des Erdbodens tragen die
Winde
[* 2] organische und unorganische Teilchen in die Höhe,
Blütenstaub der
Pflanzen, Mikroorganismen
und Gesteinsfragmente. Im besondern in den Wüsten werden durch Wirbelwinde oft ungeheure
Massen des Wüstensandes in hohe
Luftschichten emporgerissen. Die
Vulkane
[* 3] senden ihre
Aschenregen in die und die
Brandung des
Meers erfüllt die
Luft mit kleinen Tröpfchen von Meerwasser, deren jedes, wenn es in der Luft verdunstet, seinen Salzgehalt als festen
Kern
in der Atmosphäre zurückläßt; daher die allgemeine
Verbreitung des Natriums in der Atmosphäre.
Endlich werden der Atmosphäre auch von außen durch
die
Verbrennung der
Meteore in ihr feste Teilchen zugeführt; ob man es aber bei gewissen kugelförmigen
Eisenpartikelchen, die man gelegentlich im
Staube bei mikroskopischer Untersuchung gefunden hat, wirklich mit solchem
Staube
meteorischen Ursprungs, sog. kosmischem
Staube zu thun hat, diese Frage ist von verschiedenen Forschern verschieden beantwortet
worden.
Tissandier hat den Staubgehalt in
Paris
[* 4] bestimmt und unter normalen
Bedingungen 7,2, nach einem heftigen
Regen 6, nach achttägiger Trockenheit 23
mg in 1 cbm Luft gefunden; auf dem
Lande unter normalen
Bedingungen 0,25, nach längerer
Trockenheit 3 und 4,5
mg in 1 cbm. Von dieser atmosphärischen Staubmasse waren 25-34 Proz.
verbrennliche, organische
Substanz, 75-66 Proz. mineralisch. In neuester Zeit hat man erkannt, dass
der
Staub für die
Kondensation des Wasserdampfes in der Atmosphäre eine große Bedeutung hat.
Wie es scheint, findet nämlich diese
Kondensation ausschließlich an den Staubteilchen statt, so daß jedem Wassertröpfchen
eines Nebels oder einer
Wolke ein Staubteilchen, wenn auch nur von außerordentlicher Kleinheit entspricht. Solche
Kondensation
von Wasser auf dem Staubteilchen kann man künstlich hervorrufen, indem man die Luft mit Wasser in Berührung
bringt, bis sie sich mit Wasserdampf gesättigt hat,
und sie dann plötzlich etwas verdünnt; durch die
Ausdehnung
[* 5] erfährt
die Luft eine
Abkühlung und infolge der
Abkühlung verdichtet sich der Wasserdampf an den in der Luft
enthaltenen Staubteilchen in Form eines Nebels.
Zählt man dann die in 1 ccm entstandenen Nebeltröpfchen, so stellt diese Zahl zu gleicher Zeit die Anzahl der in 1 ccm
der untersuchten Luft enthaltenen Staubteilchen dar. Nach diesem Princip hat in jüngster Zeit J. Aitken die Zahl der Staubteilchen
in der Atmosphäre an verschiedenen Orten gemessen und folgende Werte gefunden: auf Berggipfeln und überhaupt
in wenig bewohnten
Gebirgen enthält 1 ccm Luft nur wenig mehr als 200 Staubteilchen;
in der Nähe von Dörfern steigt ihre
Zahl bis auf Tausende, in
Städten bis auf Hunderttausende. In geschlossenem, von Gasflammen erhelltem Raume wurden bis
zu 3½ Millionen Teilchen im Kubikcentimeter beobachtet.
Ein Cigarettenraucher sendet 4000 Millionen Teilchen bei jedem Zuge
aus. (S.
Staub.)
Die Durchsichtigkeit der Atmosphäre wird durch die Kondensationsprodukte des Wasserdampfes und die festen Beimengungen
vermindert; auch tragen diese, indem sie das
Sonnenlicht unregelmäßig reflektieren und zerstreuen, zur allgemeinen Tageshelle
bei. Da mit den Niederschlagen auch der Staubgehalt der Atmosphäre zum
Teil mit zu
Boden gerissen wird, so üben
die Niederschläge eine reinigende Wirkung auf die Atmosphäre aus; daher die große Klarheit der Atmosphäre bei
schneller
Aufklärung nach heftigem
Regen.
Werden die das Licht
[* 6] reflektierenden Teilchen außerordentlich klein,
kleiner als die Wellenlängen des
Lichtes selbst, so vermögen sie nicht mehr die
Strahlen aller Wellenlängen gleichmäßig zu reflektieren; sondern je kleiner
sie werden, um so ausschließlicher werden die
Strahlen von kürzerer Wellenlänge, d. h. die blauen und violetten an ihnen
diffus reflektiert. In dieser
Weise erklärt sich die bläuliche Färbung der sog. trüben Medien,
z. B. von Wasser, dem einige
TropfenMilch zugesetzt sind, oder die blaue
Farbe des vom glimmenden Ende einer Cigarre aufsteigenden
Rauches.
Eine Erscheinung von ganz der gleichen
Art ist die blaue
Farbe des Himmels (s. d.).
Daß man es dabei in der That mit einer
Art von
Reflexion
[* 7] des Lichts zu thun hat, folgt daraus, daß das blaue Himmelslicht ebenso wie das diffuse
Licht der trüben Medien in charakteristischer
Weise polarisiert ist.
Außer dieser Zerstreuung erfahren
Lichtstrahlen von gewissen
Wellenlängen eine
Absorption in der Atmosphäre. Man erkennt dies daran, daß im
Sonnenspektrum bei tiefstehender
Sonne
[* 8] gewisse dunkle
Linien, die bei hochstehender
Sonne gar nicht oder nur schwach zu sehen sind, sehr stak hervortreten.
Diese Linien bezeichnet man als terrestrische oder
atmosphärische Linien. (S.
Spektralanalyse.)
[* 9] über die
Brechung
[* 10] der
Lichtstrahlen
in der s.
Strahlenbrechung
[* 11] (astronomisch) und Lichterscheinungen.
Diejenigen Sonnenstrahlen, die von der Erdatmosphäre nicht absorbiert oder nach außen zerstreut werden, gelangen
zur Erdoberfläche und erwärmen diese. Da nun die Atmosphäre immerhin den größern
Teil der
Sonnenstrahlung durchläßt, und außerdem
die untern Luftschichten wegen ihrer größern
Dichte in höherm
Grade als die obern Luftschichten befähigt sind, sich durch
Absorption der direkten
Sonnenstrahlung oder der Strahlung des Erdbodens zu erwärmen, so wird die Erwärmung
der Atmosphäre im wesentlichen von unten her erfolgen und die Sonnenwärme wird den untersten Luftschichten vorwiegend
zu gute kommen. Je senkrechter die Sonnenstrahlen auf die Erdoberfläche auffallen, um so intensiver ist deren Erwärmung
und um so höher die
Temperatur der darüber liegenden Luftschichten. Daher nimmt die Lufttemperatur vomÄquator
nach den
Polen hin ab. Die folgende Zusammenstellung enthält die mittlern Jahrestemperaturen jedes 10.
Parallelkreises nach
Spitaler:
Außer von dem Einfallswinkel der Sonnenstrahlen ist die Erwärmung der Erdoberfläche und damit
die Lufttemperatur in hohem
Grade von der Beschaffenheit der Oberfläche abhängig; vor allem kommt der Unterschied von
Land- und
Wasserflächen in Betracht. Landflächen erwärmen sich stärker durch die Einstrahlung und kühlen sich auch umgekehrt durch
Ausstrahlung stärker ab als Wasserflächen. Daher zeigen sowohl die mittlern Jahrestemperaturen wie
die täglichen und jährlichen Temperaturschwankungen auch für Orte desselben
Breitenkreises große Verschiedenheiten. (S.
Lufttemperatur, Kontinentalklima, Seeklima.) Daraus erklärt sich auch, daß in der obigen
Tabelle die mittlern Jahrestemperaturen
für die südl.
Breitenkreise etwas kleiner sind als für die gleichen nördlichen; denn auf der südl.
¶
mehr
Halbkugel ist die Wasserbedeckung eine bedeutend größere als auf der nördlichen.
Ebenso wie vom Äquator nach den Polen hin muß die Temperatur der Atmosphäre auch an jeder Stelle der Erdoberfläche abnehmen mit der
Erbebung über die Bodenfläche. Am einfachsten läßt sich dies an den Abhängen der Gebirge beobachten. Genaue Untersuchungen
hierüber haben ergeben, daß die Temperaturabnahme mit der Erhebung an Gebirgshängen in den tropischen und den außertropischen
Gebirgen durchschnittlich denselben Wert bat, nämlich 0,58° C. für 100 m Erhebung.
Doch ist der Einfluß örtlicher Verhältnisse auch bei dieser Größe ein sehr erheblicher. Auch ist der Betrag dieser Temperaturabnahme
mit der Jahreszeit periodisch veränderlich; für das mittlere Europa
[* 13] hat man z. B.
die folgenden Werte für die Wärmeabnahme pro 100 m: im Winter 0,45°, im Frühling 0,67°, im Sommer 0,70°, im Herbst 0,53°.
In der freien Atmosphäre ist die Temperaturabnahme mit der Höhe durchschnittlich etwas größer, wie die Beobachtungen James Glaishers
auf seinen Ballonfahrten gezeigt haben;
aus diesen ergiebt sich für die untern 1000 m der Atmosphäre 0,88°
C. Temperaturabnahme für je 100 m Erhebung. Im Sommer ist dieser Betrag für die alleruntersten Schichten der Atmosphäre noch bedeutend
größer. Im Winter bei starker Abkühlung des Bodens dagegen kann sich das Temperaturgefälle in den untersten
Schichten umkehren, so daß mit der Erhebung über den Boden zuerst eine Temperaturzunahme und erst von höhern Schichten an
die normale Temperaturabnahme eintritt.
Nach dem oben über die Erwärmung der Atmosphäre Gesagten rührt die Abnahme der Temperatur
mit der Höhe in erster Linie davon her, daß man sich von der erwärmten Erde entfernt und dem leeren,
ungehinderte Ausstrahlung gestattenden Weltenraume nähert. Es kommen aber als zweites Moment die Bewegungen und Strömungen
hinzu, die durch die horizontalen Temperaturunterschiede in der Atmosphäre erzeugt und unterhalten werden und eine
fortdauernde Mischung der verschieden warmen Luftschichten herbeiführen.
Soweit dabei die Luftmassen sich in horizontaler Richtung bewegen, führen sie ihre Wärme
[* 14] mit sich und
wirken ausgleichend auf die vorhandenen horizontalen Temperaturunterschiede. Solche Luftmassen dagegen, die sich vorherrschend
in vertikaler Richtung bewegen, ändern mit der Höhe über dem Erdboden auch ihre Temperatur. Eine aufsteigende Luftmasse
kommt nämlich wegen der vertikalen Abnahme des Luftdruckes mit zunehmender Höhe unter immer geringern
Druck, dehnt sich infolgedessen aus und kühlt sich dabei ab, wie sich fast alle Körper abkühlen, wenn sie ausgedehnt werden.
Umgekehrt wird eine absteigende Luftmasse durch den höhern Druck der untern Schichten mehr und mehr zusammengedrückt und
dadurch erwärmt. Die Mischung der Atmosphäre durch auf- und absteigende Luftströme muß also auch dahin wirken,
daß die untern Luftschichten die wärmern, die obern die kältern sind. Nach der Theorie muß für trockne oder wenigstens
nicht mit Wasserdampf gesättigte Luft die Temperaturabnahme beim Steigen oder -Zunahme beim Fallen
[* 15] für je 100 m ungefähr
1° C. betragen; in der That hat man diesen Wert der vertikalen Temperaturabnahme in aufsteigenden oder
absteigenden Luftströmen, z. B. beim Föhn (s. d.),
beobachtet. Ist die Luft mit Wasserdampf gesättigt, so tritt beim Aufsteigen durch die AbkühlungKondensation des Wasserdampfes
ein (Wolkenbildung, Cumuluswolke)
und die dabei frei werdende Kondensationswärme ersetzt die beim Aufsteigen verbrauchte
Wärme zum Teil und vermindert den Betrag der Abkühlung auf ungefähr die Hälfte des für trockne Luft
geltenden Wertes.
Die erwähnten Bewegungen und Strömungen der Atmosphäre haben zum Teil einen örtlichen Charakter (s. Land- undSeewinde, Gebirgswinde,
Monsune), zum Teil sind sie allgemeinerer Natur. Die ständigen Temperaturunterschiede zwischen den Äquatorialgegenden und
den höhern Breiten bedingen nämlich ein allgemeines, über die ganze Erde verbreitetes, wenn auch stellenweise
durch örtliche Verhältnisse verschobenes oder verändertes System von Luftströmungen, das man als die allgemeine atmosphärische Cirkulation
zu bezeichnen pflegt.
Die Art dieser Bewegung und ihre Unterhaltung durch die Sonnenwirkung ist am besten mit der Cirkulation des
Wassers in dem Röhrensystem einer Wasserheizung vergleichbar. Als Heizfläche dient die Äquatorialzone. Hier steigt die
erwärmte Luft in die Höhe; zum Ersatz strömt von den Seiten, d. h. von Norden
[* 16] und Süden, kältere Luft herbei. Diese wird
aber von der längs den Meridianen gerichteten Bewegung, die sie auf einer ruhenden Erde haben müßte,
durch die Erddrehung abgelenkt, auf der nördl. Erdhälfte nach rechts, auf der südlichen nach
links (s. Buys-Ballotsche Regel).
Infolgedessen treten diese Winde nördlich vom Äquator als Nordost-, südlich vom Äquator als Südostwinde aus. Man nennt
sie Passate; ihre Bezirke sind auf der Karte Isobaren (s. d.) durch feine schwarze
Pfeile angedeutet. Zwischen ihnen liegt eine windstille Zone, die Region der Kalmen oder Doldrums. Die Luft, die im Kalmengürtel
aussteigt, muß von dort beiderseits nach den Polen hin abfließen. Über der äquatorwärts gerichteten Strömung der untern
Luftschichten, den Passaten, wird also eine polwärts gerichtete Strömung der obern Luftschichten, Gegenpassat, stattfinden
müssen.
Wenn die Erde ruhte, so würde sich diese polwärts strömende Luft, wegen des allmählichen, nach den Polen zu eintretenden
Zusammenrückens der Meridiane schon in mittlern Breiten anstauen müssen; dadurch würde eine Erhöhung des Luftdruckes entstehen;
die mittlern und höhern Breiten müßten mit einem Barometermaximum überdeckt sein, in dem die vom Äquator
kommende Luft der obern Schichten zu Boden sänke, um dann in den untern Schichten nach der äquatorialen Gegend geringern
Druckes zurückzuströmen. In Wirklichkeit aber wird die polwärts strömende Luft durch die Erddrehung auf der nördl.
Halbkugel nach rechts, auf der südlichen nach links abgelenkt.
IhreRichtung, die aus der nordöstlichen oder südöstl. Passatströmung beim Aufsteigen über den Kalmen
zunächst in eine rein östliche übergeht und dann allmählich nach Norden oder Süden umbiegt, wird durch die fortgesetzte
Ablenkung schließlich in den höhern Breiten in eine reine Westströmung verwandelt werden. Anstatt also direkt zu den Polen
zu strömen, wird die Luft der höhern Schichten die Pole in Form je eines großen Wirbels umkreisen;
infolgedessen wird statt des erwarteten Barometermaximums nach den Polen zu ein Barometerminimum wie im Centrum einer Cyklone
entstehen. In mittlern Breiten aber wird die durch das Zusammenrücken der Meridiane bewirkte Anstauung der Luftmassen durch
die aus der Erddrehung folgende Fortdrängung der Luft von den Polen¶
mehr
noch verstärkt werden, und es wird sich dadurch am Erdboden in einer gewissen mittlern Breite
[* 18] eine Zone maximalen Druckes
ausbilden müssen. Sie liegt, wie aus der Isobarenkarte zu ersehen, um den 35. Breitengrad herum (sog.
Gegend der Roßbreiten, s. d.), bildet die äußere Grenze des Passatgebietes
und zeichnet sich wie der Kalmengürtel durch Windstille aus. Von dieser Zone aus nimmt der Luftdruck
nach dem Äquator und nach den Polen hin stetig ab. Diese Abnahme erstreckt sich in den höhern Luftschichten bis zu den Polen
selbst. An der Erdoberfläche aber steigt bei Annäherung an die Pole wieder der Luftdruck, was von der
großen Dichte der untersten Luftschichten in diesen kältesten Gegenden der Erde herrühren dürfte.
Das eben beschriebene Schema der allgemeinen Cirkulation der Atmosphäre erleidet durch die ungleichmäßige Beschaffenheit
der Oberfläche, d. h. den Gegensatz von Land und Wasser, stellenweise bedeutende Verschiebungen oder Unterbrechungen. Im Sommer
veranlaßt die starke Erwärmung der Landflächen aufsteigende Ströme und Luftdruckminima über diesen
und dadurch am Erdboden ein Zuströmen der Luft vom Meere nach dem Lande; im Winter erzeugt umgekehrt die starke Abkühlung
der Landmassen Luftdruckmaxima und niedersinkende Ströme über den Kontinenten und dadurch Winde, die vom Lande auf das Meer
hinaus wehen.
Man bezeichnet diese mit der Jahreszeit wechselnden Winde als Monsune (s. d.). So wird im Sommer das Gebiet
des Nordostpassats im nördl. Teil des Indischen Oceans durch das Gebiet des Südwestmonsuns unterbrochen, während im Winter
durch den Nordostmonsun die nördl. Grenze des Passatgebietes nach Asien
[* 19] hinein verschoben erscheint. Ähnliche Wirkungen
erzeugt Australien,
[* 20] und in geringerm Maße die andern Festländer. Auf der Karte sind die Monsungebiete
durch starke schräge Windpfeile angegeben.
Zwischen den Roßbreiten und den Polen vollzieht sich die allgemeine Cirkulation und der durch sie bedingte Luftaustausch
zwischen den obern und untern Schichten der Atmosphäre nicht in so regelmäßigen und feststehenden Formen, wie zwischen
den Roßbreiten und dem Äquator, sondern unter Bildung großer, in beständiger Umwandlung begriffener
Cyklonen und Anticyklonen (s. Luftwirbel).
[* 21] Auf der nördl. Halbkugel mit ihrer
ungleichmäßigen Verteilung von Land und Wasser breiten sich diese Wirbel mit ihren Luftdruckschwankungen nicht gleichmäßig
über die Erde aus, sondern konzentrieren sich auf bestimmte Stellen. An diesen entstehen daher im Jahres-
oder Monatsmittel Luftdruckminima, die von entsprechenden mittlern Windrichtungen cyklonartig umgeben sind (vgl.
die Isobaren in der Umgebung von Island
[* 22] auf der Karte: Isobaren), während andererseits das Innere des asiat. Kontinents sich
während der winterlichen Abkühlung mit einem so hohen Barometermaximum überdeckt, daß selbst im Jahresmittel der Luftdruckverteilung
das Maximum der Rossbreiten bis in diese Gegenden hinauf verschoben erscheint.
Auf der südl. Halbkugel sind die Verhältnisse wegen der gleichförmigen Wasserbedeckung regelmäßigere,
die Cyklonen verteilen sich gleichförmiger, und der mittlere Luftdruck zeigt eine gleichmäßige Abnahmebis in die Gegend
des 70. Breitengrades; darüber hinaus scheint auch hier, ebenso wie beim Nordpol, eine geringe Zunahme
des Luftdruckes stattzufinden. Auf der Karte sind alle Strömungen, die nicht zu den Passaten
oder Monsunen gehören, durch
farbige Pfeile angedeutet.
Über die elektrischen Eigenschaften der s. Luftelektricität.
[* 23] Diejenigen Wissenschaften, die
sich mit den Zuständen der und den Vorgängen in derselben beschäftigen, sind die Meteorologie (s. d.)
und die Klimatologie (s. d.), letztere unter dem Gesichtspunkte der geogr. Verbreitung.
die Bestandteile der atmosphärischen Luft, namentlich die beim Atmungs-, Verbrennungs- und Verwitterungsprozeß
und bei der Vegetation in Betracht kommenden, wie Sauerstoff, Ozon, Kohlensäure, Ammoniak, Salpetersäure, salpetrige Säure
und Wasserdampf.
Eisenbahnen, Luftdruckeisenbahnen, Bezeichnung für Eisenbahnen, bei denen der Druck der Luft
die bewegende Kraft
[* 25] bildet. Die Stelle der Lokomotive
[* 26] vertreten bei ihnen eine oder mehrere feststehende Dampfmaschinen,
[* 27] durch
die in einer Röhre mit luftdicht schließenden Kolben auf einer Seite die Luft entweder durch Auspumpen verdünnt oder
durch Hineinpressen von Luft verdicktet wird. Die in beiden Fällen erzeugte Druckdifferenz bewirkt die Vorwärtsbewegung
des Kolbens nach der minder dichten Luftfäule der Röhre.
Besitzt die Röhre einen so großen Durchmesser, daß der zu bewegende Körper gänzlich von ihr umschlossen wird, dieser
also gewissermaßen selbst die Rolle des Kolbens übernimmt, so pflegt man eine derartige Anlage eine
pneumatische Eisenbahn (vom grch. pneuma, Luft, Wind) zu nennen. Liegt hingegen zwischen gewöhnlichen Eisenbahnschienen eine
Röhre, in der sich ein Kolben bewegt, der vermöge eines Arms mit dem oberhalb befindlichen Wagen in Verbindung steht, so führen
diese Einrichtungen den Namen Atmosphärische Eisenbahnen im engern Sinne. Um die ungehinderte Bewegung des Arms im letztern Falle
zu ermöglichen, wird die Röhre mit einem Schlitze versehen, den eine Reihe hintereinander gestellter Lederklappen oder eine
andere Vorrichtung möglichst luftdicht bedeckt.
Während der Bewegung schiebt der Arm die Klappen beiseite, die sich hinter demselben vermöge ihrer Elasticität wieder
schließen. Die erste Idee einer Atmosphärische Eisenbahnen scheint 1810 von dem dän.
Ingenieur Medhurst ausgegangen zu sein; der engl. Ingenieur Ballance trat später (1818) mit
demselben Gedanken hervor. Beiden Einrichtungen lag die Anordnung der pneumatischen Eisenbahnen zu Grunde. Später trennte Medhurst
die Triebröhre von dem Zuge, versah dieselbe mit einem Schlitze und gab hierdurch den Atmosphärische Eisenbahnen diejenige
Anordnung, die ihnen auch fernerhin eigentümlich blieb.
Alle weitern Verbesserungen und Vorschläge betrafen fast ausschließlich die Durchführung des luftdichten Verschlusses für
den Schlitz. Eine Zeit lang machten die den Atmosphärische Eisenbahnenden Lokomotivbahnen den Rang streitig. Viele namhafte
Ingenieure beschäftigten sich mit ihrer Vervollkommnung, und bedeutende Kapitalien wurden zu ihrem Bau
herangezogen. Die älteste Atmosphärische Eisenbahnen (abgesehen von einer kurzen in der Nähe von London
[* 28] bei Normwood-Scrubs 1839 ausgeführten
Versuchslinie) wurde Anfang 1844 als Verlängerung
[* 29] der Lokomotivbahn Dublin-Kingstown zwischen letzterm Ort und Dalkey, (2,74
km) in Betrieb gesetzt. Es folgten die von William Cubitt erbaute Strecke von London nach Croydon und Epsom,
die von
¶
mehr
Brunel ausgeführte Linie von Exeter nach Plymouth
[* 31] und die von Flachat hergestellte Strecke von Nanterre nach St. Germain. Bald
wurden jedoch die großen Nachteile der Einrichtung klar, auf die schon Robert Stephenson (s. d.) 1844 hingewiesen hatte,
als die Frage erörtert wurde, ob die Eisenbahn von Chester nach Holyhead pneumatisch oder mit Lokomotiven
betrieben werden sollte. Die Schwierigkeit eines vollkommen luftdichten Röhrenverschlusses, die bedeutenden Reibungswiderstände
des Kolbens brachten großen Kräfteverlust mit sich.
Die fast unüberwindlichen Hindernisse, die sich einer zweckmäßigen Verschiebung der Züge auf den Stationen entgegenstellten,
die großen Anlage-, Erhaltungs- und Betriebskosten der zur Erzeugung des pneumatischen Druckes nötigen Maschinen,
endlich die geringe Zugkraft, die nur wenige Wagen zu fördern vermochte: alles dies machte dem Betriebe von Atmosphärische Eisenbahnen bald
ein Ende. 1879 wurde indes die Aufmerksamkeit wieder auf den Gegenstand gelenkt durchL. Gonins «Ascenseur
à l’air comprimé», bestehend aus einem in der Achse eines gewöhnlichen Eisenbahngleises gelegten gußeisernen,
oben offenen Rohr, in dem der Kolben durch Preßluft bewegt wird. Später wurden die Vorschläge so verbessert, daß sie auf
der Verkehrsausstellung in Liverpool
[* 32] im Sommer 1886 mit einem Preise ausgezeichnet wurden. Mehrere in der Schweiz
[* 33] angestellte
Versuche hatten günstigen Erfolg.
Fruchtbarer hat sich das System der pneumatischen Bahnen erwiesen. Die Rohrpostanlagen in England, Wien,
[* 34] Berlin,
[* 35] Neuyork
[* 36] beruhen auf demselben. (S. Rohrpost.) Für Personenbeförderung, bei welcher der Wagen die Rolle des
Kolbens spielt, wurde der erste Versuch 1864 durch den Ingenieur Rammel auf einer kurzen Versuchsstrecke in der Nähe des
Krystallpalastes zu Sydenham bei London unternommen. Die Röhre ist 547 m lang, gemauert, enthält ein Gleis
und kann die auf der Great-Westernbahn benutzten größten Personenwagen aufnehmen. Doch haben auch diese Bahnen eine größere
Bedeutung nicht erlangt.
Vgl. Heusinger von Waldegg, Handbuch für specielle Eisenbahntechnik, Bd. 1 (Lpz.
1877);
Zu den Atmosphärische Eisenbahnen gehören auch die in Nantes
[* 37] seit den achtziger Jahren im
Betriebe befindlichen Straßenbahnen mit Preßluft (System Makersky). Die Kammern mit zusammengepreßter Luft befinden sich
unter dem Fußboden des Wagens; es sind deren etwa 7-9 mit einem Inhalt von 2,17 cbm und einem Normaldruck von etwa 44 kg
auf 1 qcm vorhanden. Ehe die Luft den Treibcylinder erreicht, geht sie durch einen kleinen Heißwasserbehälter,
wo sie sich erhitzt und mit Wasserdämpfen sättigt, wodurch der Druck erhöht wird.
Wenn der Wagen seine Runde gemacht hat, wird er an Preßluft und heißes Wasser enthaltende Röhren
[* 38] angeschlossen und gefüllt.
Die zuerst eingerichtete (nahezu 7,5 km lange) Linie führt den Quai entlang von Doulon nach Chantenay,
eine zweite wurde innerhalb der letzten Jahre angelegt, eine dritte ist im Bau. Auch in Paris ist die Anordnung mit Erfolg angewendet
worden, ebenso in Limoges, Bern
[* 39] und Luzern.
[* 40] Der Kohlenverbrauch soll sich für 1 km auf nur 2,5 kg und die Ausgaben
für die Dampfmaschine von 8 bis 10 Pferdekräften auf nur 4 M. täglich stellen.
Bei einer in neuerer Zeit von Pardy in San Francisco erfundenen und zur Anwendung gebrachten Betriebsweise ist
längs der
ganzen Straßenbahnlinie ein mit Preßluft gefülltes Leitungsrohr verlegt, aus dessen in kurzen Abständen angebrachten
Auslaßventilen die Triebmaschine des Wagens gespeist wird. Die Luftpumpe,
[* 41] verbunden mit einem zur Druckausgleichung dienenden
Sammler für die Preßluft, befindet sich am Ende der Linie. Die Höhe des Luftdruckes beträgt 7 Atmosphären. Die Auslaß-
oder Speiseventile liegen an Straßenkreuzungen oder solchen Stellen, wo die Reisenden ab und zu gehen, so
daß die Füllung der Triebmaschine vor sich geht, während der Wagen ohnehin halten muß. (S. Straßenbahnen.)
Gezeiten, Ebbe und Flut der Atmosphäre. Langjährige Registrierungen des Luftdruckes in den Tropen (von
Batavia
[* 42] liegen sie seit den siebziger Jahren vor) haben ergeben, daß das Barometer
[* 43] kurz nach beiden Kulminationen des Mondes
am höchsten steht. Wenn der Mond
[* 44] in der Nähe des Horizonts sich befindet, erreicht das Barometer seinen tiefsten Stand. Diese
vom Mond (wahrscheinlich außerdem auch von andern Ursachen) bedingten Schwankungen betragen aber nur 0,2 mm, sind also so
klein, daß sie in Gegenden starker Druckschwankung wie bei uns erst aus Registrierungen von sehr vielen
Jahren klar erkannt werden können.
Klingelzüge, Einrichtungen, bei denen die Übermittelung eines Signals, die Auslösung eines Läutewerkes
durch vorübergehende Verdichtung atmosphärischer Luft erfolgt, die in einer Rohrleitung eingeschlossen ist.
Die Rohrleitung
hat die Gestalt eines biegsamen dünnwandigen Blei- oder Bleizinnrohrs, dessen Einfügung zwischen den zu
verbindenden Räumen eines Gebäudes leichter ausgeführt werden kann als die Anlegung des aus Winkelhebeln und Drahtzügen
zusammengesetzten mechan. Klingelzugs.
Die Verdichtung der Luft erfolgt am besten mittels einer Hohlkugel von Kautschuk.
oder Respiration, diejenige Verrichtung der organischen Körper, welche in einer abwechselnden
Aufnahme und Ausscheidung luftförmiger Stoffe besteht. Bei denPflanzen und den niedrigsten Tieren sowie bei den Eiern der Tiere
scheint dieselbe an kein besonderes Organ gebunden zu sein, sondern an der ganzen Körperoberfläche vor sich zu gehen. Bei
der großen Mehrzahl der Tiere ist aber zur Vermittelung der Respiration ein eigentümlicher Apparat vorhanden,
dessen Bau und Einrichtung in den verschiedenen Tierklassen verschieden ist. (S. Lunge,
[* 47] Kiemen, Tracheen.)
[* 48] Fast durchgängig
ist die Thätigkeit dieses Apparats mit gewissen, äußerlich mehr oder weniger sichtbaren Bewegungen bestimmter Körpergegenden
(Atembewegungen) verbunden. Am deutlichsten sind diese bei denjenigen Geschöpfen, welche Lungen besitzen, also bei dem Menschen,
den Säugetieren, den Vögeln, Reptilien
¶
mehr
und Amphibien. Doch sieht man auch sehr lebhafte Atembewegungen bei vielen durch Kiemen atmenden Tieren, z. B. den Fischen
und Sepien (Tintenfischen).
BeimMenschen erfolgt die Aufnahme von Luft in die Lungen oder das Einatmen (Inspiration) dadurch, daß die Brusthöhle erweitert
wird, indem durch die Thätigkeit verschiedener Muskeln
[* 50] (Atemmuskeln) einesteils der Boden dieser Höhle,
das nach oben gewölbte Zwerchfell, sich abflacht und nach der Bauchhöhle zu hinabsteigt, andernteils die von den Rippen
und den sie verbindenden Weichteilen gebildeten Seitenwände der Brusthöhle sich heben und dadurch stärker wölben.
Die Brustwandungen sind auf ihrer Innenseite von einer sog. serösen Haut,
[* 51] dem Brustfell (s. Brust), ausgekleidet,
welche zugleich auf die Außenseite der Lunge sich fortsetzt und auf diese Weise einen überall hermetisch geschlossenen Sack
darstellt, dessen Höhle, die Pleurahöhle, etwas schlüpfrige Feuchtigkeit enthält und so das Gleiten der einander zugekehrten
Flächen begünstigt. Von der Kontinuität des Rippenfells und dem hermetischen Verschluß der Pleurahöhle hängt
die in mechan. Hinsicht ab. Denn da die elastischen Lungen mit ihrer Oberfläche der Innenfläche der Brustwandungen überall
luftdicht anliegen, so müssen sie notwendig den Bewegungen der letztern folgen und sich bei der Erweiterung der Brusthöhle
selbst mit erweitern, was eine stärkere Ausdehnung der unzähligen kleinen Bläschen (Alveolen) bewirkt,
aus denen das Lungengewebe besteht. Der durch die Verästelung der Luftröhren (Bronchien) und die Lungenbläschen hergestellte
Hohlraum der Lungen steht aber durch die Luftröhre, den Kehlkopf
[* 52] und die Mund- und Nasenhöhle mit der äußern Luft in direkter
Verbindung sobald also dieser Hohlraum vergrößert wird, strömt die Luft von außen herein und
füllt den Raum aus. Das Maß der eingeatmeten Luft entspricht also genau der Vergrößerung, welche der Brustkasten erleidet.
Indem nach einer sehr kurzen Dauer die Thätigkeit der Atemmuskeln wieder aufhört, erfolgt durch das Heraufsteigen des Zwerchfells
und das Zurücksinken der seitlichen Brustwände wieder eine Verengerung der Brusthöhle, und in demselben
Maße werden auch die Lungen auf ein geringeres Volumen zusammengedrückt. Infolge dieser Kompression muß eine der Verengerung
der Brusthöhle entsprechende Menge von Luft wieder aus den Lungen austreten. Diesen Austritt der Luft nennt man das Ausatmen
(Exspiration).
Die Lungen, mit den sie umschließenden Wandungen der Brusthöhle, verhalten sich also beim Ein- und Ausatmen
gerade wie ein elastischer Sack, dessen äußere Hülle abwechselnd auseinander gezogen und zusammengedrückt wird. Die Brusthöhle
dehnt sich übrigens beim Einatmen gewöhnlich nicht in allen ihren Teilen in gleichem Grade aus, sondern es herrschen in dieser
Hinsicht gewisse, durch Alter und Geschlecht bedingte Verschiedenheiten. In der Kindheit erweitert sie
sich besonders durch Herabsteigen des Zwerchfells, wobei der Bauch
[* 53] vorgewölbt wird (Bauchatmen), bei dem Manne mehr durch Ausdehnung
des untern, bei dem Weibe mehr durch Ausdehnung des obern Teils der Rippenwandung (Brustatmen). In die Luftröhre gelangt die
Luft beim Einatmen aus der Nasenhöhle und kehrt durch dieselbe beim Ausatmen auch wieder zurück.
Nur in Fällen, wo sich die Lungen so stark ausdehnen, daß zur Füllung derselben die durch die Nase
[* 54] eindringende Luft
nicht
ausreicht, oder wo der Luft der Durchgang durch die Nase sehr erschwert oder ganz verschlossen ist (wie bei manchen Krankheiten
der Nase und des hintern Rachenraums), oder endlich infolge schlechter Gewohnheit, wird die Luft auch
durch den Mund ein- und ausgeführt. Dies bewirkt, wenn es längere Zeit hindurch geschieht, Trockenheit und einen weißlichen
Belag der von ihr berührten Teile der Mundhöhle, vorzüglich der Zunge. Aus der Betrachtung der Atembewegungen ergiebt sich
von selbst, dass alles, was die Erweiterung der Brusthöhle behindert, auch die Atmung beeinträchtigen muß,
also nicht bloß Kleidungsstücke, die Brust- und Oberbauchgegend zusammenpressen, sondern auch Anfüllung des Bauchs mit Speisen
oder Ausleerungsstoffen.
Für gewöhnlich geben die Atembewegungen ohne unsern Willen vor sich, indem sie automatisch von einer ganz bestimmten stelle
des verlängerten Markes, dem Atmungscentrum oder Lebensknoten (s. d.), aus angeregt werden. Unser Wille
hat aber auf sie insofern einen Einfluß, als wir die Thätigkeit der Muskeln, durch welche sie bewirkt werden, nach Belieben
verstärken (tiefer einatmen) oder wenigstens auf Augenblicke hemmen (den Atem anhalten), sowie auch in gewissem Grade beschleunigen
oder verlangsamen und häufiger oder seltener sich wiederholen lassen können.
Außerdem aber richtet sich die Stärke
[* 55] und Häufigkeit der Atembewegungen nach dem Atmungsbedürfnis des Organismus, d. h.
nach dem Maße, in welchem der bei der Respiration in den Lungen stattfindende Gasaustausch für den Lebensprozeß gerade erforderlich
ist. Denn die Atmung gehört zu den Lebensbedingungen der organischen Körper; je höher diese
organisiert sind, desto weniger können sie dasselbe auch nur auf kurze Zeit entbehren. Ein Mensch kann nicht leicht über
eine Minute unter Wasser bleiben. In manchen krankhaften Zuständen, z. B. in der Ohnmacht, ist dagegen die Atmung oft viel länger
aufgehoben, weil in ihnen das Atmungsbedürfnis und das Leben überhaupt auf Null gesunken ist; während
solche Krankheiten, die zunächst nur eine Beeinträchtigung des Verkehrs zwischen Luft und Blut in den Lungen herbeiführen,
bei längerer Dauer auch eine Störung in den meisten übrigen Verrichtungen des Körpers zur Folge haben. Wird das Atmungsbedürfnis
nicht genügend befriedigt, so entsteht ein Beängstigungsgefühl.
Der chemische Prozeß, welcher bei allen Tieren in der Atmung maßgebend ist, besteht in dem Austausche von Kohlensäure und Wasserdampf,
welche im Körper gebildet und den Atemorganen zugeführt werden, gegen Sauerstoff, welcher aus der atmosphärischen Luft
bezogen wird. Der Stickstoff der Luft spielt bei der Atmung keine Rolle. Da die Luft aber selten mit Wasserdampf
vollständig gesättigt und selten auch so warm ist, als sie in der Lunge wird, so ist die notwendige Folge, daß beim Atmen
dem Körper Wasser entzogen wird.
Was die Zahl der abwechselnden Ein- und Ausatmungen, die in einer bestimmten Zeit gemacht werden (die
Häufigkeit der Atemzüge oder die Respirationsfrequenz), anbelangt, so variiert dieselbe bei verschiedenen Personen selbst
im gesunden Zustande und unter sonst gleichen äußern Bedingungen, namentlich aber durch äußere Einflüsse in hohem Grade.
Erwachsene Menschen atmen in einer Minute durchschnittlich 16 bis 20mal, Kinder öfter; auf vier Pulsschläge kommt dabei
im
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Mittel ein Atemzug. Setzt man die Atmung im Liegen als Einheit, so vermehrt Fahren im Wagen oder auf Eisenbahnen
die Frequenz um die Hälfte; Spazierengehen und Reiten im Schritt verdoppelt, Reiten im Trabe, schnelles Fußgehen vervierfacht
sie. In Krankheiten kann sie sehr bedeutende Abweichungen erleiden. Die Quantität der jedesmal ein- und
ausgeatmeten Luft läßt sich messen. Die Lunge enthält auch nach dem tiefsten Ausatmen noch eine bedeutende Quantität, 12-1600
ccm, Luft (Residualluft); die Größe der Atemzüge beträgt bei erwachsenen Menschen von mittlerer Größe in vollkommen ruhigem
Zustande ungefähr 500 ccm, während die Lungen solcher Menschen, im Zustande der größten Ausdehnung (bei
möglichst tiefem Einatmen), ungefähr 4000 ccm Luft, also zu der Residualluft noch 2400-2800 ccm Luft, aufzunehmen vermögen.
Diejenige Luftmenge, welche nach einer möglichst tiefen Einatmung ausgeatmet werden kann, bezeichnet man als die vitale
Kapacität der Lungen. Zur Bestimmung der eingeatmeten Luftmengen (sog. Spirometrie) bedient man sich eines von Hutchinson
konstruierten gasometerartigen Apparates, des sog. Spirometers. Die Zahl sowohl als die Größe der Atemzüge sind beide während
des Schlafs verringert. In den nächsten 2-3 Stunden nach dem Essen
[* 57] sind sie größer als an den übrigen Tageszeiten. Durch
Körperbewegung werden sie gesteigert, durch Erhöhung der Luftwärme vermindert. Nach dem Genusse spirituöser
Getränke, des Kaffees und Thees nimmt wenigstens die Größe der Atemzüge merklich ab.
Die ausgeatmete Luft, der Atem oder Odem, ist wärmer als die eingeatmete, reicher an Kohlensäure und Wasserdampf und ärmer
an Sauerstoff. Außerdem sind derselben oft gewisse Riechstoffe beigemischt, welche im ganz normalen Atem nicht vorkommen,
sondern die Folge örtlicher Störungen oder Krankheiten des Mundes, der Nase oder der Lungen, in seltenern
Fällen auch durch den Genuß riechender Substanzen und deren Aufnahme ins Blut verursacht sind, wie z. B. nach dem Genusse
von Spirituosen. Überhaupt ist die Aufnahme wie Abgabe von gasförmigen Stoffen durch die Lunge eine sehr schnelle
und vollständige. So riecht z. B. der Urin sogleich nach Veilchen, sobald man nur einige Minuten in einem frisch gefirnißten
Zimmer geatmet und flüchtige Dämpfe von Terpentinöl auf diese Weise aufgenommen hat.
Ist die äußere Luft erheblich kälter als der Atem, so schlägt sich der reichliche Wasserdampf des letztern in Form
kleiner Bläschen nieder, d. h. er bildet Dunst; auch das Anhauchen eines Spiegels zeigt den reichen Wassergehalt des Atems.
Der Mensch atmet auf diese Weise täglich mehr als 330 g Wasser aus. Unendlich wichtiger ist jedoch der Unterschied der ein-
und ausgeatmeten Luft in betreff des Kohlensäure- und Sauerstoffgehalts. Die atmosphärische Luft enthält
im Mittel nur 4/10000 Kohlensäure, der Atem 4/100, also hundertmal mehr.
Treibt man den Atem durch ein Röhrchen in ein mit klarem Kalkwasser gefülltes Glas,
[* 58] so trübt sich das Wasser allmählich,
weil die Kohlensäure sich mit dem gelösten Kalk zu unlöslichem kohlensaurem Kalk verbindet. Die Größe des täglichen
Gaswechsels innerhalb der Lungen ist ziemlich beträchtlich; nach Vierordt nimmt ein erwachsener Mensch in 24 Stunden etwa 744 g
(516500 ccm) Sauerstoff auf und giebt dafür durchschnittlich 900 g (455500 ccm) Kohlensäure ab. Im Mittel scheidet ein
24-28
J. alter Mann (zu dieser Zeit ist die am stärksten) 44,5 g Kohlensäure in einer Stunde aus; er verbrennt
also in 24 Stunden 291,6 g Kohlenstoff, etwas mehr als ein halbes Pfund, das ihm in der Nahrung ersetzt werden muß.
Die Menge des verbrauchten Kohlenstoffs hängt aber ungemein von der Nahrung ab; bei Hunger schied derselbe Mann, der bei überreichlicher
Fleischnahrung 925,6 g Kohlensäure (= 252,4 g Kohlenstoff) verbrauchte, nur 662,9 g Kohlensäure (= 180,8
g Kohlenstoff) aus. Fast ebensoviel als der Atem an Kohlensäure reicher als die äußere Luft, ist er an Sauerstoff ärmer,
d. h. die atmosphärische Luft verliert bei ihrem Aufenthalte in den Lungen genau ebensoviel Sauerstoff, als sie
Kohlensäure gewinnt, und zwar dem Volumen nach, denn an Gewicht übertrifft die Kohlensäure den Sauerstoff.
Die Kohlensäure des Atems stammt zunächst aus dem Blute, und ebendasselbe nimmt den Sauerstoff aus der eingeatmeten Luft auf.
Die zahllose Menge der Lungenbläschen, welche, wie die Beeren einer Traube, dichtgedrängt an den letzten Ästchen
der vielfach verzweigten Luftröhren hängen, und deren atmende Fläche Huschke zu 2000 Quadratfuß (ungefähr 196 qm) berechnete,
werden umsponnen von einem dichten Netze feinster Blutgefäßchen, durch deren zarte Wand hindurch die Kohlensäure in die Luft
der Lungenbläschen, und umgekehrt der Sauerstoff der letztern ins Blut gelangt.
Vergleicht man das in die Lungen fließende Blut mit dem aus ihnen abfließenden, so findet sich dementsprechend,
daß ersteres mehr Kohlensäure, letzteres mehr Sauerstoff enthält. Zugleich bemerkt man, daß ersteres dunkelrot (venös),
letzteres hellrot (arteriell) erscheint, eine Folge der Einwirkung des Sauerstoffs auf den Farbstoff der Blutkügelchen.
Der Umstand, daß schon das in die Lungen strömende Blut reichliche Kohlensäure enthält, beweist, daß
letztere nicht erst in der Lunge gebildet wird, daß also zwar die Lunge der Ort der Ausscheidung, nicht aber der alleinige
Entstehungsort der Kohlensäure ist. Nicht unmöglich erscheint es, daß sich auch in der Lunge eine geringe Menge Kohlensäure
bildet; bei weitem der größte Teil aber entsteht teils im Blute überhaupt, teils, und zwar vorzugsweise,
in den Geweben der verschiedenen Organe (intramolekulare Atmung).
Jede Thätigkeit der Organe ist geknüpft an einen Stoffwechsel in ihnen, bei welchem Sauerstoff verbraucht, Kohlensäure gebildet
und zugleich Wärme frei wird. Diese in den Geweben vor sich gehende Verbindung des Sauerstoffs mit dem
Kohlenstoff zu Kohlensäure und mit Wasserstoff zu Wasser, also die definitive Verbrennung der organischen Substanzen, bildet
das letzte Glied
[* 59] in der Kette chem. Vorgänge, welche man als Stoffwechsel des Organismus zu bezeichnen pflegt, und Leben und
Wachstum ist vorzugsweise mit bedingt durch diese als Oxydation bezeichneten chem. Vorgänge. Da die Gewebe
[* 60] des tierischen Körpers, mit Ausnahme des Fettes, alle Stickstoff enthalten, so muß bei der Verbrennung ihres Kohlen- und Wasserstoffs
zu Kohlensäure und Wasser zugleich der Stickstoff eine Umwandlung erleiden und ausgeschieden werden. Dies geschieht durch
die Nieren in Form von zwei stickstoffhaltigen Substanzen, Harnstoff und Harnsäure, die sich stets im Urin
finden. Das Gleiche gilt für den Phosphor und den Schwefel, die sich in manchen Geweben finden. Die
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