lebhaften
Gefecht, das sich erst 6
Uhr
[* 2] früh zu Gunsten der
Preußen
[* 3] entschied; auf den
Höhen von
Sonderburg war der letzte hartnäckige
Kampf, der mit dem Rückzüge des Feindes nach der Halbinsel
Kekenis gegen 7½
Uhr früh endigte. Die brennende Stadt
Sonderburg
wurde genommen. Am folgenden
Tage war dieInsel ganz von den Dänen geräumt. Für die an der Eroberung
von Alsen beteiligten preuß.
Truppen wurde ein Erinnerungskreuz, das
Alsenkreuz, gestiftet. Später wurden die aus früherer
Zeit vorhandenen Befestigungen umgebaut.
Sonderburg ward mit mehrern starken
Forts (darunter namentlich das
Fort Herwarth nördlich
von der Stadt) ausgestattet und die Düppelstellung verstärkt, wodurch die
Reede von
Sonderburg zu einem
auch nach der Seeseite hin wohlbefestigten Sammelplatze für Flottenabteilungen umgeschaffen wurde.
1)
Kreis
[* 6] in der
Hess.
Provinz Oberhessen (s. d.), hat (1890) 36 657 (17 684 männl.
und 18 973 weibl.) E. in 84 Gemeinden. - 2) Kreisstadt im
Kreis Alsfeld, an der Schwalm und der Linie Gießen-Fulda der Oberhess.
Eisenbahn, Sitz eines Amtsgerichts (Landgericht Gießen),
[* 7] Kreisbau-,
Rent-, Zollamtes und zweier Oberförstereien, hat (1890) 4120 (5.,
darunter 110 Katholiken und 217 Israeliten, Postamt zweiter
Klasse,
Telegraph,
[* 8] altes, interessantes Rathaus,
staatliche Realschule (6 Real-, 2 Vorschulklassen), höhere Mädchenschule und
Volksschule,
Volksbank, Vorschußkasse; Fabrikation
von
Tabak,
[* 9] Leinen-, Halbleinen- und Baumwollwaren.
Stadt im
Mansfelder Seekreis des preuß. Reg.-Bez. Merseburg,
[* 10] 4 km von
der Grenze des Herzogtums
Anhalt,
[* 11] links an der
Saale, ist Sitz eines Amtsgerichts (Landgericht
Halle
[* 12] alsleben S.),
Zoll- und Steueramtes erster
Klasse und der Direktion der Dampfschleppschiffahrtsgesellschaft
«Elbe und
Saale» und hat (1890) 2515 E.,
darunter 143 Katholiken, infolge der Einverleibung des nahen Dorfes Alsleben 4415 E., Postamt zweiter
Klasse,
Telegraph, evang.
Kirche
St. Cäcilie, kath.
Kirche (1873),Volksschule, Rathaus (1880); Zuckerfabrik, Wassermühle
(Eichel &
Mayhoff), Schiffbauerei (Schütze), Bankgeschäft,
Zuckerrüben- und Kümmelbau. - Alsleben, früher
Grafschaft, kam nach dem
Tode
des letzten
Grafen Gero durch dessen Tochter an Siegfried von
Stade.
[* 13] Nach dem
Tode von dessen Ururenkel
Heinrich wurde die Herrschaft 1138 von
seiner
Mutter an das Hochstift
Magdeburg
[* 14] verkauft und von diesem 1479 an die Herren von Krosigk erblich
verliehen.
HansGeorg von Krosigk verkaufte 1747 das Rittergut Alsleben an den Fürsten von
Anhalt-Dessau.
(slaw. DolnjiKubin,d. i. Unter-Kubin),
Groß-Gemeinde und Hauptort des ungar.
KomitatsArva, links von der
Arva, über die eine große steinerne
Brücke
[* 15] führt, hat (1890) 1613 meist slowak. und luth.
R. Br., Farngattung aus der Familie der
Cyatheaceen (s. d.).
Man kennt gegen 60
Arten, die sämtlich den Tropengegenden
angehören. Es sind hohe
Baumfarne mit schlanken
Stämmen und großen, mehrfach gefiederten
Blättern.
Einige
Arten, z. B. Alsophila australis (s.
Tafel:
Gefäßkryptogamen,
[* 1]
Fig. 4), werden ihres schönen Wuchses halber häufig in Warmhäusern
kultiviert.
Joh. Heinr., reform.
Theolog, geb. 1588 zu Ballersbach bei Herborn, auf der
Hohen Schule zu Herborn gebildet, ward 1615 Professor der
Philosophie, 1619 Professor
der
Theologie zu Herborn, siedelte 1629 nach
Weißenburg
[* 18] in Siebenbürgen über, wo er starb.
Seine Hauptwerke sind: «Cursus philosophici encyclopaedia» (Herborn 1620;
neue Aufl. als «»Scientiarum omnium encyclopaedia
septem tomis distincta, ebd. 1630) sowie «Methodus s.
theologiae octo libris tradita» (ebd. 1623). Auch hat Alsted fast alle
Teile der
Theologie und
Philosophie in Kompendien bearbeitet.
ein 52 km langer, für
Hamburg
[* 19] wichtiger rechter Nebenfluß der
Elbe, entsteht im Timhagener
Bruch im Holsteinischen und fließt südwärts auf
Hamburg zu. Bei Eppendorf, kaum 5 km von
Hamburg, ist die Alster 16 m breit,
bildet dann einen kleinen See, die
Große oder
Außenalster. Der
Fluß ist fischreich; seine Schiffbarkeit wird durch 11 Schleusen
vermittelt. In der Stadt bildet er als
Binnenalster (auch Alsterbassin genannt) ein viereckiges
Bassin
von etwa 1750 m
Umfang, das mit den umliegenden Promenaden und
Straßen einer der schönsten Punkte
Hamburgs ist. Hierauf durchfließt
die Alster die übrige Stadt und führt ihr Wasser durch mehrere
Kanäle oder Fleete derElbe zu. Diese Fleete
liegen zur Zeit der Ebbe halb trocken, da das Wasser der Alster nicht ausreicht, sie zu speisen, aber beim Steigen
der
Flut füllen sie sich rasch. Ein
Teil des Alsterwassers führt in unterirdischen Abzugskanälen den Unrat der Stadt in
die Unterelbe.
(spr. ahlstn),Stadt in der engl.
GrafschaftCumberland, am
Tyne, in 292 m Höhe auf dem Alston-Moore, in kahler Gegend, 50 km im O. von
Carlisle, hat (1891) 3384 E.,
Fabrikation von Baumwollwaren und Nähfaden und in der Nähe Hochöfen,
Blei-, Kupfer- und Silbergruben.
Dieselben gehörten
einst dem
GrafenDerwentwater, der sich zu Gunsten der
Stuarts gegen das Haus Hannover
[* 20] erhob, worauf seine
Güter eingezogen und 1715 dem Hospital in Greenwich überwiesen wurden.
L., eine nach dem schwed.
Botaniker und Landwirt Klas
Freiherrn von Alströmer (geb. 1736, gest. 1794)
benannte Pflanzengattung aus der Familie der
Amaryllidaceen (s. d.) mit gegen 40
Arten, ausschließlich
im wärmern
Amerika,
[* 21] ausgezeichnet durch meist vielköpfige, oft knollige Wurzelstöcke, hohe, einfache, der ganzen, Länge
nach beblätterte
Stengel
[* 22] und doldig oder trugdoldig gruppierte ansehnliche, lebhaft gefärbte
Blüten mit
¶
mehr
sechsblätterigem Perigon. Verschiedene Arten sind beliebte Zierpflanzen. Von letztern sind bemerkenswert Alstroemeria aurantiaca Don
(mit fast 5 cm langen Blüten, deren vier äußere Blätter orangegelb, deren beide innere purpurn gestreift sind) und A versicolor
Ruiz et Pavon, beide aus Chile
[* 24] (mit von Weiß durch Blaßrosa bis Orange- oder Safrangelb variierenden,
außerdem noch gestreiften und gefleckten Blüten). Man kultiviert sie in Töpfen und überwintert sie in frostfreien Räumen
oder pflanzt sie auf sonnig gelegene, gut mit Steinschutt drainierte Beete in sandige Laub- und, Moorerde und schützt die
Pflanzung besonders in der ersten Zeit gegen starke Regengüsse und im Winter gut gegen Frost und eindringendes
Schneewasser. Gegen das Verletzen der Knollen
[* 25] beim Umpflanzen sind die Alstroemeria sehr empfindlich.
(ital. alto und contralto; frz. haute-contre),
vom lat. altus, d. i. hoch, hieß ursprünglich, nämlich vor Einführung des Soprans, die höhere, über den Tenor hinausgehende
Männerstimme, auch Falsetto (s. Falsett) genannt, bedeutet aber jetzt umgekehrt
die tiefere Stimme bei Frauen und Knaben. Der Alt ist nach dieser modernen Bezeichnung die zweite der vier Hauptklassen der
menschlichen Stimme und kommt, wie jede der drei übrigen, in verschiedenen Abstufungen vor.
Man unterscheidet hauptsächlich einen tiefern und höhern Alt. Der Umfang des erstern reicht ungefähr vom
kleinen f bis zum zweigestrichenen f (s. Eingestrichen), während die Grenzen
[* 26] des letztern um einen bis zwei Töne höher zu
setzen sind. Dem Umfange nach fällt der höhere Alt mit dem Mezzosopran zusammen, und beide Stimmen werden oft miteinander verwechselt,
sind aber durch die natürliche Struktur der Stimme, das Registerverhältnis, leicht zu unterscheiden.
Der Alt besteht aus zwei Registern (s. Stimme), deren Scheide ungefähr beim eingestrichenen h, beim Knabenalt meist einige
Stufen tiefer liegt. - In der Tonsatzlehre, vorzugsweise im vierstimmigen Satze, nennt man Alt die zweite Oberstimme. In der
Instrumentalmusik werden die Instrumente, die die zweite Oberstimme vertreten, durch das vorgesetzte «Alt»
bezeichnet, z. B. Altviole, Altposaune u. s. w. Altschlüssel oder Altzeichen heißt die dem Umfange des Alt entsprechende Anwendung
des C-Schlüssels auf der dritten Linie des Notensystems.
Rud., Aquarellmaler, geb. zu Wien, erhielt von seinem Vater, Jakob Alt, künstlerischen Unterricht,
besuchte die Akademie zu Wien und nahm dann an den Studienreisen des Vaters teil. Er widmete sich mit besonderm Eifer der Prospekten-
und Architekturmalerei und malte zahlreiche Ansichten aus den Alpen,
[* 27] den österr. Ländern und Bayern.
[* 28] 1874 erhielt er von der
Regierung den Auftrag zu einem Cyklus von Darstellungen der hervorragendsten Bauwerke des österr. Kaiserstaates.
(türk.; chines. Kin-schan, d. h. Goldberg), der nördl. Gebirgssaum des östl. Hochasiens auf
der russ.-chines. Grenze (s. Karte: Sibirien II. Altai-Baikalsee). Früher nannte man den ganzen vielfach gruppierten Gebirgsrand
Hinterasiens von 83-143° östl. L. von Greenwich, von den dsungarischen Ebenen am Saisansee
bis zu den Küsten des Ochotskischen Meers, Altaisches Gebirgssystem. Da jedoch jenseit des 103.° östl.
L. anstatt des westöstl. Normalverlaufs der Wechsel der Gänge und die Nordostrichtung der Ketten eintritt und ein neues Gebirgssystem
von verschiedenem geolog.
Alter anhebt, versteht man nach Alex. von Humboldts Vorgange unter Altaisystem nur die Gebirge, die zwischen 47 und 55°
nördl. Br. von 83-109° östl. L. oder bis zu der obern Selenga und dem obern Orchon in einer Länge von etwa 1500 km sich
erstrecken und die Quellgebiete des Irtysch, Ob und Jenissei umgeben. Das westlichste und Hauptglied dieses Systems ist der
bis 2000 m hohe in engerm Sinne. Von ihm zweigen östlich strahlenförmig die Ketten des Sajanischen Gebirges
(s. d.), des Tannugebirges (s. d.), des Changaigebirges (s. d.)
und des Großen Altai ab. Letzterer, auch Ektag-Altai und im östl. TeileSüdlicher Ä. genannt, erstreckt sich fast bis zum großen
Hoang-ho-Knie, die Wüste Gobi in zwei Teile scheidend; er bildet den Südrand des abflußlosen Kobdobeckens
und erreicht nicht die Höhe des westl., eigentlichen Altai. Dieser, auch das Kolywansche Erzgebirge genannt und wegen seines
Mineralreichtums berühmt, erstreckt sich, kaum ein Viertel des ganzen Systems bildend, von den Bergwerken des 415 m hohen
Schlangenbergs oder Smjeïnogorsk (im NO. von Semipalatinsk) und von dem Zusammenflüsse der Uba mit dem
Irtysch bis zum Telezker See (488 m) und dem aus diesem hervortretenden Obiquellflusse Bij oder Bija, der in die Katunja fällt,
und nimmt in dieser Begrenzung nach Humboldt ungefähr 136000 qkm ein, d. i. einen dreimal größern Raum als die Schweiz.
[* 30]
Sein Bau ist nicht so einfach kettenförmig wie der des Großen er besteht vielmehr aus einer großen Zahl
konvergierender und sogar sich kreuzender Züge, welche im Bjelucha, 3352 m, ihre größte Höhe erreichen. Als Tarbagatai
(s. d.) zieht im S. ein Zweig weit in die Kirgisensteppe. Die mittlere Höhe
des Altai überhaupt schätzt man auf 12-1500 m, diejenige der Hauptzüge auf 1830-2700 m, die
der Schneegrenze auf 2150 m; seine Spitzen, zerrissene Kegel und Pyramiden, ragen bis 3000 m und mehr darüber hinaus.
Überall strecken sich zwischen den Bergketten entweder weit ausgedehnte Hochebenen hin, die mit Schnee
[* 31] oder Sumpf bedeckt,
hier und da durch niedrige Felsreihen oder Steinblöcke unterbrochen sind, oder breite Thäler, deren
steile Gehänge nur Lichenen oder Zwergbirken zeigen, während die Gründe reiche Weide
[* 32] für Hirsche,
[* 33] Elen- und Renntiere abgeben.
Der Fuß des Gebirges ist mit Pappeln, Weiden, Dorngebüsch u. s. w. bedeckt; Weiden, Birken und Hagedorn erfüllen die tiefern
Thäler.
Die Abhänge bekleiden Nadelwälder von Lärchen, Fichten, Tannen, Zirbelkiefern oder sibir. Cedern, untermischt
mit Birken. Die Birke findet sich bis in 1460 m Höhe; Lärchen und andere Bäume gehen, obwohl nur verkümmert, noch höher hinauf.
Auf den höchsten Hochebenen finden sich nur Zwergfichten. Im N. des schönen Telezker Sees faßt die Kette des
über 1600 m hohen Kusnezkischen den obern Tom auf der Ostseite ein. Die Hauptkette streicht fast in Meridianrichtung gegen
N., bis sie sich im O. von Kusnezk teilt. Der östl. Zweig läuft als bewaldeter, goldreicher
Kusnezkischer Alatau (s. d.), Bjelogori oder AbakanischeKette bis zur Breite
[* 34] von Atschinsk¶
und Krasnojarsk und endet mit dem 1666 m hohen Taskül; der andere nimmt seine Richtung nach NW. auf Tomsk hin. Die im NW.
von Kusnezk gelegene Salaïrkette zwischen Ob und Tom, niedriger als die erstern, ist wegen ihres Silbers, ihr Ostabhang wegen
seines Goldreichtums berühmt. In geolog. Beziehung besteht die Hauptmasse des Gebirges aus krystallinischen
und altsedimentären Schiefergesteinen mit verschiedenen untergeordneten Einlagerungen; durchbrochen werden dieselben von
weitgedehnten Granitmassen und, in viel beschränkterm Maße, von Porphyr, von sehr häufig auftretendem, alle andern Formationen
durchsetzendem, also neuerm Serpentin und Grünstein.
Gneis scheint kaum vorzukommen, vielfach aber Glimmerschiefer und seine Verwandten. Die Sedimentgesteine
gehören der Silur-, Devon- und Kohlenperiode an; Thonschiefer mit eingelagertem Sandstein, Ouarzit, Hornstein und Kalkstein.
Unregelmäßig gangförmig eingelagert erscheinen die Erzlagerstätten,
[* 51] vorherrschend aus Schwerspat und Quarz mit Schwefelmetallen
und deren Zersetzungsprodukten bestehend. Von Gesteinen der spätern Perioden ist nirgends eine Spur; an den Fuß der Gebirge
legen sich die neuern diluvialen und alluvialen Bildungen, so daß also erst in der Diluvialzeit die Wasserbedeckung
des weiten Raums zwischen dem Arktischen und SchwarzenMeere begonnen haben muß. Nördlich vom Altai, im NW. von Kusnezk, ist
die echte Steinkohlenformation ausgedehnt vorhanden und setzt sich bis gegen Tomsk fort.
Die Bevölkerung des Ä. ist eine sehr spärliche. Eine dichtere russ.
Bevölkerung
[* 52] lebt in Dörfern als Bauern und in denBerg- und Hüttenwerken als Bergarbeiter nur im nördl. und westl. Teile des
Bergbereiches, beginnt aber allmählich in den zum Ackerbau geeigneten Flußthälern in das Innere des Altai vorzudringen. Überreste
der frühern Kosakenbevölkerung finden sich noch vereinzelt in Stanizen und in den jetzt nur nominell
als Festungen geltenden Ortschaften Buchtarminsk und Ust-Kamenogorsk. Die Urbewohner des Altai sind ausschließlich Völkerschaften
türk. Zunge.
1) Die Altaier, gewöhnlich Bergkalmücken genannt, westlich von der Katun und südlich vom Telezker See (türk. Altyn-Köl =
Goldsee). Die Dwojodaner (doppelzinspflichtige Kalmücken), östlich von der obern Katun, zahlen jetzt
nur den Russen Jasak (s. d.) und werden zu den Altaiern gerechnet. Die früher eine selbständige Völkerschaft bildenden Tölössen
am Südufer des Telezker Sees sind seit langer Zeit in den Bergkalmücken aufgegangen.
2) Die Teleuten, im Gebiete der untern Katun, sind erst seit diesem Jahrhundert aus dem Batschat (bei Salaïr)
übergesiedelt und stehen sprachlich den Altaiern sehr nahe.
4) Die Schwarzwaldtataren (russ. Tschernowvje-Tatary) in den Waldgebirgen nördlich vom Teleszker
See.
5) Die Schoren, nordöstlich vom Teleszker See bis zum obern Tom. - Die Berkalmücken beschäftigen sich ausschließlich mit
Viehzucht
[* 53] und Jagd und leben in Filzjurten, im Sommer auf den offenen Bergterrassen, im Winter in den
geschützten bewaldeten Schluchten. Die Schwarzwaldtataren und Schoren leben in Rindenjurten oder Bretterhütten und beschäftigen
sich mit Fischfang, Jagd (besonders Eichhörnchen) und dem Einsammeln von Cedernüssen. Sie halten wenig Vieh und bebauen
nur kleine Ackerstücke.
Die Kumandiner und Teleuten leben in Dörfern fast wie russ. Bauern und treiben Ackerbau
und Bienenzucht.
[* 54] Rein mongol. Typus zeigen nur die Physiognomien der Altaier und Teleuten. Außer den Teleuten, die hier alle zum Christentum bekehrt
sind, sind die türk. Ureinwohner des Altai zum größten Teil noch Götzendiener schamanischen Glaubens. Zu
den Urbewohnern (d. h. Jasak zahlenden) werden aber auch die sog.
Kamenschtschiki oder Felsenbewohner gerechnet, obgleich sie nach Abstammung, Sprache
[* 55] und ReligionRussen sind. Sie stammen nämlich
teilweise von Kosaken und russ. Bauern aus den Hüttenwerken ab, die auf chines. Gebiet geflohen waren und sich später mitsamt
ihren Wohnsitzen freiwillig wieder Rußland ergaben. -
Vgl. Cotta, Der Altai, sein geolog.
Bau und seine Erzlagerstätten
(Lpz. 1871); Radloff, Aus Sibirien (ebd. 1884).
Berggebiet, amtlich auch Distrikt der AltaischenBergwerke oder Kolywan-Woskresensker Hüttenbezirk genannt,
eine der wertvollsten Provinzen des RussischenReichs, erstreckt sich von 49° nördl. Br. an 900 km weit
nach N. und von 77° östl. L. von Greenwich 750 km ostwärts und umfaßt vier von den sechs
Bezirken des westsibir. Gouvernements Tomsk, nämlich Kaïnsk, Barnaul, Kusnezk und Biisk samt dem südl. Teile des BezirksTomsk,
ein Gebiet von über 483000 qkm mit etwa 700000 E. Der überwiegende Teil dieser Bevölkerung besteht aus
Bauern, der kleinere ausBerg- und Hüttenarbeitern, die teils in den Bauerndörfern angesiedelt, teils bei den Werken geblieben
sind, außerdem aus nomadisierenden Volksstämmen.
Die Thäler des Ob und des Alej trennen zwei sehr verschiedene Hälften. Die Osthälfte ist gebirgig
und vielfach bewaldet, hat rauheres Klima
[* 56] als die Westhälfte, eignet sich aber dennoch zum Ackerbau, da sie am Ob fruchtbaren
Boden enthält. Die Westhälfte bildet zwischen dem Ob und Irtysch eine gegen die Steppe geneigte, zum Teil wellige Ebene, ist
fast ganz waldlos, nur von schleichenden Bächen durchzogen, die Seen und Sümpfe bilden, reich anKoch-
und Bittersalz, aber im ganzen mit ergiebiger Fruchterde bedeckt und wegen des etwas mildern Klimas mehr für die Viehzucht
geeignet. In Barnaul ist die mittlere Jahrestemperatur 0,34°. Die Vegetation ist an den südl. und nördl. Gehängen sehr
verschieden, hier Steppe, dort sibir. Wald, oben die Alpenflora. An die Steppe pflegt sich zu unterst die
Kiefer anzuschließen mit Birke und Espe, über 800 m Höhe folgt als Hauptbaum die Lärche.
Die Zirbelkiefer bildet die Waldgrenze, auf der Südseite 1700 m und auf der Nordseite 1350 m hoch, darüber reiche Alpenflora.
Die Kultur folgt dieser Regionsverschiedenheit mit Hirse,
[* 57] Weizen, Hanf u. s. w.
häufiger im Süden und mit Sommer- oder Winterroggen häufiger am Nordhang. Ebenso zieht man vortreffliche Pferde,
[* 58] auch Rinder,
[* 59] Schafe
[* 60] und Ziegen, viel Federvieh und Bienen, dagegen wenig Schweine.
[* 61] Die Fischerei
[* 62] in den Flüssen und Seen ist sehr ergiebig.
Die Jagd liefert Zobel, Hermeline, gestreifte und andere Eichhörnchen, Murmeltiere, wilde Katzen,
[* 63] Füchse,
Bären, Wölfe, Ottern, Hasen, Rehe, Hirsche, Elen- und Renntiere, Moschustiere, außerdem auch Luchse, Wildschafe, Dachse, Wildschweine
u. s. w. Die ländliche Bevölkerung ist bei weitem die betriebsamste. Abgesehen von den in bergmännischen und metallurgischen
Anstalten Beschäftigten, fehlt es an einem Bürger- und
¶
mehr
Handwerkerstande. Fast der ganze Handel liegt in den Händen wandernder Krämer, der sog. Susdaler, die alljährlich aus dem
Moskauer und Wladimirer Gouvernement nach dem Altai reisen.
Außerordentlich groß ist der Reichtum an Erzen. Die Zahl der in Angriff genommenen Erzlagerstätten im A. B. beläuft sich
auf einige Tausend; die meisten liegen im westl. Teile des Gebirges. Sie liefern Silber, Kupfer,
[* 65] aber auch
Gold,
[* 66] Blei
[* 67] und sehr viel Eisen;
[* 68] vereinzelt, bei Sadowinsk, Tellur. Der Reichtum des an Altaisches Berggebiet Erzen war schon früh bekannt. Die zahlreichen
Grubenbaue längst verschollener Urbewohner, Tschuden- oder Fremdlingsgruben genannt, haben als Fingerzeige zum Einschlagen
neuer Schächte und Grubenwerke gedient.
Peter d. Gr. sandte seit 1715 fruchtlose militär.
Goldsandexpeditionen nach dem Irtysch und dem Saisansee. Schon 1720 wurde an ersterm die wichtige Paßfeste Ust-Kamenogorsk
angelegt, aber erst 1723 in der Nähe des im N. des Schlangenbergs gelegenen Kolywansees Kupfer entdeckt, und 1729 unter
Leitung des Nikita Demidow (s. d.) das erste Kupferhüttenwerk, Kolywanskij
Sawod, bei dem Blauberg oder Sinaja (1652 m), erbaut, dessen Name allmählich auf den ganzen Distrikt überging. (S. Kolywan.)
Darauf verpflanzte man 1731 die Schmelzwerke nach dem jetzigen Barnaul (s. d.), dem Mittelpunkt großartiger Hüttenwerke.
Die im Bereich des Hüttenbezirks befindlichen Bergwerke und Ländereien waren im Besitze Demidows, wurden
aber 1746 Eigentum der russ. Krone. Seitdem eröffnete man eine Menge vonBerg- und Hüttenwerken. Das Gold wird vorzüglich
aus Seifen, außerdem durch Ausschmelzen aus den goldhaltigen Silbererzen gewonnen. Der Ertrag ist seit Eröffnung der Seifen
1815-49 beständig gestiegen, hat aber seitdem abgenommen; 1887 betrug er 300 Pud, d. i. ein Siebentel
der gesamten russ. Goldgewinnung.
[* 69]
Die Gewinnung des Silbers hat schon 1743 begonnen; 1887 ergab der Altai 613 Pud Silber. Die bedeutendsten Silberminen sind die
bei Smjeïnogorsk (s. d.), in 415 m Höhe, das in breiter Thalsenkung liegt,
umgeben von kahlen Granit- und Porphyrhügeln, und wo der erzführende, gewaltige Schwerspatgang eine
Mächtigkeit von 20-100 m hat; sie haben von 1745 bis 1854 allein 82 161 Pud geliefert, sind jedoch jetzt nicht mehr so ergiebig.
Kupfererze sind in Menge vorhanden, werden aber wegen Mangel an Absatz in geringer Menge ausgeschmolzen. Eine Steigerung der
Eisengewinnung wurde erst in neuerer Zeit durch die Auffindung eines Steinkohlenlagers ermöglicht. Außer
den Metallen und Kohlen bietet der Altai auch viele Edelsteine,
[* 70] Jaspis, Chalcedon, Karneol u. s. w. In Kolywan werden in großartigen
Schleifwerken Granit, Marmor u. s. w. geschliffen und zur Schmückung der kaiserl.
Paläste verschickt. -
Hauptstadt des Kreises Altamura (102 852 E.) in der ital. ProvinzBari, 48 km im SW. von Bari, in 473 m Höhe, ist
Bischofsitz und hat (1881) 19 933 E. albanes.
Ursprungs, außerdem Ringmauern, sowie eine architektonisch
wertvolle Kathedrale, treibt Öl- und Weinbau und unterhält jährlich zwei Messen. Altamura führt den Titel eines Herzogtums und
hatte in früherer Zeit eine Universität.
Der Altan wird entweder auf die Mauern eines hervorspringenden Teils des Gebäudes aufgesetzt oder
mittels besonderer Säulen
[* 71] oder Pfeiler unterstützt.
Von dem Altan unterscheidet sich der Balkon (s. d.).
[* 36] (lat. altāre) bedeutet einen erhöhten Opferplatz oder Opferherd. Die Altar verdanken
ihre Entstehung nicht bloß dem praktischen Bedürfnis beim Darbringen von Opfern, sondern auch dem religiösen
Gefühle, das sich scheut, die der Gottheit geweihten Gaben auf den Erdboden zu legen. Deshalb fehlen die Altar keiner irgendwie
ausgebildeten Religion des Altertums. Sie galten zugleich als sichtbares Zeichen der Nähe und des Schutzes der Gottheit, als
heilige Stätten. In Rom wurden nicht nur einzelnen Göttern, sondern auch den Heroen, später sogar den
Kaisern Altar errichtet. Bei Griechen (s. Tafel: Altäre I,
[* 64]
Fig. 1) und Römern gab es deren nicht bloß in Tempeln, sondern auch
an Straßen und Plätzen, in heiligen Hainen und an geweihten Quellen.
Bei den Israeliten finden sich Altar unter heiligen Bäumen, bei heiligen Steinen, Quellen und auf Bergen.
[* 72] Mehrfach
scheinen heilige Steine die Stelle des Altar vertreten zu haben. An Kultusstätten, die ein Gottesbild enthalten, steht der Altar «vor
Jahwe», d. h. östlich vom Tempel,
[* 73] dies war auch sein Platz im Salomonischen Tempel. In dessen Vorderraum
(im Heiligen) stand der Schaubrottisch und zwar vor derThür des Allerheiligsten. In der exilischen Gesetzgebung kam noch der
Räucheraltar hinzu; zum Unterschiede davon heißt der große im Freien stehende Altar auch Brandopferaltar. - Sehr verschieden
von den Altar des Altertums sind die der christlichen Kirche.
Hier war der Altar ursprünglich der Tisch (mensa), auf dem die Abendmahlselemente geweiht wurden.
Diese Form hat sich das ganze Mittelalter hindurch erhalten, doch kam schon seit dem 4. Jahrh.
der massive Steinaltar auf und wurde bald vorherrschend (altchristl. Stil; s. Taf. I,
[* 64]
Fig. 2 u. 3). Der Altar beherbergt regelmäßig
in einem Metallkästchen (capsa) eine Reliquie, gilt demnach als durch eine Platte (sigillum) versiegelte
Gruft (sepulchrum), entsprechend dem Brauche, Kirchen und in ihnen den Altar über dem Grabe eines Märtyrers zu errichten.
Früh wurde über den Tisch ein Baldachin (ciborium, tabernaculum) gebaut. Solche Ciborien kommen während des ganzen Mittelalters
vor, doch treten an ihre Stelle meist höhere Steinwände an der Rückseite des Altar (retabulum), die früh
mit Bildwerk geziert als Reliquienbehälter oder als Schrein ausgebildet werden. Der vorzüglichste Altar ist der
stets im Chor der Kirche freistehende Hauptaltar (Fron-, Hochaltar). Außer ihm wurden seit dem 4. Jahrh., veranlaßt durch die
zunehmende Heiligenverehrung und später durch die Häufung der Privatmessen, zahlreiche Nebenaltäre
(Seitenaltäre) üblich, so daß die wachsende Menge der in romanischem Stil bestimmend auf die Grundrißgestaltung der Kirchen
wirkte. In denKirchen dieses Stils wurde der Altar zu einem architektonischen mit Bildwerk geschmückten Aufbau. Einer der wenigen
in Deutschland
[* 74] erhaltenen Altar dieser Zeit ist der der Kirche zu Wechselburg in Sachsen
[* 75] (s. Taf. I,
[* 64]
Fig. 5).
Auch in gotischem Stil (s. Taf. I,
[* 64]
Fig. 6, 7, 8; II,
[* 64]
Fig. 1,
2)
¶
bildete der Altar einen Tisch, über dem sich eine reich verzierte Bildwand erhebt. Seit dem 14. Jahrh.
wurde diese dadurch erweitert, daß Flügel oder Klappen an ihr angebracht wurden (Flügelaltar; s. Taf. II,
[* 80]
Fig. 1,
2). Die Renaissance in Italien
[* 81] bildete den Altar als einen freistehenden oder an die Chorwand gelehnten architektonischen
Aufbau, dessen Mitte ein Bildwerk einnimmt (s. Taf. II,
[* 80]
Fig. 3). In der
deutschen Renaissance (s. Taf. II,
[* 80]
Fig. 4) wurde der Altar zu einem
Aufbau aus mehrern Säulenordnungen übereinander, in den spätern Stilen (s. Taf. II,
[* 80]
Fig. 5, 6, 7, 8) entfaltete er sich
zu einem aufs reichste, geistvollste aber willkürlichste geschmückten Prunkstück, zu dessen Ausschmückung
sich alle Künste vereinigten. Der Altartisch wird meist durch Tafeln in edlem Metall, gemalte oder gestickte, bildartige
Tücher (antependia) geschmückt. - Tragealtar (altare portatile) heißt ein geweihter Altarstein, den namentlich kath. Missionare
und Feldgeistliche mitnehmen, um ihn, wo sie die Messe lesen wollen, auf einen Tisch zu legen (s. Taf.
I,
[* 80]
Fig. 4, 6). Privilegierter Altar heißt ein Altar, für den der Papst das Privilegium bewilligt hat, daß mit einer daran gehaltenen
Messe für einen Verstorbenen ein vollkommener Ablaß für diesen verbunden ist. - Während die reformierte Kirche grundsätzlich
dem Altar im Gottesdienste keine Berechtigung einräumt und nur den einfachen Abendmahlstisch
zuläßt, ist auf lutherischer Seite der in der hergebrachten Form festgehalten worden, doch meist nur einer in jeder Kirche,
als Abendmahlstisch und als geordnete Stelle für diejenigen Handlungen, deren Charakter, im Unterschiede von der Predigt,
wesentlich in Gebet und Segnung besteht. - Die griechische Kirche kennt nur einen in der Hauptapsis des
Bema (s. d.). Die Tische in Nebenapsiden dienen nur bei der Zurüstung für
die Liturgie. Der Altar ist mit kostbaren Tüchern gedeckt, birgt meist eine Reliquie und trägt ein liegendes Kreuz,
[* 82] meist von
Silber. Er ist mit einem Ciborium überbaut, von dem meist ein kleines Behältnis für Stücke geweihten
Brotes herabhängt (artophorion). Unter dem Altar ist eine Höhlung (thalassidion) für das bei der Liturgie benutzte
Wasser. -
K. Arendt, Sammlung ausgeführter A (Luxemb. 1866);
Schmid, Der christliche und sein Schmuck (Regensb. 1871);
Münzenberger,
Zur Kenntnis und Würdigung der mittelalterlichen Altar Deutschlands,
[* 83] I (Frankf. a. M. 1890; fortgesetzt von Beissel, ebd. 1895 fg.).
[* 36] deCollanes oder Capac-Urcu, einer der bedeutendsten vulkanischen Gipfel (5404 m) auf der
östlichen der beiden Ketten, die das Hochthal von Riobamba in der südamerik. Republik Ecuador
[* 84] einschließen, liegt etwa 30 km
östlich von der Stadt Riobamba, hat eine sehr unregelmäßige Gestalt und erscheint als ein ruinenartig zerrissener, halbkreisförmiger
Kamm mit schroffen Spitzen, der eine kleine Ebene umschließt. Nach der Sage der Inkas soll er einst höher
gewesen sein als der Chimborazo und erst im Anfange des 15. Jahrh. nach einem 8 Jahre dauernden
Ausbruch zusammengesunken sein.
(spr.-rosch), Marie Michel, franz. Dichter und Journalist, geb. zu
Issoire, studierte die Rechte in Paris
[* 85] und wandte sich zur Zeit der Julirevolution dem
Journalismus zu.
Zuerst Mitarbeiter an republikanischen Tagesblättern, war er 1834-48 Chefredakteur des «Charivari», der seinen Artikeln voll
Witz und Laune, manchmal kleinen Meisterstücken polit. Satire, einen guten Teil seines glänzenden Erfolgs verdankte. 1848 wurde
er in die Konstituierende Versammlung gewählt, wo er sich zur gemäßigten Linken hielt, trat aber 1849 vom
polit.
Schauplatze ab und leitete verschiedene Theaterunternehmungen (1850-52 das Odéon, die Folies-Nouvelles, später das ThéâtreDéjazet), zuletzt die Vergnügungsanstalten des Badeortes Cabourg-Dives. Altaroche starb in Vaux. Er schrieb: «Chansons
et vers politiques» (1835 und als 2. Bd. «Chansons
politiques», 1838),
«Contes democratiques» (1837),
«Aventures de Victor Augerol» (2 Bde.,
1838),
eine Nachahmung des Faublas-Romans von Louvet de Couvray (s. d.),
unter Mitwirkung
anderer mehrere Theaterstücke: «Lestoq ou le retour de Sibérie (1836), »Le
[* 86] Corrégidor de Pampelune" (1843) u. a. Von seinen
Erstlingswerken ist «La Chambre et les Ècoles (1831), eine
Satire in Versen, zu nennen.
die bayr. Regierungsbezirke Ober- und Niederbayern. ^[= Regierungsbezirk im Königreich Bayern, umfaßt von alten Gauen Teile des Nordgaues, die Marchia ...]
czech. Stará Boleslav, Markt im Gerichtsbezirk Brandeis der österr. Bezirkshauptmannschaft Karolinenthal
in Böhmen,
[* 91] durch die Elbe von ersterer Stadt getrennt, an der Linie Wien-Tetschen der Österr. Nordwestbahn, hat (1890) 2357,
als Gemeinde 3697 czech. E. (67 Deutsche), in Garnison (281 Mann) die 1. Eskadron des 7. böhm.
Dragonerregiments «Karl V. Leopold, Herzog von Lothringen und Bar», Pfarrkirche (vom J. 1046) und Wallfahrtskirche mit zwei schlanken
Türmen: ein dem Kollegiatkapitel gehöriges Landtäfliches Gut (7,70 qkm) und eine Brauerei. In der Nähe das eisenhaltige
Bad
[* 92] Houška, mit schönem, 1867 von Erzherzog KarlSalvator errichteten Kur- und Gasthause. - Bei Alt-Bunzlau wurde 935 der
heil. Wenzel von seinem Bruder Boleslaus ermordet.
Altchristliche Kunst nennt man die Kunst der ersten Jahrhunderte des Christentums. Sie beginnt mit den ersten künstlerischen
Regungen der Christen und bringt im gesamten Gebiete des RömischenReichs naheverwandte Werke hervor. Ihr Ende ist in der zweiten
Hälfte des vorigen Jahrtausends anzusetzen, in welcher Zeit die Kunst im Osten und im Westen ein verschiedenes
Gepräge annimmt.
Die Baukunst
[* 97] beschäftigt sich im wesentlichen mit dem Bau derKirchen. Der Form nach sind zweierlei Kirchenbauten zu unterscheiden,
Längsbauten und Centralbauten.
Die eigentlichen Kirchen sind fast stets Längsbauten. Sie bestehen aus einem großen rechteckigen, wesentlich
für die Gemeinde bestimmten Raume, der zum Zwecke der Überdachung der Länge nach durch zwei Säulen- oder Pfeilerreihen
in drei sog. Schiffe
[* 98] geteilt ist, und einem durch Schranken davon abgesonderten Altarraume,
der mit einer Nische, der Apsis, endet; bei großen Anlagen kommen selbst vier Säulenreihen vor. Das Mittelschiff überragt
die Seitenschiffe an Höhe, um die Anbringung von Fenstern zu ermöglichen.
Die Schiffe sind flach gedeckt. Nach anfänglichem Schwanken bildet sich die Sitte aus, den Altar, mithin auch die Apsis, im
Osten zu errichten. An die Westseite der Kirchen, in der sich der Eingang befindet, legt sich eine Vorhalle (Narthex), manchmal
auch ein mit Säulenarkaden umgebener Hof
[* 99] (Atrium oder Aula), in dessen Mitte sich ein Brunnen
[* 100] (Kantharus) befindet. Türme kommen
vor teils neben der Kirche (Italien), teils auf der Façade (Syrien). Bisweilen sind Emporen über den Seitenschiffen angebracht.
In seltenen Fällen hat man auch schon ein Querschiff zwischen Gemeinderaum und Apsis ausgebildet.
Die Kirchen werden frühzeitig Basiliken genannt. Ihr Verhältnis zu den antiken Basiliken (s. d.)
ist umstritten. Beispiele altchristlicher Basiliken sind in Rom u. a. St. Peter (im 16. Jahrh. durch den jetzt bestehenden prächtigen
Neubau ersetzt), St. Paul und Sant' Agnese (s. Tafel: Altchristliche Kunst II,
[* 96]
Fig. 5, 6, 8), zahlreiche
Kirchen in Ravenna, Syrien u. s. w.; die beiden erstgenannten sollen dem 4. Jahrh.
entstammen und waren lange Zeit die größten Kirchen der Welt. Die Bauformen sind fast überall noch von der Antike abhängig
(s. Taf. III,
[* 96]
Fig. 2); oft werden sogar antike Bauteile ohne weiteres verwendet.
Centralbauten sind gern zu Grabkapellen, Grab- oder Denkmalskirchen und Taufkirchen (Baptisterien, s. d.),
selten zu eigentlichen Kirchen verwendet worden. Sie erscheinen als ungegliederte Rundbauten mit kuppelförmiger Überwölbung
(s. Taf. II,
[* 96]
Fig. I) oder als gegliederte, in letzterm Falle entweder flachgedeckt,
wie Santo
[* 101] Stefano rotondo in Rom, oder mit kunstvollem Wölbungssystem, wie San Vitale zu Ravenna (s. Taf.
II,
[* 96]
Fig. 3 u. 7) und die großartige Sophienkirche (s. d.) zu Konstantinopel (s. Taf. III,
[* 96]
Fig. 3, 4, 6). Beide Kirchenformen
sind mit der christl. Kultur auch nach Deutschland übertragen worden; der Längsbau ist auf dem Bauplan von St. Gallen (etwa
820), ferner in den Kirchen zu Michelstadt und Seligenstadt im Odenwald und der Ruine auf dem Heiligenberge
bei Heidelberg
[* 102] wahrnehmbar; das großartigste Denkmal des Centralbaues bei uns ist das von Karl d. Gr. errichtete Münster
[* 103] zu
Aachen.
[* 104]
Schließlich bilden die unterirdischen
Grabanlagen, die Katakomben (s. d. und Taf. III,
[* 96]
Fig.
5), Gegenstände der altchristl. Baukunst.
Der altchristl. Profanbau, der Hausbau u. s. w., ist an syrischen Denkmälern
kennen zu lernen.
Hinsichtlich der Bildnerei zeigt sich die Altchemnitz K. ebenfalls von der Antike abhängig. Zunächst entwickelt sie sich in der reichen
Ausschmückung der Sarkophage mit Reliefs, bei welcher den klassischen Formen mehr und mehr christl.
Bedeutung untergelegt, später die Flächen architektonisch abgeteilt und durch strenges, in mehr statuarischer
Form gehaltenes Bildwerk geschmückt wird; die
[* 96]
Figuren erscheinen allmählich unfreier in ihrer Haltung,
konventioneller in der Behandlung des Faltenwurfes, die Komposition wird eine minder lebendige und in sich abgerundete. Auch
Elfenbeinarbeiten (s. Taf. III,
[* 96]
Fig. 1) sind beliebt; unter ihnen sind
die Diptychen (s. d.) besonders bemerkenswert. Statuen sind in der Altchemnitz K. sehr selten. Die berühmte Bronzestatue
des heil. Petrus in der Peterskirche zu Rom (s. Taf. I) galt bisher für ein Werk ungefähr des 5. Jahrh.,
wenn sie auch möglicherweise weit jüngerer Entstehung ist. Gern hat man Christus als guten Hirten dargestellt (s. Taf.
II,
[* 96]
Fig. 4).
Größer ist der Wirkungskreis der altchristl. Malerei. Hier erlangte die Altchemnitz K. die meiste Selbständigkeit,
die größte innere Bedeutung und den freiesten Ausdruck. Zunächst zwar begnügte sie sich mit Symbolischem: das Χ Ρ (chi-ro,
griech. Anfangsbuchstaben des NamensChristus), das Α Ω (Alpha-Omega, Anfang und Ende des griech. Alphabets),
der Fisch (grch. ichtys, die Anfangsbuchstaben von Jesūs Christós thëū hyiós sotēr, JesusChristusGottes Sohn, Erlöser),
Genien, Pfauen und zahlreiche andere, oft spielerische Symbole genügten vielfach (s. Taf. III,
[* 96]
Fig. 5). Später wurden diese
weiter gesponnen, indem aus dem rein formalen ein lebendiger Vorgang sich entwickelt.
Christus wird auch hier als guter Hirt dargestellt, der das verirrte Lamm zurückbringt, aber auch als
Orpheus,
[* 105] der mit süßem Laut selbst die wilden Tierean sich lockt. Daneben erscheinen wunderartige biblische Vorgänge meist
aus dem Alten Testament, die aber in leicht verständlicher Weise auch auf das Neue gedeutet werden können
(z. B. die Leiden
[* 106] des Hiob, Himmelfahrt des Elias), sowie rein zuständliche Genrebilder, die die irdische Zufriedenheit versinnbildlichen.
Namentlich die Wände und Decken der Katakomben sind der Ort dieser in Fresko-Technik ausgeführten Malereien. In ihrer Anordnung
blieben die antiken Vorbilder lange Zeit maßgebend; im einzelnen wurden die Neuschöpfungen mehr und mehr
durch einen Zug
von Innerlichkeit, seliger Ruhe, friedlicher Gelassenheit bereichert, der ihren Werken einen hohen Reiz giebt.
Dieser steigert sich in monumentalen Mosaik-Malereien zu einem stärkern, wenn auch härtern Ausdruck der Empfindung und bei
der streng architektonischen Anordnung der Bildercyklen zu feierlicher Würde und Gemessenheit. Namentlich in den großen
DarstellungenChristi an der Wölbung der Apsis, in langen
[* 96]
Figurenreihen an der Oberwand des Langhauses
und andern streng rhythmisch angeordneten Bildern ist das Mosaik in seiner einfachen Größe von mächtiger Wirkung (s. Taf.
II,
[* 96]
Fig. 2).