Von den 683 angemeldeten
Vereinen seien erwähnt:
Verein für wissenschaftliche Vorlesungen, Bergischer Geschichts-,
AllgemeinerBürger-(Bildungs-), Verschönerungs-, Bergischer Bezirksverein deutscher Ingenieure,
KaufmännischerVerein,
Vereine für Kunst
und
Gewerbe, für
Technik und
Industrie, Freimaurerloge Lessing, ferner 171
Gesang- und
Musik-, 80 religiöse, 40 gemeinnützige, 7 polit., 29
Sport-, 34
Krieger-, 7 Fach-, 6 landwirtschaftliche, 359 sonstige
Vereine und 200
Kassen, als 2 Orts-, 56 Fabrik-, 5
Innungskrankenkassen, 8 eingeschriebene
Hilfskassen, 1 Pensions-, 33
Kranken- undSterbe- und 155
Sterbekassen. Barmen
[* 2] ist Sitz der Rheinischen Missionsgesellschaft (s. d.).
In Barmen erscheinen 5 polit.
Zeitungen, 9 religiöse Wochen- und Monatsschriften, 1 landwirtschaftliches Centralblatt und «Der
Feuermann».
Wohlthätigkeitsanstalten. Städtisches
Krankenhaus
[* 3] mit Reservekrankenhaus, 7 Privatheilanstalten für
Augen-, Wund-,
Zahn-
und Frauenkrankheiten, 4
Armen-, 4 Waisenhäuser, 1 Anstalt für verlassene
Kinder, 1 Diakonissen- und Mägdehaus,
Volksküche,
Volkskaffee- und Speisehaus, Badeanstalt
[* 4] mit Schwimmhallen, Wannen- und andere
Bäder, Privatanstalt für
Stahl- und
Solbäder,
Luftkurhaus im
BarmerWalde, Kinderkurhaus desVereins für Ferienkolonien; ferner zahlreiche
Vereine für
Wohlthätigkeitszwecke u. a.
Industrie. Barmen ist eine der größten Industriestädte
Deutschlands;
[* 5] die Hauptindustrie befaßt sich mit der Herstellung von
Bändern, Litzen und Besatzartikeln aus
Woll-,
Baumwoll-,
Seiden-, Halbseiden-, Leinen- und Halbleinengarnen, die in etwa 800 Betrieben 18000
Arbeiter
beschäftigt; darunter wiederum 150 Riemendrehereien, 380
Bandwebereien, 70 Färbereien und Appreturanstalten, 30 Garnbleichen, 15
Eisen-
und Nähgarnfabriken, 8 mechan.
Webereien, 12 Fabriken für gummielastische Waren, 25 Knopffabriken, 16 Posamentierwarenfabriken, 6 Türkischrotgarn-
und 4 Stückfärbereien, 3 Tricotwarenfabriken, 2 für seidene und halbseidene
Tücher, 12 für Schnürlochaugen (Oeillets);
ferner giebt es 2 Teppichfabriken, 5 Fabriken für Tricot- und Korsettwaren, 2 für Bunt- und Luxuspapiere
und viele andere für alle möglichen
Artikel. Die Gesamtarbeiterzahl sämtlicher Industriezweige beträgt 30000, die Zahl
der mechan. Webstühle
[* 6] für breite Waren mehr als 10000. Die Seidentrocknungsanstalt von
Elberfeld-Barmen konditioniert jährlich
etwa 400000 kg
Seide.
[* 7] Barmen ist Sitz der 4. Sektion der Rheinisch-Westfälischen
Textil-Berufsgenossenschaft.
Handel. Die Hauptzweige des
Großhandels sind außer den einheimischen Industrieartikeln
Garn, Indigo,
[* 8]
Woll-
und Baumwollgarne (Einfuhr etwa 6 Mill. kg), meist aus England; Kolonial-, Konfektions-,
Eisen- und Stahlwaren,
Baumaterialien,
Koks,
Kohlen, Öle,
[* 9]
Chemikalien, Farbstoffe,
Droguen, Papier,
Pappe und alle zur Verarbeitung erforderlichen Rohstoffe. Die Warenausfuhr
allein nach den
Vereinigten Staaten
[* 10] vonAmerika
[* 11] betrug (1893) 22 Mill. M., darunter für 4⅓ Mill. M.
Bänder, Kordeln und Litzen. hat zahlreiche
Speditions- und Kommissionshäuser, eine Handelskammer für Stadt und Oberbürgermeisters
Barmen, Reichsbanknebenstelle (1893: 251,153 Mill. M. Einnahme, 251,629 Mill. M.
Ausgabe),
Konsulat der
Vereinigten Staaten von
Amerika, 2
Aktiengesellschaften:
Barmer Bankverein
(Umsatz 301 Mill. M.) und
BarmerVolksbank
(Umsatz 26 Mill.
M.) sowie
6 Privatbankgeschäfte.
Verkehrswesen. Barmen liegt an den Linien
Hagen-Düsseldorf,
Düsseldorf-Mettmann-Schwelm, Barmen-Rittershausen-Lennep-Opladen (41,60
km) und an den
Nebenlinien Lennep-Dahlerau-Langerfeld-Barmen (21,50 km), Langerfeld-Oberbarmen (0,70 km), Barmen-Rittershausen-Oberbarmen
(3,30 km) und Oberbarmen-Hattingen (22,30 km) der
Preuß. Staatsbahnen
[* 12] und hat 6
Bahnhöfe.
[* 13] 1892/93 wurden insgesamt 1332189
Fahrkarten ausgegeben;
befördert wurden im Ein- und Ausgang 76582 t Eil- und
Stückgut, 651745 t Wagenladungen und 28863
Stück
Vieh. Barmen ist mit
Elberfeld durch eine zweigleisige Pferdebahn (11,95 km) verbunden, wovon 10,95 km auf Barmen kommen;
Die Umwandlung der Pferdebahn in eine
elektrische
Straßenbahn sowie der
Bau einer elektrischen
Schwebebahn über die Wupper bis Sonnborn ist geplant. Außerdem besteht
eine Omnibuslinie in Wichlinghausen. Es bestehen 4 Postämter erster und 1 zweiterKlasse;
die Einnahmen
der Post betrugen (1893) 1½ Mill. M.;
auf Postanweisungen wurden eingezahlt 17¼ Mill. M., ausgezahlt 26 Mill. M.;
Das
Telegraphenamt und die 4 Telegraphendienststellen beförderten (1893) 200666
Telegramme, davon 127938 im Durchgangsverkehr. 1894 bestanden 982 km Fernsprechleitungen mit 661 Sprechstellen.
Geschichte. Barmen wird zuerst im 11. Jahrh, als Barmon erwähnt in einer
Urkunde des
Klosters Werden. Am verkaufte
GrafLudwig I. von Ravensberg die
Güter von an den
GrafenHeinrich von
Berg. Ende des 14. Jahrh. wurde es an den
GrafenAdolf von
Cleve
[* 14] verpfändet und dem
Amte Beyenburg zugeteilt, wo es bis 1806 verblieb. Bis zum Ende des 17. Jahrh,
bestand es nur aus
Bauernhöfen, deren Bewohner sich aber seit dem 15. Jahrh, schon mit der Bleicherei, dem ersten Anfang
industrieller Betriebsamkeit im
Thale, beschäftigten; 1606 bestanden schon 77
Bleichen;
Band- und Leinwandbereitung fand
nachweislich schon im Anfang des 16. Jahrh, statt.
Seit dem Anfang des 18. Jahrh. kam Färberei und Verwendung von
Wolle, 1750
Spitzen- und Kantenweberei, Seidenfabrikation u. s. w.
hinzu. Eine Hauptepoche für Barmen beginnt mit der Gründung der reform. Gemeinde zu
Gemarke (1702) und dem dadurch hervorgerufenen ersten geregelten Anbau inStraßen. In ähnlicher
Weise
bezeichnen die Gründungen der evang. Gemeinden Lutherisch-Wichlinghausen 1744, Lutherisch-Wupperfeld 1778 und
Evangelisch-Uniert-Unterbarmen 1822 wichtige Epochen der
Entwicklung B.s.
Die erste Schule B.s wurde 1579 gegründet (s. oben Bildungswesen). Barmen erhielt erst
durch Einführung der franz. Municipalverwaltung 1808 und die Ernennung eines
Maire 1809 städtische
Verwaltung undStadtrechte.
Nach der 1815 erfolgten Einverleibung in
Preußen
[* 15] hoben sich
Handel und
Industrie allmählich wieder. Die Beteiligung an der 1821 begründeten
Rheinisch-Westindischen Compagnie und dem 1824 ins Leben gerufenen
Deutsch-Amerikanischen Bergwerksverein endete jedoch mit
großen
Verlusten für die Beteiligten. Von großem Einfluß war die 1821 erfolgte Einführung der Jacquardwebereien und die
zu Anfang der fünfziger Jahre erlangte Vervollkommnung der Flechtmaschi-[^folgende Seite]
¶
mehr
nen, die Erfindung des Eisengarns u. s. w. Die seit Anfang des 19. Jahrh, bestehenden chem.
(Soda-) Fabriken erweiterten sich immer mehr, und zugleich entstanden eine Reihe Farbwarenfabriken, die, namentlich nach
Erfindung der Anilinfarben, eine außerordentliche Ausdehnung
[* 17] gewannen. Mit Einführung der franz. Verwaltung war die Garnnahrung,
oder die Zunft der Garnhändler und Bleicher, die später auch alle andern Industriezweige in sich schloß,
aufgelöst worden. An ihre Stelle trat bis 1820 ein Handelsvorstand. 1830 wurde die Handelskammer von Elberfeld und Barmen (die
zweitälteste in Deutschland)
[* 18] geschaffen, 1871 erfolgte die Abtrennung einer besondern Handelskammer für Barmen 1857 erhielt
der Bürgermeister den Titel Oberbürgermeister, und 1861 wurde Barmen Stadtkreis.
(Natrium chloro-borosum), Desinfektions- und Konservierungsmittel, nach Schwarz eine Mischung von Borax
[* 19] und
Kochsalz, nach neuern Untersuchungen besteht es aus Borax, Borsäure, Kochsalz und etwas unterchlorigsaurem Natrium.
Brüder (in Frankreich Frères de la charité, in Italien
[* 20] Fate ben fratelli, in Spanien
[* 21] Hospitalarios), ein religiöser Orden,
[* 22] gestiftet von dem Portugiesen Johann Ciudad (später Juan de Dio, Johannes von Gott genannt),
der, 1495 geboren, nach einem abenteuerlichen Leben durch die Bußpredigt des Juan deAvila bekehrt, sich seit 1540 zu Granada
[* 23] der Pflege armer Kranker widmete, für deren Unterhalt er bettelte. Von allen Seiten unterstützt, hinterließ
er bei seinem Tode 1550 bereits einen festgegründeten Verein, der 1572 von Pius V. als Kongregation von Hospitaliterbrüdern
nach der Regel des heil. Augustin anerkannt ward.
Sein Stifter ward 1630 von Urban VIII. selig, 1690 von Alexander VIII. heilig gesprochen. Seit 1592 in eine span. Kongregation
für Spanien und Amerika mit brauner und eine italienische für das übrige Europa
[* 24] mit schwarzer Ordenstracht geschieden unter
je einem General in Granada und Rom,
[* 25] hat der Orden, besonders seit ihm 1624 sämtliche Privilegien der Bettelorden verliehen
sind, sich über sämtliche Länder Europas und Amerikas verbreitet. Außer den drei gewöhnlichen Ordensgelübden
legen sie noch das des Krankendienstes ab und Pflegen in ihren großartigen Hospitälern Angehörige aller Konfessionen.
[* 26] Diesem
humanen Wirken verdankt auch der Orden, daß er alle Umwälzungen des kirchlichen und staatlichen Lebens überdauerte. Nur
in Spanien wurde er 1856 und 1868 unterdrückt; seit dem steht er unter einem General in Rom. Er zählt
über 1200 Mitglieder.
Vgl. Held, Kurze Geschichte der Heilanstalt der in Prag,
[* 27] nebst Rückblicken auf die Entstehung und Schicksale dieses Ordens überhaupt
(Prag 1823).
Schwestern (frz. Sœurs oder Filles de la charité oder de la miséricorde), Kongregationen von kath. Jungfrauen,
die sich der Krankenpflege widmen. Die älteste und verbreitetste ist von dem heil. Vincenz von Paul unter
der Mitwirkung der Witwe Le
[* 28] Gras, geborene de Marillac, 1633 in Frankreich gegründet und 1668 vom Papste bestätigt (Filles
de la charité, Vincentinerinnen, wegen ihrer grauen Kleidung auch Sœurs grises, Graue Schwestern genannt).
Die Revolution unterbrach ihre Thätigkeit. Napoleon stellte sie 1807 wieder her. Sie hat jetzt Häuser
in vielen europ. Ländern,
auch in den andern Weltteilen. Einen besondern Zweig bilden die von dem Abt Louys von Estival 1652 gestifteten,
auch in Deutschland verbreiteten Schwestern vom heil. Carlo Borromeo (Borromäerinnen). Außerdem giebt es noch einige weniger
verbreitete Kongregationen. Im weitern Sinne heißen Barmherzige Schwestern auch andere Genossenschaften, die sich ausschließlich oder vorzugsweise
mit Krankenpflege beschäftigen, wie die Elisabethinerinnen (nach der heil. Elisabeth, Landgräfin
von Thüringen, benannt), Hospitaliterinnen, Augustinerinnen, Franziskanerinnen, Cellitinnen. Im ganzen giebt es gegen 30000 Barmherzige Schwestern
Flecken im Kreis
[* 30] Pinneberg des preuß. Reg.-Bez. Schleswig,
[* 31] an der Krückau, hat (1890) 2935 E., Post, Telegraph,
[* 32] königl. Präparandenanstalt (50 Schüler), Volksschule, Spar- und Leihkasse, Kreditverein;
Färbereien,
Schuhwarenfabriken und Lohgerbereien.
Das auf einer Insel in der Krückau gelegene Schloß Rantzau, ehemals Residenz der Reichsgrafen
von Barmstedt, ist Sitz eines Amtsgerichts (Landgericht Altona).
[* 33]
In einem nahen Gehölz bezeichnet ein Stein die Stelle, wo 1721 der
Reichsgraf ChristianDetlef erschossen ward.
eigentlich Joses, ein Levite von Cypern,
[* 37] einer der ersten apostolischen Missionare und Begründer der Christengemeinde
zu Antiochia. Die spätere Überlieferung macht ihn zu einem der 70 Jünger Jesu. In der Apostelgeschichte wird er häufig als
Gefährte des Paulus genannt, den er selbst von Tarsus zu seinem Beistande herbeigerufen hatte. Später
trennten sich beide, da Barnabas der Lehre
[* 38] des Paulus von der Aufhebung des mosaischen Gesetzes im Christentum nicht zustimmte und
auf die Seite des Petrus trat.
Sein Missionsgehilfe war Markus. Nach einer unverbürgten Sage soll Barnabas zu Alexandria und Rom gepredigt und zuletzt auf Cypern
den Märtyrertod erlitten haben. Eine andere Überlieferung macht ihn zum ersten Bischof von Mailand.
[* 39] Der unter dem Namen des
Barnabas erhaltene Brief, der durch allegorische Auslegung des alttestamentlichen Ceremonialgesetzes der buchstäblichen entgegentritt,
ist wahrscheinlich in der Zeit Hadrians geschrieben (Ausgaben, s. Apostolische Väter).
die 1530 von drei Mailänder Klerikern, Zaccaria, Ferrari und Morigia, zur Linderung von Kriegsnot gestifteten, 1533 von
Papst Clemens VII. bestätigten regulierten Chorherren des heil. Paulus (Paulaner), nach der ihnen in Mailand 1545 eingeräumten
Kirche des heil. Barnabas genannt. Sie widmen sich der
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mehr
Seelsorge und dem Unterrichte und haben noch jetzt in Italien und Osterreich etwa 20 Kollegien. Ihr General residiert in Rom.
Außer den drei gewöhnlichen Ordensgelübden legen sie das Gelübde ab, nicht nach kirchlichen Würden zu streben und
keine ohne Genehmigung des Papstes anzunehmen.
Henry, amerik. Pädagog, geb. zu Hartford (Connecticut), wurde 1832 Advokat,
trat, durch Studienreisen in Europa veranlaßt, als Mitglied der Legislatur seines Heimatsstaates für die Reform der öffentlichen
Schulen ein, war 1838-42 Mitglied der obersten Schulbehörde (Board of School Commissioners), 1850-54 Superintendent derselben
(vorher 1843-49 in Rhode-Island), 1857-59 Präsident der Staatsuniversität in Wisconsin und 1865-66
des St. John's College in Annapolis (Maryland).
Als Unterrichtskommissar der Vereinigten Staaten, d. h. Chef des neugeschaffenen Erziehungsbureaus (1867-69), führte er seine
wohlthätigen Reformen im ganzen Lande ein. Barnard schrieb u. a.: «School Architecture» (1839),
«National Education» (4 Bde.,
1840),
«Normal schools and teacher's institutes» (1850),
«National Education in Europe» (1854),
«Life
of Ezeckiel Cheever, and notes on the Free Schools of New England» (1856),
«Educational Biography» (3 Bde., 1857),
«Hints
and methods for the use of teachers» (1857),
«Papers for teachers» (8 Bde.),
«Military Schools» (1872) und «Technical and scientific education», und gab die pädagogischen Zeitschriften «Common
School Journal» (1838-42),
«Rhode Island
[* 41] School Journal» (1845-49) und «American Journal of Education»
(1855 fg.) heraus.
John Gros;, amerik. Militäringenieur, geb. in der GrafschaftBerkshire in Massachusetts, wurde
in Westpoint zum Offizier herangebildet und trat 1833 als Lieutenant in die Armee. Bis 1846 war an der Küstenfortifikation
um Neuorleans und Neuyork
[* 42] beschäftigt, im Mexikanischen Kriege befestigte er Tampico und 1850-51 vermaß
er die geplante Tehuantepec-Eisenbahn. Nachdem er 1855 und 1856 Gouverneur der Militärakademie von Westpoint gewesen war,
erhielt er von 1856 bis 1860 die Aufsicht über die Verteidigungswerke um Neuyork. Im Bürgerkriege wurden ihm die Befestigungen
um Washington
[* 43] übertragen; gegen Ende desselben war er Generalmajor in der Freiwilligenarmee und Chef des
Geniekorps sämtlicher im Felde befindlicher Armeen.
Nach dem Frieden trat er als Oberst im Ingenieurkorps in das reguläre Heer zurück und wurde dann Mitglied der Kommission,
die die Festungen sowie die Hafen- und Flußsperren der Vereinigten Staaten unter sich hat. Nachdem er
sich 1881 ins Privatleben zurückgezogen, starb er zu Detroit. Von seinen Werken sind zu nennen: «The Gyroscope»
(1857),
(spr. kahßl), Stadt in der engl. Grafschaft Durham, links am Tees, mit Darlington durch Zweigbahn verbunden,
hat (1891) 4341 E., städtisches Bowes-Museum, Fabrikation von Hüten, Plaids, Strümpfen und Teppichen.
Auf einer Anhöhe über
dem Fluß befinden sich die Ruinen eines vom NormannenBarnardBaliol (1112-32) gegründeten Schlosses.
T. J., engl. Philanthrop,
lernte als Student der Medizin und freiwilliger Lehrer an einer Armenschule im Ostende
[* 44] Londons das Elend der Londoner Straßenkinder (Street Arabs) kennen und begann 1866 seine philanthropische Thätigkeit mit der
Errichtung eines Heims für Knaben (in Commercial-Road), das bald vergrößert wurde (in StepneyCauseway)
und dem 1873 ein solches für Mädchen (in Ilford bei London)
[* 45] folgte. Eine große Anzahl von Zweiganstalten schloß sich im
Laufe der Jahre an: der Palast der Säuglinge (the Babies' Castle) für kleine Kinder bis zum 5. Jahre in Hawkhurst (Kent); ein
Heim für kleine Kinder vom 5. Jahre aufwärts auf der InselJersey, von wo die Zehnjährigen nach dem Leopold-Waisenhause
in Ostlondon kommen, um später ihre Schul- und Lehrzeit in dem Heim in StepneyCauseway zu vollenden.
Die Knaben werden hier systematisch für den Handwerkerstand ausgebildet und wandern nach überstandener Lehrzeit häufig
nach Canada aus, wo sie noch jahrelang mit der Centralanstalt in Verbindung bleiben. Die Mädchen dagegen
kommen aus dem Babies' Castle direkt nach Ilford und verdienen herangewachsen meist als Dienstmädchen, Wäscherinnen, Plätterinnen
u. s. w. ihrBrot.
[* 46] Auch sie wandern vielfach nach Canada aus, wo für sie eine Kolonie in Peterborough (Ontario) besteht, wie
für die Burschen eine Industriefarm in Russell (Manitoba), für jüngere Knaben eine Centralstelle in Toronto.
Ferner errichtete ein Arbeitshaus für verwahrloste Jünglinge, eine Industrieschule für Mädchen, eine Rettungsstätte für
sittlich gefährdete Mädchen, eine Schuhputzer- und Lumpensammler-Brigade in London, eine landwirtschaftliche Schule auf einem
Gute in Worcestershire, Seeschiffs-Agenturen in Cardiff (Wales) und Yarmouth (Norfolk), ein Anstellungsbureau
für Dienstmädchen und einen Fabrikmädchenklub in Ostlondon, ein Kinderhospital in StepneyCauseway und ein Heim für Genesende
in einem Seebade; eine Diakonissenanstalt, eine Missionskirche in Ostlondon nebst zwei großen «Kaffeepalästen».
Bisher (1891) verdanken über 17000 Mädchen und Knaben den Barnardos Homes, die ausschließlich auf die
öffentliche Wohlthätigkeit angewiesen sind, ihre Rettung und Heranbildung; an Geldgeschenken empfing Barnardo 1890 über 2 Mill.
M. B. schrieb «My
first Arab or how I began my life work» und giebt «Annual Reports»
heraus.
1) Bezirk im russ.-sibir. Gouvernement Tomsk, hat 125730 qkm mit 245355 E. und umfaßt links des Ob die
Kulundinsche Steppe, einen Teil der Baraba (s. d.), mit 467 Seen, darunter viele Salzseen (jährl.
Gewinn: 1 Mill. Pud Kochsalz, 30000 Pud Glaubersalz). Rechts vom Ob breiten sich Ebenen und Hügelland, nach den Grenzen
[* 47] zu
Sandflächen aus, die mit großen Kieferwaldungen bedeckt und unter den Namen der Sußunschen, Slesjanschen
und Inschen Wälder bekannt sind. - 2) Bezirksstadt im Bezirk und Mittelpunkt des Altaischen Berggebietes (s. d.), links vom
Ob an der Mündung der Barnaulka, 380 km südsüdöstlich von Tomsk, in gut angebauter Gegend, ist Sitz eines Oberbergamts
und hat (1889) 17484 E., 5 Kirchen, Bergschule, Bibliothek, Museum, meteorolog. Observatorium, Theater,
[* 48] Denkmal
Demidows, unbedeutende Privatindustrie. Wichtig dagegen sind die kaiserl. Schmelzhütten in
in die das gesamte Gold- und Silbererz aus dem Gouvernement Tomsk gebracht wird. 1887 wurden aus 421½ Pud
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mehr
Golderz 378¾ Pud reines Gold
[* 50] im Werte von 5⅜ Mill. Rubel und aus 180000 Pud Silbererz 120¼ Pud reines Silber gewonnen. - 1738 legte
Demidow ein Dorf, 1739 ein Hüttenwerk an, das, 1744 dem Betriebe übergeben, den Namen Barnaul erhielt. 1771 ward Barnaul Stadt und
Sitz der VerwaltungdesBerg- und Hüttenwesens; 1822 wurde es Bezirksstadt.
(spr. -nahw),AntoinePierreJoseph Marie, Mitglied der franz. Nationalversammlung von 1789, geb. zu
Grenoble,
[* 51] wurde 1783 Advokat beim dortigen Parlament. 1789 ward er von seiner Provinz, infolge einer Schrift gegen das Feudalwesen,
zum Abgeordneten bei der Nationalversammlung ernannt und beteiligte sich als glänzender Redner an allen
Beschlüssen gegen die alten Zustände. Er verteidigte Lafayette, als man diesen der Teilnahme an der Flucht des Königs beschuldigte,
und wurde hierauf nebst Latour-Maubourg und Pétion abgeschickt, die Rückkehr des Königs zu sichern.
Die wachsende Entartung der Revolution führte Barnave zu den Gemäßigten. Er trat jetzt für
den König ein und half die Ernennung eines Komitees durchsetzen, das die konstitutionellen Dekrete im monarchischen Interesse
prüfen sollte. Nach der Aufhebung der Nationalversammlung ging er nach Grenoble zurück, wo er zurückgezogen lebte. Nach
dem wurde er nebst Lameth und dem Exminister Duport-Dutertre wegen einer mit dem Hofe geführten
Korrespondenz in Anklage versetzt, verhaftet, nach Paris
[* 52] vor das Revolutionstribunal geführt und guillotiniert.
B.s Leben ist von Salvandy und Jules Janin geschildert worden, von letzterm in einem biogr. Roman. Seine gesammelten Werke
gab Bérenger de la Drome (4 Bde., Par.
1843) heraus; sie enthalten u. a. nicht uninteressante Memoirenfragmente.
Ludwig, Schauspieler, geb. zu Pest, ging, durch Sonnenthal vorbereitet, zur Bühne, die er 1860 zu
Trautenau betrat, kam 1861 nach Pest, 1862 nach Graz,
[* 53] 1863 als erster Heldenliebhaber nach Mainz,
[* 54] gastierte 1864 auf dem Burgtheater
und in Prag und nahm ein Engagement am Stadttheater in Riga
[* 55] an. 1865 kehrte er nach Mainz zurück, wandte
sich 1867 nach Leipzig,
[* 56] 1868 nach Weimar
[* 57] und gehörte 1870-75 dem Stadttheater in Frankfurt
[* 58] a. M. an, dann bis 1880 dem Hamburger
Stadttheater, zugleich als Leiter des Schauspiels. Im Sommer 1880 beteiligte er sich an dem Gesamtgastspiel
deutscher Künstler am Münchener Hoftheater, 1881 begleitete er die Meininger auf einer Gastreise nach London, 1882 machte
er eine erfolgreiche Gastreise durch die Vereinigten Staaten, 1883 war er Mitbegründer des DeutschenTheaters in Berlin,
[* 59] schied
aber aus. 1887-94 leitete er das «Berliner
[* 60] Theater», wo er besonders die geschichtliche Tragödie
mit kunstverständiger Inscenierung pflegte. Als Mitbegründer der Genossenschaft Deutscher Bühnenangehöriger (s. d.) vertrat
er mit Wort und Schrift beredt deren Rechte.
AlbertChristoph Gottlieb, Freiherr von, geb. königlich preuß. General der Infanterie z. D., kommandierte
im Feldzug 1866 die 2. Infanteriebrigade, im Kriege 1870/71 die 16. Infanteriedivision, trat demnächst
als kommandierender General an die Spitze des 1. Armeekorps und wurde auf sein Abschiedsgesuch vom zur Disposition
gestellt. Er ist Chef des 8. rhein. Infanterieregiments Nr. 68.
(spr. bahrns), William, engl. Dialektdichter und Sprachforscher,
geb.
in Rushhay Farm in Dorsetshire, war zunächst Schreiber bei
einem Advokaten in Dorchester, 1827 Lehrer, stand einer Privatschule in Wilts, seit 1835 einer in Dorchester vor. Seit 1838 studierte
er in Cambridge, wo er den Grad eines Bachelor of Divinity erlangte. Barnes wurde 1847 Pfarrverweser in Whitcombe, 1862 Pfarrer
in Winterbourne Came, wo er Okt. 1886 starb, seit 1861 Inhaber einer litterar.
Pension aus der Civilliste. Seinen Ruf begründeten «Poema of rural life in the Dorset dialect,
with a dissertation and glossary» (Lond. 1844; 2. u. 3. Sammlung, 2. Aufl. 1863 und 1869). Eine Sammlung von «Poems of rural
life in common English» erschien 1868, eine von mundartlichen «Hwomely
thymes» 1859 und ein 3. Band
[* 61] Dialektgedichte 1862, eine Gesamtausgabe 1879. Besonders gelangen ihm Liebeslied und Idylle;
auch Sage und Volkshumor der heimischen Grafschaft fanden an ihm einen sinnigen Darsteller. Barnes studierte die verschiedensten
Sprachen und veröffentlichte viele etwas dilettantische philol.
Schriften, in denen er mit Vorliebe den german. Charakter des Englischen betonte, z. B.: " Gefylsta, an
Anglo-Saxon delectus" (Lond. 1849; 2. Aufl. 1853),
«A philological grammar, grounded upon English and formed from a comparison
of more than 60 languages» (1854),
«Notes on ancient Britain and the Britous» (1858),
«Tiw, or a view of the roots
and stems of the English as a Teutonic tongue» (1862),
«A grammar and glossary of the Dorset dialect with the history, outspreading
and bearings of South-Western English» (Lond. und Berl. 1863),
«Early English and Saxon English» (1869),
«An outline of English
'speech-craft'» (1878),
«An outline of Red-Craft (Logic), with English wording» (1880),
«Glossary of
the Dorset dialect, with a grammar of its words shaping and wording» (Dorchester 1886). Auch schrieb er «Views
of labour and gold» (1859),
«William Barnes' poems» (hg. von Hardy, Lond. 1892).
Vgl. Lucy Baxter (seine Tochter), Life of W. Barnes (Lond. 1887).
Chipping-Barnet, Stadt in der engl. Grafschaft Hertford, 18 km nordwestlich von London,
an der Great-Northern-Bahn, hat (1891) 5410 E. und wichtige Viehmärkte.
Ein Obelisk erinnert hier an den ersten, den Rosenkrieg
(s. d.) zu Gunsten Yorks entscheidenden Sieg Eduards IV. über den Grafen von Warwick.
Ort in der niederland. Provinz Geldern, 16 km östlich von Amersfoort, an der Linie Amsterdam-Winterswijk
der Holländischen Eisenbahngesellschaft, eins der schönsten Dörfer der Veluwe, hat als Gemeinde 7096 E., Post und ist
bekannt durch den Heldentod des Johanvan Schaffelar, der 1482, während des Bürgerkrieges in der Burg belagert, von dem Turme
hinabsprang. In der Nähe das Stammgut seines Geschlechts, das stattliche Schloß Schaffelaar. Die Umgegend
des Dorfs ist ein reicher Fundort vorhistor. und german. Altertümer, wovon eine Sammlung im Rathause.
alter Name einer Landschaft in der brandenb. Mittelmark des Königreichs Preußen, in UrkundenTerra Barnym genannt,
zerfiel einst in den Olden Barnem oder Alten und den Nyen Barnem oder Neuen Barnim. Der Alte Barnim reichte nördlich
der Finow bis zur Südgrenze der spätern Ukermark und umfaßte die Gegend von Liebenwalde und Zehdenick an der Havel ostwärts
bis Parstein und
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mehr
Oderberg a. O. Der Neue Barnim umfaßte das Land nördlich der Spree bis zur Finow zwischen der Havel und Locknitz und bildete mit
dem Teltowe (dem Lande südlich der Spree zwischen Havel, Nuthe und Dahme bis zum Teltowschen Bruche) den Pagus Sprewa oder den
Spreegau. Albrechts II. Söhne, Johann II. und Otto III., brachten beide Länder (Neubarnim und Teltowe) zwischen 1225 und 1232 von
einem gewissen Barwin oder Barnem durch Kaufan sich. Die Kreise
[* 63] des preuß. Reg.-Bez. Potsdam
[* 64] Niederbarnim (s. d.), der westlichere,
von Berlin und der Spree bis 53° nördl. Br. gelegen, und Oberbarnim (s. d.) im NO. und O. vom vorigen,
sind größtenteils aus dem ehemaligen Lande Barnim gebildet.
(spr. -li), Municipalborough und Fabrikstadt im Westriding der engl.
GrafschaftYork, 53 km südwestlich von York, am Dearne und einem Don und Calder verbindenden Kanal,
[* 65] Hauptsitz
der Leinenfabrikation, hat (1891) 35427 E., Stahldrahtziehereien, Eisengießereien, Glashütten, Maschinenbau, Bleichen und
Färbereien sowie reiche Kohlen- und Eisengruben.
(spr. -stehbl), Hauptstadt des County Barnstable im nordamerik.
Staate Massachusetts auf der unfruchtbaren Halbinsel
Cod, an der Südküste der Barnstablebai, 112 km südöstlich von Boston,
[* 66] hat 4000 E., Seesalzbereitung
und bedeutende Fischerei.
[* 67] Im Juni 1889 besaß der Zolldistrikt Barnstable 273 Segelschiffe mit 21502 t und 2 Dampfer mit 114 t. Hiervon
betrieben Stockfisch- und Makrelenfang 195 Schiffe
[* 68] mit 12355 t, und Walfischfang 7 Schiffe mit 718 t.
(spr. -stehpl), Municipalborough im N. der engl.
GrafschaftDevon,
[* 69] 64 km nordwestlich von Exeter, liegt in einem fruchtbaren Thale am rechten Ufer des von
einer aus dem 13. Jahrh. StammendenBrücke
[* 70] mit 16 Bogen
[* 71] überspannten Taw, am Anfange des Ästuars, etwa 13 km vom Meere und
infolge der Versandung des Taw nur für kleine Seeschiffe erreichbar, stammt aus der Zeit Ethelstans,
war früher befestigt, hat (1891) 13058 E., drei Bahnhöfe, eine altberühmte lat. Schule, ein Handwerkerinstitut, Schiffswerfte,
Fabrikation von Serge, grobem Tuch und Spitzen, und in der Umgegend Gerbereien, Papiermühlen, Eisengießerei,
[* 72] Ziegelbrennereien
und Thonwarenfabriken. Der Handel und die Wollwarenfabrikation ist in neuerer Zeit zu Gunsten von Bideford zurückgegangen.
Stadt im Fürstentum Lippe,
[* 73] an der Bega, 11 km von Pyrmont, an der Linie Lage-Hameln (im Bau), hat (1890) 1261 evang.
E., Post, Telegraph, Fernsprecheinrichtung, evang. Kirche, Rektor- und 2 Elementarschulen, Waisenbaus (von Harthausen), städtische
Spar- und Leihkasse;
Tabak- und Cigarrenfabrik (100 Arbeiter), Liqueurfabrik, 3 Kram- und Viehmärkte.
(spr. báhrnömm), Phineas Taylor, amerik. Spekulant, geb. in Bethel (Conneticut), begründete seinen
Ruf durch Ausstellung der angeblichen Amme G. Washingtons, einer Negerin, die 161 J. zählen sollte, aber 75-80 J. alt starb,
des sog. Meerweibchens, einer Büffeljagd durch Indianer und des Zwerges «GeneralTomThumb » (Stratton),
mit dem er 1844-47 Europa bereiste. Seine berühmteste Spekulation leistete er als Impresario der Jenny Lind Herbst 1850; diese
erhielt in den Vereinigten Staaten für 93 Konzerte (nach B.s Erzählung) außer
freier Reise 208675 Doll., während Barnum für
sich 535486 Doll. einnahm.
Später hielt in seinem Museum eine Kinderschau (Baby show) ab, bei der das schönste und gesündeste
Kind preisgekrönt wurde, dann eine Hundeschau u. dgl. Später trat er mit einem großartigen Cirkus
[* 74] vor die Öffentlichkeit.
Barnum war auch Mäßigkeitsapostel und hat in Nordamerika
[* 75] und England Vorlesungen über die Temperanzfrage, über
Ackerbau, über die Kunst reich zu werden und über den Humbug (s. d.) gehalten. Dabei war er freigebig,
bei vielen Stiftungen mit namhaften Spenden beteiligt; für ein naturhistor. Museum in Boston schenkte er 100000 Doll. Er wohnte
seit 40 Jahren in Bridgeport (Connecticut) in seiner orient. Villa Iranistan und starb daselbst Barnum veröffentlichte
eine «Autobiography» (Neuyork 1855; oft verdeutscht,
z. B. von Kretzschmar, Lpz. 1855),
und «The humbugs of the world» (Neuyork 1865) und "
Struggles and triumphs» (Hartford 1869; deutsch als «Kämpfe und Triumphe. Erinnerungen aus 40 Jahren»).
(spr. -rótscho), Federigo, genannt Fiori da Urbino, ital. Maler, geb. 1528 zu Urbino, war Schüler des Battista
Franco in Venedig,
[* 76] bildete sich vornehmlich nach Tizian, Raffael und Correggio, lebte seit 1548 einige Zeit in Rom, dann dauernd
in seiner Vaterstadt, wo er 1612 starb. In der Süßlichkeit des Kolorits und der Weichlichkeit des Ausdrucks
überbietet er noch Correggio. Zu seinen Hauptwerken gehören die Kreuzabnahme im Dome von Perugia, die Madonna als Fürsprecherin
der Hilflosen (1579) in den Uffizien zu Florenz,
[* 77] die Kreuzigung im Dome zu Genua,
[* 78] die Vision des heil. Franz
in der Franziskanerkirche zu Urbino, Mariä Himmelfahrt in der Galerie zu Dresden,
[* 79] Heilige Familie (sog. Madonna del Gatto, in der
Londoner Nationalgalerie). Die Darstellung: Christus als Gärtner mit Magdalena, befindet sich im Corsini-Palaste zu Rom, in Florenz
und in München.
[* 80] Auch malte er vortreffliche Bildnisse.
(spr. -rósch),Pierre Jules, franz. Staatsmann, geb. zu Paris, studierte die
Rechte. Als sehr angesehener Advokat in Paris wurde er 1846 Batonnier (s. d.) und gelangte 1847 als Abgeordneter in die Kammer,
wo er sich neben Odilon Barrot in die Reihen der dynastischen Opposition stellte und an der Reformbewegung thätigen Anteil
nahm. Nach der Revolution von 1848 ward er in die Konstituierende Nationalversammlung gewählt. Infolge der energischen Art,
wie er hier allen demokratischen Bestrebungen entgegentrat, berief ihn Napoleon zum obersten Staatsprokurator am PariserAppellhofe.
Im März 1850 zum Minister des Innern ernannt, setzte er die Einschränkung des allgemeinen Stimmrechts, die Veränderung
der Preßgesetze, die Schließung der Klubs und die Auflösung der Volksvereine durch. Infolge eines Mißtrauensvotums der
Nationalversammlung trat er Jan. 1851 zurück. Von März bis Oktober jenes Jahres war er Minister des Äußern. Unter dem
Kaiserreich, für dessen Zustandekommen er wesentlich mitwirkte, Minister ohne Portefeuille, 1863 Justizminister, bald auch
Kultusminister und (1864) Senator, vertrat Baroche im Senat wie im Gesetzgebenden
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Körper die absolutistische Politik Napoleons III., mußte aber im Juli 1869, als der Kaiser konstitutionelle Reformen in Aussicht
stellte und zu deren Verwirklichung das Ministerium Ollivier bildete, seinen doppelten Ministerposten niederlegen. BeimSturze
des zweiten Kaiserreichs flüchtete sich Baroche nach Jersey, wo er starb.
mit roc, Felsen, hängt es wohl nicht zusammen, noch weniger mit dein MalerBaroccio.
Das Wort
wurde zunächst in Frankreich auf die Architektur angewendet, und bezeichnet den Baustil, in den sich der
ital. Renaissancestil auflöst. Er kennzeichnet sich durch den Übergang vom Strengen zum Freien und Malerischen, vom Geformten
zum Formlosen. Als Vater des Barockstils gilt MichelangeloBuonarroti, als Geburtsstätte Rom; Hauptmeister des Barockstils sind
ferner Antonio da Sangallo, Vignola, Giacomo della Porta, Maderna, Bernini, Borromini. Zur Entstehungszeit
hieß der Stil in Italien die moderne Manier.
Merkmale des Barockstils: man komponiert nach Massen von Licht
[* 82] und Schatten
[* 83] auf den Eindruck der Bewegung hin, zieht die kleinern
Glieder
[* 84] zu größern zusammen, sucht durch kolossale Größe im ganzen und einzelnen, durch weite Ausladungen,
durch breite, schwere, nicht voll durchgegliederte Massenhaftigkeit zu wirken; die Formen werden abgestumpft, erweicht, gerundet,
wulstig, der Pfeiler herrscht vor, die Glieder werden vervielfacht (Pilasterbündel), die horizontale Linie wird aufgelöst,
die Formen werden gebrochen (verkröpfte Pfeiler und Architrave, gebrochene und geschweifte Giebel, gedrückte Bogen, gewundene
Säulen),
[* 85] die Linien des Grund- und des Aufrisses werden durch Schwingungen belebt. Ruhe, Harmonie und schöne
Verhältnisse gehen dem ab; er ist großartig und ruhelos, mehr dekorativ als konstruktiv, aber der echte Ausdruck seiner
Zeit. Ähnliche Eigenschaften zeigen die Maler des Barockstils: LucaGiordano, Rubens, der Bildhauer Bernini u. a. Neuerdings
wird auch eine Epoche der antiken Kunst mit Recht als römischer Barockstil bezeichnet (von Sybel, Weltgeschichte
der Kunst, Marburg
[* 86] 1888). - Im übertragenen Sinne heißt Barock soviel wie wunderlich, verschroben, bizarr, durch seine unangemessene
Form im Widerspruch mit seinem Wesen stehend.
1) Nominell selbständiger StaatVorderindiens, ein Teil des frühern mächtigen Reichs der Mahratten (s. d.), umschlossen von
der Provinz Gudschrat der indobrit. Präsidentschaft Bombay,
[* 87] hat 22195 qkm, (1881) 2185005 E., darunter 1954390
Hindu (89,45 Proz.), 174980 Mohammedaner (8 Proz.), 8118 Parsen, 771 Christen u. s. w., (1891) 2415390 E. (Zuwachs: 16 Proz.).
Unter den Hindu sind 138506 Brahmanen, 79853 Radschputen, 57027 Kaufleute (Banjanen); unter den Mohammedanern 155653 Sunniten, 19327 Schiiten.
Außer in Bombay und Surat giebt es nirgendwo so viele Parsen als hier; zum größten Teile wohnen sie in
Naußari (24 km südlich von
Surat). Der Fürst von Baroda führt den amtlichen Namen Gaekwar und den Familientitel Sena Chaß Khel
Schamscher Bahadur. Die Staatseinnahmen betrugen (1880/81) 22844870 M., die Ausgaben 21812366 M. Der 1870 auf den Thron
[* 88] gekommene
Gaekwar, Malhar Rao, wurde, weil er Versuche gemacht hatte, den engl. Residenten Oberst (nachher
General Phayre zu vergiften, 1875 seiner Stellung enthoben; ihm folgte sein Verwandter Sajadschi Rao.
2) Baroda (die ursprüngliche ind. Form ist Wadodra), Hauptstadt des Staates Baroda, 22° 17½' nördl. Br., 73° 16' östl. L., östlich
von dem tief eingeschnittenen Bette des Flüßchens Biswamitri, hat (1881) 101820 E., darunter 84042 Hindu
(Brahmanen 17155, Radschputen 2001, andere 64886), 19149 Mohammedaner (darunter 2148 Schiiten), (1891) 116420 E. (Zuwachs:
14,38 Proz.). Temperaturmaximum in den kältern Monaten +33⅓° C., Minimum 15°; Maximum in der heißesten Zeit (Mai bis
Juni) 40½° C. Mittlere Regenhöhe jährlich 1088 mm. Die Stadt, von herrlichen Baumpartien, Tempeln und
Grabmälern umgeben, wird durch zwei sich kreuzende breite Straßen in vier nahezu gleiche Teile geteilt; den Mittelpunkt bildet
der Marktplatz, mit einer viereckigen, offenen, inwendig mit Springbrunnen und Sitzbänken versehenen Halle
[* 89] aus der Zeit der
Mogulherrscher.
Die Mahrattenbauwerke sind von keiner Bedeutung, am wenigsten der formlose Palast des Fürsten. Hinter
demselben erhebt sich der Nasar-Baghpalast, jetzt das Schatzhaus für die Juwelen des Fürsten (Wert derselben über 60 Mill.
M.) und eine ummauerte Arena für Ring-
[* 90] und Tierkämpfe. Zahlreich sind die Hindutempel und die Heiligtümer derjenigen frühern
Herrscher, welche durch großartige Stiftungen es ermöglicht haben, Tausenden von Brahmanen die tägliche
Nahrung zu spenden. In einer der nördl. Vorstädte, Fatih-Singh, befindet sich das Elefantenhaus
des Fürsten und eine der beiden Athletenschulen. Die neuere Stadt jenseit der Biswamitri, wo das Militär liegt, ist durch
vier Brücken
[* 91] mit der Altstadt verbunden. Hauptindustriezweig ist die Anfertigung von Seiden- und Baumwollwaren.
Die Eisenbahn führt von Baroda südlich nach Bharotsch-Surat-Bombay, nördlich nach Ahmadabad und von dort einerseits nach Radschkot
in der Halbinsel Gudschrat, andererseits nach Adschmir, Dehli und Agra.
(grch.), soviel wie Barometrograph, s. Barometer. ^[= (grch., d. i. Druck- oder Schweremesser), ein Physik. Instrument zur Bestimmung des Druckes ...]
[* 92]
[* 92] (grch., d. i. Druck- oder Schweremesser), ein Physik. Instrument zur Bestimmung des Druckes der atmosphärischen
Luft. Zu seiner Erfindung gab eine Beobachtung florentin. Brunnenmeister die Veranlassung. Dieselben
versuchten das Wasser in einer ungewöhnlich langen Saugröhre auf eine größere Höhe, als früher gebräuchlich, zu pumpen.
Das Wasser stieg aber in der Saugröhre, ungeachtet des fortgesetzten Pumpens, nicht über 10 m (etwa 32 Pariser Fuß). Torricelli,
ein Schüler Galileis, fand (1643) den wahren Grund dieser Erscheinung. Er wiederholte jenen Versuch der
Brunnenmeister mit einer schwerern Flüssigkeit als Wasser, nämlich mit Quecksilber. Er füllte nach
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