A, der erste Buchstabe des Alphabets, läßt sich vielleicht bis zur hieratischen Schrift der Ägypter, sicher bis zum
Phönizischen zurückverfolgen. Die älteste Form auf Inschriften erinnert an einen Ochsenkopf, wurde von den Semiten daher
Aleph (Ochs) genannt, woraus griechisch Alpha wurde (s. Schrift). Bei allen Völkern, die den Buchstaben
einen Zahlenwert beilegten, ist a=1. Als Laut gehört a zu den Vokalen (s. d. und Laut). Als symbolisches Zeichen bedeutet A
das Erste, Ursprüngliche, Bestimmte. So bezeichnet man in der Logik mit A einen Gegenstand des Denkens, ein Ding überhaupt,
auch das Subjekt; dagegen das Prädikat mit B. Die Formel A = A heißt: Jedes Ding ist sich selbst gleich.
In der Algebra dient a zur Bezeichnung einer bekannten Größe. A undZ (im GriechischenΑ [alpha] und O [Ω, omĕga]) bedeutet
Anfang und Ende (Offenb.
Joh. 1, 8).
Als Abkürzungszeichen ist a, bei Flächenmaßen = Ar, a. bei Zeitangaben = anno (im Jahre); A. = Abend,
abends. Bei röm. Namen steht A. für Aulus, sonst auf Inschriften für Augustus (d. i. Kaiser). Auf franz. Kurszetteln ist A= Argent (Geld), im Gegensatz zu P = Papier (Brief). Auf Wechseln bedeutet A. oder ac.: acceptiert oder angenommen. Auf der
Stellscheibe der Taschenuhren steht A für Avancer (beschleunigen), im Gegensatz zu R,d. i. Retarder (verzögern),
um die Seite zu bezeichnen, nach der hin der Korrektionsweiser gedreht werden muß. Auf Münzen
[* 8] bedeutet Adie erste Münzstätte
des Landes: so auf preuß. und in Preußen
[* 9] geprägten deutschen Münzen Berlin, auf österreichischen Wien, auf
französischen Paris.
[* 10] Franz. Münzen mit AA sind in Metz,
[* 11] der zweiten Münzstätte Frankreichs bis 1870, geschlagen. Bei Preisbestimmungen
heißt à (franz.): für jedes einzelne, z.B. 10 kg à 15 M., d. h.
jedes Kilogramm kostet 15 M.
In der Musik bezeichnet A den sechsten Ton der C-dur-Tonleiter (s. Ton und Tonarten). Das höchste A des Tenors
heißt eingestrichenes A, in den nächst höhern Oktaven liegen das zwei- bis viergestrichene A, in den nächst tiefern der
Reihe nach: klein A(a), groß A (das tiefste A des Bassisten), Kontra-A und Doppelkontra-A. Das eingestrichene A ist der Ton
der Stimmgabel (s. d.), der jetzt allgemein auf 435 ganze
Schwingungen in der Sekunde festgesetzt ist.
ebenso wie Aach, Ach (s. d. und vgl. Aue), aus dem althochdeutschen Worte aha,d. i. Wasser (vgl. lat. aqua),
entstanden, Name verschiedener Flüsse
[* 12] und Bäche in german. oder ursprünglich german. Gebieten. Die
Form Aa herrscht in der Schweiz,
[* 13] im nördl. Frankreich, in den Niederlanden, besonders in deren nördl. Provinzen,
in Westfalen
[* 14] und dem Osnabrückischen sowie in den Ostseeprovinzen vor. Auch in Jütland und Schleswig
[* 15] (zum Teil) lautet die Form (dän.)
Aa (spr. oh) und findet sich in den Namen vieler Gewässer (z. B. Skiv-Aa, Stor-Aa); dasselbe gilt von
Schweden,
[* 16] wo das Wort Å (spr. oh) geschrieben wird. – Die wichtigsten Gewässer des Namens sind:
1) Die Aa im nördl. Frankreich, entspringt im Depart. Pas-de-Calais, ist von St. Omer an kanalisiert, auf 29 km schiffbar
und mündet nach 82 km langem Laufe unterhalb Gravelines in die Nordsee.
2) Die Aa in der niederländ. Provinz Groningen, entsteht im Bourtanger Moor (s. d.), mündet schiffbar nach 60 km langem Laufe
auf der niederländ.-preuß. Grenze in den Dollart.
3) Die Aa in der niederländ. Provinz Nordbrabant, die bei Gemert schiffbar wird und sich bei Herzogenbusch
nach 67 km langem Laufe mit der Dommel vereinigt.
9) Die Sarner Aa, die das Hauptthal des Kantons Unterwalden ob dem Wald bildet, durch den Sarner See geht, die Melcha aufnimmt
und in den Vierwaldstätter See mündet. Diesem See fließt 10) bei Buochs noch eine andere Aa zu, die den Kanton Unterwalden
nid dem Wald bewässert.
11) Die Kurländische Aa, entsteht durch Vereinigung der Musse und Memel,
[* 21] ist 112 km lang, mündet in zwei Armen, mit dem einen
unmittelbar in den Golf von Riga,
[* 22] mit dem andern (Bolder-Aa) in die Düna, und ist von Mitau
[* 23] ab schiffbar.
12) Die Aa in Livland,
[* 24] auch Treidern-Aa genannt, durchfließt ein tiefes, fruchtbares Thal
[* 25] und mündet nach 320 km
langem Laufe bei Zarnikau, östlich von Riga.
Stadt im Bezirksamt Engen des bad. Kreises Konstanz,
[* 26] 7 km östlich von Engen, im Hegau, auf
steilem Berge (547 m), nahe dem Ursprung der Aach, hat mit dem im Thale liegenden Dorfe Aach zusammen (1890) 947 kath. E., Postagentur,
Pfarrkirche; Papierfabrik, Mehl-, Öl- und Sägemühlen, Baumwollspinnerei, ergiebige Torflager. 1178 kam Aach an das Domstift
Konstanz, war vom 14. Jahrh. bis 1806 eigene schwäb.-österr. landständische Herrschaft
¶
1) Regierungsbezirk der preuß. Rheinprovinz,
[* 31] umfaßt das Gebiet der frühern Reichsstadt
Aachen, Teile der ehemaligen Herzogtümer Jülich, Limburg
[* 32] und Luxemburg,
[* 33] die Grafschaften Schleiden, Reifferscheid,
Blankenheim und Gerolstein, die Herrschaft Mechernich der Grafen von Nesselrode, die Abteien St. Kornelimünster, Burtscheid der
Cistercienser, Malmedy der Benediktiner u.a., grenzt im Norden
[* 34] an Belgien und die Niederlande,
[* 35] ist gebirgig (Ardennen, Hohe Venn),
hat Industrie, Kohlen- und Eisenbergbau, Ackerbau, Viehzucht
[* 36] und Handel, umfaßt 4154,72 qkm mit (1890) 564566 (281143 männl., 283423
weibl.) E., 15 Städte mit 286,65 qkm und 208342 (100899 männl., 107443 weibl.) E., 375 Landgemeinden mit
3868,68 qkm und 356224 (180244 männl., 175980 weibl.) E., ferner 81899 bewohnte, 3500 unbewohnte
Wohnhäuser,
[* 37] 117539 Haushaltungen und 246 Anstalten. Dem Religionsbekenntnis nach waren 21036 Evangelische, 539016 Katholiken, 96 sonstige
Christen und 4387 Israeliten.
Der Regierungsbezirk zerfällt in 11 Kreise:
[* 38]
3) Aachen (frz. und engl. Aix-la-Chapelle; niederdeutsch und niederländisch Aken, Aquen; lat. Aquisgranum, Civitas Aquensis), Hauptstadt
des Reg.-Bez. und Stadtkreis, berührt mit dem Weichbilde (30,376 qkm) das Gebiet von Holland und Belgien
und liegt 50°46'17" nördl. Br. und 6°4'39" östl. L. von Greenwich, in 173,9 m Höhe am südl.
Abhang des Lousbergs (202 m) in einem fruchtbaren, von drei der Wurm
[* 40] zufließenden Bächen bewässerten und von den Vorhöhen
des HohenVenns umschlossenen kesselförmigen Thale. Die mittlere Jahrestemperatur beträgt 10,26° C.
Bevölkerung.
[* 41] Die ortsanwesende BevölkerungA.s betrug 1817: 32300, 1880: 85432, 1885: 95725, 1890: 103470 (49586 männl., 53884 weibl.)
E., d. i. eine Zunahme von 7745 E. oder 8,11 Proz., oder jährlich (1885–90) 1549
Personen;
Geburten (1894) 3866, Sterbefälle
einschließlich Totgeburten 2531, Eheschließungen 845. In Garnison liegt das Füsilierregiment Fürst
KarlAnton von Hohenzollern Nr. 40. In 5867 bewohnten Wohnhäusern befanden sich (1890) 22606 Familienhaushaltungen
und 49 Anstalten.
Dem Religionsbekenntnisse nach waren 6427 Evangelische, 95617 Katholiken, 192 andere Christen und 1334 Israeliten.
Geboren waren in Aachen 64595, im übrigen Preußen 32255, im übrigen DeutschenReiche 1505, im Auslande 5115.
Anlage, Straßen, Plätze, Denkmäler. Aachen besteht aus der alten innern, der neuen äußern Stadt und den neuern Vorstädten.
An die Stelle der frühern Festungswerke, von denen noch zwei schöne Thorburgen, das Pontthor im NW.
und das Marschierthor im S. übrig sind, ist ein promenadenartiger Straßenring getreten. Die wichtigsten
und verkehrreichsten Straßen der Altstadt sind: Jakob-, Theater-, Hoch-, Harskamp-, Großköln- und Lousbergstraße, Kapuziner-,
Templer-, Dahmen- und Holzgraben.
Marktplatz mit dem Erzstandbild
Karls d. Gr. auf einem Springbrunnen (1620 errichtet, war 1794 nach Paris entführt);
Kaiserplatz mit dem
Kaiserbrunnen (von H. Rehm der Stadt geschenkt und 1879 errichtet);
Rehmplatz mit der Mariensäule (nach dem Entwurf von Laurent
vom Bildhauer Pohl angefertigt und 1887 aufgestellt);
Hansemannplatz mit der StatueDavid Hansemanns (1888).
Am Adalbertsteinwege
steht das Kongreßdenkmal, eine offene Marmorhalle in antikem Stil, 1836–44 nach Schinkels Entwurf errichtet
zur Erinnerung an den Monarchenkongreß (1818) und die Heilige Allianz; vor dem Rheinischen Bahnhofe das Kriegerdenkmal, nach
DrakesEntwurf 1872 von Gladenbeck gegossen.
Kirchen. Unter den 33 Kirchen ist das Münster
[* 42] oder der Dom die merkwürdigste. (S. Tafel: Deutsche Kunst
[* 43] I,
[* 27]
Fig. 4, 5 u. 6.) Den
Kern bildet die von Odo von Metz 796–804 nach dem Vorbild von San Vitale in Ravenna in byzant. Stil erbaute
und 805 vom Papst Leo III. geweihte Kaiserkapelle (Capellain palatio), die die Form eines Sechzehnecks (31 m hoch, 16 m Durchmesser)
mit achteckigem erhöhten Mittelraum hat und mit einem durch Kreuzgewölbe getrennten doppelten Umgange
verbunden ist.
In der achteckigen Kuppel befindet sich seit 1882 ein prachtvolles Mosaikbild auf Goldgrund, Christus und die 24 Ältesten der
Apokalypse darstellend, nach Béthunes (Gent)
[* 44] Zeichnung von Salviati (Venedig).
[* 45] Der got. Chor (34 m hoch, 25 m lang, 12 m breit),
mit neuen (1853) Glasgemälden, ist 1353–1414 gebaut; ihm gegenüber deckt die Vorhalle und der darüber
erbaute, 1881–84 erneuerte Turm
[* 46] mit den angebauten Emportreppen drei Seiten des sechzehneckigen Baues.
Das Dach
[* 47] ist aus dem 17. Jahrh., die Erzthüren des Westportals von 804. Die meisten der das
Achteck umgebenden Kapellen sind gotisch bis auf die Ungarische Kapelle (1730 im Zopfstil erbaut), die
den Domschatz birgt. In der Mitte des Achtecks liegt ein Stein mit der Inschrift: «Carolo Magno» (1809); über diesem hängt
ein berühmter Kronleuchter aus vergoldetem Kupfer,
[* 48] Geschenk (1168) KaiserFriedrichs I. (vgl. Bock, Der Kronleuchter KaisersFriedrichBarbarossa, Lpz. 1864). Die Kanzel, im 18. Jahrh. erneuert,
mit Goldplatten in getriebener Arbeit, ist von Kaiser¶
mehr
3 Heinrich II. geschenkt. Trotz aller Nachgrabungen ist die ursprüngliche Begräbnisstelle Karls d. Gr., die KaiserOtto III.
im J. 1000 öffnen ließ, noch unbekannt. Nach Annalen (1048) des Klosters Novalese (im Thale von Susa) wurde der Kaiser noch
wohl erhalten in weißem Ornat, auf einem Sessel sitzend, mit der Krone geschmückt und das Scepter in
den Händen gefunden. Das wiederum vermauerte Kaisergrab wurde von Friedrich I. (Barbarossa) bei der Kanonisation Karls d. Gr. 1165 geöffnet
und die Gebeine wahrscheinlich in den noch jetzt gezeigten, reichverzierten Proserpinakasten gelegt, aus dem sie KaiserFriedrich II. 1215 in
eine kunstvolle Truhe (Karlsschrein) bringen ließ.
Hier ruhten sie auf dem Choraltar bis gegen Ende des 18. Jahrh., wo sie in die Ungarische Kapelle gebracht wurden. (Vgl. Käntzeler,
Der die Gebeine Karls d. Gr. enthaltende Behälter, Aachen 1859.) Die im Grabe aufgefundenen Reichsinsignien wurden 1798 nach
Wien gebracht. (Vgl. Bock, Die Kleinodien des HeiligenRömischenReichs, Wien 1864.) Der weiße Marmorstuhl,
später mit Goldplatten belegt, diente bis 1531 bei Krönungen dem Kaiser während der Begrüßung der Reichsfürsten zum Sessel
und steht jetzt auf der Empore des Achtecks (dem sog. Hochmünster).
Das GrabOttos III. befindet sich im Chor. Außer dem Karlsschreine mit den Gebeinen Karls d. Gr. und dem
Proserpinakasten befindet sich im Domschatze der Marienschrein mit den zur Zeit Karls aus dem Orient gekommenen GroßenReliquien,
die alle sieben Jahre (zuletzt 1895) vom 10. bis 24. Juli von der Galerie des Glockenturms und in der Kirche gezeigt werden: ein
Unterkleid der Jungfrau Maria (eine Art Byssus), die Windeln des Jesuskindes, das Lendentuch Christi, bei
der Kreuzigung getragen und das Leintuch, auf dem Johannes der Täufer enthauptet wurde;
Das vielfach durch Anbauten verunstaltete
Münster ist durch die Bemühungen des 1849 gegründeten Karlsvereins und reiche Beiträge der Könige
Friedrich Wilhelm IV. und Wilhelm I. in seiner ursprünglichen Gestalt wiederhergestellt und verschönert worden. Das
Achteck ist wieder mit den herrlichen Marmorsäulen geschmückt, die 1794 von den Franzosen geraubt und durch den Pariser Frieden
wiedererworben wurden; mit Ausnahme zweier roter Porphyrsäulen, die noch heute im Louvre sind.
Die 14 Standbilder im Innern des Chors glänzen in ihrer alten got. Farbenpracht. Am Eingange zum Chor, wo früher der Altar
[* 51] stand, an dem von Ludwig dem Frommen (813) bis Ferdinand I. (1531) 37 deutsche Könige und 14 Königinnen gesalbt wurden,
ist ein neuer Altar geweiht worden. –
Vgl. Nolten, Archäol.
Beschreibung der Münster- und
Krönungskirche zu Aachen (Aachen 1818); Quir, Histor. Beschreibung der Münsterkirche zu Aachen (ebd. 1840);
Debey, Die Münsterkirche
zu und ihre Wiederherstellung (ebd. 1851);
Mertens, Die karolingische Klosterkapelle zu (in der «Bauzeitung», 1840, V);
Schervier,
Die Münsterkirche zu und deren Reliquien (Aachen 1853);
Floß, Geschichtliche Nachrichten über die Aachener
Heiligtümer (ebd. 1855);
Bock, Der Reliquienschatz des Liebfrauen-Münsters zu Aachen (ebd. 1860);
ders., Das Heiligtum zu Aachen (Köln
[* 52] 1867);
ders., Karls d. Gr. Pfalzkapelle und ihre Kunstschätze
(ebd. 1866–67);
Kessel, Geschichtliche Mitteilungen über
die Heiligtümer der Stiftskirche zu Aachen (ebd. 1874).
– Andere hervorragende Kirchen sind: die St. Foilanskirche (12. Jahrh.), die spätgot. St. Paulskirche mit schönen
Glasmalereien (s. Tafel: Glasmalerei
[* 53] II,
[* 49]
Fig. 1), die got. Marienkirche (von Statz) und die roman. Redemptoristenkirche, die
Michaeliskirche (1628 geweiht) mit der Pietà von Honthorst (1632), die neue Jakobskirche von Wiethase,
im Übergangsstil, und die evang. Kirche. Zu erwähnen ist noch die neue Synagoge in maur. Stil (nach Wickop). Weltliche Bauten.
Am Marktplatz das got. Rathaus, 1353–70 auf den Ruinen der karoling.
Kaiserpfalz (778) erbaut, mit dem alten röm. Granusturm (13. Jahrh.)
östlich und dem Glocken- oder Marktturm westlich, beide ihres hohen Daches durch eine Feuersbrunst 1883 beraubt.
(Vgl. Kessel, Das Rathaus zu Aachen, 1884.) Der Krönungssaal im Obergeschoß (44 m lang, 19 m breit), in dem 35 deutsche
Könige und 11 Königinnen das Krönungsmahl hielten, im 18. Jahrh. durch Holzwände geteilt,
ist jetzt wiederhergestellt und mit 8 Fresken, Scenen aus dem Leben Karls d. Gr., von Alfred Rethel geschmückt;
das Kurhaus (1782) mit dem maurischen neuen Kursaal (1863–64 nach Plänen Wickops erbaut);
der Elisenbrunnen in dor. (1822–24),
das Stadttheater (1824) in ion. Stil nach Plänen von Schinkel (288000 M.), das großartige Bürgerhospital Mariahilf (1848–65
erbaut);
die Strafanstalt
(got. Stil, von Cremer), das roman. Postgebäude, das got. Karlshaus,
die Kurie Richards von Cornwallis, das älteste Rathaus der Stadt, jetzt wiederhergestellt, das Kaiserbad
und das Justizgebäude, ein got. Backsteinbau nach DieckhoffsEntwurf (1888).
Verwaltung. Die Stadt wird verwaltet von einem Oberbürgermeister (Pelzer, seit 1884, 12000 M.), 5 Beigeordneten (4 besoldet), 30 Stadtverordneten
sowie einer königl. Polizeidirektion (Polizeipräsident GrafMatuschka-Greiffenklau). Die Feuerwehr umfaßt einen Branddirektor,
Brandinspektor, 5 Brandmeister und 3 Compagnien mit je 28 Mann und 6 Pferden. Es bestehen 55 Feuermeldestellen, 1631 öffentliche
Gasflammen und in mehrern Privathäusern elektrische Beleuchtung.
[* 55] Die große Wasserleitung
[* 56] ist seit 1880 im Betrieb.
Finanzen. Der Haushaltplan für 1895/96 schließt ab in Einnahme und Ausgabe mit 5454000 M., wovon 1717059 M. durch Umlage
zu decken sind. Für Unterrichtszwecke werden aufgewendet 1159940 M.
Behörden. Aachen ist Sitz der königl. Bezirksregierung, des Landratsamtes für
den Landkreis Aachen, eines Landgerichts (Oberlandesgericht Köln) mit 16 Amtsgerichten (Aachen, Aldenhoven, Blankenheim, Düren,
[* 57] Erkelenz,
Eschweiler,
[* 58] Eupen,
[* 59] Geilenkirchen, Gemünd, Heinsberg, Jülich, Malmedy, Montjoie, St. Vith, Stolberg,
[* 60] Wegberg) und Kammer für
Handelssachen, eines Amtsgerichts, Hauptzollamtes, einer Oberpostdirektion für den Reg.-Bez.
Aachen mit 191 Verkehrsanstalten, 1332 km oberirdischer Telegraphenlinien mit 5046 km Leitungen, einschließlich 1414 km
der Stadtfernsprechanlagen, sowie des Kommandos der 29. Infanteriebrigade und eines Bezirkskommandos.
¶
mehr
4 Bildungs- und Vereinswesen. Technische Hochschule für Rheinland und Westfalen, eröffnet hatte im Wintersemester
1892/93 222 Studierende, 51 Hospitanten, 28 Professoren, 10 Docenten und 17 Assistenten; königl. und städtisches kath.
Kaiser-Karls-Gymnasium, 1805 eröffnet, königl. paritätisches Kaiser-Wilhelms-Gymnasium, höhere kath. Stiftsschule (3 Gymnasial-
und 2 Vorklassen), städtisches Realgymnasium, Realschule mit Fachklassen für technische Gewerbe, Lehrerinnen-Bildungsanstalt,
Vereins-Taubstummenanstalt (1838 gegründet), 2 städtische höhere Mädchenschulen, höhere Mädchenschule Burtscheid-Aachen,
gewerbliche Zeichen- und Kunstgewerbeschule, gewerbliche Fortbildungs-, gewerbliche Tagesschule, Webeschule, 2 Mädchen-Mittelschulen.
Mit dem Suermondt-Museum (Barth. Suermondt, gest. 1887), einer Sammlung von Gemälden vortrefflicher Niederländer, von Waffen
[* 62] und kunstgewerblichen Erzeugnissen, ist eine dauernde Gemäldeausstellung verbunden; in demselben Gebäude
die Stadtbibliothek (85000 Bände), im sog. Gras-Hause (Kurie Richards von Cornwallis) das städtische Archiv. Daneben bestehen 6 öffentliche
Bibliotheken, zahlreiche Kunst- und naturhistor. Privatsammlungen, das 1885 gegründete Zeitungsmuseum (s. d.),
ein Stadttheater (Oper, Schauspiel) mit 1300 Plätzen und ein Saisontheater (Lustspiel und Operette).
Unter den zahlreichen Vereinen und Gesellschaften seien erwähnt der Verein für Kunde der Aachener Vorzeit,
Geschichts-, Museumsverein, ärztlicher Leseverein, AachenerArchitekten- und Ingenienrverein, Aachener Bezirksverein deutscher
Ingenieure, Verein für die berg- und hüttenmännischen Interessen im AachenerBezirk, Verein deutscher Nadelfabrikanten (Sitz
zu Aachen), Bienen- und Seidenzucht-, Gewerbeverein für Aachen, Burtscheid und Umgegend, Bürgerkasino, Erholungsgesellschaft, Freimaurerloge.
Alle 3 Jahre (zuletzt 1894) werden in Aachen die berühmten niederrhein. Musikfeste
abgehalten. 1890 erschienen 15 Zeituugen und periodische Blätter.
Wohlthätigkeitsanstalten. Mariahilf-Hospital (unter Leitung der Elisabetherinnen), Luisen-Hospital (unter Leitung von Diakonissen),
Vincenz-Hospital für Unheilbare, die Irrenanstalt Mariaberg der Alexianer, seit 1895 von der Provinz verwaltet, die Annunciatenanstalt
für weibliche Irre, die Mariannen-Entbindungsanstalt, Augenklinik, das Armen- und Waisenhaus der Barmherzigen Schwestern,
Erziehungsanstalt der Franziskaner für arme Knaben, die der Schwestern vom Kinde Jesu, 8 Kinderbewahranstalten, je 2 städtische
Turn-, Schwimmanstalten u.a.
Industrie. Schon im Mittelalter war die Industrie bedeutend und wird in neuerer Zeit besonders durch die in der Umgegend erschlossenen
mächtigen Steinkohlenlager (s. die Nebenkarte zur Karte: Rheinprovinz, Westfalen u.s.w. I. Nördlicher
Teil) gefördert. Bereits im 12. Jahrh. waren die Gold-, Silber-, Ciselier- und Gravierarbeiten sowie gewebte feinere Tuche berühmt;
jetzt giebt es 114 Tuchfabriken (2200 Arbeiter) und Streichgarnspinnereien, 15 Kratzen-, 24 Nadel-, 15 Cigarrenfabriken, 45 Eisengießereien
und Maschinenfabriken; Fabriken für Luxus- und Eisenbahnwagen, Dampfkessel,
[* 63] Tuchschermesser, Handschuhe,
Glasknöpfe, Farben, Soda, Cement, Leder und Treibriemen. Aachen ist Sitz der 24. Sektion der Fuhrwerks-, der 6. der Rheinisch-Westfälischen
Baugewerks-, der
6. der Rheinisch-Westfälischen Textil-, der 5. der Rheinisch-Westfälischen Hütten- und Walzwerks-Berufsgenossenschaft
und der 7. der Berufsgenossenschaft für Feinmechanik.
Verkehrswesen. Der Verkehr wird vermittelt durch die Bahn Aachen-Maastricht (36,90 km, Bahnhöfe
[* 70] Marschierthor und Templerbend)
und die Linien Aachen-Jülich (27,54 km, Bahnhof Kölnthor), Langerwehe-Aachen-Herbesthal (36,75 km, Rheinischer Bahnhof), Aachen-Rheydt
(54,08 km, Bahnhöfe Marschierthor und Templerbend) der Preuß. Staatsbahnen
[* 71] und die Güterbahn Aachen-Rote Erde (6,81 km) mit Nebenbetrieb,
die Linien der elektrischen Straßenbahn (1895 eröffnet) nach Haaren, Forst,
[* 72] Burtscheid und Vaals; ein Postamt
erster Klasse und fünf andere Postanstalten, ein Telegraphenamt, Fernsprecheinrichtung innerhalb der Stadt und mit Burtscheid,
Düren, Köln, München-Gladbach und Düsseldorf;
[* 73] über 100 Droschken.
Mineralquellen. Die Aachener Mineralquellen, schon zur Römerzeit benutzt, gehören zu den alkalisch-muriatischen Schwefelthermen
und kommen ihren Wärmegraden nach den Thermen in den Pyrenäen, ihrem Gehalt an Salzen nach denen von Wiesbaden
[* 74] und Karlsbad
nahe. Sie entspringen auf dem Übergangsgebirge (Grauwackenschiefer und Kalkstein) nahe der Stadt und werden nach ihrer Lage
in die obern und untern geteilt, von denen jene stärker, wärmer und schwefelhaltiger sind als diese
(45–56°C.).
Von jenen sind die vorzüglichsten: die Kaiserquelle (55° C.), die, im Kaiserbad entspringend, dieses, sowie das Neubad,
das Bad der
[* 75] Königin von Ungarn
[* 76] und den seit 1827 eingerichteten Elisenbrunnen (Trinkbrunnen) speist (seit 1865 wird ihr Wasser
auch in Flaschen versandt), und die Quirinusquelle (50° C.), die in das Quirinusbad fließt. Zu den
untern Quellen gehören die wasserreichste, das Rosenbad und das für Unbemittelte bestimmte Comphausbad speisende Rosenbadquelle
(47° C.) und die dem Cornelius- und Karlsbad zugeleitete Corneliusquelle (45° C.). Nach der Analyse von Liebig kommen auf 10000 g
Wasser der Kaiserquelle neben andern mineral. Bestandteilen Kochsalz 26,1, schwefelsaures Natron 2,8,
schwefelsaures Kali 1,5, kohlensaures Natron 6,4 und außerdem freie Kohlensäure 5. Die Thermen wirken hauptsächlich auf das
Pfortadersystem und die Schleimhäute und werden gegen Gicht, chronische Ausschläge und Katarrhe, Unterleibsbeschwerden, Hämorrhoiden,
Leberleiden, Neuralgien, Reste von
¶