Un-Parteilichkeit des
Richters zu rechtfertigen. Die Ablehnung darf auch von dem
Richter selbst ausgehen. Der bloß auf persönlicher
Auffassung einer Partei beruhende Verdachtsgrund reicht zur Ablehnung nicht aus. Die Partei hat die
Gründe ihres Ablehnungsgesuchs
glaubhaft zu machen; der
Eid ist als
Mittel der
Glaubhaftmachung ausgeschlossen, über die Ablehnung entscheidet
das Gericht, welchem der Abgelehnte angehört, und, wenn dieses durch die Ablehnung beschlußunfähig wird, das nächsthöhere
Gericht, über die Ablehnung eines
Amtsrichters oder
Untersuchungsrichters das Landgericht.
Einer
Entscheidung bedarf es aber in letztern Fällen nicht, wenn der abgelehnte
Richter selbst die Parteiablehnung für begründet
erklärt. Bis zur Erledigung des Ablehnungsgesuchs hat der abgelehnte
Richter nur solche Handlungen vorzunehmen,
welche keinen
Aufschub gestatten. Mit Rücksicht hierauf ist auch die Anbringung des Gesuchs, soweit dasselbe auf Besorgnis
der
Befangenheit gestützt wird, zeitlich beschränkt. Es kann nämlich eine Partei im Civilprozeß einen
Richter nicht mehr
ablehnen, wenn sie bei demselben, ohne den ihr bekannten Ablehnungsgrund geltend zu machen, in eine Verhandlung
sich eingelassen oder
Anträge gestellt hat; im
Strafprozeß kann sie es in der Hauptverhandlung erster Instanz nur bis zur
Verlesung des Beschlusses über die Eröffnung des Hauptverfahrens, in der Hauptverhandlung über die
Berufung und die Revision
nur bis zum Beginne der Berichterstattung. Die bezüglichen Bestimmungen der
Deutschen Strafprozeßordnung
(§§. 23-30) und der
Deutschen Civilprozeßordnung (§§. 42-48) sind im wesentlichen übereinstimmend mit der Österr. Strafprozeßordnung
(§§. 72-74) und (für den Civilprozeß) mit dem Österr. Gesetz über die innere Gerichtseinrichtung von 1853.
Die gesetzlichen Bestimmungen über die Ablehnung des
Richters finden auf die Ablehnung des Gerichtsschreibers (s. d.),
sowie im
Strafverfahren auf die der Schöffen (s. d.), in beiden Prozessen auf die
der Sachverständigen (s. d.) entsprechende Anwendung. Dieselben Bestimmungen
gelten bezüglich der der Mitglieder des
Patentamtes (vgl. Patentgesetz §.14), der Mitglieder des Reichsversicherungsamtes
(Verordnung vom §. 9) und der Schiedsgerichte derUnfallversicherung (Verordnung vom
§. 3) und der Schiedsrichter in bürgerlichen Rechtssachen (Civilprozeßordn. §. 858).
Anders gestaltet sich die von
Geschworenen
(s. d.).
Wortbildung, Stammbildung (s.
Stamm),
Derivation, in der
Grammatik die
Bildung eines Wortes aus einem andern
durch Hinzufügung gewisser
Laute oder
Silben, die einen von der Bedeutung des zu
Grunde liegenden Wortes
(Stammwortes) verschiedenen
Sinn verleihen;
daher werden die Deklinations- und Konjugationsformen nicht zu den Ableitung
(Derivaten)
gerechnet;
z. B. in dem von «tragen» abgeleiteten
«Träger»
[* 2] giebt das ableitende «... er» die
Beziehung auf die
Person, die trägt. Im
Deutschen wie im ganzen indogerman.
Sprachstamme
können die ableitenden Elemente nur am Ende angefügt werden;
Sprachen vorkommen. Die scheinbaren
Präfixe, die sog.
Vorsilben des
Deutschen,
wie«ge...», «be...», «ver...»
u. a., sind verdunkelte Präpositionen, die mit ihnen gebildeten Worte also Zusammensetzungen
(s. d.), so gut wie die mit den gewöhnlichen Präpositionen
(auf, an u. s. f.) zusammengesetzten. Doch
ist in vielen Fällen eine feste Grenze zwischen
und Zusammensetzung nicht zu ziehen, da auf jeder
Stufe der Sprachgeschichte
Glieder
[* 3] von Zusammensetzungen auf dem Wege dazu
sind, zu einfachen
Suffixen zu werden, z. B. bei uns jetzt «los»
in «maßlos», «treulos»
u. dgl., während z.B. im
Französischen die Adverbia bildende Endung -ment = lat. mente
(Ablativ von mens),
z. B. lentement
(langsam) = lenta mente «langsamen
Sinnes», längst reines
Suffix ist.
In der höhern
Analysis ist Ableitung oder abgeleitete Funktion das Ergebnis einer Differentiation, der Differentialquotient
(s. Differentialrechnung).
[* 4]
In der
Medizin heißt Ableitung die Verminderung der Thätigkeit oder des Säftereichtums in einem Organ durch
gleichzeitige
Vermehrung der Thätigkeit oder des Säftezuflusses in einem andern Organ. Ein
Schmerz, besonders ein lebhafterer,
im
System der Hautnerven erregter, dient als Ableiter von der Empfindung eines andern, dumpfern oder innerlichen Schmerzes.
Auf dieser
Beobachtung beruht zum
Teil die Anwendung schmerzverursachender
Mittel in der Heilkunde als Ableitungsmittel
(Derivantia oder
Attractiva), wozu namentlich die
Hautreize
(Epispastica) dienen: Senfteige und Senfspiritus,
Blasenpflaster,
das
Brennen mit heißen oder glühenden Körpern, die
Pocken- oder Pustelsalben
u. dgl. Die meisten von diesen und andern sog.
ableitenden
Mitteln erregen aber auch in dem gewählten Ableitungsorgan (z.B. in der
Haut)
[* 5] eine vermehrte
Säfteanhäufung und infolge derselben dann
Absonderungen,
Ausschwitzungen,
Eiterungen u. s. w. So die
Blasenpflaster, die
Fontanelle
und
Haarseile, das
Jod, die Abführmittel, die Schröpfköpfe, Schwitzmittel, die
Blutentziehungen.
Man glaubt, daß auf diese
Weise innere Säfteanhäufungen, die
Blutstockungen und
Entzündungen entferntererTeile
zerteilt und geheilt werden können. Doch läßt sich dies schwer beweisen, obschon manches dafür spricht, z. B.
das Aufhören des
Durchfalls, wenn man schwitzt, die Linderung von
Kopfschmerz durch Abführmittel, reizende Fußbäder oder
hervorgerufene
Menstruation. Fast alle ärztlichen Schulen unterscheiden die Anwendung obiger
Mittel als eine besondere Heilmethode,
die ableitende Methode (Methodus derivans oder antagonistica). Wenn auch in der neuern Zeit die Anwendung
der Ableitungsmittel eine Einschränkung erfahren hat, so zählen doch einzelne derselben noch immer zu den wirksamsten Heilmitteln.
bei feinern astron.
Meßinstrumenten den Nonius
[* 7] (s. d.) vertretender
Apparat. Mit der
Alhidade (s. d.)
ist ein Mikroskop
[* 8] fest verbunden, das senkrecht über der
Teilung des Kreises steht. Durch das Objektiv wird in seiner Brennebene
einBild der
Teilung erzeugt. Am Mikroskop ist ein
Fadenmikrometer
[* 9] (s. d.) angebracht, dessen Schraube genau
ein- oder zweimal herumgedreht werden muß, damit der im
Brennpunkte befindliche Spinnfaden sich gerade vom
Bilde des einen
Teilstriches zu dem des nächsten bewegt. Die Mikrometertrommel ist so geteilt, daß die
Zahlen derselben wachsen, wenn der
Faden
[* 10] von dem in der
Teilung¶
mehr
nachfolgenden Strich sich zum vorangehenden bewegt. Als Indexpunkt der Alhidade ist dann die Stellung des Fadens anzusehen, bei
welcher er aus einer im Gesichtsfelde des Mikroskopes angebrachten Marke steht und die Trommel genau auf Null zeigt. Die Teilung derTrommel ist meist so eingerichtet, daß an ihr direkt 1'' abgelesen und die Zehntel derselben noch
geschätzt werden können. Ist, wie z. B. bei den größern Meridiankreisen, der Kreis
[* 12] von 2' zu 2' geteilt, so hat die Trommel 60 Teile
und zwei Umdrehungen derselben bewegen den Spinnfaden um ein 2' betragendes Kreisintervall vorwärts. Soll dann eine bestimmte
Stellung des Kreises abgelesen werden, so ermittelt man zunächst, welchem Grad und welcher Minute der
der Marke im Sehfelde unmittelbar vorangehende Teilstrich angehört, schraubt hierauf den Mikrometerfaden (gewöhnlich ist
dies ein Doppelfaden) auf diesen Teilstrich, liest die Trommel ab und zählt die so erhaltene Zahl von Sekunden und Bruchteilen
derselben zu der unmittelbaren Angabe des Teilstriches hinzu.
im Handelsrecht beim Warenkauf diejenige Handlung des Verkäufers oder seines Stellvertreters, welche
dem Käufer den Gewahrsam der Ware verschafft, so daß er über dieselbe körperlich verfügen kann; ja eine Ablieferung liegt
schon dann vor, wenn der Verkäufer oder sein Stellvertreter sich des Gewahrsams der Ware an dem Orte,
wo er abzuliefern hatte, unter Benachrichtigung des Käufers entschlagen und dem Käufer die Möglichkeit gegeben hatte, sich
sofort den Gewahrsam zu verschaffen.
Darüber hinaus sieht das bloße Angebot der Ware, deren Annahme der Käufer ablehnt, der Ablieferung nicht gleich. (Vgl. Entscheidungen
des Reichsgerichts, Bd. 5, Nr.
8.) Die Ablieferung kann zusammenfallen mit der Übergabe, durch welche der Käufer den Besitz (s. d.) erlangt. Das
ist aber nicht notwendig. Denn wenn die Ware von auswärts gesendet wird, erlangt der Käufer nach vielen RechtenBesitz und
Eigentum schon damit, daß die Ware dem Spediteur oder Frachtführer vom Absender übergeben wird. Im Seeverkehr
gilt die Übergabe des Orderkonnossements als Übergabe der schwimmenden Ware (s. Konnossement).
Die Ablieferung kann zusammenfallen mit der Abnahme (s. d.); die Ware, welche der Käufer abnehmen muß, ist aber auch abgeliefert,
wenn sie in seiner Abwesenheit in seinem Hause, seiner Niederlage, seinem Geschäftslokal niedergelegt ist, und er hiervon
Kenntnis erhält, wenn schon er die Abnahme zu Unrecht weigert. Die Ablieferung ist etwas anderes als die Empfangnahme,
d. h. die Billigung der von dem Käufer abgenommenen Ware. Ist die Ware von einem andern Orte übersendet, so hat der Käufer
ohne Verzug nach der Ablieferung, soweit dies nach dem ordnungsmäßigen Geschäftsgange thunlich ist,
die Ware zu untersuchen, und wenn sich dieselbe nicht als vertragsmäßig oder gesetzmäßig ergiebt, dem Verkäufer sofort
davon Anzeige zu machen.
Die Ware gilt, soweit es sich nicht um Mängel handelt, welche bei der sofortigen Untersuchung nach ordnungsmäßigem Geschäftsgange
nicht erkennbar waren, als gebilligt, wenn der Käufer die Mangel nicht rechtzeitig anzeigt. (Handelsgesetzbuch
Art. 347.) Die Anzeige der bestimmten und vorhandenen Mängel, welche der Käufer etwa aus dritter Hand
[* 13] erfahren hat, schützt
ihn vor diesem Nachteil, wenn sie auch ohne Untersuchung und selbst vor der Ablieferung erteilt ist. Im Frachtverkehr (Handelsgesetzbuch
Art. 395, 403, 607 fg.) versteht man unter Auslieferung, Aushändigung, Ausantwortung die
Handlung, durch
die der Frachtführer (Eisenbahnverwaltung, Post, Schiffer u. s. w.) den zum Zweck des Transports durch Auslieferung (Abladung,
Übergabe) erhaltenen Gewahrsam der Ware nach beendigtem Transport mit ausdrücklicher oder stillschweigender Einwilligung
des Empfängers und in der Weise wieder aufgiebt, daß er den Empfänger durch Anzeige von der Ankunft
des Guts und durch Zustellung der erforderlichen Papiere in den Stand setzt, sowohl über das Gut zu verfügen wie die Obhut
über dasselbe zu übernehmen. (Reichsoberhandelsgerichtsentscheidungen, Bd.
8, Nr. 6.) Der Frachtführer haftet für den Schaden, welcher durch Verlust oder Beschädigung des Frachtguts bis zur Ablieferung entstanden
ist, sofern er nicht beweist, daß der Verlust oder die Beschädigung durch höhere Gewalt als die natürliche
Beschaffenheit des Guts oder durch äußerlich nicht erkennbare Mängel der Verpackung entstanden sind. (Handelsgesetzbuch
Art. 395, 607.)
ein Verfahren bei Erzen, die sich in rohem Zustande nicht gut zur weitern Verarbeitung eignen. Man
setzt sie dem Einfluß von Sonne,
[* 14] Regen und Frost aus. So geschah es früher z. B. mit den lettigen Galmeierzen in Oberschlesien.
Die Klumpen mit Einschlüssen von Galmei wurden durch die Sonne trocken und rissig, der Regen drang in die Risse ein, löste
einen Teil des Lettens und entfernte ihn, der Frost beförderte diesen Prozeß, indem er die Klumpen auseinandertrieb.
Da dies Verfahren viel Arbeitslohn und Zeit kostete, so verwendet man zu demselben Zweck gegenwärtig Trommeln, in denen sich
eine schnell rotierende Achse mit Messern befindet. Die letztern zerschneiden die Klumpen und das gleichzeitig angewendete
Wasser führt den aufgelösten Letten fort, während die Galmeikörner von der Trommel ausgetragen werden.
(spr. ablih), Flecken im franz. Depart.
Seine-et-Oise. Im Kriege 1870 und 1871 wurden deutscherseits eine Eskadron des 16. Husarenregiments und 50 Mann
bayr. Infanterie von Rambouillet aus nach Ablis vorgeschoben. Ablis war aber beim Einmarsch der deutschen Truppen
schon von 1500 franz. Mobilgarden besetzt. Diese überfielen in der Nacht mit Hilfe der Einwohner
die Husaren und vernichteten sie nach tapferster Gegenwehr zum großen Teil. Die bayr. Infanterie schlug sich durch. Ablis wurde
zur Strafe von der herbeieilenden 6. Kavalleriedivision verbrannt.
beim Militär das Ersetzen einzelner längere Zeit im Dienst beschäftigter Leute oder
ganzer Truppenteile durch andere, vornehmlich im Wachdienst.
Auch die zum Ablösen bestimmten Mannschaften oder Truppenabteilungen
selbst werden Ablösung genannt.
Die Ablösung einer im Feuergefecht stehenden Truppe durch eine frische, wie sie in der frühern Gefechtsführung
vorkam, ist bei der verheerenden Wirkung der neuern Waffen
[* 15] kaum noch möglich.
die Abnahme des Körpers oder eines Körperteils an Fett. Da das Fett
¶
mehr
hauptsächlich in dem unter der äußern Haut gelegenen sog. Unterhautzellgewebe angehäuft ist, so verrät sich sein Schwinden
sehr bald auch äußerlich. Das Fett ist von allen tierischen Geweben dasjenige, welches am leichtesten schwindet, sobald
durch Entbehrungen oder Krankheiten die Ernährung herabsinkt, oder der Körper durch chronische Eiterungen, Fieber, außergewöhnliche
körperliche Anstrengungen, rasches Wachstum, geschlechtliche Ausschweifungen, anhaltende Schmerzen und
Schlaflosigkeit übermäßige Stoffverluste erlitten hat.
Dabei zeigt sich die Eigentümlichkeit, daß das Fett an verschiedenen Körperstellen eine sehr verschiedene Disposition zum
Schwinden hat, so daß die allgemeine Abmagerung stets eine ungleichmäßige ist. Gewisse Teile, z. B. die Augenhöhlen, die Nierenkapsel,
das Gesäß, werden selbst bei der höchsten Abmagerung nicht fettlos. Bei der Abmagerung lebt
der Leib auf seine eigenen Kosten, erhält seinen Stoffwechsel, statt allein durch äußere Zufuhr, auch durch innern Verbrauch.
Tiere, welche einen Winterschlaf haben, sind bei Beginn desselben sehr fett, am Ende mager; sie lebten, d. h.
sie atmeten und erzeugten die zur Erhaltung nötige Wärme
[* 17] nur durch Verbrauch des aufgespeicherten Fettes.
Die Behandlung der Abmagerung muß sich natürlich nach der Ursache derselben richten und zunächst, wenn irgend möglich, die zu
Grunde liegenden Krankheitszustände beseitigen, worauf man die erlittenen Stoffverluste durch kräftig nährende und
leicht verdauliche Kost, namentlich aber durch Milch, Eier,
[* 18] Fleischspeisen und gutes Bier, sowie auch durch
Aufenthalt in guter Luft und hinreichende körperliche und geistige Ruhe zu ersetzen sucht. (S. Mitchellsche Kur.)
Allg. Landr. I, 17, §§ 383, 384, Grenzerneuerung, im franz. Recht (Code civil 646) bornage genannt,
die Setzung von Grenzzeichen zwischen Nachbargrundstücken, deren Ausführung auf gemeinschaftliche Kosten
jeder Nachbar beanspruchen kann.
Über Abmarsch als Bezeichnung der Art und Weise einer Kolonnenformation (rechts oder links abmarschiert)
s. Kolonne. - In der Strategie bedeutet Rechts- oder Linksabmarsch eines Heeres den Beginn einer Flankenbewegung nach rechts
oder nach links (z. B. der Rechtsabmarsch der im Vorgehen auf Paris
[* 22] begriffenen deutschen Heere Ende Aug. 1870 auf Sedan).
[* 23]
Abtrieb, Entsetzung, Expulsion, das bei den Meiergütern (s. Meier) dem Gutsherrn
zustehende Recht, dem Meier und dessen Familie das Gut zu entziehen und einen andern Meier einzusetzen. Die Abmeierung war
nicht Sache freier Willkür, sondern nur statthaft im Falle einer groben Verletzung der eine gute Bewirtschaftung sichernden
Verpflichtungen des Meiers. Sie war auch gestattet wegen Veräußerung ohne Genehmigung des Gutsherrn,
wegen Nichtabführung der Zinsleistungen u. s. w. Wegen Deterioration vollzogen dient sie dem öffentlichen Interesse, indem
sie einem guten Wirte Raum macht. Auf diesen Gesichtspunkt wird sie in den Gesetzgebungen beschränkt. Sie stand unter der
Kontrolle eines summarischen gerichtlichen Verfahrens (Aufholungs- oder Abmeierungsprozeß). Die Abmeierung ist
zufolge der Ablösbarkeit des Verhältnisses
im Verschwinden, doch bestehen noch eigentümliche Verhältnisse in Mecklenburg.
[* 24]
die Verlautbarung der Beendigung des Dienstverhältnisses seitens des Schiffers und der aus dem Dienstverhältnis
ausscheidenden Schiffsmannschaft. Die Abmusterung hat die Beendigung des Dienstverhältnisses zur Voraussetzung und muß sofort nach
der Beendigung erfolgen, und zwar regelmäßig vor dem Seemannsamt desjenigen Hafens, in welchem das Schiff
[* 25] liegt; wenn das Schiff verloren ist, vor demjenigen Seemannsamte, welches zuerst angegangen werden kann. Die Abmusterung zu
veranlassen, ist Pflicht des Schiffers; der Schiffsmann hat die Pflicht, sich zu derselben zu stellen. Sie wird vom Seemannsamt
sowohl im Seefahrtsbuch des abgemusterten Schiffsmanns, wie in der Musterrolle des Schiffs, zu dessen
Besatzung der Schiffsmann gehörte, vermerkt. Der Vermerk der Abmusterung ist die regelmäßige Voraussetzung der Zulässigkeit einer
neuen Anmusterung (s. d.). (Deutsche Seemannsordnung vom §§. 8, 10,
10-23.)
(rechtlich). Wo jemand nach dem Privatrecht verpflichtet ist, etwas zu leisten, darf sich
der Berechtigte nicht ohne Nachteil weigern, die ihm am rechten Ort und zu rechter Zeit angebotene Leistung, wenn dieselbe
der Verpflichtung entspricht, dem Pflichtigen abzunehmen. Der Gläubiger, welcher die bereits angebotene Leistung nicht annimmt,
kommt dadurch in Verzug (s. d.), er trägt, wenn das nicht schon vorher der Fall
war, die Gefahr des zufälligen Untergangs der angebotenen Sache.
Der Schuldner kann sich durch gerichtliche Hinterlegung der geschuldeten beweglichen Sache befreien. Nach Handelsgesetzbuch
Art. 343 ist der Verkäufer berechtigt, die Ware auf Gefahr und Kosten des säumigen Käufers in einem öffentlichen Lagerhause
oder bei einem Dritten niederzulegen oder sie nach vorgängiger Androhung verkaufen zu lassen. Nach Preuß.
Allg. Landr. I, 11, § 215, nach Österr. Gesetzb. §. 1062 und nach dem DeutschenEntwurf §. 375 ist der Käufer verpflichtet,
die verkaufte Sache abzunehmen, so daß der Verkäufer darauf klagen kann.
Daraus wird in Preußen
[* 26] auch das Recht abgeleitet, daß der Käufer eines Grundstücks auf Auflassung klagen
kann, während in Österreich ein Anspruch des Verkäufers auf Einverleibung des Eigentums für den Käufer abgelehnt wird.
In einzelnen Fällen ist aber der Gläubiger über die Annahme hinaus verpflichtet, sich zu erklären, ob er Ausstellungen an der
Leistung zu machen hat. Wer eine Rechnung legt, darf eine in dem Sinne fordern, daß der Geschäftsherr
seine Monita zieht oder Decharge erteilt.
Darauf kann der Rechnungssteller klagen. Nach Handelsrecht hat der Käufer, wenn die Ware von auswärts versendet wird, die
angekommene Ware zu untersuchen und die Mängel anzuzeigen, widrigenfalls die Ware als genehmigt gilt, soweit
die Mängel gefunden werden konnten. (S. Ablieferung.) Das gilt in Hamburg
[* 27] auch beim Kauf und Lieferung unter Gegenwärtigen.
Noch strengere Anforderungen gelten beim Frachtvertrag (Handelsgesetzbuch Art. 408, 609, 610). Auch wer ein bestelltes Werk
ausgeführt hat, kann nach einer weitverbreiteten Ansicht und nach Bestimmung einzelner Gesetze eine in diesem
Sinne fordern. Doch wird darüber gestritten, und der Deutsche Entwurf hat die Aufnahme einer entsprechenden Bestimmung in §. 577 abgelehnt.
Der Abnehmende soll nur verpflichtet sein, die ihm
¶
mehr
bekannten Mängel zu rügen, nicht das Werk zu untersuchen.
im Bauwesen die Besitzergreifung der fertigen Bauwerke durch den Bauherrn.
Derselben hat eine umfassende Prüfung
der verwendeten Materialien und Arbeiten voraus zu gehen.
Durch die Abnahme erklärt sich der Bauherr von dem ihm Gelieferten befriedigt
und zur Zahlung des ausgemachten Kostenbetrages verpflichtet, wenn nicht ausdrücklich vom Bauenden eine
Garantiezeit für die Dauer seiner Arbeit zugestanden worden ist.
Vielfach werden daher Sachverständige hinzugezogen.
Verwandter und Feldhauptmann des Königs Saul, nach SaulsTode die Stütze der Dynastie. Er führte den jüngsten
vollbürtigen Sohn Sauls, Eschbaal (Isboseth), einen unmündigen Jüngling, nach Mahanaim im Ostjordanlande,
und ließ ihn dort znm König über Israel ausrufen. Von hier aus bekämpfte er den StammJuda, der David zum König gewählt
hatte. Von Isboseth persönlich beleidigt, knüpfte er Verbindungen mit David an und verschwor sich mit dem israel. Stammadel,
David zum König zu wählen. Er wurde jedoch von Davids Feldhauptmann Joab ermordet, der an Abner Blutrache
für seinen Bruder Asahel nahm.
Ende des
sog Hercynischen Waldes mit den Quellen der Donau. Im 4. Jahrh. erhielt es auch die Namen Marcianischer
Wald (Silva Marciana) oder Rauracisches Gebirge (Montes Rauraci);
(lat.), Abweichung von der Regel, Regelwidrigkeit, Anomalie,
[* 29] im physiol. Sinne jeder Zustand eines lebenden
Körpers, der von dem Gesetze, welches die Natur in der Bildung desselben befolgt, abweicht. Man nennt dann den Zustand
selbst einen abnormen, im Gegensatz zu dem normalen, der jenem Gesetz entsprechend ist. Die Abnormität kann bleibend
oder vorübergehend, angeboren oder nach der Geburt erst erworben (Mißgeburt oder Krankheit) sein; sie kann die physik. Eigenschaften
(Größe, Gestalt, Lage, Farbe, Konsistenz u. s. w.) wie die Funktion eines Körpers oder Körperteils betreffen.
(S. Krankheit und Mißbildung.)
(spr. ohbo), finn. Turku, Hauptstadt des finn. Åbo- und Björneborg-Län, am Aurajoki, der sich nicht weit davon
in den Bottnischen Meerbusen ergießt und den Hafen der Stadt bildet, und an der Linie Åbo-Toijala (119 km) der Finländ. Staatsbahn,
ist Sitz des Gonverneurs, eines Erzbischofs, eines deutschen Konsuls (für das Gouvernement Åbo-Björneborg)
und mehrerer andern, eines Hofgerichts und hat 31 332 E., in Garnison das Åbosche Schützenbataillon; Baumwollspinnereien,
Zucker-, Tabak- und Maschinenfabriken.
Nach dem großen Brande vom 4. und wurde die Stadt regelmäßig und mit breiten Straßen neu aufgebaut. Der schönste
Platz ist der um die alte, 1827 im Hauptbau gerettete und dann wiederhergestellte Kathedrale, der ältesten
KircheFinlands, mit neuen Fresko- und Glasgemälden. Es befinden sich zu Åbo, seitdem die 1640 gegründete Universität nach
Helsingfors verlegt worden ist, ein Lyceum, eine Handels-, eine Navigationsschule und ein Theater.
[* 30] Der Handel, unterstützt durch
mehrere Banken, ist namentlich zur See von Bedeutung, ebenso der Schiffbau. 1891 hatte die Ausfuhr einen
Wert von 9,51 Mill., die
Einfuhr von 23,96 Mill. finn. Mark. Åbo verfügte 1888 über 58 Schiffe
[* 31] mit über 10000 t. Der Hafen,
geräumig und tief genug für große Schiffe, ist 3 km entfernt bei Beckholmen; kleinere Fahrzeuge können
auf dem durch Kunst vertieften Flusse bis zur Stadt gelangen. An der Mündung des Aurajoki liegt das Schloß Åbohus, die
älteste Feste Finlands. - Åbo, 1157 von den Schweden
[* 32] an der Stelle einer finn. Ortschaft Turku gegrüudet, erhielt im 13. Jahrh.
ein Bistum, das 1817 zu einem prot. Erzbistum erhoben ward. Bis 1819 war Åbo Hauptstadt des
Großfürstentums Finland. Am 7. (18.) Aug. 1743 wurde zu Åbo ein Friede zwischen Schweden und Rußland abgeschlossen, in dem
Schweden an RußlandFinland östlich von Kymenewelf und südlich von Saima (Kymenegårds Län), sowie Stadt und Festung
[* 33] Nyslott
abtrat. - Aug. 1812 fand in Åbo eine Zusammenkunft zwischen KaiserAlexander I. von Rußland und dem schwed.
Kronprinzen KarlJohann (Bernadotte) statt, bei welcher der bereits zwischen Rußland und Schweden abgeschlossene Vertrag
am 30. Aug. bestätigt und Verabredungen über den Krieg gegen Napoleon wie über die künftige Erwerbung Norwegens
für Schweden getroffen wurden. In einem geheimen Artikel verbanden sich außerdem noch die beteiligten Mächte zum gegenseitigen
Schutz der bestehenden Ordnung in den betreffenden Landen.
(spr. ohbo-; finn. Turun ja Porin), eins der acht Läns oder Gouvernements des Großfürstentums Finland,
im SW. desselben am Bottnischen Meerbusen gelegen, umfaßt 24 171 qkm mit (1890) 395474 luth.
E., d. i.
16,3 auf 1 qkm, und zerfällt in die zehn Kreise:
[* 34] Piikkis, Wehmo (mit Nystad), Wirmo, Masku (mit den StädtenÅbo und Rodendal),
Åland (die Ålandsinseln), Ober-, Mittel- und Nieder-Obersakatunta, Niedersakatunta und Halikko.
während des Bestehens der Sklaverei in den Vereinigten Staaten
[* 35] von Amerika
[* 36] diejenigen Philanthropen,
die, ohne direkten Anteil an den polit. Parteiungen zu nehmen, durch Rede und Schrift auf Abschaffung der Sklaverei hinarbeiteten.
Schonvor der Revolution traten die Quäker gegen die Sklaverei auf; Franklin war Vorstand einer Abolitionisten-Gesellschaft.
Die Bewegung war indes fast im Erlöschen, bis um 1830 Garrison (s. d.) seinen
Kreuzzug gegen das ganze System begann.
Nachdem das dreizehnte Amendement zur Verfassung die Sklaverei innerhalb des Gebietes der Union gesetzlich aufgehoben
und das fünfzehnte Amendement auch den ehemaligen Sklaven das Stimmrecht verliehen hatte, lösten
sich die von den Abolitionisten ins Leben gerufenen Gesellschaften auf. Die namhaftesten Abolitionisten sind
Karl Follen, Arthur Tappan, TheodorParker, Geritt Smith, W. Lloyd Garrison, Wendell Phillips und John Brown. Trotz ihrer Enthaltung
von der praktischen Politik übten die Abolitionisten durch energische Agitation einen bedeutenden Einfluß
auf die freiheitliche Entwicklung der Vereinigten Staaten aus. Ihr unermüdliches Drängen hat nicht wenig zu dem Emancipationsaufrufe
vom beigetragen, durch den Präsident Lincoln mit dem die Sklaverei faktisch aufhob. (S. Freibodenmänner,
Sklaverei, Vereinigte Staaten von Amerika.) -
Told by his children (4
Bde., 1885-89); W. Jay, Miscellaneous Writings on Slavery (1853);
von Holst, Verfassungsgeschichte der Vereinigten Staaten von Nordamerika
[* 38] (4 Bde., Berl.
1878-91).
oder Agbome, Hauptstadt des Negerreichs Dahome in Oberguinea
[* 39] im NW.
Afrikas, 2° östlich von Greenwich, in 325 m Höhe, 120 km von der Küste entfernt, in der gewellten Ebene eines fruchtbaren
und wohlgepflegten Gartenlandes, hat 30000 E.; tiefe Gräben, eine Umzäunung mit stachligen Bäumen und gemauerte Thore verleihen
dem Ort das Aussehen einer Festung. Innerhalb derselben befindet sich der königl.
Palast, von einer Mauer (3 km) umschlossen. Abome wurde ohne Kampf von den Franzosen besetzt. (S. Dahome.)
(frz., spr. abonnmáng), abonnieren (frz.
abonner), Vertrag auf Abnahme einer Reihe gleichmäßiger oder einander ähnlicher Leistungen zu einem niedrigern,
in der Regel vorauszuzahlenden Gesamtpreise, wäbrend sonst die Leistungen einzeln zu einem höhern Einzelpreise gewährt
werden. Das Abonnement kommt namentlich beim Theater, bei Konzerten, Schaustellungen, auch beim Mittagstisch, Bücherleihen, bei Zeitungen
u. s. w. vor. Soll ausnahmsweise in einer Reihe von Leistungen, auf welche jemand gegen einen stehenden Partiepreis abonniert
bat, wegen besonderer Kosten oder aus besondern Gründen eine einzelne Leistung nicht zu dem Partiepreise
gewährt werden, so heißt es: das Abonnement ist aufgehoben (abonnement suspendu). Über Abonnementsbillets im Eisenbahnverkehr s.
Eisenbahntarife. Abonnent (frz. abonné) heißt derjenige, welcher abonniert.
Staatsbahnen,
[* 40] hat (1890) 12 012 E.,
in Garnison eine Eskadron des 7. ungar. Husarenregiments «Wilhelm
II., Deutscher Kaiser, König von Preußen».
bei den alten Römern die Einwohner eines Landes von Ursprung an (ab origine). Der griech.
Ausdruck dafür ist Autochthonen (s. d.). In der Ethnographie
[* 41] wird das Wort noch jetzt in ähnlichem
Sinne gebraucht. In der röm. Sagengeschichte führt diesen Namen (der, nach der Schreibweise der griech. Schriftsteller zu
schließen, lat. vielleicht Aborigínes, nicht Aborígines ausgesprochen wurde) ein Volk, das in den Hochthälern
des Apennin in der Gegend von Reate (jetzt Rieti) wohnte. (S. Lateiner.) Die neuere Wissenschaft bezweifelt indes das Vorhandensein
eines Volks dieses Namens.
Abtritt, Appartement, Klosett, Privet, Retirade, der Ort zur Aufnahme der menschlichen Entleerungen innerhalb größerer
oder besonders zu diesem Zweck errichteter kleiner Baulichkeiten. Die richtige Einordnung des in den
Grundriß namentlich der Wohnhäuser
[* 42] bildet eine der schwierigsten Aufgaben des Baumeisters. Zunächst muß auf die Lage des
Abort besondere Rücksicht genommen werden. Zu beachten ist:
1) Der Abort ist nicht zu weit von den eigentlichen Wohnräumen entfernt anzulegen;
2) muß er vor allem gut erleuchtet und gut ventiliert sein, da nur so
vollkommene Reinlichkeit
zu erreichen ist;
3) muß er hinreichend geräumig sein, damit der Benutzer sich frei in ihm bewegen kann;
4) muß er aus Materialien hergestellt sein, die dem zerstörenden Einfluß der menschlichen Abfallstoffe sowie den
sich aus diesen entwickelnden Gasen widerstehen. In der Abortzelle befindet sich die eigentliche Aborteinrichtung,
die aus dem Abortbecken und Abortsitz besteht. Letzterer ist ein Kasten meist von Holz,
[* 43] in dessen oberer Platte sich ein
kreis- oder ovalförmiger Ausschnitt, die Abortsbrille, befindet. Diese ist durch einen Deckel verschließbar zu machen, damit
das Entweichen übler Gerüche in die Abortzelle und weiter in das Haus vermieden wird.
Das Abortbecken, das den Zweck hat, von der breitern Brille
[* 44] zum Abfallrohr überzuführen, besteht meist aus emailliertem
Eisen
[* 45] oder glasiertem Porzellan, d. h. aus glattem, der Beschädigung wenig ausgesetztem Material. Der Reinlichkeit halber
müssen, wenn möglich, Spülungen des Beckens mit Wasser geschehen. Diese Wasserklosetts treten in Frankreich
schon 1750 unter dem Namen lienx à l'anglaise auf, wurden 1775 dem Uhrmacher Alexander Cummming für England patentiert.
Man unterscheidet 1) eine dauernde Spülung, welche nur bei reichlichem Wasservorrat eingerichtet werden kann, dafür
aber die größte Sicherheit für Geruchlosigkeit bietet;
2) eine Spülung nach jedesmaliger Benutzung, entweder durch die betreffende Person oder selbstthätig;
3) eine Spülung in bestimmten Zwischenräumen, die namentlich in öffentlichen Gebäuden (Schulen, Bahnhöfen) rätlich ist.
Um die aus dem Abfallrohre aufsteigenden Gerüche abzuschließen, was durch den Abtrittsdeckel nie vollständig möglich ist,
wird der Verschluß durch eine mit Wasser gefüllte Pfanne besorgt, welche ein Hebel
[* 46] oder ein Gegengewicht
von unten gegen den Beckenmund hebt. Neuer ist der Verschluß durch eine Klappe, welche so balanciert ist, daß sie bei größerm
Gewicht niederschlägt, sich aber schließt, wenn nur noch ein Rest Wasser im Becken sich befindet.
Von besonderm Wert sind die Verschlüsse mittels Siphon (s. d.). Auch für die Desinfektion
[* 47] der Abfallstoffe
ist thunlichst schon im A. zu sorgen, indem man gleich zur Spülung eine Desinfektionsflüssigkeit benutzt oder nach der
Wasserspülung dieselbe in geringern Mengen in das Becken führt. Auch trockne Erde, Ascheu. dgl. wird zur Desinfektion verwendet.
Für Orte, in denen eine Kanalisation noch nicht besteht, oder für Kranke hat man tragbare Abort (Zimmerklosetts)
konstruiert, bei denen Vorkehrungen gegen die Verbreitung des Geruchs besonders nötig sind. Die Lüftung der Abort geschieht
am einfachsten durch ein aus dem Abfallrohr über das Dach
[* 48] hinaussteigendes Rohr (Stankrohr), in welchem eine ständige Luftbewegung
die Gase
[* 49] nach oben entführt.
Bezeichnung für jedes Heilverfahren, durch das eine Krankheit in ihren ersten Anfängen geheilt, ihre
Weiterentwicklung abgeschnitten (coupiert) wird, im Gegensatz zur exspektativen Methode, die den Verlauf einer Krankheit durch
keinerlei eingreifende Mittel zu unterbrechen sucht. Solange man wähnte, jede Krankheit beruhe auf einem
Bestreben der Natur, einen schädlichen Stoff aus dem Körper zu entfernen, solange wollte man auch nichts von Abortivkur wissen,
weil man glaubte, der schädliche Stoff müsse auf irgend eine Weise doch entfernt werden.
Dem entsprechend war die sog. Ableitungskur in Anwendung, bei welcher man
die Krankheit auf das Organ zu leiten suchte, in welchem der Krankheitsstoff auf die ungefährlichste Weise seinen Ausweg nehmen
könnte. (S. Ableitung.) Jetzt weiß man, daß sehr viele Krankheiten einen ganz örtlichen Ursprung haben, und daß die Gesamterkrankung
des Organismus meist erst eine Folge der örtlichen Störung, also die rasche Beseitigung der letztern
das beste Mittel gegen die Krankheit ist.
Man unterscheidet örtliche und allgemeine Abortivkur Beispiele für die erstere sind Unterdrückung eines eben beginnenden Hautausschlags
durch Kälte, die energische Anwendung von Eis
[* 54] auf einen beginnenden Schwär, das Ätzen vergifteter Wunden, wobei das
Gift zerstört und seine Weiterverbreitung gehemmt wird, die Behandlung einer beginnenden Schleimhautentzündung mit
Adstringentien. Zu der allgemeinen Abortivkur gehört die Herstellung eines starken Schweißes, wenn nach einer Erkältung
eine Krankheit auszubrechen droht, Darreichung von Chinin bei ausbrechendendem Wechselfieber, Anwendung eines Abführmittels
bei beginnendem Typhus u. a. m.
Abortus bei Tieren, s. Verwerfen. Abortus ist auch gärtnerische Bezeichnung für die Verkümmerung
oder Nichtausbildung einzelner Blüten oder Geschlechtsteile derselben.
(spr. abuh), Edmond, franz. Schriftsteller, geb. zu
Dienze, besuchte das Lyceum Charlemagne und die École normale zu Paris und ging 1851 auf die franz. Schule
in Athen.
[* 55] Nach einer Studie über Ägina (1854) wurde er, nach Paris zurückgekehrt, der Archäologie untreu, da sein pikant geschriebenes
Buch «La Grèce contemporaine» (Par. 1855)
vielfache Beachtung fand, und stellte sein gefälliges Talent ganz in den Dienst der Unterhaltungslitteratur und Publizistik.
Auf «Tolla» (zuerst 1855) in der «Revue des Deux Mondes», einen Roman, der die moderne röm. Gesellschaft
schildert, folgten im «Moniteur» der neugriech. Roman «Le
[* 56] roi des montagnes» (1856; illustriert 1864),
«Trente et Quarante» (1858); die reizenden sechs Novellen «Mariages
de Paris» (1856),
neben «Madelon» (1863) seine besten Werke. Im «Constitutionnel»
erschienen die von einem physiologischen Princip ausgehenden phantastischen Romane: «L’homme à l’oreille cassée» (1861;
illustriert 1884),
«Le nez d’un notaire» (1862),
«Le cas de M. Guérin» (1862). Nach seiner umfangreichsten lehrhaften Erzählung
«La vielle roche» (3 Bde.,
1865‒66) veröffentlichte er noch Novellen und Romane, worunter besonders «L’infâme», in der «Revue des Deux Mondes»
(1866‒69) und nach langer Pause mit Tendenz gegen die Naturalisten «Roman d’un brave homme» (1880),
von der Académie française
gekrönt, die About 1884 aufnahm. Als Theaterdichter hatte About 1860‒61 nur mit Einaktern einiges Glück; sein empfindsames Drama
«Gaëtana» ging mit mehr Lärm als Erfolg über die
Bühne des Odéon (1862). Die Gunst Napoleons Ⅲ., in dessen Sinne er publizistisch thätig war («La nouvelle carte d’Europe»,
«La Prusse en 1860»),
schuf ihm Gegner wie seine Voltairesche Gesinnung und Papstfeindlichkeit. About hatte 1858 von Rom
[* 57] aus
Berichte über die Zustände im Kirchenstaate geschrieben, deren Veröffentlichung im «Moniteur»
infolge päpstl. Beschwerde eingestellt wurde; sie machten, erweitert, als «La question romaine»
(Brüss. 1859; 2. Aufl., Par. 1861) Aufsehen.
Politische und sociale Zeitfragen behandeln «Lettres d’un bon jeune homme
à sa cousine Madeleine» (zuerst in der «Opinion nationale»,
gesammelt 1861 und 1863),
die Fortsetzung seiner anonymen litterarisch-polemischen «Lettres
d’un bon jeune homme» (1856 im «Figaro»);
in «Le progrès» (1864),
«Les questions d’argent», «L’assurance»
(1865) und «L’ABC du travailleur» (1868) tritt er für Hebung
[* 58] der socialen Mißstände durch Selbsthilfe ein. Im Kriege von 1870 war
er bis zur Schlacht von Wörth
[* 59] im Gefolge Mac-Mahons Berichterstatter des «Soir».
Danach übernahm er mit Sarcey u. a. «Le ⅩⅨe
Siècle» und bekämpfte hier als gemäßigter Republikaner die Monarchisten und Klerikalen. Im Sept. 1872 wurde About auf
seinem Gute bei Zabern
[* 60] von der deutschen Behörde als des Hochverrats verdächtig ausgewiesen; nach der Rückkehr nach Paris
erschien «Alsace 1871‒72» (1872).In den letzten Jahren schrieb er, wie schon früher, besonders Kunstkritiken.
About starb in Paris.
«vom Ei
[* 61] an», d. h. vom ersten, entlegensten Anfang an, ein sprichwörtlich gewordener
Ausdruck aus der «Ars poetica» (V. 147) des Horaz, wo er von Homer rühmt, daß er den Trojanischen Krieg nicht
«vom Ei» (der Leda, aus dem Helena hervorging) an zu erzählen beginne.
artilleristische Bezeichnung für das Freilegen der Satzsäule, bei Säulenzündern durch Abreißen der
Beplattung (s. Beplatten), damit die Satzsäule leicht entzündet werden kann.