[* 106] gest. 1813, gegründet, der 1789 die Haugsche Buchhandlung
(gegründet 1780) durch Heirat erwarb und unter eigenem Namen fortführte, ging dann über an dessen Sohn
Wilhelm Ambrosius Barth, Johann Ambrosius, geb. gest.
darauf an den Sohn des letztern, Dr. AdolfAmbrosius Barth, Johann Ambrosius, geb. gest.
zuletzt an dessen Bruder Joh. Ambrosius Barth, Johann Ambrosius, geb. gest. Hierauf
wurde das Geschäft für Rechnung der Witwe fortgeführt und an A. Meiner verkauft.
Der Verlag umfaßt hervorragende Werke aller Wissenschaften, erlangte aber besonders Bedeutung für die Naturwissenschaften
durch die bei Barth, Johann Ambrosius erscheinenden Zeitschriften: «Annalen der Physik und Chemie» (1790 von A. C. Gren gegründet,
fortgeführt vonL. W. Gilbert, 1824-77 von J. C. Poggendorf, seitdem von G. Wiedemann herausgegeben) mit physik. «Beiblättern»
dazu (seit 1877 von G. und E. Wiedemann herausgegeben) und das «Journal für praktische
Chemie» (1834 von O.L. Erdmann gegründet, 1870 von Kolbe und seit 1885 von E. von Meyer fortgesetzt).
Von andern Verlagswerken seien erwähnt: Rosenmüller, «Scholia in Vetus Testamentum» (23 Bde.,
1820-35)),
Valentinis ital. Wörterbuch (4 Bde.,
1831-36),
Quellensammlungen des griech.-röm. Rechts (Basilica, Authenticum, Anecdota),
Bartsch, «Le
[* 108] Peintre-graveur» (neue Aufl., 21 Bde.,
1866-76), Schriften von Hedwig, Westermann, Puchta, Marezoll, F. von Holtzendorff, Elise Polko, Koberstein
u. a.; ans neuerer Zeit wissenschaftliche Abhandlungen von J. Thomsen, Helmholtz, Kirchhoff, Paulis Werke über Etruskologie
u. a.
Auguste Marseille, franz. Dichter, geb. 1796 zu Marseille,
Zögling des Oratorianerkollegs in Juilly, schrieb mit seinem Freunde Méry eine Poet. Satire gegen die Bourbonen und deren
reaktionären Anhang, die «Villéliade» (1826; 15. Aufl.
1827),
ein komisches Epos
von spielendem, aber treffendem Witz und kaustischer Laune, das gewaltigen Erfolg hatte. Denselben
Geist atmen: «Les Jésuites» (1827),
«Étrennes
à M. de Villèle» (1828). Das historische, durch wahrhaft poet. Schilderungen ausgezeichnete Heldengedicht
«Napoléone en Égypte» (1.-9. Aufl. 1828; illustr. Ausg.
1842) verband mit Opposition gegen das bourbonische Königtum den Kult Napoleons. Barthélemy wollte dieses Werk dem
Herzog von Reichstadt überreichen, ward aber nicht vorgelassen und schrieb darauf die Satire «Le
fil de l'homme» (1829),
die ihm 3 Monate Haft zuzog. Die Julirevolution befreite ihn, und er besang nun,
wieder mit Méry, den Sieg des Volks in «L'Insurrection, einem der gelungensten Gedichte beider. In der Wochenschrift
»Némésis» (1831, 1832; 7. Aufl. 1842) verfolgte Barthélemy dann die Minister
des Bürgerkönigs mit ebenso argem Spott als deren Vorgänger. Die Regierung erkaufte sein Schweigen,
und es gelang ihm nicht, mit «Justification» (1832),
die öffentliche Achtung wiederzugewinnen. Er schrieb nun eine Übersetzung
der Äneide und versuchte sich in «Nouvelle Némésis» (1845) und «Zodiaque» (1846) nochmals,
aber erfolglos, in der polit. Satire. Unter dem zweiten Kaiserreich feierte Barthélemy jede wichtige Staatsbegebenheit
durch einen Dithyrambus, so in «Le 2 Décembre» und
«Vox populi» (1852),
«L'Exposition» (1855),
«Les deux Marseille» (1856). Barthélemy starb zu Marseille.
Francois, Marquis de, franz. Diplomat, geb. zu Aubagne, verdankte der Sorgfalt seines Oheims,
Jean Jacques Barthélemy (s. d.), seine Erziehung und die Eröffnung
seiner Laufbahn im Staatsdienste. 1768 wurde er von Choiseul in den diplomatischen Dienst aufgenommen.
BeimAusbruche der Revolution ging er als Legationssekretär, dann als Geschäftsträger nach London, im Dez. 1791 als bevollmächtigter Minister
nach der Schweiz.
[* 113] Er schloß 1795 in Basel
[* 114] den frieden mit Preußen und bald darauf mit Spanien und dem Landgrafen von
Hessen-Cassel. Doch gelang es ihm nicht, auch England zum Frieden zu bewegen. Im Rate der Alten zum Mitgliede des Direktoriums
gewählt, kehrte er 1797 nach Paris zurück. Durch die Ereignisse des 18. Fructidor wurde er gestürzt, verhaftet
und nach Guayana deportiert; es gelang ihm aber bald nach England zu entkommen. Nach der Revolution vom 18. Brumaire wurde er vom Ersten Konsul zurückberufen, der ihn zum Vicepräsidenten des Senats und einige Jahre später zum
Reichsgrafen ernannte. Barthélemy war 1802 an der Spitze der Deputation des Senats, die Bonaparte das Konsulat auf Lebenszeit übertrug;
doch blieb er unter Napoleons Regierung ohne Bedeutung. Im April 1814 führte er den Vorsitz im Senat,
welcher des Kaisers Absetzung aussprach.
Da er sich nach der Restauration zum Pair und Großoffizier der Ehrenlegion hatte ernennen lassen, so strich ihn Napoleon
nach seiner Rückkehr 1815 von der Pairsliste; die zweite Restauration entschädigte ihn dafür durch
Ernennung zum Staatsminister und Marquis, Barthélemy machte sich 1819 durch den Antrag verhaßt, das Wahlrecht im Sinne der
Ultraroyalistenpartei zu beschränken, und zog sich seitdem aus dem öffentlichen Leben zurück. Er starb