werden, über das
Rad f ist ein endloses Handseil geschlungen, das unten wiederum über eine Rolle geführt ist. Der Fahrstuhl
wird durch Gegengewichte ausbalanciert, und die Übertragung der
Bewegung durch Schneckenräder bringt es mit sich, daß der
Fahrstuhl nicht von selbst, sondern nur durch entsprechendes Ziehen am Handseil niedersinkt. Der Betrieb
kann von jedem
Stockwerk aus erfolgen.
Noch einfacher sind diejenigen Aufzug,
[* 2] die in Hotels und Restaurants zum Aufziehen der
Speisen dienen. Dabei werden oft, wie in
dem
[* 1]
Fig. 2 dargestellten
Speisenaufzuge, zwei Förderkästen durch Seile verbunden, die über zwei Rollen
[* 3] geschlungen sind,
von denen die eine über, die andere unter dem Fahrstuhlschacht liegt. Die Fahrstühle sind in zwei nebeneinander
liegenden, durch die
Stockwerke durchgehenden
Schächten geführt. Die Länge des die Kästen verbindenden Seils ist so bemessen,
daß der eine sich ganz oben befindet, wenn der andere seine tiefste
Stellung erreicht hat.
Durch entsprechendes Ziehen an den
Keilen werden die sich gegenseitig ausbalancierenden Fahrstühle in
die gewünschte Höhe gebracht. Für größere Lasten und Hubhöhen, für mehrstöckige
Magazine und Fabriken ordnet man bei
Aufzug mit Handbetrieb besondere
Winden
[* 4] an. Einen derartigen Aufzug zum
Transport von Waren (Handwarenaufzug) zeigt
[* 1]
Fig. 3. Als
Winde
[* 5] dient eine Bockwinde a, die in jedem beliebigenStockwerke aufgestellt werden kann; dabei wird das Seil
oder die
Kette über eine Rolle geführt, die über der Mitte des
Schachtes anzubringen ist.
Gleichzeitig mit dem Zugseil ist
an dem Fahrstuhl ein zweites Seil befestigt, das über die erwähnte und eine zweite Rolle nach dem Gegengewichtskasten b
geht, dessen vertikaleFührungen zweckmäßig an der nächstgelegenen
Wand angeordnet werden.
Die
Transmissionsaufzüge erfordern eine stetig laufende Transmissionswelle, von der die Kraft
[* 6] zum Betriebe der Bewegungsmechanismen
des Aufzug abgeleitet wird. Dieselben werden für
Güter und auch für Personenbeförderung ausgeführt und bieten bei einfacher
Anlage genügende Betriebssicherheit. Meist kommen jedoch
Transmissionsaufzüge nur dort zur Verwendung,
wo gerade, wie in Fabriken, eine konstant laufende
Transmission,
[* 7] die andern Zwecken dient, für den Betrieb des Aufzug zur
Verfügung
steht. In Fällen, wo keine solche vorhanden ist, der Aufzug aber dauernd oder doch während größerer Zeitabschnitte
in
Gang
[* 8] gehalten werden muß, kann ein Kleinmotor, Dampfmaschine,
[* 9]
Gas-, auch Petroleum- oder Wassermotor
aufgestellt werden, der dauernd läuft, und von dessen Haupttransmissionswelle aus die Aufzugsmaschine angetrieben wird.
Größere Aufzug (Dampfaufzüge) jedoch werden derart eingerichtet, daß die Betriebsdampfmaschine vom Fahrstuhle
aus in
Gang gesetzt wird und während des Stillstandes des Aufzug abgestellt bleibt.
[* 1]
Fig. 4 veranschaulicht
die Einrichtung eines Transmissionsaufzuges nach der Ausführung von Schelter & Giesecke in
Leipzig.
[* 10] Der Fahrstuhl a wird im Fahrschacht durch die sich an die Schienen der Gerüstbalken anlegenden Rollen b geführt und hängt
an dem Stahldrahtseil, das, nachdem es über die unter dem Dache des
Gebäudes liegenden Rollen c gegangen ist, auf die Seiltrommel
d aufläuft.
Der
Antrieb dieser erfolgt durch eine vorn liegende Transmissionswelle mit in der
[* 1]
Figur sichtbaren offenen
und gekreuzten
Riemen, die über die
Riemenscheiben f laufen. Von diesen drei
Scheiben ist die mittlere fest, die beiden äußern
lose auf der
Welle; je nachdem der offene oder der gekreuzte
Riemen auf die feste Scheibe geleitet wird,
läuft die
Welle in der einen oder andern
Richtung um und treibt durch eine Schnecke und ein auf der
Achse der Seiltrommel d
sitzendes Schneckenrad letztere an. Die Verschiebung der
Riemen geschieht vom Fahrstuhl aus. Es führt auf der ganzen
Bahn
desselben eine
Stangeg (in der Abbildung vom
Arbeiter in der
Hand
[* 11] gehalten) neben dem
Gerüst herab, durch
deren Auf- oder Abbewegung mit Übertragung derselben durch das Seil h auf den Riemenausrücker die Riemenverschiebung und
somit die Ausrückung des Fahrstuhls und die Einrückung für
Auf- und Abwärtsgang erfolgt.
Hierdurch ist auch die Möglichkeit gegeben, den Fahrstuhl an jedem Punkte seines Wegs aufzuhalten. Dadurch,
daß der Fahrstuhl an eine vorspringende
Nase
[* 12] der Steuerstange g dann anstößt, wenn er an seinem höchsten oder tiefsten
Punkte angekommen ist, rückt er selbstthätig den
Antrieb aus, wodurch ein überschreiten der Endstellungen und etwaige dadurch
hervorzurufende Unglücksfälle vermieden werden. Einen Transmissionsaufzug derselben Firma, angetrieben
durch einen
Gasmotor, zeigen die
[* 1]
Fig. 5 und 6. Die Einrichtung vom Fahrstuhle und Windwerk entspricht dem
oben beschriebenen Aufzug Aufzugsmaschine, Haupttransmission und Motor sind aber im Erdgeschoß untergebracht.
Als
Beispiel für die Ausführung eines Dampfaufzuges diene der in
[* 1]
Fig. 8-10 dargestellte der Firma
Otis Brothers in Neuyork.
[* 13] Die Dampfwinde ist im Erdgeschoß aufgestellt; sie wird durch eine kleine
Zwillingsdampfmaschine a angetrieben, deren Ingangsetzung,
Umsteuerung
[* 14] und Abstellung vom Fahrstuhl aus durch Ziehen an dem
Seil b geschieht. Dieses Seil steht durch die
Stange c mit dem Hebel
[* 15] l eines
Drehschiebersm inVerbindung, der so durch
Bewegung
des Seils dem gewünschten
Gange des Fahrstuhls oder dem Stillstaude entsprechend gestellt wird.
Stößt der Fahrstuhl an die beiden am obern und untern Ende des Hubes angebrachten Knoten
d am Steuerseil, so stellt er durch
Mitnahme des letztern selbstthätig die Dampfmaschine ab. Weiter ist mit dem Steuerseil daß Seil f inVerbindung,
das, sobald das Steuerseil auf Stillstand der
Maschine
[* 16] gerückt ist, eine
Bremse g der Antriebscheibe der Seiltrommel, wie
auch eine
Bremse der Sicherheitstrommel h am obern Ende des Fahrschachtes zur Wirkung bringt, wodurch der Fahrstuhl sofort
zum Stillstand kommt. Die Übertragung der Drehbewegung von der
Maschine auf die Seiltrommel erfolgt so,
daß zunächst durch einen mit
Spannrollen straff gehaltenen
Riemen eine mit der
Bremse g verbundene Scheibe k angetrieben wird,
von deren
Achse aus mittels Zahnradübersetzung die
Drehung der Seiltrommel erfolgt.
Die hydraulischen Aufzug werden entweder durch hydrostatischen Druck von einem hochgelegenen Reservoir aus in
Bewegung gesetzt,
oder das Wasser wird durch
Accumulatoren
[* 17] (s. d.) auf die notwendige
Spannung gebracht und in derselben
erhalten. Am einfachsten und in der Einrichtung am billigsten ist es, den in Wasserleitungen vorhandenen Druck zu verwenden,
der durchschnittlich 4-6 kg für 1 qcm beträgt; deshalb sind solche Aufzug auch die gebräuchlichsten. Wo keine derartige
Leitung oder hochgelegenes Reservoir vorbanden oder der Druck nicht hinreichend ist, müssen Pumpen
[* 18] mit
¶
Accumulatoren zur Verwendung kommen. Die hydraulischen Aufzug werden als direkt wirkende Plungeraufzüge ausgeführt
oder als indirekt wirkende Aufzug derart, daß Treibcylinder zur Verwendung kommen, die kürzer als der Hub des Aufzug sind,
und daß die erforderliche Hubvergrößerung durch Flaschenzugübersetzung erreicht wird. Es giebt zwei Arten von direkt wirkenden
hydraulischen Aufzug; entweder der Treibcylinder hat die volle Länge des Fahrstuhlhubes, wie
auch der Plungerkolben, oder es wird ein Teleskopkolben verwendet, wobei die Länge des Treibcylinders nur einen entsprechenden
Bruchteil des ganzen Hubes ausmacht.
Ein direkt wirkender hydraulischer der ersten Bauart, von Schmidt, Kranz & Co. in Nordhausen
[* 23] am Harz, ist
in
[* 22]
Fig. 11 dargestellt. Der Hubcylinder aufzug ist in einen Schacht versenkt; der als schmiedeeisernes Rohr ausgeführte Plungerkolben
b trägt oben direkt den Fahrstuhl c, der durch Gegengewichte ausbalanciert ist. Das Betriebswasser wird durch eine Wandpumpe
d in das Reservoir f geschafft und fließt durch ein Rohr g dem Treibcylinder a zu. Der Zu- und Abfluß
des Wassers im Cylinder und damit das Heben und Senken des Fahrstuhls werden in jeder Stellung des letztern vom Fahrstuhl
selbst aus durch Ziehen an dem Handseil h geregelt.
An den Endstellungen des Fahrstuhls erfolgt die Verstellung des Steuerschiebers zur Stillsetzung des Aufzug selbstthätig.
Wegen der Betriebssicherheit, die hydraulische Aufzug dieser Art gewähren, und wegen ihrer Einfachheit werden dieselben
mit Vorliebe für Personenaufzüge benutzt. Der tiefe Schacht läßt sich vermeiden durch Anwendung der sog. Teleskopkonstruktion,
wie solche doppelt ausgeführt in Taf. II,
[* 22]
Fig. 1 und 2 dargestellt ist.
a, a,
[* 22]
Fig. 1, sind die beiden feststehenden Treibcylinder.
Die Kolben bestehen hier nicht aus einem Stück, sondern aus einer Anzahl von ineinander sich führenden Röhren
[* 24] b, c, d und
e, so daß die weitere immer als Führungscylinder für die nächst engere, als Kolben zu betrachtende, dient; die Röhren
sind am obern Ende gegeneinander durch Stopfbüchsen
[* 25] abgedichtet (s. Fig. 2). Der Wasserdruck muß so
groß sein, daß er hinreicht, durch Einwirkung auf den Kolben kleinsten Querschnittes die Last emporzuheben. Am Hauptcylinder
unten ist, wie
[* 22]
Fig. 2 erkennen läßt, ein Federpuffer angeordnet, der beim Hereingehen der Kolben
ein sanftes Aufsetzen derselben erreichen läßt.
Bei den indirekt wirkenden hydraulischen Aufzug mit Flaschenzugübersetzung kann der Treibcylinder
neben dem Fahrstuhlschacht stehend oder liegend angeordnet werden. Bei dem auf Taf. II,
[* 22]
Fig.
3, dargestellten Lastaufzug mit stehendem Cylinder a greifen die zwei Kolbenstangen b an einer losen Rolle c an, über die
das Lastseil läuft. Der eine Strang d desselben ist oben im Gebäude befestigt, der andere f läuft über
eine am obern Ende des Fahrstuhlschachtes angebrachte Leitrolle und trägt den
Fahrstuhl. Hierbei beträgt der Kolbenhub
nur die Hälfte der Aufzughöhe. Das Druckwasser tritt beim Heben der Last über den Kolben, hier Scheibenkolben. Durch entsprechende
Einstellung des Steuerungsapparats kann man dieses Wasser über dem Kolben austreten lassen, wodurch
sich der Fahrstuhl senkt. Die Geschwindigkeit des Herabgehens wird durch die Steuerung geregelt.
Die pneumatischen Aufzug haben principiell dieselbe Einrichtung wie die hydraulischen und werden ebenso wie diese
in direkter und indirekter Anordnung ausgeführt. Der Betrieb erfolgt durch komprimierte Luft oder durch den
atmosphärischen Luftdruck, indem in letzterm Fall der Raum unter dem Treibkolben luftleer gepumpt wird. Pneumatische Aufzug sind
meist als Gichtaufzüge für Hochöfen in Gebrauch und bieten hierfür oft große Vorteile.
Die
[* 22]
Fig. 4, 5 und 6 der Taf. II zeigen Anwendungsformen von Aufzug nebst
ihrer äußern Ausstattung,
[* 22]
Fig. 4 den Aufzug im königl. Schloß zu Berlin, Fig. 5 den eines größern Geschäftshauses,
[* 22]
Fig. 6 den
im Grand Restaurant Unter den Linden zu Berlin. Alle drei genannten Aufzug sind direkt wirkende hydraulische
von C. Flohr in Berlin, der auch den Aufzug konstruiert hat, der auf der InselHelgoland
[* 28] das Oberland mit dem Unterland verbindet.
Über dieAufzüge
[* 29] des Eiffelturms s. d.
Unter den Sicherheitsvorrichtungen
[* 30] beim Fahrstuhlbetriebe stehen diejenigen in erster Linie, die bei den
an Seilen, Ketten oder Riemen hängenden Fahrstühlen beim Reihen der Seile u. s. w. ein Herabstürzen des
Fahrstuhls verhindern. Weiter gehören hierher die schon oben erwähnten Vorkehrungen, die dem Fahrstuhl ein überschreiten
der Endstellungen unmöglich machen; ferner diejenigen Einrichtungen, die eine zu große Fahrgeschwindigkeit verhindern;
endlich auch die Vorrichtungen zum Abschluß des Fahrschachtes während der Bewegung des Fahrstuhls, sowie
die Einrichtungen zum selbstthätigen Anhalten beim Auftreffen auf ein Hindernis während der Abwärtsfahrt.
Gegen das Herabstürzen des Fahrstuhls beim Reißen der Tragseile sichert man sich durch eine Vorrichtung, die den Fahrstuhl
in seiner Führung festklemmt.
Ein Beispiel für diese in vielen Formen ausgeführte Sicherungsmethode ist die vielfach bewährte Fangvorrichtung,
Patent Roßbach
[* 31] (Deutsches Reichspatent 38278 und 44516), ausgeführt von Schmidt, Kranz & Co. in Nordhausen (s. vorstehende
[* 22]
Fig. 1 und 2). Das Tragseil greift an einem Ringe a an, der das obere Ende eines senkrechten Bolzens bildet, welcher
sich unten auf eine Feder b stützt. Durch das Gewicht des Fahrstuhls wird die
¶
mehr
105 Feder zusammengedrückt und der Bolzen gegen den Fahrstuhl in die Höhe gezogen. Mit dem Bolzen sind nun die Enden von zwei
Hebeln h verbunden, die vermöge der Stangen s mit den Klemmbacken k inVerbindung stehen. Reißt das Tragseil, so zieht die
Feder b die Endpunkte der Hebel h nach dem Fahrstuhl hin, wodurch die Bremsbacken k gegen die zwischen
ihm und dem Anschlag w durchgehende Führungsschiene gepreßt werden und den Fahrstuhl festhalten. Durch die in der Zeichnung
ersichtliche Handkette oben am Fahrstuhl können außerdem von diesem aus jederzeit mit den neben h liegenden weitern Hebeln
die Stangen s in die Höhe gezogen und dadurch ebenfalls die Klemmbacken k in Thätigkeit gesetzt werden.
Für Personenaufzüge wird auch die Einrichtung so getroffen, daß der Fahrstuhl an zwei Seilen aufgehängt ist, wobei eine
übermäßige Verlängerung
[* 33] eines der Seile schon genügt, die Fangvorrichtung einzurücken. Weiter ist an diesem Fahrstuhl
ein Notfangboden angebracht. An Ketten ist ein leichtes Gitter unterhalb der Plattform aufgehängt, das
durch Hebel in der Weise mit den Klemmbacken k inVerbindung steht, daß letztere sofort zur Wirkung kommen, wenn beim Herabgehen
des Fahrstuhls der Notfangboden auf einen im Wege befindlichen Gegenstand aufstößt.
Eine eigenartige, von W. Seller+Co. in Philadelphia
[* 34] angegebene sog. Pendelsicherung wird für Deutschland
[* 35] von Schelter+Giesecke in Leipzig ausgeführt. Die auf Taf. I,
[* 32]
Fig. 7, ersichtliche Einrichtung ist derart, daß die seitlichen
Führungsleisten im Fahrschacht mit einer Nut in Wellenlinien versehen sind, in welche der Fangapparat, ein Pendel,
[* 36] eingreift.
Dieses ist so konstruiert, daß es beim regelrechten Niedergang des Fahrstuhls entsprechend seiner Schwingungsdauer
mit seinen Enden in der Nut hingleitet.
Sobald aber entweder durch Seilbruch oder sonstige Ursache eine größere als normale Senkungsgeschwindigkeit eintritt, kann
das Pendel nicht so schnell der wellenförmigen Nut in den Führungsstangen folgen, die in der Nut gleitenden Enden stützen
sich auf, werden in die Höhe gedrückt, und ein an denselben angebrachtes Zahnsegment greift in ein
darüber befindliches, am Fahrstuhl befestigtes ein, wodurch das Pendel festgehalten und so der Niedergang des Fahrstuhls
unmöglich gemacht wird.
Die beschriebenen Fangvorrichtungen werden sämtlich nach erfolgter Abhilfe der Störung durch langsames Anheben des Fahrstuhls
wieder in normale Funktion versetzt. Der Vorrichtungen zur Verhinderung des Überlaufens des Fahrstuhls
über seine Endstellungen ist schon oben gedacht worden. Die auf Schachtverschlußthüren bezüglichen Sicherheitsvorrichtungen
sollen ein Öffnen dieser Thüren von außen nur in den Fällen zulassen, wenn der Fahrstuhl gerade vor der betreffenden Thür
zur Ruhe gekommen ist.
Der Verschluß geschieht dann in der Art, daß ein Riegel an der Thür mit der Steuervorrichtung und dem
Fahrstuhl so in Beziehung gebracht ist, daß er von letzterm zurückgeschoben wird, wenn derselbe vor derThür steht. Zugleich
kann durch das Niederdrücken der Thürklinke und durch das Öffnen der Thür die Vorrichtung zum Ingangsetzen des
Fahrstuhls so gesperrt werden, daß der Betrieb wiederum, und zwar vom Fahrstuhl aus, nur erfolgen kann, wenn die Schachtthür
ordnungsmäßig verschlossen ist. In der Weberei
[* 37] bezeichnet man zuweilen mit Aufzug die Kette, d. i. die Gesamtheit der Längsfäden
eines Gewebes, zwischen welche die Querfäden, Einschlag oder
Schuß genannt, eingeschossen werden.
Das Auge des Menschen hat fast die Form einer Kugel (Augapfel) und liegt in der knöchernen Augenhöhle (s. Tafel:
Das Auge des Menschen,
[* 32]
Fig. 3), die eine liegende unregelmäßig vierseitige, mit der Grundfläche nach vorn
und außen, mit der Spitze nach hinten und innen gerichtete Pyramide bildet. Diese Höhle ist von einem
sehr lockern und fettreichen Zellstoff ausgefüllt, der für das Auge ein weiches, überall gut anschließendes Lager
[* 38] bildet, das den Augapfel mit Ausnahme seines vordern Drittels umschließt und die Bäuche und Sehnen der Augenmuskeln in ihrer
Lage erhält. Der Augapfel selbst (s. Tafel: Das Auge des Menschen,
[* 32]
Fig. 1) hat einen Durchmesser von etwa 23 mm
und als äußerste Hülle eine weiße undurchsichtige, wie Leder oder dünnes Horn biegsame Haut,
[* 39] die Lederhaut oder harte
Haut (Tunicasclera, Sclerotica), auch das Weiße im A. genannt.
Auf der Vorderseite wird dieselbe dünner und auf einem kleinen kreisförmigen Teile durchsichtig wie
ein Uhrglas; dabei aber ist sie von so fester Beschaffenheit, daß sie selbst kräftigen äußern Einwirkungen widersteht.
Dieser Teil heißt durchsichtige Hornhaut oder gemeinhin Hornhaut (Cornea) und ist stärker gewölbt als der übrige Augapfel.
Hinter der Hornhaut befindet sich ein ebenes, kreisförmiges und gefärbtes Häutchen, die Regenbogenhaut
oder Iris, welche die Wölbung der Hornhaut von dem übrigen Teile des Auge trennt und in der Mitte eine kreisrunde Öffnung
hat (Augenstern, Pupille); betrachtet man die Öffnung von vorn, so ist sie schwarz, und daher wird sie auch das Schwarze im
A. genannt. (S. Pupille.) Die Farbe des Auge wird durch die der Regenbogenhaut bedingt.
Hinter derselben und der Pupille befindet sich ein durchsichtiger Körper von der Gestalt einer kleinen, doppelt gewölbten
Linse,
[* 40] nach dieser Form die Krystalllinse oder Linse genannt. Die übrige Höhlung ist erfüllt von einer klebrigen Flüssigkeit,
die durchsichtigem Eiweiß oder geschmolzenem Glase ähnlich ist und daher auch Glaskörper, Glasfeuchtigkeit
(Humorvitreus) genannt wird. Ein anderes durchsichtiges Mittel, die wässerige Feuchtigkeit (Humor aqueus), findet sich zwischen
der Linse und der Hornhaut.
Die ganze innere Seite der Lederhaut ist mit einer zarten bräunlichroten Haut, der Aderhaut (Chorioidea), überkleidet, die
auf ihrer Innenfläche eine dichte Lage von braunem Farbstoff (Tapetum nigrum) trägt. Durch diese dunkle
Umkleidung, die den künstlichen Apparat einer Camera obscura
[* 41] (s. d.) ähnlich macht, wird diffuse Lichtzerstreuung im Augeninnern
verhindert. Zwischen der Aderhaut und der gläsernen Feuchtigkeit liegt endlich eine feine, zarte, durchsichtige Haut, die
Netzhaut (Retĭna), eine Ausbreitung des Sehnerven, der auf der Rückwand in das Auge etwas von der Seite
eintritt und mit dem Gehirn
[* 42] in Verbindung steht. Die Netzhaut besteht aus neun verschiedenen Schichten, von denen die innerste
(f auf umstehender
[* 32]
Fig. 1) von den auseinander strahlenden Fasern des Sehnerven, die äußerste von palissadenartig dicht
nebeneinander stehenden äußerst feinen Stäbchen (b) und Zapfen
[* 43] (a) gebildet wird. Die Stäbchen und
Zapfen sind als die eigentlichen Endorgane des Sehnerven, als die lichtempfindenden Elemente des Auge zu betrachten und bilden
mit ihren in dem oben
¶
erwähnten Tapetum nigrum wurzelnden Fußenden ein zierliches Mosaik. Die Zwischenschichten (c d e) enthalten feine Nervenfasern
und Nervenzellen. Am Augapfel setzen sich die sechs Augenmuskeln an, die den Augapfel bewegen. Außerdem gehören zum Auge noch
gewisse Schutz- und Hilfsorgane, die Augenlider und der Thränenapparat. Die Augenlider (Palpebrae) verschließen
unser Gesichtsorgan und schützen es vor äußern, zu heftigen und nachteiligen Einwirkungen.
Die querlaufende Spalte, die Augenlidspalte, die sie zwischen sich lassen, kann je nach dem Bedürfnisse durch den Augenlidmuskel,
der unter der Haut ringförmig um die Augenlidspalte herumläuft, mehr oder weniger verengert oder ganz geschlossen und wieder
durch einen andern Muskel, den Aufheber des obern Augenlides, geöffnet werden. Menschen, deren Augen sich
nicht wohl allen Entfernungen anzupassen vermögen, kneifen, wenn sie einen Gegenstand deutlich sehen wollen, die Augenlider
so weit zusammen, daß nur eine sehr enge Spalte zurückbleibt, um durch Verkleinerung der Zerstreuungskreise ein möglichst
scharfes Bild zu erhalten.
Die Augenlider haben einen sehr komplizierten Bau und können einer großen Reihe von Krankheiten verfallen, von denen eine
jede ihre besondere Diagnose und Behandlung erfordert. Von großer Wichtigkeit sind auch die Augenwimpern (Cilia), die kleinen
Härchen, die auf dem vordern Saume der freien Augenlidränder in einer Reihe sehr nahe nebeneinander
und zu zweien bis dreien hintereinander stehen. Sie dienen zum Schutze gegen Staub, gegen zu helles Licht
[* 45] u.s.w. Fehlen die
Wimpern, so leidet nicht bloß die Schönheit, sondern das Auge ist auch lichtscheu und zu Entzündungen geneigter.
Die Wurzeln der Wimpern sind sehr oft der Sitz einer Entzündung, die bei Vernachlässigung eine falsche
Stellung oder das Absterben der Härchen zur Folge hat. Die innere Seite der Augenlider, wie auch die Oberfläche des Augapfels
selbst, mit Ausschluß der Hornhaut, ist von einem zarten durchscheinenden Häutchen überzogen ( Bindehaut, Conjunctiva),
das von den Thränen fortwährend benetzt und feucht erhalten wird. Dieses sondert etwas Schleim ab, der
in Verbindung mit einem von den Meibomschen Drüsen (s. d.) der Lider gelieferten fettigen Sekret (der sog.
Augenbutter) dazu dient, die Bewegungen des Auge zu erleichtern und dasselbe vor der äußern Luft, Staub u.s.w. zu schützen.
Die Thränen bilden eine wässerige, salzige Flüssigkeit und werden unaufhörlich in kleiner Menge von
der Thränendrüse (Glandulalacrymalis), die in der Augenhöhle nach außen und oben über dem Augapfel liegt, abgesondert.
Sie bespülen die Vorderfläche des Augapfels und erhalten die Hornhaut stets glatt und blank. Die überschüssigen Thränen
fließen am innern Augenwinkel
durch zwei kleine Röhrchen, die Thränenkanälchen(Canaliculilacrymales),
in den Thränensack (Saccus lacrymalis) und von diesem durch den häutigen Thränennasengang (Ductusnaso-lacrymalis) nach
der Nase ab. (S. Tafel: Das Auge des Menschen,
[* 44]
Fig. 5.) Die Thränenabsonderung steht unter dem Einflusse eines besondern Nerven.
[* 46] Ist sie vermehrt, wie dies teils bei Gemütsaffekten, beim Weinen, teils durch Reizung der Empfindungsnerven
des Auge, bei Entzündungen desselben oder bei eingeflogenen fremden Körpern geschieht, so können die Thränen nicht schnell
genug aufgesogen werden und fließen über die Wange herab. Ganz zweckmäßig vergleicht man den Augapfel mit der Erdkugel,
nennt den am stärksten vorspringenden Punkt der Hornhaut den
vordern Augenpol (V auf der beistehenden
[* 44]
Fig. 2), den am weitesten nach hinten
vorspringenden Punkt den hintern Augenpol (II), die beide Punkte verbindende, durch den Mittelpunkt des Auge gehende
gerade Linie (a a) die Augenachse, den senkrecht auf der letztern stehenden größten Kreis
[* 47] den Äquator des Augapfels (G G).
Da, wo die Augenachse die Netzhaut schneidet, findet sich in der letztern eine gelbliche Stelle (gelber Fleck),
dessen Mitte (Fovea centralis) etwas vertieft ist und infolge der Anordnung der nervösen Elemente eine bedeutend höhere
Empfindlichkeit für Lichteindrücke besitzt als alle übrigen Punkte der Netzhaut. Etwa 4 mm nasenwärts von dieser Grube
liegt die Eintrittsstelle des Sehnerven (s. Tafel: Das Auge des Menschen,
[* 44]
Fig. 2). Dieselbe ist mit den
zur Lichtempfindung geeigneten Endapparaten nicht versehen und deshalb für Lichteindruck völlig unempfindlich. Ihr entspricht
daher im Gesichtsfelde eines jeden Auge ein sog. blinder Fleck.
Im menschlichen Auge entsteht das Bild eines Gegenstandes in folgender Weise: a b der nachstehenden
[* 44]
Fig. 3 sei
ein Gegenstand, so wird die in der Mitte des von a ausgehenden Lichtkegels liegende Richtungslinie a α,. mit der Richtungslinie
des Lichtkegels b β und der aller übrigen Lichtkegel, die durch die Pupille dringen, die Augenachse an dem Punkte o (dem
Kreuzungspunkte der Richtungslinien) schneiden und sich hinter dem Punkte o in gerader Linie bis zur
Netzhaut fortpflanzen.
Die zu demselben Lichtkegel gehörigen Strahlen werden dabei so gebrochen, daß sie, bei richtiger Anpassung des Auge für die
Entfernung des Gegenstandes, die Richtungslinie (Sehlinie, Projektionslinie) gerade auf der Netzhaut schneiden und dort ein
Bild des entsprechenden Punktes entwerfen. So ist z. B. α das Bild von a und β das Bild von b. Das Netzhautbild
steht also verkehrt und ist mosaikförmig aus einer sehr großen Zahl einzelner leuchtender Punkte zusammengesetzt.
¶
mehr
107 Durch dieses umgekehrte Bild auf der Netzhaut wird die Gesichtsempfindung vermittelt. Aber der Lichteindruck ist als solcher
noch keine Empfindung, sondern er wird es erst durch die Fortpflanzung der durch ihn bewirkten Erregung zum Gehirn in der
Bahn des Sehnerven. Im Gehirn wird erst die selbstbewußte Empfindung (Gesichtsvorstellung) geschaffen und
vom Geiste auf den äußern Gegenstand bezogen oder nach außen projiziert, und zwar in der Richtung der Richtungslinie, d.h.
in der Linie, die, durch den Kreuzungspunkt o gehend, den erregten Netzhautpunkt, z.B. α mit dem entsprechenden Punkte H
verbindet.
Die Thatsache, daß wir die Gegenstände in der Lage sehen, wie sie wirklich außer uns im Raume gestellt
sind, nämlich das Obere oben, das Untere unten u.s.w., obgleich die Bilder von ihnen auf unserer Netzhaut gerade die umgekehrte
Lage haben, erklärt sich daraus, daß die Seele das auf der Netzhaut entworfene, mosaikförmige Bild nicht als ein objektives
(auf der Netzhaut stehendes) anschaut, sondern daß sie nur die zu ihr fortgeleiteten physiol.
Erregungen wahrnimmt, welche die einzelnen Lichtkegel in den von ihnen getroffenen Netzhautstellen hervorrufen, und diese
Lichteindrücke in der Richtung der Projektionslinien nach außen versetzt. Da nun das von a ausgehende Licht in α empfunden,
aber nach a projiziert, das von b ausgehende Licht in β empfunden, aber nach b projiziert wird, so werden
die Punkte a undb und ebenso alle übrigen Objektpunkte an ihrem wirklichen Orte gesehen.
Um mit gleicher Schärfe in der Nähe wie in der Ferne sehen zu können, besitzt das Auge die Fähigkeit, sich für
die verschiedene Entfernung der Objekte zu accommodieren (s. Accommodationsvermögen).
Vermöge ihrer halbkugeligen Form ist die Netzhaut im stande, auch von weit seitlich liegenden Punkten Lichteindrücke zu
empfangen. Das unbewegte Auge übersieht also gleichzeitig einen großen Teil des vor ihm liegenden Raums (Gesichtsfeld des betreffenden
Auge). Indessen ist das gesunde Auge infolge der bevorzugten Empfindlichkeit des gelben
Flecke stets bestrebt, das Bild eines zu sehenden Punkten mit diesem gelben Fleck aufzufangen und richtet deshalb stets die
Augenachse, die man deshalb auch Blicklinie nennt, auf den zu fixierenden Punkt. Zu diesem Zwecke besitzt das Auge eine große
Beweglichkeit, und zwar sind seine Bewegungen sämtlich Rollungen, die um einen Punkt (den Drehpunkt) vor
sich gehen, der ziemlich mit dem Mittelpunkt des Augapfels zusammenfällt und selbst bei den Bewegungen seinen Ort nicht ändert.
Sechs Muskeln, die Augenmuskeln, bewirken diese Bewegungen (s. Tafel: Das Auge des Menschen,
[* 48]
Fig. 4), vier gerade, die von der
Spitze derAugenhöhle nach vorn laufen und sich in der Nähe der Hornhaut an den Augapfel ansetzen, je
einer oben, unten, innen und außen, und zwei schiefe. Der obere schiefe verläuft mit den vier geraden, seine Sehne schlingt
sich um eine an der obern innern Ecke der Augenhöhlenöffnung gelegene Rolle, um nach hinten und außen
laufend hinter
dem Äquator des Augapfels mit demselben zu verwachsen.
Dieselbe Richtung nimmt unterhalb des Augapfels der von der untern innern Ecke der Augenhöhlenöffnung entspringende untere
schiefe. Je zwei dieser Muskeln, nämlich die zwei schiefen, der obere und untere gerade und der innere und äußere gerade
sind Antagonisten, wirken sich entgegen und rollen den Augapfel um eine gemeinsame Drehungsachse, die zur Zugebene der Muskeln
im Drehpunkte errichtete Normale. Die meisten Augenbewegungen werden nicht durch die Wirkung nur eines Muskels ermöglicht,
sondern durch eine zusammengesetzte Wirkung von zwei oder auch drei Muskeln.
Den Raum, den ein Auge bei unbewegtem Kopfe mit seiner Blicklinie bestreichen kann, nennt man sein Blickfeld.
Die beiden Auge des Menschen sind in Beziehung auf ihre Wirksamkeit als die Auseinanderlegung eines einzigen Auge zu betrachten;
wenigstens gilt dieses vollständig von beiden Netzhäuten. Diese sind gleichsam zwei Zweige mit einer Wurzel,
[* 49] und jedes Teilchen
der einfachen Wurzel ist gleichsam in zwei Zweige für beide Auge gespalten (s. Tafel: Das Auge des Menschen,
[* 48]
Fig. 6). Man kann sich gewissermaßen die Flächen beider Netzhäute aufeinandergelegt denken, so daß die rechte Seite der
Netzhaut des rechten Auge auf die reche Seite derjenigen des linken Auge zu liegen kommt.
Die sich dann deckenden Teile sind, was ihre Wirkung anbetrifft, eins und dasselbe und stellen, zugleich angeregt, der Seele
nur ein einfaches Bild vor (Identische Netzhautpunkte). Identisch sind sowohl die Mittelpunkte beider Netzhäute (der gelbe
Fleck) als die Stellen beider Netzhäute, die gleichweit nach rechts, links, oben oder unten vom gelben
Flecke entfernt liegen. Alle übrigen Stellen beider Netzhäute sind gegeneinander verschieden (different). Sind sie erregt,
so ist es geradeso gut, als ob verschiedene Stellen in einem einzigen Auge erregt wären; sie sehen die Gegenstände nicht einfach,
sondern doppelt. Um mit beiden Auge einfach zu sehen, richten wir daher unter allen Umständen
die Sehachsen beider Auge auf den scharf zu sehenden Punkt, so daß sie sich in diesem Punkte schneiden und in beiden
Auge das Bild auf den gelben Fleck fällt und gleichzeitig die entsprechenden Netzhautmeridiane beider Auge.
parallelsind.Fixieren wir nun z.B. einen vor uns liegenden Punkt a (s. Fig. 4), so erscheint ein fernerer
Punkt b doppelt, weil er sich in beiden Auge auf den nicht identischen Stellen β β abbildet. Ebenso muß beim Fixieren eines
fernen Punktes b (s. Fig. 5) der nähere Punkt a, dessen Bild in beiden Auge auf die nicht identischen Stellen
α α fällt, doppelt gesehen werden. Bei einer gegebenen Stellung der Sehachsen ist es nur eine bestimmte Reihe von Punkten,
die sich auf identischen Stellen abbildet, und daher einfach erscheint. Den geometr. Ort, wo diese Punkte liegen,
und der je nach der verschiedenen Stellung der Auge ein Kreis, eine ebene Fläche u.s.w. sein kann, nennt
man Horopter, Sehkreis. Alle außerhalb des
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108 Horopters liegenden Punkte müßten strenggenommen immer doppelt gesehen werden. Es geschieht dies jedoch gewöhnlich
nicht, sondern nur bei besonders hierauf gerichteter Aufmerksamkeit, weil der Eindruck, den der gelbe Fleck auf beiden Auge erhält,
ein so entschiedenes Übergewicht über die Eindrücke der mehr peripherisch liegenden Netzhautstellen hat, daß die letztern
Eindrücke zu wenig beachtet werden. Selbst die Bilder, die unsere beiden von einem und demselben körperlichen, d.h. nach
Höhe, Breite
[* 51] und Tiefe ausgedehnten Gegenstande erhalten, sind verschieden und decken sich nicht vollkommen. Diese Inkongruenz
wird gleichfalls nicht als Doppelsehen empfunden, sondern bringt dem geübten Auge die Dimension
[* 52] der Tiefe,
das Körperliche des Objekts, scheinbar unmittelbar zur Anschauung.
Wenn dagegen bei fehlerhafter Stellung der Auge, wie bei Lähmungen der Augenmuskeln und manchen Formen des Schielens, nur die
eine Sehachse auf den zu sehenden Punkt gerichtet ist, die andere bei demselben vorbeigeht, somit nur im ersten der gelbe
Fleck, im zweiten eine daneben liegende Stelle der Netzhaut von dem Bilde getroffen wird, tritt immer ein störendes Doppelsehen
(binokulare Diplopie) ein. Von dem Punkte A in beistehender
[* 50]
Fig. 6 erhält das fixierende linke Auge ein Bild auf dem gelben Flecke
g, das nicht fixierende rechte Auge auf einer nasenwärts von g gelegenen Stelle f. Das linke Auge sieht nun
A an seinem richtigen Orte, das rechte Auge dagegen den Punkt A noch einmal, und zwar in A1, also dort, wo bei richtiger
Einstellung des rechten der Punkt A stehen müßte, um sein Bild in f zu entwerfen. Ob die Fähigkeit,
die Gegenstände mit den identischen Stellen der beiden Netzhäute einfach zu sehen, anatomisch begründet ist oder durch
Übung erworben wird, ist noch streitig.
Aber die Begriffe über Anordnung, Größe, Gestalt, Entfernung der Gegenstände, d.h. die dritte Dimension des Raums, der Durchmesser
der Tiefe, der Entfernung werden nicht unmittelbar durch das Sehorgan gegeben, sondern beruhen auch zugleich
auf Urteilen und Schlüssen, welche die Eindrücke anderer Sinne zur Grundlage haben. Das Tastorgan ganz besonders vervollständigt
und korrigiert von frühester Kindheit an die Gesichtseindrücke, so daß die Eindrücke beider, uns unbewußt, ineinander
übergehen und wir mit jedem Gesehenen zugleich ein Urteil über Größe, Entfernung und Beschaffenheit
verbinden.
Die durch anhaltende Übung, verbunden mit wirklichen Messungen, erhaltene Fertigkeit und Sicherheit des Urteils nennt man
das Augenmaß (s. d.), das sonach bei einigen Menschen feiner und sicherer sein muß als bei andern. Auf der Netzhaut bilden
sich die Gegenstände nur nach zwei Durchmessern ab, nach der Höhe und Breite. Diese Durchmesser werden
also unmittelbar wahrgenommen, während der dritte Durchmesser, der der Tiefe oder der Entfernung, nur mittelbar erkannt wird.
Hat man nämlich, namentlich mit Hilfe des Tastsinnes, die dritte Dimension, den Durchmesser der Tiefe (Entfernung), die Erhabenheiten
und Vertiefungen der Körper kennen gelernt, so merkt man sich die Eigentümlichkeiten, durch die sich
die Körper von drei Dimensionen (Höhe, Breite, Tiefe), oder die dritte Dimension des Raums, die Entfernung, vor solchen Körpern,
die nur zwei Dimensionen haben,
also nur hoch und breit sind, oder in einer Fläche nebeneinander liegen, auszeichnen, und
dann erkennt man den Durchmesser der Tiefe (das Relief der Körper) um so rascher und bestimmter, je gesünder
beide Auge sind und je mehr Übung sie haben.
Die Farbe der Auge hängt ab von der Farbe der Regenbogenhaut, und deren Farbe von ihrem Gehalte an einem besondern Pigment oder
Farbestoff (beim Menschen von bräunlicher Farbe), der in körniger Gestalt in kleinen Zellen, bei blauen
in geringerer Menge auf der hintern Fläche der Regenbogenhaut, in braunen Auge sowohl auf der Hinterfläche als in der Substanz
in größerer Menge vorhanden ist. Die blauen Auge, bei denen der braune Farbestoff nur auf der hintern Fläche der
Regenbogenhaut liegt, erscheinen deshalb blau, weil sich vor dieser dunkeln Lage ein dünnes, fast farbloses Häutchen befindet,
das von auffallendem weißen Lichte nur die blauen Strahlen zurückwirft, dagegen alle übrigen Lichtstrahlen absorbiert.
Die der Albinos oder Kakerlaken erscheinen deshalb rot, weil sie pigmentlos sind und der unter solchen Verhältnissen
rote Hintergrund des Auge durch die Pupille und auch durch die dünne Regenbogenhaut durchscheint. Wird das Auge eines Kakerlaken
mit Ausschluß seines Pupillarraums beschattet, so wird dadurch das durch die pigmentlosen Augenhäute einfallende Licht,
das durch Diffundierung das Leuchten des Augenhintergrundes bedingt, abgeschnitten, und man sieht nun die Pupille des
Albino ebenfalls schwarz. Die Farbe der Auge entspricht der Farbe der Haare
[* 53] und der Haut. Ist letztere dunkel, so pflegen die Auge bräunlich
oder braunschwärzlich zu sein; ist die Farbe der Haare blond, so ist die der Auge meist blau oder blaugrünlich, übrigens werden
alle Kinder mit blauer Farbe der Regenbogenhaut geboren, und erst später mit der weitern Entwicklung des
Pigments ändert sich die Färbung.
Das der Tiere zeigt eine sehr verschiedene Entwicklung. Im einfachsten Falle ist es nichts als ein farbiger, zur übrigen Körperfarbe
komplementär oder dunkler gefärbter Fleck, mit dem besondere nervöse Elemente nicht verbunden sind, und
der wohl nur für die Empfindung der Wärme-, aber nicht der Lichtstrahlen zugänglich ist. Die Wahrnehmung von Hell und Dunkel
setzt ein centrales Nervensystem voraus, dem sich mittels besonderer Nervenfasern von der empfindenden Hautstelle her die Ätherschwingungen
mitteilen.
Soll aber Gestalt und Farbe der umgebenden Objekte erkannt, also ein Bild empfunden werden, so müssen sich
mit dem Augenfleck vor der Nervenendigung gelegene lichtbrechende Apparate verbinden; dadurch erst kommt ein wahres Auge zu stande.
Zugleich muß aber, wenn das Bild ein deutliches werden soll, der Sehnerv in eine Anzahl gesonderter Elemente aufgelöst sein,
von welchen jedes den empfundenen Reiz dem nervösen Centralorgan für sich übermittelt. Die lichtbrechenden
Apparate können ziemlich verschieden sein: einmal kann die Körperbedeckung oberhalb des Auge durchsichtig und bikonvex gebildet
sein, oder dieselbe ist bloß durchsichtig;
hinter ihr aber liegen andere besondere Gebilde als Linsen, Krystallkegel oder
Glaskörper, die der Strahl beim Einfallen in das Auge passieren muß.
Die Retina und ihre einzelnen Elemente
erscheinen in der Regel von einem
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