durch einen andern
Nerven (nervus vagus) verlangsamt; dasselbe Resultat zeigt sich auch, wenn die
Stellen des Rückenmarks
und des verlängerten
Marks, von welchen diese Nervengruppen abgehen, affiziert werden. Wahrscheinlich hängt von der Einwirkung
auf solche
Centralstellen des
Nervensystems auch der in der Wirkung gewisser
Gifte ab, deren eins das andere
aufhebt. So fängt das durch Fliegenschwammgift
(Muskarin) gelähmte
Herz eines Frosches wieder zu schlagen an, sobald unter
die
Haut
[* 2] des
Tiers gebrachtes
Atropin aufgesaugt ist.
(Antäus), der Sohn des
Poseidon
[* 3] und der Gaia (der Erdgöttin), ein
Riese inLibyen, zwang
die Fremden zum Ringkampfe, besiegte sie alle und tötete sie.
Endlich überwand ihn Herakles,
[* 4] indem er den Antaios, dem bei jeder
Berührung des
Bodens von seiner
Mutter neue Kraft
[* 5] mitgeteilt wurde, so lange schwebend in der Luft hielt, bis er ihn erstickt
hatte. So hatte die Scene Praxiteles gebildet, während in der ältern Kunst Herakles den
Riesen zu
Boden
drückt und erwürgt. Die Erneuerung der Kraft durch Berührung mit der mütterlichen Erde findet sich auch bei
Alkyoneus
und ist bei einem der
Giganten des Pergamenischen Frieses angedeutet.
Friede. Die Vernichtung der lacedämon. Flotte durch die persische unter
Führung des Atheners Konon
in der
Schlacht bei Knidus (Aug. 394
v. Chr.) hatte für
Sparta den
Verlust der Seeherrschaft und der gesamten asiat.
Küsten-
und Inselstädte zur Folge, der Erfolg der spartan. Waffen
[* 6] im Böotisch-Korinthischen
Kriege war auch trotz der
Siege bei
Korinth
[* 7] und bei
Koronea gering geblieben, und so entschlossen sich die Spartaner,die griech.
StädteKleinasiens preiszugeben, um mit pers. Hilfe
Sparta zu der alten Übermacht im europ.
Griechenland
[* 8] zu erheben.
Sie sandten den gewandten
Diplomaten Antalcidas an Tiribazus, den pers. Vicekönig zu
Sardes. Nach mehrjährigen Verhandlungen
erreichte Antalcidas, daß (388) in
Sardes unter Vorsitz des Tiribazus eine Konferenz der griech.
Staaten zusammentrat
und 387 ein Friede zu stande kam, der folgendes bestimmte:
1) die griech.
Städte auf dem Festlande
Kleinasiens sowie Cypern
[* 9] sollen unter der Herrschaft
Persiens stehen;
2) alle andern griech.
Städte sollen autonom sein mit Ausnahme von
Lemnos, Imbros und Skyros, die im
Besitze der
Athener verbleiben;
3) wer den Frieden nicht annimmt, dem wird gemeinsam der
Krieg erklärt. Die
Garantie des Friedens übernahm
der pers. König, der die Spartaner mit
Vollstreckung desselben beauftragte.
Hierher
gehören außer einem zweckmäßigen diätetischen Verhalten (große Nüchternheit im
Essen
[* 11] und Trinken,
Enthaltung von
Spirituosen,
Turnen, Abhärten des Körpers, kalte Waschungen der Genitalien)
Bromkalium,
Chloralhydrat,
Jodpulver,
Kampfer;
auch unmäßiges Tabakrauchen, Morphiummißbrauch und längerer Arsengebrauch mindern den
Geschlechtstrieb.
verkürzt aus Antara, der Sohn des Schaddâd ibn Mo'awijah, aus dem arab.
Stamme der
'Abs, und einer schwarzen
Sklavin,
Namens Zebida, ist einer der berühmtesten arab. Dichter und Recken der vorislamit. Zeit.
Sein
Stamm wollte den Sohn der Sklavin nicht als ebenbürtig anerkennen, war aber dazu gezwungen, als Antar durch seine
Heldenthaten Ehre und Ansehen des
Stammes rettete. Seine Gedichte (hg. von
Ahlwardt in
«Diwans of the six
ancient Arabic poets», Lond. 1870) rühmen seine und seines
Stammes Heldenthaten; unter denselben ist das berühmteste seine
Mo'allaka (s. Mo'alllakât). Antar starb gegen 600. Für das arab.
Bewußtsein ist der
Typus des
Helden der Wüste und in diesem
Sinne hat die Volksdichtung sein Leben fabelhaft ausgeschmückt
und einen reichen
Kranz von
Dichtungen und märchenhaften Erzählungen um den kleinen
Kern histor.
Daten gewoben, der aus seinen echten
Dichtungen zu entnehmen ist. Dies bildet den
Stoff des sog.
Antarromans (Sirat Antar), eins
der beliebtesten
Volksbücher der
Araber. Volkserzähler, welche sich mit der Überlieferung und öffentlichen Erzählung der
Antarsagen beschäftigen, nennt man
Antari. Der
Roman geht von der
Schilderung des Liebesverhältnisses
des
Helden zu seiner Cousine 'Abla aus, deren
Hand
[* 12] man ihm, wegen seiner
Abstammung, anfänglich versagt. Seine Thaten erringen
ihm den
Sieg über die
Intriguen seiner Gegner. Der langgedehnte
Roman geht weit über den
Tod des
Helden hinaus und zieht auch
die
Schicksale seiner
Kinder in seinen
Kreis.
[* 13] Es ist interessant, daß neben dem
Helden wie eine Art Sancho Pansa die Gestalt
seines
Dieners Schejbûb einhergeht. Es giebt vom
Antarroman verschiedene
Recensionen.
Übersetzungen begannen Hamilton («Antar,
a Bedoueen romance», 4 Bde., Lond.
1820) und
Marcel Devic (Par. 1878); einen reichhaltigenAuszug gab
Hammer-Purgstall in den
Wiener «Jahrbüchern
der Litteratur» (1819). Außerdem sind einzelne
Episoden des
Romans öfters in
Text oder
Übersetzung bekannt gemacht worden.
Einige Fragmente des Originals («Extraits du
Roman d'Antar»
[Texte arabe],
Paris
[* 14] 1841) gab
Caussin de Perceval heraus; eine Gesamtausgabe
erschien in
Beirut (10 Bde., 1282 der Hidschra),
deren
Text aber nicht so vollständig ist wie der der Gesamtausgabe von
Kairo
[* 15] (Schâhin 1286 der Hidschra) in 32
Bänden.
ein
Stern 1.
Größe im Sternbild des Skorpion. Er gehört zu den
Doppelsternen, da ein schwer sichtbarer grünlicher
Stern etwa 3" von ihm abstehend gefunden worden ist.
Christum (natum, lat.), vor Christo (Christi Geburt). ^[= # (lat. partus; frz. accouchement), derjenige Vorgang, durch den die Leibesfrucht des Menschen ...]
zurückdatieren, eine Urkunde mit früherm Datum (s. d.) bezeichnen als dem, an welchem sie thatsächlich
ausgestellt ist. Das ist gestattet, soweit der Aussteller der Urkunde berechtigt ist, durch seine Verfügung dieselben Wirkungen
eintreten zu lassen, wie wenn die Urkunde unter dem fälschlich angegebenen Datum wirklich ausgestellt
wäre. Der Landesherr mag die Ernennung eines Beamten unter einem frühern Datum vollziehen, um diesem eine frühere Anciennetät
zu sichern. Der Schuldner mag sich verbindlich machen, seinem Gläubiger etwa für den Zinsenlauf schon von früherer Zeit
ab zu schulden. Soweit aber die rechtlichen Wirkungen nicht zur Verfügung der Partei stehen, insbesondere
im Verhältnis zu dritten Personen, bleibt die nachgewiesene Antedatierung wirkungslos. Sie kann, wenn sie in der Absicht geschehen
ist, dritte Personen durch Täuschung zu benachteiligen, strafbar sein. - Das Postdatieren oder Nachdatieren steht unter demselben
Gesichtspunkt.
Recht, eigentlich das gesamte röm. Recht, welches aus der Zeit vor dem röm. Kaiser Justinian (527-565
n. Chr.) herstammt; im engern Sinne die Überreste von Gesetzbüchern und jurist. Schriften aus der Kaiserzeit,
welche zum Teil in das Corpus juris Justinianeum in Bruchstücken aufgenommen sind, wie z. B. der
Codex Gregorianus, Hermogenianus und Theodosianus, die Institutionen des Gajus, Paulli sententiae, Ulpians Fragmente,
die Collatio legum Mosaïcarum et Romanorum, die Fragmenta Vaticana. Sammelausgaben davon veranstalteten
einige Bonner Professoren u. d. T.: Corpus juris Romani antejustiniani (Fasc. 1-6, Bonn
[* 19] 1835-44), Huschke (Jurisprudentiae
antejustinianeae quae supersunt, Lpz. 1861; 5. Ausg. 1886), Mommsen,
Krüger und Studemund (Collectio librorum juris antejustiniani, 3 Bde.,
Berl. 1877-90).
der höchste und schönste Gipfel der Ampezzaner Dolomite, erhebt sich östlich von San Vito zu 3263 m
Höhe und wird, seitdem Paul Grohmann 1863 die erste Besteigung des Berges vollführte, seiner herrlichen, bis zum Meere reichenden
Aussicht wegen von San Vito über die Forcella Piccola in sieben bis acht Stunden bestiegen.
(grch.), brechenstillende Mittel, die Arzneien, durch welche man das aus einer krankhaften
Empfindlichkeit des Magens hervorgehende Erbrechen zu beseitigen sucht (s. Erbrechen).
R. Br.,
Pflanzengattung aus der Familie der Kompositen
[* 22] (s. d.) mit gegen 10 in Europa,
[* 23] Asien,
[* 24] Amerika
[* 25] weit
verbreiteten Arten, besonders auf Gebirgen wachsend; ausdauernde, filzige, kleinblätterige Kräuter mit kleinen Blütenkörbchen,
deren Korbhülle aus trocknen, schön gefärbten Schuppen besteht, weshalb sich diese Pflanzen gleich den
Immortellen zum Zimmerschmuck während des Winters und zu Kränzen eignen. Die bekannteste Art ist das sog. Katzenpfötchen,
Antennaria dioica Gärtn.
(Gnaphalium dioicumL.), eine hübsche, allenthalben auf trocknem und steinigem Boden in sonniger Lage vorkommende Pflanze mit
weißen, rosen- und purpurroten Blütenkörbchen, und einige beliebte Garten-Zierpflanzen, nämlich Antennaria plantaginea
DC. und margaritacea R. Br.
aus Nordamerika,
[* 26] stattliche Gewächse mit schneeweißen Blütenkörbchen. Beide gedeihen ohne Pflege im freien Lande, werden
durch Zerteilung der Stöcke vermehrt und zur Herstellung von Teppichbeeten verwendet.
bei Homer der Verständigste, der zur Sühne Ratende unter den ÄltestenTrojas. Er nahm Odysseus und
Menelaos
[* 27] bei deren Friedensgesandtschaft nach Troja
[* 28] in seinem Hause auf, begleitete Priamos in das griech. Lager
[* 29] zum Abschluß
des Vertrags wegen des Zweikampfs zwischen Paris und Menelaos und schlug nach dem Zweikampfe des Aias und Hektor Helenas Auslieferung
vor. Die spätere Sage hat ihn zu einem Freunde der Griechen, ja zum Verräter seiner Vaterstadt gemacht.
Sein Haus blieb bei der Plünderung verschont. Er gründete dann nach einigen auf den Trümmern Trojas ein neues Reich, nach
andern verließ er die Troas und ließ sich in Cyrene nieder, nach der spätern Sage aber ging er mit den Henetern (Venetern)
nach Italien,
[* 30] wo er Patavium (Padua)
[* 31] gründete.
Ein Originalwerk von ihm, die überlebensgroße Marmorstatue
einer weiblichen
[* 16]
Figur, wahrscheinlich einer Athenapriesterin, ist auf der athenischen Akropolis
[* 33] gefunden worden.
(Antipendium, lat.), eine künstlerisch bearbeitete Tafel aus Holz
[* 34] oder Metall oder auch ein aufgespannter
bestickter Stoff, der dazu dient, die Front oder auch die Seitenwände des Altars als Schmuck zu bedecken.
Ein kostbares Exemplar frühmittelalterlicher Zeit besitzt die Markuskirche in Venedig;
[* 35] von zahlreichen andern haben nur Reste
die Zeiten überdauert. Solche finden sich im Münster
[* 36] zu Aachen
[* 37] (10. Jahrh.), zu Basel
[* 38] (jetzt im Clunymuseum zu Paris) u. a. m. Gestickte
Antependium sind in größerer Anzahl erhalten; sie zeigen im Mittelalter meist in einer Bogenarchitektur
stehende
[* 16]
Figuren, manchmal auch reichere Kompositionen und Inschriften.
(spr. -kehra, bei den Römern Antiquaria), gewerbreiche Stadt (Ciudad) in der span. Provinz Malaga
[* 39] (Oberandalusien), 16 km
von Bobadilla, an dem in der Sierra de Antequera entspringenden Küstenflusse Guadalhorce und der Zweiglinie Bobadilla-Granada der
Andalus. Eisenbahn, in einsamer Gegend auf drei Hügeln, nördlich von der Sierra de los Torcales, mit den weitläufigen
¶
mehr
Trümmern eines maur. Kastells, hat (1887) 26 824 E., eine schöne got.
Kirche der Jungfrau in dem Kastell, 6 Pfarrkirchen, 7 Nonnen- und 11 ehemalige Mönchsklöster, stattliche Häuser, von denen
die ältern (in der obern Stadt) meist mit Wappenschildern verziert sind, Fabrikation von durch Feinheit und Farbe ausgezeichneten
Wollstoffen und Seife, viele Gerbereien, Seidenwebereien und etwas Handel mit Südfrüchten, Öl und Orseille.
Die Bevölkerung von Antequera besteht großenteils aus Hidalgos (s. d.), unter denen noch in neuerer Zeit die Blutrache Sitte war.
Das Guadalhorcethal ist hier von einer prächtigen Bega (Thalflur) eingenommen und mit Caserios (Meierhöfen) besät. In der
Umgegend werden gute Bausteine, namentlich bunter Marmor, gebrochen. Antequera wurde 712 von den Arabern besetzt
und denselben 1410 von dem Infanten Ferdinand, späterm Könige von Aragonien, wieder entrissen. Das Gebiet der Stadt, das
auf 450 qkm das obere Guadalhorcethal umfaßt, war seit jenen Zeiten von der übrigen Provinz getrennt und genoß manche
Vorrechte.
in der spätern griech. Mythologie der Gott der Gegenliebe, während Eros
[* 41] (lat.
Amor) der Gott der Liebe ist. In einem Relief im Gymnasium zu Elis sah man Eros und Anteros als Knaben dargestellt, die um einen
Palmzweig streiten.
Ähnliche Reliefs in den Museen zu Neapel,
[* 42] Rom
[* 43] u. s. w.
in der engl. Kirchenmusik der Ausdruck für kunstvolle Motetten oder Kantaten.
Wie die engl. Liturgie weit
mehr als die deutsch-evangelische auf der Psalmodie ruht, so ist auch das Anthem gewöhnlich über Psalmentexte komponiert.
Unter einer großen Zahl noch jetzt allbekannter Stücke dieser Art vom 16. bis 18. Jahrh. sind die berühmtesten
von Tallis, Bird, Purcell, Croft und Händel.
(grch.), ein meist mit aufrecht stehenden Blattornamenten verziertes Band,
[* 44] wie es namentlich am Hals der ion.
Säule vorkommt und als beliebtes Dekorationsmotiv auch bei andern Stilen als friesartiger Wandabschluß verwendet wird.
L., Hundskamille, Pflanzengattung aus der Familie der Kompositen (s. d.) mit gegen 80 Arten
in der nördlich gemäßigten Zone der Alten Welt, meist stark riechende, hohe Gewächse mit lebhaft gefärbten großen Blütenköpfchen,
deren Blütenboden nicht hohl (wie bei der echten Kamille) ist. Die bekannteste in Deutschland
[* 45] einheimische Art ist die Ackerkamille,
Anthemis arvensisL., ein überaus häufiges und lästiges Unkraut, welches allenthalben auf bebautem
und sandigem Boden, auf Schutt, an Wegen, Dämmen, Gräben u. s. w. wächst, niedergestreckte und aufsteigende, ästige Stengel,
[* 46] mehrfach fiederschnittige Blätter und ziemlich große Blütenkörbchen mit gelber Scheibe und flach ausgebreitetem, weißem
Strahl besitzt.
Ferner ist zu erwähnen Anthemis nobilisL., die römische Kamille, eine südeuropäische, in Sachsen,
[* 47] Thüringen
und anderwärts als Arznei- und Ziergewächs mit gefüllten Blütenkörbchen gebaute Art, die einen ästigen, reich beblätterten
Stengel,
fein zerteilte, kahle Blätter und lang gestielte endständige Blütenkörbchen mit weißem Strahl und gelber Scheibe
besitzt. Ihre angenehm aromatisch duftenden Blüten waren als FloresChamomillae Romanae offizinell und werden,
ähnlich wie die der Feldkamille, zu Thee, trocknen Umschlägen gegen Kolik, Verdauungsbeschwerden und als entzündungswidriges
Mittel benutzt.
Als Färbepflanze wurde früher vielfach benutzt: die Färberkamille, Anthemis tinctoriaL., eine an felsigen Orten
in sonniger Lage häufig wild wachsende Pflanze mit ansehnlichen Blütenkörbchen und goldgelben Strahl- und Scheibenblüten.
Letztere enthalten einen gelben Farbstoff, weshalb die Pflanze hier und da auch kultiviert wird. Desgleichen
findet man sie als Ziergewächs in Gärten. Verschiedene südeurop. und asiat. Arten werden hier und da als Zierpflanzen im
freien Lande kultiviert.
der über 220° siedende Teil des röm. Kamillenöls (ätherisches Öl von AnthemisnobilisL.), besteht
aus den Anthemolestern der Angelika- und Tiglinsäure, aus welchen Anthemol durch Verseifung als ein dickes kampferartig riechendes
Öl von 214° Siedepunkt und der Formel C10H10O gewonnen wird.
L., Zaunlilie, Graslilie, Pflanzengattung aus der Familie der Liliaceen (s.d.) mit gegen 50 Arten in Europa,
Afrika
[* 49] und Nordamerika; perennierende krautartige Gewächse mit grundständigen linealen Blättern und
meist lebhaft gefärbten regelmäßigen Blüten. In Deutschland wachsen zwei Arten auf trocknem, namentlich kalkhaltigem Boden
unter Gebüsch: Anthericum LiliagoL. mit einfachem, und Anthericum ramosumL. mit ästigem Stengel. Beide Arten waren früher offizinell und
werden jetzt häufig als Zierpflanzen im Garten
[* 50] kultiviert. Die meisten Arten wachsen am Kap der Guten Hoffnung,
und unter diesen giebt es schön blühende (z. B. fragrans und floribundum), die zu Zierpflanzen
der Gewächshäuser geworden sind.
(grch.), in der Botanik im allgemeinen die männlichen Organe bei den Kryptogamen, die eine geschlechtliche
Fortpflanzung besitzen, also bei sämtlichen Gefäßkryptogamen sowie Moosen, vielen Pilzen und Algen.
[* 51] Im
Antheridium werden die männlichen Geschlechtszellen, Spermatozoiden (s. d.), gebildet, die bei der Reife ausschwärmen oder
mechanisch vom Wasser fortgeführt werden und so zu den weiblichen Geschlechtszellen, den Eizellen (s. d.), gelangen.
Die
Antheridien sind bei den verschiedenen Gruppen der Kryptogamen sehr verschieden ausgebildet.
(grch.), das altgriech. Blumen- oder Frühlingsfest: Anthesterion, der Blütenmonat, der erste Monat im
attischen Jahre (vom 7. Febr. bis 8. März), s. Dionysos.
[* 52]
(spr. -tönes), Gentil Theodoor, vläm. Dichter,
geb. zu Oudenaarde, war anfangs Lehrer zu Oudenaarde und Dendermonde und ist seit 1860 Richter. Er
lebt jetzt in Brüssel.
[* 53] Anthennis ist einer der vorzüglichsten lyrischen Dichter in Flandern. Seine Gedichte zeichnen sich
durch Innigkeit und Wohlklang aus; viele sind in Musik gesetzt und populär geworden. Die beliebtesten Lieder sind: «Leutelied»,
Ih ken een lied", «Vergeefs», Getrouwe liefde". Sammlungen seiner Gedichte
erschienen u. d. T.: «Uit het hart»
(Leid. 1875) und «Leven, lieven, ziugen» (Haag
[* 54] 1879).
(grch.), d. i. Blumenlese, Blütenlese, lat. Florilegium, Titel von Sammlungen auserwählter Gedichte, Stellen,
Sprüche u. a. Schon im Altertum hatte man Sammlungen kleinerer, meist epigrammatischer Gedichte von verschiedenen Verfassern,
besonders ist die Griechische Anthologie bekannt. Der erste, der eine derartige Sammlung machte, war Meleager (s. d.),
ungefähr um 60 v. Chr., spätere Sammler waren Philippus von Thessalonich, wahrscheinlich zur Zeit Trajans,
Diogenianos von Heraklea, Straton aus Sardes, beide unter Hadrian, und (im 6. Jahrh. n. Chr.)
Agathias (s. d.). Aber diese ältern Sammlungen sind verloren gegangen.
Noch erhalten sind zwei spätere, die eine von Konstantin Kephalas aus dem 10. Jahrh., dessen Quellen die Sammlungen
von Meleager, Philippus und Agathias sind; die andere von Maximus Planudes (s. d.) im 14. Jahrh.,
auf Grundlage jener, mit Hinzufügung einiger Epigramme. Sein Werk (erste Ausgabe von J. Laskaris, Flor. 1494; beste Ausgabe
von Bosch und Lennep,
[* 56] mit der lat. Übersetzung des Hugo Grotius, Utrecht
[* 57] 1795-1822) war lange die einzige
bekannte Sammlung. 1606 fand aber Salmasius auf der HeidelbergerBibliothek (Bibliotheka Palatina, danach die Bezeichnung «Anthologia
Palatina») die einzige vorhandene Handschrift der Anthologie des Kephalas. Diese Handschrift wurde im Dreißigjährigen
Kriege nach Rom, von da in den Revolutionskriegen nach Paris entführt und 1816 teilweise nach Heidelberg
[* 58] zurückgebracht. Den
gesamten Vorrat gab Brunck in den «Analecta veterum poetarum Graecorum (3 Bde.,
Straßb. 1776; neue Ausg. 1785) heraus, später Jacobs in der »Anthologia
Graeca sive poetarum Graecorum lusus ex recensione Brunckii", mit Kommentar (13 Bde., Lpz.
1794-1814). Von demselben wurde nach einer 1776 zu Rom gemachten Abschrift der «pfälzischen» Handschrift eine zweite
Ausgabe, zunächst der Anthologie des Konstantinos Kephalas, der er die nur von Planudes oder anderwärts überlieferten
Epigramme anschloß, die «Anthologia Graeca ad fidem codicis olim Palatini nunc Parsini ex apographo Gothano edita» (3 Bde.,
Lpz. 1813-17) besorgt.
Zwei Nachträge hierzu gab aus verschiedenen Quellen Welcher in der «Sylloge epigrammatum Graecorum»
(Bonn 1828-29),
vgl. auch Kaibel, «Epigrammata graeca ex lapidibus collecta» (Berl. 1878). NeueAusgaben erschienen von Dübner
(mit lat. Übersetzung und Kommentar, Bd. 1 u. 2, Paris 1864-71; Bd. 3 von Cougny, 1890) und Stadtmüller (Bd.
1, Lpz. 1894). Übersetzungen ausgewählter Gedichte haben außer Stolberg,
[* 59] Voß und Conz besonders Herder
in den «Zerstreuten Blättern» (Tl. 1 u. 2) und Jacobs in «Leben und Kunst der Alten» («Vermischte
Schriften», 2 Bde., Gotha
[* 60] 1824),
neuerdings Regis, «Epigramme der griech. Anthologie» (Stuttg.
1856),
gegeben. Eine vollständige Übersetzung ward vonWeber und Thudichum («Griech. Dichter. Herausgegeben von Tafel, Osiander
und Schwab», Stuttg. 1838-70) unternommen. (S. auch Gnomologium, Stobäus.)
Eine Römische
[* 61] Anthologie ist aus dem Altertum nicht auf uns gekommen. Erst neuere Gelehrte haben aus dem Schatze von kleinern Poesien,
die sich namentlich aus einer größern, im 6. Jahrh. n. Chr.
gemachten Sammlung, oder sonst in Handschriften und auf Inschriften erhalten haben, solche Sammlungen veranstaltet, zuerst
Scaliger mit den «Catalecta Virgilii et aliorum poetarum latinorum» (auch
u. d. T.: «Virgilii appendix»,
Leid. 1573),
zu welchen die sog. «Priapea» (s.
Priapos) und durch Pithöus die «Epigrammata et poemata vetera ex codicibus et lapidibus collecta» (Par. 1590) hinzukamen.
Mit Benutzung alles Vorhandenen stellte PeterBurmann der Jüngere seine «Anthologia veterum Latinorum epigrammatum
et poematum» (2 Bde., Amsterd.
1759-73) zusammen, die 1544 einzelne Gedichte enthielt und besser geordnet und vermehrt von Heinr.
Meyer (2 Bde., Lpz. 1835) herausgegeben
wurde. Eine neue kritische Ausgabe veranstalteten Bücheler und Riese (Bd. 1, Lpz. 1869-70; Bd.
2, ebd. 1895 fg.).
Die zahlreichen Mustersammlungen von Gedichten und Bruchstücken aus den Werken nationaler Dichter und
Schriftsteller heißen auch Anthologie. Den Anthologie verwandt sind die Analekten und Chrestomathien (s. d.).
(grch.), Anthologium, das Missale (s. d.) der griech.-kath. Kirche, in dem die an Fest- und Heiligentagen
abzusingenden Officia (Hymnen, Gebete, Lektionen), nach den 12 Monaten geordnet, enthalten sind.
L., Rachenlilie, Pflanzengattung aus der Familie der Iridaceen (s. d.) mit gegen 15 Arten im tropischen und
nördl. Afrika. Mehrere Arten werden ihrer schönen Blüten wegen als Zierpflanzen kultiviert. Die schönsten und in unsern
Gewächshäusern am häufigsten gezogenen Arten sind: A aethiopiaL., mit schwertförmigen Blättern und langer, zweizeiliger
Ähre scharlachroter Blumen, und Antholyza lucidor L. fil., mit
linien- oder fadenförmigen Blättern. Erstere ist in Südspanien Gartenzierpflanze. Bei uns müssen die Rachenlilien, wie
alle Kappflanzen, im Kappkasten oder Kalthause überwintert werden. Sie sind sämtlich perennierend.
[* 62] L., Ruchgras, Pflanzengattung aus der Familie der Gramineen
[* 63] (s. d.), fünf Arten, in Europa; wohlriechende
Gräser,
[* 64] deren Blüten bloß zwei Staubgefäße enthalten. Die bekannteste Art ist das durch ganz Europa, das nördl. Asien verbreitete
und auch in Amerika und Australien
[* 65] eingewanderte gemeine Ruchgras, AnthoxanthumodoratumL. (Tafel: Gramineen I,
[* 55]
Fig. 5), ein
durch seinen aromatischen Geruch, der sich namentlich nach dem Trocknen stark entwickelt, und die glänzende bräunlichgelbe
Farbe seiner Ähre ausgezeichnetes Gras, das überall, namentlich auf trocknen und moorigen Wiesen wächst. Angeblich soll
dieses Gras dem Heu seinen eigentümlichen Wohlgeruch erteilen, doch ist diese Annahme nicht ganz richtig, da auch andere
Gräser einen ähnlichen Geruch besitzen. Übrigens rührt der Wohlgeruch dieses Grases von Cumarin (s. d.)
her. Die Blüten des Anthoxanthum werden zu Kräuterkissen verwendet und um dem Schnupftabak ein feines Arom zu verleihen.
[* 66] Korallenpolypen, Blumenpolypen (Anthozoa, eine große und formenreiche Klasse niederer Seetiere aus dem Typus
der Cölenteraten oder Hohltiere, Tiere von strahligem Bau, deren Körper im allgemeinen die Form eines
an einem Ende festsitzenden Hohlcylinders besitzt. Die am freien Ende befindliche Mundöffnung ist von einem oder mehrern
Kreisen von Fühlern oder Fangarmen umstellt und führt durch ein engeres
¶
mehr
Schlundrohr (s. nachstehende
[* 66]
Figur A, a; B, a) in eine weite Magenhöhle (A, a'), welche als Gastrovaskularraum für Verdauung
und Kreislauf
[* 68] zugleich dient und durch radial von der Leibeswand her entspringende, stellenweise durchbrochene (in A bei
d) Scheidewände (A, d), sog. Septen oder Mesenterien, in eine Anzahl taschenartiger Räume (B, b) zerfällt.
Diese Septen verwachsen oben mit dem Umfange des Speiserohrs und enden im untern Magenraum mit freier Kante, an welcher eigentümliche
Fadenknäuel, die Mesenterialfilamente oder Magenschnüre (A, mf) entwickelt sind.
Sie sondern Verdauungssäfte ab. Die hohlen Fangarme (A, f) stehen mit den Radialtaschen in Verbindung und tragen an ihrer
Oberfläche eine große Zahl von Nesselkapseln. Die Geschlechtsprodukte bilden sich an der Wand der Septen unterhalb der Magenschnüre.
Die Anthozoen sind der größten Mehrzahl nach zu Tierstöcken vereinigte Wesen; nur einzelne Gruppen, wie die Aktinien, sind solitär.
Der Korallenstock, die dauernde Vereinigung einer großen Zahl von Individuen zu einem Gesamtorganismus,
entsteht durch die ungeschlechtliche Vermehrung auf dem Wege der Teilung und Knospenbildung, wobei sämtliche Einzelwesen durch
ein System von Ernährungskanälen miteinander in lebendiger Verbindung stehen.
Der Zusammenhang wird am häufigsten durch ein Stützskelett in Form einer hornigen Achse oder einer umfangreichen Verkalkung
der Leibeswand der Polypen selbst vermittelt. Die drei Ordnungen, in welche man die Anthozoen einzuteilen
pflegt, werden durch die typische Zahl der Tentakel und Scheidewände charakterisiert. Die Ordnung der vierstrahligen Anthozoen (Rugosa,
Tetracorallia) ist ausgestorben; sie gehörte dein paläozoischen Zeitalter an. Die beiden andern sind in einer reichen
Fülle von Arten in der lebenden Seetierwelt vertreten: die Oktaktinien (s. d.) mit einem einfachen Kranz
von acht Tentakeln um die Mundöffnung, zu denen die Korkpolypen, Seefedern, Rinden- und Orgelkorallen zählen;
und die Hexaktinien
(s. d.) mit sechs oder einem Vielfachen von sechs Tentakeln, zu denen die schwarzen Rindenkorallen der Gattung Antipathes,
die Steinkorallen oder Madreporen und die skelettlosen, meist solitären Aktinien gerechnet werden. -
Vgl.
außer den Werken von Ehrenberg, Ch. Darwin und Dana besonders noch: Milne Edwards und J. Haime, Historie naturelle des Coralliaires
(3 Bde., Par. 1857-60).
[* 66]
^[Abb: Schematischer Längs- (A) und Querschnitt (B) durch ein Anthozoon (Aktinie).]
ein Kohlenwasserstoff von der Zusammensetzung C14H10 , welcher sich im
Steinkohlenteer in einer Menge von 3/4-1 Proz. findet und aus den zwischen 340 und 360° siedenden
Anteilen desselben gewonnen wird.
eine organische Verbindung von der Zusammensetzung C14H8O2 ,
die durch Oxydation des Anthracens (s. d.) mit Kaliumbichromat und Schwefelsäure
[* 70] erhalten wird.
Anthrachinon sublimiert in glänzend gelben Nadeln,
[* 71] die bei 277° schmelzen und in heißem Benzol löslich sind. Die Konstitutionsformel
des Anthrachinon ist die folgende:
^[img]
Die Nitroanthrachinone entstehen durch Einwirkung von Salpetersäure auf Anthrachinon, indem 1, 2 oder 3 Wasserstoffatome
durch das Radikal NO2 ersetzt werden, z. B. Trinitroanthrachinon, C14H5(NO2)3O2 ^[C14H5(NO2)3O2],
gleichbedeutend mit Aloetinsäure (s. d.). Das fabrikmäßig aus Anthrachinon hergestellte
Alizarin (s. d.) ist ein Dioxyanthrachinon. (S. auch Anthracenbraun.)
Glanzkohle, Kohlenblende, ein zu den Steinkoblen gehörendes, der Hauptmasse nach aus Kohlenstoff (meist über 90 Proz.,
mit wenig Sauerstoff und Wasserstoff) bestehendes Gestein von schwarzer Farbe, das aus unterirdisch umgewandelten
Pflanzenmassen hervorgegangen ist, die ihren Sauerstoff- und Wasserstoffgehalt fast ganz verloren haben. Es hat etwas größere
Härte und böheres spec. Gewicht (1,4-1,7) als die Steinkohle, starken metallartigen Glasglanz und brennt schwer, fast ohne
Flamme,
[* 72] Rauch und Geruch und ohne zu backen.
Wie die Steinkohle bildet der Anthracit Flöze, namentlich in der carbonischen Formation. Lokal kann er auch als natürliche Koks
(s. d.) auftreten, und zwar dort, wo vulkanische Gesteine
[* 73] dieBraun- oder Steinkohlenlager durchbrochen haben. An solchen
Orten findet man dann Übergänge von Anthracit bis zu der Stein- oder Braunkohle. Als Brennmaterial wird Anthracit gleich
den Koks benutzt. Die Hauptfundstätten sind in Pennsylvanien und Rhode Island
[* 74] (Nordamerika); auch Südwales in England liefert
Anthracit; ebenso findet er sich bei Landeshut in Schlesien
[* 75] und bei Schönfeld in Sachsen.
oder Kohlentier nannte Cuvier die Reste eines Dickhäuters, die sich in einer großen
und mehrern kleinern Arten in den mitteltertiären Braunkohlen, besonders Piemonts und des westl. Deutschlands,
[* 76] fanden.
Das
Anthracotherium war den Flußpferden und Schweinen am nächsten verwandt und hatte statt der Hauer spitze, starke Eckzähne.
derLungen,Kohlensucht, eine durch Einatmung von Kohlenstaub entstehende chronische Form der Lungenentzündung,
welche sich häufig bei Holzkohlenarbeitern und Bergleuten vorfindet und auf einer gleichmäßigen Infiltration der
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mehr
Lungenlappen mit feinsten Kohlepartikelchen beruht.
Die erkrankten Lungenteile werden dadurch tief blauschwarz gefärbt,
hart, luftleer und sind in den spätern Stadien von zahlreichen Tuberkeln und tuberkulösen Höhlungen durchsetzt.
C14H10O3 , entsteht durch Erwärmen des Alizarins mit Zinkstaub und Ammoniak,
und stellt ein gelblichweißes grobkörniges Pulver dar, welches in Wasser unlöslich ist, in Alkohol
aber sich sehr leicht mit gelbbrauner Farbe löst;
Das Anthrarobin wird vielfach in Form von Salben und Tinkturen gegen
Hautkrankheiten,
[* 79] insbesondere gegen Psoriasis und parasitäre Hautaffektionen, benutzt.
Hoffm., Kerbel, Pfianzengattung aus der Familie der Umbelliferen
[* 80] (s. d.) mit 10 größtenteils in der nördlich
gemäßigten Zone der Alten Welt wachsenden Arten; einjährige oder perennierende Kräuter mit drei- bis vierfach gefiederten
Blättern und weißen Blüten. Eine im südöstl. Europa heimische Art, der Suppen- oder Küchenkerbel, Anthriscuscerefolium
Hoffm.,
eine zierliche Pflanze mit gestreiftem, dünnem Stengel, hellgrünen und angenehm duftenden Blättern und wenigstrahligen Dolden,
wird allenthalben in Küchengärten als Suppenkraut und Küchengewürzpflanze gebaut und verwildert leicht. Aus den Samen
[* 81] wird das ätherische Kerbelöl gewonnen. Außer dieser Kulturpflanze gehören zur Gattung Anthriscus mehrere in Deutschland häufige
Unkräuter, nämlich Anthriscus silvestris Hoffm.,
der wilde Kerbel, eine allenthalben in Grasgärten und auf Wiesen wachsende Pflanze mit mehrstrahligen Dolden und glatten Früchten,
und der gemeine Kerbel, A vulgaris Pers. mit stachligen Früchten, der auf Schutt und wüsten Plätzen wächst.
heißt nach Ratzel, analog der Tier- und Pflanzengeographie, seit 1882 derjenige Teil der Erdkunde,
[* 82] der die Abhängigkeit des Menschen von den räumlichen Verhältnissen der Erdoberfläche im allgemeinsten Sinne des Wortes
zum Gegenstande der Forschung macht. Da diese Abhängigkeit selbstverständlich eine höchst verwickelte
Funktion der natürlichen Gegebenheiten des Bodens, des Klimas, der Verkehrslage u. s. w. ist, und da die in letzter Reihe
alle Fragen der Anthropologie und der Völkerkunde oder Ethnographie
[* 83] in sich schließt, so sind die von Ratzel gegebenen Anregungen
bisher vielfach als zu allgemein gehalten und zu wenig streng angegriffen worden. Doch ist unverkennbar,
daß die Ausführungen über den allgemeinen Einfluß der Naturbedingungen auf die Menschheit schon sehr anregende Bedeutung
errungen haben; und man darf auch erwarten, daß anthropogeogr. Specialuntersuchungen in der
nächsten Zeit viel zur Klärung
der allgemeinen Andeutungen in Ratzels Anthropogeographie beitragen und der gesamten Geographie
viel schätzbares Material zuführen werden. -
Vgl. Ratzel, Anthropogeographie (2 Tle., Stuttg. 1882 u. 1891).
(grch.) oder Androlithen, früherer Name für fossile Reste menschlicher Körper, z. B. von Gestein umschlossene
Knochen,
[* 84] Zähne
[* 85] oder dergleichen;
das Wort kam in neuerer Zeit gänzlich außer Gebrauch (s. Dryopithecus
[* 86] Fontani).
(grch.), die Lehre
[* 87] vom Menschen in ihrem ganzen Umfange gefaßt, schließt in weiterm Sinne die gesamte
Naturgeschichte des Menschen, die Anatomie und Physiologie sowie die Psychologie ein; sie hat zugleich, insofern
nicht nur das Individuum, sondern die Menschheit ihr Objekt ist, das gesamte Kulturleben der Völker zum Gegenstände. Doch
pflegt der Begriff in der Regel enger gefaßt zu werden, und die Aufgaben der in diesem engern Sinne sind:
1) Kenntnis der naturhistorischen Charaktere der verschiedenen Völker und Stämme: Rasseneigentümlichkeiten, deren wichtigste
im Schädel- und Skelettbau, in den Proportionen der Gliedmaßen, in Farbe und Beschaffenheit der Haut, Haare
[* 88] und Regenbogenhaut
des Auges gelegen sind (s. Menschenrassen).
2) Das in dieser Richtung Gewonnene ist unerläßliche Vorbedingung für eine zweite Aufgabe, die nach
R. Wagners Vorgang als historische Anthropologie bezeichnet werden kann: Ergründung des ethnolog. Zusammenhangs,
der zwischen den Völkern des Altertums unter sich und den jetzt lebenden Völkern besteht. Die historische Anthropologie unterliegt
großen Schwierigkeiten. Infolge der wiederholten, zum Teil in die graue Vorzeit fallenden, geschichtlich nur
unsicher oder gar nicht verbürgten Wanderungen der Völker, durch ihr abwechselndes Verschwinden und späteres Wiederauftauchen
an entfernten Orten und unter veränderter Gestalt findet sich hier ein so kompliziertes Durcheinanderwirken der Erscheinungen,
es gilt so verdeckte und oft verwischte Beziehungen aufzudecken, daß die Ergebnisse der Untersuchung oft unsicher sind.
Die Hilfsmittel sind hier neben der naturhistor. Kenntnis verlebenden Völker die Geschichtsforschung,
namentlich die Urgeschichte (s. d.). Ein wichtiges, doch oftmals trügerisches Zeichen für
die Abstammung und den Zusammenhang der verschiedenen Völker ist die Sprache
[* 89] (s. Sprachwissenschaft). Gleichheit oder Verwandtschaft
derselben berechtigt keineswegs ohne weiteres zum Schlüsse auf gleiche Abstammung. Es ist eine oft wiederkehrende
Erscheinung, daß besiegte Völker die Sprache der Sieger oder auch die Sieger die Sprache der Besiegten annahmen.
3) Eine dritte Hauptrichtung der Anthropologie beschäftigt sich mit der Untersuchung nach der Herkunft und
Stellung des Menschen in der Natur, d. h. mit seinen Beziehungen zu den nächstverwandten Tieren; ferner mit
der Frage, ob ein genetischer Zusammenhang zwischen diesen und den Menschen bestehe und welcher Art dieser sei (s. Mensch,
naturgeschichtlich). - Über die sog. psychische s. Psychologie und Völkerpsychologie.
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