Das Geez hat eine eigentümliche
Schrift, fortgebildet aus der sabäisch-himjarischen, mit der sie ursprünglich identisch
war. Sie wird von links nach rechts geschrieben und hat, obgleich ursprünglich reine Konsonantenschrift, sich doch früh
zu einer Silbenschrift vervollkommnet, indem verfolgende
Vokal durch leichte
Variationen der Form des voraufgehenden
Konsonanten
dargestellt wird.
Die äthiop. Litteratur beginnt, wenigstens soweit sie uns erhalten, erst
nach der Einführung des
Christentums in
Abessinien und ist vorwiegend kirchlich.
Ihre Grundlage bildet die
Übersetzung der
Bibel,
[* 2] die mit Ausnahme der Makkabäerbücher sämtliche biblischen
Bücher des Alten und
NeuenTestaments, auch die apokryphischen,
umfaßt, und an die sich noch andere spätjüd. oder altchristl.
Schriften anschließen, wie das
Buch derJubiläen, das
BuchHenoch, das vierte
BuchEsra, die
Ascensio Jesaiä, der «Hirt» des Hermas u. a.
Seit 1853 ist eine Gesamtausgabe des Alten
Testaments von Dillmann begonnen, aber bis jetzt nicht zu Ende geführt.
Das
Neue Testament ist 1548 zuRom
[* 3] nach einem guten
Text, aber sehr fehlerhaft, und dann in der
Londoner
Polyglotte noch fehlerhafter gedruckt; eine neue
Ausgabe, nach einem gemischten
Text, hat Platt besorgt (Lond. 1830). An diese
biblischen
Schriften reihen sich
Übersetzungen von andern wichtigen kirchlichen und geschichtlichen Werken zum
Teil in der
ältern Zeit aus dem
Griechischen, zum
Teil gegen das Ende des Mittelalters aus dem
Arabischen, zum
Teil
auch aus dem Koptischen, z. B. Werke der Kirchenväter, Liturgien, Sammlungen der
Kanones, Kirchenrecht, Homilien, jüd. und
arab.
Chroniken, Heiligengeschichten.
Als
Übersetzung eines besonders wichtigen profan-histor. Werkes sei erwähnt die von Zotenberg besorgte
Ausgabe der
«Chronique
deJean, évêque de Nikion» (Par. 1883), die nur noch in dieser äthiop.
Übersetzung erhalten ist. Die originalen Werke von einheimischen Schriftstellern sind ebenfalls meist christl.-kirchlichen
Inhalts; zu den wichtigsten gehören die großen Kirchengesangbücher (mit Gesangnoten versehen), die Werke über die
einheimische Königsgeschichte (meist im
Tarikstil, d. h. in einer aus Geez und
Amharisch gemischten
Sprache
[* 4] geschrieben), der histor.
Roman «Kebra nagast» (aus der alten Geschichte
Abessiniens) und eine Menge von Heiligengeschichten. Die
Poesie ist ganz in den
Dienst der
Kirche getreten; ihre Erzeugnisse bestehen, abgesehen von der edlern Hymnenpoesie der
Gesangbücher, fast ganz aus
gereimten Gebeten oder Lobpreisungen von
Heiligen. Die Handschriften, in denen uns die äthiop. Litteratur
erhalten ist, sind sämtlich verhältnismäßig jung. Keine einzige stammt aus der Zeit, in der die äthiop.
Sprache noch mehr war als tote Schriftsprache.
Größere Sammlungen äthiop. Handschriften finden sich zu
Rom,
Paris,
[* 5]
Tübingen,
[* 6] London
[* 7] (im
Britischen Museum), Oxford,
[* 8]
Frankfurt
[* 9] a. M.,
Berlin,
[* 10]
München
[* 11] undWien;
[* 12] die größte hatte früher
Abbadie (s. d.); doch steht seit dem Erwerb der Magdalal-Sammlung von 348 Nummern
das
Britische Museum an Reichhaltigkeit obenan.
(grch.), im
Altertum im allgemeinen ein Wettkämpfer, der sich an den gymnischen
Spielen (s.
Agon) beteiligte.
Seit dem 5. Jahrh.
v. Chr. wurde das Kampfspiel schon bei den Griechen mehr und mehr ein Erwerbszweig, und die Athletik eine
Kunstfertigkeit, deren Erlernung und Ausübung eine eigentümliche Lebensweise erforderte und an besondere
Regeln gebunden war. Noch mehr machte sich das Handwerksmäßige der Athletik geltend, als das hellenische Leben sich mit
dem römischen zu vermischen begann. In
Rom traten die ersten in
Griechenland
[* 13] gedungenen Athlet 186
v. Chr. auf.
Völlig zunftmäßig ausgebildet erscheint das Athletenwesen in der röm. Kaiserzeit, wo
es Athletengenossenschaften fast in allen größern
Städten des
Reichs gab. In
Italien,
[* 14] besonders in
Rom, wurden die Athletenkämpfe
seit dem Beginn der Kaiserzeit immer beliebter. Den Siegern wurden Geschenke und Ehrenzeichen gespendet. In neuerer Zeit
nennen sich Schaukünstler Athlet, die in
Übungen, welche große Körperkraft erfordern, wie im Heben, Tragen,
Stemmen, Hervorragendes leisten.
Vgl.
Krause, Die Gymnastik und
Agonistik der Hellenen (2 Bde., Lpz. 1841);
Friedländer,Darstellungen aus der Sittengeschichte
Roms, Bd. 2 (6. Aufl., ebd. 1889).
(spr. äthlóhn),Stadt in der irischen
Grafschaft Westmeath, 129 km westlich von Dublin,
[* 15] am Shannon, 5 km
südlich vom Lough (See) Ree, teilt sich in die schmutzige Irishtown (aus dem Gebiete der
Grafschaft Roscommon)
rechts und die schöne Neustadt
[* 16] links vom
Flusse und hat (1891) 6742 E., eine schone Eisenbahnbrücke (170 m lang),
Brennereien,
Leinwandwebereien, Filzhutfabriken und lebhaften Verkehr. Athlone ist ein Hauptstapelplatz für militär.
Vorräte mit
Kasernen für 1500 Mann; die Festungswerke (6 ha.) umfassen ein altes, durch König
Johann
gegründetes Schloß. Nach der
Schlacht an der
Boyne belagerte Wilhelm III. Athlone vergebens, das erst General
Ginkell nahm; letzterer wurde deshalb zum
Grafen von Athlone ernannt.
seit dem Mittelalter von den Griechen Hagion Oros (spr. ajonoros; daraus der türk.
Name Aineros,
d. i.
heiliger Berg), von den
Italienern Monte-Santo genannt, eine 47 km lange und bis 11 km breite Gebirgsmasse,
die als östlichste der drei Halbinseln der
Chalcidice (s. d.) in das
Ägäische Meer vorspringt, nur durch
einen schmalen, niedrigen Isthmus mit dem Festlande zusammenhängend. Sie bildet einen einförmigen, bewaldeten Höhenzug
von krystallinen
Schiefern, über welchen sich am Südende der Marmorkegel des Athosberges bis zu 1935 m erbebt (zur Geologie
[* 18] des Athos vgl. Neumayr in der «Denkschrift der kaiserl. königl.
Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-naturwissenschaftliche
Klasse», Bd. 40,
Wien 1880). Nach dem Athos fahren Dampfschiffe von
Konstantinopel,
[* 19] Smyrna und Saloniki
[* 20] etwa alle 8 -14
Tage.
¶
mehr
Nach Herodot lagen im Altertum fünf Städte dort, Dion, Olophyxos, Akrathoos, Thyssos und Kleonä, mit einer aus Thrakern
und Griechen gewischten Bevölkerung.
[* 22] Die schmalste, 1,8 km breite Stelle der Halbinsel, nahe der macedon. Küste, wollte der
Perserkönig Xerxes zur Durchfahrt für seine Flotte um 482 v. Chr. durchstechen, der Kanal
[* 23] wurde aber nicht
vollendet. In christl. Zeit, doch kaum vor dem 8. Jahrh., bevölkerte
sich der Berg mit Anachoreten (s. d.), die sich um die Laura (s. d.)
von Karyes in der Mitte der Halbinsel scharten, wo ihr Protos (s. Archimandrit) seinen Sitz hatte.
Das erste Koinobion (s. d.), die «größte
Laura» oder die «Laura des heil.
Athanasios», gründete 963 der Grieche Athanasios mit Hilfe des KaisersNikephorosPhokas. Die durch das mächtig emporblühende
Kloster entstandenen Rechtsverschiebungen in der heiligen Gemeinde des Athos ordnete die für die alten Zeiten gültige Verfassung
von 969, die der KaiserJohannesTzimiskes gab. Nach dieser lag die Regierung in den Händen des Protos und
der Hegumenen (s. Hegumenos).
Bald gründeten neben vielen reichen griech. Stiftungen auch andere Nationen dort Klöster, die Iberer (Georgier) das noch jetzt
bestehende Kloster Iberon oder Iwiron, Italiener von Amalfi das der Amalfitaner, Slawen (Bulgaren, Serben) Zographu und Chiliantari.
Das jüngste griech. Kloster, Stawronikita, stammt aus dem Jahre 1543. Von kaiserl. Gunst
beschützt und beschenkt, blühte das Gemeinwesen, dessen Verfassung 1046 revidiert und freier gestaltet wurde, mächtig auf.
Unter AlexiosKomnenos wurden die Klöster reichsfrei. Vom Hellenismus beherrscht, hielten sie sich auch in der fränk.
Zeit nach 1204 zu den Kaisern von Nicäa. Seit dem 13. Jahrh. gewann der Hesychasmus (s. Hesychasten) Ausdehnung,
[* 24] etwa gleichzeitig aber lockerte sich die Disciplin dadurch, daß viele Klöster zum idiorrhytmischen (s. d.)
Leben abfielen.
Die Türken, denen sich die Mönche nach dem Falle von Thessalonich 1430 freiwillig unterwarfen, ließen der Berggemeinde gegen
eine jährliche Abgabe völlige Freiheit der Verwaltung und des Kultus, nur setzten sie einen Beamten nach
Karyes, der jetzt die Würde eines Kaimakam hat. An die Stelle der byzant. Kaiser traten als christl. Schützer die Fürsten
der slaw. Balkanstaaten. Nachdem bereits im 17. Jahrh. durch die
Herrschsucht der Klöster der Protos gefallen, wurde 1783 auf Grund eines neuen Typikon (s. d.) die Verfassung
der Gemeinde durch den PatriarchenGabriel von Konstantinopel geregelt.
Diese gilt mit geringen Abänderungen noch jetzt. Nach ihr liegt die Regierung bei der ständigen Versammlung der Vertreter
der 20 Klöster, die je einen solchen entsenden. Die Versammlung, Synaris genannt, hat noch einen Ausschuß aus vier Epistaten
oder Vorstehern, deren einer, der Protepistates, den Vorsitz in beiden Körpern führt. Der Sitz der Regierung ist, wie in
alter Zeit, der Flecken Karyes. Die Oberbehörde der heiligen Berggemeinde ist der Patriarch von Konstantinopel.
Eine Bildung der neuern Zeit, vielleicht im Zusammenhang mit der Lockerung der Zucht durch die idiorrhythmischen
Klöster, sind die Sketen (s. d.), die sich in Abhängigkeit von den Klöstern ausbildeten. Deren giebt es jetzt 12, selbständige
Klöster 20, darunter die Laura, Iwiron, Watopedi, Russikon die mächtigsten, Kellien gegen 300, Mönche im ganzen an 5000. Die
Mönche leben seit alters im allgemeinen nach den Regeln des Basilius (s. d.), im besondern nach dem Typikon
ihres Klosters,
in strenger Ascese.
Beschwerliche Gottesdienste bei Tag und Nacht, sowie strenge Fasten sind vorgeschrieben. Auch außer der Fastenzeit essen
die Bewohner der Koinobien und Sketen gar kein Fleisch, meist nur Gemüse und Brot,
[* 25] höchstens getrockneten Fisch, die der
idiorrhythmischen Klöster und Kellien auch Eier
[* 26] und Fleisch. Keine Frau darf nach alter Tradition die
Halbinsel betreten, auch duldet man keine weiblichen Haustiere. Die weltlichen Beschäftigungen der Mönche erstrecken sich
auf einigen Gartenbau, Fischfang, Kohlenbrennen, Schnitzen von Kreuzen, Löffeln u. dgl. aus Holz
[* 27] und Elfenbein, Malen von Heiligenbildern,
Fabrizieren von Räucherwerk.
Die Bildung ist bei der Mehrzahl stets gering gewesen, da auch Wissenschaft und Kunst von den Strenggesinnten
stets zur «Welt» gerechnet wurden, der ja die Mönche entfliehen wollen.
Doch hat der Athos zu allen Zeiten Gelehrte und Künstler, namentlich Maler aufweisen können. Um die Mitte des 18. Jahrh, war
der Athos sogar kurze Zeit der Mittelpunkt der griech. Bildung, denn 1749 gründeten die Mönche von Watopedi
nahe beim Kloster eine Akademie, die unter Eugenios Bulgaris (s. d.) großen Aufschwung nahm. Man lehrte dort abendländ. Philosophie,
klassische Bildung und griech. Theologie. Den Nachfolgern des Eugenios aber fehlte der Geist, auch stand die Regierung in Konstantinopel
der Schule feindlich gegenüber, daher ging sie im Anfange des 19. Jahrh.
ein. In neuerer Zeit findet man wieder gebildete Mönche, da namentlich aus den idiorrhythmischen Klöstern manche in Athen
[* 28] und Chalki studieren.
Jedes Kloster bildet ein längliches Viereck
[* 29] von Gebäuden. (Abbildung s. Tafel: Byzantinische Kunst,
[* 21]
Fig. 8.) Im Innenhof steht
die bis auf Vorhalle und Altarraum quadratische, kuppelüberwölbte Kirche, innen mit Fresken aus dem 14. bis 19. Jahrh. und
vielen undatierten Tafelbildern. Besser als anderswo kann man hier die byzant. Kunst auch des jüngsten halben Jahrtausends
kennen lernen, da sie auch unter türk. Oberherrschaft fortwährend gepflegt wurde. Zu großem
Rufe ist in unserm Jahrhundert gelangt das «Handbuch der Malerei
vom Berge Athos» (französisch von Didron 1845; deutsch 1855; griechisch, 2. Ausg.
1885), verfaßt vom Maler und Priestermönch Dionysios wahrscheinlich im 16. oder Anfang des 17. Jahrh., das
man irrtümlich als Kunstkanon der griech. Kirche angesehen hat.
Nahe der Kirche befindet sich das Speisehaus. Außerhalb des Klosters häufig die Mühle, die Schmiede
u. dgl., immer aber der Kirchhof. Jedes Kloster hat einen Hafen. Die Schätze der Klöster sind, außer den Kirchengeräten,
die handschriftlichen Bibliotheken, die für Byzantinertum noch immer großen Wert haben. Die Zahl der griech.
Pergament- und Papierhandschriften beträgt etwa 10000. Namentlich kostbar sind die Urkunden der Kaiser,
Fürsten und Sultane, von denen die Klöster viele besitzen.
In der neuesten Zeit suchen die Russen, nachdem sie das von griech. Mönchen fast verlassene Kloster des heil. Panteleimon
(Russikon) bevölkerten, auch im Gebiete anderer Klöster Platz zu fassen. Doch scheint die Energie des
erwachten Hellenismus bereits die Hochflut der Slaweninvasion überwunden zu baben. Herrschaft über den Athos würde
den Russen gewaltige Macht in der anatolischen Kirche verleihen, daher steht auch die türk. Regierung den eindringenden Russen
feindlich gegenüber.
Vgl. Fallmerayer, Fragmente aus dem Orient (2 Bde., Stuttg. 1845);
¶
mehr
Gaß, Zur Geschichte der Athosklöster (Gieß. 1865);
Langlois, Le
[* 31] Mont Athos et ses monastères (Par. 1866);
(grch.), ein von Wollaston und Leslie angegebenes Instrument zur Bestimmung des Grades der nächtlichen Wärmeausstrahlung
vom Erdboden nach dem Himmelsraum. Es besteht aus einem Thermometer,
[* 33] dessen geschwärzte Kugel sich im Brennpunkt eines
metallenen Hohlspiegels befindet.
Durch die Ausstrahlung der Oberfläche des Thermometergefäßes sinkt das Thermometer unter
die Temperatur der umgebenden Luft.
L., Pflanzengattung aus der Familie der Umbelliferen
[* 34] (s. d.) mit nur einer einzigen
Art, Aethusasa cynapiumL.,Gleiße, Hundspetersilie oder Gartenschierling (s. Tafel: Giftpflanzen
[* 35] II,
[* 30]
Fig. 5), in ganz Europa
[* 36] und im
nordwestl. Asien
[* 37] sehr verbreitet. Der Stengel
[* 38] wird bis 1 in hoch, die Blätter sind 2-3fach gefiedert, die Blättchen fiederspaltig;
sie haben einen ähnlichen Glanz wie die der Petersilie. Das ganze Kraut ist giftig und kann leicht mit
der Petersilie verwechselt werden, zumal es sehr häufig als Unkraut in den Gärten vorkommt.
(spr. äthi), größte Stadt in der irischen Grafschaft Kildare, am schiffbaren Barrow und am Grand-Kanal, 66 km
südwestlich von Dublin, hat (1891) 5034 E., Hutfabriken und bedeutenden Getreidehandel.
In der Nähe
befindet sich Schloß Woodstock aus dem 15. Jahrh.
Bezeichnung für die einwertige Atomgruppe C2H5 ^[C2H5), die in einer außerordentlich großen
Anzahl von organischen Verbindungen vorkommt, für sich allein aber nicht existenzfähig ist. Es ist das Radikal des gewöhnlichen
Alkohols, C2H5.OH ^[C2H5·OH, und leitet sich von dem Äthan, CH3.CH3 ^ ^[CH3·CH3],
ab, wenn man von diesem 1 AtomWasserstoff abzieht. Der allgemeine Name der einwertigen gesättigten Radikale, zu denen das
A. gehört, ist Alkyl (s. d.). Mit dem Namen A. bezeichnete man früher auch das normale Butan (s. d.), C4H10 ,
da man dasselbe entsprechend der wirklich ausführbaren Darstellung als Diäthyl, C2H5.C2H5
^[C2H5·C2H5], auffaßte, das im gleichen Verhältnisse zum Äthyl, C2H5 , steht wie
ein MolekülWasserstoff, HH, zu einem AtomWasserstoff, H.
ölbildendes Gas, Elayl, ein Kohlenwasserstoff von der Zusammensetzung C2H4 . Es
ist das erste Glied
[* 39] in der Reihe der ungesättigten Kohlenwasserstoffe von der allgemeinen Formel CnH2n ^[CnH2n], der
Olefine oder Alkylene (s. d.). In ihm sind 2 Kohlenstoffatome durch je 2 Valenzen miteinander verbunden CH2 = CH2 . Das
Äthylen bildet sich bei der trocknen Destillation
[* 40] sehr vieler organischer Substanzen
und findet sich daher
im Leuchtgas
[* 41] (gegen 6 Proz.). Es wird am leichtesten erhalten, indem man 1 Volumen starken Alkohol mit 3 Volumen tonzentrierter
Schwefelsäure
[* 42] mischt und auf 150° erhitzt. Zuerst entsteht dabei, wie bei der Darstellung des Äthers (s. d.), Ätherschwefelsäure,
die bei Abwesenheit von überschüssigem Alkohol durch Wirkung der Hitze in und Schwefelsäure zerfällt:
Das Äthylen ist ein farbloses Gas von eigentümlichem Geruch, in Wasser wenig löslich, wird bei 0° unter einem Drucke von 42 Atmosphären
flüssig und siedet unter gewöhnlichem Drucke bei -105°. Es brennt mit rußender Flamme
[* 43] und ist wie
alle Alkylene befähigt, 2 einwertige Atome zu addieren. So entsteht bei der Einwirkung von ChlorÄthylenchlorid, C2H4Cl2
, eine bei 84° siedende Flüssigkeit, die unter dem Namen Öl der holländischen Chemiker bekannt war
und als Anästhetikum benutzt wurde. Es war offizinell und als Aethyleneum chloratum noch in die 1. Ausgabe
der DeutschenPharmakopöe (von 1873) aufgenommen, aber in der 2. Ausgabe (von 1882) bereits gestrichen. Das Äthylenbromid,
C2H4Br2 , ist in der Kälte fest, schmilzt bei + 9,5° und siedet bei 131,5°. Äthylenjodid,
C2H4J2 , ist ein fester krystallinischer farbloser Körper, schmilzt zwischen 82° und 83°, zersetzt
sich aber an der Luft schon unterhalb dieser Temperatur in Jod und Äthylen.
Chloräthyliden, Aldehydenchlorid, Chloräthylchlorür, eine organische Verbindung, besitzt dieselbe
prozentarische Zusammensetzung wie das Äthylenchlorid (s. Äthylen) und demnach auch dieselbe empirische Formel (C2H4Cl2
), unterscheidet sich aber von diesem durch sein chem. Verhalten und verschiedene
Eigenschaften, bedingt durch andere Gruppierung der Atome. Das Äthylidenchlorid ist eine farblose, chloroformartig riechende Flüssigkeit,
schwerer als Wasser, unlöslich darin, löslich in Alkohol und Äther; es siedet schon bei 64,8° C. und
ist brennbar. Man gewinnt das Äthylidenchlorid als Nebenprodukt bei der Bereitung des Chlorals und verwendete es früher als anästhetisches
Mittel.
(grch.), bei den Athenern der vollständige oder teilweise Verlust der bürgerlichen Rechte, der teils als Strafe
für gewisse Vergehen erkannt wurde, teils durch Nichterfüllung gewisser Pflichten (z. B. Schuldigbleiben
von Pacht- und Bürgschaftsgeldern, Ordnungsstrafen u. s. w.) ohne weiteres Verfahren eintrat.
Der härteste
Grad der Atimie war lebenslängliche Verbannung, immer mit Einziehung des Vermögens verbunden.
¶
Stadt im Kreis
[* 49] Sora der ital. ProvinzCaserta, nahe der Melfa (Melpis der Alten), hat (1881) 4102 E., ein Eisenhüttenwerk
und Fabrikation von Wolldecken. Ursprünglich eine Stadt der Volsker, von der noch die Mauern aus unregelmäßigen Kalkblöcken
vorhanden sind, war Atina zur Zeit der Langobarden byzantinisch, gehörte im 10. Jahrh.
zum Fürstentum Benevent, hierauf zum Fürstentum Capua, im 12. Jahrh. zum Territorium des KlostersMonte-Cassino (Terra Sancti
Benedicti), bis 1180 Sitz eines Bischofs. Im Mittelalter erscheint der Ort auch als Atinum. (S. auch Atena Lucana.)
Santiago de, Indianerort im Departamento Solola des mittelamerik.
Staates Guatemala,
[* 51] am See in 1568 m Höhe,
die alte Residenz der Zutugil-Könige, hat 9000 E., Baumwollweberei und Mineralquellen.
Der See Atitlan (39 km lang, 16 km breit
und in der Mitte 600 m tief) ist von steilen Abhängen umschlossen und hat kleine Zuflüsse, indessen keinen sichtbaren Abfluß.
Am Südrande der thätige Vulkan Atitlan (3573 m), im SW. der erloschene VulkanSan Pedro (2300 m).
Teil des russ. Gouvernements Saratow, hat 12510,3 qkm mit 266119 E.,
meist Großrussen, darunter 14000 deutsche Kolonisten. – 2) Kreisstadt des Kreises Atkarsk, an der Atkara,
unweit ihrer Mündung in die Medwediza, an der Linie Tambow-Saratow der Russ.
Staatsbahnen,
[* 52] führt ihren Namen von dem tatar.
Dorfe Itkara oder Etkara, das hier im 14. Jahrh. lag, und hat (1885) 7816 E.,
Post, Telegraph;
[* 53]
(spr. ättkinß’n),Thomas William, engl. Reisender, Maler und Architekt, geb. in Yorkshire, bildete
sich zum Architekten aus und baute eine Kirche in Manchester.
[* 54] 1844 unternahm er eine Reise über den Ural
nach dem Altai, 1845 durch die Kirgisensteppe bis an den Fuß des Alatau und 1849‒52 über Kobdo und Uljassutai auf bisher
noch von keinem Europäer betretenen Wegen bis in das Innere der Mongolei zum Aul des Sultans Sabeck unter 44° 40’ nördl.
Br. und 79° östl. L. von Greenwich. Er gab die reich illustrierten
Werke «Explorations in Oriental and Western Siberia» (Lond. 1857) und «Travels
in the regions of the Upper and Lower Amoor» (ebd. 1860) heraus. Atkinson starb zu Lower Walmer in Kent.
(spr. ättkins),Sir Robert, engl. Jurist und Staatsmann, geb. 1621, stammte
aus alter begüterter Familie in Gloucestershire, widmete sich dem Studium der Rechte und erlangte bald als Sachwalter großes
Ansehen. Bei der Krönung Karls Ⅱ. 1661 wurde er Ritter des Bathordens, bald darauf Abgeordneter für Eastlow, 1672 Richter
am Court of Common Pleas. Aus Mißvergnügen über das Bestreben des Hofs, die Unabhängigkeit des Richterstandes
zu untergraben, verzichtete Atkyns 1680 auf seinen Sitz im Gerichtshof. 1682 in einen Aufruhrprozeß verwickelt, zog
er sich auf seine Besitzungen in Gloucestershire zurück.
Als 1683 der Prozeß gegen Lord William Russell (s. d.) verhandelt wurde, verfasste Atkyns zwei Rechtsgutachten,
die mit glänzender Beredsamkeit die Grundlosigkeit der Anklage nachzuweisen suchten. Nach der Thronbesteigung
Wilhelms
Ⅲ. wurde Atkyns 1689 Präsident des Schatzkammergerichts und erhielt den Vorsitz im Oberhause, welche Stelle er bis 1692 bekleidete.
Er legte 1694 seine Ämter nieder und zog sich auf seine Besitzung Saperton-Hall in Gloucestershire zurück, wo er 1709 starb.
A.’ «Parlamentary and political tracts» (Lond.
1734) sind wichtige Beiträge zur Zeitgeschichte.
(nach dem den Himmel
[* 55] tragenden Atlas),
[* 56] in der Baukunst
[* 57] eine kräftige, männliche
[* 48]
Figur, die an Stelle der Säule
bestimmt ist, Gebälk, eine Konsole
[* 58] oder dgl. aufzunehmen. Beispiele von Atlánt bieten z. B. der Zeustempel zu Girgenti und aus jüngerer
Zeit das Theater
[* 59] von Athen und die Bäder von Pompeji.
[* 60] Bei denRömern nannte man sie auch mit einem ebenfalls
dem Griechischen entlehnten Worte Telamone. Die Baukunst der Griechen und Römer
[* 61] sowie der Renaissancestil zeigt die Atlánt meist
in ruhiger Stellung, während die Barockzeit sie gern überbürdet und ihrer Last kraftvoll widerstrebend darstellt. Die
weibliche gebälktragende
[* 48]
Figur heißt Karyatide
[* 62] (s.d.).
Hauptstadt des nordamerik. StaatesGeorgia und des County Fulton, in 335 m Höhe, malerisch auf Hügeln gelegen,
jetzt Hauptknotenpunkt der Bahnen des Staates und eine der hervorragendsten Handels- und Industriestädte des Südens, weshalb
man es das «Chicago des Südens» genannt hat. Sie wurde 1845 gegründet und hatte 1850: 2572, 1870: 21789,
1880: 37421, 1890: 65533 E. Hervorragende Gebäude sind das Staatskapitol, Gerichts-, Opernhaus, das Kimballhotel, eine Universität
für Farbige, sowie eine mediz. Schule. Die Umgebung ist reich an Mineralien,
[* 63] Getreide
[* 64] und Baumwolle. Im Bürgerkriege war
es Operationsbasis der Konföderierten für Georgia und benachbarte Staaten. Am ergab es sich nach
langer Belagerung dem General Sherman, der den Geschäftsteil der Stadt niederbrannte.
abgekürzter engl. Name des Atlantischen Oceans (s. d.). ^[= Der Name ist griech. Ursprungs; die einheimische Benennung war Kemet (kopt., Keme in oberägypt., ...]
(spr. ßitti), Stadt im County Atlantic des nordamerik.
Staates Neujersey, am Atlantischen Ocean, Seebad,
hat (1890) 13055 E. sowie etwa 60 teils sehr große Hotels, von denen mehrere das ganze Jahr hindurch offen sind.
einem Mythus zufolge, den nach Plato (im «Timäus» und «Kritias») ein ägypt.
Priester dem Solon erzählt haben soll, der Name einer Insel im Atlantischen Ocean, die angeblich größer als Asien und Libyen
zusammen war, infolge eines Erdbebens aber versunken sein soll. Möglicherweise hat Plato sich durch eine Sage wie die von
den Inseln der Seligen zu seinem Mythus von der Atlantis anregen lassen. Manche wollten in den Canarischen Inseln
Überreste der Atlantis wiederfinden; andere verstanden darunter gar die Skandinavische
[* 66] Halbinsel. Vielfachen Anklang hat die von
Bircherod in einer Abhandlung«De orbe novo non novo» (Altdorf 1685) ausgeführte Vermutung gefunden, daß phöniz. oder karthag.
Handelsschiffe, durch Stürme und Strömungen von ihrem Wege abgetrieben, nach Amerika
[* 67] verschlagen worden
und von dort glücklich zurückgekehrt sein könnten und auf ihren Erzählungen die Sage von der Atlantis beruhe.
–
¶
mehr
Vgl. Martin, Études sur le Timée de Platon, Bd. 1 (Par. 1841);
Clarke, Examination of the legend of the Atlantis in reference to protohistoric communication with America (Lond. 1886).
In der Geologie wurde mit dem NamenvonUnger und von Heer eine hypothetische Landmasse zwischen Amerika
und Europa bezeichnet, die zur Erklärung gewisser Eigentümlichkeiten der Flora der Tertiärzeit in Europa dienen sollte.
In ähnlicher Weise hat später Neumayr Südamerika
[* 69] mit Europa durch Land zu einem Kontinent verbunden, um Übereinstimmungen
in der Meeresfauna jurassischer Ablagerungen zu erklären. Auch zur Deutung der Eiszeit
[* 70] (s. d.) hat man
eine Atlantis herbeigezogen. Diese Vermutungen sind nicht genügend begründet (s.Lemuria).
[* 71] Ocean oder Atlantisches Meer (so benannt wie die fabelhafte InselAtlantis [s. d.] nach dem Atlas, der am
westl. Ende der Erde gedacht ward), derjenige Teil des Weltmeers, der die Alte Welt auf ihrer Westseite von
der Neuen Welt trennt und seine Hauptausdehnung von N. nach S. hat (vgl. dazu die Karte: Atlantischer Ocean).
Die Inselbildung ist gering, etwas reicher nur an den Küsten Nordamerikas und Europas. Wichtigere Stationen sind: Island
[* 72] und
die Färöer zwischen Europa und dem polaren Amerika;
die Azoren und die Bermudagruppe zwischen Europa und
dem mittlern und südl. Nordamerika;
[* 73]
die
Falklandsinseln, Südgeorgien und Sandwichsland zwischen Südamerika und den antarktischen Gestaden.
Ausdehnung und Grenzen.
[* 75] Die von dem bedeckte Fläche umfaßt nach Karstens (1894) 79892393 qkm, mit den Nebenmeeren (Mittelländisches
Meer, Ostsee, Nordsee, Kanal, Irisch-Schottische See, St. Lorenzgolf, Golf von Mexiko
[* 76] und Karibisches Meer) aber 89959829, mit
dem Nördlichen Eismeer 102959829 qkm. Die Länge von N. nach S. beträgt 13335 km, die größte
Breite
[* 77] 9000 km zwischen Senegambien und dem Busen von Mexiko; die geringste 1500 km zwischen Norwegen
[* 78] und
Grönland. Als Grenzen gelten die beiden Polarkreise im N. und S. und die Meridiane am KapAgulhas und Kap Hoorn gegen O. und
W.
Das Becken des ist erst in neuerer Zeit einigermaßen erforscht worden. In der idealen Mittellinie zwischen den Küsten
der Alten und Neuen Welt liegen einzelne stäche Rücken von etwa 1000 bis 3000 m Tiefe, während die Mitteltiefe
des Gesamtbeckens nach Karstens mit den Nebenmeeren und dem Nördlichen Eismeer 3161, ohne dieselben 3763 m beträgt. Der nördlichste
Rücken ist die sog. Kabelplatte, auf 51° nördl. Br. und von 30° bis 40° westl. L. sich erstreckend,
mit 2700 m Tiefe; südlich schließt sich hieran der Azorenrücken, bis etwa 35° nördl. Br. reichend.
Getrennt durch größere Tiefen liegt südlich des Azorenrückens die Atlantische Platte zwischen 40-50° westl. L. und 20-30°
nördl. Br. Dann zeigen sich erst wieder flachere Stellen unter dem Äquator, der sog. Äquatorialrücken, dessen höchste
Erhebung die Insel St. Paul ist, sowie südlich von diesem, in 15° westl. L. bis zu 40" südl.
Br. reichend, der sog. Challengerrücken. Von den beiden Mulden zwischen der Rückenlinie und den Festlandsküsten ist die
westliche nach den bisherigen Beobachtungen die tiefere und reicht auch in zwei Armen nördlich bis an
die Grenze des indem in der Dänemarkstraße
zwischen Island und Grönland Tiefen bis zu 2900 m und zwischen Grönland und
Labrador bis zu 4500 m gemessen worden sind.
Weiter südlich nimmt diese Mulde an Tiefe zu; östlich von Neuyork
[* 79] fand man bis 6770 m (3700 Faden)
[* 80] und
unmittelbar am Rande der Antillengruppe, nur 1° nördlich von Anegada, wurden durch die Challenger-Expedition 7086 m (3875
Faden) gemessen, überhaupt zeichnet sich der Ostrand der kleinen Antillengruppe durch den steilen Abfall zu großen Tiefen
aus, und auch die Kanäle zwischen denselben besitzen mehrfach außerordentliche Tiefen, z. B. zwischen St. Thomas und
Sta. Cruz 4720 m (2580 Faden); viele derselben gehen unter 2000 m hinab.
Die größte Tiefe des wurde von «Blake» 1885 nördlich von Portoriko auf 19° 39' nördl. Br. und 66° 26' westl. L. zu 8341 m
gemessen. Weiter südlich finden sich auf dieser Seite des meist Tiefen von 4000 bis 4500 m. Zu den
tiefsten bekannten Stellen in der südl. Westmulde gehören 5° östlich von den Martin-Vaz-Inseln die Tiefen von 4900 und 6000 m.
Die östl. Mulde scheint nicht über die durch die Färöer bezeichnete Grenze hinauszureichen;
denn die größte zwischen
diesen und Island gemessene Tiefe erreichte nur an einer Stelle 1544 m, blieb aber sonst meist auf ungefähr 500 m.
Auch ihre Tiefe nimmt nach S. allmählich zu;
in der Breite des Kanals beträgt sie bis 4500 m, nordwestlich von Madeira
[* 81] etwa
ebensoviel, und wächst unter 30° nördl. Br. bis auf 6293 m. Im südlichen liegt die größte Tiefe
mit 7370 m unter dem Äquator und 19" westl. L.;
weitere große Tiefen zeigt die westl. Rinne vom Äquator bis 10° südl. Br.,
meist über 6000 m, während die östl. Rinne 5600 m nicht übersteigt und durch einen von der
Goughinsel nordöstlich ziehenden Streifen in zwei Teile getrennt wird. An die Küsten tritt der im allgemeinen
mit ziemlich bedeutenden Tiefen heran, namentlich ziehen sich Mulden von über 4000 m in den Busen von Biscaya und in die Nähe
der Straße vonGibraltar.
[* 82]
Dagegen erstrecken sich mehrfach große Untiefen weit hinein, wie z. B. die Bank vonNeufundland mit weniger als 200 m Wasser. Die 200-Meterlinie läuft aus dem Biscaischen Meerbusen in einem Bogen
[* 83] um die brit.
Inseln herum bis in die Nähe der norweg. Küsten. Im allgemeinen ist der Boden des Meers außerordentlich eben, steilere Abhänge
haben sich bis jetzt fast nur in der Nähe der Küsten nachweisen lassen. - Die heraufgebrachten Proben
des Grundes zeigen in der Nähe der Küsten meist Sand und Lehm, selten Felsboden; in größern Tiefen ist der Boden fast ausschließlich
bedeckt mit Pflanzen- und Tierresten, namentlich den kieseligen und kalkigen Schalen kleiner Diatomeen, häufiger aber, von 1000 bis 2200 m an,
gewisser Foraminiferenformen (grauer Thon, Globigerinenschlick, s. Kammerlinge), von 2200 m an tritt der rote Tiefseethon auf,
der wesentlich aus den kieseligen Schalen und Schalenresten von Radiolarien oder Strahlingen (s. d.) besteht. Der Tiefseeurschleim
(Bathybius) Huxleys und Haeckels hat sich als ein Kunstprodukt herausgestellt.
Das Wasser des hat ein spec. Gewicht von 1,0267, und die aufgelösten Salze betragen ungefähr 3,62
Proz. In den Passatzonen steigert sich der Salzgehalt infolge des Mangels an Niederschlägen bis auf 3,79 Proz., während er in
der Davisstraße durch Beimengung des Schmelzwassers von Gletschern und Eisfeldern auf 3,32 Proz. sinkt.
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Unter den Strömungen des (s. die Karte der Meeresströmungen,
[* 85] beim ArtikelMeer) zeichnet sich der Süd-Äqnatorialstrom ans,
der in ungefähr 0° Länge und zwischen 0° und 10° südl. Br. beginnend, südlich dem Äquator folgend, westlich läuft.
Er spaltet sich in der Nähe der brasil. Küste in den Guayanastrom (nördlich) und den brasil. Küstenstrom
(südlich). Seine Geschwindigkeit beträgt im Mittel in der Nähe des Äquators 45-55, weiter südlich 30-34 km täglich.
Die Untersuchungen der Challenger-Expedition haben gezeigt, daß sich auch der Äquatorialstrom nur auf verhältnismäßig
geringe Tiefen erstreckt; man fand nämlich in einer Tiefe von 100 m nur noch halb so große Geschwindigkeit
wie an der Oberfläche, und in 150 m Tiefe war fast keine Bewegung mehr zu spüren. Sein südl. Arm, der Brasilstrom, läuft
in einer durchschnittlichen Entfernung von 400 km von der Küste, mit einer täglichen Geschwindigkeit von 22 bis 55 km, bis
zur Höhe der La Plata-Mündung sich allmählich verbreiternd.
Hier teilt er sich; der schwächere Arm läuft weiter südlich bis in die Nähe der Falklandinseln, während der Hauptteil
östlich umbiegt und im kalten Wasser der antarktischen Strömungen verschwindet. Diese häufen ihr Wasser an dem südl.
Teile der afrik. Westküste auf und bilden den nordwärts gerichteten Benguellastrom (s. unten). Im Gebiete
des Nordostpassats, und zwar bei den Kapverdischen Inseln, beginnt der Nord-Äquatorialstrom, zuerst nach SW., dann nach W.,
nicht südlicher als 10° nördl. Br. Seine Geschwindigkeit beträgt täglich 19 -28 km. Von 40° westlich von Greenwich wendet
er sich nordwestwärts auf die Kleinen Antillen zu und gebt dann als Antillenstrom weiter, bis er nördlich
von den Bahamainseln im Golfstrom verläuft.
Der Guayanastrom, der nordwestl. Arm des Süd-Äquatorialstroms, folgt in einer Entfernung von etwa 20 km der Küste von Südamerika,
die Wasser des Amazonas mit sich reißend. Seine Geschwindigkeit beträgt 36-93 km täglich. Zwischen Trinidad und Martinique
hindurch tritt er in das Karibische Meer und von hier durch die Yucatanstraße in den Mexikanischen Busen. Zwischen Nord –
und Süd-Äquatorialstrom flutet von W. nach O. die Guinea- oder Äquatorialgegenströmung, deren erste Spuren im September
auf 40° westlich von Greenwich und 10° nördl. Br., im März erst auf 25° westlich von Greenwich und
5° nördl. Br. auftreten.
Sie läuft mit einer mittlern täglichen Geschwindigkeit von 28 km (bis 37 km) auf Liberia
[* 86] zu, dann östlich in den Golf von
Guinea bis zum Kap Lopez; ein schwacher Arm lauft nördlich nach dem KapVerde. An ihrer Westseite zieht längs der
Küste von Nordamerika die bekannte Strömung bin, welche sich als Floridastrom aus der Floridastraße entwickelt und
eigentlich erst unter 40° nördl. Br. den Namen Golfstrom (s. d.) erhält. Von hervorragender Bedeutung für Schiffahrt
und Klima
[* 87] sind noch die beiden Strömungen, die ans dem Nördlichen Eismeere herabfließen.
Die eine, der Ost-Grönlandstrom, fließt an der Ostküste von Grönland südwärts und biegt am Kap Farewell
nach der grönländ. Westküste um bis Godthaab; ein schwächerer Arm läuft von Jan Mayen
[* 88] nach der Ost-und Südostküste Islands.
Die zweite Strömung, der Labradorstrom, kommt aus der Baffinbai durch die Davisstraße und folgt der Küste der Vereinigten Staaten
[* 89] von Amerika bis Kap Hatteras. Da er meist etwa 10° C., zuweilen bis
17° kälter ist als der Golfstrom,
so übt er einen stark abkühlenden Einfluß aus auf das Klima der amerik.
Ostküste. Für die Schiffahrt ist er besonders wichtig durch die Eismassen, die er aus den arktischen Regionen bringt (s.
Treibeis). In der Region der nordatlantischen Schiffskurse erscheinen die Eisberge (s. d.) im Januar, am stärksten im
Mai und bedrohen die Schiffahrt bis in den Juli hinein. Das Gebiet, auf dem größere Massen auftreten, erstreckt sich östlich
und südöstlich von Neufundland auf 600-700 km; doch finden sich im Mai und Juni treibende Eisberge bis
zu 39° nördl. Br. Und erheischen von seiten der Seefahrer bei nebligem Wetter
[* 90] oder bei Nacht die größte Vorsicht. Im Südatlantischen
Ocean dringen die Eismassen des AntarktischenMeers etwa ebenso weit gegen den Äquator vor, kreuzen aber nicht in gleichem
Maße die Kurse der Schiffe.
[* 91]
Die äußerste Grenze, bis zu der man bis jetzt im A. O. Treibeis gefunden bat, ist im N. 37° 30', im S.
35° Breite beim Kap der Guten Hoffnung und 38° beim La Plata. Doch läuft die Grenze des Treibeises in Durchschnittsjahren
von Kap Hoorn nach Tristan da Cunha und von da östlich, allmählich nach S. zurückweichend. Die Monate,
in denen das Treibeis hier am weitesten nach N. vordringt, sind Januar bis März; es zeigt auf der südl.
Halbkugel seltener die abenteuerlich zerrissenen Formen wie auf der nördlichen, sondern bildet meist Plateaus von riesenhafter
Ausdehnung. Kühle Strömungen ziehen längs der Südwestküste Afrikas gegen Norden
[* 92] (Benguellastrom) und
in derselben Richtung längs der Küste Patagoniens bis gegen den La Plata (Falklandstrom). - Außer diesen Oberflächenströmungen
hat man in neuester Zeit auch Strömungen in tiefern Regionen nachgewiesen.
Die Untersuchungen der Challenger-Expedition haben gezeigt, daß die Unterströmung in der Richtung um 120° von der an der
Oberfläche herrschenden abweichen kann; man fand sie in einer Tiefe von 200 bis 500 Faden (350-900 m).
Weiter unten zeigte sich eine schwache Strömung von derselben Richtung wie an der Oberfläche, während in einer Tiefe von
mehr als 600 Faden (1100 m) sich keine Bewegung mehr nachweisen ließ. Durchweg hat sich gezeigt, daß
diese bisher bekannten Strömungen in verhältnismäßig geringe Tiefen hinabreichen; eine Bestätigung dieses Ergebnisses
lieferten namentlich die Beobachtungen der Challenger-Expedition über die Temperatur des Meerwassers in verschiedenen Tiefen,
ans denen hervorgeht, dass sich der Einfluß des Klimas in viel geringere Tiefen erstreckt, als man bisher geglaubt hatte.
- Interessante Erscheinungen sind noch die großen Tangwiesen, die sich zwischen 40 und 60° westlich
von Greenwich und 22 - 35° nördl. Br. in dem Teile des finden, der innerhalb der großen Strömungen unbewegt bleibt.
(S. Sargassomeer.) In neuerer Zeit hat man nicht nur diesen, sondern der ganzen pelagischen Tier- und
Pflanzenwelt (Auftrieb,
[* 93] s. Plankton) sowie dem Tiefseeleben (s. d.) eine erhöhte Aufmerksamkeit geschenkt.
Die Oberflächentemperaturen des sind am höchsten zwischen 30° und 40° nördl. Br.; hier liegt eine etwa 550 m mächtige
Schicht Oberflächenwassers von über 15° C. Selbst im Tropengürtel ist die Temperatur in 180 m Tiefe
schon niedriger als 15°, namentlich im Südatlantischen Ocean. Der nördliche ist im Westen wärmer
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