immer der Hauptmarkt für
Kaschmirshawls. Der Gesamtwert der nach Europa
[* 2] ausgeführten Shawls beträgt jährlich durchschnittlich 4 085 890 M.,
von denen 1 634 360 M. auf die in Amritsar hergestellten Nachahmungen entfallen.
Der Handel geht nord- und westwärts nach Kaschmir,
[* 3] Kabul und
Buchara, süd- und ostwärts nach
Bombay,
[* 4] Kalkutta
[* 5] und andern ind.
Städten. Amritsar liegt an den
Eisenbahnlinien
Kalkutta-Pischawar, Amritsar-Multan-Karatschi sowie Amritsar-Pathan-kot. - Amritsar ward 1574 durch Ram-das, den vierten
Guru der Sikh, gegründet,
der 1581 auch den heiligen
Teich anlegte, und wurde die Hauptstadt der Sikh, bis
KaiserAhmad Schah 1761 die Stadt zerstörte
und den
Tempel
[* 6] sprengte. Der
Maharadscha Randschit Singh, der Amritsar seinem Gebiete einverleibte, verwendete
große
Summen auf die Wiederherstellung, namentlich des
Tempels, den er auch mit der goldenen
Kuppel versah (daher
«Goldener
[* 7] Tempel» genannt). 1846, nach Beendigung der
Kriege gegen die Sikh, wurde Amritsar britisch.
(Amrom), fries.
Insel in der Nordsee, an der Westküste
Schleswigs, zum
Kreis
[* 8]
Tondern gehörig, umfaßt 20 qkm, mit
Dünen im Westen bis zu 33 m Höhe. Den Hauptkörper bildet eine einförmige baumlose, mit
Heidekraut überzogene Hochfläche,
die Ostseite enthält einen schmalen
StreifenMarsch.
Ausgezeichnet ist Amrum durch großartige Erd- und Steindenkmale
(das Dünenthal Skalnas mit seinen merkwürdigen Steinsetzungen), die statt der heute ärmlichen Verhältnisse ein reiches
großes Land voraussetzen.
Die jetzt vorhandenen sechs Wohnstätten
(Leuchtturm, Nebel mit Vogelkoje, Norddorf, Steenodde und Süddorf) haben 657 Bewohner.
Der früher bedeutende Fischfang (Austernfang und Robbenschlag) liegt ganz danieder,
Ackerbau, und Schifffahrt
sind gering, der Fang in den beiden Vogelkojen mäßig. Infolge der
Auswanderung der jungen
Männer nach
Amerika
[* 9] überwiegt
die Zahl der Frauen bedeutend. Erst seit dem Jahre 1890, wo Badeanstalten (besonders Satteldüne und Wittdün) und zwei Seehospize
(Nebel und Norddorf) entstanden sind, beginnt der Verkehr sich zu heben und die
Insel mit dem benachbarten
Föhr, das man zur Ebbezeit zu Fuß und zu Wagen durch die
Watten erreichen kann, und mit
Sylt in Konkurrenz zu treten. -
in der
Religion der Parsen Bezeichnung der sieben höchsten
Geister, deren Gegensatz
Ahriman (s. d.) mit den obersten
Dämonen bildet. Das Wort lautet im jüngern
AvestaAmesha-Spenta und bedeutet «die Unsterblichen
Heiligen»; es sind ihrer sechs außer Ormuzd (s.d.), ihrem Schöpfer. Sie haben im
Avesta keine ausgeprägte Persönlichkeit
und sind von Haus aus nur schwache Personifikationen ethischer Ideen, gehören aber zum ältesten und
wichtigsten
Bestände der
Religion Zoroasters.
IhreNamen in den Gâthâs (s. Zendavesta) sind folgende:
1) Vohu-Manô, der gute
Geist; pers.
Bahman (s. d.);
2) Asha, das
Wahre, Gute und
Rechte, auch mit dem
Beiwort vahista, das beste; pers. Ardibehisht;
3) Khshathra, Macht, Herrschaft, im jüngern
Avesta mit dem
Beiwort vairja, die erwünschte, beste; pers.
Shahrêvar;
4) Armaiti, Gehorsam, Ergebung, auch mit dem
Beiwort spenta, heilig; pers. Spandârmad;
der schon zu
Luthers Lebzeiten jede Verständigung mit Gegnern hintertrieben hatte, war nach dessen
Tode ein Führer der streng
luth. Partei, lebte nun zwei Jahre in
Weimar
[* 18] und wirkte für die Gründung der streng luth.
UniversitätJena
[* 19] im Gegensatz gegen das Melanchthonische Wittenberg. Die heftige Opposition gegen das Interim (s. d.)
trieb ihn wieder nach
Magdeburg, wo er und Flacius (s. d.) die Führer der luth.
Orthodoxie waren. Nach der
ÜbergabeMagdeburgs
an
Moritz vonSachsen
[* 20] erhielt Amsdorf ein
Asyl zu Eisenach
[* 21] ohne bestimmtes
Amt als höchster Ratgeber in kirchlichen
Dingen für die Ernestinischen
Länder. Auf dem Wormser Kolloquium 1557 veranlaßte er die entschiedene
Absonderung der strengen
Lutheraner von
Melanchthon, blieb jedoch persönlich unangetastet, als 1561 die Flacianer entlassen wurden. Amsdorf starb zu
Eisenach. -
Vgl. E. J. Meier, Das Leben der Altväter der luth.
populäre Benennung für die Schwarzdrossel,
TurdusmerulaL. Dieser
Vogel ist im männlichen Geschlecht einfarbig
schwarz, hat einen orangegelben Schnabel; die Weibchen sind rußbraun mit schwarzem Schnabel. Das Fleisch
ist gut, wenn auch nicht so fein wie dasjenige der Krammetsvögel. Neuerdings ist die in
Verdacht gekommen, junge Nestvögel
zu vertilgen. Wegen ihres angenehmen, dem Nachtigallenschlag ähnlichen
Gesanges und ihrer Schönheit ist die Amsel auch als
Stubenvogel beliebt. Aus dem
Nest gehoben und aufgefüttert, lernt sie auch Lieder anderer
Vögel
[* 22] gut nachflöten.
Bei sorgsamer Pflege dauert sie viele Jahre gut aus. Preis wechselnd, von 3-12 M. für den Wildling, 25-50 M. für die «gelernte»
Amsel. - Die
Ringamsel hat nur unbedeutenden, leisen, wenn auch wechselvollen
Gesang und wird ihrer Schönheit und Seltenheit wegen
gehalten. Nur selten und gelegentlich gelangt sie in den
Handel und steht im Preis verhältnismäßig
hoch. Von fremdländischen Amsel hat der
Vogelhandel nur eine Art aufzuweisen.
serb. Kosovo polje, eine 52 km lange und 22 km breite, gut bevölkerte Hochebene
im türk.
Serbien
[* 23] (Wilajet Kosovo), ein alter Seeboden (Seehöhe in der Mitte an 550 m). Die
Gewässer sammelt die Sitnica, zum
Stromgebiet der Morava gehörig. Südlich vom
Becken ragt das hohe Schargebirge empor, durch
das der
Paß
[* 24] von Kačanik die
Verbindung nach Macedonien vermittelt. Die Landschaft diente als Knotenpunkt wichtiger
Straßen
oft als Schlachtfeld. Berühmt ist die
Schlacht am
Sankt
[* 25] Veitstage (serb. Vidov dau), zwischen
dem
SultanMurad I. und dem serb. Fürsten Lazar mit bosn. Hilfstruppen. Ein serb.
Edelmann
Milosch drang bis zum
Sultan vor und
¶
mehr
stieß ihn nieder; sofort wurde Murads Sohn Bajezid I. zum Sultan proklamiert, der die Schlacht alsbald gewann. Lazar fiel in
Gefangenschaft und wurde nebst vielen Edelleuten enthauptet. Eine spätere Sage schreibt die Niederlage dem Verrat des Schwiegersohnes
Lazars, dem serb. Teilfürsten Wuk Brankowitsch zu. Eine zweite Schlacht fand ebendort statt,
als der ungar. Reichsverweser Johs. Hunyady ohne Einverständnis mit dem damaligen Serbenfürsten GeorgBrankowitsch durch Serbien
gegen die Türken zog. Hunyady erlitt eine vollständige Niederlage, wurde auf der Flucht gefangen und erst nach langem Verhandlungen
freigelassen.
oder Amsteg, Dorf in der Gemeinde Silenen im schweiz. Kanton Uri,
[* 32] in 522 m Höhe, an der Gotthardbahn und an der Gotthardstraße, liegt am Eingang in das Maderanerthal (s. d.),
zwischen der Kleinen Windgälle (2988 m) und dem Bristenstock (3075 m) bei der Mündung des Maderaner- oder Kerstelenbachs
in die Reuß.
[* 33] Amstäg ist Hauptplatz des urnerischen Mineralienhandels sowie Touristenstation
für das Maderanerthal und hat Viehmärkte.
Nördlich von Amstäg die angeblichen Trümmer der Geßlerschen Burg Zwing-Uri.
Fluß in Holland, an dessen Einmündung in das Y (s. d.) Amsterdam
[* 34] erbaut wurde, entsteht auf der Grenze der
ProvinzUtrecht
[* 35] aus der Drecht, Kromme Mydrecht und Angstel. - Amstelland hieß ehemals die zur GrafschaftHolland gehörende Uferlandschaft der Amstel, unter König LudwigBonaparte ein die heutige Provinz Nordholland umfassendes Departement,
welches 1810 unter franz. Herrschaft mit dem Depart. Utrecht zu dem des Zuidersees vereinigt wurde.
ursprünglich Amstelledamme, d. h. Damm in der Amstel, Hauptstadt, aber nicht Residenz
des Königreichs der Niederlande,
[* 36] liegt unter 52° 23' nördl. Br. und 4° 5' östl. L. von Greenwich am Ausflusse der Amstel
in das Y (Ij), einer Bucht des Zuidersees, und umfaßt 32,62 qkm.
Bevölkerung.
[* 37] Die Zahl der Einwohner betrug 1879: 316 590, darunter 60000 Katholiken, 34 500 Lutheraner, 4500 Anabaptisten, 1000 Remonstranten, 27000 deutsche
und 3200 portug. Juden;
1885: 378 700, mit Einschluß der umliegenden Gemeinden 400000, 1890: 406 532, Ende 1891: 420 914,
darunter 91000 Katholiken und 50000 Israeliten sowie zahlreiche Deutsche,
[* 38] Ende 1893: 440 657.
Anlage, Straßen, Plätze, Denkmäler. Die alte Stadt, ohne die neuen Vorstädte, ist in Gestalt eines Halbmondes,
dessen offene Seite dem Y (s. d.) im Nordosten zugewendet ist, und wegen des
schlammigen Bodens auf eingerammten Pfählen erbaut und durch sechs parallel laufende Kanäle in konzentrische Halbkreise geteilt.
Diese Kanäle und ihre Ufer (Grachten), in altholländ. Weise mit Reihen stattlicher Bäume (Ulmen) besetzt,
bilden die schönsten und eigentümlichsten Stadtteile, namentlich die sog. Singelgracht (10
km lang), die Heeren-und Keizersgracht und die Prinsengracht.
Von der Hafenseite gewährt die Stadt einen schönen Anblick, ebenso von der hohen, 206 m langen Amstelbrücke (Hoogesluis)
mit 32 Bogen
[* 39] und von der östl. Einfahrt von Muiden aus. Die Werke der einst
bedeutenden Festung
[* 40] Amsterdam sind in diesem Jahrhundert, der letzte Rest 1870, geschleift worden; doch ist die Stadt
der Mittelpunkt des jetzigen Systems der Landesverteidigung. In der neuesten Zeit ist die Stadt außerordentlich gewachsen,
ganz neue Stadtviertel sind außerhalb der Singelgracht entstanden, besonders im Süden.
In der Stadt sind Kanäle zugeschüttet und in breite Straßen umgewandelt worden. Auch ist ein beträchtlicher Teil vom Y trocken
gelegt und mit einem Centralbahnhof und andern Gebäuden besetzt. Den Mittelpunkt der Stadt bildet der sog. Dam, ein großer,
freier Platz, der die Westseite jener Dammanlage einnimmt, die mit der Stadtgründung in Zusammenhang
gebracht wird und mit schönen Bauten umgeben ist; von her zieht sich die mit glänzenden Läden und zahlreichen Geschäften
besetzte Kalverstraat nach dem von Anlagen umgebenen Rembrandtsplatze, der ein Standbild von Rembrandt trägt, Erzguß nach
Royers Modell, 1852 errichtet; südlich davon der Thorbeckeplatz mit einem StandbildThorbeckes von Leenhof.
Vor dem königl. Palais ein Denkmal für die beim belg. Aufstand 1830/31 vom niederländ. Volk bewiesene Treue, nach der damaligen
Kriegsdenkmünze «het metalen kruis» genannt. (Hierzu Plan: Amsterdam nebst Straßenverzeichnis.)
Kirchen. Es bestehen folgende Kirchen: 10 reformierte (hervormde),
2 wallonische, 1 englisch-presbyterianische, 1 englisch-episkopale, 1 für
Remonstranten, 2 evangelisch-lutherische, 1 für «hergestellte»
Lutherische (1791 von den Lutheranern getrennt), 1 für Mennoniten, 3 christlich-reformierte, 19 kleinere und größere kath.
Kirchen, worunter 2 jansenistische, ein röm.-kath. Beghinenhof aus dem 14. Jahrh., 10 Synagogen und das 1880 erbaute Versammlungsgebäude
der Freien Gemeinde. Die schönste ist die Neue oder Katharinenkirche auf dem Dam (Nieuwe Kerk), eine kreuzförmige
Basilika
[* 41] in spätgot. Stil, 1408-70 erbaut und nach den Bränden und Zerstörungen von 1421, 1578 und 1645 wiederhergestellt;
der nur im Erdgeschoß vollendete Westturm wurde 1847 bis zur Höhe des Langhauses geführt. Das Innere hat eine gewölbte
hellbraune Holzdecke, Reste alter Glasmalereien, eine durch feine Schnitzarbeit ausgezeichnete, 1649 von
Vinckenbrinck ausgeführte Kanzel, außer andern ein großes Denkmal¶
mehr
des Admirals de Ruyter. Die Alte oder Nikolaikirche (Oude Kerk, 90 m lang, 65 m breit), um 1300 erbaut, hat schöne Glasgemälde
von 1555 und Denkmäler der AdmiraleJakobvan Heemskerck, Abrahamvan der Hulst (gest. 1666), Sweers (gest. 1673), van der Zaan
(gess. 1669), Cornelius Jansz (gest. 1633), des Feldmarschalls Paul Wirtz und der Dichterin Lucretia Wilhelmina
van Winter, geborene vanMerken (gest. 1705).
Weltliche Bauten. Das schönste Gebäude von Amsterdam, wenn nicht der Niederlande überhaupt, ist das vormalige Stadthaus, von 1808 bis 1810 Residenz
des Königs Ludwig Napoleon. Es wurde 1648-55 unter BürgermeisterTulp nach Plänen von Jac. vanKampen mit
einem Kostenaufwande von 8 Mill. Fl. aus gewaltigen Quadern erbaut, steht auf 13 659 eingerammten Pfählen, ist 85 m lang, 70 m
breit, 36 m hoch und hat einen runden Turm
[* 43] (56 m) mit vergoldetem Schiffe
[* 44] statt der Spitze. Sein Inneres wurde durch ausgezeichnete
niederländ. Bildhauer (Quellinus u.a.; s. Tafel: Niederländische Kunst
[* 45] III,
[* 42]
Fig. 2) und Maler des 17. Jahrh.
geschmückt.
Der Thronsaal (36 m lang, 18 m breit, 30 m hoch) gilt für den schönsten Saal in Europa. Das Gebäude dient noch jetzt als
Königspalast. Die Stadtbehörden halten ihre Sitzungen in dem ehemaligen Admiralitätshof am Oudezijds-Voorburgwal.
Die alte, 1608-13 gebaute Börse, unter der die Amstel in das Damrakgewässer floß, wurde 1837 abgebrochen und 1845 eine neue
jenseit des Dam gebaut; auch diese genügt längst nicht mehr, so daß im Nov. 1890 die Errichtung eines neuen großartigen
Baues und zugleich eine neue Straßenanlage auf dem sog. Damrak beschlossen
wurde.
Ferner sind zu erwähnen das Gebäude der Niederländischen Bank, 1872 erbaut, das Museum Fodor am Keizersgracht, eine Stiftung
des 1860 verstorbenen Kaufmanns Ch. Jos. Fodor und unweit der Hoogesluis der
schöne Palast der Nationalindustrie (Paleis voor Volksvlijt, 1855-64) mit elliptischer Kuppel (57 m), die eine Victoria
[* 46] (7
m) von dem Brüsseler Bildhauer Jaquet krönt, die letztern beiden Gebäude nach Plänen von Corn-Outshoorn;
das Reichsmuseum (s. unten), ein stattliches Gebäude (11000 qm), 1877-85 nach Plänen von Cuypers aufgeführt, in sog. altholländ.
Renaissancestil mit got. und roman. Anklängen;
die Skulpturen an der Hauptfaçade sind von Vermeylen-Löwen und van Hove-Amsterdam,
das Äußere nach Zeichnungen von G. Sturm mit figurenreichem Mosaik in gemalten und glasierten Ziegeln
geschmückt;
der Centralbahnhof, von demselben Architekten erbaut und 1889 in Betrieb genommen;
das sog. Trippenhuis, im 17. Jahrh.
von den Amsterdamer Patriciern, den Brüdern Trip errichtet, welches früher die große Gemäldegalerie, jetzt nur die Königl.
Akademie der Wissenschaften (s. Akademien, S. 277 b) beherbergt; endlich das neue Stadttheater, Sand- und
Backsteinbau im altholländ. Renaissancestil (1894), von van Gendt und den Gebrüdern Springer erbaut.
Bildungs- und Vereinswesen. Die 1632 als Athenäum illustre von der Stadt gegründete Hochschule wurde 1867 in der philos. und
mediz. Fakultät reorganisiert, zur Universität erhoben und den übrigen Reichsuniversitäten
gleichgestellt. Sie hatte (1892) 65 Docenten und 1103 Hörer und besitzt hervorragende Institute, namentlich das chem. und
physiol. Laboratorium
[* 47] sowie eine 1881 erneuerte Bibliothek (100000 Bände, darunter 8000 Werke über ind. Litteratur
und wertvolle
Handschriften).
Besonders für mediz. Studien ist sie wegen der großen Krankenhäuser von hoher Bedeutung; sie ist wiederholt
mit bedeutenden Schenkungen bedacht worden. Ferner befindet sich in Amsterdam die Reichsakademie der bildenden Künste,
ein Reichsseminar für Zeichenlehrer, eine Reichsschule für Kunstindustrie, ein Gymnasium, eine Handelsschule, mehrere höhere
Bürgerschulen, Industrieschule für die weibliche Jugend, ein städtisches Seminar für Primärschullehrer,
eine Seemannserziehungsschule (seit 1785 bestehende Privatstiftung), ein botan. Garten
[* 48] mit einem schönen Victoria-Regia-Haus,
ein großer (11 ha.) zoolog. Garten (Artis), 1836 von der Gesellschaft Natura artis magistra gegründet, der zu den besteingerichteten
Europas gehört und mit reichen Sammlungen, einer Bibliothek, einem ethnographischen Museum, einem Aquarium und einer bedeutenden
Salmen- und Forellenzucht verbunden ist, eine Schauspielerschule (Toneelschool), errichtet vom Verein zurHebung
[* 49] der nationalen Schauspielkunst. In neuerer Zeit hat man auch den Versuch mit einer nationalen Operngesellschaft
gemacht, wie überhaupt die Musik eifrigste Pflege findet; 1888 wurde ein neues Konzerthaus eröffnet mit trefflichem Orchester
(Direktor Kes).
Die sechs Theater
[* 50] sind das GrandThéàtre (BesitzervanLier) mit 1000 Plätzen (Holland. Schau- und Lustspiel),
Parktheater (Aktiengesellschaft) mit 1800 Plätzen (deutsche Operette), Theater in der Plantage (BesitzervanLier) mit 1000 Plätzen
(deutsche Oper und Operette, nur Sommersaison), TheaterFrascati in der Plantage (Besitzer Prott) mit 800 Plätzen (holländ.
Operette), Paleis voor Volksvlijt (Aktiengesellschaft) mit 3000, event. auch 6000 Plätzen (großes Ballet,
Feerie, nur im Winter), Stadttheater (Eigentum der Stadt) mit 1200 Plätzen (auch deutsche Vorstellungen). Das Reichsmuseum
(s. Tafel: Museen II,
[* 42]
Fig. 2) enthält eine der bedeutendsten Gemälde- und Kupferstichsammlungen
(150000 Kupferstiche, 400 Sammelwerke und 400 Handzeichnungen) der Welt und umfaßt nicht nur die Sammlungen
aus dem frühern Reichsmuseum im Trippenhaus und aus dem Museum van der Hoop (1854 gegründet), sondern auch zahlreiche bisher
zerstreute Gemälde und andere Kunstwerke aus dem Stadthaus, aus dem Huiszittenhuis und gewährt in den Sammlungen des frühern
niederländ. Museums im Haag
[* 51] und der Oudheidkundig Genootschap (Altertumsverein) zu Amsterdam einen Überblick
über die ganze Geschichte der niederländ. Kunstgewerbe mit Einschluß der weltlichen
und kirchlichen Architektur von der Karolingerzeit bis zum 19. Jahrh. Die Werke Rembrandts, seiner Zeitgenossen
und Schüler sind zahlreich vertreten, ferner Meister der vläm., ital., franz.
und span. Schule, von van Haerlem, Jan Steen, Hobbema, van Ostade, Maes, van de Velde dem Jüngern, Rubens,
de Heem, Metsu, Karel du Jardin, van Dyck, Ruisdael, Dou, Weenir, Berghem u. a. Das Museum Fodor enthält eine ausgezeichnete
Sammlung von Werken der franz. Maler, Meissonier, Decamps, Ary Scheffer u. a., sowie Kabinettbilder der neuern belg.
und holländ. Schulen. Ferner finden sich in der Sixschen Gemäldesammlung,
gegründet von dem Gönner Rembrandts Jan Six, der von 1691 bis 1702 Bürgermeister von Amsterdam war, viele Meisterwerke niederländ.
Maler, besonders Rembrandts, vereinigt; die histor. Galerie des Malervereins Arti et Amicitiae besitzt
¶
mehr
200 Bilder und Darstellungen aus der niederländ. Geschichte. Die zu wissenschaftlichen Zwecken 1777 gegründete
Gesellschaft Felix meritis hat eine Sammlung von Gipsabgüssen, physikal. und mathem. Instrumenten, eine Bibliothek, Sternwarte
[* 53] und einen schönen Konzertsaal. In Amsterdam hat die in den Niederlanden verbreitete Gesellschaft zur Förderung gemeinnütziger
Zwecke mit über 17 400 Mitgliedern (Maatschappij tot Nut van't Algemeen), 1784 gegründet von einem Prediger
der Taufgesinnten Jan Nieuwenhuijzen, seit 1787 ihren Sitz.
Wohlthätigkeitsanstalten. Von den aus freiwilligen Beiträgen gegründeten Anstalten sind zu nennen das Blindeninstitut
(1808), für 50-60 Zöglinge von 5 bis 18 Jahren, das reform. Alt-Frauen- und Männerhaus, das St. Jakobsstift, ein
Versorgungshaus für alte Männer und Frauen kath. Religion, das Bürgerwaisenhaus, kath. Waisenhaus für Mädchen, luth. Waisenhaus,
das Diakoniewaisenhaus für 1000-1200 Kinder u. a.
Industrie. Die industrielle Thätigkeit ist sehr bedeutend und umfaßt die nirgends so großartig, meist von portug.
Israeliten betriebene Diamantschleiferei mit (1886) 7-8000 Arbeitern und 6 Mill. Fl. gezahlten Löhnen
(23 Etablissements, von denen 4 mit Dampfmaschinen
[* 54] arbeiten), Fabrikation von Gold-, Silber- und Farbewaren, Öl- und Stearinkerzen,
Smalt (Kobaltblau), Segeltuch, chem. Präparaten, Liqueuren, Tabak
[* 55] und Cigarren, Schokolade, Mehl
[* 56] und Brot,
[* 57] astron. Instrumenten,
Leder, Seide,
[* 58] Tapeten, Wolle, Porzellan; die Borax- und Kampferraffinerie, Zuckerraffinerie (4 große Fabriken verarbeiten je
über 10 Mill. kg jährlich), bedeutende Bierbrauerei
[* 59] (zum Teil für den Export arbeitend), Brennerei,
Glasbläsereien, Sägemühlen, Reisschälerei (jährlich 10 Mill. kg Reis verarbeitend), Schiffbauerei, Eisengießerei,
[* 60] Maschinenfabriken
(besonders die königlichen und «de Atlas»).
[* 61]
Handel. Seine ganze Bedeutung verdankt Amsterdam dem Handel. Nach einer langen Zeit der Erschlaffung zeigte in den letzten dreißig
Jahren die größte Energie. So ist 1865-76 der Nordseekanal (s. d.) entstanden, ein Privatunternehmen,
welches die Stadt unmittelbar in nordwestl. Richtung mit dem Meere verbindet (27 km lang, 68-125 m, vor Amsterdam 1100 m breit, 4-7,70
m tief) und an der Nordseeküste einen großen Kunsthafen (von 100 ha Fläche) mit zwei Wellenbrechern
(von 1880 m Länge) und einer durch zwei Leuchtfeuer markierten Einfahrtsöffnung (260 m breit) und in der Nähe des Ortes
Ymuiden drei Kunstschleusen besitzt; da die letztern für die größten Seeschiffe nicht ausreichen, so wurde 1892 mit einem
Aufwande von ungefähr 5 Mill. Fl. eine vierte größere Schleuse erbaut.
Der ältere Nordhollandsche Kanal
[* 62] ist seitdem verlassen worden. Die großen, teils durch den Staat, teils auch durch die Stadt
hergestellten Anlagen ziehen sich nördlich und nordöstlich im Bogen um die Stadt herum. Das Centrum derselben bilden im Norden
[* 63] die drei Stationsinseln, auf deren mittlerer die Centralstation (Centraal-Spoorweg-Station) sich befindet; nördlich
von denselben sind die Anlageplätze der auf dem Zuidersee nach Ymuiden, Nordholland, Hull
[* 64] und Leith
[* 65] verkehrenden Dampfer,
die östl. Insel ist auch der Endpunkt des Westindischen Maildienstes. Zu beiden Seiten der Inseln liegen das Östliche und
Westliche Dock
[* 66] zum Umladen der Waren auf kleinere Binnenseefahrzeuge; weiter östlich der neue große
Handelsquai mit dem Binnenhafen für große Ostindiendampfer, seit 1885 mit Kränen von 30 t Hebekraft versehen.
Daran schließen sich an die Dijksgracht, das große Bassin der Reichsmarine mit Magazin, die Kattenburger und Wittenburger Grachten,
das lange Bassin Nieuwe Vaart mit Kranen und Magazinen, seit 1874 für Seeschiffe eingerichtet, das staatliche
Entrepotdock (14,6 ha) mit Speichern (140000 qm Speicherfläche); weiter ostwärts der Eisenbahnhafen für Rohstoffe, Erze
und Kohlen, durch Geleise mit allen einmündenden Bahnen verbunden, der Damm des Zuidersees mit den Oranienschleusen (5 Mill.
Fl.). An seiner Ostseite ist das Bassin des neuen Merwedekanals, der Amsterdam mit Utrecht und dem Rhein verbindet,
und dessen Hauptteil (von Amsterdam bis Vreeswijk) eröffnet wurde.
Westlich der Stationsinseln liegen die Sueskanalladeplätze, 1877 erbaut, der große Holzhafen (houthaven, 126 ha), 1873-76
erbaut und 1878-83 erweitert, der Petroleumhafen für 14 transatlantische Dampfer, 1885-89 erbaut. Im ganzen verfügt Amsterdam, mit
Ausnahme der Grachten und Quais für den Binnenverkehr und die Fabriken und Werften, über 137 ha taugliche
Bassinoberfläche, darunter allein 105 ha für die große Schiffahrt, der das Östliche und Westliche Dock, die Nieuwe Vaart,
das Eisenbahnbassin, die Plätze östlich vom Holzhafen, die Bassins westlich desselben und der Petroleumhafen dienen.
Vor Eröffnung des Kanals liefen in Amsterdam jährlich ungefähr 4000 Schiffe mit 4,6 Mill. cbm ein und aus,
dagegen gingen durch die Schleuse von Ymuiden einschließlich der Fischerfahrzeuge 1883: 5594 Schiffe mit 5,4 Mill. cbm,
1889: 6794 Schiffe mit 8,8 Mill. cbm. Durch die Oranienschleuse verkehrten 1884: 120 Seeschiffe
mit 56 451 cbm, 1887: 56 Seeschiff mit 27 260 cbm, 1883: 91 216, 1888: 77 546 untergeordnete Fahrzeuge.
An Seeschiffen liefen in Amsterdam ein 1877: 1540 mit 1,7 Mill. Nettotonnen, 1883: 1607 mit 2,6 Mill. t, 1891: 1723 mit
4,6 Mill. t. Das schwimmende Dock am Nordufer des Y (Königinnendock) ist 122 m lang, 28 m breit und
kann Schiffe bis zu 5,2 m Tauchung und 4000 t Gehalt aufnehmen. Für den Amsterdamer Markt sind ostind. Kolonialwaren von
den staatlichen Produktionsstätten von ausschlaggebender Bedeutung, von denen die Niederländische Handelsgesellschaft die
Hälfte nach Amsterdam bringt.
Die Einfuhr betrug 1891: Kaffee aus Java und Brasilien
[* 67] 300000 q (Quintal), Thee aus Java, kleinere Mengen
aus China
[* 68] und Indien über London
[* 69] 19 500 q, Rohtabak aus Java, Sumatra u. a. 292 700 q, Rohzucker 813 190 q, raffinierten Zucker
[* 70] 28 510 q,
Droguen, Farbewaren und Chemikalien 307 980 q, Spezereien 26 870 q, Teer und Pech 38 430 q, Baumwolle
[* 71] 76 100 q,
Flachs und Hanf 4976 q, Roggen 843 910 q, Weizen 534 400 q, Reis 300 550 q, Sämereien und Saaten 967 850 q, Schiffbau- und
Zimmerholz 1,8 Mill. q, Metalle, roh 621 360 q, bearbeitete Metalle 452 250 q, Maschinen und Werkzeuge
[* 72] 91 990 q, Manufakturwaren 78 260 q,
außerdem Gerste
[* 73] und Mehl, frische und getrocknete Früchte, ferner Schmalz, Talg und Fett sowie Petroleum.
Die Ausfuhr betrug 1891: Kaffee 154 140 q, Tabak und Cigarren 20 601 q, Zucker, Sirup und Melasse 946 300 q, Reis 216 180 q,
Mehl 129 400 q, Käse 74 170 q, Fische
[* 74] 3797 q, Bier und Malzextrakt 61 860 q, Lumpen 68 710 q, Metalle,
roh 50 8040 q, Manufakturwaren 133 760 q, bearbeitete Metalle
¶
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378 010 q, Droguen u. s. w. 207 290 q, Roggen 120 700, Öl 107 020 q, Spirituosen 63 170 q, Früchte 104 330 q, Wein 65 180 q
u. a. Die allgemeine Einfuhr erreichte 1890: 910 710 t, 1891: 905 837 t, die allgemeine
Ausfuhr 443 990 und 437 131 t.
Verkehrswesen. Amsterdam liegt an den Linien Amsterdam-Utrecht-Emmerich (129 km) und Amsterdam-Rotterdam (70 km) der Niederländ. Staatsbahnen,
[* 96] Rotterdam-Amsterdam (90 km), Helder-Amsterdam (85 km), Amsterdam-Winterswijt (15 km) der Holländ. Eisenbahngesellschaft. Dampftramways führen
nach Sloterdijk (2,5 km), Muiden, Muiderberg, Naarden und Hilversum. Außerdem bestehen Pferdebahnlinien der Amsterdamer
Omnibusgesellschaft von 24,7 km Gesamtlänge, davon 5,2 km eingleisig und eine Anzahl Dampfschifflinien
für Personenverkehr. Amsterdam hat eine Reihe regelmäßiger Dampfschiffverbindungen im Inlande, so nach Harlingen und Zwolle, ebenso
zum Oberrhein durch die Amsterdamer Rijnbeurtvaart und die Amstel-Rijn-Main-Dampfschiffgesellschaft.
Nach Neuyork
[* 97] (3428 Seemeilen), Montevideo
[* 98] und Buenos-Aires gehen von und Rotterdam abwechselnd Schiffe
der Niederländisch-Amerikanischen Dampfschiffahrtsgesellschaft, nach Westindien
[* 99] und Neuyork der Koninklyke Westindische
Maildienst, nach Java die Stoomvart-Maatschappij Nederland; nach Niederländisch-Indien ferner die Gesellschaften Java und
Insulinde. Den Verkehr nach England, Deutschland,
[* 100] Skandinavien, Frankreich, Spanien, Portugal und der Levante vermitteln besonders
die Koninklyke Nederlandsche und die Hollandsche Stoombot-Maatschappij. 1891 gingen von Amsterdam 7046 Auswanderer
nach den Vereinigten Staaten
[* 101] von Amerika.
Umgebung und Vergnügungsorte. und seine unmittelbare Umgebung bietet wenig landschaftliche Reize; die Bewohner beschränken
sich auf den Besuch des Zoologischen und BotanischenGartens oder Vondelparks oder aber des Seebads Zandvoort, Haarlems, Hilversum
u. a. Orte.
Geschichte. Amsterdam entstand im Gebiete der Herren von Amstel. Zu welcher Zeit der Damm in der Amstelmündung,
von dem der Name Amsterdam herrührt, errichtet wurde, läßt sich nicht mehr ermitteln. Sicher ist es, daß die Burg der Herren von
Amstel, die der Stadt Schutz bot, Anfang des 13. Jahrh. (um 1204) erbaut wurde. 1247 tritt
nach einer Lübecker Urkunde Herr Gysbrecht III. von Amstel für seine Handelsleute ein, als die Lübecker
ein Amsterdamer Schiff
[* 102] wegen Verdachts des Seeraubes festhielten. 1275 gab der holländ. Graf Floris
V. den Amsterdamern, obgleich
sie nicht zu seinem Gebiete gehörten, Zollfreiheit in seinen Landen.
Später, 1285, mußte Gysbrecht IV. von Amstel in einem Vertrage mit dem Grafen Floris, der ihn gefangen
hielt, die Oberlehnsherrlichkeit Hollands anerkennen und verlor 1290 wegen Teilnahme amMorde des Grafen Floris nach den Bestimmungen
jenes Vertrags, weil er sich gegen seinen Lehnsherrn aufgelehnt hatte, alle seine Länder an Holland. So wurde 1347 Amstelland
nach einer Zeit vieler Wirren zuletzt vollständig der Grafschaft einverleibt. Städtische Rechte erhielt
Amsterdam wahrscheinlich um 1300. Der Übergang aus der gutsherrlichen Hörigkeit unter die gräfl.
Landeshoheit bedingte zuerst A.s Aufschwung, und bereits im Mittelalter war es eine bedeutende Stadt, die 1489 von Maximilian
I. die Erlaubnis erwarb, oberhalb ihres Wappens die kaiserl. Krone zu führen. Im Unabhängigkeitskriege
gegen Spanien trat sie erst 1578 an die Seite der Aufständischen, und als 1585 Antwerpen
[* 103] spanisch geworden war und die Schelde
von den Niederländern gesperrt wurde, erhob sich Amsterdam zur Handelsmetropole des Nordens. Von Moritz von Oranien begünstigt, dehnte
sich von 1585 bis 1595 fast um das Doppelte aus. Am wurde die Ostindische, 1621 die Niederländisch-Westindische
Handelscompagnie mit dem Sitz in Amsterdam gegründet; 1622 zählte Amsterdam bereits 100000 E. Zu seiner höchsten
polit. und kommerziellen Bedeutung kam in der zweiten Hälfte des 17. Jahrh. Es stand an der
Spitze der holländ. Städte im Konflikt mit dem Statthalter Wilhelm II., betreffend die Entlassung von Truppen,
und vergebens war. der Versuch desselben, sie 1650 zu überrumpeln.
Während des ersten engl. Seekrieges 1652-54 erlitt der HandelA.s zeitweilig ungeheure Verluste (gegen 4000 Häuser waren damals
in Amsterdam unbewohnt); nach dem Frieden erhob es sich aber vollständig wieder. 1672 widersetzte
sich den schmählichen Friedensunterhandlungen mit Frankreich; 1678 aber drang es auch an erster Stelle zu dem Frieden von
Nimwegen,
[* 104] und auch später widerstrebte es der großen europ. Politik des Prinzen Wilhelm
III., bis es 1688 ihm seine Expedition nach England ermöglichte. Im 18. Jahrh. sank
der HandelA.s bereits.
Große Nachteile brachten die Kriegsjahre mit England 1780-84. Am nachteiligsten wirkte die gezwungene Verbindung mit Frankreich
und das Kontinentalsystem (s. d.). Die Vereinigung derNiederlande mit Frankreich 1810 vernichtete vollends den auswärtigen
HandelA.s, der sich erst seit 1813 allmählich wieder zu großer Bedeutung erhob. Durch den Bau der beiden
Kanäle mit erheblichen Geldopfern wurde Amsterdam vor dem Schicksal bewahrt, eine der toten Städte an dem Zuidersee zu werden wie
Hoorn oder Enkhuizen. Die Abschaffung der Gebühren auf dem Nordseekanal hat den Hafen sehr billig gemacht und die für das
Jahr 1892 beabsichtigte Vollendung des Merwedekanals von Amsterdam südwärts über Utrecht zum Leck und zur Merwede
sichert dem Handel eine bequeme Wasserstraße zum Rhein und damit eine wohlfeilere Verbindung zu einem großen Teile des Handelsgebietes,
als die Eisenbahnen sind. -
Vgl. Wagenaar, in zijne geschiedenissen (22 Bde., Amsterd.
1701-94);
van der Vijver, Beschrijving van Amsterdam (4 Bde., ebd. 1844);
1) Bezirkshauptmannschaft in Niederösterreich, hat 1053 qkm und (1890) 92 165 kath.
E., 13 700 Häuser, 18 772 Wohnparteien, 105 Gemeinden, 293 Ortschaften und umfaßt die Gerichtsbezirke Amstetten, Haag,
Persenbeug, St. Peter in der Au, Waidhofen an der Ybbs (ohne die Stadt Waidhofen) und Ybbs all der Donau. - 2) Marktflecken und
Sitz der Bezirkshauptmannschaft in 275 m Höhe, am linksseitigen Thalrande der Ybbs und an den Linien Wien-Salzburg und Amstetten-Klein-Reifling
(46,8 km) der Österr. Staatsbahnen, Sitz eines Bezirksgerichts (21 Gemeinden, 43 Ortschaften, 19 004 E.), hat (1890) 2600 E.,
Pfarrkirche (Schiff aus dem 12., Chor mit Netzgewölbe aus dem 15. Jahrh.), Sparkasse, Dampfsägewerk und
große Ziegeleien. Nahebei die Landesackerbauschule Edthof und jenseit der Ybbs das alte Ulmerfeld (Castellum ad muros der
Römer),
[* 106] ein Fundort röm. Altertümer. - Amstetten, aus der Römerzeit stammend und in Karls d. Gr. Urkunden erwähnt, wurde 1276 zum
Markte erhoben. Am wurden hier die Russen unter Bagration von den Franzosen unter Murat geschlagen.
-
Vgl. Schwetter, Heimatskunde der Bezirkshauptmannschaft Amstetten (2. Aufl., Korneuburg 1884).
im weitesten Sinne ein dauernd bestimmter Geschäftskreis im Dienste
[* 107] anderer. Die Ämter und Beamten zerfallen
in private und in öffentliche, je nachdem es sich um Geschäfte privater oder öffentlicher Korporationen
(z. B. öffentlicher Glaubensgesellschaften) handelt. Im engern Sinne versteht man unter Amt nur das öffentliche d. i. die
nach Geschäftskreisen abgegrenzte Ausübung von Funktionen der Staatsgewalt oder der weltlichen Selbstverwaltung (s. d.);
danach unterscheidet man noch zwischen unmittelbaren und mittelbaren Staatsbeamten.
Die Übernahme des Amt, welche gewöhnlich mit einer feierlichen Zusage des Amtsinhabers (Beamten), daß
er die durch das Amt ihm auferlegten Pflichten getreu erfüllen wolle (Amtseid [s. d.] oder Amtsgelübde), verbunden ist, erzeugt
eine Summe von Rechten und Pflichten des Beamten, die durch Staatsverfassungen, Gesetze, Instruktionen, Korporationsstatuten
u. dgl. bestimmt werden. In dem Verhältnis des Beamten nach innen, d. h. zu derjenigen Korporation, in
deren Dienst er das Amt bekleidet, treten die Pflichten des in den Vordergrund, welche teils den besondern Zwecken
des einzelnen Amt entspringen, teils sich aus der Natur ganzer Klassen von Ämtern ergeben und letzternfalls in den Dienst-
oder, wenn mit leichtern Strafandrohungen für Dienstvergehen verbunden, in sog.
Disciplinarvorschriften zusammengestellt zu sein pflegen.
Nach außen jedoch, wo er als Repräsentant einer mit dem Amt verbundenen Herrschaftsbefugnis (Amtsgewalt) auftritt, ist der
Beamte nicht nur mit der ganzen Autorität des Amt ausgestattet, sondern, je nach der Bedeutung desselben, auch durch höhere
oder geringere Ansprüche auf äußere Ehrenbezeigungen und überdies in allen Angelegenheiten seines
Amt durch ein besonderes Vertrauen in seine Wahrhaftigkeit ausgezeichnet, indem
das Gesetz seinen amtlichen Erklärungen
eine erhöhte Glaubwürdigkeit (fides publica) zuteil werden, vielfach auch seine Versicherung auf den von ihm geleisteten
Amtseid an Stelle eines förmlichen Eides gelten läßt. Je mehr aber die Gewalt, das Ansehen und das besondere
Vertrauen dem Beamten eine bevorzugte Stellung einräumen, um so bedenklicher erscheint ein Mißbrauch derselben. Das moderne
Strafrecht enthält deshalb besondere Bestimmungen über die Bestrafung derjenigen Vergehen und Verbrechen, welche sich als
Mißbrauch der Amtsbefugnisse dritten gegenüber darstellen. (S. Amtsvergehen.) Über die Verfolgung civilrechtlicher Ansprüche
auf Schadenersatz wegen Amtsüberschreitungen s. Amtspflicht.
Die Hauptarten von öffentlichen Beamten sind die des Staates (s. Staatsdienst) und der Gemeinden, wogegen die Kirchen- und Religionsdiener
nicht öffentliche Beamte im eigentlichen Sinne sind; der Begriff ist überhaupt streitig (vgl. die positive strafrechtliche
Vorschrift des Deutschen Strafgesetzbuchs im ArtikelAmtsbeleidigung). Die Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher
Ämter Pflegt in konstitutionellen Staaten jedem Staatsbürger ohne Rücksicht auf seine sociale Stellung oder sein Religionsbekenntnis
garantiert zu sein, wofern nur die besondern Erfordernisse, welche für die einzelnen Ämter gesetzlich vorgeschrieben sind,
z. B. ein gewisses Alter, bestandene Prüfungen oder Vorbereitungszeiten u. dgl. erfüllt werden. Mit dem Wachsen der Selbstverwaltung
in Staat, Provinzen, Kreisen, Gemeinden treten neben die lebenslänglichen, besoldeten, unwiderruflich verliehenen
Ämter mehr und mehr sog. Ehren- oder Laienämter, deren Inhaber, meistens aus freier Wahl gewisser Bevölkerungskreise hervorgegangen,
das Amt ohne Besoldung, gewöhnlich auf eine gewisse Zeit und ohne dasselbe zu einer Berufsstellung zu machen, verwalten. -
Unter Amt wird ferner auch häufig eine ganze, aus mehrern Beamten bestehende Behörde verstanden, z. B.
Auswärtiges Amt, Reichsamt des Innern, Reichsjustizamt, weiter der Bezirk, für den ein Amt wirksam ist (so die ältern Gerichts-
und Verwaltungsbezirke der landesherrlichen Territorien, wobei Amt soviel bedeutet wie Gericht), und endlich bezeichnet
Amt auch wohl den lokalen Sitz einer Behörde, z. B. Steueramt, Rentamtu. dgl.
Von Amts wegen ist der Gegensatz derjenigen Thätigkeit der Obrigkeit, welche auf Antrag (s. Antragsdelikte) zu erfolgen hat.
eine für sehr verschiedene Funktionen, insbesondere der Verwaltung, gebräuchliche Bezeichnung. Vor Einführung
der neuen Gerichtsverfassung im DeutschenReiche war der Titel Amtmann (Justiz- oder Gerichtsamtmann) auch im
Justizdienste gebräuchlich. In Preußen
[* 108] führen diesen Titel auch Domänenbeamte oder auch Pächter von Domänen. Nach der Landgemeinde-Ordnung
für Westfalen
[* 109] vom (vgl. auch Kreisordnung §§. 24 fg.) ist Amtmann dort
der Vorsteher eines gewöhnlich aus mehrern Landgemeinden gebildeten Verwaltungsbezirks (Amtes); er versieht
seine Stelle als ein Ehrenamt und wird vom Oberpräsidenten möglichst aus der Zahl der Amtseingesessenen nach den Vorschlägen
des Kreisausschusses ernannt. Ihm liegt die Verwaltung der Amts-Kommunalangelegenheiten und der Polizei im
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