Strecken unbebaut. Dennoch ist die Provinz reich an Getreide,
[* 5] besonders Weizen, Hülsenfrüchten, Wein und Öl. Sie führt
auch Kork,
[* 6] Wolle und Schlachtvieh, namentlich Schweine
[* 7] aus. Die Industrie ist ganz unbedeutend. Durch die Zafra-Huelvabahn wurde
dem Handel nach S. ein besserer Weg zur See gebahnt. - 2) Hauptstadt (Ciudad) der Provinz und von Estremadura,
Waffenplatz ersten Ranges, liegt 9 km von der portug. Grenze, 506 km von Madrid,
[* 8] an der
Linie Madrid-Ciudad Real-Badajoz und 282 km von Lissabon
[* 9] an der Linie Badajoz-Entrocamiento-Lissabon, sowie am linken Ufer des Guadiana,
der von einer 522 m langen Granitbrücke von 28 Bogen
[* 10] überspannt wird, ist Sitz des Generalkapitäns
und eines Bischofs und hat (1887) 27279 E. Außer dem mit 8 Bastionen versehenen Wall wird Badajoz durch einen sehr starken Brückenkopf,
das FortSan Christobal, das Kronenwerk Pardaleras und die geschlossene Schanze Picurina verteidigt; in dem Winkel
[* 11] zwischen
Guadiana und dem Flüßchen Rivillas liegt auf hohem Felskegel ein befestigtes Schloß. Die Stadt zerfällt
in die obere und untere, ist regelmäßig gebaut, aber finster und schmutzig, hat eine Kathedrale mit prachtvoller Orgel und
Gemälden von Mateo Cerezo und Morales, 5 Pfarrkirchen, 12 ehemalige Klöster, 5 Spitäler, 1 Theater,
[* 12] Fabrikation von Hüten,
Leder, Fayence
[* 13] und lebhaften Grenzhandel, aber auch starke Schmuggelei. Die fruchtbare, aber wenig bevölkerte
Umgegend ist meist Weideland und leidet Mangel an Trinkwasser.
Badajoz ist die von den Römern neu erbaute Pax Augusta oder Batallium in Lusitanien. Von den Mauren Badalioz, Badalioth oder Bathaljus
genannt, war dieselbe seit Auflösung des Cbalifats von Cordoba
[* 14] (1030) Sitz des Königreichs der Beni Alaftas,
bis 1094 die Stadt von den Almoraviden erobert ward. Nachdem Badajoz 1168 den Mauren durch Alfons I. von Portugal,
[* 15] diesem aber wieder
durch Ferdinand von Leon entrissen worden, wurde es 1228 durch Alfons IX. von Leon den Moslems für immer abgenommen.
Als ein Schlüssel zu Portugal ist die Stadt auch in der neuern Geschichte vielfach wichtig geworden. Sie
wurde 1660 von den Portugiesen vergeblich belagert, dann 1705 im Spanischen Erbfolgekriege von den Alliierteil, welche hier unter
Galloway und Fronteira durch die Spanier und Franzosen unter Du Bay eine Niederlage erlitten. Zu Badajoz wurde zwischen
Spanien und Portugal Friede geschlossen, und brach daselbst der Aufstand gegen Napoleon I. aus. Im FranzösischenKriege wurde Badajoz durch 17000 Franzosen unter Soult belagert, 11. Febr. das Kronenwerk Pardaleras durch Überfall genommen, 19. Febr. ein
Entsatzheer an der Gebora geschlagen, worauf 9. März die Festung
[* 16] kapitulierte. Hierauf wurde es dreimal
durch die Engländer, das letzte Mal unter Wellington, belagert, zum erstenmal nach der Eroberung von Olivenza
doch mußte, da Soult zum Entsatz anrückte, die Belagerung14. Mai aufgehoben werden; zum zweitenmal, nach den Schlachten
[* 17] von
Fuentes de Onore und bei Albuera, vom 25. Mai bis doch ebenfalls vergebens. Die dritte Einschließung seit endete
mit der Eroberung der Stadt.
englische, aus Leinen oder Baumwolle
[* 21] ähnlich wie ungeschnittener Plüsch hergestellte Handtücher.
Auf dem leinwandartigen Grund erheben sich nach beiden Seiten unaufgeschnittene Schleifen oder Noppen,
die mittels zweier Polketten entweder durch eingelegte Nadeln
[* 22] oder durch verschiedene Spannung der Grund- und Polketten und
ein eigentümliches Verfahren beim Anschlagen mit der Lade (schwache und starke Schläge) hervorgebracht werden. Die nicht sehr
dicht stehenden Noppen geben dem Gewebe
[* 23] eine rauhe Oberfläche, die zum Abreiben des Körpers nach dem
Baden vorzüglich geeignet ist, weshalb diese Zeuge auch Frottierstoffe heißen. Aus ähnlichem Stoff mit etwas kürzern Noppen
werden auch Badehandschuhe zum Abreiben verfertigt.
Buchhändlerfamilie, führt ihren Ursprung zurück auf Diederich Baedeker, geb. 1680 in
Bremen,
[* 24] gest. 1716 als Buchdrucker in Bielefeld.
[* 25] Seine Enkel waren die Brüder Zacharias Gerhard Diederich
Baedeker, geb. 1750, gest. 1800 als Buckdrucker in Essen,
[* 26] und Franz Gotthilf HeinrichJakob Baedeker, geb. 1752 in Dortmund,
[* 27] gest. 1825 als
Generalsuperintendent und Pastor in Dahl. Ein Sohn des erstern, Gottschalk Diederich Baedeker, war Begründer des Geschäfts in Essen
(s. Baedeker, G. D.) und hatte außer seinen beiden Nachfolgern im Geschäft noch folgende Söhne: Karl Baedeker (s. d.),
Edmund Baedeker, geb. 1808, gest. 1853 als Pastor in Bladenhorst,
und Adolf Baedeker, geb. Begründer einer Buchhandlung in Rotterdam
[* 28] (1835-50) und Köln
[* 29] (1844-67). Ein Sohn Edmunds,
Hugo Baedeker, geb. gest.
errichtete 1877 eine Buchhandlung in Mülheim
[* 30] a. d. R. - Ein Enkel von Franz Gotthilf Heinr. Jakob Baedeker, Julius Baedeker, geb. in
Witten, gest. gründete 1843 eine Buchhandlung in Elberfeld
[* 31] (1852 verkauft) und 1846 eine solche in Iserlohn.
[* 32] Die
Nachfolger, seine SöhneHugo Baedeker, geb. und Julius Baedeker, geb.
verkauften das Sortiment (1883), die «Iserlohner Zeitung» und die Buchdruckerei und verlegten den Verlag 1887 nach Leipzig.
[* 33]
Karl, Buchhändler und Begründer der unter seinem Namen bekannten Reisehandbücher, geb. zu Essen
als ältester Sohn von Gottschalk Diederich Baedeker (s. Baedeker, G. D.), eröffnete 1827 zu Koblenz
[* 34] eine Buchhandlung
und erlangte durch Kauf den Verlag von Kleins «Rheinreise» (Kobl. 1828, W. Röhling),
deren 3. Auflage u. d. T. «Rheinlande» (1839)
er selbst bearbeitete. In demselben Jahre gab er Reisehandbücher für Belgien
[* 35] und Holland heraus, 1842 das
«Handbuch für Reisende durch Deutschland
[* 36] und den österr. Kaiserstaat», 1844 die «Schweiz»,
[* 37] 1855 «Paris
[* 38] und Umgebung». Als
Vorbild dienten ihm die engl. Reisehandbücher von John Murray (s. d.),
die er bei den damals rheinaufwärts nach der Schweiz und Italien
[* 39] reifenden Engländern sah. Vor jeder neuen Auflage bereiste
Baedeker die beschriebenen Gegenden regelmäßig selbst und erreichte dadurch für seine Bücher eine Zuverlässigkeit
und praktische Brauchbarkeit, wie sie bei Werken dieser Art bisher
¶
mehr
nicht bekannt war; er starb Das Geschäft ging über an seine Söhne Ernst Baedeker, geb. gest.
und Karl Baedeker, geb. Ein dritter Sohn, Fritz Baedeker, geb.
trat 1869 als Teilhaber ein und ist seit dem Rücktritt Karls (1878) der alleinige Besitzer des Hauses,
das 1872 nach Leipzig verlegt wurde und die Firma «Karl Baedeker» beibehalten hat. Die Sammlung der Reisehandbücher, die durchschnittlich
alle 2-3 Jahre in neubearbeiteten, auch kartographisch stets vervollkommneten Auflagen (manche bis zu 20-24) herausgegeben
werden, umfaßt jetzt fast sämtliche Länder Europas, einen Teil des Orients und Nordamerika,
[* 41] sowie in
Monographien die Weltstädte Berlin,
[* 42] London
[* 43] und Paris. Eine Ergänzung dazu bilden einige Sprachführer. Seit 1857 werden auch
franz. und seit 1861 auch engl. Ausgaben der Reisehandbücher veranstaltet. Ein Hauptmitarbeiter an den Reisehandbüchern
und seit 1887 auch Teilhaber am Geschäft ist Heinrich Ritter, geb. Außerdem enthält der
B.sche Verlag noch Schulbücher von W. Pütz u. a.
G. D., Verlags- und Sortimentsbuchhandlung mit Buchdruckerei, Schriftgießerei, Stereotypie, Galvanotypie und
Buchbinderei in Essen, im Besitz von Gustav Baedeker, geb. und Diederich Baedeker, geb. Sie
wurde 1798 von Gottschalk Diederich Baedeker (s. Baedeker, Familie),
geb. gest. gegründet und bestand aus Buchhandlung und Buchdruckerei. Nachfolger waren seine Söhne
Eduard Baedeker, geb. gest. und Julius
Baedeker, geb. unter denen die übrigen Zweige hinzukamen.
Nach dem Tode Eduards trat dessen Sohn Gustav und nach dem Rücktritt Julius' 1891 des letztern Sohn Diederich
Baedeker als Teilhaber ein. Der Verlag umfaßt pädagogische Werke von Koppe, Spieß, Diesterweg, Haesters («Die Fibel», 1200 Aufl.
mit Sonderausgaben u. s. w. in 4½ Mill. Exemplaren verbreitet; «Lehr- und Lesebuch für Mittelklassen kath. Volksschulen», 113 Aufl.),
Kellner, Schürmann und Windmöller, Büchner, Heilermann und Diekmann; die Liederhefte von Erk, Greef; die Schulkarten von
Leeder. Eine andere Gruppe bilden technische Werke von Gurlt, Messerschmidt, der«Berg- und Hüttenkalender» (seit 1856),
Stühlens
«Ingenieurkalender» (seit 1866). Dazu kommen «Die
gesamten Naturwissenschaften», hg. von H. Masius (3 Bde., 3. Aufl.
1874-77);
die «Essener Zeitung» (seit den ersten Jahrzehnten des 18. Jahrh.),
die 1883 mit der in Dortmund
erscheinenden «Westfälischen Zeitung» verbunden wurde und seitdem als «Rheinisch-Westfälische Zeitung» täglich zweimal erscheint;
endlich das Wochenblatt «Glückauf», von 1865 bis Mitte 1883 als Beilage
zur «Essener Zeitung», von da an selbständig erscheinend. Im Betriebe sind 1 Dampfmaschine,
[* 44] 2 Dampfkessel,
[* 45] 16 Pressen;
[* 3] (hierzu Karte: Baden, Hohenzollern und Württemberg), ein zum DeutschenReiche gehöriges Großherzogtum, seinem
Flächeninhalt nach der vierte, seiner Einwohnerzahl nach der fünfte Bundesstaat, liegt im SW. von Deutschland
zwischen 47° 32' und 49° 46' nördl. Br. und 7° 31' und 9°51' östl. L. von Greenwich, grenzt im O. und N. an Bayern
[* 47] und
Württemberg, die hohenzoll. Lande und Hessen
[* 48] und
wird durch den Rhein westlich von der bayr. Pfalz und vom Elsaß, südlich
von den SchweizerKantonen Thurgau,
Schaffhausen,
[* 49] Zürich,
[* 50] Aargau,
Basel
[* 51] geschieden. Die gesamte Grenzlinie beträgt etwa 1530 km, wovon auf die Rheingrenze 382 kommen.
Die größte Längenstreckung des Landes von Süden, der Rheinecke bei Basel,
in nordöstl. Richtung bis Wertheim am Main beträgt 284 km.
Die Breite
[* 52] ist sehr verschieden und zeigt im S. 154, im N. 100 km, während sie in der Mitte bis auf 18 km
abnimmt. Der Flächeninhalt des Landes beträgt 15081,13 qkm oder 273,9 geogr. Quadratmeilen, ohne den Anteil am Bodensee.
Oberflächengestaltung. In Bezug auf Bodenbeschaffenheit zerfällt in das westl. Tiefland und in das östl. Gebirgs- und Hügelland,
und zwar so, daß dem Gebirgslande 44 Proz., dem Hügellande 40 Proz.
und dem Flachlande 16 Proz. der Gesamtfläche zukommen. Das Hauptgebirge ist der Schwarzwald (s. d.), ein waldreiches Massengebirge,
das in der Rheinecke zwischen Basel
und Säckingen sich erhebt und in seiner nordöstl. Längenerstreckung von 157 km von Säckingen
bis Pforzheim
[* 53] und bis an die Enz seinen Namen bewahrt.
Das Gebirge fällt im W. meist schroff ab und begrenzt steil die gesegnete, 244 km lange und durchschnittlich 9-14 km (bei
Emmendingen 17-22 km) breite bad. Rheinebene. Der Schwarzwald wird durch das Querthal der Kinzig in eine obere oder südliche
und in eine untere oder nördl. Hälfte geschieden, jene mit einer mittlern
Höhe von 975, diese von 650 m. Der Hauptstock des obern Schwarzwaldes ist der Feldberg (1494 m). Von den höchsten Kuppen
der von hier fast strahlenförmig auslaufenden Bergreihen sind der Belchen (1415 m), wegen seiner gewaltigen pyramidalen Form,
und der tief ins Rheinthal hineinragende Blauen (1167 m), mit schöner Aussicht über die Westschweiz
und die Alpen,
[* 54] besonders zu bemerken.
Eigentümlich sind dem obern Schwarzwalde die vielen Plateaus und ausgedehnten Hochebenen, von zahlreichen Gehöften, Dörfern
und kleinern Städten erfüllt. Das höchstgelegene Dorf, Höchenschwand (meteorologische Station) bei St. Blasien, liegt 1010 m,
die höchstgelegene Stadt, Vöhrenbach, 799 m hoch. Der Hauptstock des untern Schwarzwaldes ist die Hornisgrinde (1166 m),
südöstlich mit dem Paß
[* 55] des Kniebis (965 m) und nördlich mit der Badner Höhe (1002 m). Die Ausläufer des Schwarzwaldes
nördlich von der Enz bis an den Neckar, die keinen gemeinschaftlichen Namen tragen, bilden ein Hügelland
von 300 m mittlerer Höhe; ihre höchste Erhebung ist der Königsstuhl (568 m) bei Heidelberg.
[* 56]
In den bad. Anteilen des Jura-Hoch- und Hügellandes, das sich im SO.
an den Schwarzwald anschließt und die Wasserscheide zwischen Rhein und Donau enthält, treten im Linzgau hervor der Heiligenberg
(816 m), Göhrenberg (856 m), der Höchste (840 m), im Unterseegau der Brand (661 m) und Schienerberg
(693 m), im Hegau die seltsam geformten Basaltkegel: Hohenhöwen (848 m), Hohenstoffeln (846 m), Hohenkrähen (644 m), die
württemb. Enklave Hohentwiel (691 m); im Klettgau der Hohe Randen (928 m). Der Odenwald (s. d.), der den
Winkel zwischen Neckar und Main (etwa 2420 qkm) erfüllt, ist ein weniger gegliedertes Massengebirge mit
einer mittlern Erhebung von 390 bis 450 m, das mit dem größern nördl. Teile dem Großherzogtum Hessen, mit dem kleinern
südlichen Baden angehört. In letzterm liegen die höchsten Kuppen, unter ihnen der
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mehr
Katzebuckel (627 m) nahe am Neckar. Die Bergwände fallen hier steil ab und bilden die linke Seite des schönen untern Neckarthals.
Nordöstlich geht der Odenwald in zwei wellenförmige, fruchtbare Hügellandschaften über, in das Bauland und Fränkische
Hügelland, beide durch die Tauber geschieden. In der Rheinebene im Breisgau erhebt sich eine vereinzelte
vulkanische Berggruppe, der Kaiserstuhl,
[* 58] im Umfang 45 km messend, mit einem Flächenraum von etwa 110 qkm und etwa 40 größern
und kleinern Bergen.
[* 59] Der höchste Gipfel dieses merkwürdigen Basaltgebirges, der Neunlindenberg, steigt bis zur Höbe von 557 m
auf.
Bewässerung. Baden wird durch die zwei größten Ströme Mitteleuropas, die Donau und den Rhein, in den Bereich
zweier entgegengesetzter Meergebiete gezogen. Die Donau, die auf dem östl. Abbange des südl.
Schwarzwaldes ihren Ausgang nimmt, umfaßt von hier bis zum völligen Austritt aus ein Quellgebiet von etwa 1200 qkm. Die Wasserscheide
zwischen Donau und Rhein geht über Sommerau (834 m) oberhalb Triberg in südwestl. Richtung bis Furtwangen,
in dessen Nähe (am Birglirain, 1000 m hoch) die Breg entspringt, die in Donaueschingen mit der von dem Kesselberge (bei
St. Georgen), 521 m, kommenden Brigach sich vereinigt, um von nun an unter dem Namen Donau ihren langen östl. Lauf nach dem
SchwarzenMeere zu beginnen. Der Rhein ist der Hauptstrom und bildet in seiner westl. Richtung die durch
einige schweiz. Überschreitungen, namentlich den Kanton Schaffhausen,
[* 60] unterbrochene Südgrenze bis Basel
und von
da in seinem nördl. Laufe die westl. Grenze des bad.
Landes. Durch Rektifikationen mittels Durchschnitten nach dem Plane des bad. Ingenieurobersten Tulla (gest.
1828) wurden badischerseits dem Flusse bis 1861 bereits 118 qkm jetzt baubaren Landes entzogen.
Der Rhein erhält auf bad. Gebiet zahlreiche größere und kleinere Zuflüsse, die sämtlich dem
Schwarzwalde entspringen. Die bedeutendsten darunter sind von Süd nach Nord: Wutach, obere oder Hauensteiner Alb, obere Murg,
Webra, Wiese, Elz, Kinzig, Murg, untere Alb und Neckar. Sie sind für die Holzflößerei wichtig. Schiffbar
ist nur der Neckar (mit Enz, Elsenz, Kocher, Jagst), einer der ansehnlichsten Binnenflüsse Deutschlands.
[* 61] Er trägt Segelschiffe
von einer mittlern Tragfähigkeit von 100 t = 2000 Ctr.; die der größten beträgt 250 t. Früher wurde er längere
Zeit auf der Strecke zwischen Heidelberg und Heilbronn
[* 62] von Dampfbooten befahren; jetzt hat durch eine zwischen Heilbronn und
Mannheim
[* 63] (seit 1878) eröffnete Kettenschleppschiffahrt der Güterverkehr auf dem Flusse einen großen Aufschwung genommen.
Der Main bildet nur auf eine Strecke von 37 km die Nordgrenze des Großherzogtums, Bayern gegenüber. Seit 1885 ist
auch auf ihm eine Kettenschleppschiffahrt eröffnet. Die aus Württemberg vom Taubersee bei Michelberg (440 m) kommende Tauber
durchfließt auf bad. Gebiete den fruchtbaren Taubergrund und mündet bei Wertheim in den Main. Vom Bodensee gehören zu Baden 182 qkm.
Eigentümlich sind dem Schwarzwaldgebirge viele kleine Seen von 2 bis 5 km Umfang auf einer Höhe von 785 bis
über 1000 m. Die bedeutendern sind der Titi- (848 m) und der Feldsee (1113 m) am Feldberge, der
Schluchsee (901 m), der Wildsee (1093 m) auf dem Kniebis, der Mummelsee (1032 m) auf der Hornisgrinde, der Herrenwiesensee
(830 m) auf der Badner Höhe u. a.
Klima.
[* 64]
Bei der großen Verschiedenheit der Höhenverhältnisse (die Differenz zwischen dem höchsten Punkte, dem Feldberge, 1494 m,
und dem niedrigsten bei Mannheim, 90 m, beträgt 1404 m) findet natürlich auch ein großer klimatischer Wechsel, namentlich
in der Wärmeverteilung, statt. Es läßt sich die mittlere Temperatur der Ebene (Mannheim) zu +10,88°
und die des Gebirgslandes (Donaueschingen und Höchenschwand) zu +6,81° und +6,46° C. annehmen; nach den Beobachtungen der 15 badischen
meteorolog. Stationen hat sich der Januar als der kälteste, der Juli als der wärmste Monat ergeben. Villingen zeigte den kältesten
Januar mit einem Durchschnitt von -2,81°, Mannheim den wärmsten Juli mit +20,68° C. Die niedrigste
Temperatur wurde mit -32° bis jetzt in Villingen und Lupen, die höchste mit +36,6° C. in Karlsruhe
[* 65] beobachtet; es gehört
sonach die bad. Rheinebene zu den wärmsten Gegenden ganz Deutschlands.
Mineralreich. Der Schwarzwald hat eine große Mannigfaltigkeit an metallischen Mineralien
[* 66] aufzuweisen. Nachdem aber im
Laufe des 19. Jahrh. fast sämtliche Metallbergbauten des Schwarzwaldes eingestellt und auch die herrschaftlichen Eisenwerke
mit ihren Erzgruben aufgegeben worden sind, bat die Bergwerteindustrie keine große Bedeutung mehr. Sie erstreckt sich zur
Zeit auf die Gewinnung von Galmei, Braunstein oder Manganerz, Steinkohlen, Salz,
[* 67] Gips
[* 68] und einige andere nutzbare Steinarten, ferner
auf die Erzeugung von Gußwaren zweiter Schmelzung und Verarbeitung von Schweißeisen.
Die ganze Industrie beschäftigte (1887) 2026 Arbeiter und brachte 92986 t Erzeugnisse im Gesamtwert von 4883789 M. hervor.
Davon kamen auf Bergwerkserzeugnisse (Steinkohle, Erze) 76639 M., auf Salze aus wässeriger Lösung (Staatssalinen in Rappenau
und Dürrheim) 880487 M., auf Hüttenerzeugnisse (Schwefelsäure)
[* 69] 320000 M., auf Roheisenbearbeitung 3485399
M. und auf andere auf bergmännische Weise gewonnene Mineralien 120764 M. Zahlreich sind die Mineralquellen, mit denen sich
eine große Reihe berühmter Badeorte verbindet, wie Baden-Baden,
[* 70] Badenweiler, Antogast, Griesbach, Freiersbach, Petersthal,
Rippoldsau, Langenbrücken und Überlingen.
Bevölkerung.
[* 71] Die schon im 18. Jahrh, üblichen Zählungen, seit 1810 neu geordnet, wurden bis 1831 jährlich,
dann bis 1845 alle 3 Jahre angestellt; 1846 kamen die ebenfalls alle 3 Jahre unternommenen Zählungen des Zollvereins an die
Stelle der Landeszählungen. Mit Gründung des DeutschenReichs traten 5jäbrige Zählperioden ein. Am 1. Dez. 1890 zählte
man 1657867 (810582 männl., 847285 weibl.) E., d. i. 109,9 auf 1 qkm, eine Zunahme von (1885-90) 56612 oder
3,4 Proz., durchschnittlich im Jahr 11322 Personen.
Dem Religionsbekenntnis nach waren (1890) 1028119 Katholiken (62 Proz.), 597518 Evangelische (36 Proz.), 26735 Israeliten
(1,6 Proz.) und 5495 sonstige (0,62 Proz.). 1890 waren der Staatsangehörigkeit nach 1640015 oder 98,9 Proz.
Reichsangehörige, darunter 1510028 oder 91,1 Proz. Badener, 129987 oder 7,8 Proz. Angehörige anderer Bundesstaaten, 17825 oder
1,1 Proz. Reichsausländer. Auf die 115 Stadtgemeinden entfielen (1890) 585887 E. oder 35,3 Proz.
der Bevölkerung des Landes, eine Zunahme (1885-90) von 60705 oder 11 Proz., während sich die Einwohner der 1463 Landgemeinden
mit zusammen 1071980 oder 64,7 Proz.
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um 4084 vermindert hatten. - Die Zahl der Haushaltungen betrug (1890) 345153 gegen (1885) 331083,
d. i. eine Vermehrung von 14070 (4,2 Proz.); auf eine Haushaltung kamen 4,80 Personen gegen 4,84 im J. 1885. Die Zahl der bewohnten
Gebäude betrug (1890) 219177 gegen (1885) 215221, wozu noch 2908 unbewohnte Wohnhäuser
[* 73] kommen. 1890 betrug
die Zahl der Geburten 53152, der Eheschließungen 11970, der Sterbefälle einschließlich Totgeborene 39651, der Ausgewanderten
(1891) 4162. Mehr als die Hälfte der Bevölkerung ist schwäb. Stammes und gehört zum größten Teil dem alamann. Zweige desselben
an. Dieser nimmt das sog. Oberland südwärts der Murg ein und wird heute
noch von den Bewohnern des Unterlandes, abwärts der Murg, «Schwaben» genannt. Nördlich von der Murg folgt eine gemischte
Bevölkerung, die in der Pfalz in den rein fränk. Stamm übergeht.
Land- und Forstwirtschaft. Baden gehört durch Fruchtbarkeit des Bodens, namentlich in der Rheinebene und dem Hügellande, überall
aber durch sorgfältigen Anbau zu den ergiebigsten Ländern Europas; zugleich sind bei der großen Verschiedenheit
des Bodens und Klimas alle denkbaren Wirtschaftssysteme und Anbauweisen innerhalb seiner Grenzen
[* 74] vertreten. Es kamen (1890)
von den 1509630 ha Boden 841410 (56 Proz.) auf landwirtschaftlich benutzte Fläche, 45670 (3 Proz.) auf Reutberge, 555050 (36,7
Proz.) auf Wald mit Hackwald, 67500 (4,3 Proz.) auf sonstiges; also nimmt der stets sich mehrende Wald
über ein Drittel, die landwirtschaftliche Fläche und Reutberge zwei Fünftel ein.
Von der landwirtschaftlich benutzten Fläche waren (1890) Ackerland 568600 ha (37,6 Proz.), Wiesen 200300 ha (13,8 Proz.),
Rebland 20890 ha (1,4 Proz.), Gras- und Obstgarten 15190 ha (1 Proz.), Kastanienwald 950 ha. (0,06 Proz.),
ständige Weide
[* 75] 36080 ha. (2,4 Proz.). Der Ertrag und sein Wert betrug (1887):Körner- und Hülsenfrüchte 386375 t (= 79 ½ Mill. M.), Stroh 528003 t (18,1 Mill. M.), Kartoffeln 824300 t (28,3 Mill. M.),
Heu und Futter 1114151 t (57,3 Mill. M.), Futterhackfrüchte 524283 t (7,2 Mill. M.), Handelsqewächse 67436 t
(14,1 Mill. M.), Kraut und Gemüse 23060 t (1,6 Mill. M.), Obst 28000 t (2,9 Mill. M.), Wein 308980 kl (6,7 Mill. M.), Weidgang
u. s. w. 7 Mill. M., im ganzen = 222,6 Mill. M. Dieser Ertrag blieb hinter dem
Durchschnittswert von 1865-87 um 14.3 Mill. M. zurück (1890 Ertrag etwa 250 Mill. M.). Von den Handelsgewächsen stehen
Hanf (701 t = 1,2 Mill. M.), Hopfen
[* 76] (2657 t = 4,5 Mill. M.), Ölgewächse (3186 t = 1,1 Mill. M.) und Tabak
[* 77] im Vordergrunde.
Im Erntejahr 1890 gab es 42509 Tabakpflanzer, die eine Fläche von 7871 da bepflanzten; der Gesamtwert
der Tabakernte (16497300 kg) betrug 13330016 M. Die Badischen Weine (s. d.) sind besonders gesucht. Der Ertrag schwankt außerordentlich,
durchschnittlich (1865-87) 574450 hl (= 12,5 Mill. M.).
Hierzu kommt der Ertrag an Waldungen, die einen Hauptreichtum des Landes bilden. Der Stand der Waldfläche
betrug (1891) 547250 ha. oder 36,05 Proz. der Gesamtfläche des Landes. An diesem Waldbesitz sind beteiligt die Domänen mit 96178 (=
17,57 Proz.), die Gemeinden mit 250940 (= 45,85 Proz.), die Körperschaften
mit 18692 ha (= 3,42 Proz.), Standes- und Grundherren mit 59540 (= 10,9 Proz.), Private mit 121900
(= 22,26 Proz.). 1885 waren 54 Proz. Laub- und 46 Proz.
Nadelwald; hiervon entfielen auf
Rotbuchen 27, Eichen 11, Hainbuchen 5, Erlen 3, Eschen, Ahorn und Ulmen 2, Weich- und Strauchholz
6, Fichten 18, Weißtannen und Kiefern je 14 Proz. Die Beforstung der Wälder (96 landesherrliche und 4 Gemeinde-Bezirksforsteien)
ist als eine mustergültige anerkannt, namentlich weist der untere Schwarzwald die ausgezeichnetsten deutschen
Nadelholzwaldungen auf; in ihm erblickt man ganze Bestände herrlicher Weißtannen von 50 bis 56 m Höhe, die als sog. «Holländer»
zum Schiffbau in die Niederlande
[* 78] ausgeführt werden; in den übrigen Landesgegenden wiegt das Laubholz vor.
Der Wert sämtlicher Waldungen wird auf 500 Mill. M. veranschlagt; jährlich werden etwa 2¼ Mill. Festmeter
im Werte von 20 Mill. M. geschlagen. Mindestens ein Drittel des jährlichen Holzhiebes kommt in den Handel für das Ausland.
Dieser umfangreiche Holzhandel, von alters her durch sog. «Schifferschaften»
betrieben und durch die flößbaren Flüsse
[* 79] des Schwarzwaldes, insbesondere aber durch den Rhein befördert,
erstreckt sich hauptsächlich nach Holland. Die Viehzucht
[* 80] ist ansehnlich und hat in der neuern Zeit zumal in der Güte des
Rindviehs einen besondern Aufschwung genommen. Es wurden gezählt 1890: 67423Pferde (einschließlich 3043 Militärpferde), 612892
Rindvieh, 94914 Schafe,
[* 81] 384460 Schweine, 103154 Ziegen, 80729 Bienenstöcke, 1923944 Stück Federvieh und 32192 Hunde.
[* 82] Viehmärkte wurden (1890) 1103 abgehalten.
Industrie und Handel. Vor dem 1835 erfolgten Anschluß an den Deutschen Zollverein war Baden hauptsächlich nur ein ackerbauender
Staat. Seitdem hat die Gewerbthätigkeit und besonders die Fabrikindustrie so zugenommen, daß Baden jetzt an der
industriellen Gesamtproduktion des DeutschenReichs einen namhaften und in einzelnen Zweigen hervorragenden
Anteil hat. Folgende Zahlen bezeichnen den Fortschritt: 1847 gab es 150028 Gewerbtreibende, 1861: 182289, 1875: 237001;
1882 wurden
in 129300 Betrieben 248495 Personen beschäftigt. 1842 wurden 24 Dampf- und andere Maschinen mit 761 Pferdestärken verwendet,
1861: 233 mit 3377, 1875: 923 mit 13662, 1882: 975. Die meisten industriellen Betriebe finden sich in
den KreisenKarlsruhe und Mannheim (557 und 345), also die Hälfte aller im Lande vorhandenen 1855. Hervorzubeben sind die Textilindustrie,
besonders in Baumwolle und Seide,
[* 83] auch Wolle, Lein und Hanf, hauptsächlich im Südwesten die Fabrikation von Bijouteriewaren
(Pforzheim), Tabak und Cigarren, Papier, Leder (lackiertes Leder), Spiegeln (Mannheim), von Maschinen (Karlsruhe,
Pforzheim und Mannheim), von Cement, Holz- und Schnitzwaren. Baden besitzt zwei Rübenzuckerfabriken, unter denen die zu Waghäusel
eine der bedeutendsten im Reiche ist; ferner eine Hohlglasfabrik zu Gaggenau und eine Tafelglasfabrik zu Walterdingen; eine
der bedeutendsten Fabriken ihrer Art ist die «BadischeAnilin- und Sodafabrik» zu Ludwigshafen
[* 84] a. Rh. Eine
eigentümliche Industrie hat das Land an den sog. Schwarzwälder Uhren, deren Verfertigung hauptsächlich dem obern Schwarzwald
(Furtwangen, Villingen, Triberg, Lenzkirch) angehört und gegenwärtig etwa 13000 Menschen beschäftigt. Der Handel wird durch
den Rhein, den Neckar und den Bodensee, sowie auch durch das vielfach verzweigte Eisenbahnnetz sehr gefördert,
namentlich ist der Transithandel bedeutend. Der weitaus wichtigste Handelsplatz des Landes ist Mannheim;
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Verkehrswesen. Der Wasserverkehr ist an Dampf-, Segelschiffen und Flößen ein bedeutender, doch gehen die Segelschiffe bei
dem Vorsprunge, den die Eisenbahnen an beiden Ufern des Rheins vor ihnen haben, nur bis Mannheim, dem wichtigsten Stapelplatz
des Oberrheins. Außerdem giebt es zahlreiche, gut unterhaltene Staatsstraßen (1890: 3079 km), Kreisstraßen
(1140 km) und Gemeindewege (6102 km) sowie (1891) 1562,2 km Eisenbahnen. (S. Badische Eisenbahnen und Deutsche Eisenbahnen.)
[* 89]
Geistige Kultur. Die Unterrichtsverwaltung steht (seit 1881) unter dem Ministerium der Justiz, des Kultus und Unterrichts,
dem die beiden UniversitätenHeidelberg (1894/95: 1028 Hörer) und Freiburg
(1894/95: 1136 Hörer) und die Technische Hochschule
in Karlsruhe (Winter 1894: 878 Hörer) sowie die Kunstschule dort unterstellt sind, während für Volks- und Mittelschulen
eine besondere Behörde in dem Oberschulrat (seit 1862) eingesetzt ist. Zur Beaufsichtigung des Volksschulwesens sind dem Oberschulrat
wieder die Kreisschulräte (seit 1883: 13) untergeordnet, welche die unmittelbare Aufsicht über die Volksschulen
führen und den dienstlichen Verkehr der Lehrer und der Ortsschulbehörden mit dem Oberschulrat vermitteln.
Die Ortsschulbehörden (Schulkommissionen) üben die örtliche Aufsicht und haben die Verwaltung des örtlichen Vermögens
unter sich;
nach
Zurücklegung des schulpflichtigen Alters haben Knaben noch 2 Jahre, Mädchen noch 1 Jahr die Fortbildungsschule (seit 1874)
zu besuchen.
In den 1571 Volksschulen wurden (Anfang 1894) 239194 Schulkinder von gegen 3700 Lehrern unterrichtet. Die Mittelschulen
werden (abgesehen von den zur örtlichen Aufsicht eingesetzten Beiräten und Aufsichtsräten) unmittelbar vom Oberschulrat geleitet;
sie zerfallen in Mittelschulen für die männliche und in Mittelschulen für die weibliche Jugend. Die erstern sind (1895): 14 Gymnasien, 2 Progymnasien, 2 Realgymnasien, 1 Oberrealschule, 4 Realprogymnasien, 5 7klassige, 7 6klassige
Realschulen, 17 Bürgerschulen, an denen (1893/94) 11667 Schüler unterrichtet wurden, während die 7 nach staatlicher Verordnung
(von 1877) eingerichteten höhern Mädchenschulen von 2436 Schülerinnen besucht wurden.
Für die Bildung der Lehrer sorgen außer den Hochschulen 3 Präparandenschulen (Meersburg, jetzt mit dem Seminar verbunden,
Gengenbach, Tauberbischofsheim), 4 Seminare (2 in Karlsruhe, je 1 in Ettlingen und Meersburg), 1 Turnlehrerbildungsanstalt
(Karlsruhe), 1 staatliches Seminar für Lehrerinnen (Karlsruhe) neben solchen, die mit höhern Mädchenschulen
verbunden sind (Freiburg,
Heidelberg); außerdem finden sich noch in Baden, jetzt einem Gewerbeschulrat unterstellt, 43 Gewerbeschulen, 2 Kunstgewerbeschulen
(Pforzheim, Karlsruhe), 1 Baugewerkschule (Karlsruhe), 1 Schnitzerei- und 1 Uhrmacherschule; 2 Anstalten für Taubstumme (Gerlachsheim,
Meersburg), 1 für Blinde (Ilvesheim). - Jeder Landeseinwohner genießt ungestörte Gewissensfreiheit.
Die Bildung religiöser Vereine ist gestattet, soweit sie den Staatsgesetzen und der Sittlichkeit nicht
widersprechen. Die Rechtsstellung der Kirchen ist durch die Gesetze vom geregelt (mit Veränderungen über die Vorbildung
der Geistlichkeit von 1874 und 1880). Die
der röm.-kath. Kirche zustehenden Rechte werden durch den Erzbischof von Freiburg
geleitet,
dem das Ordinariat untergeordnet ist. Für die Ausübung der Seelsorge bestehen 765 mit eigenen Pfründen
ausgestattete Pfarreien und 100 Kaplaneipfründen. Eine Anzahl von Pfarreien sind zu einem Landkapitel unter einem Dekan vereinigt.
Das örtliche Kirchenvermögen wird von einer Stiftungskommission, die Distriktsstiftung von einer Distriktskommission, die
allgemeinen kirchlichen Landesfonds werden von einem Oberstiftungsrat verwaltet, welcher der Oberaufsicht
der Regierung und des Erzbischofs untersteht. - Den Altkatholiken sind durch Gesetz vom Rechte gewährleistet.
- Die seit 1821 bestehende vereinigte evang.-prot.
Kirche wird nach der Verfassung vom verwaltet. Die Kirche gliedert sich in 24 Diöcesangemeinden und etwa 350 Kirchengemeinden.
Organe der letztern sind Kirchengemeindeversammlung (von der Gemeinde gewählt) und der Kirchengemeinderat (von der Versammlung
gewählt). Die Diöcesangemeinde wird von der Diöcesansynode vertreten, an deren Spitze derDekan steht. Die Landesgemeinde
hat ihre Vertretung in der Generalsynode. Die Behörden der Kirche sind: das Pfarramt, das Dekanat, der Oberkirchenrat. -
Die besondern Angelegenheiten der Israeliten leitet als Staatsbehörde der Oberrat, der dem Ministerium der Justiz, des Kultus
und Unterrichts untersteht, zu dem für Entscheidung eigentlicher Religionsfragen noch zwei Rabbiner zugezogen werden.
Verfassung und Verwaltung. Baden war unter den deutschen Staaten der zweite, welcher eine landständische Verfassung erhalten hat
Die Regierung des in allen seinen Teilen unteilbaren und unveräußerlichen Landes ist nach
dem Rechte der Erstgeburt in dem Mannsstamme KarlFriedrichs erblich; nach dessen Aussterben folgt die männliche Nachkommenschaft
bad. Prinzessinnen und zwar zunächst die der Töchter desGroßherzogsKarl, dann die seiner Schwestern, dann die der Töchter desGroßherzogsLeopold und des Markgrafen Wilhelm, so daß der Mannsstamm des Hauses Hohenzollern-Sigmaringen das nächste Eventualrecht
hätte.
Der Großherzog ist in der Ausübung seiner Regierungsgewalt an die Verfassung gebunden. Die Ständeversammlung, welche alle 2 Jahre
zu einer ordentlichen Sitzung berufen wird, besteht aus zwei Kammern. Die Erste Kammer setzt sich zusammen
aus den volljährigen Prinzen des großherzogl. Hauses, den Häuptern der standesherrlichen
oder erblich landständischen Familien, acht Abgeordneten des grundherrlichen Adels (auf je 8 Jahre), dem kath. Landesbischof
(Erzbischof von Freiburg),
dem evang. Prälaten, zwei Abgeordneten der Landesuniversitäten und acht vom Großherzog ohne Rücksicht auf
Stand und Geburt auf die Dauer einer Ständeversammlung erwählten Mitgliedern. Die Zweite Kammer besteht
aus 63 Abgeordneten der Städte und Ämter, welche nach dem Gesetz vom in 56 Wahlbezirken (13 städtischen, 43 ländlichen)
gewählt werden, und zwar in der Weise, daß die Wahlbezirke der zwei größten Städte, Karlsruhe und Mannheim, je
drei, die Wahlbezirke der drei nächstgrößten Städte, Freiburg,
Heidelberg, Pforzheim, je zwei, alle übrigen Wahlbezirke je einen
Abgeordneten zu wählen haben. Bei den Landtagswahlen ist der Grundsatz des allgemeinen Wahlrechts und der geheimen Abstimmung
eingeführt, aber die indirekte Wahl durch
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