befinden sich vier erloschene Krater.
[* 2] Er wurde im März 1880 von Whymper erstiegen.
Noch 1767 ergoß er einen Lavastrom und 1803 rauchte
er beim
Ausbruch des Cotopaxi. An seinem Abhange in 4090 m Höhe das berühmte
Tambo de Antisana, eine der höchsten bewohnten Ortschaften
der Erde.
Bekämpfung der Eigentümlichkeiten des
Judentums, namentlich Bezeichnung für die in neuester Zeit
besonders in
Deutschland,
[* 3]
Rußland und
Österreich-Ungarn,
[* 4] in schwächerm
Maße auch in
Frankreich hervortretende
Bewegung, die
sich die Zurückdrängung des jüd. Einflusses auf wirtschaftlichem, gesellschaftlichem und geistigem
Gebiete zum Ziele setzt. In
Deutschland tauchte die antisemit.
Bewegung zu Ende der siebziger Jahre auf,
befördert durch die Eindrücke der sog. Gründerzeit und durch den konservativen Umschwung
in der innern Politik seit 1879. Litterarisch wurde die
Bewegung vorbereitet namentlich durch die
Schriften von Wilhelm Marr,
«Der
Sieg des
Judentums über das Germanentum» (Bern
[* 5] 1873);
Otto Glagau, «Der
Börsen- und Gründungsschwindel
in
Berlin»
[* 6] (Lpz. 1876) und (als 2.
Teil) «Der
Börsen- und Gründungsschwindel in
Deutschland» (ebd. 1877),
und Eugen Dühring,
«Die Judenfrage als Rassen-,
Sitten- und Kulturfrage» (2. Aufl., Karlsr. 1881). Von
großer Wirkung war dann seit 1878 das Auftreten des Hofpredigers
Stöcker in
Berlin in den Versammlungen
der Christlich-socialen Partei (s. d.). (Vgl.
Stöcker, Das moderne
Judentum in
Deutschland, Berl. 1880.) Die Erregung wuchs 1880 und
führte zu einem heftigen Broschürenkampf, an dem sich auch Gelehrte wie
Treitschke («Ein Wort über unser
Judentum», Berl.
1880) und Mommsen («Auch ein Wort über unser
Judentum», ebd. 1881) beteiligten. 1880 wurde eine Antisemitenliga
gegründet.
Dann schied sich die
Bewegung in eine sich mehr den Konservativen und Christlich-socialen nähernde
Richtung unter Liebermann
von Sonnenberg undBernh. Förster, die im März 1881 den
DeutschenVolksverein gründeten, und in eine radikalere, den Rassengegensatz
schärfer betonende, die von Ernst
Henrici und dem
Socialen Reichsverein vertreten wurde. Auf einem
Kongreß
zu
Cassel wurde 1886 eine
Deutsche Antisemitische Vereinigung
[* 7] gegründet und gleichzeitig in Hessen,
[* 8] begünstigt durch die
bäuerlichen Verhältnisse daselbst, eine eifrige lokale Agitation betrieben, an deren
Spitze der Reichstagsabgeordnete Boeckel
stand.
Auf einem
Kongreß der verschiedenen antisemit.
Richtungen zu
Bochum
[* 9] 1889 schloß sich die Mehrheit als
Deutsch-sociale antisemitische Partei unter Liebermann von Sonnenberg zusammen, während die Minderheit unter Boeckel
und Zimmermann eine Antisemitische
Volkspartei gründete, die im Lauf der folgenden Jahre noch mehrmals den
Namen wechselte.
Bei den Reichstagswahlen 1890 erlangten die Antisemiten fünf
Mandate in Hessen. Als bei den
Wahlen von 1893 ihre Zahl auf 16 gestiegen
war, schloß sich der größere
Teil unter Vorsitz Boeckels zur
Deutschen Reformpartei zusammen, während die
Deutschsocialen
eine Sondergruppe bildeten. Im Okt. 1894 vereinigten sich in Eisenach
[* 10] die beiden Hauptrichtungen zur
Deutsch-socialenReformpartei
unter Liebermann von Sonnenberg und Zimmermann. Der
AbgeordneteAhlwardt, dessen Agitationsweise (seit 1890) unerquickliches
Aufsehen erregte,
wurde aus der Reichstagsfraktion ausgeschlossen. Mit Boeckel, der austrat, gründete
er eine neue antisemit.
Volkspartei, die Juni 1895 ihren ersten Parteitag in
Berlin abhielt. -
In
Österreich
[* 12] förderte den Antisemitismus anfangs besonders der deutschnationale G. von Schönerer. Da dieser aber
auch gegen die Liberalen als «Judenfreunde» eiferte, so schlossen sich
bald auch die Klerikalen der
Bewegung an und nahm diese einen vorherrschend antiliberalen Charakter an. Der Führer dieser
Richtung ist der
WienerAdvokatLueger. Besonders in
Wien
[* 13] breitete sich der Antisemitismus stark aus.
Bei den Reichsratswahlen
vom März 1891 wurden in Niederösterreich 13 Antisemiten (unter 37
Abgeordneten) gewählt; im
Wiener Gemeinderat erlangten
sie 1895 eine so starke Mehrheit, daß sie die
WahlLuegers zum
Bürgermeister durchsetzen konnten. - In
Frankreich wurde der
Antisemitismus erweckt durch Drumonts
Buch «La
France juive» (Par. 1886). - In
Rußland trat zu den socialen
Ursachen
des Antisemitismus noch religiöser
Fanatismus hinzu. Den Anstoß zur
Bewegung gaben die tumultuarischen Judenverfolgungen 1881 in Südrußland
und in
Polen. Am wurde eine
Kommission zur Untersuchung der Judenfrage eingesetzt, die einige
die
Rechte der
Juden beschränkende Punkte aufstellte. Nach und nach wurden die Maßregeln gegen die
Juden verschärft, so daß
seit 1891 eine starke
Auswanderung derselben erfolgte. -
Vgl. von
Brüggen,
Rußland und die
Juden (Lpz. 1882), und im allgemeinen
noch Lombroso, Der und dieJuden im Lichte der modernen Wissenschaft (deutsch von Kurella, ebd. 1894).
Antiseptik, die antiseptische Wundbehandlung, s.
Antiseptisch. ^[= (grch., "fäulniswidrig") heißen in der Medizin diejenigen Mittel, welche die an ...]
(grch., «fäulniswidrig»)
heißen in der
Medizin diejenigen
Mittel, welche die an offenen Wundflächen, z. B. nach größern
Operationen oder schweren
Quetschungen, zuweilen eintretenden Zersetzungsprozesse verhindern oder die im
Blute bereits eingetretenen
Veränderungen wieder
aufheben sollen. Solange man die
Ursache der Fäulnis noch nicht kannte, begnügte man sich damit, durch Kälte, durch Metallsalze,
Kreosot u. s. w. die
Zersetzung, wie man meinte, zu verhindern.
Mit der
AnnahmeGay-Lussacs, daß der Zutritt des Sauerstoffs die Fäulnis bewirke, glaubte man in der Abhaltung desselben
eine wichtige antiseptische Mahregel zu erblicken. Pasteur wies aber nach, daß nicht der Sauerstoff,
sondern lediglich die in der atmosphärischen Luft suspendierten kleinsten Mikroorganismen (s.
Bakterien) die eigentlichen
Fäulniserreger sind. Diese durch vielfache Experimente gestützte
Ansicht ist zuerst durchLister (s. d.) mit großem Erfolge
in der
Chirurgie praktisch verwertet worden. NachLister wird mittels eines besondern Zerstäubungsapparats
während der ganzen
Operation ein Carbolsäurenebel erzeugt, der die Fäulniserreger vor ihrer
Niederlassung auf die Wunde
bereits unschädlich macht. Erst nach dem
Anlegen des mit
Carbolsäure getränkten
Verbandes, welcher nun seinerseits den Zutritt
jener
Keime verhindert, wird die Zerstäubung unterbrochen. Neuerdings ist dieser ursprüngliche
Listersche¶
mehr
Verband
[* 15] vielfach modifiziert worden (s. Wunde); statt der Carbolsäure verwendet man die wegen ihrer Geruchlosigkeit minder
unangenehme Salicylsäure (s. d.), ganz besonders aber mit sehr günstigen Resultaten
das Quecksilbersublimat, das weitaus stärkste Antiseptikum, welches schon in einer Verdünnung von 1:300000 die Entwicklung
und das Wachstum der meisten Bakterien völlig aufhebt und in einer Lösung von 1:1000 selbst die widerstandsfähigsten
Sporen sicher tötet. Ebenso werden Benzoesäure, Borsäure, Thymol, essigsaure Thonerde, Jodoform, Jodol u. a. als antiseptische
Verbandmittel benutzt. Über antiseptische Mittel zur Desinfektion
[* 16] von Wohnräumen und Abfallstoffen s. Desinfektion.
chem. Präparat, als Ersatzmittel des Jodoforms empfohlen, ist ein lockeres, rotbraunes, geruchloses Pulver,
unlöslich in Wasser, löslich in Alkohol und in Chloroform;
es soll aus jodschwefelsaurem Cinchonin (Cinchoninum jodo-sulfuricum)
bestehen.
Man bezeichnet so namentlich eine Anzahl zu Gemüsen brauchbarer
Pflanzen, die sich gegen den Skorbut bewährt haben, besonders Löffelkraut, die Kressen, Brunnenkresse,
Meerrettich, Senf, Zwiebeln, Lauch und verschiedene Kohlarten.
bei den Römern Bezeichnung für die Vorsteher eines bestimmten Kultus oder Tempels.
In der
frühern christl. Zeit ward den Bischöfen, Äbten, Prioren u. s. w. der Name als Ehrentitel beigelegt. In einigen Schweizerkantonen
führen jetzt noch die Vorgesetzten der reform. Geistlichkeit diesen Titel.
ausAthen,
[* 17] griech. Philosoph, geb. um 440 v. Chr., Schüler des Sokrates und Begründer einer Philosophenschule,
die von ihrem Sitz im Gymnasium Kynosarges den Namen der cynischen erhielt. Er hatte früher den Unterricht des Gorgias genossen
und bereits vor derVerbindung mit Sokrates als Lehrer der Redekunst gewirkt. Zu diesem Beruf kehrte er nach
dessen Tode zurück, erhob aber jetzt die Philosophie zum Hauptlehrgegenstande. Er war ein fruchtbarer und geistreicher Schriftsteller,
griff den Plato heftig an und wird von diesem in seinen Schriften vielfach, obwohl ohne Namennennung, bekämpft. Er wollte
der echteste Nachfolger des Sokrates sein und trieb dessen Ideal der Selbstbezwingung und Bedürfnislosigkeit
auf die Spitze. Er verwirft alle Wissenschaft, die nicht aufs Praktische zielt, als eitlen Luxus; Tugend allein reiche hin
zur Glückseligkeit, dazu bedürfe es nichts weiter als der sokratischen Kraft
[* 18] (nämlich der Selbstbezwingung).
Tugend allein ist des Menschen wahres Eigentum; Besitz, Angehörige, Freunde, Ehre, Heimat, Vaterland, alles
das ist nicht unser und darf uns nichts bedeuten. Durch Tugend allein sind wir frei, ohne sie Sklaven. Besonders haßt er
den Reichtum. Der Tod ist
kein Übel, er besteht in dem Aufhören aller Empfindung. Die Lustsoll er schroff verworfen haben,
doch heißt es dann wieder, daß er die gezügelte, «reuelose»
Lust empfohlen habe, eben weil sie die reinere und nachhaltigere sei. Er empfiehlt Abhärtung und Anstrengung, «Ascese», nicht
durchaus im Sinne der «Ertötung des Fleisches», sondern weil der abgehärtete
Körper mehr Schmerz erträgt, auch den mäßigen Genuß reiner und intensiver empfindet als der verweichlichte.
Daß diese Lehre
[* 19] eigentlich nur ein feinerer Hedonismus (s. Hedonik) sei, hat Plato wohl erkannt. DaßTugend auf Besinnung beruhe,
nimmt von Sokrates her auch Antisthenes an, er behauptet ferner, daß sie, als ein Wissen, auch lehrbar sei, und daß, wer sie einmal
besitze, sie nicht mehr verlieren könne. Seine Tugenderziehung beruht aber eigentlich nicht auf freier
Einsicht, sondern auf Übung und Gewöhnung. Wer das cynische Tugendideal (besonders der Armut und Bedürfnislosigkeit) verwirklicht,
heißt der «Weise». Die Volksreligion und den Kultus verwirft und behauptet in Anlehnung an Xenophanes, Heraklit und Diogenes
von Apollonia einen reinen teleologischen Monotheismus, nach welchem er die Götter- und Heldensagen der
Griechen frei deutet. Sein Einfluß war ein mächtiger (s. Cyniker). -
im Zeitalter der Reformation gemeinsame Bezeichnung aller Gegner der Lehre von der Dreieinigkeit. Während
die Reformatoren diese Lehre (s. Trinität) als unantastbares, wenn auch unbegreifliches Lehrstück festhielten,
wollten andere sie einer kritischen Neubildung unterwerfen, sei es nach Aussagen der Heiligen Schrift, sei es nach den allgemeinen
Regeln des Denkens. Von ihren Zeitgenossen sind diese, wie HansDenk (s. d.), Seb. Frank (s. d.) und die übrigen Leitenden unter
den Wiedertäufern, als Bekämpfer der Trinität bezeichnet worden.
Über die Leugnung der sog. Wesenstrinität ging der Spanier Servet (s. d.) nicht hinaus, weiter ging der Niederländer Joh.
Campanus (s. d.), während David Joris (s. d.) und Heinr. Niclaes (s. Familisten) in der Trinität nur das Symbol dreier Weltalter
sehen, in denen das Heil sich verwirklicht. Die eigentliche Heimat der antitrinitarischen Richtung ist Italien,
[* 22] wo die reformatorische Bewegung im Bunde mit der humanistischen in gewissen Hauptvertretern eine entschieden kritische Richtung
annahm. Als dann die Inquisition diese Männer zwang, ihr Vaterland zu verlassen, wurden die Keime der antitrinitarischen Kritik
in andere prot. Gegenden, besonders die Schweiz,
[* 23] übertragen. Hervorzuheben sind: Claudius von Savoyen,
der seit 1534 in Bern,
Basel
[* 24] und Wittenberg
[* 25] lehrte, Christus sei bloßer Mensch, der HeiligeGeist ein Geschöpf, 1537 zu Lausanne
[* 26] widerrief,
aber dennoch
¶
mehr
bis 1550 hin und wieder in Oberdeutschland sein Wesen trieb;
Bartolomeo Maturo, Prior eines Dominikanerklosters zu Cremona,
dann Prediger im Veltlin;
Agostino Mainardo von Saluzzo, Augustinermönch und Doktor der Theologie, seit 1539 Prediger in Chiavenna;
im Altertum Stadt in Italien, gegen 70 km südlich von Rom,
[* 30] an der Küste des Tyrrhenischen
Meers auf einer felsigen Landspitze gelegen. Nach der Sage von einem Sohne des Odysseus, den ihm Kirke geboren, gegründet,
wurde Antium frühe, wie es scheint, von tyrrhen. Seeräubern bewohnt. Als volskische Hauptstadt soll Antium 468 v. Chr. von den Römern
eingenommen und kolonisiert worden sein. Es fiel aber bald wieder ab, und so wurde es nach dem letzten Kriege der Volsker und
der Latiner gegen
Rom 338. v. Chr. von neuem mit röm. Kolonisten bevölkert.
Später hob sich die Stadt immer mehr, bis mit Ausgang der Republik die Zeit ihrer Blüte
[* 31] begann. Sie
besaß berühmte Tempel
[* 32] des Äskulap und der Fortuna mit einem angesehenen Orakel. Die Umgegend war mit Villen röm.
Großen bedeckt, die sich längs der Küste bis nach Campanien hinzogen; auch Cicero hatte daselbst eine Besitzung. Claudius und
Nero wurden in Antium geboren. Letzterer erbaute die großartigen Hafendämme, deren Reste noch
jetzt sichtbar sind. Mit dem Untergange des Weströmischen Reichs verfiel auch der Hafenplatz, der durch die Raubzüge der
Sarazenen im 9. und 10. Jahrh. ganz verödete. (S. Anzio.)
oder Bar, Stadt im Fürstentume Montenegro,
[* 33] 5 km von der Küste des AdriatischenMeers, hat eine im Verfall begriffene
Citadelle, die dicht neben der Stadt auf einem vorspringenden Felsen sich erhebt, und ist Sitz eines kath.
Erzbischofs. Die ehemals bedeutende Handelsstadt hat sich von der zerstörenden Belagerung von 1877 noch nicht erholt und
zählt etwa 1500 E. Der Hafen ist für größere Fahrzeuge nicht tief genug, doch sicher. Antivari war im Mittelalter
venetianisch, von 1573-1877 türkisch. Im Juli 1859 war Antivari Sammelplatz der gegen Österreich bestimmten franz. Kriegsflotte.
Am wurde es von den Montenegrinern erobert und im Berliner Kongreß,
[* 34] diesen zugesprochen.
Die Provinz hat 187000 qkm und (1892) 35 851 E., d. i. 0,2 auf 1 qkm. Die Bevölkerungsdichtigkeit
wird sich bei zunehmender Ausbeutung der Borax- und Salpeterlager, sowie der Silberminen von Caracoles (s. d.) rasch heben.
Das Grasland ist sehr spärlich und die Wasserplätze liegen sehr weit voneinander entfernt. Im Innern wird Vicunawolle gewonnen.
Die Häfen Cobija (s. d.), Mejillones (s. d.) sind außer der Hauptstadt Antofagasta die wichtigsten.
Im Innern liegt in 2980 m Höhe auf der Anden-HochebeneSan Pedro de Atacama mit etwa 2500 E. - 2) Antofagasta, eine
nach 1870 gegründete Hafenstadt des vormaligen Küstendepartamento Atacama in Bolivia, 23° 40' südl. Br. und seit 1884 Hauptstadt
der chilen. Provinz Antofagasta, an der Morenabai, hat (1893) etwa 14000 E.; deutsches Konsulat.
Von Antofagasta führt ostwärts eine Eisenbahn über Salar del Carmen, Las Salinas (100 km von Antofagasta, mit umfangreichen Salpetergruben
und Hüttenwerken) und Calama nach dem an der bolivian. Grenze gelegenen Ascotan (3943 m). Die Salpeterlager wurden durch Chilenen
ausgebeutet, die 1866 und 1874 von der bolivian. Regierung durch Verträge dazu ermächtigt wurden. Die
Zurücknahme dieser Verträge seitens der bolivian. Regierung veranlaßte die BesetzungA.s durch chilen. Truppen am 14. Febr., womit
der KriegChiles gegen Bolivia und Peru
[* 40] eröffnet wurde. Im Distrikte Caracoles befinden sich 1870 entdeckte, reiche Silbergruben.
In Ascotan liegen reiche Borkalklager; von dort ist die Bahn bis Huanchaca (s. d.) in Bolivia verlängert
worden. Über den Rio Loa führt eine Brücke
[* 41] (800 m lang und 107 m hoch). Durch den schon recht ansehnlichen Seeverkehr im
Hafen von Antofagasta haben die nördlicher gelegenen Seehäfen Mejillones und Cobija an Bedeutung sehr verloren. Die Ausfuhr
betrug (1893) 20,3 Mill. Pesos, davon 17 Mill. aus Bolivia, die Einfuhr 2,3 Mill. Pesos. Im Hafen verkehrten 107 Segler und 475 Dampfer,
meist engl. Flagge.
Badeort im Bezirksamt Oberkirch des bad. Kreises Offenburg,
[* 42] in 524 m Höhe, am südl.
Abhange des Kniebis (s. d.), im Maisachthale, 12 km südöstlich
von Oberkirch, hat 40 E. und zwei Quellen (eine Trink- und eine Badequelle), die besonders kohlensaure Kalkerde, kohlensaure
Magnesia, kohlensaures und schwefelsaures Natrium enthalten, in der Mitte zwischen den erdig-salinischen und erdig-alkalischen
Eisensäuerlingen stehen und gegen Blutarmut, nervöse Zustände und Hämorrhoidalbeschwerden angewendet werden;
seit 1865 besteht
auch ein Kurhaus mit Trinkhalle.
(spr. angtoán), Jules Dominique, Hauptvertreter des lothring. Protestlertums, geb. zu Metz,
[* 43] praktizierte
als Tierarzt bis zum März 1870 in Sierck (Kreis
[* 44] Diedenhofen),
[* 45] von da ab in Metz, machte den Deutsch-FranzösischenKrieg als
Lieutenant der Mobilgarde mit und kehrte nach dem Kriege nach Metz zurück. Antoine wurde bald in den Gemeinderat
der Stadt Metz, außerdem in den lothring. Bezirkstag und in den Landesausschuß gewählt, überall im extrem-protestlerischen
Sinne wirkend. Im Dez. 1882 wurde Antoine für den Wahlkreis Metz in den DeutschenReichstag gewählt, wohnte
¶
mehr
707 aber, nach dem mißglückten Versuche, im Reichstage eine franz. Rede zu halten, den Verhandlungen nur sehr selten bei.
Am aus dem Reichslande ausgewiesen, siedelte er nach Grevenmachern in Luxemburg
[* 47] über; sein Reichstagsmandat legte
er erst, als ihm die Verwicklung in einen Landesverratsprozeß dauernd die Rückkehr nach Deutschland
verbot, am nieder. Er ging dann nach Frankreich, trat hier als Revancheredner auf und stellte sich später der franz.
Regierung in dem Wahlfeldzuge gegen Boulanger zur Verfügung. Im März 1889 wurde er durch Beschluß der Deputiertenkammer
in Frankreich naturalisiert. Es gelang ihm zwar nicht, ein parlamentarisches Mandat zu erringen, doch belohnte
ihn die Regierung durch Anstellung bei der Verwaltung des Tabakmonopols. 1893 wurde er zum Generalzahlmeister ernannt.
Bai an der Nordspitze Madagaskars, auch Bai von Diego Suarez genannt, liegt unter 12° 14' südl. Br.
und erstreckt sich an der Spitze einer langgestreckten Halbinsel, die ins Kap Amber ausläuft, durch eine schmale Einfahrt
tief ins Land hinein, so einen großen wohlgeschützten Hafen bildend, der jetzt mit dem umgebenden Lande zu Frankreich gehört
und mit Mozambique und den madagassischen Häfen in Verbindung steht.
(spr. -ki),Francesco, Napoleons I. Arzt auf St. Helena, geb. 1780 auf Corsica,
[* 52] studierte
zu Pisa
[* 53] Medizin und war seit 1812 Prosektor am Hospitale Sta. Maria zu Florenz.
[* 54] Er wurde 1818 im Namen der Mutter Napoleons durch
Kardinal Fesch bewogen nach St. Helena zu gehen, um dem Kaiser, von dem man soeben den Dr. O'Meara entfernt
hatte, ärztlichen Beistand zu leisten. Nach Napoleons Tode erklärte er, daß der Kaiser nicht am Magenkrebs, sondern an einem
auf der Insel herrschenden Fieber gestorben sei, und weigerte sich, das Obduktionsprotokoll zu unterzeichnen. Er wandte sich
dann nach Paris, wo er das vielgelesene Werk «Mémoiresdu docteurF.Antommarchi ou les derniers moments de Napoléon» (2 Bde.,
Par. 1823; deutsch Stuttg. 1825) herausgab. Die poln.
Revolution 1830 veranlaßte Antommarchi, als Arzt nach Warschau
[* 55] zu gehen. Von da kehrte er nach Paris zurück, ging 1836 nach Amerika
[* 56] und starb zu SanAntonio auf Cuba.
Ulrich,Herzog von Braunschweig-Wolfenbüttel, geb. zu Hitzacker, wurde 1685 Mitregent seines BrudersRudolfAugust, nach dessen Tode (1704) alleiniger Regent. Nachdem seine Enkelin Elisabeth Christine auf sein Anstiften 1707 katholisch
und 1708 Gemahlin des Prätendenten auf den span. Königsthron, nachherigen deutschen KaisersKarl VI. geworden war,
trat er 1710 selbst in Bamberg
[* 57] zum Katholicismus über. Anton Ulrich starb Er war äußerst prachtliebend, zugleich eifriger
Gönner der Wissenschaften und Künste, auch als der «Siegprangende»
Mitglied der Fruchtbringenden Gesellschaft (1659); die Bibliothek zu Wolfenbüttel
[* 58] vermehrte er beträchtlich und erbaute
das herrliche Lustschloß Salzdahlum.
Außer
einigen für Hoffeste bestimmten Singspielen giebt es von ihm 61 geistliche Lieder, die u. d. T.
«Christfürstliches Davids Harpffenspiel» (Nürnb. 1007; Wolfenb. 1670; in Auswahl von Wendebourg, Halle 1855) erschienen;
Melodien dazu setzte seine Stiefmutter Sophia Elisabeth von Mecklenburg.
[* 59] Außerdem verfaßte zwei ihrer Zeit hochberühmte
Romane: «Die durchleuchtige Syrerinn Aramena» (5 Bde.,
Nürnb. 1669–73; 1678–79; verkürzt von S. A[lbrecht], 3 Bde., Berl. 1782–86)
und «Octavia» (6 Bde.,
Nürnb. 1677; 1685; als «Die Römische
[* 60] Octavia», 6 Bde., Wittenb. 1711 und 7 Bde.,
Braunschw. 1712). Beide leiden an großer Breite
[* 61] und verwickelter Anlage, oft auch an Unwahrscheinlichkeit, geben aber dem
Dichter Gelegenheit zu geistvollen Betrachtungen über staatliche und sociale Verhältnisse und zu Episoden,
die verhüllt Ereignisse aus dem damaligen Hofleben erzählen. –
Nachdem die Herrschaft Birons durch Münnich 20. Nov. gestürzt war, übernahm Anna die Regentschaft, und wurde
zum Mitregenten ernannt. Beide wurden in der Nacht vom 5. zum durch eine Palastrevolution abgesetzt undPeters d. Gr.
Tochter Elisabeth auf den russ. Thron
[* 63] erhoben. und seine Gemahlin wurden nach Cholmogory im Gouvernement Archangelsk verwiesen.
Vor ihrer Verbannung war ihnen die Prinzessin Katharina geboren worden; in die Zeit der Gefangenschaft
fällt die Geburt von Elisabeth, Peter und Alexis. Anna starb Im J. 1780 verschaffte die Kaiserin seinen
Kindern mit Ausnahme des schon geopferten Iwan ein Asyl in Horsens in Jütland, wo dieselben lebten, bis 1807 auch
das letzte von ihnen starb. –
von Bourbon, König von Navarra, Sohn des HerzogsKarl vonBourbon-Vendôme (s. Bourbon), geb. Gouverneur
der Picardie, an den spätern KriegenFranz' I. und denen Heinrichs II. beteiligt, 1548 mit der Erbin von
Navarra, Jeanne d'Albret (s. d.), vermählt, 1555 durch den Tod ihres Vaters Gouverneur der Guienne und König von Navarra, wurde
durch seinen Gegensatz zu Spanien
[* 64] und den Guisen neben seinem Bruder Condé seit 1557 eins der Parteihäupter der Hugenotten
und unter Franz II. der oberste Führer der Opposition gegen die Guisen. Herbst 1560 scheint er eine weitere
Empörung, aber kraftlos, gegen sie geplant zu haben. Der TodFranz' II. befreite ihn aus dem bereits zugezogenen Netze seiner
Gegner; unter dem unmündigen Karl IX. trat er als ältester Prinz an die Spitze der Regierung, ließ sich
aber von
¶
mehr
Katharina von Medici aus der thatsächlichen Leitung verdrängen. Die Unzuverlässigkeit der deutschen Protestanten, deren
Hilfe er suchte, die Umwerbung der kath. Partei, Hoffnungen, die Spanien ihm auf Obernavarra erweckte, und die Haltlosigkeit
seiner sinnlichen, leicht beweglichen Natur bewirkten, daß er Anfang 1562 offen zu den Guisen übertrat, während seine
Gemahlin am Calvinismus innerlich und politisch festhielt. Im ersten Hugenottenkriege führte Anton das kath.
Heer mit Franz Guise und Montmorency; vor Rouen
[* 66] verwundet, starb er 17. Nov., von allen Parteien mißachtet. Sein Sohn
Heinrich IV. wurde 1589 König von Frankreich. -
Clemens Theodor, König von Sachsen,
[* 67] (1827-36), geb. lebte, ursprünglich zum geistlichen Stande bestimmt,
als Prinz in völliger Zurückgezogenheit, beschäftigt mit Musik, in der er selbst als Komponist sich versuchte,
und mit Genealogie, als der Tod seines BrudersFriedrichAugust I. ihn auf den Thron rief. Nach den Bewegungen von 1830 nahm
er seinen Neffen, den Prinzen FriedrichAugust, zum Mitregenten an und ernannte ein neues Ministerium. Mit der Verfassung vom trat
Sachsen in die Reihe der konstitutionellen Staaten ein (s. Sachsen, Königreich). Anton starb zu
Pillnitz. Er war zweimal vermählt: erst mit der Prinzessin Marie von Sardinien,
[* 68] gest. 1782, dann mit Marie Theresie, der
Tochter KaiserLeopolds II., die starb. Die ersteEhe war kinderlos, die Kinder der zweiten starben
in früher Kindheit.
Diese ohne Vorwissen seines Hauses geschlossene und lange verheimlichte Ehe wurde der Anlaß zu erbitterten Erbstreitigkeiten.
Nach dem Testament vom J. 1706 sollte das Land ungeteilt bleiben und von den drei SöhnenBernhards, unter
Leitung des ältesten Ernst Ludwig, gemeinsam regiert werden. Dieser aber strebte danach, seinem Geschlechte die alleinige
Erbfolge zu sichern. Dagegen suchte seinen Erbanspruch und die Gleichberechtigung seiner bürgerlichen Gemahlin und ihrer
Kinder, die von den sächs. Herzögen von der Erbfolge ausgeschlossen werden sollten, zu verfechten.
Endlich erlangte nach dem Tode seines ältesten Bruders 1724 eine kaiserl. Verfügung, die dessen Primogenitur-Erbfolgegesetz
auf seinen ältesten Sohn beschränkte und Anton Ulrichs Gemahlin mit ihren Kindern in den Reichsfürstenstand erhob (1727). KaiserKarl VII. erklärte aber auf das Drängen seiner Verwandten die von Karl VI. verfügte Standeserhöhung
der Gemahlin Anton Ulrichs für ungültig, und KaiserFranz I. Stephan bestätigte diese Erklärung auch seinerseits (1744). Philippine
starb 1744, und lebte seitdem meist in Frankfurt
[* 69] a. M. bei seinen Kindern.
Endlich rief ihn der Tod seines zweiten
BrudersFriedrich Wilhelm 1746 nach Meiningen
[* 70] zurück, wo er nun die
Alleinherrschaft übernahm. 1747 verwickelte ihn seine Rücksichtslosigkeit und Hartnäckigkeit in den sog.
Wasunger Krieg (s. Wasungen) mit Gotha.
[* 71] 1750 vermählte sich ebenbürtig mit Charlotte Amalie von Hessen-Philippsthal, die ihm
noch acht Kinder schenkte. So wurde er der Stammvater des neuen meiningenschen Fürstenhauses. Er war
ein Fürst von guten Anlagen, gründlicher Bildung, starkem Selbstbewußtsein, festem Rechtsgefühl und großer Selbständigkeit.
Er starb in Frankfurt.
Giacomo, Kardinal-StaatssekretärPius' IX., geb. in Sonnino, einem Räuberort an der neapolit.
Grenze des damaligen Kirchenstaates, aus armer, später von Pius IX. in den erblichen Grafenstand erhobener
Familie, zeichnete sich als Schüler des Großen Seminars in Rom so aus, daß Papst Gregor XVI. ihn, nachdem er die Priesterweihe
empfangen, in seine Nähe zog und zur staatsmännischen Laufbahn bestimmte. 1830 zum Prälaten erhoben, war Antonelli als
Assessor bei dem obersten Staatsgerichtshof, später als Delegat in Orvieto, Viterbo und Macerata thätig
und wurde 1841 zum Unterstaatssekretär im Ministerium des Innern, 1844 zum zweiten Schatzmeister und 1845 zum Großschatzmeister
(Finanzminister) ernannt.
Bisher ein eifriger Vertreter des weltlichen und geistlichen Despotismus, schwenkte Antonelli, als Pius IX. Papst wurde, zu den
Liberalen hinüber und erwarb sich dadurch die Gunst des neuen Herrschers, auf den er durch seine Geschmeidigkeit, hinter
der sich ein energischer Charakter verbarg, einen zunehmenden Einfluß gewann. 1847 zum Kardinal erhoben, trat in den ersten
Ministerrat, mit dessen BildungPius IX. seine Reformen eröffnete. Seit Anfang Mai 1848 Präsident eines
liberalen Ministeriums, mußte er, als er plötzlich die nationalen Bestrebungen fallen ließ und sich für Österreich erklärte,
dem drohenden Unwillen der radikalen röm. Bevölkerung
[* 72] weichen und die Leitung der öffentlichen Angelegenheiten einem Kabinett
Mamiani überlassen, blieb aber trotzdem der Ratgeber des Papstes und der eigentliche Leiter der päpstl.
Politik. Auf seinen Rat floh der Papst im Nov. 1848 nach Gaeta, er selbst folgte ihm und erhielt die Würde eines Staatssekretärs.
Nach der Rückkehr nach Rom im April 1850 wurde er nicht bloß der oberste, sondern der einzige Chef des Staatswesens und leitete
fortan die päpstl. Politik im Sinne der strengsten politischen und kirchlichen Reaktion. Den Untergang
des Kirchenstaates (1870) vermochte auch seine diplomat. Gewandtheit nicht aufzuhalten. Antonelli starb in
Rom, nachdem er schon länger seinen Einfluß auf Pius IX. an die Jesuiten verloren hatte. Er hinterließ ein Vermögen von
mehr als 100 Mill. Lire, von dem seine angebliche Tochter, die Gräfin Lambertini, in einem skandalösen
Prozesse 1877 ihren Anteil beanspruchte, aber erfolglos, da der Beweis ihrer Abstammung als nicht erbracht erklärt wurde.
daMessina,
[* 73] eigentlich Antonello d'Antonio, ital. Maler, geb. im Anfang des 15. Jahrh. Nachdem er in Rom seine
Ausbildung erlangt hatte, ließ er sich um 1473 in Venedig
[* 74] nieder und soll unter den venet. Künstlern
die Technik der Ölmalerei verbreitet haben, welche er, wie es heißt, dem Jan van Eyck abgelernt hatte. Antonello starb um 1493 in
Venedig. Das ganze Leben und Wirken A.s ist in Dunkel gehüllt, so ersichtlich seine
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Bedeutung und sein Einfluß ist. Von seinen Bildern sind die bedeutendsten: Christus, in der Londoner Nationalgalerie;
Joannes, niederländ. Dichter, geb. zu
Goes, studierte in Utrecht
[* 79] Medizin und ließ sich dann in Rotterdam
[* 80] nieder, wo er starb. Mit seinen Gedichten, in
denen er den damaligen Krieg mit England (1666-67) besang, erntete er die ersten Lorbeeren; besonders mit «Bellone
aan Band».
[* 81] Durch sein Trauerspiel «Trazil» lenkte er die Aufmerksamkeitvan den Vondels auf sich, dessen Schüler
er wurde. Antonides' Hauptwerk ist «De Y-stroom» (1671). In diesem Gedicht von 4 Büchern verherrlichte er den Welthandel Amsterdams
und schildert in reiner, schwungvoller Sprache
[* 82] und mit meisterhafter Detaillierung das damalige Leben der Stadt; manche Stellen
werden jedoch durch allzu zahlreich angewandte mytholog. Bilder verunziert. Als heftiger Gegner des franz.
Einflusses auf die niederländ. Litteratur hat sich Antonides auch in dieser Hinsicht
große Verdienste erworben. Seine gesammelten Gedichte erschienen nach seinem Tode (Amsterd. 1685); auch Bilderdijk gab sie 1827 heraus.
Gemahlin des oström. Feldherrn Belisar (s. d.), die schöne und schlaue Tochter eines byzant. Cirkuskutschers,
war Hofdame und Freundin der Theodora, der Gattin des Kaisers Justinian I. Antonina war ein Weib von männlichem Geiste; herrisch
und zu Intriguen geneigt, unterstützte sie die Frevelthaten Theodoras und gewann dafür deren Hilfe bei der
Befriedigung ihres Hasses gegen ihre Feinde und noch mehr bei der vollständigen Unterjochung Belisars unter
ihren Willen.
Ihr eigener Sohn Photios, aus erster Ehe, der die Untreue der Mutter an Belisar verraten hatte, entging nur mit Mühe ihrer Rache
durch Eintritt in das Mönchtum. Auf der andern Seite hielt Antonina fest zu ihrem Gatten. Sie
begleitete ihn stets auf seinen Feldzügen, unterstützte seine Kriegführung und Diplomatie namentlich in Italien und vertrat
seine Interessen beim Hofe. Als Belisar im März 565 gestorben war, stiftete von dem ihr zugefallenen Teil des Vermögens ein
Kloster.
Pius, TitusAurelius Fulvus Bojonius Arrius Antoninus, röm. Kaiser (138-161 n. Chr.), geb. 86 zu
Lanuvium, gehörte einer aus Nemausus in Gallien stammenden Familie an, erlangte 120 das Konsulat. Er war einer von den Konsularen,
die Hadrian an die Spitze der von ihm in Italien gebildeten vier Gerichtssprengel stellte; dann ging er 128 als Statthalter
nach Asien.
[* 90] Von Hadrian ward er 25. Febr. 138 unter der Bedingung an Kindesstatt angenommen, daß er seinerseits
den Sohn und den designierten Schwiegersohn des ÄliusVerus, den M. Annius Verus (Marc Aurel) undL.Verus adoptierte. Im Juli
desselben Jahres bestieg er als Imperator CäsarTitusÄlius Hadrianus Antoninus Augustus den Thron.
Unter ihm herrschte Ruhe und Glück im Reich. Seine weise Sparsamkeit setzte ihn in den Stand, überall zu helfen und doch einen
großen Schatz zu sammeln. Er führte nur wenige Kriege an den fernsten Grenzen, doch erweiterte er in Mauretanien und Britannien
das röm. Gebiet und steuerte zugleich durch Aufführung eines Walles nördlich
von dem Hadrians, auf der einst von Agricola befestigten Landenge zwischen Forth und Clyde, den Einfällen der räuberischen
Stämme in den schott. Hochlanden (140-145). Auch außerhalb der Grenzen des Reichs brachte er den röm. Einfluß zur Geltung.
Den BeinamenPius erhielt er wahrscheinlich deshalb, weil er, als nach dem Tode Hadrians der Senat diesem
die Ehre der Vergötterung nicht zugestehen wollte, dies doch durchsetzte. Antoninus starb 7. März 161. Seine Tochter
war Faustina (s. d.), Gattin MarcAurels. Von der Säule, die ihm seine Adoptivsöhne errichteten, ist nur noch das in den Garten
[* 91] des Vatikans versetzte Postament vorhanden. Die sog. Antoninussäule ist die dem KaiserMarc Aurel (s. Antoninus,
Marcus Annius Verus) errichtete. -
Vgl. Bossart und Müller, Zur Geschichte des Kaisers Antoninus (Lpz. 1868);
Lacour-Gayet, Antonin
le Pieux et son temps (Par. 1888).
Marcus Annius Verus, am bekanntesten unter dem NamenMarc Aurel, röm. Kaiser (161-180 n. Chr.),
wurde 121 in Rom geboren und 138 neben LuciusVerus von seinem Oheim Antoninus (Pius) adoptiert. Nachdem Antoninus schon 147 zum Teilhaber
an der Regierungsgewalt erhoben worden war, übernahm er nach dem Tode seines Adoptivvaters 161 als Imperator CäsarMarcus Aurelius
Antoninus Augustus die Herrschaft, die er aber sofort mit LuciusVerus teilte. Das Reich wurde während seiner
Regierungszeit von großen Kriegen, von Überschwemmungen, Erdbeben,
[* 92] Hungersnot und Pest heimgesucht. Gleich nach seinem Regierungsantritt
drohte in Britannien ein Aufstand auszubrechen, fielen die Katten in das röm. Germanien
[* 93] und Rhätien ein und brach ein Krieg
mit den Parthern aus. Während Marc Aurel die Angelegenheiten im Westen des Reichs ordnete, führte LuciusVerus den Krieg im Orient, besonders gegen die Parther, die nach Vernichtung einer röm. Armee¶