guitarren- oder zitherartiges russ. Nationalinstrument mit ursprünglich dreieckigem
Schaltkasten, daran ein ziemlich langer
Hals und 2, 3 oder 4
Saiten, die mit den Fingern gerissen werden, im ganzen ½-1 m
groß. Es dient als
Begleitung bei
Gesang und Tanz.
Unter dem
Titel «La Balalayka» gab Julvécourt russ.
Gedichte (Par. 1836) in franz.
Sprache,
[* 2] und Altmann russ.
Volkslieder («Die Balalaika», Berl. 1803)
in deutscher
Übersetzung heraus.
Hermann Ludw. von,
Diplomat, (Sohn des 1834 gestorbenen preuß.
DiplomatenJoseph Wilh. Von Balan, geb. in
Berlin,
[* 3] studierte dort und in
Heidelberg
[* 4] die
Rechte, trat 1832 in den Justiz-, 1834 in den Verwaltungsdienst
und ging 1835 in den Dienst des
AuswärtigenAmtes über. Er bekleidete nacheinander diplomat.
Stellungen in
Brüssel,
[* 5]
Dresden,
[* 6] Warschau,
[* 7]
Frankfurt
[* 8] a. M. (1840 als Ministerresident), am großherzogl.
hess. Und nassauischen
Hofe (1848), arbeitete von 1850 bis 1859 im
AuswärtigenAmte in
Berlin und wurde 1859 geadelt und als
Gesandter nach Kopenhagen
[* 9] geschickt. Nachdem er 1804
Preußen
[* 10] auf den
Londoner Konferenzen vertreten hatte, wurde er in demselben
Jahre noch preuß. Gesandter in
Brüssel, seit 1871 auch
Vertreter des
DeutschenReichs. Er starb in
Brüssel Balan war
sehr angesehen als geschickter und charaktervoller
Diplomat.
Don Pietro, ital. Geschichtschreiber, geb. zu
Este
(ProvinzPadua),
[* 11] nahm nach Vollendung seiner
Studien im Seminar zu
Padua die
Weihen, worauf ihn der damalige
Patriarch von
Venedig,
[* 12] Kardinal Trevisanato, mit der Leitung der kathol.
Zeitung «Libertà cattolica» betraute. Von
Venedig nach Modena übergesiedelt,
gab er zugleich 1867-73 den «Diritto cattolico» heraus
und widmete sich dann ausschließlich geschichtlichen
Studien. Von
Leo XIII. wurde er 1879 an das vatikanische
Archiv nach
Rom
[* 13] berufen, gab aber diese
Stellung 1883 auf. Balan lebt zu Pregatto bei
Bologna ganz seinen geschichtlichen
Arbeiten. Unter seinen
zahlreichen histor.
Schriften klerikaler
Richtung sind hervorzuheben: «I precursori del razionalismo fino
a
Lutero» (2 Bde., Parma
[* 14] 1867-69),
«Pio IX, la
Chiesa e la Rivoluzione» (2 Bde., Modena 1869),
«Storia di Gregorio IX e de'
suio tempi» (3 Bde., ebd. 1872-73),
«Storia d'Italia» (7 Bde.,
ebd. 1878-88),
«La politica di Clemente VII fino al sacco di
Roma»
[* 15]
(Rom 1884),
«Clemente VII e l'Italia
dei suoi tempi» (Mail. 1887).
[* 1] (frz., spr. -angßjeh), eigentlich Wagebalken,
eine mechan. Vorrichtung, mittels deren eine
Bewegung aufgenommen, übertragen und in eine andere Bewegungsform
umgesetzt oder auch eine in
auf- und absteigender
Bewegung befindliche
Masse im
Gleichgewicht erhalten
wird.
Seine Grundform kann man sich aus der des gewöhnlichen Wagebalkens (s. Fig. 1) entstanden denken.
In der
Balanciermaschine (s. Dampfmaschinen)
[* 19] dient der a
[* 1]
(Fig.
2) im
Verein mit der Lenkstange oder Pleuelstange
[* 20] b dazu, die
auf und nieder gehende
Bewegung des Kolbens in die rotierende
der Schwungradwelle umzusetzen.
Der Balancier der einfachwirkenden
Wasserhaltungsmaschine, auch
Konterbalancier genannt, erfüllt den Zweck, das für den gleichmäßigen
Gang
[* 21] der
Maschine
[* 22] nachteilige Übergewicht des direkt an der Kolbenstange hängenden Pumpengestänges auszugleichen,
indem er mit Hilfe eines Kontergewichts auf die
Bewegung des
Treibkolbens beim
Aufgang unterstützend, beim Niedergang hemmend
wirkt.
Bei den zweicylindrigen
Maschinen dieser
Art ist der Balancier stets ein gleicharmiger Hebel,
[* 23] der die beiden in einander entgegengesetzten
Richtungen sich bewegenden Kolbenstangen verbindet. Bei
Präge- und Stanzmaschinen nennt man Balancier die an den
Enden schwere Schwungkugeln tragende eiserne
Stange, durch welche die den Druck hervorbringende Schraube in
Bewegung gesetzt
wird; nach derselben wird oft das ganze Prägwerk so bezeichnet (s.
Balancierpresse).
[* 24] Balancier heißt endlich auch die sog.
Unruhe
in der
Taschenuhr.
(spr. balangß-, vom frz. balance) nennt man
das Bestreben eines aus dem
Gleichgewicht gebrachten Körpers, sich wieder in dasselbe zu versetzen. Eine auf beiden Seiten
gleichbelastete Wage balanciert, solange ihre Schalen abwechselnd
auf und nieder geben. Der Seiltänzer balanciert auf dem
Seile, indem er seinen Schwerpunkt
[* 25] durch geschickte
Veränderung in der Verteilung der schweren
Masse seines
Körpers, Ausstrecken der
Arme oder Verschieben der Balancierstange immer so zu stellen sucht, daß das Lot, das man von dem
Schwerpunkte seines Körpers herabfällt, durch das Seil selbst geben würde.
Das Balancieren von
Stöcken oder ähnlichen Gegenständen beruht auf einem geschickten Nachschieben des Unterstützungspunktes senkrecht
unter den Schwerpunkt. Bei verschiedenen Gegenständen kommt der Luftwiderstand dem Künstler zu Hilfe: so beim Balancieren der
Pfauenfeder auf der
Spitze des Kiels u. s. w. Bei andern Kunststücken benutzt man die Wirkung der Kreiselbewegung
[* 26] (s. d.) rotierender Körper und die stete Verlegung des Schwerpunktes auf einen
Kreis
[* 27] oder eine Ellipse
[* 28] um den Unterstützungspunkt herum. - Balancieren einer zweiseitigen
Rechnung heißt, sie durch
Einstellung des Saldos (s. d.) ausgleichen, wohl auch diesen Saldo bezahlen.
Das Balancier-Lenkscheit-System entsteht durch Anbringung eines Lenkscheits (Reih-
oder Reibschiene, s. d.) hinter der Verbindungsstelle von Vorder- und Hinterwagen
eines sonst nach dem
Balanciersystem (s. d.) gebauten Wagens. Hierdurch werden
die Vorzüge des letztern
Systems bewahrt, die
Stetigkeit der Deichsel jedoch vergrößert und ihr von den
Stangenpferden zu
tragendes
¶
mehr
Gewicht vermindert. Das Balancier-Lenkscheit-System ist bei den österr. und ital.
Feldgeschützen in Anwendung; bei letztern in der Art, daß die Reihschiene nach Belieben angewendet oder ausgeschaltet werden
kann. Das frühere preuß. Feldartilleriematerial C/64 erzielte ähnliche Wirkungen durch einfache
Vergrößerung der Auflageflächen für den Lafettenschwanz. (S. Fahrzeugsysteme.)
Sie besteht im wesentlichen aus einer vertikalen mehrgängigen Schraube, an deren oberm Ende ein doppelarmiger mit Schwungkugeln
versehener Hebel sitzt, den derArbeiter durch einen Handgriff in Umdrehung versetzt, wodurch sich die
Schraube nach abwärts bewegt. Im untern Teil s der Schraube sitzt der stählerne Stempel (Patrize), der beim Niedergang der
Schraube gegen die im verstellbaren Teil p befindliche hohle Matrize gepreßt wird und so das Ausstanzen bewirkt. Für weniger
feste Stoffe wie Papier, Karton u. s. w. können mehrere Lagen auf einmal untergelegt werden, bei Blech
gewöhnlich nur eine. Bei entsprechender Form der Patrize und Matrize kann dieselbe Maschine auch zum Prägen und Drücken dienen.
eine Bauart zweiachsiger Fahrzeuge, bei der die Verbindungsstelle zwischen Vorder- und Hinterwagen
so weit hinter der Vorderachse liegt, daß der Druck des Hinterwagens dem Gewicht der Deichsel das Gleichgewicht
hält.
Hierdurch werden die Stangenpferde vom Tragen der Deichsel entlastet, die Lenkbarkeit wird vergrößert, die Stetigkeit
der Deichsel jedoch vermindert.
Das Balanciersystem ist bei den deutschen Feldgeschützen C/73 in Anwendung (s. Fahrzeugsysteme).
in Stellung und Verwandtschaft sehr verschieden gedeutete Pflanzenfamilie aus der Gruppe
der Dikotyledonen,
mit einigen andern Familien von ebenfalls zweifelhafter Verwandtschaft zu den Hysterophyten gestellt,
umfaßt nur gegen 35, fast ausschließlich den Tropen angehörende, fleischige, auf Wurzeln schmarotzende chlorophylllose Arten
von brauner oder roter Farbe.
Die Blüten sind meist getrennten Geschlechts, zu kolbenartigen Blütenständen angeordnet;
coli Malmst., ein der Klasse der Wimperinfusorien (Ordnung: Heterotricha) angehöriger, 0,07-0,12 mm langer
Parasit, der häufig im Dick- und Blinddarm des Schweins, nicht selten auch in dem des Menschen lebt.
(spr. -lahr),AntoineJérôme, franz. Chemiker, geb. zu Montpellier,
[* 34] war anfangs Pharmaceut, später Professor der Chemie an der Faculté des Sciences und am Collège de France zu Paris.
[* 35] Er starb
daselbst Balard ist der Entdecker des Broms.
(spr. -rük lä bäng), Dorf und Badeort im Kanton
[* 36] Frontignan, Arrondissement Montpellier des franz. Depart. Hérault, 7 km
nordwestlich von Frontignan, am Etang de Thau und an der Linie Cette-Montbazin der Franz.
Südbahn, hat (1891) 483, als Gemeinde 620 E.,
Post, Telegraph
[* 37] sowie seit der Römerzeit bekannte, denen von Kreuznach
[* 38] ähnliche Thermen (47° C.).
1) Kreis im W. des russ. Gouvernements Saratow, hat 11882 qkm mit 277572 E., meist Großrussen.
- 2) Kreisstadt des Kreises Balaschów, links des von hier an schiffbaren Choper, hat (1889) 11030 E., Post, Telegraph;
1) Distrikt der ProvinzOrissa in der indobrit. Präsidentschaft Bengalen, grenzt im N. an den Distrikt
Midnapur und den Staat Moharbhandsch, im O. an die Bai von Bengalen, im S. an den Distrikt Katak, im W. an die Staaten Keundschhar,
Nilgiri und Moharbhandsch, und hat 5351 qkm, (1881) 945280 E. (915792 Hindu, 23804 Mohammedaner, 815 Christen, 47 Sikh). -
2) Hauptstadt und Haupthafen des Distrikts am rechten (westl.) Ufer des sich in den Golf
von Bengalen ergießenden Flüßchens Burabalang, etwa 11 km vom Meer entfernt, 21° 30'nördl. Br., 86° 58' östl. L., hat
(1891) 20775 E. (2512 mehr als 1872), darunter 16912 Hindu und 3362 Mohammedaner. Gegründet 1642 von
den Engländern, kam Balasor erst 1803 mit dem übrigen Orissa endgültig in brit. Besitz. Früher ein wichtiger Hafen- und Handelsort,
wo die Portugiesen, Holländer und Dänen (letztere bis 1846) Handelsniederlassungen besaßen,
¶
mehr
ist Balasor mit dem Wachsen von Kalkutta
[* 40] gesunken, wozu die Versandung der Reede beitrug.
ein zur Gruppe der Kautschukkörper gehöriger, der Guttapercha sehr ähnlicher Stoff,
der aus dem Milchsafte des in Surinam und Guayana heimischen Sapotillbaumes, dem Bully-tree der Engländer, Sapota Muelleri
Belk., gewonnen wird. Früher wurden die Bäume behufs der Saftgewinnung gefällt, jetzt macht man nur Einschnitte in die
Rinde und sammelt den Saft in Holzgefäßen. Während ein mittelgroßer Baum beim Fällen auf einmal 3 bis 6 kg
Balata lieferte, erhält man durch Einschnitte nur noch 0,3 bis 0,5 kg Balsam, aber der Baum kann alle Jahre an einer andern Stelle
angeschnitten werden.
Beim Eintrocknen an der Luft verwandelt sich der Saft in eine weißliche bis rötliche Masse, die durch Kneten gleichmäßig
wird; häufig findet man Rindenstückchen und Holzteilchen beigemengt. Der größte Teil der Ware kommt aber schon in gereinigten,
zu Platten gewalzten Stücken in den Handel. Die Masse ist lederartig zähe, außerordentlich biegsam, elastischer als Guttapercha
und ebenso gut schneidbar wie diese und läßt sich mit Schwefel vulkanisieren; sie hat eine rötlichweiße
bis bräunlichrote Farbe und wird durch Reiben elektrisch.
Bei 49° C. wird die Balata knetbar, und bei 149° schmilzt sie; beim Erwärmen verbreitet sie den Geruch nach Guttapercha. In
reinem Schwefelkohlenstoff löst sie sich leicht und läßt sich daher durch Verdunsten der filtrierten Lösung leicht reinigen;
sie enthält dann nach Sparlich 88,5 Proz. Kohlenstoff und 11,3 Proz. Wasserstoff. Die Balata ist erst seit 1859 in
Europa
[* 41] bekannt, die Ausfuhr davon aus Berbice soll sich auf 10000 kg jährlich belaufen. Die Balata fand zuerst nur in der engl.
Industrie Verwendung, jetzt wird sie auch in Deutschland viel verarbeitet, namentlich zu Treibriemen (Balatatreibriemen),
Schuhsohlen und Absätzen, besonders aber zu Isolatoren für elektrische Apparate, außerdem auch in der Zahntechnik.
bei den arab. Geographen Jaqut Balâbâdh (vielleicht «Ansiedelung des Baal»),
eine Trümmerstätte etwa 15 km
nordöstlich von Nimrud und 28 km südöstlich von Mosul, im Osten des Tigris. Die dort ausgegrabenen assyr.
Königespaläste gehörten dem Könige Assurnasirbal (884-860 v. Chr.) und seinem Sohne Salmanassar II. an. Von beiden hat man
Inschriften gefunden, von ersterm eine solche auf einer großen in einem Steinkoffer verwahrten Alabasterplatte, von
letzterm eine Reihe von Bronzeplatten, 21-26 engl. Fuß lang und 6 Fuß breit,
welche mit Bronzenägeln auf eine drei Zoll dicke Cedernholztafel genagelt gewesen sein müssen. Sie gehörten offenbar den
Thürflügeln am Eingange eines Palastes an und enthalten kunstvoll ausgeführte Basreliefs. Die meisten Stücke sind im Britischen
Museum aufgestellt und veröffentlicht in dem von der Society of Biblical Archaelogy herausgegebenen Prachtwerke
«The Bronze
[* 42] Ornaments of the Palace Gates of Balawat, with an
introduction by S. Birch » (3 Tle.. Lond. 1880-81).
auch Balbhahn oder Ballhahn (aus dem russ. bolván, balván, Klumpen, Block), ein ausgestopfter oder aus Filz,
Tuchlappenu. dgl. nachgebildeter Birkhahn, der zur Balzzeit die
balzenden Birkhähne anlocken soll.
In den russ. Ostseeprovinzen heißen diese Lockvögel Pulwanen. - Balbanen, regelmäßig
geformte Stücke von Steinsalz aus Wieliczka, wie sie in den Handel kommen.
Adriano, ital. Geograph und Statistiker, geb. zu Venedig, wurde 1808 infolge seines
«Prospetto fisco-politico dello stato attuale del globo» Lehrer der Geographie am Collegio SanMichele zu Murano, 1811 der Physik
am Lyceum zu Fermo. Von der päpstl. Regierung 1813 als Ausländer abgesetzt, ward er bei der Zolldirektion in
Venedig angestellt und verfaßte ein «Compendio di geografia universale».
Bei einem Aufenthalte in Lissabon
[* 43] (1820),
wo er ein «Tableau politoco-statistique de l'Europe en 1820» drucken ließ, sammelte
er die, namentlich kulturgeschichtlich schätzbaren Materialien zu seinem «Essai
statistique sur le royaume de Portugal
[* 44] et d'Algarve» (2 Bde., Par. 1822) und den «Variétés
politico-statistiques sur la monachie portugaise» (ebd. 1822). 1822 -32 lebte er in Paris, dann in Wien,
[* 45] wo er den Titel eines
kaiserl. Rats und ein Jahrgehalt erhielt. Seit 1847 Mitglied der WienerAkademie der Wissenschaften, starb er zu
Padua. Außer zahlreichen statist. Schriften veröffentlichte Balbi «Atlas
[* 46] ethnographique du globe» (Tl. 1, Par.
1826) und «Abrégé de géographie» (2 Bde.,
ebd. 1832; 3. Aufl. 1850), seine beiden Hauptwerke.
Namentlich fand letzteres, fast in alle europ. Sprachen (deutsch, 6. Aufl., von Arendts, 2 Bde., Wien 1875-78; 8. Aufl., von
Heiderich, 3 Bde., ebd. 1893-94) übersetzt, allgemeinste Verbreitung als Lehrbuch. B.s «Scritti geografici»
(5 Bde., Tur. 1841-42) sammelte sein Sohn Eugenio Balbi, geb. zu Florenz,
[* 47] gest. als Professor der Geographie
an der Universität zu Pavia, der «Gea ossia la terra descritta» (7 Bde.,
Triest
[* 48] 1854-67) und «Saggio di geografia» (Mail.
1868) herausgab.
Bohuslaw, böhm. Historiker und Jesuit, geb. 1621 in Königgrätz,
[* 49] studierte in Prag
[* 50] Philosophie,
war Professor der Rhetorik und Poetik an verschiedenen Orten Böhmens und Mährens und starb in Prag. Er schrieb
«Epitome historica rerum Bohemicarum» (2 Bde.,
Prag 1673-77),
«Miscellanea historica Bohemiae» (2 Bde., ebd. 1679-88), worin nach
der Katastrophe am Weißen Berge zuerst wieder die ruhmreiche Vergangenheit Böhmens dargestellt wird. Balbin gilt daher als einer
der Vorläufer der neuen nationalen Wiederbelebung der Böhmen
[* 51] (Czechen). Seine «Dissertatio apologetica pro lingua slavonica,
praecipue bohemica» wurde erst von F. M. Pelzel (Prag 1775) herausgegeben.
und 1813 in Deutschland verwendet und ging 1815 als Gesandtschaftsattaché mit seinem Vater nach Madrid.
[* 55] Als piemont. Major
mußte er 1821, ungerechterweise der geheimen Teilnahme an der revolutionären Bewegung verdächtigt, nach Frankreich in die
Verbannung gehen. 1824 kehrte er zurück und widmete sich auf Schloß Camerano in Montferrat dem Studium
der Geschichte. 1843 verfocht er in «Delle speranza d'Italia» (5. Ausg., Flor. 1855) unter
großem Beifall Italiens
[* 56] Befreiung durch Piemont als Vorbedingung seiner Einheit und redigierte seit der Preßfreiheit (1847)
mit Cavour «Il Risorgimento».
Nach der Bekanntmachungder Verfassung erhielt er die Präsidentschaft des Ministeriums, trat jedoch
nach der Schlacht von Custozza
[* 57] als zu gemäßigt zurück. Er starb in Turin, wo ihm 1856 ein Standbild (von Vela) errichtet
wurde. Sein Gedanke war die Unabhängigkeit Italiens auf dem Wege der Ordnung mit Erhaltung der Macht des Papstes, den er 1848 vergeblich
für die gemeinital. Sache zu gewinnen suchte. Diese Grundsätze drücken alle seine Schriften aus, die
bedeutenden Einfluß übten. Die wichtigsten sind: «Storia d'Italia sotto di Barbari» (1830; neue Ausg., Flor. 1855),
«Vita
di Dante» (Tur. 1839; neue Ausg., Flor. 1853),
«Meditazioni storiche» (1842; unvollendet),
«Somario della storia d'Italia»
(bis 1814; 11. Aufl., Bastia 1860; fortgesetzt von Molineri: «Storia d'Italia del 1814 ai nostri giorni»,
Tur. 1890-91),
«Della monarchia rappresentativa in Italia» (Flor. 1857).
Vgl. Ricotti, Della vita e degli scritti di Cesare Balbo (Flor. 1856);
Reuchlin, Graf C. Balbo («Lebensbilder zur Zeitgeschichte.
I», Nördl. 1861).
Vasco Nuñez de, span. Konquistador, geb. 1475 zu Jerez de los Caballeros (ProvinzBadajoz),
ging nach San Domingo und schloß sich dort, um seinen Gläubigern zu entgehen, in einem Fasse in das Schiff
[* 58] eingeschmuggelt,
der Expedition an, die Enciso 1510 gegen Darien führte. Ein Aufstand verschaffte Balboa den Oberbefehl über die neue Kolonie.
Bestimmte Angaben indian. Häuptlinge von einem westl.
Meere bewogen ihn 1513, auf Entdeckung auszuziehen. Am 25. Sept. dieses Jahres erblickte er wirklich das Meer von einem Bergrücken
des Isthmus von Panama
[* 59] und stand am 29. Sept. (Michaelistag) am Gestade des Großen Oceans (Golf von SanMiguel). Da sich aber mit
Gewalt der Herrschaft auf der Landenge bemächtigte und die rechtmäßigen Statthalter Enciso und Nicuesa
vertrieben hatte, so wurde von der span. Regierung Pedrarias de Avila mit Flotte und Heer nach Panama gesandt. Balboa unternahm
in untergeordneter Stellung noch mehrere glückliche Eroberungen. Doch diese Verdienste erregten den Haß Avilas gegen ihn.
Er wurde 1517 der Absicht der Empörung angeklagt und enthauptet.
(spr. bällbrigg'n), Stadt und Seebad in der irischen Grafschaft Dublin,
[* 60] 35 km im N. von Dublin, hat (1891) 2272 E.,
Hafen mit Leuchtturm, Fabrikation von baumwollenen Strümpfen, Kattun und gesticktem Musselin.
DonBernardo de, span. Epiker, geb. 1568 zu Valdepenas, kam jung nach Neuspanien, wo er in
einem Kollegium Mexikos seine theol. Studien vollendete. 17 J. alt zeichnete er sich als Dichter aus. 1608 nach Spanien zurückgekehrt,
wurde er bald Propst auf Jamaika, 1620 Bischof von Puertorico und starb daselbst 1627. Von seinen Werken
erhielten sich nur:
«La grandeza mejicana» (Mexiko
[* 61] 1609),
eine poet. Beschreibung der Stadt Mexiko: «Siglo de oro en las selvas
de Erifile» (Madr. 1608),
eine Schäfernovelle in Prosa mit eingestreuten lyrischen Gedichten in ital. Manier, darunter neun
zum Teil sehr schöne, ländlich einfache «Eglogas», «ElBernardo ó la victoria de Roncesvalles», ein Epos ariostischer Art
in 24 Büchern von 45000 Versen, welches den Nationalhelden Bernardo del Carpio behandelt (Madr. 1624,
1808; am besten in Bd. 19 der «Biblioteca
de autores espanoles»); die beiden erstern Werke gab die Akademie in Madrid 1821 neu heraus.
Beiname mehrerer vornehmer Römer,
[* 62] z. B. des G. Attilus Balbus, Konsul 245 und 235 v. Chr.,
unter dem der Tempel
[* 63] des Janus
[* 64] zum zweitenmal seit seiner Erbauung geschlossen wurde;
ferner desL.Cornelius Balbus aus Gades, den,
als ihm das röm. Bürgerrecht streitig gemacht wurde, Cicero in einer noch vorhandenen Rede («pro Balbo») verteidigte.
1) Landschaft im südl. Turkestan, zu Afghanistan
[* 65] gehörig, im nördlichsten Teile desselben, liegt, sich
südlich vom Amu-darja ausdehnend, im Bereich des alten Baktrien, auf den Vorstufen, welche im südl. Gebiete des obern Amu
die hohen Ketten des Hindukusch mit den Tiefsteppen Bucharas vermitteln, eine Lage, welche für den Verkehr zwischen Indien und
Osteuropa von hoher Bedeutung ist und in erhöhtem Grade es sein mußte, als die ind. und chines. Waren
noch nicht den Seeweg um Afrika
[* 66] verfolgten. Der Charakter der Wüste herrscht vor; nur künstliche Bewässerungssysteme schaffen
fruchtbaren Boden. Die Bewohner usbekischen Stammes sind friedliche Nomaden oder räuberische Krieger, Karawanenwanderer oder
Ackerbauer und Handwerker in Dörfern und Städten.
2) Stadt in der Landschaft in einer von Kanälen und Gräben vielfach durchschnittenen Gegend, die das dadurch zersplitterte
Wasser des vom Koh-i-Baba kommenden Balch oder Dehâs oder Dèriaz verschlingt und ihm die Einmündung in den Amu verwehrt,
hat kaum 15000 Bewohner, zum Teil Eingeborene von Kabul, deren Hauptindustrie in Webereien, besonders in
Seide,
[* 67] besteht; die Ruinenstätte, in welcher noch Karawanseraien, ein großer Bazar und eine Moschee stehen, bewohnen noch 2000 Afghanen.
Im Frühjahr ziehen diese nach dem östlicher und höher gelegenen Mesar (s. d.).
Die Stadt hat noch den stolzen Titel Ummel-Buldan (d. h. die Mutter der Städte) beibehalten; sie hat auf
der Nordseite eine nicht eben feste Citadelle, in welcher ein weißer Marmorblock als der Thron
[* 68] des Cyrus gezeigt wird, und
besitzt 3 verfallende Schulen; sie liegt neben dem weiten Umkreise eines wüsten Trümmerfeldes von 6 bis 7 StundenUmfang,
welches das einst glänzende Baktra (s. Baktrien) oder Zariaspa, den Geburtsort Zoroasters und des Cyrus,
bezeichnet.
Mancherlei Überreste sowie die Namen vieler Örtlichkeiten deuten auf die Blüte
[* 69] des Buddhismus in Baktrien hin. Die Stadt
wurde 1220 von Dschingis-Chan völlig zerstört und hat sich nie wieder ganz von den Schrecknissen des Mongolensturmes erholt.
Ein Jahrhundert lang gehörte Balch zum ind. Mogulreiche, wurde dann
selbständig, fiel im vorigen Jahrhundert in die Hände des Afghanenherrschers Ahmad Schah und gehört heute noch, nach kurzer
Zwischenherrschaft der Usbeken, zu Afghanistan.
¶
champêtre (frz., spr. -schangpähtr), ländlicher
Ball (s. d.). ^[= # (seit dem 17. Jahrh, in Deutschland gebräuchlich, aus frz. bal; ital. ballo; von mittellat. ...]
(auch Balkaschsee), kirgis. Dengis, Ak-Dengis (Weißes
[* 71] Meer) oder Ala-Dengis (Buntes Meer), ein See auf der
Grenze der russ.-centralasiat. Gebiete Semipalatinsk und Semirjetschensk, nach dem Kaspi-, Aral- und Baikalsee der größte
im RussischenReiche, erstreckt sich zwischen 44° 45' und 46° 44' nördl. Br., von 73° 20' bis 79 östl.
L. von Greenwich erst in der Richtung von S. gegen N., dann von W. nach O. Der See ist 525 km lang, im WSW.-Teile 80 km, im
östl. Teile, der Mündung des Flusses Karatal gegenüber, 9-17 km breit, bedeckt eine Fläche von 18431,9
qkm und liegt 238 m ü. d. M. Die Tiefe ist nirgends über 25 m, größer auf der Nord-, geringer auf der Südseite.
Die nördl. und westl. Ufer mit ihren scharf begrenzten Linien sind
terrassenartig, abschüssig und werden nur von wenigen Flüssen durchzogen. An der Südseite hat der Uferrand
keine scharfen Umrisse, dagegen eine Menge Ein- und Ausbiegungen, halbinselartige Vorsprünge und geht ganz allmählich über
in eine große niedrige Steppe, welche sich an 260 km weit bis zu den Vorbergen des Alatau erstreckt, von Sandbügeln durchzogen
und von einer sehr dürftigen Vegetation von Sandpflanzen bekleidet ist.
Denselben Steppencharakter hat das Land im O. des Balchaschsee. Hier liegen die Reste seiner ehemaligen Fortsetzung:
der Sassyk-kul und der Ala-kul, letzterer 237 m hoch. Die ganze Steppe hat das Ansehen eines noch nicht lange vom Wasser befreiten
Seebodens, der, wie man annimmt, früher durch die Lücke im Dsungariscken Alatau mit dem Han-Hai der Chinesen
in Verbindung stand. Vom Ende November bis April ist der See mit Eis
[* 72] belegt. Fische
[* 73] nährt er nur von kleiner Art, namentlich
Perca Schenckii und Schizothorax argentatus.
Die Anzeichen eines allmählichen Austrocknens des Balchaschsee infolge der Flußanschwemmungen unterliegen keinem
Zweifel. Die Flüsse
[* 74] dieses Gebietes, wie der große Ili, der Karatal oder Kartal, Aksu, Lepsa u. s. w.,
geben teils mit weitreichenden Deltas in den See, teils erreichen sie denselben nicht; nur ein Arm des Ili ist vom See aus
beschiffbar. Die zahlreichen Buchten des Balchaschsee sind mit Schilfwaldung bewachsen, die oft 7 m Höbe erreichen.
Unter den zahlreichen Inseln, die sämtlich in der Nähe der Ufer liegen, ist die größte Utsck-Aral, die 16 km lang ist
und auf der Nordwestseite eine gute Hafenbucht hat. (S. Karte: Innerasien, Bd.
1,S.982.)
(ital. Baldacchino; mittelhochdeutsch baldekin, eigentlich ein in Baldach, d. i. Bagdad gefertigter Goldbrokat),
eine meist aus sehr kostbaren Stoffen bestehende, reich verzierte, von Säulen
[* 75] getragene oder auch an der Wand befestigte, zelt-
oder schirmartige Decke
[* 76] über einem Thron, Ruhebett, Altar,
[* 77] einer Kanzel und andern hockgeehrten Gegenständen.
Sache wie Wort stammen aus dem Orient. Traghimmel sowie die reichen Seidenstoffe, aus denen sie gewöhnlich bestanden, hießen
nach dem Lande ihres Ursprungs Babylonica oder auch Baldachin. Sonst hieß so auch ein auf 4 Stangen emporgehaltener, meist viereckiger
Schirm
von Seide und andern reichen Stoffen, der bei feierlichen Aufzügen, z. B. Krönungen, Hochzeitenu.
dgl., über fürstl.
Personen und hohen geistlichen Würdenträgern als Abzeichen getragen wurde. Jetzt findet dieser Brauch in Europa noch bei
den Prozessionen der kath. Kirche Anwendung, wo der die Monstranz tragende Geistliche unter dem Baldachin zu gehen pflegt, der dann
meist " (Trag-)Himmel» genannt wird. Teils um Schutz gegen die Sonne,
[* 78] teils als Zeichen der Würde erscheint
der orient. Herrscher oder Großwürdenträger meist unter einem, oft von den Großen getragenen Prachthimmel. Solche kamen
im Frühmittelalter vereinzelt als Geschenke morgenländ. Herrscher ins Abendland und wurden nachher durch Kreuzzüge und
ital. Orienthandel näher bekannt.
In der Architektur nennt man Baldachin zunächst die auf Säulen ruhenden Schmuckdächer über den Altären (s. Tafel: Altäre I,
[* 70]
Fig.
3), namentlich der frühchristlichen Kirchen (hier auch Ciborium oder Tabernakel genannt). Dieselbe Form wurde vereinzelt auch
in späterer Zeit angewendet, so in der Gotik im Dome zu Regensburg
[* 79] (s. Tafel: Altäre I,
[* 70]
Fig. 7). Durch die
Übertragung der frühchristlichen Form auf das Tabernakel von St. Peter zu Rom durch Bernini (s. Tafel: Altäre II,
[* 70]
Fig. 5) wurde
die baldachinartige Überdeckung der Altäre wieder gebräuchlicher. Beliebt waren die in Gestalt von kleinen, auf Konsolen
oder Säulen ruhenden Dächern schon im Altertum besonders bei den Ägyptern über Nischen (aediculum) und
dann im romanischen und namentlich im got. Stile über Statuen.
Aug.Karl Eduard, Ornitholog, geb. zu Giersleben bei Aschersleben,
[* 80] studierte in BerlinTheologie
und Musik, wurde 1839 Kollaborator am Gymnasium in Cöthen,
[* 81] 1849 Pfarrer in Diebzig und 1857 in Osternienburg
bei Cöthen; 1865 siedelte er nach Halle,
[* 82] 1870 nach Coburg
[* 83] und 1893 nach Wolfenbüttel
[* 84] über, wo er starb. 1845 regte
er die erste Jahresversammlung deutscher Ornithologen an, welche sich, gleichfalls auf seinen Antrag, auf der vierten Versammlung
zu Leipzig
[* 85] (1850) als «Deutsche
[* 86] Ornithologengesellschaft» konstituierte,
deren Statuten von der Berliner
[* 87] Versammlung definitiv angenommen wurden. Als Sekretär der Gesellschaft gab er deren
Organ «Naumannia, Archiv für Ornithologie» bis 1858, dann mit Prof. Dr.
Cabanis das «Journal für Ornithologie» heraus, an dessen Redaktion
er bis 1867 beteiligt blieb. Baldamus bearbeitete mit Prof. Dr.
J. Heinr. Blasius und Sturm den Schluß «Nachträge, Zusätze und Verbesserungen» zu Naumanns «Naturgeschichte
der Vögel
[* 88] Deutschlands»,
[* 89] Bd. 13 (Stuttg.
1860) und schrieb «Illustriertes Handbuch der Federviehzucht» (2. Aufl., 2 Bde.,
Dresd. 1878, 1881),
Giovanni, toscan. Minister, geb. 1790 zu Livorno,
[* 90] trat 20jährig in den
Staatsdienst, zuerst als Zollbeamter in Pisa,
[* 91] dann als Sekretär des Finanzdepartements, war hierauf als Oberleiter des
Zollwesens 7 Jahre mit Auszeichnung in Florenz thätig und ward 1845 als Staatsrat thatsächlicher Leiter des Finanzwesens.
Nachdem er die Ministerkrisen vom Sept. 1847 und Juni 1848 überstanden und sich dem Wechsel in der innern
Politik Toscanas gefügt, sah er sich durch die Volksdemonstration für KarlAlbert veranlaßt, mit Ridolfi zurückzutreten.
Von Leopold II. nach
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Gaeta berufen, ward er zum Vorsitzenden des neuen konservativen Kabinetts und Finanzminister ernannt, in welcher
Stellung er bis verblieb. Von Wien, wohin er Leopold II. im Sommer 1850 begleitet hatte, brachte er die verhaßten
sog. Septembergesetze mit, durch welche die Verfassung bis auf weiteres aufgehoben und die Preßfreiheit
beschränkt wurde. Als Finanzminister gelang es ihm durch Erhöhung der Steuern die durch die Unruhen und die österr. Besetzung
zerrütteten toscan. Finanzen wiederherzustellen. Im Mai 1859 muhte er dem Umschwung der polit. Verhältnisse weichen. Er
starb in Florenz. Baldasseroni schrieb «Leopoldo II, granduca di Toscanae i suoi tempi» (Flor. 1871).
Jakob, neulatein. Dichter, geb. zu Ensisheim, ward 1624 Jesuit, 1628 Professor der Rhetorik in Innsbruck,
[* 93] 1633 Priester, 1635 Professor
in Ingolstadt,
[* 94] 1638 Hofprediger in München
[* 95] und starb zu Neuburg
[* 96] an der Donau. Von seinen Dichtungen
sind hervorzuheben: «Lyricorum libri IV, Epodon liber I» (Münch. 1643; hg. Von Hipler, Müust.1856),
das Bauernspiel«Drama georgicum»
sowie eine Reihe poet. Satiren gegen Trinker, Quacksalber, Dickbäuche; Gesamtausgabe in 8 Bdn.
(Münch 1729). Verdeutschungen ausgewählter Dichtungen von Balde gaben u. a. Herder in der «Terpsichore» (in Suphans Herder-Ausgabe,
Bd. 27), Schrott und Schleich (Münch. 1870). B.s lat. Lyrik hat auf den Pegnitzorden eingewirkt, während seine wenigen Versuche
in deutschen Versen ungeschickt sind.
Vgl. Eitner, J. B.s Leben und Charakter (Bresl. 1863);
Stadt im Kreis Schlochau des preuß. Reg.-Bez. Marienwerder,
[* 97] in anmutiger
laubbolzreicher Gegend am Labessee, in 157 m Höhe, nahe der pommerschen Grenze, an der NebenlinieNeustettin-Stolp der Preuß.
Staatsbahnen,
[* 98] hat (1890) 2358 E. (darunter 38 Katholiken, 83 Israeliten), Amtsgericht (Landgericht Konitz),
[* 99] Post, Telegraph;
Böttcherei, Fischerei,
[* 100] Schuhmacherei und Viehhandel.
Bernardino, ital. Dichter und Gelehrter, geb. zu
Urbino, studierte zu PaduaPhilologie und Mathematik und lebte am Hofe Ferrante Gonzagas, der ihn 1586, wo er auch päpstl. Protonotar
wurde, zum Abbate von Guastalla ernannte. Später zog er sich nach Urbino zurück, von wo er 1612 als Gesandter nach Venedig
ging. Er starb zu Urbino. Als Dichter und Gelehrter genoß er großen Ruhm, er soll 12 Sprachen
gekannt haben. Geschätzt sind das Lehrgedicht «La Nautica» und die Eklogen in «Versi e Prose di Monsignor Baldi» (Vened.
1590). Bisweilen sucht er nach neuen seltsamen Formen, kombinierte z. B. ein Sonett aus 3- und eins aus
11silbigen Versen zu 14silbigen in «Lauro, scherzo giovanile» (Pavia 1600),
und aus 7- und 11silbigen Versen zu 18silbigen in «Diluvio universale»
(ebd. 1604). Auf geschichtlichem Gebiete
schrieb er: «Vita e fatti di Guibaldo I di Montefeltro duca d'Urbino. Libri XII»
(2 Bde., Mail. 1821),
«Vita e fatti di Federigo di Montefeltro duca d'Urbino»
(3 Bde., Rom 1824).
Vgl. Affò, Vita di Baldi (Parma 1783), Per Baldi (Ancona
[* 101] 1885).
(oft in neuisländ. Form als Baldur geschrieben; d. h. der Kühne), ein german. Gott,
über den namentlich die Mythen der Edda und des Saxo Grammaticus berichten, nach nordischen Quellen der Sohn Odins und der
Frigg, Gemahl der Nanna und Vater Forsetis. Außer bei den Skandinaviern ist er in den angelsächs. und
deutschen Mythen verbürgt, und in der deutschen Heldensage von den Hartungen lebt er mit seinem BruderVali als Baltram (und
Sintram) fort. Schön und glänzend (daher nach ihm die weißeste Blume «Baldrsbraue»),
war er ebenso kühn und tapfer, wie
Mythenreste und Saxos Erzählung von seinem Kampfe mit Hotherus um die schöne Nanna bezeugen. Eine Hauptrolle
spielt er in der Odinschen Götterdynastie. Nach nordischen Quellen wußten die Götter ihr Heil an B.s Leben gebunden und suchten,
durch seine Träume gewarnt, ihn zu schützen. Frigg nahm allem in der Welt den Eid ab, Baldr nicht zu verletzen.
Die Götter machten die Probe, schossen und schlugen nach ihm, und er zeigte sich unverwundbar.
Das verdroß den Loki; er ging als altes Weib zu Frigg, um zu erlauschen, ob alles jenen Schwur geleistet habe, und erfuhr,
daß die kleine Mistel nicht vereidigt wurde. Da riß Loki diese aus und gab sie dem Hödr, der wegen
seiner Blindheit an jenem Wurfspiel nicht teilgenommen hatte. Hödr warf, und Baldr fiel tot nieder. Die Götter legten die Leiche
auf einem Scheiterhaufen auf das dann angezündete Schiff Hringhorni, das Thor weihte und die Riesin Hyrrockin vom Strande
schob.
Neben Baldr lag seine Gattin Nanna, die der Schmerz getötet hatte. Zugleich wurde sein Roß verbrannt. Odin
legte sein teuerstes Kleinod, den Ring Draupnir, das Symbol der Sonne, auf den Scheiterhaufen. Hermod ritt in die Unterwelt, um
seinen Bruder zu erlösen. Hel war zur Rückgabe bereit, wenn Baldr von allem droben beweint werde. Da gingen
Boten aus, um die Totenklage zu bitten, und Lebendes und Lebloses weinte. Nur die Riesin Thöck verweigerte die Thränen, und
so blieb Baldr bei Hel. Die Blutrache nahm Vali auf sich. Dem Tode B.s folgte bald der Untergang derGötter im Ragnarök. In der
neuen Welt soll er einst mit seinem Gegner Hödr gemeinsam die Herrschaft führen. - Baldr ist physisch und
ethisch gedeutet worden. Uhland und Simrock sehen in ihm den Sommergott, der durch den lichtlosen Winter (den blinden Hödr)
falle. Nanna sei das Blütenleben, das mit dem Sommer dahingehe. Der Kampf B.s und Hotherns' (bei
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