und viele brit. Offiziere wurden ermordet. Die entmutigten brit.
Anführer, namentlich der altersschwache Elphinstone, suchten nun Rettung durch Unterhandlungen. Mit
Akbar und den afghan.
Häuptlingen kam ein
Vertrag zu stande, wonach die Briten gegen sicheres Geleit,
Transport- und Lebensmittel für den Rückzug
ganz Afghanistan
[* 2] räumen sollten. Darauf hin verließ die brit.
ArmeeKabul, um sich durch den Chaibarpaß
nach
Indien zu wenden. Indes blieb die Lieferung von Lebensmitteln aus und die fanatischen
Stämme des
Landes fielen über den
Zug
her.
Das brit.
Heer, 16000
Köpfe, erlag der Kälte oder den Waffen
[* 3] der Afghanen. Die brit.-ind. Regierung unter
Lord Ellenborough schien neuen Kämpfen abgeneigt. Doch zog
GeneralNott von dem in brit. Gewalt gebliebenen Kandahar gegen
Ghasni, das er besetzte und zerstörte. Nach
Kabul war indes
General Pollock durch den Chaibarpaß vorgedrungen und
vereinigte sich dort mit
Nott Mitte September. Der Zerstörung auch dieses Platzes folgte die Zerstreuung
der Scharen
Akbars und die
Befreiung der gefangenen Engländer.
Die brit. Feldherren traten im Dezember den Rückzug an und gingen im Siegesbewußtsein so weit,
den gefangenen
Dost Muhammad freizulassen. Aus
Hindustan zurückkehrend und von den Verhältnissen daselbst unterrichtet, wurde
derselbe in
Kabul als Rächer der Stammehre empfangen und befestigte zunächst seine Herrschaft.
Schon 1846 ging
er ein
Bündnis mit den Sikh (s. d.) ein. Doch vernichtete die
Schlacht vom die Macht seiner Bundesgenossen.
Dost
Muhammad besaß bis 1850 nur die
ProvinzenKabul und Dschalalabad; bis 1855 eroberte er
Ghasni, Kandahar und Girischk, 1856
Balch und Chulm, bis 1858 die Distrikte von Achschi, Schibergan,
Andchui, Maimene und Sistan, 1861
Kundus und
Badachschan.
Zur Sicherung seiner Eroberungen hatte er mit der brit.-ind. Regierung ein Schutz-
und Trutzbündnis abgeschlossen, in dem er als Emir von Afghanistan anerkannt wurde. Als Anfang 1862 ein pers.
Heer die afghan. Grenze bedrohte und
SultanAhmed Chan von Herat, auf Anstiften der
Perser, gegen Farrah
und Kandahar vorrückte, rief
Dost Muhammad die Hilfe der Engländer in
Indien an, säuberte die Grenze und zog vor Herat,
das nach langer
Belagerung in seine Gewalt fiel.
Ahmad Chan war kurz vorher gestorben und
Dost
Muhammad starb bald nachher (29. Mai) im 92. Lebensjahre, Herat blieb in den
Händen der Afghanen.
Dost Muhammad hatte seinen Sohn Scher
Ali Chan zum Nachfolger bestimmt; ihm wurde jedoch von seinen Verwandten die Würde streitig
gemacht und er sah sich nach der
Niederlage bei Schekabad außer stande, vorderhand seine
Ansprüche weiter zu verteidigen. Hierauf wurde Scher
Alis ältester (Halb-)
Bruder, Afsal Chan, aus dem Gefängnisse geholt,
in
Kabul zum Emir erhoben und Februar 1867 von der brit.-ind. Regierung anerkannt. Nach seinem
Tode (Okt. 1867) riß Scher
Alis anderer (Halb-)
Bruder, Mehemmed Asim Chan, die Emirwürde
an sich, und
Abd ur-Rahman Chan, der Sohn Afsals, ging als Gouverneur nach
Balch. Inzwischen wurde Scher
Ali von seinem
Sohne Jakub Chan,
Gouverneur von Herat, und sonstigen Anhängern unterstützt, so daß er nunmehr 17000 Mann und 18
Kanonen ins Feld stellen
konnte, mit denen er Kandahar einnahm. Er eroberte
Ghasni und
Kabul. Asim Chan, der bisher die
Emirwürde in
Kabulan sich gerissen, floh nach
Balch.
MitteDez. 1868 schlug Scher
Ali denAbd ur-Rahman bei
Bamian, so daß dieser sich nach
Balch zurückziehen mußte, und im Jan. 1869 seinen
Halbbruder Asim und
Abd ur-Rahman bei
Ghasni, so daß sie Schutz auf brit. Gebiete suchen mußten. Der
Prätendent Asim Chan starb im Okt. 1869;
Abd ur-Rahman suchte indes dem Scher
Ali in den Nachbarländern Feinde zu erwecken,
während ein von Jakub gegen seinen
Vater mit Hilfe der altnationalen Partei, der die Reformbestrebungen Scher
Alis verhaßt waren, erregter
Aufstand mit der Eroberung Herats durch Scher
Ali endete. Später fand zwar eine scheinbare
Ausgleichung zwischen Jakub und seinem
Vater statt; als jedoch im Herbst 1874 Jakub zur endgültigen Schlichtung der Streitigkeiten
nach
Kabul kam, wurde er sofort verhaftet, sehr bald indes frei gelassen und ein abermaliger
Ausgleich
geschlossen. Ein neuer
Aufstand zu Gunsten Jakubs fand 1875 statt, wurde aber von Scher
Ali unterdrückt. Jakub wurde gefangen
gesetzt, Ende 1877 aber wieder entlassen.
Die Engländer hatten sich lange von jeder Einmischung in die innern Angelegenheiten
A.s fern gehalten; ihre Politik nahm
erst eine bestimmte
Richtung wegen der Fortschritte des russ. Einflusses in
Centralasien an, als Scher
Ali seine Herrschaft fest begründet hatte. Ende März 1869 veranstaltete der brit.
Generalgouverneur von
Indien, Lord Mayo,
zu
Ambala eine Zusammenkunft mit Scher
Ali, die dessen
Anerkennung als Herrscher
A.s besiegelte und an die sich Bündnisverträge
knüpften.
Die nächste Folge davon war, daß Ende 1869 zwischen Scher
Ali und dem Emir von
Buchara (Musaffer Eddin) der Streit um die
turkestan. Grenzgebiete gütlich beigelegt wurde, indem man den obern
Amu als die Grenzscheide zwischen und
Buchara annahm.
Seitdem
Rußland thatsächlich auch in
Buchara herrscht, bildet Afghanistan die freilich weite Schranke, welche
die beiden europ.-asiat. Großmächte England und
Rußland noch voneinander scheidet. Durch Vereinbarung zwischen der russ.
und engl. Regierung, insbesondere durch die engl. Depesche vom und
die russische vom wurde die Nordgrenze
A.s so festgesetzt, daß
Badachschan mit Wachan, die Distrikte
Kundus, Chulm,
Balch, Achschi, Siripul, Maimene, Schibergan und
Andchui zu Afghanistan gehörten.
Gegen Ende des Russisch-Türkischen
Krieges von 1877 und 1878, als
Großbritannien
[* 4] geneigt schien, seine bisher neutrale Haltung
aufzugeben, und bereits
Truppen aus
Indien nach dem Mittelmeer herangezogen hatte, erschien im
Frühjahr 1878 eine russ. Gesandtschaft
in
Kabul, wo sie von Scher
Ali mit den höchsten Ehren empfangen wurde. Der brit. Vicekönig von
Indien,
Lord Lytton, ordnete im
August desselben Jahres ebenfalls eine Gesandtschaft nach
Kabul ab, doch wurde dieselbe im Chaibarpasse
zurückgewiesen. England rüstete sich deshalb zum
Kriege. Am wurde dem afghan. Kommandanten vonAli
Masdschid, einem Sperrfort im Chaibarpasse, ein
Ultimatum zur Übermittelung an Emir Scher
Ali übergeben, und am 20. Nov., nach
Ablauf
[* 5] der für die Beantwortung gestellten Frist, den brit.
Truppen der
Befehl zum Einrücken nach Afghanistan erteilt. Dies geschah
in drei
Kolonnen mit zusammen 41000 Mann und 144
¶
mehr
Geschützen. Bei der Besetzung Dschalalabads (20. Dez.) durch die Pischawarkolonne unter S. J. Browne erfuhr man, daß Emir Scher
Ali13. Dez.Kabul verlassen und sich nach dem nördlichen Afghanistan begeben hätte. Hier starb er zu Mesar-i-scherif.
In Kabul war Scher Alis Sohn Jakub zum Emir ausgerufen worden. Am 31. März wurde die Vorhut der Pischawarkolonne
unter General Gough in der Richtung auf Kabul in Marsch gesetzt und erreichte nach leichtem Gefecht6. AprilGandamak, wo 8. Mai Emir
Jakub erschien, veranlaßt durch das Vorrücken der beiden andern engl. Kolonnen, und nach längern Verhandlungen mit dem polit.
Bevollmächtigten, Major Cavagnari, daselbst den Frieden abschloß. Die Kurumkolonne unter General Roberts hatte
am die von den Afghanen geräumte Festung
[* 7] Kurum besetzt und 2. Dez. die Stellung der Afghanen am Paiwarpaß genommen.
Am 26. Dez. hielt Roberts einen von den benachbarten Stammfürsten besuchten Darbar in Kurum ab, bei dem
sich dieselben fast sämtlich der brit. Regierung unterwarfen. Im April begannen die Vorbereitungen
für den weitern Vormarsch, aber der Friede von Gandamak beendete vorläufig auch hier die Operationen. Die Quettakolonne unter
General D. Stewart besetzte während des Krieges Kandahar, Kelat-i-Gildschi und Girischk am Hilmend ohne
Widerstand.
In dem Friedensvertrag gestattete der Emir die Zulassung eines ständigen brit. Residenten
in Kabul, sowie die unbeschränkte Zulassung brit.Waren in ganz Afghanistan, sicherte die Verbesserung der vorhandenen
Straßen sowie die Einrichtung einer Telegraphenlinie zwischen Kabul und Kurum zu und verpflichtete sich, keine Beziehungen
zu andern Mächten zu unterhalten. England erkannte Jakub als Emir an, versprach sofortige Räumung des
besetzten Landes mit Ausschluß der Gebiete von Kurum, Pischin und Sibi sowie des Chaibarpasses, die in brit. Besitze verbleiben
sollen (die sog. «wissenschaftliche Grenze»,
die nach Angabe von Lord Beaconsfield für Indiens Sicherheit unentbehrlich, aber auch ausreichend ist), und Zahlung einer
beträchtlichen Rente, durch die man Jakubs Einfluß im Innern zu festigen gedachte. Der Vertrag wurde 30. Mai vom Vicekönig
von Indien ratifiziert, und schon 1. Juni begann der Rückmarsch der brit. Truppen hinter die neue Grenze, doch behielt man vorläufig
noch Kandahar besetzt.
Am traf die brit. Gesandtschaft unter Major Cavagnari in
Kabul ein und wurde vom Emir anscheinend mit Wohlwollen empfangen. Am 18. Aug. trafen 3 afghan.
Regimenter aus Herat ein, forderten ihren rückständigen Sold und bedrohten die brit. Gesandtschaft; gleichzeitig reizten
Priester das Volk auf, 3. Sept. wurde das Gesandtschaftsgebäude durch 12 Regimenter angegriffen, wobei die
gesamte Gesandtschaft nach tapferm Widerstande umkam. Die Nachricht von diesem Gemetzel veranlaßte in England und Indien große
Aufregung; man beschloß, schleunigst Kabul zu besetzen und die Schuldigen zu bestrafen.
Zunächst hatte man nur die im Kurumthale befindlichen Truppen unter General Roberts zur Verfügung, deren Vorhut am Schutargardanpaß, 20 km
von Kabul, stand; doch fehlte es auch diesen an den erforderlichen Feldtrains. Erst 24. Sept. konnte der Einmarsch
nach Afghanistan beginnen; bis zum 2. Okt. war die Operationskolonne in Kuschi, wo 27. Sept. auch Emir Jakub im brit.
Lager
[* 8] eintraf, rückte dann nach
Tschehar Aßja, 7½ km vor Kabul, wo man auf afghan. Truppen stieß, die 6. Okt. mit
Verlust fast der gesamten Artillerie in die Flucht geschlagen wurden.
Kabul wurde 8. Okt. beschossen und am 9. Okt. besetzt. Man fand große Vorräte an Waffen und Munition, nahm in der Nähe der
Stadt den ganzen Artilleriepark, entwaffnete die Bevölkerung und bestrafte einen Teil der an der Ermordung
der brit. Gesandtschaft Schuldigen. Nach der Einnahme von Kabul vereinigte General Roberts seine Hauptmacht in einem befestigten
Lager bei Scherpur. Am 23. Dez. schlug und zerstreute er die ihn bedrohenden afghan. Scharen.
Tags darauf wurde Kabul wieder besetzt, und am 25. traf die Brigade Gough von Gandamak her dort ein und besetzte
die Citadelle von Kabul, Bala Hissar.
Emir Jakub, dessen unentschiedenes, wenn nicht treuloses Verhalten teilweise Schuld trug an der Ermordung der brit.
Gesandtschaft, wurde in Indien interniert; General Roberts übernahm vorläufig die gesamte obere Leitung der militär. und
polit. Angelegenheiten in Afghanistan. In Kandahar, wo General Primrose kommandierte, hatte sich die Bevölkerung
ruhig verhalten. In Balch hatte Abd ur-Rahman Chan, in Herat Ejjub Chan die Herrschaft an sich gerissen. Die brit. Regierung
verhandelte mit den angesehensten Stammfürsten, um die Einsetzung eines Herrschers mit genügendem Anhang im Lande herbeizuführen,
doch fand sich keine geeignete Person. Da indessen eine längere Besetzung von Kabul und Kandahar mit bedeutenden
Kosten verbunden war und die Herstellung eines dauernden Friedens ausschloß, so trat man schließlich mit Abd ur-Rahman in
Verhandlungen ein.
Dieser zog den Abschluß jedoch geflissentlich in die Länge und näherte sich an der Spitze eines 10000 Mann
starken Heers von Balch her der Hauptstadt Kabul. Am wurde Abd ur-Rahman in Kabul auf einem von General Roberts berufenen
Darbar afghan. Fürsten, auf dem er persönlich nicht erschienen war, zum Emir von Afghanistan ausgerufen.
Die brit. Regierung gab den Anspruch, in Kabul eine ständige Gesandtschaft zu unterhalten, auf, versprach
die Räumung des ganzen Landes, einschließlich des im Frieden von Gandamak erworbenen Kurumthals und die Zahlung einer jährlichen
Rente von 12 Lakh Rupien (nach ind. Nominalwert = 2309434,56 M., nach dem 1891er Londoner Kurs = 1620000 M.), wogegen Abd ur-Rahman
sich nur verpflichtete, mit keiner fremden Regierung in polit. Verbindung zu treten. Diese Bedingungen
verdankte der Emir seiner zögernden Politik und dem Wunsche der brit. Regierung, den afghan.
Krieg so rasch als möglich zu beendigen.
Ejjub Chan, der Beherrscher Herats, ein Bruder des abgesetzten Emir Jakub und erbitterter Feind der Engländer, hatte inzwischen
seine Streitmacht auf 20000 Mann gebracht. Zur Sicherung gegen dies Heer war von Kandahar General Burrow
nach Girischk am Hilmend mit 2500 Mann brit. und ebensoviel afghan.
Truppen des Statthalters von Kandahar entsendet worden. Am 16. Juli forderte Ejjub Chan die Stämme des mittlern Afghanistan, unter denen
er zahlreiche Anhänger besaß, zur Erhebung auf. Gleichzeitig sammelte sein Schwiegervater Mir Baba, Chan
von Badachschan, bewaffnete Scharen im nordöstl. Afghanistan, auch regten sich die kriegerischen Gebirgsvölker längs
der ganzen Ostgrenze. Britischerseits glaubte man an keine ernste Gefahr. Da erschien unvermutet Ejjub Chan 24. Juli an der
¶
Spitze von 12000 Mann am Hilmend, worauf General Burrow von Girischk nach Kuschk-i-Nachud zurückging. Ejjubs Vorhut besetzte 26. Juli Maiwand
und wurde am folgenden Tage von General Burrow angegriffen. Die inzwischen eingetroffene Hauptmacht Ejjub Chans unter Facharulla
Chan brachte den Engländern eine vollständige Niederlage bei; die Trümmer des brit. Heers stoben nach
Kandahar. Ejjub Chan rückte vor Kandahar, welches General Primrose mit 3650 Mann besetzt hielt, und begann 11. Aug. die Belagerung.
Am 18. Aug. wurde ein großer Ausfall der Engländer zurückgeschlagen; die Festung war reichlich mit Lebensmitteln versehen,
doch konnte ihr zunächst nur von Kabul her Entsatz gebracht werden.
General Roberts beschloß daher, mit seinen verfügbaren Feldtruppen von Scherpur nach Kandahar zu marschieren, und legte
diesen Marsch (512 km) in der kurzen Zeit vom 7. Aug. bis 2. Sept. zurück. Nach dem Eintreffen bei Kandahar wurde unverzüglich, 3. Sept., das
Heer des Ejjub Chan in starker Stellung am Argandab angegriffen und geschlagen. Ejjub Chan floh mit der
Reiterei, begleitet von allen Stammfürsten, nach Herat, und begann dort sofort die Reorganisation seiner Truppen. Nachdem
die Räumung ganz A.s durch engl. Truppen vollzogen, drang Aug. 1881 Ejjub Chan von Herat über Girischk nach Kandahar und
bemächtigte sich dieses Platzes. Abd ur-Rahman rückte ihm entgegen, schlug ihn 22. Sept. und zog 30. Sept. in
Kandahar ein.
Nach einer abermaligen Niederlage bei Schaflan und dem Verluste Herats floh Ejjub Chan nach Persien.
[* 12] Abd ur-Rahman war nun Herr
von ganz Afghanistan. Seine Lage wurde indessen durch den polit. Gegensatz zwischen Rußland und Großbritannien immer
schwieriger, namentlich als Rußland Merw besetzt hatte. Rußland beanspruchte alles Land bis Sulfikar am Heri Rud,
Chaman-i-Baid am Kuschk, BalaMurghab am Murghab und Kabarmank. Zu Beginn des Jahres 1885 rückten russ. Truppen in das streitige
Grenzgebiet ein und schlugen unter General Komarow 30. März bei Taschkepri oder Pul-i-Kuschti am Kuschkflusse 5000 Afghanen,
worauf sie Pendschdeh am linken Ufer des Murghab, 35 km oberhalb von der Kuschkmündung, in Besitz nahmen.
Die brit. Regierung hielt Herat für bedroht und begann zu rüsten, doch kam es nicht zum Kriege. Eine Kommission brit. und
russ. Offiziere bereiste das Grenzgebiet und steckte die Grenze zwischen
Russland
[* 13] und Afghanistan bis zum Herbst 1886 ab, wobei Rußland Pendschdeh und fast alles beanspruchte Gebiet erhielt. Das russ.-afghan.
Grenzprotokoll wurde in Petersburg
[* 14] unterzeichnet. Herat und mehrere Punkte im nördlichen Afghanistan wurden mit Hilfe brit.
Ingenieure stark befestigt, auch stellte die brit. Regierung eine aus dem
Industhale durch den Bolanpaß nach Quetta führende Bahn her und kann so schnell eine beträchtliche Streitmacht nach Kandahar
vorschieben.
Ejjub machte 1887 den vergeblichen Versuch, in Herat einen Aufstand zu erregen und ergab sich darauf den Engländern, die
ihn in Rawalpindi als Staatsgefangenen halten. Einen Aufstand der Hasara warf der Emir 1892 nieder. Gleichzeitig
entstanden durch Vorgehen des Emirs in den afghan.-ind. Grenzgebieten Schwierigkeiten mit der
ind. Regierung, die Nov. 1893 durch Verhandlungen mit einer engl.
Gesandtschaft in Kabul befriedigend geregelt wurden. Wegen des Afghanistan bedrohenden Vorrückens derRussen auf dem
Pamir
[* 15] gelangte
es 1895 zu einer Verständigung zwischen England und Rußland.
Litteratur. Raverty, Notes of Afghanistan and part of Baluchistan (Lond. 1881);
Walker,
[* 16] Afghanistan, its history and our dealings with it (2
Bde., ebd. 1883 - 85);
Für die Königsberger Universität arbeitete Afinger die Statuen der Wissenschaften. Ferner schuf er 1865 die StatueArndts zu Bonn;
[* 21] für eine Villa bei Elberfeld
[* 22] die Marmorstatue der Penelope und für den Invalidenkirchhof in Berlin ein
Grabmal mit der
[* 11]
Figur einer trauernden Frau (1869), das Dahlmannsche Grabmal und die schönen Brunnen
[* 23] auf dem Kirchhofe zuBonn. Erst 1873 besuchte er Italien,
[* 24] 1874 wurde er zum Mitgliede der Berliner
[* 25] Akademie der Künste sowie zum
Professor ernannt und starb am in Berlin.
(d. h. Opium-Schwarzburg), auch Karahissar, Hauptstadt des Sandschaks Karahissar-Ssahib des türk. Wilajets
Khodawendikjar in Kleinasien, etwa 300 km im O. von Smyrna und im SSO. von Konstantinopel,
[* 26] auf dem Vereinigungspunkte der von
beiden Städten nach Syrien führenden Karawanenstraßen, rings um einen sehr hohen Trachytfelsen erbaut,
auf dessen fast unzugänglicher Spitze die Ruinen eines alten Kastells stehen, hat 20000 E., zahlreiche Moscheen, zwei armenische
Kirchen, sechs Chans, fünf Bäder, Wollweberei, Teppichwirkerei, Opiumbereitung und lebhaften Handel. Die Ebene von Afiun-Karahissar wird
von W. gegen O. von dem Steppenfluß Akharsu durchströmt und ist weithin mit Mohn, Korn und Krapp bebaut.
von dem Seldschukken Aladdin (gest. 1299) neu gegründet, ist die Vaterstadt Othmans, des Gründers des türk. Reichs. Unweit
der Stadt lag das alte Synnada in Phrygien, berühmt durch seinen Marmor, der auch nach dem Orte Docimeum benannt wurde, dessen
Reste man in dem jetzigen Eski-Karahissar (Altschwarzburg), 22 km im NO. der Stadt, in der Nähe von Marmorbrüchen,
gefunden hat.
Bezirtsbauptmannschaft Bruck an der Mur in Steiermark,
[* 27] in 765 m Höhe, am Fuße der Bürgeralpe,
am Aflenzbache und der Poststraße von Bruck nach Mariazell, hat (1890) 612, als Gemeinde 2953 E., Bezirksgericht
(356 qkm, 5 Gemeinden, 20 Ortschaften, 6151 E.), Bezirksvertretung und alte Pfarrkirche (1140).
In der Nähe Thörl (nach
den ein Thor bildenden Felsen benannt) mit bedeutenden Eisenwerken und Drahtziehereien und die Ruine Schachenstein.
¶
die Lokalheilige Augsburgs, deren Kultus bis ins 6., vielleicht bis ins 4. Jahrh. hinaufreicht und deren Reliquie
noch 1804 in der St. Ulrichskirche zu Augsburg
[* 29] feierlich gehoben wurde. Sie wurde zu Augsburg als Märtyrerin der
Diokletianischen Christenverfolgung 304 verbrannt. Nach der alten Legende war sie ursprünglich eine Lustdirne und wurde von
den beiden HeiligenNarcissus und Felix zum Christentum bekehrt, weshalb sie auch als Schutzpatronin der reuigen Dirnen gilt.
Ihr Attribut ist der Fichtenzapfen, ihr Tag der 5. Aug.
Stadt im Kreis
[* 30] Casoria der ital. Provinz Neapel,
[* 31] hat (1881) 18949, als Gemeinde 19367 E.,
Strohhutfabrikation, Weinbau und jährlich eine große Messe vom zweiten Sonntage des Mai an.
oder Josefinos nannte man in Spanien
[* 32] ursprünglich die Vertreter der franz. Aufklärungs- und Revolutionsideen,
später die, welche die vom König JosephBonaparte 1808 proklamierte Verfassung beschworen, dann überhaupt
alle, welche während der Invasion der Franzosen diesen anhingen. Nach dem Sturze der Fremdherrschaft wanderten die Afrancesados zum
großen Teil, etwa 10000 Köpfe stark, nach Frankreich aus. Von Ferdinand VII. durch eine Verordnung vom mit Weib
und Kind verbannt und ihrer Würden, Ämter und Güter verlustig erklärt, erhielten sie erst nach der Herstellung
der Cortesverfassung durch Dekret vom die Erlaubnis zur Rückkehr nach Spanien, und ein Beschluß der Cortes vom gab
ihnen die Güter zurück.
Lucius, röm. Lustspieldichter, geb. um 150 v. Chr., der bedeutendste Vertreter der Richtung, die
in freierm Anschluß an das Vorbild der neuern griech. Komödie, namentlich Menanders (s. d.),
ein nationales Lustspiel schuf, dessen Stoffe dem heimischen Leben entnommen waren (fabula togata). Unter seinen Landsleuten
stellte er Terenz am höchsten, dessen Eleganz er mit volkstümlicher Kraft
[* 33] und Frische verband, so daß er darin eine Mittelstellung
zwischen Plautus und Terenz einnimmt. Man kennt die Titel von mehr als 40 seiner Stücke; die geringen
erhaltenen Bruchstücke finden sich zusammen bei Ribbeck in den «Scaenicae poesisRomanorum fragmenta», Bd. 2 (2. Aufl.,
Lpz. 1873).
Sextus Julius, der Begründer der vergleichenden heidnisch-christl.
Chronologie im 3. Jahrh. n. Chr. Er ist besonders
bekannt als Verfasser eines wichtigen chronol. Werkes, des «Pentabiblion chronologikon»,
das von Erschaffung der Welt bis 221 n. Chr. reichte. Das Werk selbst ist verloren
gegangen, doch haben sich Fragmente bei den christl. Geschichtschreibern erhalten. Von einem
andern großen Sammelwerke, «Kestoi» (d. i. [gestickte] Gürtel),
[* 35] mannigfachen, vorwiegend naturwissenschaftlichen
Inhalts, mit besonderer Berücksichtigung des Absonderlichen und Wunderbaren, sind ebenfalls Bruchstücke vorhanden,
gesammelt von Routh im zweiten Teile der «Reliquiae sacrae» (Oxf. 1814).
–
ein großer kriegerischer Stamm der Afghanen, etwa 90000 Köpfe stark, im W. und S. von
Pischawar.
Sie haben den Chaibar- und den Kohatpaß inne,
wo sie der Schrecken der Reisenden und der Karawanen waren, bis
die Engländer 1879 durch einen Vertrag ihnen die Bewachung des Passes unter engl. Oberhoheit übertrugen und sie verpflichteten,
zweimal wöchentlich die centralasiat.
Karawanen unbehelligt nach Pischawar durchzulassen.
[* 10] Der Name Afrika ist uns von den Römern überliefert. Wie die Griechen den westlich von Ägypten
[* 36] gelegenen Teil dieses
Kontinents Libyen (Libye) nannten, weil sie zuerst mit den Lbu oder Rbu, den Bewohnern ihrer im 6. Jahrh.
v. Chr. gegründeten KolonieCyrene, bekannt wurden, so wendeten die Römer,
[* 37] die im Gebiete von Karthago
[* 38] zuerst
Fuß faßten, den Namen der dort einheimischen Afarikas oder Awrighas, von ihnen Afri oder Africani genannt, auf das ganze
nördl. Küstenland westlich von Ägypten (arab. El-Maghreb) an. Sie unterschieden davon das östlichere Ägypten und das südlichere
Äthiopien, das jenseit des Atlas
[* 39] und Cyrenaikas begann; doch begreift Mela auch Äthiopien mit unter dem
Namen Afrika.
und Grenzen.
[* 40] Südlich von Europa
[* 41] und südwestlich von Asien
[* 42] gelegen, bildet A. das dritte Glied
[* 43] der Alten Welt,
mit deren übrigen Teilen es nur im NO. durch den seit 1869 von einem Kanal
[* 44] durchstochenen, 125 km breiten
Isthmus von Sues zusammenhängt. Es erstreckt sich von 37° 20' nördl. Br. (KapBlanco) bis 34° 51' südl. Br. (KapAgulhas) und
von 17° 34' westl. Lage (KapVerde) bis 51° 16' östl. Lage von Greenwich (KapGuardafui), also durch 72 Breiten- und 69 Längengrade,
vom Äquator ziemlich in der Mitte seiner Längenausdehnung durchschnitten.
Seine Länge von N. nach S. beträgt 8015 km, seine größte Breite
[* 45] von O. nach W. 7630 km. Sein Flächeninhalt umfaßt 29904254
qkm, wovon ungefähr zwei Drittel nördlich, ein Drittel südlich vom Äquator liegen; auf das Festland kommen 29205390 qkm,
auf die Inseln 620864 qkm. Es ist demnach mehr als dreimal so groß wie
Europa und macht etwa ein Fünftel alles Festlandes und ein Siebzehntel der ganzen Erdoberfläche aus. Die begrenzenden Meere
sind im N. das Mittelländische, im W. das durch die Straße vonGibraltar
[* 46] mit dem vorigen verbundene Atlantische, im O. das
Indische und das mit dem Indischen durch die StraßeBab el-Mandeb verbundene Rote Meer. Die Gestalt A.s ist
abgerundeter, gedrungener als die der andern Erdteile.
Die Fläche der vom Meer abgegliederten Teile des Kontinents verhält sich zur Gesamtfläche desselben wie 1:47; bei Europa
wie 1:2. Die breite eirunde Nordhälfte setzt sich gegen S. in ein Dreieck
[* 47] mit abgestutzter Spitze fort.
Dieses Dreieck ist aber etwas gegen O. verschoben, so daß sein östl. Eck, das Somalland mit dem KapGuardafui (Ras Asir), halbinselartig
vorspringt, während an der Westseite der große Busen von Guinea als einzige bedeutende Gliederung des Kontinents eindringt.
Die Küsten haben eine äußerst geringe Entwicklung: ihre Länge beträgt nur 27638 km,
wovon auf das Mittelmeer 5254, auf den Atlantischen Ocean 10840, auf den Indischen Ocean 8584 und auf das Rote Meer 2960 kommen.
Die Küstenentwicklung (1067 qkm Flächenraum auf 1 km Küstenlänge) ist daher gegen die der übrigen Erdteile eine
sehr ungünstige, während in Europa schon auf 278 qkm Flächenraum 1 km Küstenlänge kommt. Vom flachen Delta
[* 48] des Nils westwärts
zieht die Nordküste, ohne größere Häfen und mit dem Ansteigen des Landes allmählich steiler werdend,
¶
west-176 nordwestlich zum Plateau von Barka, das nach N. schroff zum Meere hin abfällt. Zwischen diesem Tafellande und dem
Atlasgebirge liegt die einzige größere Einbuchtung der Nordküste, der Meerbusen der Syrten, mit dem Golf von Sydra (GroßeSyrte) im O. und dem Golf von Gabes (KleineSyrte) im W.; die von Bengasi am Westabhang des Plateaus von
Barka bis KapBon an der tunes. Küste durchweg flache, sandige Küste macht schon seit alters die Schiffahrt an derselben gefährlich.
Von KapBonan tritt das Gebirge hart an das Meer heran und zahlreiche, steile Vorgebirge springen weit ins Meer vor. Im
W. bildet die Halbinsel von Tetuan eine weit nach Spanien hin vorspringende Brücke
[* 51] zwischen Europa und A., die hier durch die
enge Straße vonGibraltar voneinander getrennt werden. Bei Kap Spartel oder Espartel (Ras Ischberdil) beginnt, nach SW. umbiegend,
die atlantische Küste, die in ihrem nördlichen, die Sahara begrenzenden Teile flach ist und von heftiger
Brandung umtobt wird. An dieser Strecke liegt das KapBojador und südlich von KapBlanco die jetzt vollständig durch Sandbänke
versperrte Bai von Arguin.
Die Küste erreicht im KapVerde (Grünes Vorgebirge) ihren westlichsten Punkt; obwohl immer noch flach und öde, wird sie doch
durch die hier mündenden Flüsse
[* 52] Senegal, Gambia und Rio
[* 53] Grande einigermaßen zugänglich gemacht und belebt.
BeimKap Roro biegt die Küste nach SO. um und setzt sich als Sierra Leone- und Pfefferküste in dieser Richtung mit den Kap Verga,
Sierra Leone und Mesurado bis zum KapPalmas fort, vielfach durch breite Flußmündungen eingeschnitten,
umsäumt von kleinen Inselgruppen (Bissagos-, Los- und Sherboro-Inseln).
Vom KapPalmas an streicht sie ostwärts als Elfenbein-, Gold- und Sklavenküste, meist niedrig, mit vielen, weit ins Land eindringenden
Lagunen, bis jenseit des kaum über Meereshöhe sich erhebenden Nigerdeltas. Das Delta des Nigers trennt die Bai von Benin von
der Bai von Biafra. Hier erhebt sich zwischen dem breiten Ästuarium
[* 54] des Alt-Calabar und dem Delta der Kamerunflüsse ein gewaltiger,
vulkanischer Gebirgsstock unmittelbar vom Meere aus, dessen südwestl.
Fortsetzung in den Inseln Fernando Po, Principe, St. Thomé und Annobon zu erkennen ist. Von der Bai von Biafra verläuft die
Küste von Niederguinea ziemlich gerade nach Süden. Ein abwechselnd breiteres und schmaleres Flachland
trennt das terrassenförmig aufsteigende Randgebirge vom Meere. Fast unter dem Äquator liegt die Meeresbucht des Gabun, dann
gegen SüdenKap Lopez und das Delta des Ogowe, die kleine Bucht von Majumba, die Mündung des Kongo, die flache Halbinsel
von Loanda, die Mündung des Quanza, die Bucht von Benguella, der Hafen von Mossamedes, das Kap Negro mit Porto Alexandre, die Große
Fischbai und die Tigerspitze.
Von hier an südöstlich bis zur Kapkolonie bildet die Küste eine Sand- und Felsenwüste. Nur die Walfischbai und Angra
[* 55] Pequena
gewähren den Schiffen einigen Schutz. Jenseit des Oranjeflusses beginnt die engl. Kapkolonie mit ihren
hafenreichern, sehr belebten Küsten. Hier ist die St. Helenabai, die geschützte Saldanhabai, die Tafelbai mit der Kapstadt,
[* 56] die Falsebai und zwischen beiden das Kap der Guten Hoffnung, östlicher die Walkerbai und das KapAgulhas (Nadelkap), die Südspitze
von A. Bis zur Algoabai behält die Küste westöstl.
Von Mozambique bis KapDelgado geht die Küste gerade nach N., behält dann aber, mit Ausnahme der flachen Einbiegung der Suaheliküste
bei Sansibar,
[* 59] nordöstl. Hauptrichtung bis KapGuardafui bei. Das Dreieck des Somallandes begrenzt mit seiner Nordküste den
Golf von Aden.
[* 60] Vom Nordufer des im westlichsten Teile desselben gelegenen Golfs von Tedschura beginnt die
Danakilküste mit dem Ras Bir, die, sich nordwestlich bis gegen Massaua
[* 61] hinziehend, die StraßeBab el-Mandeb, den Eingang zum
RotenMeere, und dieses selbst im SW. begrenzt.
A. ist ein großartiges Tafelland, das in seinem schmälern südl. Teil die höchste Erhebung erreicht
und in seiner breitesten Ausdehnung
[* 63] nach N. sich abflacht. Die Trennungslinie beider Teile zieht im allgemeinen
dem 5.° nördl. Br. entlang, buchtet sich aber zwischen dem 25. und 35.° östl. L. von Greenwich bis zum
3.° südl. Br. aus: sie scheidet – um eine geogr. Vorstellung mit kurzer Benennung zu veranschaulichen – Südhochafrika
von Nordflachafrika.
Südhochafrika wird von einem fast ununterbrochen fortlaufenden Randgebirge umsäumt, das mehr oder weniger
nah an die Gestade des Atlantischen und Indischen Oceans herantritt. Da das Randgebirge aus den Hochflächen des Innern emporsteigt,
so erscheint das Binnenland als Mulde. Diese Mulde ist von langwelligen Ebenen erfüllt oder von mäßigen Höhenzügen durchsetzt,
bei einer durchschnittlichen Erhebung von 900 bis 1300 m ü.d.M.: sie zerfällt in eine kleinere, südliche,
und in eine größere, nördl. Hälfte, in das Flußgebiet des Sambesi mit dem Njassasee (480 m) und in jenes des
¶
mehr
177 Kongo mit dem Bangweolo- (1300 m), Moëro- (850 m) und Tanganikasee (810 m). Beide Gebiete werden durch die
Muschingaberge (1400 m, von SW. nach NO.) und das Tschingambogebirge zwischen Njassa und Tanganika getrennt. Das Randgebirge
erhebt sich im Süden von den Küsten der Kapkolonie zu dem Tafellande der Roggeveld-, Nieuweveld- und Schneeberge
zwischen 1600 und 2600 m und erreicht im Kompaßberg mit 2738 m die höchste Gipfelhöhe. Dieser Rand fällt gegen S. terrassenförmig
zu der 90–150 km breiten, baumlosen Karroo-Ebene ab, die eine mittlere Erhebung von 900 bis 1500 m hat, und schickt gegen
SO. einen Gebirgszug aus, dessen bedeutendste Gipfel der Große Winterberg (2380 m), der Hogsback (1943
m) und der Lostafel (1890 m) sind, während im W. der Karroo als einzelne Kuppen der Schneekopf (1831 m) und Winterhoek (1818
m) emporragen.
Die Karroo fällt terrassenförmig gegen W. und S. ab nach der niedersten Stufe des Kaplandes, die nur
von geringern Höhen, darunter dem Tafelberge (1082 m) bei der Kapstadt, unterbrochen wird. Der Westrand des Mittelbeckens zieht
sich von den Roggeveldbergen nordnordwestlich über die Kamiesberge (1563 m) nachKlein- und Groß-Namaland, wo seine breite,
wüste Scheitelfläche bei Amhub 1490 m, bei Reboboth 1390 m hoch liegt, und steigt im Plateau des Damaralandes
(19–22° südl. Br.) bis 1830 m mittlerer Erhebung und 2300 m Gipfelhöhe (Omatakoberge) an. Von hier setzt er sich durch
die Hochebene von Ovambo nach Bihe, östlich von Benguella fort, wo er das Hochland bildet, auf dem die Zuflüsse des Ngamisees
(930 m) und die westl. Nebenflüsse des Sambesi einerseits, der Kunene und Quanza andererseits entspringen.
Unter 10° südl. Br. ist dieser Westrand etwa 1600 m hoch, senkt sich, vom Kuango 355 m tief eingeschnitten, nur langsam nach
der Küste hin (Pungo Ndongo in Angola liegt noch gegen 1200 m hoch) und geht, umgrenzt von zahlreichen
einzelnen Bergen
[* 65] und Hügelketten, allmählich in die Ebene am untern Quanza über. Weiter nordwärts setzt er sich durch das
TafellandKongo, über den Kongo und jenseit des Äquators, zuletzt als Serra de Cristal (Serra Complida) fort, die sich etwa 110 km
von der Küste in drei Stufen bis 1000 m erhebt. Im Osten geht das Randgebirge landeinwärts von den Schnee-
und Stormbergen des Kaplandes als 1600–2000 m hohes Plateau durch die Oranjeflußrepublik und das Transvaalgebiet nach NNO.;
längs der Küste zieht es sich von den Wittebergen nach den bis 3651 m ansteigenden Drakenbergen (oder Kathlambagebirge) hin
und fällt in steilen, oftmals breiten, von zahlreichen Flüssen durchschnittenen Terrassen steil gegen
Kaffraria, Natal und das Zululand ab. Jenseit des Limpopo dehnt sich dieser Ostrand zu dem mehr als 750 km breiten Berglande
der Maschona, Matabele und Makua aus, durch das der Sambesi seinen Lauf nimmt, westlich mit dem Matoppogebirge (1340 m) und
dem Hochlande der Batoka, östlich mit den Lupatahügeln (200 m), den Morambalabergen (1250 m), dem Namuligebirgsstock (2280
m). Die östl. Randerhebung umschließt, nördlich vom Sambesi, den Schirwasee (600 m) mit dem Milandschiberg (2440 m) und
dem Sombaberge (2300 m), senkt sich dann östlich von dem Njassasee bis auf 900 m bei Mesule, während
sie nach N. und NO. im Livingstone- und Jomalemagebirge (3000 m) und in der Rubebokette (2100 m) eine mächtige Erhebungsreihe
bildet; weiter nordöstlich setzt
sie sich in der 800–1000 m hohen Bergregion von Usagara und Nguru bis zu den Bergländern
Usambara (2000 m), Pare und Ugweno (2000 m) fort.
Hier im Quellgebiet des Pangani (Ruvu) trifft das Randgebirge mit dem mächtigsten Gebirgszug A.s zusammen, der in fast genau
südnördl. Richtung bis zum Hochland von Abessinien und zu den Felsenketten an der westl. Küste des RotenMeers sich fortsetzt
und vulkanischen Ursprungs ist. Er bildet im S. die Scheidemauer zwischen dem niedrigen, wasserarmen
Somal- und Gallaland und dem heißfeuchten obern Nilbecken. Er hat seine höchste Erhebung in der eisbedeckten Gebirgsmasse
des Kilima-Ndscharo 6010 m (nach O. Kerstens trigonometr. Messung 6130 m) und im Kenia (5600 m); sein Westabfall begrenzt eine
tiefe Rinne, der sog. Ostafrikanische Graben, worin der Manjara- (1000 m), Natron-, Naiwascha- (1860 m),
Baringo- (1115 m), Rudolf- (400 m) und Stefaniesee (530 m) eingebettet liegen. Die Grundfläche des nördlich anschließenden
abessin. Gebirgssystems bildet ein Hochplateau, das nach O. 2200–2700m steil abfällt, während
es sich nach W. allmählich abdacht.
In den nördlich an Abessinien stoßenden Bogo- und Hababländern tritt das Grundgebirge bisweilen zu Tage;
die Plateaus erheben sich dort bis über 600 m; vegetationslos und wild ragen die krystallinischen Felsmassen empor. Nur
die Gewinnung prachtvoller Gesteine,
[* 66] Granite, Porphyre, Diorite, herrlicher Breccien, die Smaragd- und Beryllgruben des 2280 m
hohen Djebel Sebara, die Blei-, Kupfer- und Goldbergwerke konnten zu den Zeiten des Altertums in diese Öde
Leben bringen. Das Gebirge bildet keine einfache Kette, sondern ein System zahlreicher Gebirgsstöcke, die sich längs des RotenMeeres nach N. ziehen, wo sie im Djebel Soturba 2100 m Höhe erreichen, und von O. nach den Wüsten des Innern zahlreiche
Gipfelreihen vorschieben und dadurch die Katarakte des Nils bedingen. Von Assuan an entfernt sich das krystallinische
Gebirge vom Nil; am WadiArabah ist seine Nordgrenze.
Nordflachafrika, im W. vom Atlantischen Ocean, im O. vom RotenMeer, vom AbessinischenGebirge mit seinen südl. Ausläufern begrenzt,
zerfällt in vier ungleiche Zonen. Die erste und südlichste Zone beginnt mit dem Quellgebiet des Schari
und umfaßt, die Wasserscheide der nördl. Kongozuflüsse hinansteigend, das tief im S. liegende oberste
Nilbecken mit der schneebedeckten Gebirgsmasse des Ruwenzori (etwa 5600 m) und mit dem Mfumbiro (3420 m), deren abfließende
Gewässer hauptsächlich die Nilquellseen Victoria-Njansa (1190 m), Albert-Edward- (965 m) und Albert-Njansa
(680 m) speisen.
Die mittlere Erhebung beträgt 600 m. Die östlich und nördlich des centralen Gebirgsstocks gelegenen Landschaften
Uganda, Unjoro, die frühere Äquatorialprovinz und Dar Banda
[* 67] sind meist weite, dünn bewaldete, reich bewässerte Ebenen aus
Süßwasserkalk, Mergel und jüngern Alluvionen, vielfach von niedrigen Hügelzügen unterbrochen. Zur zweiten Zone gehören
die HaussastaatenSokoto und Adamaua (160–200 m) am rechten und linken Ufer des Binue, deren südlichsten AbschlußKamerun mit
dem Mongo-ma-Loba oder Götterberg (3960 m) an der Biafrabai bildet; ferner Bornu mit dem Tsadsee (250 m), Bagirmi, Wadai, Darfur
(450 m), Kordofan (500 m) und der ägypt. Sudan (370 m). Der ganze Landstrich wird im W. durch quellenreiche,
¶