Grund der ascetischen Ethik ist die
Anschauung, daß
Geist und Materie in schroffem Gegensatze stehen und die Materie als das
unreine hindernde Element überwunden, womöglich vernichtet werden muß.
Nach der
Anschauung der
Inder ist die Ascese, hauptsächlich in der Form der gesteigerten Selbstpeinigung, ein
Mittel die
Erfüllung
aller Wünsche, den
Besitz übernatürlicher Kräfte, selbst göttliche Macht zu erlangen. Der brahmanischen
Philosophie gilt die Ascese als die wirksamste Förderung der Konzentration des
Geistes und der dadurch zu erstrebenden höchsten
Erkenntnis. Von den für heterodox geltenden
Religionen, Buddhismus und Dschainismus, hat jener die Fruchtlosigkeit aller
Kasteiungen erkannt, wogegen dieser der Ascese großen Wert beimißt.
Zur Ascese sind auch zu rechnen die
Speiseverbote, Fasten, Reinigkeits- und Enthaltsamkeitsvorschriften der
Juden, die den religiösen
Sinn haben, daß Israel als das Eigentumsvolk
Gottes sich vom
Unreinen, wodurch das Bundesverhältnis
mit Gott gestört werden
kann, fernhalten muß. Erst im spätern
Judentume machten unter fremden Einflüssen teilweise auch dualistische
Anschauungen von der Unreinheit der Materie sich geltend, so namentlich bei den
Therapeuten (s. d.) und wie es scheint auch
bei den Essenern (s. d.). Um die Zeit von Christi
Geburt finden sich ähnliche
Anschauungen auch in der griech. Welt, besonders
da, wo Griechen und
Orientalen in nähere Berührung traten.
Das
Christentum fand diese Lebensanschauung also bereits vor.
In dem Evangelium Jesu findet sie sich nicht,
aber die Erwartung des baldigen
Anbruchs der messianischen Zeit, der harte Druck der Verfolgungszeiten führte zur Weltflucht.
Auch der aus dem
Judentume herübergenommene Gegensatz von Fleisch und
Geist mußte einer dualistischen Ascese die Wege bereiten,
die denn auch bald unter heidnisch-orient. Einflüssen in der ältesten
Kirche Eingang fand. Dennoch hat diese dualistische
Lebensanschauung nur die
Kreise
[* 2] der Gnostiker (s. Gnosis) und auch diese nur teilweise beherrscht, während schon das
kath.
Christentum des 2. Jahrh. durch die Unterscheidung einer höhern und einer niedern Sittlichkeit
mit der Welt ein
Abkommen traf und die ascetische Zeitrichtung in eine geordnete
Bahn lenkte.
Wirkliche
Ascetik tritt dagegen in der namentlich bei den Montanisten (s. d.) gesteigerten
Fastenstrenge und in noch höherm
Grade in der früh verbreiteten
Ansicht von der besondern Verdienstlichkeit des ehelosen
Lebens hervor (s.
Cölibat).
Ausfluß
[* 3] ascetischer Stimmungen ist auch das Auftreten der
Anachoreten (s. d.)
und des Mönchswesens seit Ende des 3. Jahrh. Die
Kirche kam einer weitverbreiteten Zeitrichtung entgegen, indem sie die klösterliche
Weltflucht zu einer geordneten Institution erhob und mit dem Ruhme höherer Heiligkeit auszeichnete. Im Mittelalter kamen
als
Übungen kirchlicher Zucht allerlei Kasteiungen des Leibes auch in bürgerlichen
Kreisenauf und wurden
von der
Kirche eifrig empfohlen. Je mehr aber die Meinung überhandnahm, daß die äußere Ascese als solche Gott wohlgefällig
sei, desto stärker zeigte sich dieser Veräußerlichung der Sittlichkeit gegenüber die Opposition, bald im
Namen einer wirklichen,
aber ernst gemeinten ascetischen Lebensansicht, wie seit dem 11. Jahrh.
bei den
Katharern,
Waldensern u. a., bald im
Namen einer innerlichen Frömmigkeit, wie bei den Vorläufern der
Reformation, bald
endlich im
Namen einer aufgeklärten Weltbildung,
wie bei den ital. und deutschen
Humanisten seit dem 14. und 15. Jahrh. Der
Protestantismus hat die höhere Verdienstlichkeit der ascetischen
Übungen bestritten, in ihnen eine Verdunkelung,
ja Verleugnung der
Lehre
[* 4] von der
Rechtfertigung des Sünders allein aus der
Gnade durch den
Glauben erblickt und so auch dem
Mönchstume und allen äußern kirchlich gebotenen Werken ein Ende gemacht. Dennoch sind auch den prot.
Kirchengemeinschaften
ascetische
Anschauungen nicht völlig fremd geblieben,
so denPietisten (s. d.). -
Vgl. Zöckler, Kritische
Geschichte der Ascese (Frankf. 1863).
1) Bezirkshauptmannschaft und Gerichtsbezirk in
Böhmen,
[* 5] hat 154,22 qkm und (1890) 34 264 E., darunter 8931 Katholiken und 63 Israeliten, 3477 Häuser, 7607 Wohnparteien
in 12 Gemeinden mit 28 Ortschaften. Sie bildete früher die Herrschaft Asch, die, ursprünglich
reichsunmittelbares Gebiet, von ihrem
BesitzerAlbert von Neydberg 1331 der
KroneBöhmen zu
Lehn aufgetragen ward, wofür König
Johann von Luxemburg
[* 6] die Stadt Asch für immer von
Steuern befreite. Die wirkliche Einverleibung des Gebietes erfolgte nach mehrjährigen
Streitigkeiten erst 1770 und 1771. Die
Reformation fand in Asch zu derselben Zeit Eingang wie in
Sachsen,
[* 7] und es galt dort auch
sächs. Kirchenrecht, bis im März 1775 ein eigenes evang. Konsistorium
für das Gebiet begründet ward, das bisher unter dem Konsistorium zu
Dresden
[* 8] gestanden hatte. - 2) Stadt und
Sitz der Bezirkshauptmannschaft sowie eines Bezirksgerichts und Hauptzollamtes, unweit der sächs.
und bayr. Grenze, in 637 m Höhe am Fuße des Hainbergs und an der Linie
Hof-Eger der Bayr. Staatsbahnen
[* 9] sowie an der
Lokalbahn
Asch-Roßbach (14,8 km), hat (1890) 15 557 deutsche E., darunter 9904
Evangelische, evang. Superintendentur, evang.Kirche
(1749 erbaut), in die 14 Dörfer, darunter auch 6 bayrische, eingepfarrt sind, neue kath.
Kirche,
DenkmälerKaiserJosephs II.
und
Luthers, zwei
Bürger-, eine Web- und Wirkschule; Fabrikation von halbseidenen, halb- und ganzwollenen Kleiderstoffen (6-7000
Webstühle
[* 10] und 11000
Arbeiter),
Strumpf- und andern wollenen und baumwollenen Wirkwaren (2300
Arbeiter), Leder,Maschinen
für
Weberei
[* 11] und Färberei, mechan.
Webereien, Bleichereien, Färbereien und eine
Brauerei.
In der Befestigung werden die von den Afghanen
bei Kuscht erbeuteten engl.
Kanonen aufbewahrt. Aschabad war bis zu seiner Eroberung durch die
Russen 1881 ein
Haupt-Aul der Achal-Teke-Oase,
mit etwa 500 Kibitken.
an derDonau,Markt im Gerichtsbezirk Eferding der Bezirkshauptmannschaft Wels in Oberösterreich,
am
Austritt der Donau aus dem engen Gebirgsthale, an der
Nebenlinie Wels.-Aschach an der Donau (28 km) der Österr.
männl., 15 938 weibl.) (5. in 90 Ortschaften. - 2) Unmittelbare Stadt, 10 km von der hess. und 20 km von der preuß.
Grenze, in 125 m Höhe, in reizender und gesunder Gegend rechts am Main, unweit der Mündung der Aschaff in denselben, an den
Linien Würzburg-Aschaffenburg (89,20 km), Aschaffenburg-Amorbach (45,31 km) der Bayr. Staatsbahnen und Aschaffenburg-Grenze (16,36 km),
Mainz-Darmstadt-Aschaffenburg (76,21 km) der Hess. Ludwigsbahn, Sitz des Bezirksamtes, eines Landgerichts (Oberlandesgericht Bamberg)
[* 14] mit
einer Kammer für Handelssachen und 10 Amtsgerichten (Alzenau, Amorbach, Aschaffenburg, Klingenberg, Lohr, Marktheidenfeld, Miltenberg, Obernburg,
Schöllkrippen, Stadtprozelten), eines Amtsgerichts, Land-, Straßen- und Flußbauamtes, je zweier Forst- und
Rentämter, einer Brandversicherungsinspektion, Stiftungsadministration sowie eines Bezirkskommandos, hat (1890) 13 630 (6793
männl., 6837 weibl.) E., darunter 1866 Evangelische und 548 Israeliten, in Garnison das 2. bayr. Jägerbataillon, Postamt
erster Klasse, Telegraph,
[* 15] ein Bezirksgremium, 6 kath. und 1 evang. Kirche.
Die kath. Stiftskirche, 980 begründet von HerzogOtto von Bayern,
[* 16] 1870-81 erneuert, im roman. Stil mit unregelmäßigem
Grundriß, besitzt interessante Denkmäler (heil. Margareta, Albrecht von Brandenburg
[* 17] als Kurfürst von Mainz,
[* 18] Kurfürst Friedr.
KarlJoseph von Erthal); die andern Kirchen sind die Pfarrkirche zu Unserer Lieben Frau (1016 erbaut, 1768 erneuert), St. Agatha
(1116 erbaut, vor kurzem erneuert), die Jesuiten- jetzt Dreifaltigkeitskirche (1619 erbaut), die Kirche
im Kapuzinerkloster (1620 gegründet), und die prot.
Pfarrkirche (1837 erbaut). Von weltlichen Gebäuden seien erwähnt: Schloß Johannisburg, 1605-14 vom Kurfürsten Johann Schweikard
von Mainz in rotem Sandstein erbaut und lange Zeit Sommerresidenz der Kurfürsten von Mainz, ein Viereck
[* 19] von 87 m Seitenlänge
mit vier Ecktürmen (52 m) und großem Schloßhof (2560 qm);
es enthält eine Bibliothek mit Inkunabeln
und wegen ihrer trefflichen Miniaturen wertvollen Evangelienbüchern, eine Kupferstichsammlung (20000 Blätter) und gegen 400 Gemälde
(gute altdeutsche und niederländische);
das Pompejanische Haus (Pompeianum) ließ König Ludwig I. von Bayern 1842-49 dem
Hause des Castor und Pollux zu Pompeji
[* 20] nachbilden und mit in antikem Geschmack gearbeiteten Gerätschaften
versehen;
das Freiherr von Dalbergsche Palais (jetzt Gerichtsgebäude), Krankenhaus
[* 21] (1824 erbaut, 1888 erweitert), Militärkaserne
(1803 begonnen).
Auf dem Kirchhofe vor dem Wermbacher Thore befinden sich die Gräber von Clemens Brentano und Wilhelm Heinse;
auf dem Karlsplatze das Denkmal (1854 errichteter Steinobelisk) des Geschichtschreibers Lambert von Hersfeld
[* 22] (angeblich in Aschaffenburg geboren), an der Stiftskirche der got. Pilgerbrunnen, 1882 zur
Erinnerung an das 900jährige Jubiläum derselben und das 1000jährige von Aschaffenburg errichtet. Die über den Main führende 1430 erbaute 250 m
lange steinerne Brücke
[* 23] wurde 1890 durch eine neue ersetzt.
Ferner hat Aschaffenburg: ein königliches kath. Gymnasium, ein
königl. Studienseminar, 1839 gegründet, eine königl. Realschule,
Forstlehranstalt für das Königreich Bayern, höhere weibliche Bildungsanstalt (Seminar mit Töchter- und Seminarübungsschule),
engl. Fräuleinstift (mit Erziehungsanstalt) im vormals Gräflich von
Schönbornschen Palais,
städtische Zeichen- und Musik-, gewerbliche Fortbildungs-, 2 kath., 1 evang. Volksschule, Waisen-, Armen-, Krankenhaus, Filiale
der Kongregation der Schwestern vom Göttlichen Erlöser für ambulante Krankenpflege, Markthalle, Gas- und Wasserleitung,
[* 24] Volksbank,
Theater
[* 25] (im vormaligen Deutschordens Komturhause);
ferner Eisengießerei,
[* 26] Fabrikation von Bunt- und Weißpapier, Cellulose,
Buchdruckereifarben, Lack, Firnis, Liqueuren, Essig, Eisschränken, Werkzeugen, Herden, Herrenkleidern;
Geschichte. Aschaffenburg (Asciburgum, Askafaburg) wurde wegen seiner günstigen Lage von den Römern zur Anlegung eines Kastells benutzt:
später ward diese Gegend der decumatischen Landschaft ein Teil des rheinfränk. Herzogtums. Das Gebiet des durch Otto I.,
Herzog von Schwaben und Bayern, 974 gegründeten Kollegiatsstifts St. Peter und Alexander (1000 qkm) kam nach OttosTode an das
Erzstift Mainz und verblieb demselben bis zur Auflösung des DeutschenReichs. Die Propstei Aschaffenburg bestand bis 1558. Die
Stadt, 1122 durch Erzbischof Adalbert I. stark befestigt, hatte im Dreißigjährigen Kriege viel zu leiden: 1631 von Gustav
Adolf, 1634 nach der Schlacht bei Nördlingen
[* 29] von den Spaniern, 1646 von Franzosen, Bayern und Schweden;
[* 30]
1647 wurde sie von den
Kaiserlichen unter Garnier eingenommen.
Turenne besetzte sie 1672. Auf dem zu Aschaffenburg 1447 abgehaltenen Reichstage
wurden die später zu Wien
[* 31] abgeschlossenen Konkordate deutscher Nation eingeleitet und deshalb Aschaffenburger oder WienerKonkordate
genannt. Nach Auflösung des Erzstifts Mainz (1803) wurde Aschaffenburg Hauptstadt des Fürstentums Aschaffenburg (das
Stiftsgebiet nebst den mainzischen Ämtern Aufenau, Lohr, Prozelten, Klingenberg, Orb und dem würzburgischen
Amt Aufach, 1700 qkm groß), welches nebst dem BistumRegensburg
[* 32] dem Kurfürsten und Reichserzkanzler Karl von Dalberg, Primas
von Deutschland,
[* 33] übergeben wurde. 1810 wurde derselbe Großherzog von Frankfurt,
[* 34] von dem Aschaffenburg ein Departement war. Nach Napoleons
I. Fall kam das Fürstentum Aschaffenburg auf kurze Zeit an Österreich,
[* 35] wurde aber durch den Vertrag vom gegen
Tirol,
[* 36] Salzburg
[* 37] u. s. w. an Bayern abgetreten. Am wurde bei Aschaffenburg die vom Befehlshaber des 8. Bundeskorps, Prinz Alexander
von Hessen,
[* 38] entsendete österr. Division Neipperg von der preuß. Division Göben geschlagen
und die Stadt von den Preußen
[* 39] erstürmt.
(spr. äßkm), Roger, engl. Gelehrter, geb.
um 1515 zu Kirby-Wiske (Yorkshire), studierte in Cambridge seit 1530, wurde daselbst Professor des
¶
mehr
968 Griechischen, 1544 offizieller Redner der Universität und 1548 Lehrer der spätern Königin Elisabeth. Er ging 1550 als
Sekretär
[* 41] des Gesandten Morisine an Karls V. Hof
[* 42] nach Deutschland, schrieb seine Beobachtungen in «A report and discourse ofthe affaires and state ofGermany» (1553) nieder und wurde 1553 lat. Sekretär der Königin
Maria, 1558 der Königin Elisabeth. Er starb Außer seinem Hauptwerke, «The ScholeMaster», das nach den Grundsätzen
moderner Pädagogik neue Gedanken über die Unterweisung im Lateinlesen und -Schreiben aufstellt (hg. von der WitweA.s, Lond.
1570; Neudruck in Arbers«Reprints», Nr. 23, 1870,
und von Margoschis, Madras
[* 43] 1879),
schrieb Ascham «Toxophilus, the schole of shootinge» (Lond.
1545; Neudruck in Arbers«Reprints», Nr. 7, 1869;
mit «Schoolmaster» hg. von Mayer, 1863). Gesamtausgaben der Werke A.s von Bennet (Lond. 1761, mit BiographieA.s von Johnson),
Cochrane (ebd. 1815),
Giles (3 Bde., ebd. 1864–65; mit A.s«Letters»); A.s«Familiares epistolae» erschienen
seit 1576 in mehrern Abdrücken. –
(Abongo), Zwergvolk in Afrika,
[* 45] s. Französisch-Kongo. ^[= (Congo français), franz. Kolonie an der afrik. Westküste, entstanden aus den franz. Besitzungen ...]
(Asante), ein Reich des Negerstammes Aschanti, mit etwa 27500 qkm Fläche, im N. der Goldküste
in Nordwestafrika, grenzt im S. an die Provinzen der engl. Goldküste Akem, Asen und Dankira, im W. an Sahwi, östlich an Okwawu,
im N. an Gjaman und Kintampo. Das meist flache, fruchtbare und waldreiche Land steigt gegen N. terrassenförmig an; es wird
bewässert vom Pra, Ofe und Da. Das Klima ist gemäßigt, es giebt zwei Regenzeiten. Der Boden ist größtenteils
thonig und reich an schwarzer Erde, bei der Fülle von Wasser daher sehr fruchtbar: man baut Yams, Durra, Mais, Hirse,
[* 46] Reis,
Tabak.
[* 47]
Groß ist der Reichtum an Pflanzen, welche Gummi und Aromen, Farbe und Luxusholz liefern. Das Waldland lichtet
sich in höher gelegenen Strichen zur Savanne. Auch die Fauna ist typisch tropisch-afrikanisch gut vertreten: Elefanten, Büffel,
Antilopen, Affen,
[* 48] Zibetkatzen, Stachelschweine sowie Löwen,
[* 49] Leoparden, Schakale und Eber. Die Aschanti, zum Stamme der Odschi (s. d.)
gehörend, sind ein gut gebautes, kräftiges Volk, an dem die körperlichen Eigentümlichkeiten der Negerrasse
gemäßigt auftreten (s. Tafel: Afrikanische Völkertypen,
[* 40]
Fig. 1). Die Kleidung der bessern Klassen ist ein großer Mantel
aus Seidenstoff, im Kriege ein anliegendes Gewand, mit Metallzieraten und Amuletten mit maur.
Schriftzeichen behängt, weiten Baumwollhosen und roten Lederstiefeln. Der König und die Prinzen führen ein Schwert mit
goldenem Griffe. Die Häuptlinge tragen goldene Brustplatten, und jeder behängt sich mit möglichst
vielen Goldzieraten. Die niedern Klassen schlagen nur ein Tuch um die Lenden. Durch den Handel wohlhabend gewordene Sklaven
oder Freie bilden die niedere Schicht. Die Vornehmen, meistens die Häuptlinge der Ortschaften, von den Portugiesen Cabosirs
genannt, bilden den Adel, aus dem der König seine Beamten, Generale und seinen Hofstaat nimmt.
Die Kunst der Schmiede und Goldarbeiter ist sehr groß; letztere fertigen Ringe, Ketten, Nadeln
[* 50] und Tierbilder. Die gewebten
Stoffe sind vorzüglich und die Leistungen der Färber, Töpfer, Gerber und Zimmerleute bedeutend.
Die Aschanti sind schlaue und
erfahrene Handelsleute. Der Hauptausfuhrartikel ist Gold,
[* 51] außerdem Elfenbein und Farbhölzer. Eingeführt
werden Schießwaffen und Pulver, Metalle, Spirituosen, Tabak und gewebte Waren; der Handel nach Norden
[* 52] in das Innere ist bedeutend.
Aus dem weitverbreiteten Goldsande wird viel Waschgold gewonnen; Körner und Klumpen aber gehören stets dem Könige, der auch
alles Gold und jeden Besitz der Unterthanen erbt. Im Kleinhandel zahlt man auch mit Kaurimuscheln. Die Hauptstadt
des Reichs ist Kumase mit 35000 E. Früher umfaßte Aschanti im W. Gjaman, Sahwi und Assini, im O. und NO. die Länder bis zum obern
Volta und reichte im S. im Gebiet der Fanti bis ans Meer. 1824 unternahm es einen siegreichen Feldzug gegen
die Englisch-Afrikanische Handelscompagnie an der Goldküste. 1831 mußte es den Engländern die Länder südlich vom obern
Pra abtreten, und 1874 wurde es nach blutigem Krieg auf seine jetzigen Grenzen
[* 53] beschränkt. (S. Goldküste und Karte: Guinea.)
Anhänger der in der orthodoxen mohammed. Dogmatik zur Herrschaft
gelangten, zwischen der krassen Orthodoxie der beiden ersten Jahrhunderte und dem Rationalismus der Mutaziliten (s. d.) vermittelnden
dogmatischen Richtung. Ihr Begründer ist Abul-Hasan al-Ascharî (gest. 941), der selbst ursprünglich der rationalistischen
Schule angehörte. In seinem Glaubensbekenntnis herrscht der Spiritualismus der mutazilitischen Dogmatik vor, jedoch werden
der Orthodoxie viele Zugeständnisse gemacht. Die Strengorthodoxen verlästerten anfangs auch den Lehrbegriff
der Aschariten; zum endlichen Durchbruch gelangte die dogmatische Richtung der Aschariten erst im 11. Jahrh. durch fromme Lehrer, wie Al-Bâkillâni
(gest. 1013), Abu l-Maâli al-Dschuweinî (gest. 1085) und Al-Ghazâlî.
Entscheidend für den Sieg der ascharitischen Theologie war die Gründung der Nizâm-Akademie (1066) durch
den WesirNizâm al-Mulk, in der die ascharitische Dogmatik offiziell gelehrt wurde. Seit dem 12. Jahrh.
ist Ascharis Bekenntnis in der ganzen sunnitischen Welt mit dem orthodoxen Glauben identisch. –
Vgl. Kremer, Geschichte der
herrschenden Ideen des Islams (Lpz. 1868);
Wilh. Spitta, Zur Geschichte Abu'-l-Hasan al-Asch'aris (ebd. 1876);
Mehren, Exposé de la réforme de l'Islamisme (Leid. 1887);
Dugat, Histoire des philosophes et des théologiens musulmans
(Par. 1878).
Jos., Historiker, geb. zu Höchst, studierte seit 1819 zu Heidelberg
[* 54] Theologie und Philosophie, dann,
durch Schlosser angeregt, Geschichte, wurde 1823 zu Frankfurt a.M. Lehrer, 1842 Professor der Geschichte
an der UniversitätBonn
[* 55] und 1853 an der Hochschule zu Wien. 1870 geadelt und 1872 in den Ruhestand versetzt, starb er daselbst Von
seinen Werken sind zu nennen: «Geschichte der Westgoten» (Frankf. 1827),
«Geschichte der Omajjaden in Spanien»
[* 56] (2 Bde., ebd.
1829–30; 2. Aufl., Wien 1860),
«Geschichte Kaiser Sigmunds» (4 Bde., Hamb.
1838–45),
«Urkundliche Geschichte der Grafen von Wertheim» (2 Bde., Frankf. 1843). Für
das von ihm herausgegebene «Allgemeine Kirchenlexikon» (4 Bde., Frankf. und
Mainz 1846–50) hat er den größern Teil der histor. Artikel verfaßt. In Wien hat sich Aschbach
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mehr
vorzugsweise Studien über die röm. Kaisergeschichte gewidmet und die Ergebnisse dieser Forschungen meist
in den «Sitzungsberichten und Denkschriften» der WienerAkademie der Wissenschaften, der er seit 1855 angehörte, niedergelegt.
Zur 500jährigen Jubiläumsfeier der Wiener Hochschule 1865 verfaßte Aschbach als Festschrift eine «Geschichte
der WienerUniversität im ersten Jahrhundert ihres Bestehens von 1365 bis 1465» (Wien 1865). Ein zweiter
Band
[* 58] dazu, auch u. d. T. «Die WienerUniversität und ihre Humanisten im Zeitalter Kaiser Maximilians I.», erschien 1877 und Bd. 3 aus
seinem Nachlaß 1888. Außerdem sind zu erwähnen die Abhandlungen «Roswitha und Konrad Celtes» (Wien 1867; 2. Aufl. 1868) und
«Die frühern Wanderjahre des Konrad Celtes und die Anfänge der von ihm errichteten gelehrten Sodalitäten»
(ebd. 1869). In der erstern Schrift sucht er zu beweisen, daß das der Nonne Roswitha (s. d.) zugeschriebene
Gedicht auf Otto d. Gr. fälschlich ihr beigelegt werde, in Wahrheit aber von dem Humanisten Conradus Celtis im 16. Jahrh. verfaßt
sei. Diese Annahme wurde jedoch von Köpke und Waitz gründlich widerlegt.
nennt man die von einem durch Verbrennung zerstörten organischen Körper übrigbleibenden anorganischen unverbrennlichen
Bestandteile. Daher ist es nicht richtig, wenn man bei eigentlichen Mineralien
[* 59] von Asche spricht. So ist z. B. Bleiasche keine
Asche, sondern ein Oxyd des Bleies, da das Metall durch die Hitze nicht zerstört, sondern durch Hinzutreten des Sauerstoffs der
atmosphärischen Luft in einen zusammengesetzten Körper, in ein Oxyd, verwandelt worden ist, das nur zufällig das Aussehen
von Asche hat.
Ebenso ist auch die sog. vulkanische (s. den folgenden
Artikel) nur ein feineres bimssteinartiges Produkt eines Schmelzungsprozesses, gleichsam ein fest gewordener Schaum der
heißflüssigen Lava. Die der durch Verbrennung zerstörten organischen Körper, wohin auch dieBraun- und Steinkohlen gehören,
besteht aus den anorganischen Salzen derselben. Die Pflanzen nehmen während ihres Wachstums verschiedene mineralische Stoffe
auf, die Bestandteile des Erdbodens waren.
Der Gehalt der Asche an Sulfaten entspricht den in der lebenden Pflanze enthaltenen Mengen auch nicht, da
im Verbrennungsprozeß Schwefelsäure
[* 61] aus dem im Pflanzeneiweiß enthaltenen Schwefel gebildet wird. Landpflanzen enthalten
in ihrer Asche mehr kohlensaures Kalium, Meerespflanzen dagegen mehr kohlensaures Natrium. Durch Auslaugen läßt sich aus erstern
Pottasche, aus letztern Soda absondern. In der Asche aller Seepflanzen, namentlich aber in der mehrerer Arten
von Algen,
[* 62] ist mehr oder weniger Brom (s. d.) und Jod (s. d.) enthalten.
Die
Torfasche enthält wenig Kali, dagegen viel Erden, besonders Kalk; dasselbe gilt auch von der derBraun- und Steinkohlen,
die oft auch sehr reich an Silikaten, Eisen- und Thonerdeverbindungen sind. Die Asche dieser Brennmaterialien
unterscheiden sich ganz wesentlich von der der Pflanzen, die zu ihrer Bildung gedient haben, da sie großenteils aus fremden,
den in natürliche Kohle verwandelten Pflanzenresten bei ihrem Absatze aus Wasser schlammartig beigemischten Mineralien besteht,
die Aschenbestandteile der Pflanzen aber während der Umbildung durch Wasser ausgewaschen sind.
Früher hielt man die die Asche bildenden Bestandteile der Pflanze für sehr unwesentlich, wenigstens nicht für absolut notwendig
zum Bestehen der Pflanze. Die Agrikulturchemie und Pflanzenphysiologie haben aber gelehrt, daß jede Pflanze eines gewissen
Gehalts an bestimmten Salzen zu ihrer normalen Entwicklung bedarf und daß den anorganischen Stoffen wichtige
Funktionen im Leben der Pflanze zukommen. Seitdem sind Analysen der Asche, die verschiedene Pflanzen liefern, von großem Interesse
und ein wichtiges Fundament der gegenwärtigen Pflanzenphysiologie geworden. Es ist übrigens weder der Aschengehalt bei
Individuen derselben Pflanzenart gleich, noch derselbe in den verschiedenen Teilen des nämlichen Gewächses,
sondern es finden hierbei Abweichungen nach Alter, Standort und einzelnen Teilen statt; so enthalten die Samen
[* 63] stets reichliche
Mengen von Phosphaten, Kali, Magnesia, die Blätter Kalk und Silikate, Knollen
[* 64] und fleischige Früchte kohlensaures Kalium. Im
allgemeinen giebt Eichenholz etwa 2,5 Proz., Eichenrinde 6 Proz., Lindenholz 5 Proz.,
Birkenholz 1 Proz., Weizenstroh 4,4 Proz.
Asche. BeiTorf, Braun- und Steinkohlen schwankt der Aschengehalt zwischen 0,5 und 50 Proz. Von ganz abweichender Beschaffenheit
ist die Asche tierischer Gewebe,
[* 65] besonders die aus Knochen
[* 66] erhaltene. Letztere besteht wesentlich aus den phosphorsauren, in
geringerm Betrage aus den kohlensauren Salzen des Kalkes und der Magnesia und einer geringen Menge Fluorcalcium.
Die Knochenasche oder Knochenerde ist daher als Dünger, namentlich für Getreide,
[* 67] überaus wertvoll und ein wichtiges Rohmaterial
bei der Darstellung künstlicher Dungstoffe.
WeißeKnochenasche, weißgebranntes Elfenbein, Jamespulver, wird auch in der Medizin angewendet. In der von blutfreiem Fleisch
überwiegen lösliche Kalisalze, in der des Blutes dagegen die Natronsalze. Die Holzasche, besonders die
von Tannen-, Eichen- und Buchenholz, bildet in holzreichen Ländern einen ansehnlichen Handelsartikel. Ihre technische Anwendung
ist sehr vielfach, unter anderm bei der Seifensiederei, beim Leinwandbleichen, in Färbereien, Glashütten, Fayencefabriken,
doch wird sie mehr und mehr durch Soda und Pottasche verdrängt; weiße Knochenasche dient zur Herdmasse
beim Abtreiben des Silbers, zu den kleinen, Kapellen (s. d.) genannten Tiegeln, die man bei Bestimmung des Feingehalts von Silberlegierungen
braucht, u. s. w. Über die Methoden zur Untersuchung der Asche vgl. R. Bunsen, Anleitung zur Analyse der und Mineralwasser (Heidelb.
1874). - Die Asche wird bei fast allen Völkern als Symbol der Vergänglichkeit betrachtet. Sich mit Asche zu
bestreuen war schon bei den Juden Zeichen der Trauer, Buße und Reue. Auch in der christl. Kirche war es vormals Sitte, in einem
Sacke, das Haupt mit Asche bestreut, Buße zu thun. (S. Aschermittwoch.)
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vulkanische, die bei vulkanischen Ausbrüchen zu feinem Pulver zerstäubte Lava, ihrer chemischen und zum großen
Teil auch ihrer mineralischen Beschaffenheit nach jedesmal mit der Lava desselben Ausbruchs übereinstimmend (s. Vulkane).
[* 69] Aus
der Pinie (s. Vulkane) fällt die in gleichmäßigem Regen (Aschenregen) herab auf die weitere Umgebung des Vulkans,
durch den Wind aber kann sie auf große Entfernungen hin verbreitet werden; vom Vesuv
[* 70] flog Asche bis nach Konstantinopel,
[* 71] von isländ.
Vulkanen bis nach Stockholm.
[* 72] Bei dem Ausbruche des Krakataua 1883 soll die in gewaltige Höhe emporgeschleuderte den Weg um
die Erde zurückgelegt und die in der Folgezeit aufgetretenen auffallenden Dämmerungserscheinungen verursacht
haben. Das Volumen der bei einem Ausbruche ausgeschleuderten vulkanischen und Sande nebst den gröbern Stückchen, den Lapilli,
übersteigt wohl nicht selten das der gleichzeitig ausfließenden Lava. Auf dem Lande oder auf dem Meeres- oder Seeboden zur
Ablagerung gelangt, wird die Asche (nebst Sand und Lapilli) allmählich zum vulkanischen Tuffe. Mischt sich
vulkanische Asche beim Ausbruche mit atmosphärischem Wasser zu Schlamm, so stürzt dieser als Moya (s. d.) die Abhänge herab.
Sich selbständig fortbewegende trockne Aschenströme können an Vulkanen auch vorkommen. Durch vulkanische Asche wurden die
Städte Herculanum, Pompeji und Stabiä 79 n. Chr. verschüttet.
(Salmo Thymallus L., ThymallusvulgarisNils.), auch Gräsling, Mailing oder Sprengling genannt,
ein Fisch aus der Familie der Lachsfische, erinnert hinsichtlich seiner Gestalt an die Forelle, doch hat er größere Schuppen
als diese und ein kleines, mit feinen Kegelzähnen bewaffnetes Maul. Die erste Rückenflosse ist bei ihm lang, schwarz oder
rot gefleckt; der Körper von 30 bis 60 cm Länge und bräunlich; über jede Schuppenreihe läuft vom
Kopfe bis zum Schwanze eine schwarze Linie. Das Fleisch ist zart und sehr schmackhaft, besonders im Winter. Die Äsche ist
in Frankreich und Südeuropa selten; häufiger in der Schweiz,
[* 73] Deutschland und Skandinavien. Sie lebt nach Art
der Forellen vorzugsweise in den Ein- und Ausmündungen der Gebirgsseen und wird wie diese geangelt oder auch mit Grundnetzen
gefischt. Sie wandert nicht zum Laichen und hält sich am liebsten in strömendem Wasser auf.
nennt man die Einhüllung eines Körperteils in frische, trockne Holzasche. Das Aschenbad kann
wirken: erstens durch begierige Aufsaugung des von der Haut
[* 74] abgesonderten Dunstes oder Schweißes, wodurch die Ausdünstung
begünstigt wird;
zweitens durch die in der Asche enthaltenen Salze, welche sich infolge der Hautausdünstung lösen und so
als gelinde Reizmittel auf die Haut wirken;
drittens durch Mitteilung von Wärme
[* 75] oder mindestens Verhütung
der Abkühlung.
Man rechnet das Aschenbad zu den austrocknenden Mitteln und wandte es früher bei Hautwassersucht, zur Wiederbelebung
von Scheintoten, besonders auch von Ertrunkenen u. s. w. an. Gegenwärtig wird es wenig
benutzt.
(Aschenputtelu. ähnl.), die Heldin eines bei den verschiedensten Völkern verbreiteten Märchens, hat
ihren Namen davon, daß sie, von ihren Stiefschwestern (Schwestern) verachtet und zu den niedrigsten Arbeiten
gezwungen, ihr Lager
[* 76] in der Asche des Herdes hat (analog heißt sie daher auch in den nichtdeutschen Märchen, z. B. im Französischen
Cendrillon oder Cucendron, im
Italienischen Cenerentola, im Englischen Cinderella, im Czechischen Popelka u. s. w.). Sie besucht,
von ihrer verstorbenen Mutter (oder ihrer Taufpate, einer Fee) prächtig ausgestattet, unerkannt zwei
Feste des Königs.
Der Königssohn verliebt sich in sie, macht sie mit Hilfe eines von ihr verlorenen, nur ihr allein passenden Schuhs ausfindig
und heiratet sie zum Ärger der neidischen Schwestern. Deutsch ward das Märchen zuerst durch die Sammlung der
BrüderGrimm verbreitet. Das Märchen ist mehrfach dramatisch bearbeitet worden, so z. B. in den Opern «Cendrillon» vonNic.
Isouard und «Cenerentola» von Rossini, in Platens satir. Stück «Der gläserne Pantoffel». In der Malerei diente es u. a.
Moritz von Schwind (1855) zum Vorwurf.
1) Kreis
[* 77] im preuß. Reg.-Bez. Osnabrück
[* 78] (s. d.),
hat (1890) 20 307 (9809 männl., 10 498 weibl.) E., 1 Stadt und 32 Landgemeinden. - 2)
Dorf und Kreisort im Kreis Aschendorf, unweit der Ems,
[* 79] 5 km von Papenburg
[* 80] an der Linie Münster-Emden der Preuß.
Staatsbahnen, hat
(1890) 2070 E., Post, Telegraph, kath. Pfarrkirche, Sensenfabrik.
findet sich im Alten Testament in einer doppelten Bedeutung. In ältern Stellen bezeichnet das Wort den heiligen
Pfahl, der am Altare Jahwes stand. Er ward zuerst im Gesetzbuche Josias verboten
(5 Mos. 16,21). und bei
der Reform Josias aus dem Salomonischen Tempel
[* 81] entfernt
(2Kön. 23,6). In jüngern Stellen findet sich Aschera als Bezeichnung der
Göttin Astarte (s. d.). Eine durch wollüstigen Kult verehrte kanaanit. Göttin
von vielen Mythologen und Theologen angenommen, gab es nie. - Aschera ist auch der Name des 214. Planetoiden.
oder Aschertag (lat. Feria quarta cinerum), der Mittwoch nach dem SonntagEstomihi, der erste Tag der in der
kath. Kirche gehaltenen 40tägigen Fasten vor Ostern, benannt nach der in der röm.-kath. Kirche üblichen Sitte, daß an diesem
Tage der Priester vor derMesseAsche weiht und dann damit den vor ihm knienden Gläubigen unter den Worten: Memento, homo, quia
pulvis es in pulverem reverteris («Gedenke, o Mensch, daß du Staub bist und zum Staube zurückkehren wirst») ein kleines Kreuz
[* 82] auf die Stirn macht. Die Asche wird von Öl- und Palmzweigen gewonnen, die im Jahre vorher am Palmsonntage
geweiht wurden. Die anglikan. Kirche feiert den Tag ebenfalls.
1) Kreis (Landratsamt in Quedlinburg)
[* 84] im preuß. Reg.-Bez. Magdeburg,
[* 85] hat 454,45 qkm, (1890) 80 752 (39 816 männl., 40 936 weibl.)
E., 3 Städte, 23 Landgemeinden und 16 Gutsbezirke. -
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2) Stadt im Kreis in 116 m Höhe, an der unweit der Stadt zur Wipper gehenden Eine und den Linien Halle-Bienenburg-Clausthal
und Cöthen-Aschersleben (43,60 km) der Preuß. Staatsbahnen, Sitz eines Amtsgerichts (Landgericht Halberstadt),
[* 87] Zoll- und Steueramtes
erster Klasse, eines Bezirkskommandos und einer Reichsbanknebenstelle, hat (1890) 22 865 (11 182 männl., 11 683 weibl.)
E., darunter 663 Katholiken und 160 Israeliten, Postamt erster Klasse, Telegraph mit Fernsprecheinrichtung, 3 luth.
Kirchen, darunter die got. Hauptkirche St. Stephan (15. Jahrh.), 1 reform., 1 kath.
Kirche, Synagoge, ein städtisches Gymnasium mit Realprogymnasium und Vorschule (Direktor Dr. Steinmeyer, 17 Lehrer, 11 Klassen, 196 Schüler, 3 Vorklassen, 99 Schüler),
das bereits 1325 als Lateinschule erwähnt wird, Bürgerknaben- und Mädchen-, 4 Volksschulen, 3 Hospitäler nebst Armen- und
Siechenhaus, Kleinkinderbewahranstalt, Kreditverein, Gas- und Wasserleitung, Freimaurerloge; ferner Fabrikation von Maschinen,
Blech-, Papier- und Wollwaren (Decken und Flanelle), Chemikalien, Zündhölzern, Zucker,
[* 88] Knochenkohlen; Eisengießerei, Dampfziegeleien,
Brauereien, Wasser- und Dampfmühlen, 2 Braunkohlengruben, Kalisalzwerk Schmidtmannshall (s. d.),
bedeutenden Acker- und Gartenbau, Samenzucht (Zwiebeln, Zucker- und Mohrrüben), Ausfuhrhandel mit Getreide und Kartoffeln. Ungefähr 2 km
unterhalb der Stadt an der Eine das 1881 angelegte Solbad Wilhelmsbad und oberhalb derselben auf dem steil nach dem Einethal
abfallenden Wolfsberge die sog. «AlteBurg», eine sehr alte Wallburg mit Turmruine, jetzt beliebter Vergnügungsort,
wohl ein Überrest des Stammsitzes der Askanier, deren Grafenschloß westlich der Stadt im sog.
Burggraben gelegen hat. - Aschersleben, wahrscheinlich vom Grafen Esiko von Ballenstedt im 11. Jahrh. gegründet und schon 1175 als Stadt
bekannt, gehörte bis 1315 dem Haus Anhalt,
[* 89] kam 1332 nebst der Grafschaft an das Stift Halberstadt, 1648 an
Brandenburg, 1808 an das Königreich Westfalen,
[* 90] 1813 an Preußen.
Paul Friedr. Aug., Botaniker, geb. zu Berlin,
[* 91] studierte daselbst Medizin und Naturwissenschaften,
war dann einige Zeit als Arzt thätig, 1860-76 Assistent am BotanischenGarten
[* 92] zu Berlin, wurde 1865 gleichzeitig
erster Assistent, 1871 zweiter Kustos am königl. Herbarium und 1873 außerord. Professor der
Botanik an der Berliner
[* 93] Universität, an der er schon vorher Privatdocent war. Im Winter 1873-74 begleitete er Rohlfs auf der
Expedition zur Erforschung der Libyschen Wüste und erforschte 1876 allein die sog. KleineOase. Ascherson beschäftigte
sich vorzugsweise mit der europ. und afrik. Flora. Er veröffentlichte eine «Flora der ProvinzBrandenburg» (3 Abteil., Berl.
1859-64),
war Mitarbeiter an Schweinfurths «Beitrag zur FloraÄthiopiens», Abteil. 1 (ebd. 1867),
und bearbeitete für Rohlfs'
Werk «Kufra. Reise von Tripolis nach der OaseKufra» (Lpz. 1881) die aus dem mittlern Nordafrika bisher bekannten
Pflanzen.
(Aischines), attischer Redner, geb. 389 v. Chr. zu Athen,
[* 94] entstammte einfachen Verhältnissen, war anfangs
Schreiber, eine Zeitlang Schauspieler, ging aber dann ganz in die öffentliche Thätigkeit über. Diese bewegte sich der
Zeitlage gemäß wesentlich um
AthensStellung zu Macedonien. Als entschiedener Parteigänger Philipps
von Macedonien wirkte er namentlich dem Demosthenes (s. d.) entgegen, mit dem zusammen er schon 346 an der Friedensgesandtschaft
an Philipp beteiligt war. Er gab durch seine kurzsichtige Politik beim Amphiktyonenbunde in Delphi 339 den Anlaß zum letzten
Heiligen Kriege (s. d.), der die Schlacht von Chäronea 338 und die Unterwerfung Athens und Thebens unter
Macedonien zur Folge hatte.
Als der attische Patriotismus 336 dem Demosthenes einen goldenen Kranz für seine Verdienste um das Vaterland zuerkennen wollte,
erhob A. deshalb Klage gegen den Antragsteller Ktesiphon. Der Prozeß kam erst 330 zur Verhandlung, in der nach einem weltberühmten
Redekampfe A. unterlag und, da nicht der fünfte Teil der Stimmen für ihn war, zu der gesetzlichen Geldbuße
verurteilt wurde. Er verließ darauf Athen, um nach Ephesus zu gehen. Nach Alexanders d. Gr. Tode begab er sich nach Rhodus,
wo er eine Rednerschule errichtet haben soll, später nach Samos, wo er 314 starb. Eine schöne Statue
des Äschines ist uns erhalten (jetzt in Neapel).
[* 95] Drei Reden von Äschines sind noch vorhanden, herausgegeben
in den «Oratores attici» von Reiske, Bd. 3 u. 4 (Lpz. 1771; neue Ausg. 1808), Bekker, Bd. 3 (Oxford
[* 96] 1823; Berl.
1823), Baiter und Sauppe, Bd. 3 (Zür.
1840) und C. Müller, Bd. 2 (Par.
1858); gesondert vonBremi (2 Bde., Zür., 1823-24:
deutsche Übersetzung von demselben 3 Bdchn., Stuttg. 1828-29), Benseler (mit deutscher Übersetzung, 3 Bdchn., Lpz. 1855-60),
Franke (2. Aufl., ebd. 1873), Schultz (ebd. 1865), Weidner (Berl. 1872), ders., «Rede gegen Ktesiphon» (ebd. 1878". ZwölfBriefe,
die des Äschines Namen tragen, hat die Kritik als unecht verworfen. -
Vgl. Stechow, De Aeschinis oratoris vita,
Tl. 1 (Berl. 1848);
(Atschinow), Nikolaj Iwanowitsch, russ. Abenteurer, genannt der «freie
Kosak», führte ein wüstes Abenteurerleben und verleitete friedliche Bauern und andere leichtgläubige Menschen, sich als
«freie Kosaken» am SchwarzenMeer und in den Kaukasusgegenden anzusiedeln. Durch seine Schwindeleien gewann er die russ.
Presse
[* 99] für sich und wurde in seinem angeblich menschenfreundlichen Streben von Privatpersonen mit Geld unterstützt. Zur Ausführung
seines Planes, Abessinien für Rußland und die griech.-kath. Kirche zu gewinnen, ging Aschinow 1886 dorthin und
rühmte sich bei seiner Rückkehr, an der Spitze einer Schar freier Kosaken gegen die Italiener mitgekämpft zu haben. Im Anfang 1889 ging
er mit einer Anzahl von Kosaken und Mönchen unter dem Missionar Paissios wieder nach Abessinien und landete Febr. 1889 in der
den Franzosen gehörenden Tedschurabai bei Obok. Die Franzosen hinderten die Russen zwar nicht, sich dort
niederzulassen, verlangten aber die Auslieferung der Waffen;
[* 100] als Aschinow sich dessen weigerte, wurde sein Lager bei
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