(Unvollkommenheit der menschlichen
Sinne und der
Instrumente, Wechsel der
Temperatur, der
Beleuchtung
[* 2] u. a.) stets sehr große
und nie ganz zu überwindende Schwierigkeiten. Ein
Teil dieser Einflüsse folgt bestimmten Gesetzen oder ist in sich gleichbleibend
und kann daher durch
Rechnung bestimmt und mehr oder weniger unschädlich gemacht werden, ein andererTeil
aber, namentlich zufällige
Fehler, entzieht sich der genauen Feststellung. Es ist nun Sache der Ausgleichungsrechnung, aus den mit zufälligen
Fehlern behafteten Einzelmessungen denjenigen Mittelwert zu finden, der nach der Wahrscheinlichkeitsrechnung dem wahren
Werte am nächsten kommt. Die einfachste Art der Ausgleichungsrechnung besteht in der Berechnung des arithmetischen
Mittels aus einer Reihe von Einzelbeobachtungen. Präcisionsmessungen werden jetzt in der Regel nach
der sog. «Methode der kleinsten Quadrate»
(s. d.) ausgeglichen.
Vgl. Vogler, Grundzüge der Ausgleichungsrechnung (Braunschw. 1883).
von Werken der Kunst und der Kultur vergangener
Zeiten wurden seit dem Wiederaufleben
der Wissenschaften, besonders aber seit dem Beginn der klassischen
Studien vereinzelt teils von Reisenden, teils von kunstliebenden
Fürsten veranstaltet. Sie begannen auf ital.
Boden, wo
die erste bedeutendere Ausgrabung röm.
Altertümer 1515 auf Papst Leos
X.
Befehl durch
Raffael Santi zu
Rom
[* 4] unternommen wurde. Doch wurden sie, ebensowenig wie in den nächstfolgenden
Jahrhunderten, nachhaltig und planmäßig genug betrieben, und selbst eine Entdeckung, wie die von Herculanum (s. d.)
1719, konnte fast wieder in Vergessenheit geraten.
Die erste allgemein interessierende Ausgrabung war die von
Pompeji
[* 5] (s. d.). Fast alle bis zur Mitte des 18. Jahrh.
gemachten Entdeckungen von Altertümern sind zufällige Funde, deren Bedeutung nur von wenigen gewürdigt
ward. Erst als in der zweiten Hälfte des 18. Jahrh. durch
Winckelmann die Wissenschaft der
Archäologie begründet war, begann
eine systematische Ausgrabung alter
Denkmäler. Namentlich unternahmen die
Franzosen während der kurzen Zeit ihrer Herrschaft
in
Ägypten,
[* 6]
Italien
[* 7] und anderwärts in großartigem Maßstabe.
Mit Beginn des 19. Jahrh. brach besonders für die Erforschung und Ausgrabung
der antiken Monumente
Griechenlands eine thätige
Periode an. 1811 wurden auf der
InselÄgina bedeutende Funde gemacht (s.
Äginetische Kunst), 1812 in
Phigalia ein
Tempel
[* 8] mit reichen Friesskulpturen entdeckt, 1820 die berühmte
Venus von
Milo gefunden. Von Bedeutung war
die franz. Expedition nach dem
Peloponnes 1828-31, welche zu den ersten in Olympia (s. d.) den Anstoß gab.
Seitdem blieb die schon von
Winckelmann geplante Erforschung dieser wichtigsten
Stätte im Vordergrunde des Interesses, bis
sie schließlich von der
Deutschen Reichsregierung 1875-81 durchgeführt wurde.
Dieser grub unter anderm seit 1891 noch am Westabhang der
Akropolis. Die Archäologische Gesellschaft hat auch wiederholt
auf dem öffentlichen Begräbnisplatze im äußern
Kerameikos (s.
Athen, S. 21b) Ausgrabungen angestellt, bei denen
viele Grabmonumente, darunter manche von bedeutendem histor. und künstlerischem Werte, zum Vorschein gekommen sind. Von
epochemachender Bedeutung sind die 1871 begonnenen Ausgrabungen Schliemanns (s. d.)
in Mykenä
[* 12] (s. d.),
Tiryns (s. d.) und
Troja
[* 13] (s. d.) gewesen.
Sie gaben zum erstenmal ein zusammenfassendes
Bild von der Kultur und Kunst in der vorhomerischen Zeit.
Seit 1887 hat die griech. Regierung die Bloßlegung des von Schliemann unberührt gelassenen
Teiles von Mykenä erfolgreich in
Angriff genommen. Zahlreich sind die Ausgrabungen an berühmten Kultusstätten des griech.
Festlandes: so wurden in Eleusis 1883-88 der Demetertempel mit seinemBezirk, in Oropos an der Grenze
von
Attika und
Böotien das Amphiareion, in
Epidaurus seit 1882 das Heiligtum des
Asklepios,
[* 14] auf der
Landenge von
Korinth
[* 15] der Festbezirk
des isthmischen
Poseidon,
[* 16] in
Arkadien die Heiligtümer von Lykosura ausgegraben.
Die École française machte 1885 am
Tempel des
Apollon
[* 17] Ptoios in
Böotien und 1887 in Mantinea; eine durch
Kleinfunde bedeutende Ausgrabung des
Deutschen Archäologischen
Instituts (1888) führte zur Aufdeckung des Kabirenheiligtums
bei
Theben. Die amerik. Schule unternahm 1886 am
Theater
[* 18] in Sicyon und 1887 am Dionysosheiligtum in
Ikaria am Pentelikon, 1889 in
Platää, seit 1891 am Heraion
(Argos). Zu den überraschendsten Ergebnissen haben die der griech.
Regierung auf der
Akropolis zu
Athen (1882-88) geführt; sie verdeutlichen das
Bild der
Burg vor dem Perserbrande mit den Befestigungen,
Tempelbauten und ihrem reichen künstlerischen Schmuck. Die franz. Regierung begann 1893 Ausgrabungen auf dem
Tempelgebiet von Delphi, die sich als sehr ertragreich herausstellten.
Über die Ausgrabungen auf griech.
Boden geben
die «Praktika»
(Athen 1880) und das «Deltion» (ebd. 1888) sowie die Zeitschriften
der verschiedenen archäol.
Institute in
Athen (s.
Archäologie und
Archäologisches Institut) Auskunft.
Die Erforschung der griechischen
Inseln ist durch die auf Conzes Anregung von der österr. Regierung zweimal unternommene
Expedition nach Samothrake (1875
u. 1880) und durch die Ausgrabung, welche die École française auf Delos
(s. d.) seit 1877 vornahm, erheblich gefördert. Das auf
Kreta 1884 von Fabricius und Halbherr entdeckte
Stadtrecht von Gortyn
bildet ein Dokument ersten Ranges für die Kenntnis altgriech.
Rechts- und
Kulturzustände. Die Funde in den Nekropolen von
Cvpern öffnen Einblicke in eine sehr alte
Periode vorhellenischer und hellenischer Kunst und Kultur und
klären über deren
Beziehungen zum
Orient, namentlich
Phönizien, mannigfach auf.
Die
Denkmäler auf kleinasiatischem
Boden sind seit den dreißiger Jahren namentlich durch engl. und franz.
Expeditionen aufgedeckt worden. Newtons
[* 19] Ausgrabung des
Mausoleums in Halikarnaß (1857).und
Woods in Ephesus
(1876) lieferten dem
Britischen Museum vorzügliche Skulpturwerke. Von der Ruinenstätte von
Giölbaschi (s. d.) in Lycien
brachte eine österr. Expedition 1882 sehr interessante
¶
mehr
Reliefdarstellungen aus der griech. Heroensage heim. In Assus in Mysien, wo schon früher archaische Reliefs von dem Fries
eines dorischen Tempels gefunden worden waren, haben die Amerikaner (1881) mit Erfolg gegraben. Von dem großartigsten
Erfolge war die von Humann und Conze 1878-86 geleitete Ausgrabung auf der Akropolis des alten Pergamon
[* 21] (s. d.) gekrönt, welche dem Berliner
[* 22] Museum einen wahren Schatz hellenistischer Skulpturwerke zuführte. Auch Humanns in Magnesia
am Mäander
[* 23] (seit 1891) brachten viel und vielerlei Ertrag.
Von franz. Unternehmungen der letztern Zeit sind namentlich Rayets in Milet (1874) und die an Terrakottenfunden reichen der
Nekropole in Myrina (1880) zu nennen. Eine von Humann, Puchstein und von Luschan 1882-83 unternommene
Reise nach Kommagene und Syrien hatte die Aufdeckung des mit kolossalen Statuen geschmückten Grabes des Königs Antiochus von
Kommagene (1. Jahrh. v. Chr.) und die Erforschung verschiedener hethitischer Bauanlagen zur Folge. Eine der letztern, die
von Sendjirli, wurde 1888-94 durch Humann, von Luschan und Koldewey auf Kosten des Berliner Orientkomitees
ausgegraben; von den Funden gelangte ein großer Teil in das Berliner Museum. Eine durch Hamdi Bei, den Direktor des Konstantinopeler
Museums, ausgebeutete Grabanlage in Saida lieferte eine Anzahl vorzüglicher Sarkophage aus hellenistischer Zeit mit reichem
Reliefschmuck und gut erhaltener Bemalung. Berichte über die Funde im Orient erscheinen von S. Reinach
in der «Revue archéologique».
In Ägypten ergaben die englischen Ausgrabungen des Egypt Exploration Fund in Naukratis zum erstenmal das Bild einer hellenistischen Handelsstadt
mit ihren Straßen, Tempeln, Faktoreien, während die in andern Ruinenstätten des Deltas, besonders in Tanis, Bubastis
und Tell el-Maschuta (im Lande Gosen) wichtige Aufschlüsse über altägypt. Geschichte und Geographie geliefert haben. Die
Veröffentlichungen über diese Ausgrabungen liegen in den «Memories of
the Egypt Exploration Fund» vor.
Auch die privatim unternommenen Ausgrabungen des Engländers Flinders Petrie (s. d.) haben namentlich im Fajum interessante archäol.
Resultate gegeben. Über den Fund von El-Amarna s. d. Für die altägypt.
Zeit von hoher Nichtigkeit war auch die Auffindung der Königsgräber der 19. Dynastie in Theben mit ihren zum Teil vorzüglich
konservierten Mumien, unter denen die von Maspero 1886 enthüllte Mumie Ramses' II. noch die Züge des vor 3000 Jahren verstorbenen
Herrschers trefflich bewahrt hatte. Gleichfalls in Theben ist 1891 ein unversehrtes Massengrab thebanischer
Ammonspriester aufgedeckt worden. Die franz. KolonienAlgier und Tunis
[* 24] liefern besonders eine große Menge lat. Inschriften.
- Über die in Mesopotamien s. Babylon und Ninive; über die in Persien
[* 25] s. Persepolis und Susa.
Die in Italien sind besonders in der zweiten Hälfte des 19. Jahrh, mit Eifer betrieben worden. Namentlich
haben sich die Gräber in dem alten Etrurien und Großgriechenland als unerschöpfliche Fundgruben für bemalte Thongefäße,
Gold- und Silberschmuck, Waffen,
[* 26] Spiegel
[* 27] und andere Geräte erwiesen. In Vulci (s. d.) wurden 1828 über 3000 bemalte Vasen
[* 28] nebst
interessanten Wandgemälden und einer Fülle von Bronze-, Gold- und Silbergegenständen ausgegraben.
Ebenso lieferten und liefern noch immer die in den Gräbern von Tarquinii (s. d.), Chiusi (s. d.)
und anderer etrusk. Nekrepolen (auch Bologna) reiches Material. Nicht minder ergiebig sind die Gräberfunde in Unteritalien,
wo zumal in Capua, Cnosa, Ruvo Terrakotten
[* 29] sowie kostbarer Gräberschmuck zu Tage kommen. In Rom sind besonders
die auf Kosten der ital. Regierung betriebenen Ausgrabungen auf dem röm.
Forum,
[* 30] dem Palatinischen Berg, dem Esquilin zu erwähnen. Zahlreiche Einzelfunde wurden bei den Arbeiten der Tiberregulierung
gemacht.
Diese letztern führten auch in dem Garten
[* 31] der Farnesina zur Freilegung eines vornehmen Privathauses aus
der ersten röm. Kaiserzeit, dessen kostbare Wandmalereien von der Dekorationskunst dieser Periode einen noch höhern Begriff
geben als die in Pompeji und Herculanum. In der Umgebung Roms sind in dem Haine der ArvalischenBrüder Ausgrabungen unter Leitung des
Archäologischen Instituts vorgenommen worden. Auch an der Ausgrabung eines architektonisch wichtigen
Tempels in Alatri (1889) und eines in Lokri in Unteritalien (1889) war das
Deutsche
[* 32] Archäologische Institut beteiligt. In Pompeji werden die Ausgrabungen regelmäßig, fortgesetzt. In Unteritalien wurden Ausgrabungen einer
Nekropole bei Sybaris vorgenommen und reiche Terrakottenfunde bei Tarent gemacht. Auch in Selinus (s. d.) auf Sicilien werden
die Ausgrabungen mit Erfolg fortgesetzt. Über die und archäol. Funde in Italien geben regelmäßigen Bericht die
seit 1876 zu Rom in Monatsheften erscheinenden «Notizie degli scavi di antichit à communicate
alla R. Accademia de Lincei»; speciell für Rom giebt das seit 1872 erscheinende «Bulletino della commissione archeologica
municipale» (jetzt comunale) Bericht.
In Rußland finden regelmäßige Ausgrabungen auf Kosten der Regierung unter Leitung der Kaiserl. Archäologischen
Kommission besonders in der Gegend von Kertsch (s. d.),
auf der Halbinsel Taman und an den Ufern des Dnjeprs statt, worüber
die «Comptesrendus de la commission impériale archéologique» (Petersb. 1859 fg.)
Bericht erstatten.
In Deutschland
[* 33] sind in der neuesten Zeit Ausgrabungen gemacht namentlich am röm.
Grenzwall (limes) in Württemberg
[* 34] und Baden,
[* 35] in Mainz,
[* 36] Köln,
[* 37] Trier
[* 38] u. s. w. Die Funde haben, wie die neuesten Ausgrabungen an den alten
Römerstätten Frankreichs, Englands und Spaniens, ein überwiegend lokales Interesse.
Bedeutend war auch in der neuern Zeit die Zahl der zufälligen Ausgrabungen. Das meiste Aufsehen
unter allen diesen Funden hat der sog. Hildesheimer
[* 39] Silberschatz (s. d.)
gemacht. (S. auch Amerikanische Altertümer, Dolmen, Pfahlbauten,
[* 40] Prähistorische Thongefäße, Urgeschichte.)
ein einfacher oder doppelter Posten, der auf Seeschiffen die der Fahrt drohenden Hindernisse, sowie das Insichtkommen
von Schiffen und Land zu melden hat. Er bat seinen Standort bei Tage auf der Vormarsrah, nachts auf der
Back bei dem Kranbalken.
früher Bezeichnung für die ersten gedruckten Bogen
[* 41] eines Werkes, die von dem Drucker besonders ausgehängt,
d. h. auf eine Schnur zum Trocknen beiseite gehängt und nicht mit in die Auflage gezählt wurden. Jetzt werden
sie einfach von dem Überschuß der Auflage jedes Bogens entnommen. Sie sind dazu bestimmt, noch während des Druckes dem Verfasser,
Verleger, Korrektor u. s. w. zum Nachlesen oder zum Vergleich mit den in Korrektur vorliegenden noch ungedruckten
¶
mehr
Bogen zu dienen. Die ältern Drucker benutzten die Aushängebogen auch zum öffentlichen Aushang, um das Erscheinen
des Werkes anzuzeigen.
oder Ausspitzen, im Bergbau
[* 45] die Abnahme der Mächtigkeit (Dicke) einer Lagerstätte bis zu dem Grade, daß die
parallelen Begrenzungsflächen (Hangendes und Liegendes oder Dach
[* 46] und Sohle) sich berühren.
Gewöhnlich bleibt ein Besteg,
durch dessen Verfolgung man die Stellen findet, wo die Lagerstätte sich wieder «aufthut».
[* 47] (lat., d. b. kunstgemäßes Horchen), diejenige ärztliche Untersuchungsmethode,
bei welcher der Arzt die im Körper des zu Untersuchenden entstehenden Geräusche wahrnimmt und unterscheidet, um daraus auf
den normalen oder krankhaften Zustand der innern Teile zu schließen. Die Auskultation bildet mit der Perkussion (s. d.)
zusammen einen Hauptfortschritt der neuern Medizin, Laennec erfand zuerst (1816) die Kunst, durch Anlegen
des Ohrs an den Körper oder durch ein zwischen beide angebrachtes Hörrohr (Stethoskop, s. d.) Geräusche und Tone im Innern
des Körpers zu unterscheiden.
Ersteres nennt man die unmittelbare Auskultation, letzteres die mittelbare oder die Stethoskopie. Man unterscheidet
auf diese Weise 1) Töne und Geräusche im Herzen und den großen Gefäßen, 2) Töne und Geräusche in den
Atmungswerkzeugen, 3) das Stoßen oder Reiben fester Körper aneinander, z. B. das Knistern gebrochener Knochenenden,
das Klappen der an einen Blasenstein anschlagenden Steinsonde, das Reiben rauher Stellen im Herzbeutel oder Rippenfell u. s. w.
Die vernommenen Töne und Geräusche sind entweder normale oder krankhafte. In vielen fällen sind letztere
so bezeichnend, daß sie an sich schon eine Diagnose vorhandener Krankheiten begründen können.
In den meisten Fällen ist aber eine genaue Beachtung und Benutzung beider Klassen (der normalen wie der krankhaften) sowie
außerdem aller andern Zeichen und eine Zurückführung derselben auf die Sätze der pathol. Anatomie nötig.
Die Auskultation erfordert ein feines Ohr,
[* 48] gute Einschulung und stete Übung. Sie wurde zuerst in Frankreich allgemein; späterhin ist
sie aber durch die Wiener und Prager Schule, besonders durch Skoda und dessen Schüler sehr vervollkommnet und den deutschen
Ärzten zugänglich geworden. Die beiden klassischen Werke über Auskultation sind: Laennec, «Von den Krankheiten
der Lungen und des Herzens und der mittelbaren Auskultation» (deutsch, 2 Bde.,
Lpz. 1832),
und Skoda, «Über Perkussion und Auskultation» (6. Aufl., Wien
[* 49] 1864). Die neuern Ergebnisse der Auskultation behandeln ausführlich
P. Niemeyer im «Handbuch der theoretischen und klinischen Perkussion
und Auskultation» (2 Bde., Erlangen
[* 50] 1868-71) und
Gerhardt, «Lehrbuch der und Perkussion» (5. Aufl.,
Tüb. 1890).
Titel junger Justiz- oder Verwaltungsbeamten, welche noch im Vorbereitungsdienste stehen
und zu ihrer Ausbildung namentlich den Sitzungen der Behörde beizuwohnen haben. In Preußen
[* 51] führten diesen Titel bis 1869 Rechtskandidaten,
die nach Bestehung der ersten Prüfung bei einem Gericht zur Ausbildung eintraten, während sie seitdem
den TitelReferendar (s. d.) führen.
Auskunftsbureaus, im heutigen kaufmännischen Verkehr Einrichtungen, die die Beurteilung der Kreditfähigkeit
zum Zweck haben. Sie sind notwendig geworden, da der rege Wettbewerb einerseits zwingt, mit der Krediterteilung
so weit als möglich zu gehen, andererseits die Ausdehnung
[* 52] des Geschäftslebens, der Wechsel in den Geschäftsinhabern, die
häufigen Veränderungen der Preis- und Absatzverhältnisse die Beurteilung der Kreditfähigkeit in hohem Maße erschweren;
das Mittel der Gefälligkeitsauskünfte bei Geschäftsfreunden, Kaufleuten desselben Platzes u. s. w.
wird immer ungenügender.
Die Bedeutung der Auskunftsstellen für die Förderung des kaufmännischen Kreditverkehrs beruht
auf ihrer ständigen und möglichst ausgedehnten Verbindung mit vertrauenswürdigen Korrespondenten, auf der berufsmäßigen
Schulung ihrer Beamten und auf der zweckmäßigen Benutzung des nach Umfang ihrer Thätigkeit mehr und mehr sich ansammelnden
Materials für Erforschung und Beurteilung der Kreditverhältnisse. Sie entstanden in den vierziger Jahren
in Amerika;
[* 53] in Deutschland ist namentlich das Auskunftsbureau («Auskunftei») von Schimmelpfeng
in Berlin
[* 54] zu hohem Ansehen gelangt; dasselbe unterhält außer Filialen in Deutschland Zweigniederlassungen in Wien, Budapest,
[* 55] London,
[* 56] Paris
[* 57] und Amsterdam
[* 58] und steht mit The Bradstreet Company in Neuyork
[* 59] in einem Verhältnis gegenseitiger Vertretung.
Nach Ausweis seines Berichts für das J. 1890 beschäftigt es über 300 Beamte; die Zahl der Auskünfte
während eines Jahres beläuft sich jetzt auf über 1 Million. Amerik. und engl. Auskunftsbureaus
geben zum Gebrauch ihrer Kunden sog. Referenzbücher heraus, die möglichst vollständige Verzeichnisse der kaufmännischen
Firmen mit kurzen Angaben über Fach und Kreditfähigkeit enthalten. In Österreich
[* 60] wurde die Führung
von Auskunftsstellen an die Erteilung einer behördlichen Genehmigung gebunden. -
Vgl. die verschiedenen Schriften von Schimmelpfeng, insbesondere
Die Auskunft und ihre Gegner (Berl. 1891), dann die Jahresberichte seines Instituts, Roscher in der «Zeitschrift für die
gesamte Staatswissenschaft», 1877; Gerlach, Die berufsmäßige Krediterkundigung in Deutschland (in den
«Jahrbüchern für Nationalökonomie und Statistik», Jena
[* 61] 1890).
(S. auch Schutzgemeinschaften für Handel und Gewerbe, Kreditreformvereine.)
In Eisenbahnangelegenheiten sind Auskunftsstellen diejenigen von einzelnen Verwaltungen an größern Orten getroffenen Einrichtungen, welche
dem Publikum Gelegenheit geben, sich über Tarif- und Verkehrsverhältnisse schnell und sicher zu unterrichten. Die Auskunft
wird mündlich oder schriftlich unentgeltlich erteilt, über die Tarife im Personen-, Gepäck-, Vieh- und
Güterverkehr, über Zollabfertigungen, Fahrpläne, Verkehrswege, Anschlüsse,
¶
mehr
Rundreisekarten u. s. w. Derartige Auskunftsstellen bestehen z. B.
in Berlin für die Deutsche Reichs- und Königl. Preußische Staatseisenbahnverwaltung, außerdem für die Deutsche Reichseisenbahnverwaltung
in Straßburg
[* 63] i. E., für die Preuß. Staatseisenbahnverwaltung in Hamburg,
[* 64] Leipzig,
[* 65] Frankfurt
[* 66] a. M. und Köln; für die Königl.
Sächsische Staatseisenbahnverwaltung in Leipzig; für die Verwaltung der Österr. Staatsbahnen
[* 67] in Wien,
für die Ungar. Staatsbahnen in Budapest u. s. w. (S. auch Eisenbahnagenten.)
(des elektrischen Funkens), s. Leidener^[= # oder Leyden, Stadt in der niederländ. Provinz Südholland, am Rhein, Station der Bahnlinien ...]
[* 68] Flasche.
[* 69]
in der Fechtkunst
[* 70] Bereitschaftsstellung des Fechters mit blanker Waffe zum Beginn des Kampfes. Es kommt hierbei
darauf an, einerseits die eigene Waffe so zu halten, daß sie den Körper schützt, keine Blöße läßt,
andererseits dem Körper eine Angriff wie Verteidigung ermöglichende Stellung zu geben. Dem Gegner wird deshalb nicht die
volle Brust, sondern die schmale Seite zugekehrt. Der bewaffnete Arm ist vorgestreckt; bei gerader Auslage ist die Spitze der eigenen
Waffe schräg nach oben gerichtet, bei verhängter Auslage (nur beim Hiebfechten) schräg nach unten. Der unbewaffnete
Arm ist entweder in die Hüfte gestemmt oder hinter dem Rücken geborgen, oder endlich über den Kopf erhoben. Die Last des
Körpers liegt auf dem rückwärtigen Fuß. BeimBajonettfechten wird das Gewehr in der Auslage mit der Faust
fest um den Kolbenhals gefaßt, während der Lauf lose in der andern geöffneten Hand
[* 71] liegt. Man unterscheidet Auslage rechts und
Auslage links, je nachdem die rechte oder linke Hand die Waffe führt.
Verwendungen, welche in fremdem Interesse gemacht werden. Soweit der Verwender Anspruch auf Erstattung
nicht schon um deswillen hat, weil er zur Verwendung oder zur Führung des fremden GeschäftsAuftrag hatte, gilt der allgemeine
Grundsatz, daß die Erstattung solcher in fremdem Interesse gemachten Auslagen gefordert werden darf, von denen anzunehmen
ist, daß sie der Geschäftsherr selbst gemacht haben würde, oder welche durch die Sachlage geboten waren.
Dabei ist vorausgesetzt, daß ein genügender Anlaß zur Einmischung in das fremde Geschäft vorlag, und daß man sich demjenigen,
den es angeht, verpflichten wollte. Einen ähnlichen Ersatzanspruch hat der Besitzer, der auf Sachen, die er für sein Eigentum
hält, Verwendungen macht, wenn der Eigentümer die Sache zurückfordert.
der jurist. Gegensatz von Inland, im Sinne der deutschen Reichsgesetze, insonderheit des Deutschen Strafgesetzbuches,
jedes nicht zum DeutschenReiche gehörige Gebiet. Zum DeutschenReiche gehören aber nach völkerrechtlichen Grundsätzen auch
die Küstengewässer auf Kanonenschußweite, die unter deutscher Flagge fahrenden Schiffe,
[* 72] ferner auch die Luftsäule über
deutschem Lande und Wasser
auf Kanonenschußhöhe (ein in einem Luftballon über deutscher Erde verübtes
Verbrechen ist im Inlande begangen), die Bezirke der deutschen Konsulargerichtsbarkeit, die deutschen Schutzbezirke und die
Samoa-Inseln, insofern dort nach Befinden des Oberrichters deutsches Strafrecht zur Anwendung kommt (Berliner Generalakte vom
Für die Begrenzung des Geltungsgebietes inländischer Strafgesetze dem Ausland gegenüber sind in der Strafrechtswissenschaft
folgende Grundsätze aufgestellt: Die inländischen Strafgesetze finden Anwendung 1) auf alle im Inlande begangenen strafbaren
Handlungen, auch wenn der Thäter ein Ausländer ist (Territorialprincip);
2) auf alle von Inländern im In- oder Auslande begangenen strafbaren Handlungen (Personalprincip);
3) auf alle im Inlande und auf diejenigen im A. begangenen strafbaren Handlungen, bei welchen
der Inlandsstaat oder ein Inländer der Verletzte ist (Realprincip);
4) auf alle strafbaren Handlungen, gleichviel wo, von wem und gegen wen sie begangen sind (Weltrechtspflege). In der Gesetzgebung
der einzelnen Länder sind diese Systeme vielfach nicht völlig ungemischt zum Ausdruck gekommen, am reinsten
das Territorialprincip in England und Nordamerika
[* 73] und die Weltrechtspflege im Österr. Strafgesetz von 1852.
1) Unterschiedslos In- und Ausländer und zwar: ausland. Für jede im A. begangene hochverräterische Handlung
gegen das Deutsche Reich oder einen Bundesstaat und jedes Münzverbrechen (§. 4, Nr. 1). b. Jeder, der irgendwo vorsätzlich
durch Anwendung von Sprengstoffen Gefahr für das Eigentum, die Gesundheit oder das Leben eines andern herbeiführt oder der
zur Begehung dieses Verbrechens öffentlich auffordert oder zum Zwecke der Begehung Sprengstoffe herstellt,
anschafft, bestellt, besitzt oder andern überläßt (Sprengstoffgesetz vom §. 12). c. Der Kriegsverrat, Leichenraub,
Diebstahl und Raub an Verwundeten auf dem Kampf- oder Kriegsschauplätze u. s. w. (Militär-Strafgesetzb. §. 160). 2) Die
folgenden strafbaren Handlungen, wenn sie auswärts von einem Deutschen begangen sind: ausland Landesverrat gegen das Deutsche Reich
oder einen Bundesstaat oder Beleidigung gegen einen Bundesfürsten (§. 4, Nr. 2). b. Hoch- und Landesverrat gegen
einen nicht zum DeutschenReiche gehörenden Staat oder Landesherrn, sofern Gegenseitigkeit verbürgt ist (§. 102). c. Der
im A. verübte Nachdruck und die ähnlichen Delikte (Gesetz vom §. 25). d. AlleVerbrechen
und Vergehen, wenn sie durch die Gesetze des Begehungsortes mit Strafe bedroht sind, wenn ferner von den Gerichten des Ausland nicht
über die Handlung bereits rechtskräftig erkannt und Freisprechung oder Strafvollzug erfolgt ist, wenn ferner nicht Verjährung
oder Straferlaß eingetreten ist, wenn endlich der nach den Gesetzen des Ausland erforderliche
Antrag des Verletzten gestellt ist (§. 4, Nr. 3, §. 5). 3) Die folgenden
auswärts begangenen strafbaren Handlungen, wenn die Thäter Deutsche oder Nichtdeutsche in bestimmter Stellung sind, und zwar:
u. Beamte, wenn sie ein Amtsdelikt nach deutschem Recht begehen (§. 4, Nr. 1). b. Schiffsleute deutscher
Schiffe, wenn sie sich gegen die Disciplin vergeben (Seemannsordnung §. 100).
¶
mehr
Im A. begangene Übertretungen sind nur dann zu bestrafen, wenn dies durch besondere Gesetze oder Verträge angeordnet ist.
Eine im A. vollzogene Strafe ist, wenn wegen derselben Handlung im Gebiete des DeutschenReichs abermals eine Verurteilung erfolgt,
auf die zu erkennende Strafe in Anrechnung zu bringen (§§. 6, 7). Ist ein Deutscher im A. wegen eines
Verbrechens oder Vergehens bestraft worden, welches nach deutschem Recht die Aberkennung bürgerlicher Ehrenrechte zur Folge
haben kann, so kann in einem neuen Strafverfahren diese Folge nachträglich herbeigeführt werden (§. 37).
Wegen der Anwendung von Strafgesetzen eines einzelnen deutschen Staates auf Handlungen, welche in einem
andern deutschen Staat begangen sind, und über die Anwendung des bürgerlichen Rechte auf die in einem andern Lande begründeten
Privatrechtsverhältnisse s. Kollision.
aus einem Gemenge von Körpern einen bestimmten Gemengteil durch ein Auflösungsmittel
(gewöhnlich Wasser) wegnehmen, wobei die entstehende Auflösung (Lauge) das gewünschte Produkt ist und das Übrigbleibende
(der Rückstand) oft wertlosen Abfall bildet. So wird die Holzasche ausgelaugt, um die darin enthaltene Pottasche zu gewinnen;
in den Alaun- und Vitriolfabriken werden die gerösteten und verwitterten Erze, in der Sodafabrikation
die Rohschmelzen ausgelaugt u. s. w. Die Hauptaufgabe beim Auslaugen besteht darin,
daß der Rückstand von allem Löslichen vollständig erschöpft und dabei so wenig wie irgend möglich später zu verdampfendes
Lösungsmittel aufgewendet wird.
Beides erreicht man durch systematisches Auslaugen, bei dem die entstehenden verdünnten Laugen mit reichhaltigem
Material nach und nach zusammengebracht werden, bis man eine gesättigte Lösung erhält, während man reines Wasser nur
zur letzten Behandlung des fast vollständig erschöpften Rückstandes verwendet. Dazu dienen in der chem. Industrie besondere
mit Druck arbeitende Vorrichtungen, wie die Aerostatische Presse (s. d.). Manche gebrauchen den Ausdruck Auslaugen als gleichbedeutend
mit Auswaschen. Wenngleich ein wesentlicher Unterschied zwischen beiden Operationen nicht besteht, so sollte
von Auslaugen doch nur gesprochen werden, wenn die erhaltene Lösung das wichtigere Produkt ist.
Unter den Gesteine
[* 75] zerstörenden Prozessen besteht derjenige der Auslaugung in der zersetzenden und die löslichen Zersetzungsprodukte
wegführenden
Wirkung des atmosphärischen, Kohlensäure und Sauerstoff haltenden Wassers. Dieses dringt
durch Klüfte, Risse und Haarspalten in das Innere der Gesteine und löst auf seinem Wege eine Anzahl ihrer Bestandteile auf
(Salz,
[* 76] Gips,
[* 77] Kalk, Dolomit), während es andere mit Hilfe seines Sauerstoffgehalts erst in lösliche Oxyde (so die Schwefelmetalle
in schwefelsaure Metallsalze) umwandelt, noch andere, z. B. gewisse Silikate,
mittels seines Kohlensäuregehalts zersetzt und die gebildeten Carbonate fortführt.
Auf diese Weise werden den Gesteinen ungeheure Mengen von Mineralsubstanz entzogen und durch die Quellen an die Erdoberfläche
geschafft. Dadurch bilden sich im Innern der Erdrinde Hohlräume, die oft beträchtliche Ausdehnung annehmen und dann nicht
selten zu Einbrüchen der obern Gesteinsschichten Veranlassung geben. So entstehen z. B.
die sog. Erdfälle, trichterförmige Vertiefungen an der Oberfläche. Die von solchen Einstürzen
verursachten Erschütterungen können sogar als Erdbeben
[* 78] bemerkbar werden.
(lat. Evacuatio, Excretio), die Entfernung von abgesonderten oder in den
Körper gelangten Stoffen durch die natürlichen Öffnungen des Körpers, im engern Sinne die Stuhlentleerung. (s. Exkremente).
Das Aussehen und die physik.-chem. Beschaffenheit der ausgeleerten Stoffe ist für die diagnostische Beurteilung der meisten
Krankheiten von der größten Bedeutung.
Die ausleerende Heilmethode (Evacuatio), welche in der ältern Medizin infolge der herrschenden humoral-pathol.
Anschauungen eine sehr ausgedehnte und oft mißbräuchliche Anwendung fand, wird nur noch in einzelnen Fällen benutzt.
Mittel oder Evacuantia werden die zur Ausleerende benutzten Heilmittel genannt, also besonders Brech- und Abführmittel,
ferner harn- und schweißtreibende und auswurfbefördernde Mittel.
Dieselben wirken teils dadurch, daß sie die den Ausleerungsakten
vorstehenden Muskelpartien (z. B. die des Darmkanals) in Thätigkeit versetzen, teils dadurch, daß sie
die betreffenden Absonderungen flüssiger machen, teils dadurch, daß sie die Kanäle und Mündungen schlüpfriger, geschmeidiger
und schlaffer machen und so denWiderstand derselben verringern.
bei einem Kran
[* 79] der schräg aufwärts gerichtete Balken, der sich mit seinem untern Ende
gegen die Kransäule stützt und an seinem obern Ende an Ketten oder Seilen die zu bewegende Last trägt. über in der Seemannssprache
s. Schwert.
im Rechtswesen die Thätigkeit, die den Sinn einer rechtsgeschäftlichen Erklärung oder eines Gesetzes
festzustellen sucht. Die Erklärung kann mehrdeutig und unklar, ihr Sinn bestritten und ungewiß sein.
Die Auslegung unternimmt es, den Sinn zu ermitteln, welchen der Urheber der Erklärung hat ausdrücken wollen. Wo sie nicht zu einer
Gewißheit kommt, begnügt sie sich mit einer Wahrscheinlichkeit; sie geht von der Voraussetzung aus, daß die Urheber der
Erklärungen verständige Leute waren, daß sie etwas Verständiges wollten, und daß sie den Zweck mit
angemessenen Mitteln erreichen wollten. So sucht sie nach der Idee, welche dem Urheber der Erklärung vorschwebte, bemüht
sich zu finden, was er unter diesen Umständen und wie er
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mehr
es wollte. Sie untersucht den sprachlichen Sinn (grammatische Auslegung), ohne an den Worten hängen zu bleiben, sie geht zurück
auf die Vorverhandlungen, die damals abgegebenen Erklärungen, die übrigen klaren Teile der Erklärung, den Zusammenhang
des Ganzen. Wo die Worte nach ihrer buchstäblichen Bedeutung keinen befriedigenden Sinn geben, scheut sich die
rechtswissenschaftliche und richterliche Auslegung nicht, ausdehnend und einschränkend, selbst berichtigend auszulegen.
Die Auslegung hat in der Regel urkundliche Erklärungen zum Gegenstande, sie kann sich auch auf gesprochene, z. B.
von Zeugen bekundete Worte erstrecken. Sie kann die Worte des Gesetzes oder die Worte, mit welchen ein Rechtsgeschäft abgeschlossen
ist, zum Gegenstande haben. Die Methode der Auslegung ist in dem einen Fall dieselbe wie im andern,
wenn auch die Hilfsmittel beider verschieden sind. Die Gesetzgeber haben geglaubt, für die von Gesetzen und von rechtsgeschäftlichen
Erklärungen Regeln aufstellen zu sollen.
Selbstverständlich sind diese Regeln bindend; aber bei der Unbestimmtheit der Regeln helfen sie nicht
viel. So wenig jemand durch die Regeln der Logik denken lernt, so wenig lernt er durch Auslegungsregeln auslegen. Korrekte
juristische Auslegung ist eine Kunst wie die korrekte Anwendung der Gesetze. Der Begabte lernt sie durch Übung. Deshalb sind berufsmäßige
Richter nicht zu entbehren. Legt der Gesetzgeber ein älteres Gesetz durch ein neues selbst aus,
so nennt man das authentische Auslegung. Sie ist unbedingt maßgebend, auch wenn sie das Richtige nicht getroffen hat.
Ebenso kann sich durch gleichmäßige Anwendung eines Gesetzes in einem bestimmten Sinn, usuelle Auslegung, ein Gewohnheitsrechtssatz
gebildet haben, welcher dann nicht minder maßgebend ist. Die durch solche gesetzliche oder gewohnheitsrechtliche
Vorschrift nicht beschränkte der Gesetze wird die doktrinelle oder rechtswissenschaftliche genannt. Wichtiger noch als bei
der von Gesetzen ist die herkömmliche Auslegung bei Vertragsklauseln, bei denen der Verkehr den Sinn festgestellt bat. - Über in der
Theologie s. Exegese und Hermeneutik; über Auslegung eines Schriftstellers
s. Interpretation.
im staats- und völkerrechtlichen Sinne die Übergabe einer Person durch die Behörden des Aufenthaltsstaates
an die Behörden eines andern Staates, welcher dieselbe zum Zwecke der strafrechtlichen Verfolgung verlangt hat. Schon Grotius
(1625) hat die Pflicht der Rechtsgewährung unter den Staaten in dem Sinne aufgestellt, daß jeder Staat
den in seinem Gebiete sich Aufhaltenden, welcher einen andern Staat oder dessen Angehörige verletzt hat, entweder selbst bestrafen
oder dem verfolgenden Staate ausliefern muß.
Heute ist allgemein anerkannt, daß für schwere Verbrechen die Auslieferungspflicht auch unabhängig von Staatsverträgen
besteht. Andererseits ist man ebenso einverstanden darüber, daß die Auslieferung nur innerhalb
solcher Grenzen
[* 81] stattzufinden hat, welche mit den verständigen Zwecken der Strafrechtspflege in angemessenem Verhältnisse
stehen. Der Abschluß von Staatsverträgen ist daher ebensowohl angezeigt, um diese Grenzen genauer zu bestimmen, als um das
Auslieferungsverfahren festzustellen, welches unter den allgemeinen Begriff der Rechtshilfe (s. d.) fällt.
Über die zwischen dem DeutschenReiche und andern Staaten bestehenden Vertragsverhältnisse vgl. Hetzer,
Deutsche Auslieferungsverträge (1885); Menzen, Deutsche Auslieferungsverträge
(1891). Neuerdings
ist es auch üblich geworden, die sog. Meistbegünstigungsklausel auf die Auslieferung zu übertragen. Der (auch im Deutschen Strafgesetzbuch
§.9 ausgesprochene) Grundsatz, daß eigene Staatsangehörige nicht ausgeliefert werden, setzt voraus, daß die
heimischen Gerichte nach ihrer Strafgesetzgebung (wie nach §. 4, Nr. 3 des Deutschen Strafgesetzbuchs) zuständig sind, über
die von ihren Staatsangehörigen im Auslande begangenen strafbaren Handlungen zu urteilen (s. Ausland).
Schwierigkeiten macht immer noch die Abgrenzung des mit dem sog. Asylrecht (s. Asyl) zusammenhängenden Grundsatzes, daß wegen
polit. Vergeben nicht auszuliefern sei, den zuerst das belg. Gesetz vom l.
Okt. 1833 in der Ausdehnung auf alle «mit einem solchen Vergehen konnexen Handlungen» aufgestellt hat. Schon 1856 wurde Belgien
[* 82] durch die VorstellungenFrankreichs veranlaßt, eine Ausnahme für das Mordattentat gegen ein fremdes Staatsoberhaupt und dessen
Familie zu machen. Die besonders infolge der russ. Vorgänge seit 1880 lebhafter
angeregten diplomatischen und wissenschaftlichen Verhandlungen über eine allgemeine Einschränkung für die unter dem Deckmantel
polit. Bestrebungen verübten gemeinen Verbrechen haben bis jetzt zu keinem befriedigenden Ergebnisse geführt. -
Vgl. Lammasch,
Das Recht der Auslieferung wegen polit.
oder Ablieferungsschein, die Anweisung (s. d.) an den angewiesenen Inhaber einer Ware, dieselbe
dem den Auslieferungsschein vorlegenden Empfänger für Rechnung des Anweisenden auszubändigen.
Bei der Post werden die quittierten Scheine,
gegen deren Aushändigung Geldsendungen ausgezahlt, Wertsendungen und Pakete ausgehändigt werden, Auslieferungsschein genannt.
Die Post braucht die Echtheit der Unterschrift und die Legitimation des Überbringers nicht zu prüfen (Gesetz vom
§. 49).
Das Deutsche Handelsgesetzbuch Art. 302 versteht unter Auslieferungsschein dasselbe wie unter Lagerschein (s. d.).
die öffentliche Bekanntmachung, durch die demjenigen, welcher eine bestimmte Leistung
machen werde, eine Belohnung versprochen wird, z. B. für Lösung einer Preisausgabe, Ablieferung einer gefundenen Sache,
Anzeige von Verbrechern. Widerruf von seiten des Auslobers muß ebenso öffentlich erfolgen als die und verpflichtet zur Entschädigung
für schon geschehene Schritte vorschriftsmäßiger Ausführung, falls nicht der Widerruf innerhalb bestimmter Frist von
vornherein vorbehalten ist.
Daß eine Auslobung innerhalb der Frist, welche für die Ausführung der Arbeit u. s. w. gesetzt ist, nicht zurückgenommen werden
darf, bestimmt das Preuß. Allg. Landr. I, 11, §. 989 ausdrücklich. Erfolgt die Leistung seitens mehrerer, so ist die zugesagte
Summe der Regel nach nur an den zuerst Leistenden zu bezahlen. Die Verbindlichkeit des durch öffentliche
Bekanntmachung kundgegebenen einseitigen Versprechens ist für das Gemeine Recht überwiegend anerkannt, ebenso in den Gesetzgebungen
von Preußen und Sachsen,
[* 83] in der österr. und franz. Praxis, auch im DeutschenEntwurf §§. 581-584. - In einem andern Sinne
bedeutet Auslobung soviel wie Abfindung (s. d.) bei der bäuerlichen Erbfolge.