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Referendum hin über die übrigen Beschlüsse des Grossen Stadtrates (mit Ausnahme derjenigen betr. das Budget, der Wahlen und einiger andrer Spezialfälle). Die Aktivbürger besitzen ausserdem das Recht der Initiative (2000 Unterschriften im Minimum verlangt) und das Recht, Motionen zu stellen. Der Grosse Stadtrat wird in den Kreisen gewählt; auf je 1200 Ew. wird ein Mitglied gewählt. Er hat eine Reihe von Wahlen zu vollziehen, das Budget festzustellen, die parlamentarische Kontrolle auszuüben etc. Die eigentliche vollziehende Behörde ist der aus neun Mitgliedern bestehende Stadtrat, dem für die Besorgung der Schulangelegenheiten noch die Zentralschulpflege und die Kreisschulpflegen zur Seite stehen.
20. Kirchenwesen.
Es besteht im Kant. Zürich eine privilegierte Kultusgenossenschaft, die den Namen «evangelische Landeskirche» trägt. Dieselbe ordnet innert der Schranken des Gesetzes, über deren Respektierung der Regierungsrat zu wachen hat, ihre Angelegenheiten selbständig. In finanzieller Beziehung beteiligt sich der Staat durch die Besoldung der Geistlichen sowie durch Leistung von Beiträgen an kirchliche Bauten. Als oberstes Organ der Landeskirche fungiert die Kirchensynode, der die Ausarbeitung der erforderlichen Verordnungen, die Aufsicht über die kirchliche Verwaltung etc. obliegt. Den Verkehr mit dem Regierungsrate vermittelt der aus 7 Mitgliedern bestehende Kirchenrat, dem unter Aufsicht der erstgenannten Behörde der Vollzug der Kirchengesetze zukommt. Als untere Aufsichtsbehörde fungiert die Bezirkskirchenpflege. Die Geschäfte der einzelnen Kirchgemeinden, deren es 159 gibt, werden von den Gemeindekirchenpflegen besorgt.
Neben der evangelischen Landeskirche anerkennt der Staat auch vier katholische Kirchgemeinden (Zürich, Winterthur, Dietikon und Rheinau) und trägt auch an deren finanzielle Lasten bei.
[Dr E. Grossmann.]
21. Erziehungswesen.
Zum Eintritt in die zürcherische obligatorische Volksschule, deren Jahreskurse Ende April beginnen, wird das bis zum 1. Mai vollendete 6. Altersjahr gefordert. Die Alltagsschule dauert normal 8 Jahre zu 43 Schulwochen. Im 1.-3. Schuljahr werden 20-24, im 4.-6. 30 und im 7.-8. Schuljahr 33 Unterrichtsstunden per Woche erteilt. An grössern Orten bestehen dreiklassige Sekundarschulen, die an die 6. Primarklasse anschliessen (12.-15. Altersjahr) mit 43 Schulwochen.
Fortbildungs- oder Bürgerschulen (1-3 Jahreskurse) sind fakultativ. Man hat es hier trotz vieler Anstrengung noch nicht zu einem Obligatorium gebracht. Folge davon ist die Klage über zunehmende Gleichgültigkeit der Jugend in politischen Dingen. Im Jahr 1906 bestanden im Kant. Zürich 332 Schulgemeinden mit total 1140 Primarschulabteilungen, an welchen 949 Lehrer und 191 Lehrerinnen wirken. 1097 sind gemischte Abteilungen, 21 haben nur Knaben, 22 nur Mädchen.
Schülerzahl 29321 Knaben und 30444 Mädchen, auf die Lehrerschaft verteilt durchschnittlich 52 Schüler. Sekundarschulen bestanden 100, mit 280 Abteilungen, davon 214 gemischte, 20 nur für Knaben, 16 nur für Mädchen. Es amten 279 Sekundarlehrer und eine Sekundarlehrerin. Die Zahl der Sekundarschüler beträgt 4985 Knaben und 4139 Mädchen. Total 9124. Die Sekundarschüler machen 13,3% aller Volksschüler aus, welche Prozentzahl nur in Basel Stadt und Schaffhausen übertroffen wird. In 86 allgemeine Fortbildungsschulen gehen (freiwillig) 1250 Knaben.
Von den jährlichen Ausgaben des Staates für das Volksschulwesen entfallen (1906) auf einen Primarschüler 118 Fr. (nur in Basel Stadt und Genf noch mehr), auf einen Sekundarschüler 150 Fr. (noch mehr in den Kantonen Bern, Glarus, Freiburg, Solothurn, Appenzell I. R., Waadt und Genf).
Von 100 geprüften Rekruten haben 58 höhere Schulen besucht und 39 gute Gesamtleistungen aufzuweisen (1907), Prozentsätze, die von keinem andern Schweizerkanton erreicht werden.
Als kantonale Mittelschulen bestehen: Das staatliche Lehrerseminar in Küsnacht, mit 4 Jahreskursen;
daran wirken (1906) 20 Lehrkräfte. 193 Schüler und 21 Schülerinnen. - Die Kantonsschule in Zürich, in vier Abteilungen gegliedert: Literar- und Real-Gymnasium, ¶
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Industrieschule und Handelsschule, total 83 Lehrkräfte, und 527+221+263 = 1011 Schüler (anno 1906). Das kantonale Technikum in Winterthur mit besondern Fachschulen für Bautechniker, Maschinentechniker, Elektrotechniker, Feinmechaniker, Chemiker, Kunstgewerbe, Geometer, Handel- und Eisenbahnbeamte, deren respektive Frequenz im Jahre 1907 betrug 73+203+47+1+38+13+51+78+34, total 538 Schüler. 17,1% derselben waren Ausländer. - Die landwirtschaftliche Schule Strickhof in Zürich. Das Kleinod des zürcherischen Unterrichtswesens bildet die Hochschule (Universität) Zürich. An dieser amteten im Winter-Semester 1907-1908 78 Professoren, 63 Privatdozenten und 28 Assistenten (ungerechnet diejenigen der Kliniken und ihrer Annexanstalten).
Zahl der immatrikulierten (regulären) Studierenden 1489, dazu 448 Auditoren, total 1937 Hörer. Von den regulären Studierenden waren 316 oder 21,2% Zürcher Kantonsbürger, 410 aus andern Schweizerkantonen gebürtig, im Ganzen 726 oder 48,8% Schweizer und 763 oder 51,2% Ausländer (davon 188 Deutsche und Oesterreicher, und 459 d. h. 30,8% der Gesamtzahl Russen und Russinnen). Von den weiblichen Studierenden waren 49 Schweizerinnen und 335 Ausländerinnen. Angesichts der hohen Ausländerzahl wurden im Jahr 1906 die Aufnahmsbedingungen für die Universität verschärft, die Gebühren für die Ausländer erhöht und den Studierenden schweizerischer Nationalität ein Vorzugsrecht für Platzbelegung in der medizinischen und naturwissenschaftlichen Fakultät eingeräumt.
Nach den Fakultäten verteilte sich die Frequenz im Winter-Semester 1908-1909 wie folgt:
Zürcher | Schweizer andrer Kantone | Ausländer | Gesamtsumme | ||||
---|---|---|---|---|---|---|---|
Männl. | Weibl. | Männl. | Weibl. | Männl. | Weibl. | ||
Theologen | 14 | - | 8 | - | 1 | 1 | 24 |
Juristen | 83 | 2 | 93 | - | 89 | 9 | 276 |
Mediziner | 44 | 10 | 131 | 6 | 90 | 213 | 494 |
Zahnärzte | 4 | - | 13 | - | 1 | 2 | 20 |
Veterinäre | 5 | - | 28 | - | 6 | - | 39 |
Philosophen I. Sektion | 74 | 10 | 82 | 7 | 49 | 36 | 258 |
Philosophen II. Sektion | 54 | 5 | 63 | 2 | 188 | 51 | 363 |
: | 278 | 27 | 418 | 15 | 424 | 312 | 1474 |
Die Ausgaben des Staates für das gesamte Unterrichtswesen betrugen 1867: Fr. 757513;
1877: 1555592;
1887: 1845666;
1896: 2910495;
1906: 3933394, was auf den Kopf der jeweiligen Bevölkerung Fr. 2,90;
5,70;
6,40;
8,68;
10,41 oder 23,0;
30,7;
25,7;
21,9;
22,2 Prozent der Gesamtausgaben ausmacht.
In den gleichen Jahren beliefen sich die Nettokosten eines Studierenden der Universität auf Fr. 428;
392;
421;
501;
453. Vom Bund erhielt der Kanton Zürich 1907 für das Unterrichtswesen eine Subvention von Fr. 258621.
Der Unterricht an der Volksschule ist unentgeltlich. Der Staat unterstützt ferner gemäss Verordnung für das Volksschulwesen vom auch die Fürsorge für Nahrung und Kleidung armer Schulkinder, Ferienkolonien, Erholungshäuser und Jugendhorte und gibt Beiträge an die Versorgung von bedürftigen Kindern und Erziehungsanstalten für Anormale. Seit 1889 gibt es Spezialklassen für schwachbegabte Schulkinder. Der Staat sorgt auch für Weiterbildung der Lehrerschaft durch Veranstaltung von Ferienkursen, so 1906 für Lehrer an Volks- und Mittelschulen (102 Teilnehmer), Zeichnungslehrer an gewerblichen Fortbildungsschulen (8 Teilnehmer). Freiwilligen Fortbildungsschulen werden Staatsbeiträge verabfolgt.
In den letzten Jahren wurden Arbeitslehrerinnenkurse von 5/4 jähriger Dauer abgehalten. Besondre Aufmerksamkeit wird (seit 1884) auch dem Knabenhandarbeitsunterricht geschenkt. Die Erwerbung der Patente für Volksschullehrer (Primar- und Sekundarlehrer) ist neuerdings, unter gewissen Bedingungen, auch Abiturienten der Kantonsschule und der höheren Stadtschulen von Winterthur ermöglicht. Nach dem Ausbau der Volksschule nach oben (7. und 8. Klasse) sind auch die Lehrpläne und Reglemente der höhern Unterrichtsanstalten in den letzten Jahren neu revidiert worden; frische Entwicklungsluft weht in das zürcherische Schulwesen, das eine Zeit lang auf wohlverdienten früheren Lorbeeren auszuruhen schien.
Einen mächtigen Schritt vorwärts bedeutet der Beschluss des Kantonsrates vom zum Bau eines neuen Universitätsgebäudes (die Hochschule war bis jetzt im S.-Flügel des eidg. Polytechnikums und im Kollegiengebäude zum Rechberg untergebracht), unter Ablösung und Bereinigung alter Vertragspflichten mit Bund und Stadt. Eine denkwürdige Volksabstimmung hat den Kantonsratsbeschluss am mit gewaltiger Mehrheit gutgeheissen trotz des Gesamtkostenvoranschlages von 6 Mill. Fr. (wogegen nahezu 4 Mill. sichere Einnahmen stehen).
Einer originellen und segensreichen Institution des Schulwesens muss noch besonders gedacht werden: der zürcherischen Schulsynode. In Anlehnung an Zwinglis Synode der Geistlichkeit wurde sie auf Anregung von Bürgermeister Konrad Melchior Hirzel von Zürich im Jahr 1831 als gesetzlich organisierte Versammlung der gesamten Lehrerschaft des Kantons eingesetzt und tagte 1834 zum erstenmal. Seither hat sie verschiedene Wandlungen durchgemacht. Sie tagt ordentlicherweise jährlich einmal und ist eine Standesvertretung aller Stufen der Lehrerschaft von der Primarschule bis zur Hochschule, konstituiert sich selbst und wählt seit 1849 zwei Mitglieder des (ebenfalls 1831 organisierten) Erziehungsrates. Tätigkeit: Behandlung methodischer und pädagogischer Fragen, Anregungen und Gutachtem in Sachen der Schulgesetzgebung und Lehrerbildung (Begutachtungsrecht für Lehrmittel durch die Schulkapitel).
Ausser der Synode besteht zu ähnlichen Zwecken ein kantonaler Lehrerverein und eine kantonale Sekundarlehrerkonferenz.
Einen mächtigen Anteil an der Entwicklung des zürcherischen Schulwesens hat die Stadt Zürich, welche dafür im Jahr 1907 allein Fr. 3178220 netto ausgegeben. Es bestanden 1907 in der Stadt 50 Kindergärten (davon 25 im dritten Stadtkreis), die von 1888 Kindern besucht wurden. 1906 existierten im ganzen Kanton 65 öffentliche und 68 private Kleinkinderschulen mit 2704 bezw. 3771 Kindern und 67 bezw. 87 Lehrerinnen. Von Zeit zu Zeit, gewöhnlich alle 2 Jahre, werden zur Ausbildung von Kindergärtnerinnen besondere Kurse abgehalten, welche der höhern Töchterschule angegliedert sind.
Die Stadt führte bei Beginn des Schuljahres 1908-1909 folgende Volksschulabteilungen:
Abteilungen | Schüler | Schüler per Lehrstelle (durchschnittlich) | |
---|---|---|---|
Primarklassen I-VI | 360 | 18537 | 51 |
Primarklassen VII-VIII | 45 | 1233 | 27 |
Spezialklassen | 18 | 391 | 22 |
Sekundarklassen | 107 | 3903 | 36 |
Die meisten Primarschul- und alle Sekundarschulabteilungen sind einklassig, und die Klassenbestände wurden in den letzten Jahren allmählig herabgesetzt. Sie sind aber heute noch zu hoch. Eine Neuorganisation mit stärkerer Ausnutzung der Schullokale und Lehrkräfte scheint trotzdem vorgesehen werden zu müssen.
Als höhere städtische Schulen bestehen in der Stadt. Zürich: die höhere Töchterschule mit Lehrerinnenseminar, Gymnasium, Fortbildungsklassen und Handelsabteilung, frequentiert von 144+88+164+239, total 635 Schülerinnen, wozu noch 12 Kandidatinnen des Haushaltungslehramtes und 71 Volksschüler der ¶
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Seminarübungsschule zu rechnen sind. An der Anstalt wirken 57 Lehrkräfte (Sommersemester 1908). Die ganze Schule ist heute noch in dem engen Grossmünsterschulhaus untergebracht. - Die Gewerbeschule d. h. gewerbliche Fortbildungsschule und Handwerkerschule mit rund 160 Lehrern und 4096 Schülern und Schülerinnen (Winter 1907) hat noch kein eigenes Haus. - Die Kunstgewerbeschule und das Kunstgewerbemuseum (ständige Sammlung und Ausstellungen mit grosser, vielbenutzter Bibliothek) mit 9 Lehrkräften und 37 bezw. 129 Sommer- bezw. Winterschülern, ist dem schweizerischen Landesmuseum angebaut. - Im Ganzen beschäftigte die Stadt Zürich im Jahre 1908 710 Lehrkräfte.
Ganz aussergewöhnlich sind die Leistungen der vereinigten Stadt für Schulhausbauten, wofür sie im Zeitraum von 1893-1907 fr. 9557710 ausgegeben hat. Daran partizipieren allerdings namhafte Staatsbeiträge. Noch ist ein Ende der Schulhausbauten für die grosse Zunahme der Volksschülerzahl nicht abzusehen. Zur Hebung dringlichster Raumnöte mussten transportable Schulbaracken errichtet und eine Anzahl Klassen provisorisch in Privathäusern untergebracht werden.
Die individuellen Lehrmittel werden in der Stadt Zürich, wie übrigens im ganzen Kanton, für die Volksschulstufe unentgeltlich abgegeben. Es bestehen zahlreiche Schülerbibliotheken mit im Ganzen 25000 Bänden. 14 Schulgärten (ausser dem botanischen Garten der Hochschule). Wesentlich Schulzwecken dient auch das städtische zoologische Museum am Zürichhorn (ehemals «Nägeli-Museum», eine prächtige Sammlung schweizerischer Vögel und Säugetiere).
Die Stadt sorgt ferner für hauswirtschaftlichen Unterricht an den obersten Primarschulklassen. Für die Sekundarschulen sind die nötigen Schulküchen noch nicht vorhanden. Der kantonale Lehrplan schreibt auch hier hauswirtschaftlichen Unterricht vor. Der Turnunterricht ist fakultativ erweitert mit Ausmärschen, Armbrust- und Gewehrübungen. Den Knabenhandarbeitsunterricht besuchen gegen 3000 Schüler; er wird meist von Primarlehrern erteilt, auch in Ferienkursen.
Für Mädchen gibt es 346 Handarbeitsabteilungen. Am Schwimmunterricht nahmen 1907 von der 6 Primarklasse 891 Knaben und 812 Mädchen, total 1703 Schüler teil; die Klasse hat 65% Schwimmkundige. Für die 4.-6. Primarklasse sind Jugendspiele organisiert, mit besondern Instruktionskursen für die Spielleiter (92 Lehrkräfte). 194 Schulabteilungen machten 1907 Schulreisen, an denen 82% aller Schüler teilnahmen und deren (übrigens minime) Defizite inklusive Begleiterkosten die Stadt deckt. Jährlich finden geeignete Gratis-Schülervorstellungen im Stadttheater statt; die städtische Theatersubvention ist u. a. an diese Bedingung geknüpft. Ausser der Stadt Zürich besitzt auch Winterthur eine höhere Schule städtisches Gymnasium mit Merkantilabteilung, Industrieschule und höhere Töchterschule.
Die gewaltige Ausdehnung des Schulwesens hat in den grössern Städten besondre Behördenorganisationen nötig gemacht. In der Stadt Zürich steht über den einzelnen Kreisschulpflegen eine Zentralschulpflege. In dieser haben 8 Vertreter der Lehrerschaft als Präsidenten der sog. Stufenkonvente beratende Stimme. Seit Einführung der neuen Gemeindeordnung (angenommen am bilden die Präsidenten der Kreisschulpflegen und ein Vertreter der Volksschullehrerschaft unter Vorsitz des städtischen Schulvorstandes die sog. Präsidentenkonferenz.
Ihr ist die Aufsicht über die gleichmässige Durchführung der kantonalen Vorschriften für das Volksschulwesen und der städtischen Schulordnung, sowie der Beschlüsse der Zentralschulpflege durch die Kreisschulpflegen übertragen. Die höheren städtischen Schulen haben eigene Aufsichtskommissionen, in welchen sie, ebenso wie in der Zentralschulpflege, durch ihre Rektoren, jedoch nicht (wie die Volksschullehrer) durch selbstgewählte Vertreter repräsentiert sind. Aehnliche Verhältnisse bestehen für die kantonalen Mittelschulen, während Volks- und Hochschule demokratischere Korporativrechte besitzen.
Neben diesen allgemeinen Schulen bestehen zahlreiche Berufsschulen, staatlich und kommunal subventioniert, sowie durch gemeinnützige Gesellschaften und Private unterhalten. Es ist deshalb schwer, sie in offizielle und private Institutionen zu gliedern, wie ja übrigens auch die kantonalen und städtischen Schulen ihrerseits wiederum eidgenössische, kantonale und städtische Beiträge erhalten. Als wichtigste Berufsschulen sind zu nennen, neben den bereits erwähnten: Städtische Metallarbeiterschule in Winterthur (seit 1889; hatte im Jahr 1906 76 ordentliche und 68 ausserordentliche Schüler);
Filiale der landwirtschaftlichen Schule Strickhof (unterste Klasse) in Winterthur;
Zürcherische Seidenwebschule im Letten (gegr. 1881; 1906: 37 Schüler, 5 Lehrer);
zürcherische Lehrwerkstätte für Schreiner (gegr. 1888);
interkantonale Obst- und Weinbauschule Wädenswil (17 Schüler, 3 Lehrer und 5 Hülfslehrer);
schweizerische Fachschule für Damenschneiderei und Lingerie in Zürich (Lehrwerkstätten und Kurse für den Hausgebrauch und Arbeitslehrerinnen-Bildungskurse; gegr. 1889; 490 Schülerinnen und 21 Lehrkräfte);
Haushaltungsschule der Sektion Zürich des schweizerischen gemeinnützigen Frauenvereins mit rund 100 Schülerinnen (gegr. 1898; Kurse für den Hausgebrauch und Haushaltungslehrerinnen-Bildungskurse);
Winterthurer Haushaltungsschule des Frauenbundes (gegr. 1891; 42 Schülerinnen, 9 Lehrkräfte);
Haushaltungsschule des Töchterinstitutes Horgen (gegr. 1897; hatte 1906: 48 Schülerinnen und 7 Lehrkräfte).
Ferner bestehen zahlreiche freiwillige Fortbildungsschulen in gewerblicher, hauswirtschaftlicher und kaufmännischer Richtung. Für Stellungspflichtige sind mancherorts besondre Kurse eingerichtet (Stadt Zürich 1908). Speziell für das Handelsfach haben die Sektionen des schweizer. kaufmännischen Vereins (Zürich gegr. 1861, Winterthur, Wädenswil, Horgen, Uster, Rüti, Stäfa, Thalwil, seit 1908 auch in Wetzikon) mit Subvention durch Bund, Kanton, Gemeinden und Private Fortbildungskurse, Vorträge und Diskussionsabende, Bibliotheken und Lesesäle eingerichtet. Die ¶
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Fortbildungsschule für Handelslehrlinge (mit staatlichen, obligatorischen Lehrlingsprüfungen), die der Kant. Zürich unterhält, ist eine der grössten und bestorganisierten nicht nur der Schweiz, sondern überhaupt aller Länder. In Zürich sind damit auch Kurse für ältere Kaufleute verbunden. Seit 1903 besitzen die Handelswissenschaften auch den Ausbau nach oben, an der juristischen Fakultät der Hochschule.
Für die musikalische Ausbildung sorgt das städtisch subventionierte Konservatorium für Musik (früher «Musikschule») in Zürich, Leitung: Friedrich Hegar und Karl Attenhofer mit Künstler- und Dilettantenschule in eigenem neuen Gebäude, ferner eine grössere Anzahl Privatinstitute, so namentlich die «Musikakademie» Zürich.
Von den zahlreichen reinen Privatschulen seien ihrer allgemeinen Bedeutung und Ausdehnung wegen genannt: freie Schulen, freies Gymnasium (1906: 10 Lehrkräfte und 109 Schüler, davon 5 Mädchen) in Zürich, evangelisches Lehrerseminar in Zürich-Unterstrass in neuem flott eingerichteten Gebäude (73 Schüler, 5 Lehrer), die Handelsschulen Konkordia, Bertsch und Beust, die Töchterbildungsanstalt Boos-Jegher, die Wetli und Grebel-Schule (Mädchenprimar- und Sekundarschule), die Stadlersche Kunstschule. Gross ist ferner die Zahl der privaten Vorbereitungsschulen, welche zum Eintritt in höhere Schulen auf dem Wege der Schnellbleiche vorbereiten. Total gingen im Jahr 1907 in Privatschulen: 760 Schüler der Primarschulstufe, 325 der Sekundarstufe und 490 höherer Stufe;
Lehrkräfte 122.
Ausserordentlich viel Gutes wird im Kant. Zürich getan in sozialer und hygienischer Fürsorge für die Schulkinder. Günstig gelegene, ästhetisch schöne und gesunde Schulhäuser, deren Bau vom Staat überwacht wird, sind der Stolz der Gemeinden, insbesondre auch der Stadt Zürich. Zu den wohltätigsten Institutionen gehören die zahlreichen Jugendhorte, ständigen Ferienhorte, Ferienmilchkuren und die Institution der Ferienkolonien. Die letzteren, durch unentwegte Initiative von Pfarrer Bion ins Leben gerufen, ermöglichen vielen tausend Schulkindern alljährlich einen stärkenden Ferienaufenthalt auf dem Land, in den Bergen.
Bereits bestehen (1907) 24 zürcherische Kolonien (ganze Schweiz 77), ausser den grossen Ferienheimen auf dem Schwäbrig bei Gais, in Urnäsch und auf der Kennelalp ob Mollis. Die Stadt Zürich allein schickte im Jahr 1908 von 1310 dafür angemeldeten Kindern 854 in 16 Kolonien, und für die Sommerferien 1909 ist für einzelne dieser Kolonien zweimalige Besetzung mit je 3 wöchentlichem Aufenthalt angeordnet. Eine Anzahl Lehrer, Lehrerinnen und Lehrersfrauen (1908: 53) pflegen sich zur Leitung derselben zur Verfügung der Behörden zu stellen.
Ein zweitägiger Bazar, der von gemeinnützigen Kreisen in Zürich im Jahr 1907 zu gunsten der Ferienkolonien, sowie der Kinderheilstätte Aegeri organisiert wurde, ergab für die Ferienkolonien allein ein Erträgnis von fr. 53832. Die Frage der Einrichtung wird auf Anregung des städtischen Schularztes Dr Kraft in Erwägung gezogen. Winterthur hat Ferienkolonien am Hörnli, Töss ein Ferienheim in Schönenbühl-Wolfhalden, Meilen seit 3 Jahren solche auf dem Pfannenstiel und auf der Neuforch, Pfäffikon ein Sonnenbad bei Sternenberg; Andelfingen richtete ebenfalls eine Kurkolonie ein.
Erziehungs- und Pflegeanstalten für Geistesschwache bestehen in Erlenbach (2), Goldbach, Pfäffikon, Regensberg (2), Turbenthal, Uster und Wädenswil, zumeist als hochherzige Stiftungen von Privaten oder von der kantonalen gemeinnützigen Gesellschaft gegründet und als öffentlich-wohltätige Anstalten, teilweise mit Staatsunterstützung fortgeführt. Manche grössere Gemeinden haben für schwachbefähigte Schulkinder Spezialklassen eingerichtet, so Zürich (15 Klassen), Winterthur (2), Richterswil, Rüti, Wald, Töss (je 1). Für Versorgung armer, schwachsinniger und verwahrloster Kinder oder jugendlicher Verbrecher verwendete der Kanton Zürich im Jahre 1906 aus dem Alkoholzehntel fr. 16547.
Schliesslich sind noch anzuführen die Kaspar Appenzellerschen Erziehungsanstalten mit industriellem Betrieb in Wangen, Tagelswangen und Brüttisellen, das Pestalozzihaus in Schönenwerd-Aathal, die Pestalozzistiftung für Knaben in Schlieren und die kantonale Korrektionsanstalt in Ringwil.
In der Stadt Zürich besteht seit 1908 ein besondres Kinderfürsorgeamt; daneben amtet für Versorgung verwahrloster Kinder eine Kommission der Pestalozzihäuser; der freiwillige Armenverein hat für vorübergehend pflegebedürftige Kleine ein Kinderheim errichtet. Die Kinderschutzvereinigung nimmt sich misshandelter Kinder, ein Lehrlingspatronat und ein Lehrlingsheim des nachschulpflichtigen Alters an. Auch das Kostkinderwesen wird amtlich beaufsichtigt (1905: 550 Kinder untergebracht reit 2239 Kontrollbesuchen). Für Speisung und Bekleidung dürftiger Schulkinder werden jährlich von der Stadt rund 50000 Fr. verausgabt. An der Mittagssuppe nahmen 1907: 3334 Schüler = 14½% der gesamten Schülerzahl teil;
davon waren 8,1% Stadtbürger, 20% aus andern Gemeinden des Kantons Zürich gebürtig;
36,2% gehörten andern Kantonen an und 35,7% waren Ausländer.
Zur sozialen Fürsorge sind endlich noch die zahlreichen kantonalen, kommunalen und privaten Stipendienfonds zu rechnen, aus denen bedürftige Schüler aller Schulstufen, inklusive Studierende, unterstützt werden können.
Die Besoldungen der Volksschullehrer sind durch Gesetz vom und Verordnung vom geregelt. Als Minimalgehalt ist für Primarlehrer fr. 1400, für Sekundarlehrer fr. 2000 festgelegt, je mit geeigneter Wohnung, 6 Ster Brennholz und 18 Aren Gemüseland. Die Naturalleistungen können durch Barvergütungen ersetzt werden. An die gesetzliche Barbesoldung zahlt der Staat a priori zwei Drittel; an den letzten Drittel leistet er Beiträge. Ausserdem richtet der Staat gesetzliche Alterszulagen von 100 bis auf 500 fr. (über 20 Dienstjahre) aus.
Dazu kommen freiwillige Gemeindezulagen, welche einen ansehnlichen Bestandteil der Lehrerbesoldungen ausmachen können und an die der Staat ebenfalls Beiträge gibt. Steuerschwachen und mit Steuern stark belasteten Landgemeinden bewilligt der Staat Zulagen zur gesetzlichen Lehrerbesoldung, mit dreijähriger Verpflichtungsfrist des Lehrers. Die Zusammensetzung der zürcherischen Volksschullehrerbesoldungen ist also eine ziemlich komplizierte. Bei Erkrankung oder regelmässigem Militärdienst der Lehrer bezahlt der Staat die Vikariate. Für Festsetzung der Ruhegehalte gilt das Unterrichtsgesetz von 1859. Lehrer, welche nach wenigstens 30jährigem Schuldienst aus Alters- oder Gesundheitsrücksichten freiwillig zurücktreten, haben Anspruch auf einen Ruhegehalt von mindestens der halben bisherigen Barbesoldung. Die Lehrer werden direkt vom Volke gewählt.
Vor kurzem ist ein genossenschaftlicher Witwen- und Waisenfonds der Hochschullehrer ins Leben gerufen worden. Sein Kapital betrug auf Schluss 1907 fr. 451110, mit 65 Mitgliedern. Eine bescheidene Witwen- und Waisenstiftung der Volksschullehrer und eine solche für höhere Lehrer und Geistliche besteht offiziell schon längst; ¶
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in allerneuester Zeit suchen auch die Lehrer der verschiedenen Mittelschulen eigene derartige Kassen zu gründen. Schüler und Lehrer der zürcherischen Mittelschulen, mit Ausnahme der höheren Töchterschule der Stadt Zürich, sind gegen Unfall und Haftpflicht (Laboratorien, Exkursionen) versichert.
Aus der älteren Geschichte des kantonalen zürcherischen Schulwesens mögen in Kürze einige markante Daten zur Ergänzung der bereits oben eingestreuten historischen Zahlen aufgeführt werden:
1773: Gründung der Kunstschule für Knaben, die der Kaufmannschaft oder dem Handwerk zustreben, auf Anregung von Bürgermeister Heidegger, Kanonikus Breitinger, Steinbrüchel und Usteri. 1774: Gründung der Töchterschule, von Usteri ins Leben gerufen. Er wollte damit «nicht gelehrte und galante Frauenzimmer, sondern verständige Töchter bilden, die einst als Hausmütter einer Haushaltung wohl vorstehen, als Ehefrauen die Angelegenheiten ihrer Männer, soweit es ihnen zukäme, verständig besorgen, und als wohlunterrichtete Mütter sich eine vernünftige und christliche Erziehung ihrer Kinder selbst angelegen sein lassen und zum Unterrichte derselben das Ihrige beitragen könnten.» 1782: Errichtung des medizin.-chirurgischen Institutes durch Rahn, 1804 als Kantonalanstalt erklärt. 1784: Seminar für Mediziner, Krankenwärter und Hebammen. 1786: Armenschule Zürich, unentgeltlich für arme, verwahrloste Kinder. 1791: Landknabeninstitut Zürich (1838 durch Sekundarschule ersetzt).
Die Zeit der französischen Revolution brachte etwelche Unordnung in die wohlbegonnene Entwicklung der Schule. Der helvetische Unterrichtsminister Stapfer sorgte zwar nach Kräften, aber ihm fehlten genügende Mittel. 1806: Gründung des politischen Institutes (für Juristen). 1809 und 1826: Gründung der Blinden- und Taubstummenanstalt durch die Hülfsgesellschaft (1908 kantonal geworden). Wohltuend ist es, sagt Meyer von Knonau (Gemälde der Schweiz I), dass von den 339692 Fr. Einnahmen während ihres 34jährigen Bestandes beinahe die Hälfte von freiwilligen Beiträgen herrühren (Füssli!). 1811: Gründung des Landtöchterinstitutes in Zürich. 1816: Hünisches Institut in Horgen. Analog: Stapfersches Institut in Horgen, Heersches Institut in Wädenswil u. a. 1820: Tierarzneischule Zürich. 1826: Technisches Institut für Gewerbe, Fabriken und Handel. 1830: Eröffnung der ersten Kleinkinderschule in Zürich.
1832: Gründung der Hochschule durch «beinahe einmüthigen» Kantonsratsbeschluss;
Eröffnung 1833 unter dem Rektorat von Oken. 1832 wurde ferner das Seminar Küsnacht mit für Kantonsangehörige unentgeltlichem Unterricht eröffnet, nachdem schon vom Jahr 1803 an wiederholt Schullehrerkurse abgehalten worden waren.
Ihm wurde 1840 ein Konvikt angegliedert. Das Schulgesetz vom brachte grosse Reformen: allgemeine Ortsschulen und höhere oder Sekundarschulen für Knaben und Mädchen. Die Folge war ein enormer Aufschwung des Unterrichtswesens. Innert 10 Jahren wurden im Kanton 141 neue Schulhäuser erbaut!
1833 wurde die Kantonsschule (Gymnasium und Industrieschule) mit 310 Schülern eröffnet, unter Eingehen der ehemaligen Bürger-, Gelehrten- und Kunstschule, sowie des technischen Institutes.
1835: Gründung der Kantonsbibliothek. - 1839: Ausscheidung der «merkantilen Sektion» der Industrieschule, heute zur kantonalen Handelsschule ausgewachsen, «gegenwärtig die grösste und am weitesten ausgebaute höhere Handelsschule der deutschen Schweiz», mit Diplom- und Maturitätsprüfung. 1853: Gründung der landwirtschaftlichen Schule Strickhof. 1874: Gründung des kantonalen Technikums in Winterthur. Ueber die eidgenössischen Bildungsanstalten in Zürich (Polytechnikum und Annexe) siehe den Art. Zürich (Stadt).
Neuere Bibliographie. Hiestand, H. Soziale Fürsorge für unsere Schulkinder (Neue Zürcher Zeitung, - Geschäftsbericht der Zentralschulpflege Zürich für 1907. Zürich 1908. - Huber, A. Jahrbuch des Unterrichtswesens in der Schweiz. 20, 1906. Zürich 1908. - Zürcher Jahrbuch für Gemeinnützigkeit 1907-08. Zürich 1908. - Zürcher, Locher und Lang: Sachliche Mitteilungen zur bevorstehenden Referendumsvorlaqe über den Aussonderungsvertrag etc. I. Zürich 1908. - Bericht über die Verhandlungen der zürch. Schulsynode 1908 und Jahresbericht der Erziehungsdirektion für das Jahr 1907. Zürich 1908. - Aeppli, A. Eröffnungsrede zur 75. ordentl. Schulsynode und Chronik der zürcher. Schulsynode und Referendumschronik der Schulgesetzgebung 1884-1908. Affoltern a. A. 1908. - Zollinger, F. Zusammenstellung der gesetzlichen Bestimmungen über die Primar- und Sekundarschule mit Einschluss des Fortbildungsschulwesens und der Lehrerbildung. Zürich 1908. - Pflüger, Paul. Der Gemeindesozialismus der Stadt Zürich. (Denkschrift zum sozialdemokratischen Kommunaltag in Zürich vom 23.-24. Mai 1908). Zürich 1908.
[Dr. Leo Wehrli.]
22. Militær.
Der Gesamtbestand der zürcherischen Truppen belief sich im Jahre 1907 auf 25363 Mann, nämlich 908 Offiziere, 3686 Unteroffiziere und 20769 Soldaten.
Auf die einzelnen Waffengattungen verteilten sich diese Truppen wie folgt:
Auszug | Landwehr | |
---|---|---|
Infanterie | 10813 | 7024 |
Kavallerie | 610 | 473 |
Artillerie | 2858 | 1570 |
Genie | 679 | 516 |
Sanität | 231 | 183 |
Verwaltung | 167 | 109 |
Radfahrer | 112 | 18 |
Total Mann | 15470 | 9893 |
Die landsturmpflichtige Mannschaft belief sich Ende 1907 auf 44692 Mann.
23. Staatshaushalt.
Der Finanzaufwand des Kant. Zürich belief sich im Jahr 1907 auf 22972083 Fr. Davon entfielen auf die Gesetzgebung 66497 Fr., auf die Verwaltung 21693426 Fr. und auf die Rechtspflege 1212160 Fr. Die wichtigsten Ausgabeposten sind: Kantonspolizei 512553 Fr., Beiträge an gewerbliche und industrielle Berufsbildungsanstalten 113880 Fr., landwirtschaftliche Schule 114575 Fr., landwirtschaftliche Prämierungen 100620 Fr., Beitrag an die Viehversicherung 135035 Fr., Staatszuschuss an die Betriebsrechnungen der ¶
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Krankenund Versorgungsanstalten 1051450 Fr., Armenwesen 565313 Fr., gesamtes Erziehungswesen 5031910 Fr. (wovon 1598287 Fr. für das höhere Unterrichtswesen und 3007547 Fr. für die Volksschule), öffentliche Arbeiten 1669934 Fr., Kirchenwesen 645113 Fr. Die wichtigsten Einnahmequellen sind (brutto): die Militärsteuer (Anteil des Kantons) 417407 Fr., Ertrag des Staatsvermögens 3006015, Anteil am Reingewinn der Kantonalbank 480000 Fr., Reinertrag des Salzregals 231045 Fr. Wirtschaftsabgabe 687409 Fr., Anteil am Ertrag des Alkoholmonopols 841692, Aktivbürgersteuer 154242 Fr., Vermögenssteuer 4743773 Fr., Einkommensteuer 4387893 Fr., Erbschaftssteuer 1213606 Fr., Steuernachzahlungen 243927 Fr., Notariatsgebühren 572348 Fr. Die gesamten Aktiven des Staatsvermögens betragen 153351511 Fr., die Passiven 83640397 Fr., das Reinvermögen 69711114 Fr. Dazu kommen dann noch die Stiftungen und andre vom Staat nur verwaltete Fonds im Gesamtbetrag von 6121080 fr. Die Zahl der steuerpflichtigen Aktivbürger betrug 102584. Das steuerpflichtige Vermögen belief sich auf 1481374110 Fr., das steuerpflichtige Einkommen auf 202678300 Fr.
24. Armenwesen.
Die öffentliche Armenpflege liegt im Kant. Zürich den Bürgergemeinden ob. Im Jahr 1905 wurden von diesen im ganzen 12199 Personen mit 2133761 Fr. unterstützt. An diese Ausgabe leistete der Staat Beiträge im Gesamtbetrag von 285866 Fr. Hiezu kommt noch ein ungefähr gleich hoher Aufwand des Staates für Verpflegung kantonsfremder Armen. Die private Wohltätigkeit wird durch eine Reihe von Vereinen ausgeübt, deren wichtigster die «Freiwillige und Einwohnerarmenpflege der Stadt Zürich» ist.
25. Soziale Gesetzgebung.
Die wichtigsten Aeusserungen sozialpolitischer Bestrebungen auf dem Gebiet der Gesetzgebung sind die Unentgeltlichkeit des Unterrichts und der Lehrmittel in der Volksschule, die unentgeltliche Beerdigung (seit 1890), das Gesetz zum Schutze der nicht unter dem eidg. Fabrikgesetz stehenden Arbeiterinnen vom Jahre 1894 (Verbot der Beschäftigung von Mädchen unter 14 Jahren, von Wöchnerinnen innert 4 Wochen nach der Niederkunft, Verbot der Sonntagsarbeit, Maximalarbeitstag von 10 Stunden etc.), ferner das Lehrlingsgesetz vom Jahre 1906, durch welches die Schriftlichkeit des Lehrvertrages und die obligatorischen Lehrlingsprüfungen eingeführt, die Sonntags- und Nachtarbeit verboten, die Arbeitszeit auf 10 Stunden im Maximum festgesetzt wurde. Zu nennen ist endlich noch das Gesetz über die Sonntagsruhe vom Jahr 1907, das in erster Linie ebenfalls den Schutz der Arbeiter und Angestellten bezweckt.
26. Sanitætswesen.
Die Pflege der öffentlichen Gesundheit lässt sich der Kanton sowohl durch präventive als durch repressive Massnahmen angelegen sein. Die Grundlage für seine Tätigkeit in ersterer Beziehung bildet das Gesetz vom das der sanitätspolizeilichen Kontrolle in der Hauptsache folgende Objekte unterstellt: die Lebensmittel, das Wasser, die Strassen, Gewässer, Kanäle, Senkgruben, Wohnungen, Stallungen, Schlachthäuser, die gesundheitsschädlichen Gewerbebetriebe, den Verkehr mit Arzneien und Giften, die Spitäler, die Pflege der Kostkinder, die Friedhöfe etc. Die sanitarische Ueberwachung des Metzgerei- und Wurstereigewerbes wird durch ein besondres Gesetz vom Jahre 1866 geordnet, das u. a. auch den Schlachthauszwang für diejenigen Gemeinden vorsieht, in denen öffentliche Schlachthäuser bestehen.
Die Anlage gesundheitlich unschädlicher Begräbnisplätze fördert der Staat durch Verabreichung von Beiträgen an die Gemeinden. Als Organe der öffentlichen Gesundheitspflege fungieren die örtlichen Gesundheitsbehörden, die Statthalterämter, Bezirksärzte, Bezirkstierärzte, die Sanitätsdirektion und der Sanitätsrat. Für die Krankenpflege unterhält der Staat folgende Anstalten: das Kantonsspital Zürich, die Augenklinik, den Pockenspital, die Frauenklinik, das Kantonspital Winterthur, die Irrenanstalt Burghölzli, die Pflegeanstalt Rheinau, die Pflegeanstalt Wülflingen und die Wäckerlingstiftung in Uetikon.
Im Jahr 1907 hatten diese Anstalten folgende Frequenz:
Patienten (bezw. Insassen) | |
---|---|
Kantonsspital Zürich | 3992 |
Augenklinik Zürich | 716 |
Pockenspital Zürich | 1 |
Frauenklinik Zürich | 2413 |
Kantonsspital Winterthur | 1675 |
Irrenanstalt Burghölzli | 700 |
Pflegeanstalt Rheinau | 1077 |
Pflegeanstalt Wülflingen | 345 |
Wäckerlingstiftung Uetikon | 163 |
Alle diese Anstalten erfordern zur Herstellung des Gleichgewichtes zwischen Ausgaben und Einnahmen erhebliche Zuschüsse aus der Staatskasse. Der Gesamtbetrag der letzteren bezifferte sich im Jahr 1907 auf rund 1 Million Fr., wovon z. B. auf das Kantonsspital Zürich über 180000 Fr., auf das Kantonsspital Winterthur über 226000 Fr., auf die Irrenheilanstal Burghölzli 185000 Fr. und auf die Pflegeanstalt Rheinau 230000 Fr. entfielen.
Die privaten und kommunalen Krankenanstalten unterliegen der Staatsaufsicht. Die Gemeindespitäler und die von gemeinnützigen Vereinen betriebenen Anstalten erhalten Staatsbeiträge, deren Gesamtbetrag sich z. B. im Jahr 1907 auf rund 158000 Fr. belief. Diese Anstalten sind die Krankenasyle in Affoltern, Kappel, Horgen, Richterswil, Thalwil, Wädenswil, Männedorf, Rüti, Wald, Wetzikon, Uster, Pfäffikon, Bülach, Rorbas, Dielsdorf, das Kinderspital Hottingen, das Erholungshaus Fluntern und das Lungensanatorium Wald.
[Dr E. Grossmann.]
27. Urgeschichte.
Die ältesten archäologischen Funde im Kant. Zürich sind sehr unsicherer Natur. In den Schieferkohlen von Wetzikon hatte man zugespitzte Stäbe gefunden, die aus der letzten Interglazialzeit stammten. Sie wurden zuerst als Arbeiten der interglazialen Menschen bezeichnet, aber eine genauere Untersuchung zeigte, dass es nur ausgefaulte Aeste waren, an denen keine menschliche Arbeit zu sehen ist. Das selbe Wetzikon lieferte auch einen menschlichen Schädel. Er lag in diluvialem Kies und soll der postglazialen Zeit angehören. Aber bei der Auffindung war kein zuverlässiger Beobachter zugegen, und es ist sehr wohl möglich, dass der Schädel aus einem zerstörten Grabe stammt.
Die sichern Funde im Kant. Zürich beginnen erst mit der jüngern Steinzeit und setzen sich dann ununterbrochen durch alle prähistorischen Perioden fort.
I. Die neolithische Steinzeit. Auch in dieser Epoche sind nicht alle Funde sicher bestimmt. So gibt es grosse Steine mit künstlich ausgearbeiteten Schalen, deren Alter nicht mit Genauigkeit zu bestimmen ist. Solche Schalensteine fanden sich in Gossau, Egg, Herrliberg, Maur, Zürich, Thalwil, Oberglatt, Niederhasli, Wülflingen etc. In Hermatswil bei Pfäffikon will man einen Steintisch oder Dolmen, bei Wetzikon sogar einen Steinkreis oder Cromlech entdeckt haben. Von ganz andrer Art sind nun aber Funde aus Pfahlbauten, Landansiedelungen und Gräbern.
a) Die Pfahlbauten. Im Februar 1854 entdeckte Lehrer Joh. Aeppli in der Bucht von Obermeilen im Seegrund uralte Pfähle, Querbalken und bei denselben Beile aus Stein, Objekte aus Feuerstein, Holz- und Knochengeräte, Gegenstände aus Hirschhorn, Sämereien, Tierknochen und massenhafte Scherben. Da mussten Leute in Pfahlwohnungen im See draussen gewohnt haben. Aeppli teilte seine Entdeckung dem Präsidenten der Antiquarischen Gesellschaft in Zürich mit, und nun begann Dr. Ferd. Keller seine berühmt gewordenen Pfahlbauforschungen.
Ausser bei Meilen fanden sich am Zürichsee noch weitere Pfahlbauten: in Zürich selbst (4 Stationen), Erlenbach (2 Stationen), Uetikon und Männedorf;
vielleicht liegen bei Schirmensee und in der Nähe von Rapperswil noch mehr Stationen, wie Einzelfunde andeuten.
Die Pfahlbauten des Zürichsees sind nicht alle gleich alt. Die meisten gehören der Steinzeit an; einige reichen bis in die Bronzezeit hinein. So hat selbst Meilen ein paar Bronzegegenstände geliefert, und in den 4 Stationen von Zürich kamen zahlreiche Bronzen zum Vorschein, besonders in Wollishofen. Auch der Greifen- und der Pfäffikersee weisen zahlreiche, zum Teil noch unausgebeutete Pfahlbauten auf, die fast ausnahmslos der Steinzeit ¶