W. Ribbeck (mit deutscher
Übersetzung, Berl. 1867) und von Belsen (Lpz. 1869); die «Ekklesiazusen»
von Belsen (ebd. 1883).
Übersetzungen einzelner
Stücke von
Wieland im
«Attischen Museum», von
Welcker (2 Bde., Gieß. 1810);
der
«Wolken» von
Wolf (Berl. 1812); der
«Vögel»
[* 2] von
Rückert (in «Aus Friedr.
Rückerts Nachlaß», Lpz. 1867): der
«Sämtlichen Werke» von J. H.
Voß (3 Bde., Braunschw.
1821), Droysen (3 Bde., Berl. 1835-38; 3. Aufl., 2 Bde.,
Lpz. 1880),
Hieron.
Müller (3 Bde., Lpz. 1843-46;
neue Ausg. 1861),
von
Byzanz, griech.
Grammatiker und Kritiker unter den Ptolemäern, geb. um 260. gest.
gegen 180
v. Chr.,
Schüler des Zenodot,
Lehrer des Aristarch, wurde im 62. Jahre Vorsteher der
Alexandrinischen Bibliothek.
Ihm wird die Erfindung der
Accent- und der Interpunktionszeichen zugeschrieben. Ein Hauptverdienst erwarb Aristophanes sich um die Kritik
und Erklärung der Homerischen Gedichte; auch von den Lyrikern und wahrscheinlich von den Tragikern veranstaltete
er
Ausgaben. Seine
Schriften sind bis auf Bruchstücke verloren gegangen; diese gesammelt von Rauck in den «Aristophanis
Byzantini Fragmenta»
(Halle
[* 3] 1848).
griech.
Philosoph, Schöpfer des abgeschlossensten, umfassendsten
Systems der griech. Wissenschaft und
Stifter der Peripatetischen Schule, geb. 384
v. Chr. in der macedon. Stadt
Stagira. Sein
Vater Nikomachus,
Leibarzt des Königs
Amyntas von Macedonien, bestimmte den Sohn für dieselbe Laufbahn. Nach dem frühen
Tode des
Vaters ging
Aristoteles zuerst nach Atarneus in
Kleinasien und dann in seinem 18. Lebensjahre nach
Athen,
[* 4] wo er 20 Jahre lebte. Hier entwickelte
sich unter den VorträgenPlatos früh seine philos.
Selbständigkeit, die er auch dem
Meister gegenüber behauptete. Wenn jedoch die spätern Schriftsteller von einem offenen
Bruche zwischen beiden berichten und die Undankbarkeit des
Schülers gegen den
Lehrer zu tadeln pflegen, so spricht der stets
achtungsvolle
Ton, in welchem die
Polemik des Aristoteles gegen die
Platonische Ideenlehre gehalten ist, durchaus
dagegen. Nach
PlatosTode (347
v. Chr.) begab er sich mit
Xenokrates zu dem Herrscher von Atarneus,
Hermias. Nachdem dieser drei
Jahre später durch Verrat in die
Hände des
Artaxerxes geraten war, heiratete Aristoteles dessen Nichte Pythias und ließ sich mit
ihr in Mitylene nieder.
Von hier rief ihn 343
v. Chr. der König Philipp von Macedonien an seinen
Hof,
[* 5] um die Erziehung seines
SohnesAlexander durch ihn leiten zu lassen. Da
Alexander bereits seit 340 eifrigst thätig in kriegerischen und Verwaltungsangelegenheiten
war, kann die eigentliche
Lehre
[* 6] nicht allzulange gedauert haben. Doch lebte in Macedonien bis zum Beginn
des asiat. Feldzugs.
Alexander achtete ihn hoch und hat späterhin seine großartigen Forschungen, deren manche aus den
Mitteln
eines Privatmannes kaum zu bestreiten waren, mit Geldmitteln freigebig unterstützt.
Erst später scheint sich das Verhältnis zwischen beiden durch das
Verfahren des Königs gegen
Kallisthenes, den Neffen des
Philosophen, getrübt zu haben; schon vorher jedoch war Aristoteles 334 wieder nach
Athen übergesiedelt und gründete
dort seine Schule, die von dem Umstände, daß es seine Gewohnheit war, einen
Teil der Vorträge im
Auf- und Abgehen (grch.
peripatein) zu halten, oder wohl richtiger von den schattigen Laubgängen (grch. peripatoi),
die den Ort seines Lehrens, das Lyceum, umgaben, den
Namen der peripatetischen erhielt. Er stand der Schule 12 Jahre
vor.
Die
ErhebungAthens nach
AlexandersTode wurde dem Freunde des macedon. Königshauses gefährlich. Eine
Anklage, von Demophilus
eingereicht, wegen Verletzung der bestehenden
Religion, war nur ein Vorwand, um ihm etwas anzuhaben. Aristoteles fand es geraten,
die Stadt zu verlassen, er begab sich nach Chalcis auf Euböa, ohne Zweifel mit der
Absicht zurückzukehren, sobald der
Sturm
sich gelegt hätte. Die Leitung der Schule übergab er interimistisch dem
Theophrastus (s. d.). Die Rückkehr war ihm nicht
mehr beschieden, er starb 322 an einer
Unterleibskrankheit.
Sein
Testament, das als eine Art Stiftungsurkunde in der Peripatetischen Schule aufbewahrt wurde, bestimmte
den Theophrast zum
Erben der
Bibliothek und Vorstand des Schülerkreises. Aristoteles' Charakter tritt aus seinen
Schriften ernst und
edel hervor; von
Verleumdungen freilich ist er, wie alle alten
Philosophen, nicht verschont geblieben. Durch seine umfassende
Gelehrsamkeit, seine ausgedehnten naturwissenschaftlichen Kenntnisse und seine strenge
Systematik hat
er zwei Jahrtausende hindurch die Wissenschaft beherrscht (s.
Aristotelische Philosophie).
Die zahlreichen
Schriften des Aristoteles umfassen beinahe das ganze Gebiet des damals zugänglichen
Wissens, das er in philos.
Beziehung
tiefer begründet, systematisch geordnet und nach der empirischen Seite hin bedeutend vermehrt hat. Manche dieserSchriften
hatte er bei seinen Lebzeiten nicht mehr bekannt gemacht; eine große Anzahl anderer ist ihm später untergeschoben worden.
Aber auch die ihm sicher angehörigen befinden sich nicht überall in zweifellosem Zustande.
Von den verloren gegangenen Werken des Aristoteles ist der
Verlust aller nach Art der
PlatonischenSchriften, mehr an das
große Publikum gerichteten Werke (meist Dialoge), zu beklagen. Die noch erhaltenen
Schriften des Aristoteles zeigen in ihrer stilistischen
Durchführung kein gleichartiges Gepräge, selbst innerhalb der einzelnen
Schriften machen einige Partien den Eindruck einer
vollständig für die Publikation bestimmten Ausarbeitung, während andere
Teile nur skizziert sind; noch andere endlich lassen
die Vermutung entstehen, daß sie Aufzeichnungen des Lehrers zum Behufe seines Vortrages gewesen oder
aus den Nachschriften seiner Zuhörer entstanden oder doch überarbeitet sind.
Seine gesamten
Schriften lassen sich nach der
Gliederung des
AristotelischenSystems in vier
Klassen ordnen, von denen
die erste
die logisch-propädeutischen, die zweite die metaphysischen und naturwissenschaftlichen, die dritte die
ethischen Werke, die vierte nur die
Poetik und Rhetorik enthält. Die
Bücher der ersten
Klasse sind von den
Schülern des Aristoteles unter
dem
Namen des «Organon» zusammengefaßt; es umfaßt die
Schriften von den
Kategorien,
«De interpretatione», die beiden
«Analytiken»,
die «Topika» und das
Buch«Über dieTrugschlüsse der
Sophisten». Die Echtheit der ersten beiden ist angezweifelt;
das ganze «Organon» hat
Waitz (2 Bde.,
¶
mehr
Hannov. 1844-46) herausgegeben. Von den Schriften zur theoretischen Philosophie ist die «Metaphysik oder erste Philosophie» von
Schwegler (griechisch und deutsch mit Anmerkungen, 4 Bde., Tüb.
1847-48) und Bonitz (2 Bde., Text mit lat. Kommentar, Bonn
[* 8] 1848-49; Übersetzung Berl. 1890),
die «Physik» griechisch und deutsch
von Prantl (Lpz. 1854),
die «Drei Bücher von der Seele» von Trendelenburg (2. Aufl., Berl. 1877) und Torstrik (ebd. 1862) herausgegeben
und von Kirchmann (Philos. Bibliothek, Bd. 43, Lpz. 1872)
übersetzt. Aus der praktischen Philosophie ist die «Nikomachische Ethik» von Garve (2 Tle., Bresl. 1798-1801) und Kirchmann
(Lpz. 1876) übertragen; die «Politik» deutsch
von Garve (2 Tle., Bresl. 1799-1801; neu bearbeitet von Brasch, Lpz. 1893),
Lindau
[* 9] (Öls
[* 10] 1843) und Bernays (Berl. 1872) erschienen. 1891 wurde ein großes Bruchstück der
«Politien», einer Sammlung von 158 Staatsverfassungen, und das fast vollständig erhaltene Buch von der Staatsverfassung der
Athener im Britischen Museum in London
[* 11] aufgefunden (hg. von Kenyon, 2. Aufl., Lond. 1891, von Kaibel
und Wilamowitz-Möllendorf, Berl. 1891, und von Blaß, Lpz. 1892; ins Deutsche
[* 12] übersetzt von Kaibel und
Kießling, Straßb. 1891, und von Erdmann, Lpz. 1892). Es giebt
genaue Aufschlüsse sowohl über die ältere Verfassungsgeschichte Athens als über die Verfassung der Stadt im 4. Jahrh. v. Chr.,
mit wichtigen urkundlichen Belegen, einem großen, bisher sehr unvollständig bekannten Fragment des Solon u. s. w. Auch überrascht
die freimütige Kritik der athenischen Demokratie. Die Echtheit der Schrift wurde angefochten von F. Cauer,
«Hat Aristoteles die Schrift vom Staate der Athener geschrieben» (Stuttg. 1891). Die «Poetik» ist von Susemihl (2. Aufl., Lpz. 1874),
die «Rhetorik» von Stahr (Stuttg. 1862), beide zusammen von Knebel
(ebd. 1840) ins Deutsche übertragen. Gesamtausgaben sind die von der Berliner
[* 14] Akademie veranstaltete (Urtext mit lat. Übersetzung,
Scholien und Index, 5 Bde., Berl. 1831-70),
nach der man gewöhnlich citiert, und die Didotsche (5 Bde.,
Par. 1848-74). -
Vgl. von Wilamowitz-Moellendorf, und die Athener (2 Bde., Berl. 1893).
Lher., Pflanzengattung aus der Familie der Tiliaceen (s. d.). Die wichtigste Art ist
ein immergrünerStrauch, Aristotelia Macqui L'Herit., in Chile,
[* 15] der Macqui der Chilenen. Dieser, 1-1,5 m hoch, hat aufrechte, rötliche
Stämme, gegenständige, längliche, glänzende Blätter, kleine, achselständige Trauben weißer, hängender Blüten und schwarzrote
Beeren. Die kugeligen, dreifächerigen, sechssamigen Beeren sind eßbar, aber sehr sauer; die Chilenen
bereiten daraus eine Art Liqueur als Mittel gegen Fieber. Man kultiviert diesenStrauch oft in Gewächshäusern; er kann während
des Sommers im Freien stehen und durch Stecklinge vermehrt werden.
Philosophie. Das Verhältnis der Philosophie des Aristoteles zu der seiner Vorgänger hat man damit
zu bezeichnen versucht, daß Aristoteles den Sokratischen Wesensbegriff, die Platonische Idee fortgebildet habe zu dem ihm eigentümlichen
Begriff der substantiellen Form oder der Entelechie, d. h. daß er wie jene das Wesen des Erscheinenden suchte und zwar wie
sie es suchte im Begriff, im Gesetz, nur im
Unterschied von jenen in einem solchen Gesetz, das unmittelbar
in den Erscheinungen, nämlich als Princip ihrer innern Entwicklung nachgewiesen werden kann; oder daß er die übersinnlichen,
von aller Erfahrung abgesonderten Ideen in das Reich des Werdens und der Erfahrung wieder einführte, das An-sich der Erscheinungen
nicht mehr getrennt von ihnen, sondern in ihnen selbst als Princip des Werdens zu erkennen strebte.
Ohne Zweifel ist das die Stellung, die Aristoteles gegen Plato einnimmt, und die Umbildung seiner Lehre, die er sich zur Aufgabe
stellt. Allein es ist nicht zu leugnen, daß er einerseits im Platonischen Apriorismus weit mehr, als seiner eigenen Absicht
entspricht, befangen geblieben ist, andererseits vielfach die tiefsten und wahrsten Motive dieser Lehre
verkannt und nur deswegen sie verlassen hat. Aristoteles ist, verglichen mit Plato, entschieden Dogmatiker, d. h. er glaubt
im wesentlichen die wahren Gegenstände gegeben in den Einzeldingen der vulgären Auffassung, die nur noch der gehörigen
begrifflichen Verarbeitung bedürfe, um die vollkommen sichern Grundlagen der Wissenschaft zu ergeben.
Es fehlt ihm also eine haltbare kritische Grundlegung, und damit eine streng folgerichtige Stellung in den Grundfragen der
Philosophie. So hat er viel Sinn für die konkrete Thatsächlichkeit und streitet mit gutem Grunde (namentlich in den biologischen
Wissenschaften) gegen ein abstrakt «logisches» Verfahren.
Aber er unterschätzt dabei den Wert des wissenschaftlichen Instruments der Mathematik und gelangt dadurch,
wie auch aus Mangel einer tiefern Kritik der Sinnlichkeit, zu durchaus falschen Grundsätzen der theoretischen Physik, wie
die Wissenschaft seit Galilei klar erkannt hat. Andererseits weiß seine Logik das Ideal der deduktiven Wissenschaft gut zu
entwickeln; allein er befindet sich in Unsicherheit bezüglich der Herkunft der letzten Voraussetzungen
aller Deduktion. Er meint sie, im Widerspruch mit seinen eigenen Grundsätzen, der Erfahrung entnehmen zu können; in Wirklichkeit
ist der Weg, auf dem er sie gewinnt, eigentlich der einer in ihrer Art großartigen Analyse und Systematisierung des in der
Sprache
[* 16] niedergelegten Schatzes primitiver Erkenntnis.
Darauf beruht zum großen Teile das Geheimnis des Einflusses seiner Philosophie; sie stützt sich eigentlich auf die natürliche
Vorstellungsweise der Dinge, die sie nur, mit einer ungemeinen Energie der Logik, in wissenschaftliche Formen zwingt. Allein
solches Verfahren ist dem der wahren Wissenschaft gerade entgegengesetzt; die moderne Forschung ging vielmehr
kritisch vernichtend gegen die mit Aristoteles bewaffnete, in seiner Philosophie gleichsam inventarisierte gemeine Vorstellungswelt
zu Werke; sie mußte die Grundbegriffe der Wissenschaft, soweit sie nicht der Mathematik angehören, neu erzeugen.
Von den einzelnen Disciplinen erfreut sich die Logik des Aristoteles noch immer einer Anerkennung, die, nach
ihrer vollständigen thatsächlichen Überwindung seit Galilei und Kant, kaum mehr verständlich ist. Aristoteles nimmt eigentlich
die Begriffe als gegeben, und abstrahiert ebenso die Grundformen des Urteils von der Sprachform des Satzes. Er überträgt dann
sorglos seine mangelhaft abgeleiteten logischen Grundauffassungen auf die Dinge, indem ihm in den Begriffen zugleich die
Dinge als gegeben gelten. Sein Kategoriensystem ist, wenn auch nicht direkt aus den grammatischen Wortklassen, doch aus einer
logischen Analyse der Bestandteile der
¶
mehr
Aussage abgeleitet und weit entfernt von einer aus der Tiefe gegriffenen Theorie der Konstitution des Gegenstandes in der Erkenntnis,
wie Kants Kategoriensystem sie jedenfalls anstrebt. Besser begründet ist die Aristotelische Theorie des Beweisverfahrens,
die wesentlich dem Verfahren der Euklidischen Geometrie abgelauscht ist; doch empfindet man seit lange ihre völlige Unbrauchbarkeit
zu einem wirklichen Erkenntnisfortschritt; sie erscheint mehr bestimmt und geeignet, der Erkenntnis, die man schon hat, eine
lehrhafte Form zu geben, als den Weg zu irgend einer neuen Erkenntnis zu weisen. Die Theorie der Induktion
[* 18] ist höchst unentwickelt,
vom Experiment hat Aristoteles kaum einen Begriff.
Seine Metaphysik (Fundamentalphilosophie) geht aus von einer ziemlich ungerechten Beurteilung der Platonischen
Ideenleere, der gegenüber er das Verhältnis des Einzelnen und Allgemeinen richtiger zu bestimmen glaubt, während er wirklich
in dieser allerfundamentalsten Frage sich in einem offenbaren Widerspruch bewegt. Einerseits sollen die Einzeldinge die wahren
«Substanzen», die erstgegebenen Dinge und natürlichen Subjekte jeder Aussage sein; andererseits aber alle
wahre Erkenntnis doch auf dem Allgemeinen beruhen.
Die richtige Bemerkung, daß das Allgemeine nur im Einzelnen seine Existenz hat (nur das Allgemeine des Einzelnen ist), löst
den Widerspruch nicht, da andererseits auch das Einzelne nur durch allgemeine Bestimmungen für uns erkennbar, nur das Einzelne
des Allgemeinen ist. Auch kommt Aristoteles wesentlich doch auf einen ähnlichen Weg wie Plato zurück,
indem er die «Form», die in vielen Beziehungen der Platonischen «Idee» entspricht und eigentlich der Aristotelische Ausdruck
des Gesetzes ist, zum letzten Princip aller Erklärung erhebt.
Dabei überwindet er die im Platonismus angelegte Teleologie nicht, sondern erhebt sie, in viel bedenklicherer
Form als jener, zum Princip. Die Form bedeutet das, was ein Ding seinem «Wesen»
nach ist, aber sie bedeutet zugleich den Zweck und die bewegende Ursache, das, wozu es sich gestalten soll und was es zugleich
(als wirkender Zweck) dazu gestaltet. Ihre Ergänzung ist der Stoff, der die «Möglichkeit» ebendessen
ausdrückt, was in der «Verwirklichung» die Form ist. In jedem, was zu
irgend etwas werden soll, ist also schon die Möglichkeit («Potenz»),
ebendies zu werden, voraus gegeben, und das Werden
ist dann nur die Entfaltung von der Potenz zur Aktualität (Verwirklichung des voraus bloß Möglichen, Energeia oder
Entelecheia). Die Form ist somit dem Stoff immanent. Damit ist die Teleologie, in noch ganz anderm Maße als bei Plato, zum Princip
gemacht. Andererseits ist auch die Immanenz nicht streng durchgeführt, da schließlich doch eine Form ohne Stoff, eine reine
Energie behauptet wird. So gelangt Aristoteles, trotz der ursprünglich immanenten Anlage seines Systems,
zu einem transcendenten Gott, denn die stofflose Form soll zugleich eins sein mit dem sich selbst denkenden Geist, für welchen
Denken und Gedachtes völlig Eins ist; ein Begriff, der eigentlich überschwenglicher ist als alles, was Plato in seiner Ideenwelt
sich geträumt haben mag.
Die Physik des Aristoteles beruht nun ganz auf jenen Grundbegriffen von Form und Stoff, Möglichkeit und
Verwirklichung, durch die er das Problem des Werdens, das die ältere griech. Philosophie so tief bewegte, zu überwinden
glaubt. Seine «Materie» ist eigentlich nur ein anderer Ausdruck der
Potenz, welche die Formbestimmung dem Keime nach in sich
trägt. So hat es Aristoteles leicht, alle Veränderungen aus dem Wesen des sich Verändernden herzuleiten.
Diese Auffassung führt zu merkwürdigen Konsequenzen.
Naturwesen sind Dinge, die das Princip ihrer Bewegung in sich haben; das Muster eines solchen ist der organisierte, kraft seiner
Organisation die Möglichkeit und Zweckbestimmung zu mancherlei Bewegungen und Veränderungen von Haus
aus in sich tragende Körper. Nach gleicher Analogie baut Aristoteles aber auch die ganze unorganische Natur auf. Nicht bloß
daß die qualitative Veränderung gleichwertig neben der Ortsveränderung steht, daß z. B. die Verdichtung und Verdünnung,
die der Atomismus bereits überwand, restituiert wird; daß er die tief wissenschaftlichen Probleme der
Unendlichkeit und Stetigkeit durch sein Universalmittel, die Unterscheidung von «Möglichkeit» und «Verwirklichung»,
sich aus dem Wege räumt und mit dem Atom und dem Leeren ebenso leicht fertig wird; schlimmer ist seine Unterscheidung der
Urkörper nach einer rohen Einteilung der möglichen Bewegungen, indem jeder ursprünglichen Bewegung ein ursprünglicher Körper
zugeteilt wird.
Der einfachen Bewegungen sind drei, die kreisförmig in sich selbst zurücklaufende, welche die absolut vollkommene, weil
gegensatzlose ist, außerdem die Bewegung ins Centrum und vom Centrum. Jene kommt den «schweren», diese den «leichten»
Körpern zu, welche, so wie diese Bewegungen einander entgegengesetzt sind, auch unter sich von entgegengesetzter Beschaffenheit
sein müssen. Der absolut schwere Körper ist die Erde, der absolut leichte das Feuer, zwischen beide
schiebt Aristoteles, Empedokles folgend, noch zwei mittlere, Wasser und Luft, ein; zu diesen vier elementaren oder sublunaren
Stoffen kommt als fünfter, reinster, der Stoff der Gestirnwelt, Äther benannt, dem die Kreisbewegung zufällt.
Mit dieser Einteilung der ursprünglichen Körper und Bewegungen hängt auch das Weltsystem des Aristoteles
zusammen, welches auf Grund derselben bis auf Kopernikus für a priori bewiesen galt. Das Centrum nimmt natürlich die Erde
ein, ihre Höhlungen füllt das Wasser, darum lagert sich die Luft und ferner ein Feuerkreis, die zusammen die Atmosphäre
bilden, der Himmel
[* 19] umfaßt das Ganze und dreht sich täglich um die Erde von Ost nach West. Die Aristotelische
Theorie der Sphären ist verwandt der des Eudoxus (s. d.), doch komplizierter, eine Zwischenstufe
zwischen dieser und der Ptolemäischen. Das sublunare Gebiet ist die Region der Unvollkommenheit, droben herrscht absolute
Vollkommenheit. Die Gestirne sind beseelt und Götter. Das Weltall ist eine geschlossene Kugel, Aristoteles
ist Gegner aller Unendlichkeiten. Die Bewegung des Himmels hängt in letzter Linie ab von dem transcendenten «unbewegten
Beweger», Gott.
Die Aristotelische Psychologie ist eigentlich eine allgemeine Biologie, denn sie handelt nicht von den Bewußtseinsfunktionen
allein, sondern von den Lebensfunktionen überhaupt. Seele bedeutet eigentlich die wirkliche Lebendigkeit
des kraft seiner Organisation lebensfähigen Körpers. Seele und Leib sind eins wie Form und Stoss, wie das Auge
[* 20] und die Sehkraft.
Natürlich ist die Seele wie die Form und bewegende Kraft
[* 21] so der Zweck des leiblichen Organismus; die Zweckvorstellung wird
von Aristoteles auf dem organischen Gebiet, wo sie ja ihre sehr verständliche Bedeutung hat, am strengsten
durchgeführt. Die
¶
mehr
organischen Funktionen gliedern sich in drei Stufen: die vegetativen (Ernährung und Fortpflanzung, die den Tieren mit den Pflanzen
gemein sind), die sensitiven (die den Tieren allein) und die vernünftige (die nur dem Menschen zukommt). Die höhern Funktionen
sind nicht denkbar ohne die niedern, die niedern wohl ohne die höhern. Für die Sinnesempfindung nimmt
Aristoteles eine genaue Korrespondenz zwischen der Wahrnehmung und dem äußern Objekt an; die sinnlichen Qualitäten
(Farben, Töne u. s. w.) sind in dieser Gestalt zwar nur da für das wahrnehmende Organ, aber
sie haben dennoch ihren Grund im Objekt, sie sind vor der wirklichen Wahrnehmung ebenso «der Möglichkeit nach»
im Objekt, wie im Subjekt die Möglichkeit ihrer Wahrnehmung voraus gegeben ist, wieder eine künstliche Umgehung des Problems.
Wertvoll ist der Aristotelische Begriff des «Gemeinsinns», dem alle solche Funktionen zugeschrieben
werden, die nicht aus der einzelnen Wahrnehmung, sondern aus der Kombination derselben oder ihrer Beziehung auf das allen gemeinsam
zum Grunde liegende Bewußtsein hervorgehen. Die Vernunft oder der Geist (nûs) ist das Vermögen des Allgemeinen,
der Principien oder Gesetze. Der Geist als reine Form ist vom Stoff trennbar und bedarf an sich nicht des körperlichen Organs,
er ist reine Denkenergie.
Doch nimmt Aristoteles noch einen Geist in der Potenz, eine «leidende» Vernunft im Unterschied von der «thätigen»
an, welche an den sinnlichen Stoff gebunden und mit dem Organismus sterblich ist. Um diese Doppelbedeutung des Nus entstand
endloser Streit. Klar ist, daß der Geist als reine stofflose Energie eigentlich nur der göttliche sein kann, mithin der menschliche
Geist einfach sterblich ist, wie denn auch die konsequentern Aristoteliker annehmen.
Die Ethik des Aristoteles stellt als Endziel des Willens nicht das Gute schlechtweg, sondern das durch menschliche Thätigkeit
erreichbare Gute hin, eine sehr charakteristische Bestimmung, nicht nur sofern ein außer den Grenzen
[* 23] des menschlich Erreichbaren
liegendes Ideal damit grundsätzlich abgelehnt ist, sondern auch sofern auf die Thätigkeit, nicht auf
das zu erreichende Ziel der Hauptnachdruck fällt. In der Thätigkeit liegt zugleich die Glückseligkeit, die somit nicht
der Lohn der Tugend, sondern mit ihr eins ist.
Die Aristotelische Moral ist demnach eigentlich egocentrisch, der sittlich Handelnde sucht im sittlichen Handeln nur die eigene
Vollendung, er erhebt sich nicht zu dem Gedanken eines ewig und an sich Guten. Auch hier hat Aristoteles
das Tiefste der Platonischen «Idee» nicht gewürdigt, er kennt das Gute nicht als unpersönliches
Gesetz, als unbedingtes Soll, sondern nur als Vortrefflichkeit der Person, als das Gute Jemandes. Am greifbarsten tritt das
hervor in der Überspannung des Wertes der reinen Theorie. Auch kann man nicht sagen, daß nach Aristoteles
das Gute in der Gesinnung liege; es liegt im Charakter, in der bleibenden Willensbeschaffenheit, aber nicht sofern sie auf dem
Bewußtsein eines Princips so zu handeln beruht; sein Ideal ist, daß das Wollen des Guten zur andern Natur
werde und keines Grundsatzes mehr bedürfe. Die besondere Tugendlehre, die auf dem Begriff des gesunden Mittelmaßes beruht,
ist dadurch wenig tief begründet. - Von der natürlichen wie sittlichen Notwendigkeit des Staatslebens hat Aristoteles das
stärkste Bewußtsein, auch hält er die sittliche Zweckbestimmung des Staates ziemlich in PlatosSinn fest.
Im übrigen schließt er sich enger an die nationalen Formen des griech. Staatslebens an, rechtfertigt
das Sklaventum, die Ehe, das Privateigentum, gesteht auch der individuellen Freiheit weit mehr zu als Plato. Übrigens ist seine
Staatslehre ebenso aristokratisch zugespitzt wie die Platonische. Der Zweck des Staates liegt in der Tüchtigkeit
der Bürger, zuletzt aber in der Pflege der Wissenschaft. Die Erziehung wird wie bei Plato ganz verstaatlicht. - Wertvoll ist
auch die Poetik und Rhetorik des Aristoteles. Die Universalität seines Geistes nötigt auch dem Gegner die allerhöchste Verwunderung
ab.
Die geschichtliche Fortentwicklung der ist von einer ungeheuren Ausdehnung
[* 24] gewesen. Im Altertum zwar
tritt ihr Einfluß außerhalb der Peripatetischen Philosophie (s. d.) nicht sehr hervor; erst der Neuplatonismus, zu dessen
Hauptlehrsätzen die Identität der Aristotelischen mit der PlatonischenPhilosophie gehörte, erhob den Aristoteles zur unantastbare
Autorität und beteiligte sich mit großem Eifer an der von den Peripatetikern selbst (wie namentlich
Alexander von Aphrodisias) schon in weitem Umfang gepflegten Auslegung des Aristoteles; während gleichzeitig die älteste christl.
Philosophie wenigstens das Aristotelische «Organon» übernahm und festhielt.
Etwa seit dem 8. Jahrh. n. Chr. beschäftigte sich
die arab. Philosophie eifrigst mit Aristoteles; die Häupter dieses arab. Aristotelismus sind Avicenna und Averrhoes. Nicht
minder fußt die jüd. Philosophie des Mittelalters in ihrer orthodoxern Richtung (Gabirol, Maimonides) auf Aristoteles fast
mehr als auf den Neuplatonikern. Im christl. Abendlande waren es zuerst die Übersetzungen und Kommentare des Boethius (s. d.),
die einen Teil der logischen Lehren
[* 25] des Aristoteles verbreiteten; doch war die Kenntnis seiner gesamten Philosophie
eine sehr dürftige, bis seit dem Ende des 12. Jahrh. das Abendland mit den arab. Bearbeitungen des Aristoteles bekannt wurde.
Seit dem 13. Jahrh. wurde seine Autorität seitens der röm. Kirche in allen Fragen weltlicher Wissenschaft anerkannt und bald
alleinherrschend; doch kannte man Aristoteles wesentlich in der Gestalt, die er durch die Araber erhalten
hatte. Die vollendetste Synthese des Aristotelismus mit der Kirchenlehre vollbrachte Thomas von Aquino, dessen System daher
von der kath. Kirche als offizielle Philosophie behauptet wurde und in neuester Zeit mit erneuter Energie behauptet wird.
In den folgenden Jahrhunderten geriet zwar der Aristotelismus mit der Kirchenlehre vielfach in Konflikt,
blieb aber dennoch von fast ungeschwächtem Einfluß, und selbst die Renaissancezeit, so sehr sie sich gegen die Scholastik
in Opposition befand, führte doch zugleich zu einer Erneuerung der echten, aus den Quellen geschöpften peripatetischen Lehre.
Erst Galilei und Descartes machten in der Naturwissenschaft und freiern Philosophie der Herrschaft des
Aristoteles ein Ende.
Doch blieb nicht bloß die kath. Kirche bei dem scholastischen Aristotelismus unverändert stehen, sondern auch Melanchthon
führte auf den prot. UniversitätenDeutschlands
[* 26] den Aristoteles in mäßig modernisierter Gestalt wieder ein; noch auf die
PhilosophieWolffs im 18. Jahrh. übte er einen großen Einfluß, und erst seit
Kant ist er auch in der Philosophie gründlich überwunden, obgleich es noch immer, selbst außerhalb der kath.
Restauration, nicht wenige giebt, denen Aristoteles «der» Philosoph ist. Die
¶
von Tarent, Schüler des Aristoteles, lebte in Athen um 350 v. Chr. Von seinen zahlreichen philos. Schriften
sind nur kleinere Bruchstücke übrig (gesammelt bei C. Müller in den «Fragmenta historicorum Graecorum»,
Bd. 2, Par. 1848). Gleichzeitig ist aber Aristoxenus einer der ältesten griech. Schriftsteller über
Musik. Von seinen hierauf bezüglichen Werken sind die «Harmonika stoicheia» in drei Büchern, wenn auch lückenhaft und verderbt,
erhalten geblieben. Dieselben wurden von Meursius (Leid. 1646) und mit lat. Übersetzung in Meiboms «Antiquae musicae scriptores»
(2. Aufl., 2 Bde.,
Amsterd. 1652) herausgegeben und von Marquard (mit deutscher Übersetzung, Berl. 1869) kritisch untersucht. Die Bruckstücke
eines Werkes über die Rhythmik, zuerst von Morelli (Vened. 1785) herausgegeben, wurden von Feußner
(Hanau
[* 30] 1840) und Bartels (Bresl. 1854) kritisch bearbeitet. -
Vgl. Westphal, von Tarent, Melik und Rhythmik des
klassischen Hellenentums (Lpz. 1883; Bd.
2, hg. von Saran, ebd. 1893).
griech. Astronom, aus Samos gebürtig, lebte um 290 v. Chr. zu Alexandria und bestimmte, wie man vermutet
als einer der ersten, durch wirkliche Messungen die Örter der Fixsterne
[* 31] am Himmel.
Sein Werk «Über die Fixsterne» ist
verloren gegangen, ebenso sein Kommentar zum Aratus.
(arch.), deutsch Zahlenlehre, ist derjenige Teil der Mathematik, der sich mit den aus Einheiten gebildeten
Zahlen (unstetigen Größen) und ihren Verbindungen beschäftigt. Im engern Sinne versteht man darunter die Lehre von der Rechnung
mit bestimmten Zahlen, die mit Ziffern geschrieben werden. Man teilt die in die gemeine und die höhere
Arithmetik. Die gemeine Arithmetik umfaßt die bekannten vier Species der Rechenkunst in ganzen und gebrochenen Zahlen und ihre praktischen Anwendungen;
ferner die Lehre von den Proportionen und Progressionen, die Ausziehung der Quadrat- und Kubikwurzeln, sowie die Rechnung mit
Logarithmen.
Die höhere Arithmetik oder Zahlenlehre im engern Sinne begreift die Untersuchung über die allgemeinen Eigenschaften
der Zahlen ohne Rücksicht auf ein bestimmtes Zahlensystem, die Zerfällung der ganzen Zahlen in Faktoren, die Aussonderung der
Primzahlen, die Kettenbrüche u. s. w. Ferner unterscheidet man die theoretische Arithmetik, welche
die Lehrsätze von den Verbindungen und Eigenschaften der Zahlen aufstellt und wissenschaftlich begründet,
von der praktischen
(technischen oder bürgerlichen), welche die Regeln und Vorteile der Kunst, sicher und möglichst schnell
zu rechnen, mitteilt und schlechthin auch Rechenkunst (s. d.) genannt wird.
Die numerische Arithmetik, bei den Griechen Logistik genannt, lehrt die Rechnung mit bestimmten, durch Ziffern ausgedrückten Zahlen,
im Gegensatze zur allgemeinen Arithmetik oder Buchstabenrechnung, die sich zur Bezeichnung unbestimmter Zahlen
der Buchstaben bedient. Politische Arithmetik ist die Anwendung der Arithmetik auf die in der Verwaltung vorkommenden Verhältnisse, auf Berechnung
der Lotterien, der Renten-, Versorgungs- und Versicherungsanstalten, wobei die Sterblichkeitsverhältnisse, die wahrscheinliche
und mittlere Lebensdauer in Betracht zu ziehen sind. (Vgl. Holzinger, Lehrbuch der politischen Arithmetik, Braunschw.
1888.) Die juristische Arithmetik umfaßt die Anwendung der Arithmetik bei Rechtsfällen und fällt größtenteils
mit der politischen Arithmetik zusammen. Die kaufmännische Arithmetik ist die Rechenkunst (s. d.) für das Geschäftsleben. Instrumentale
Arithmetik nennt man die Rechnung mittels gewisser Werkzeuge,
[* 32] wohin die Rechentafel oder der Abakus,
[* 33] die Rechenstäbe,
namentlich aber die Rechenmaschinen (s. d.) gehören.
Das Rechnen, das die Griechen von den Phöniziern und den Ägyptern gelernt hatten, war von dem jetzt gebräuchlichen durchaus
verschieden und durch die überaus unbequeme Bezeichnungsart erschwert, so daß die wissenschaftliche Arithmetik bei
den Alten auf einer niedern Stufe geblieben ist. Nur wenige arithmet. Schriften der Alten sind auf uns
gekommen, von Euklides (das 5. und 7. bis 10. Buch seiner Elemente), von Archimedes (Sandrechnung und Kreismessung), von Nikomachus
und Diophantus.
Den wichtigsten Fortschritt der Arithmetik verdankt man den Indern, welche die Null und die jetzt allgemein gebräuchliche Zahlenschreibung
erfunden haben. Auf Grund dieser Erfindung ist von den Arabern im 9. Jahrh. die heutige Art des Rechnens
ausgebildet worden. Nach Einführung der neuen in Italien
[* 34] im 13. Jahrh. änderte sich allmählich die Gestalt der Arithmetik; erst
im 16. Jahrh. wurde der Gebrauch der Decimalbrüche allgemeiner. Im 17. Jahrh. wurden die Logarithmen
erfunden, der letzte epochemachende Fortschritt in der Technik des Rechnens. (S. Algebra.) -
Vgl. Stolz, Vorlesungen über allgemeine
Arithmetik (2 Bde., Lpz. 1885-86).
Zeichen (mathematische Zeichen). Das Zeichen der Addition ist + (plus), z. B. 5 + 4 ist 9;
das der Subtraktion
- (minus), hinter den Minuendus und vor den Subtrahendus, z. B. 10 - 3 ist
7;
das der Multiplikation × (mal) oder ein Punkt (·), z. B. 4 × 5 oder 4 · 5 ist 20;
das Zeichen der Division ist entweder
ein horizontaler Strich, über dem der Dividendus und unter dem der Divisor steht, oder ein Doppelpunkt
(:, d. h. geteilt durch) zwischen dem Dividendus (der voransteht) und dem Divisor, z. B.
24/4 ^[vgl. img] oder 24 : 4 ist 6. Verbindungen von Zahlen durch Rechnungszeichen, d. h. Formeln, mit denen gerechnet werden
soll, werden als Parenthesen in Klammern
[* 35] eingeschlossen, z. B. (a + b- c) oder [a + b- c].
Die mte
Potenz von a wird durch am, die mteWurzel
[* 36] aus a durch ^[img] bezeichnet. ^[img] oder die imaginäre Einheit wird in
i abgekürzt. Das Zeichen der Gleichheit ist =, wofür bei Verhältnissen auch wohl :: ^[vgl. img] gesetzt wird; das
Zeichen der Ungleichheit > und
¶
mehr
unentschieden, welche von zwei ungleichen Größen die größere ist. Das Unendlichgroße bezeichnet man mit ∞, das Unendlichkleine
mit 1/∞;
(grch.), ein durch Zahlen ausgedrücktes Rätsel (s. d.). ^[= eine Menge von Einheiten einer und derselben Art. Das Gezählte heißt eine benannte oder konkrete ...]
Territorium der Vereinigten Staaten
[* 39] von Amerika
[* 40] zwischen 31 und 37° nördl. Br. und 109 bis 114° 40' westl.
L. von Greenwich, grenzt im O. an Neumexiko, im N. an Utah, im W. an Nevada und Kalifornien, im S. an Mexiko
[* 41] und umfaßt 292 709 qkm.
Es ist meist Hochebene mit tiefen Cañons, die nach SW. in die vom untern Gila durchzogene Wüste abfällt.
Die Hauptgebirgszüge, die bis zu 2500 m aufsteigen, laufen meist von NW. nach SO.;
der San Francisco, ein großer vulkanischer Kegel, erhebt sich bis 3900 m. Die Hauptflüsse sind der Colorado (s. d.)
und der Gila (s. d.). Der Regenfall ist äußerst gering, die Hitze übersteigt im
mittlern und nördl. Teil nicht oft 32° C., im S. dagegen sind Temperaturen von 45° C keine Seltenheit.
Der großen Trockenheit der Luft wegen macht sich jedoch die Hitze nicht so fühlbar. Die Bevölkerung betrug 1880: 40 440,
darunter 35 160 Weiße, 155 Farbige, 1632 Chinesen und 3493 seßhafte Indianer, wozu noch etwa 14000 uncivilisierte Indianer
kamen, 1890: 59 620 (0,2 auf 1 qkm), darunter etwa 3000 Deutsche. Die Indianer-Reservation bedeckt 26 058 qkm. Der Bergbau
[* 42] erstreckt sich auf Gold,
[* 43] Silber, Kupfer,
[* 44] Blei,
[* 45] namentlich auf die beiden erstgenannten, auch finden sich
Quecksilber, Eisen
[* 46] und Kohlen.
Die Ausbeute an Gold und Silber betrug (1887) 5 771 555 Doll.; 1890 gab es 518 450 Rinder,
[* 47] 593 643 Schafe,
[* 48] 15 780 Pferde
[* 49] und 5921 Schweine.
[* 50] Seit 1880 hat die Viehzucht
[* 51] bedeutend zugenommen; die Zahl der Rinder betrug (1880) 76 524 Stück. Der Ackerbau
ist von der künstlichen Bewässerung abhängig, die in den letzten Jahren auf mehr als 60000 Acres ausgedehnt wurde. Die Ernte
[* 52] betrug (1886) 429000 Bushel Gerste
[* 53] zu 386 100 Doll., 297000 Bushel Weizen zu 276 210 Doll., 24 098 t Heu zu 355 466 Doll.,
für 97000 Doll. Kartoffeln und 53000 Doll. Mais. Im N. wird von der Atlantic-, im S. von der Southern-Pacificbahn
durchzogen. Von den beiden Hauptlinien gehen nordsüdl. Bahnen in die Mitte des Territoriums hinein. Die Gesamtlänge der Bahnen
betrug (1890) 1765 km. Arizona ist in 11 Counties geteilt; Hauptstadt ist Phoenix (s. d.). - Zerstreut durch
ganz Arizona finden sich die Spuren früherer Bewohner, unter denen namentlich die Felsenwohnungen (cliff dwellings) eigenartig
sind.
In der ersten Hälfte des 18. Jahrh. war Arizona unter span.
Herrschaft gut bevölkert und mit Bewässerungskanälen versehen. Ein Aufstand der Indianer vertrieb jedoch die Weißen und
die Civilisation verschwand bis auf wenige Spuren. 1848 wurde das Gebiet mit Neumexiko von Mexiko an die
Vereinigten Staaten von Amerika abgetreten, der Teil südlich vom Gila
jedoch erst 1853 käuflich erworben. Die Raubzüge der
Indianer haben der Besiedelung sehr geschadet, und namentlich die Apachen haben den Truppen viel zu schaffen gemacht. Das Territorium
steht noch unter der Gesetzgebungsgewalt des Kongresses (Gesetz vom und sendet einen Delegierten ohne Stimme zum
Kongreß; die Gesetzgebende Versammlung besteht aus einem Rat von 9 und einem Repräsentantenhaus von 18 Mitgliedern. -
(vom lat. «arcus», Bogen),
[* 54] eine fortlaufende Reihe von Bogen, die auf Stützen, Pfeilern oder Säulen
[* 55] ruhen, weiterhin die ganze Bogenstellung und der davon eingefaßte Raum. Sie unterscheidet sich von der Kolonnade (s. d.) dadurch,
daß diese eine Säulenstellung oder Säulenhalle, die Arkade aber eine Bogenhalle, wenn auch eine auf Säulen ruhende bildet.
Die Arkade kommt in der röm. Baukunst
[* 56] zuerst vor, erscheint aber besonders häufig im Mittelalter und der
Renaissance. So als Trennung der Schiffe
[* 57] der Kirchen, als Schmuck der Façaden, an Kreuzgängen u. s. w. Oft wird sie auch
nur dekorativ verwendet, indem Stütze und Bogen nur als Blenden an undurchbrochenen Mauern oder als Umrahmung von Fenstern
erscheinen (Blendarkade, Scheinarkade).
Gleichfalls vorzugsweise als Schmuck dienten die Zwergarkaden, die zuerst unter dem Hauptgesims am Chor
von roman. Kirchen auftreten. In manchen Städten ziehen sich Arkade längs der Erdgeschosse der Häuser hin, wie besonders in
Bologna; doch treten sie auch vielfach in deutschen Städten auf, z. B. in Bern.
[* 58] Hier werden sie Lauben genannt. Als öffentliche
Wandelgänge dienen auch die großen in manchen ital. Städten, dort Loggia (s. d.) genannt. Mit diesem
Namen bezeichnet man auch die in die obern Stockwerke der ital. Paläste und Wohnhäuser
[* 59] eingefügten kleinern Arkade. Die spätere
Renaissance hat sich bemüht, die Verhältnislehre der Arkade festzustellen und ihre Formen in das Schema der Säulenordnungen
(s. d.) einzufügen. Die moderne Kunst hat sich dagegen wieder
die volle Freiheit in Verwendung der verschiedenartigsten Arkade gesichert.
Im N. erheben sich die drei Hochgebirge Erymanthus, Aroania und Kyllene zu 2200 bis 2400 m.
Arkadien ist das Quellgebiet der größern Flüsse
[* 60] des Peloponnes; der Alpheus entwässert den größten Teil der Landschaft. Arkadien besitzt
aber auch abflußlose Gebiete, die nur durch unterirdische Abzüge (Katabothren) entwässert werden, so
die langgestreckte Hochebene von Tegea und Mantinea im Osten, die von Orchomenus nördlich davon, die Gebirgskessel von Stymphalus
und Phenëus am Kyllene-Gebirge u. a. m. - Arkadien ist die einzige von der dor. Einwanderung
nicht berührte Landschaft des Peloponnes; es behielt seine alten Bewohner, die hauptsächlich von Viehzucht
und Ackerbau lebten, Industrie, Kunst (mit Ausnahme
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