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natürlich nicht so weit auseinander wie die Gewichtszahlen, weil die Preise bei schwachen Ernten höher sind als bei guten So war der Mittelpreis per Kilozentner 1905 für Aepfel 15,50 Fr., für Birnen 11,80 Fr., 1906 dagegen für die erstern 11,90 Fr., für die letztern 8,40 Fr. Der grösste Teil des Kernobstes wird zur Mostbereitung verwendet, von den Aepfeln meist etwa 55%, von den Birnen 90%. Bei der dichten Bevölkerung des Kantons Zürich kann der Obstexport auch in guten Jahren nur ein beschränkter sein.
Der Garten- und Gemüsebau wird im Kant. Zürich so eifrig und vielseitig wie irgendwo betrieben. Vor allem längs den beiden Seeufern, sowie in und um die Städte Zürich und Winterthur und den sonstigen grossen Ortschaften findet man überall aufs sorgfältigste gepflegte Gärten und Gemüseäcker, die zu den schönsten und reichsten der Schweiz gehören und auch manche exotische Gewächse, namentlich an Bäumen, Sträuchern und Blumen mit viel Verständnis und Erfolg pflegen.
Landwirtschaftliche und Gartenbauaustellungen haben davon wiederholt glänzendes Zeugnis abgelegt. Doch können darüber keine bestimmten, den ganzen Kanton umfassende Zahlen angegeben werden. Der früher nicht unwichtige Anbau von Gespinnst-, Farbstoff- und Oelpflanzen (Hanf, Flachs, Reps, Mohn etc.) ist heute zur Bedeutungslosigkeit herab gesunken. Nur da und dort hat sich noch etwas davon für den Selbstgebrauch erhalten. Erwähnt seien noch die grossen, plantagenartigen Gemüsepflanzungen mit schon mehr industriellem Betrieb von Kemptthal für die dortige Konservenfabrik (Maggi).
Der Wald. Ueber die Grösse und Verteilung des Waldareals liegen verschiedene Darstellungen vor. Schon ums Jahr 1780 gab Joh. Heinr. Waser die Waldfläche zu 37768 ha an. Diese Zahl ist jedoch aus früher angegebenen Gründen nicht mit den neuern Zahlen zu vergleichen. Auf Grund der 1667 erschienenen und wohl auch von Waser benutzten Gygerschen Karte fand Hermann Walser 52909 ha, ein Resultat, das mit den auf Grund der neuern Karten und anderweitiger Hilfsmittel gefundenen Waldarealen schon ziemlich gut übereinstimmt. Diese neuern Zahlen sind in folgender Uebersicht zusammengestellt:
Jahr | Produkt. Boden ha | Waldfläche ha | % | |
---|---|---|---|---|
Messung nach der topogr. Karte. | 1850 | 161603 | 52171 | 32 |
Forst-Statistik | 1880 | 162848 | 49286 | 30 |
Statistische Mitteilungen | 1891 | 160457 | 48008 | 30 |
Forst-Statistik | 1900 | 161998 | 47024 | 29 |
Dazu bemerkt die Forst-Statistik vom Jahre 1900, dass die Differenzen in diesen Arealangaben weniger auf tatsächlichen Veränderungen des produktiven Bodens und der Waldfläche als auf verschiedenen Genauigkeitsgraden der betreffenden Ermittlungen beruhen, dass insbesondere der Wald seit 1850 nicht die Verminderung erfahren hat, wie es nach den obigen Zahlen erscheint. Die Zeit der grossen Rodungen liegt um mindestens 600 Jahre hinter uns zurück. Seit den 80er Jahren des 19. Jahrhunderts ist entschieden mehr aufgeforstet als abgeholzt worden.
Nach dieser Forst-Statistik zeigt der Wald folgende Verteilung auf die einzelnen Bezirke: Zürich 4017,3 ha (= 29% des produkt. Bodens), Affoltern 2664,2 ha (= 24%), Horgen 2535 ha (25,2%), Meilen 1468,6 ha (19,5%), Hinwil 4833,3 ha (27,5%), Uster 2408,1 ha (21,9%), Pfäffikon 5419,5 ha (33,9%), Winterthur 8102,7 ha (32,6%), Andelfingen 5350,7 ha (33,3%), Bülach 5808,2 ha (31,9%), Dielsdorf 4416,2 ha (28,1%). Der Wald ist also ziemlich gleichmässig verteilt. Er wechselt nur von etwa 1/5 des produkt.
Bodens (Meilen, Uster) bis ⅓ desselben (Andelfingen, Pfäffikon). Unter den natürlich begrenzten Gebieten ist am stärksten bewaldet das obere Tössthal mit 43%, am schwächsten das Reussthal mit 21,7%, dann das Glatt- und Aathal und das Gebiet der Jona mit je 22,5% des produktiven Bodens. Im ganzen nimmt der Wald hauptsächlich die oberen Partien und schattigen Gehänge der Hügelzüge ein, ist aber auch hier häufig durchbrochen. Grosse zusammenhängende Wälder sind selten.
Die grössten sind der Sihlwald der Stadt Zürich und die Winterthurer Stadtwaldung am Eschenberg. Mit den unmittelbar angrenzenden übrigen Waldungen misst der erstere etwa 1200 ha, die letztere 1000 ha. Nach den Eigentumsverhältnissen sind 2216 ha (= 4,7%) Staatswaldungen, 19640 ha (= 41,8%) Gemeinde- und Genossenschaftswaldungen und 25168 ha (= 53,8%) Privatwaldungen. Die Mehrzahl der Wälder ist aus Laub- und Nadelhölzern gemischt. Doch bilden die Fichte und die Kiefer auch manche reine Bestände von ansehnlicher Ausdehnung. An feuchten, frischen Standorten, namentlich im Oberland (Hinwil, Pfäffikon) tritt die Weisstanne neben Fichte und Buche als Hauptbestandsbildnerin auf.
Die Lärche findet sich vielfach, aber in sehr ungleicher Verteilung den übrigen Nadelhölzern beigemischt. Am Schnebelhorn sind in neuster Zeit auch Arven angepflanzt worden. An der Albiskette und im obern Tössthal ist die Eibe (Taxus baccata) eine häufige Erscheinung. An einzelnen Orten, z. B. im Staatswald bei Rüti, hat sich die Weymoutskiefer eingebürgert, und da und dort sind Versuche mit der Douglastanne gemacht worden. Die Buche ist wohl nächst der Fichte die verbreitelte Holzart, findet sich aber seltener in reinen Beständen als mit Nadelnhölzern gemischt.
Die Eiche kommt zwar häufig in einzelnen schönen Exemplaren und gruppenweise unter den übrigen Hölzern vor, ist aber überall gegen früher sehr zurückgegangen. Nur in den nördl. Bezirken bildet sie noch einen Hauptbestandteil der Mittelwaldungen. Ebenfalls mehr im Mittelwald als im Hochwald sind ferner Esche, Bergahorn, Spitzahorn, Ulme, Hainbuche und Birke bald ziemlich reichlich, bald mehr vereinzelt vertreten, seltener auch Linde. Kirschbaum und verschiedene Sorbusarten, endlich auf den auf Ueberschwemmungsflächen der grössern Flüsse Schwarz- und Weisserlen, Pappeln und Weiden.
Die Staatswaldungen werden fasst ganz (zu 98,5%), die Gemeinde- und Korporationswaldungen zu ⅔ (65%) ¶
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und auch die Privatwaldungen zum grössten Teil als Hochwald bewirtschaftet. Immer mehr werden die Nieder- und Mittelwaldungen in Hochwaldungen übergeführt. Die Umtriebszeit beträgt für die Staats-, Gemeinde- und Genossenschaftswaldungen im Hochwald meist 80-100 Jahre, im Mittelwald 20-30 Jahre. Genauere Nutzungsberechnungen liegen nur von den Staatswaldungen vor. In diesen betrug für die 10 Jahre von 1890-99 der mittlere Jahresertrag an Holz 13070 m3, (= 6,7 m3 per ha) wovon ⅔ auf die Hauptnutzung und ⅓ auf die Zwischennutzung, 44% auf Bauholz, 41% auf Brennholz und 15% auf Reisig fallen. In der gleichen Zeit beliefen sich die Jahreseinnahmen auf 104-138 Fr., die Ausgaben auf 40-55 Fr. und der Reinertrag auf 68-91 Fr. per ha.
Viehzucht. Wie überall im schweizerischen Mittelland, so hat auch im Kanton Zürich die Viehzucht sich in den letzten Jahrzehnten immer mehr auf Kosten des Ackerbaus ausgedehnt. Die Zahl der Pferde stieg in den 40 Jahren von 1866-1906 um 5015 Stück oder um 105%, die des Rindviehs überhaupt um 42057 Stück oder 60%, die der Kühe speziell um 16150 Stück oder 40%. Dabei war die Vermehrung eine stetige, mit Ausnahme eines kleinen Rückschlags bei den Pferden von 1876 auf 1886, dem aber eine umso stärkere Vermehrung folgte.
Bei den Pferden sind die Esel und Maultiere inbegriffen, die aber nur in geringer Zahl vorhanden waren, 1906 z. B. nur 61 Stück, wovon 33 im Bezirk Zürich. Das Kleinvieh hat sich nur teilweise vermehrt, teilweise auch vermindert und war überhaupt grösseren Schwankungen unterworfen. Die Schweine erreichten ihre höchste Zahl 1896 und sind seither wieder erheblich zurückgegangen, aber doch zahlreicher als vor 20 und mehr Jahren. Die Schafzucht spielt im Kant. Zürich eine bescheidene Rolle und ist von allen Zweigen der Viehzucht den grössten Schwankungen unterworfen.
Immerhin erreichte sie 1906 den grössten bisher ermittelten Stand. Die geringsten Veränderungen zeigt der Bestand an Ziegen, der sich meist auf 16000 bis 18000 Stück hält. Doch ist seit 1876 eine stetige, wenn auch langsame Verminderung eingetreten. Die Bienenvölker sind leider nicht regelmässig gezählt worden, scheinen aber doch in stetiger Zunahme begriffen zu sein. Die letzte Zählung von 1896 ergab 23752 Völker gegen 20060 im Jahr 1886. Dabei sind die Körbe fast durchwegs durch Kästen ersetzt worden.
Viehbestand u. Viehbesitzer am
Bezirke | Pferde, Esel etc. | Rindvieh | Davon Kühe | Schweine | Schafe | Ziegen | Anzahl der Viehbesitzer |
---|---|---|---|---|---|---|---|
Zürich | 3225 | 7941 | 4593 | 2216 | 1097 | 1315 | 2187 |
Affoltern | 624 | 8161 | 5142 | 1173 | 34 | 466 | 1290 |
Horgen | 928 | 8728 | 6522 | 2005 | 95 | 345 | 1357 |
Meilen | 433 | 6827 | 4355 | 1013 | 54 | 602 | 1433 |
Hinwil | 688 | 14099 | 8311 | 3309 | 48 | 1478 | 2393 |
Uster | 641 | 10179 | 5732 | 1653 | 18 | 860 | 1705 |
Pfäffikon | 525 | 10992 | 5358 | 1639 | 132 | 2196 | 2077 |
Winterthur | 1324 | 14874 | 6798 | 3157 | 106 | 2973 | 2976 |
Andelfingen | 445 | 8942 | 4135 | 4627 | 10 | 2116 | 2244 |
Bülach | 536 | 11883 | 4759 | 3925 | 656 | 2436 | 2481 |
Dielsdorf | 434 | 9630 | 3428 | 3098 | 23 | 1397 | 1827 |
Kanton 1906: | 9803 | 112256 | 59133 | 27815 | 2273 | 16184 | 21970 |
Kanton 1896 | 8484 | 102292 | 53011 | 30506 | 1007 | 17037 | 23259 |
Kanton 1886 | 5324 | 88637 | 50938 | 25971 | 941 | 18193 | 24520 |
Kanton 1876 | 5632 | 74654 | 44790 | 22678 | 1421 | 19363 | - |
Kanton 1866 | 4788 | 70199 | 42983 | 23335 | 2110 | 16472 | - |
Vergleicht man den Viehstand des Kant. Zürich mit demjenigen der andern Kantone, so zeigt sich, dass ersterer nach den absoluten Zahlen für Pferde (einschliesslich Esel und Maultiere) und Rindvieh je den vierten, für Kühe speziell den fünften, für Schweine den sechsten, für Ziegen den siebenten und für Schafe den elften Rang unter den Kantonen einnimmt, während ihm nach der Flächengrösse der siebente, nach der Einwohnerzahl der zweite Rang zukommt. Mehr Pferde haben nur Bern, (37381), Waadt (18265) und Freiburg (9928); am nächsten kommen dann noch St. Gallen (8018) und Luzern (7916). Mehr Rindvieh haben Bern (327400), Wallis (115545) und Luzern (112447), dann folgen St. Gallen (111258) und Freiburg (106373). Mehr Schweine finden wir in Bern (127843), Luzern (58363), Waadt (57600), St. Gallen (41714) und Freiburg (40673), mehr Ziegen in Bern (64894), Tessin (52819), Graubünden (45711), Wallis (35738), St. Gallen (20575) und Freiburg (18875). Am meisten Schafe haben Graubünden (65785), Wallis (44740) und Bern (32853), dann folgen Freiburg (12476), Tessin (9950), Waadt (9855), St. Gallen (7313), Uri (6427) Schwyz (4893) und Luzern (4494). Für die Viehdichte vergleichen wir Zürich nur mit den grössten Kantonen des Mittellandes und zwar nur für Pferde und Rindvieh.
Auf 1 km2 landwirtschaftlich benutzten Bodens (d. h. Wiesen, Aecker, Gärten, Rebland, aber ohne den Wald) kommen im Kant. Zürich 8,7 Pferde und 99,8 Stück Rindvieh, im Thurgau sind es bezw. 8,4 und 95, in St. Gallen 5,6 und 77,5, im Aargau 5,9 und 105, in Luzern 7,5 und 108, in Bern 9,7 und 85 (im bernischen Mittelland allein 12,7 und 107), in Freiburg 8,6 und 91,5 und in der Waadt 9,7 und 60,5, in der gesamten Schweiz 6,3 und 67,3 Stück. Zürich steht also in beidem beträchtlich über dem schweizerischen Mittel.
Auf 1000 Einwohner des Kant. Zürichs kommen 21 Pferde und 240 Stück Rindvieh, im Thurgau resp. 48 und 542, in St. Gallen 31 und 427, im Aargau 25 und 444, im Luzern 52,5 und 754, in Bern 61 und 532, in Freiburg 76 und 806 und in der Waadt 61,8 und 386, in der gesamten Schweiz 40 und 429 Stück. Hierin steht also Zürich stark unter dem schweizerischen Mittel und hinter allen genannten Kantonen zurück, ist aber auch von allen diesen der weitaus am dichtesten bevölkert. Dazu kommt fast die Hälfte seiner Bevölkerung allein auf die Städte Zürich und Winterthur, die für den Viehstand, besonders für das Rindvieh, fast ausser Betracht fallen.
Wesentlich anders gestaltet sich das Bild, wenn nur die landwirtschaftliche Bevölkerung berücksichtigt wird. Dann trifft es auf 1000 Seelen der bäuerlichen Bevölkerung im Kant. Zürich 105 Pferde und 1200 Stück Rindvieh, im Thurgau bezw. 135 und 1527, in St. Gallen 115 und 1587, im Aargau 64 und 1133, in Luzern 114 und 1639, in Bern 167 und 1454, in Freiburg 141 und 1493, in der Waadt 166 und 1038 und in der gesamten Schweiz 120 und 1292 Stück. Mit Ausnahme des Aargaus für beide Tiergattungen und der Waadt für Rinder steht also Zürich zwar auch hinter all den genannten Kantonen, aber doch nur wenig hinter dem schweizerischen Mittel zurück.
Ueber die Dichte des Grossviehs (Stückzahl per km2) in den einzelnen Bezirken des Kant. Zürich gibt folgende Tabelle Aufschluss:
Bezirke | Pferde per km2 | Rindvieh per km2 |
---|---|---|
Zürich | 33.4 | 82.9 |
(ohne die Stadt) | (10,3) | (87,9) |
Affoltern | 7.4 | 97.4 |
Horgen | 12.5 | 117.9 |
Meilen | 7.3 | 115.0 |
Hinwil | 5.4 | 111.8 |
Uster | 7.6 | 121.0 |
Pfäffikon | 5.0 | 105.8 |
Winterthur | 8.2 | 91.5 |
Andelfingen | 4.3 | 86.2 |
Bülach | 4.4 | 97.4 |
Dielsdorf | 4.0 | 88.1 |
Kanton | 8.7 | 99.8 |
(ohne d. Stadt Zürich) | (6,6) | (100,5) |
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Da auf die Stadt Zürich allein rund 2500 Pferde, oder etwas über 25% aller Pferde des Kantons kommen, so erscheint der Bezirk Zürich übermässig dick mit Pferden besetzt (mit 33,4 Stück per km2 landwirtschaftlich benützten Bodens). Er umfasst allein ⅓ aller Pferde des Kantons. Ohne die Stadt hat der Bezirk Zürich rund 10 Pferde auf dem km2, und es erscheint dann Horgen (mit den grossen Orten Wädenswil, Horgen, Thalwil und Richterswil) als der mit Pferden am dichtesten besetzte Bezirk (12,5 Stück per km2), dann folgen Winterthur, Uster, Affoltern und Meilen (mit 7-8 Stück per km2). Am schwächsten besetzt sind die nördl. Bezirke ohne Winterthur. Den stärksten Rindviehbesatz finden wir, abgesehen von Affoltern, in den südl. Bezirken, die nach Boden und Klima auch am meisten für Viehzucht und Milchwirtschaft sich eignen. Den schwächsten Besatz haben die nördl. Bezirke, wo der Ackerbau stärker hervortritt, sowie Zürich und Affoltern. Immerhin sind die Unterschiede mässig, da die Stückzahl per km2 nur von etwa 80-120 schwankt.
Werfen wir noch einen Blick auf die Zahl der Viehbesitzer, über die folgende kleine Tabelle Aufschluss gibt.
Jahr | Anzahl der Besitzer von: | ||||
---|---|---|---|---|---|
Pferden | Rindvieh | Schweinen | Schafen | Ziegen | |
1886 | 2801 | 20194 | 11433 | 174 | 10155 |
1906 | 5032 | 17967 | 9187 | 173 | 6664 |
Zu- oder: | +2231 | -2227 | -2246 | -1 | -3491 |
Abnahme | +79,6% | -11,3% | -19,6% | -34,4% |
Während sich also der Viehstand, namentlich an Pferden und Rindern, in den letzten Jahrzehnten ganz erheblich vermehrt hat, ist die Zahl der Viehbesitzer stetig zurück gegangen und zwar in den 20 Jahren 1886-1906 um 2550 oder 10,4%. Nur die Zahl der Pferdebesitzer ist sehr stark, um rund 80%, gewachsen und die der Schafe ist sich gleich geblieben. Dagegen haben sich die Rindviehbesitzer um 11%, die Schweinebesitzer um 20% und die Ziegenbesitzer um 34% vermindert. Damit ist natürlich auch die durchschnittliche Anzahl der Tiere für die einzelnen Besitzer gestiegen. Diese betrug an
Pferden | Rindern | Schweinen | Schafen | Ziegen | |
---|---|---|---|---|---|
1886 | 1.90 | 4.4 | 2.27 | 5.40 | 1.79 |
1906 | 1.94 | 6.2 | 2.81 | 13.12 | 2.43 |
Aber die verschiedenen Besitzerklassen sind an dieser Vermehrung nicht gleichmässig beteiligt. So ist z. B. beim Rindvieh allgemein der Kleinbesitz (mit 1-4 Stück per Besitze) zu Gunsten des Mittelbesitzes (mit 5-10 Stück) und des Grossbesitzes (mit über 10 Stück) zurückgegangen, denn es kamen auf den
Jahr | % der Besitzer | % des Rindviehs | |
---|---|---|---|
Kleinbesitz | 1886 | 61.3 | 36.5 |
1906 | 36.8 | 16.4 | |
Mittelbesitz | 1886 | 35.1 | 51.8 |
1906 | 52.1 | 58.2 | |
Grossbesitz | 1886 | 3.6 | 11.7 |
1906 | 11.1 | 25.4 |
Aehnliche Erscheinungen zeigen sich auch bei den übrigen Tiergattungen. Am stärksten vertreten ist also der Mittelbesitz, umsomehr als auch der Grossbesitz ein nur sehr relativer oder eigentlich nur ein etwas reicherer Mittelbesitz ist, der sich nicht mit dem Grossbesitz der meisten ausserschweizerischen Länder vergleichen lässt.
[Dr Ed. Imhof.]
11. Jagd.
Die Jagd, auf dem Patentsystem beruhend, ist volkswirtschaftlich von untergeordneter Bedeutung. Das Recht zur Ausübung der Jagd innerhalb der gesetzlichen Jagdzeit wird erworben durch die Entrichtung der Patenttaxe, welche 50 Fr. für die Flugjagd und 75 Fr. für die allgemeine Jagd beträgt. Diese Patentgebühren, welche per Jahr durchschnittlich 30000 Fr. abwerfen, werden vom Staat (Kanton) bezogen, dem das Jagdregal zusteht. Gemäss dem bestehenden kantonalen Jagdgesetz vom fallen von dieser Einnahme jedoch nur ⅓ in die Staatskasse, während ⅔ den Gemeinden nach Massgabe ihrer Flächengrösse ausgehändigt werden müssen.
Das Patentsystem besitzt gegenüber dem Gemeindepachtsystem, welch letzteres beispielsweise schon seit längerer Zeit im Aargau eingeführt ist, in verschiedener Beziehung, insbesondre aber in speziell jagdlicher Hinsicht schwerwiegende Uebelstände. Ein pfleglicher, schonender Jagdbetrieb ist mit dem Patentsystem selbst unter den strengsten jagdgesetzlichen Bestimmungen unvereinbar. Dazu kommt, dass bei der durch dasselbe bedingten mangelhaften Jagdaufsicht dem Wildererunwesen Thür und Thor geöffnet sind. Ein weiterer, volkswirtschaftlich nicht zu unterschätzender Nachteil des Patentsystems gegenüber dem Pachtsystem besteht darin, dass die Jagdpachterträgnisse die aus den Patenttaxen resultierenden Einnahmen um ein mehrfaches übersteigen.
Bei der durch das neue eidg. Jagdgesetz bedingten Revision des kant. Jagdgesetzes wurden Anstrengungen gemacht, an Stelle des bisherigen Patentsystems das Gemeindepachtsystem einzuführen. Eine diesbezügliche Vorlage ist jedoch in der Volksabstimmung vom mit nahezu ⅔ Mehrheit verworfen worden. Verschiedene Umstände haben diesen bedauerlichen Volksentscheid veranlasst. Die demokratische und die sozialdemokratische Partei bekämpften die Einführung der Pacht- oder Revierjagd als eine «undemokratische» Institution, als eine ausgesprochene «Herrenjagd». Ein Teil der landwirtschaftlichen Bevölkerung hegte die unberechtigte Befürchtung, das Reviersystem schaffe einen übermässigen, der Landwirtschaft schädlichen Wildstand, und endlich stiess die Vorlage aus begreiflichen Gründen bei einem grossen Teil der Jäger selbst auf heftige Opposition. Das Patentsystem dürfte nunmehr im Kant. Zürich auf längere Zeit hinaus wieder gesichert sein.
Die Jagd zerfällt in die nur die Erlegung des Federwildes gestattende Flugjagd im Monat September und in die später beginnende, alles jagdbare Wild umfassende allgemeine Jagd, wobei der Abschuss von Rehkitzen und weiblichem Rehwild ohne spezielle Bewilligung des Regierungsrates verboten ist. Als jagdbares Wild kommen hauptsächlich in Betracht das Reh, der Hase, vom Raubwild Fuchs, Dachs, Marder und Iltis und vom Federwild Rebhuhn, Haselhuhn, Schnepfe, Wildtaube, die verschiedenen Entenarten, sowie die übrigen der Fauna des schweizerischen Mittellandes angehörenden Sumpf- und Wasservögel.
Der Wildstand ist lokal wechselnd, doch muss er, wie es beim Patentsystem nicht anders zu erwarten steht, im allgemeinen als nur sehr gering bezeichnet werden. Das Rehwild, vor 2-3 Dezenien eine noch seltene Erscheinung, weist, dank strengerer schützender Bestimmungen, in der Zwischenzeit eine erfreuliche Vermehrung auf. In kleineren Trupps, bald auch in stärkerer Zahl findet es sich heute fast überall vor. Im Gegensatz hiezu ist der Stand an Hasen und zum Teil auch an Federwild in jüngerer Zeit merklich zurückgegangen. Diese letztere Erscheinung ist nicht allein nur der starken Zunahme der Jäger und der Wilddieberei zuzuschreiben; sie beruht zweifelsohne zu einem nicht unbedeutenden Teil auch auf der heutigen ausgedehnten Verwendung von Maschinen, namentlich von Mähmaschinen im landwirtschaftlichen Betriebe, durch welche alljährlich zahlreiches Jungwild vernichtet wird. Schonreviere, den Bannbezirken im Hochgebirge vergleichbar, bestehen keine.
Die häufigste Jagdmethode ist die Jagd mit laut jagenden Hunden, Laufhunden, Dachsbracken etc. Während früher bezüglich Verwendung der Hunde keine speziellen Bestimmungen existierten, enthält das neue Jagdgesetz die Vorschrift, dass Hunde mit mehr als 36 cm Risthöhe zur Jagd nicht mehr verwendet werden dürfen. Ausgenommen hievon sind die Vorsteh- oder Hühnerhunde. Damit ist die Jagd mit hochbeinigen Laufhunden, die das ¶
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Wild oft stundenlang hetzten, als ausgesprochene Tierquälerei abgeschafft. Als häufigere Jagdmethode kommen noch in Betracht die Suche mit dem Vorstehhund, namentlich auf der Flugjagd, und der Anstand am Morgen und Abend.
[Forstmeister K. Ruedi.]
12. Fischerei.
Die Fischereiverhältnisse des Kantons Zürich finden ihre gesetzliche Regelung erstens durch das Zürcherische Gesetz betreffend die Fischerei vom und durch die Verordnung zum zürcherischen Gesetz betr. die Fischerei vom Das Recht des Fischfangs in den öffentlichen Gewässern und in den damit im Zusammenhang stehenden Kanälen und Weiern steht dem Staat zu, soweit nicht besondre Rechte von Privaten oder Korporationen nachgewiesen werden können.
Der Regierungsrat ist befugt, solche Rechte loszukaufen; es ist für dieselben je der zwanzigfache Betrag des durchschnittlichen jährlichen Reinertrages zu bezahlen. Im Zürichsee ist der Fischfang mit der einfachen Angelrute freigegeben; im übrigen wird die Bewilligung zum Fischfang erteilt durch Ausgabe von Patenten zur Benutzung von bestimmten Geräten (für den Zürichsee) und durch Verpachtung geschlossener Reviere (in den übrigen Gewässern), sowie des Fischfangs mit Tracht- und Landgarnen (Zürichsee).
Zur Wahrung der Interessen der Fischerei und zur Beaufsichtigung der Fischzuchtanstalten ernennt der Regierungsrat je auf die Dauer von drei Jahren eine Kommission, bestehend aus dem Direktor der Finanzen als Präsidenten und zwei weitern Mitgliedern. Die Handhabung der Fischereipolizei ist besondern Fischereiaufsehern übertragen. Die Patente werden für die Dauer eines Jahres erteilt, die Pachtverträge in der Regel je für 6 Jahre abgeschlossen. Zur Hebung der Fischerei unterhält der Staat die nötigen Fischzuchtanstalten.
Für den Fischfang im Zürichsee werden alljährlich auf 1. Mai Patente für folgende Gerätschaften ausgegeben: Schleppangel (fr. 20), Schwebschnur mit höchstens 40 Angeln (fr. 15);
Grundschnur mit höchstens 150 Angeln (fr. 15);
Tötzli bis auf höchstens 20 Stück (fr. 10);
Hegenen (fr. 10);
Reusen (fr. 5);
Grundnetze: a) Blaulingnetz, Maximallänge 90 m, Maximalhöhe 150 cm, Minimalmaschenweite 45 mm für höchstens 10 Stück und Brachsmennetz, Maximallänge 90 m, Maximalhöhe 150 cm, Minimalmaschenweite 70 mm (zusammen fr. 40). - b) Albelinetz, Minimalmaschenweite 30 mm (fr. 20). - c) Rötelnetz (fr. 20); Speisenetz (nur für Inhaber der Schlepp-, Schweb- oder Grundangel: fr. 20). Die Patente für Treib- und Schwebnetze, sowie für Tracht- und Landgarne werden auf dem Wege der öffentlichen Steigerung vergeben, wobei folgende Minimalansätze gelten: Treibnetz fr. 25, Schwebnetz fr. 50, Landgarn fr. 100, Trachtgarn fr. 200. Maximallänge der Treib- und Schwebnetze: je 90 m, Höhe 150 cm, Minimalmaschenweite (von Knoten zu Knoten gemessen): Treibnetze 40 mm, Schwebnetze 45 mm. Die Zahl der erteilbaren Patente ist für den Zürichsee auf 16 Treib- und 40 Schwebnetzsätze beschränkt;
Trachtgarne dürfen höchstens 2, Landgarne höchstens 4 vergeben werden.
Der Gebrauch der Landgarne ist abgesehen von den Bannzeiten nur je Montag, Mittwoch und Freitag erlaubt. Die Fischerei mit Treibnetz, Speisenetz und Landgarn während der Nacht ist untersagt. Die Inhaber von Patenten für den Fischfang im Zürichsee sind verpflichtet, je eine durch die Verordnung bestimmte Anzahl künstlicher Laichstellen (Fache, Ferrinen) zu erstellen und zu unterhalten. Tracht- und Landgarne dürfen nur auf dem Zürichsee gebraucht werden.
Für die Fischerei in den fliessenden Gewässern werden die allgemein gebräuchlichen Angelgeräte, Reusen und Netze verwendet; während der Nachtzeit darf nur die Setzangelschnur angewendet werden und während der Forellenschonzeit ist auch diese untersagt. Mit Bezug auf die Schonzeiten lehnt sich die kantonale Verordnung an die Vorschriften des Bundesgesetzes an. Bei Beginn der Forellenschonzeit haben die Fischereiaufseher den Bestand der Forellen in den Gasthöfen und Fischhandlungen aufzunehmen und diese Fische mit Kontrollzeichen zu versehen. Das Hausieren mit Fischen während der Schonzeit ist untersagt, ebenso ist der Verkauf von Köderfischen, welche nicht mindestens 80 gr wiegen, verboten. ¶
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Die zur Wahrung der Interessen der Fischerei aufgestellte Fischereikommission sucht durch Förderung von korporativen Vereinigungen, durch Erteilung von Prämien für verbesserte Fischereieinrichtungen und Gerätschaften etc. das Fischereigewerbe zu heben. Die Fischereiaufsicht auf dem Zürichsee erfolgt nach Massgabe eines Uebereinkommens zwischen den Kantonen Zürich, St. Gallen, Schwyz und Glarus. Die Obliegenheiten der Fischereiaufseher sind durch besondere Reglemente festgesetzt, und eine Dienstanleitung klärt das übrige Polizeipersonal des Kantons über seine Aufgaben mit Bezug auf die Fischereipolizei auf.
Private Fischereirechte bestehen im Kant. Zürich nur noch in verhältnismässig geringer Zahl. Der Staat benutzt auch Gelegenheiten, Privatfischenzen zu günstigen Bedingungen zu erwerben. Die Einnahmen des Staates an Patentgebühren und Pachtzinsen betrugen im Jahre 1880: fr. 3042; 1890: fr. 10778; 1907: fr. 29074. Sie haben sich also seit 1880 nahezu verzehnfacht. In den staatlichen Fischbrutanstalten zu Wangen und Dachsen wurden im Jahre 1907 ausgebrütet 3943000 Stück Jungbrut und 3080 Sömmerlinge erzogen.
Die Jungbrut betrug an Lachsen 1010000, Lachsbastarden 33000, Fluss und Bachforellen 539400, Seeforellen 160000, Aeschen 120000. Felchen 2100000 Stück; hiezu kamen noch 29400 Stück Bachforellen aus der Brutanstalt im Sihlwald und 10000 Stück von auswärts bezogener junger Aale (Montée). All diese Jungfische wurden in die Gewässer des Kant. Zürich ausgesetzt. In den fliessenden Gewässern ist im Allgemeinen ein guter Forellenbestand vorhanden; dagegen ist der Lachs aus der Limmat fast ganz verschwunden und im Rhein weniger zahlreich als früher; auch die grossen Schwärme von Nasen und Barben, die früher aus den grossen Flüssen, namentlich dem Rhein in die Zuflüsse zum Laichen zogen, sind kleiner geworden.
Die Hauptfürsorge in den fliessenden Gewässern gilt den Lachsen, Forellen und Aeschen; der Erfolg ist insbesondre für die Forellen unbestritten. Auch in den Seen wird den Salmoniden, den Felchen und Forellen, durch die künstliche Fischzucht aufzuhelfen gesucht und den übrigen Fischen durch Anlage künstlicher Laichplätze einigermassen der Schaden gut gemacht, der ihnen durch Entzug vieler natürlicher Laichplätze infolge von Uferbauten zugefügt wird.
Neben der Berufsfischerei entwickelt sich in neuerer Zeit ein lebhaftes Sportfischertum.
Die grosse Zahl der fliessenden Gewässer des Kant. Zürich ist in rund 150 grössere und kleinere Pachtreviere eingeteilt und jeder Pächter ist verpflichtet, in sein Revier eine dem Minimum nach bestimmte Anzahl von Jungfischen jährlich einzusetzen. Diese Satzfischchen werden von den staatlichen Brutanstalten zu bescheidenem Preise geliefert und von den Fischereiaufsehern eingesetzt.
Patente für die Benutzung von Gerätschaften zum Fischfang im Zürichsee sind im Jahre 1906-07 erteilt worden: Für Schleppangel (Schleike) 166; Grundschnur 38; Schwebschnur 5; Tötzli 2; Hegenen 144; Speisenetz 17; Grundnetz 27; Treibnetz 26; Schwebnetz 9; Landgarn 4; Trachtgarn 1; Reusen 122. Die Zahl der Fischer (in der grossen Mehrheit Sportfischer) betrug 301. Eine Statistik über die Fangergebnisse existiert leider nicht.
[Prof. Dr. J. Heuscher.]
13. Anthropologie.
In speziell anthropologischer Hinsicht existieren über den Kanton Zürich noch wenige Untersuchungen; katholische Gebiete mit ihren Beinhäusern sind namentlich in kraniologischer Hinsicht reichlicher mit Material versehen. Im Allgemeinen mag auf die im Artikel Schweiz referierten Arbeiten von Kollmann, Chalumeau, Studer, His und Rütimeyer verwiesen werden. Wertvolles Material werden allmählig die sanitarischen Rekrutenprüfungen liefern, sowie die Untersuchungen der Augen, Ohren und Zähne u. s. w. der Schulkinder in den Städten.
Anlässlich der Einführung einer städtischen Schul-Zahnklinik in Zürich wurden nicht gerade günstige Zahnverhältnisse unter der Schuljugend festgestellt. Doch dürften solche Statistiken für ähnliche Städte kaum günstiger ausfallen. Aus einer langen Serie von Augenuntersuchungen an der stadt-zürcherischen Schuljugend hat Dr. A. Steiger weittragende, entwicklungsgeschichtliche Probleme aufgestellt (Vererbungsfragen etc.). Auch über geistige Eigenschaften in der Geschichte gewisser Zürcher Geschlechter existieren Sammelarbeiten, ebenso über das Auftreten des Kropfes etc., Bausteine für spätere Schlussfolgerungen und Zusammenfassungen.
14. Bevœlkerung.
Der Bevölkerungszahl nach steht der Kanton Zürich im zweiten, nach der Bevölkerungsdichte im dritten Rang unter den schweizerischen Kantonen. Nach den Ergebnissen der eidg. Volkszählung vom betrug die Wohnbevölkerung damals 431036 Seelen, was bei einem Areal von 1649 km2 einer Bevölkerungsdichte von 261 Ew. per km2 entspricht. Gegenüber der Volkszählung von 1880 bedeutet dies eine Zunahme von total 93853 Ew., bezw. 57 per km2, also von 27,8%. Zürich weist innerhalb dieses Zeitraumes unter allen Schweizerkantonen die grösste prozentuale Zunahme der Bevölkerung auf (gesamte Schweiz nur 13,5%). Frühere Volkszählungen (zunächst aus Steuerakten und Kriegsrödeln eruiert) zeigen folgende Zahlen: 1467: 51892;
1529: 73389;
1588: 101973;
1610: 138932. Eine genauere Zählung fand 1634 wegen des Kinderunterrichtes statt und ergib 83513 Seelen. 1671: 120800;
1771: 151746 (Zählung von der naturforschenden Gesellschaft in Zürich angeordnet);
1792: 176380;
1812: 189457;
1833: 226855;
1836: 231576 (eidg. Zählung);
1870: 284047;
1880: 316074;
1888: 337183.
Die Bevölkerungszunahme innerhalb des zwischen den beiden letzten eidg. Volkszählungen von 1888 und 1900 gelegenen Zeitraums verteilt sich auf die einzelnen Bezirke des Kantons Zürich sehr ungleich. Industrielle Bezirke haben stark, rein landwirtschaftliche fast gar nicht zugenommen, wie aus der folgenden Tabelle hervorgeht:
Bezirk | Areal in km2 exklus. Seeareal | 1888 | 1900 |
---|---|---|---|
Zürich | 148.55 | 749 | 1191 |
Affoltern | 111.95 | 112 | 119 |
Horgen | 103.20 | 300 | 384 |
Meilen | 76.02 | 252 | 278 |
Hinwil | 177.48 | 180 | 190 |
Uster | 110.95 | 158 | 168 |
Pfäffikon | 161.76 | 107 | 108 |
Winterthur | 251.98 | 180 | 227 |
Andelfingen | 164.69 | 102 | 106 |
Bülach | 184.36 | 114 | 117 |
Dielsdorf | 158.06 | 86 | 88 |
Die Bevölkerungszunahme von 1888 auf 1900 ist stärker ¶
mehr
als diejenige der 38 vorhergehenden Jahre von 1850-1888 zusammengenommen. Nahezu drei Zehntel des Bevölkerungszuwachses zweier voller Jahrhunderte (1700-1900) drängen sich zusammen in die 12 Jahre 1888-1900, die nur 1/16 dieses Zeitraumes ausmachen!
Die Sterblichkeit beträgt im Kant. Zürich nach der eidg. Statistik von 1901-1905 auf je 1000 Ew. jährlich 15,9 - eine Zahl, die einzig von Neuenburg und Basel Stadt (14,4) unterboten wird (Mittel für die ganze Schweiz 17,7) und wohl wesentlich der trefflichen Fürsorge für die öffentliche Gesundheitspflege in den Städten zuzuschreiben ist.
Hinsichtlich des Geburtenüberschusses über die Todesfälle steht Zürich unter den schweizerischen Kantonen an zweiter Stelle (Bern 77, Zürich 46, St. Gallen 24, Waadt 23; Mittel für die ganze Schweiz: 33).
Eheschliessungen entfallen (1871-1890) jährlich 8,5 auf je 1000 Ew. Der Kanton Zürich steht in dieser Hinsicht mit Appenzell A. R. nur den Kantonen Basel Stadt und Genf nach (Mittel für die Schweiz ist 7,4); dagegen ist er mit 3,56 Ehescheidungen per Jahr auf 1000 bestehende Ehen (1876-1890) nur von Appenzell A. R. übertroffen (3,93).
Die eidg. Betriebszählung vom verzeichnet für den Kanton Zürich folgende Ziffern:
Art der Betriebe | Anzahl | Beschäftigte Personen | ||
---|---|---|---|---|
der Betriebe | Männlich | Weiblich | Total | |
Gewinnung der Naturerzeugnisse (Landwirtschaft, Viehzucht, Forstwirtschaft, Fischerei, etc.). | 22600 | 36862 | 26956 | 63818 |
Veredlung der Natur- und Arbeitserzeugnisse (Nahrungsmittel, Kleidung, Baustoffe, Gespinst und Gewebe, Metalle und Maschinen, etc.). | 26095 | 74915 | 43217 | 118132 |
Handel (incl. Gastwirtschaftswesen). | 11707 | 15560 | 15078 | 30638 |
Verkehr | 1216 | 10192 | 951 | 11143 |
Oeffentliche Verwaltung, Rechtspflege, Wissenschaft und Künste | 1856 | 2879 | 1323 | 4202 |
Die Landwirtschaft treibende Bevölkerung ist prozentual stetig und erheblich zurückgegangen, trotz gleichzeitiger Vermehrung der Gesamtbevölkerung. 1870 betrug sie 36,6% der gesamten Bevölkerung; 1880: 29,4; 1888: 27,2 und 1900 nur noch 19,2% (82660 von 431036 Ew.). Mit 247 Landwirten in Haupt- oder Nebenberuf auf 1000 Erwerbstätige steht Zürich an 6. letzter Stelle in der Reihe der Kantone. Immer mehr nimmt die industrielle Tätigkeit zu. Die natürliche Bodenbeschaffenheit ist allerdings an vielen Orten der Landwirtschaft auch nicht besonders günstig; die Sandsteine der Molasse sind ein wenig fruchtbarer Untergrund. Moränenauflagerung erzeugt durch ihre bunte Gesteinsmischung stellenweise bessere Verhältnisse.
Dem Bekenntnis nach setzte sich die Bevölkerung im Jahre 1900 zusammen aus 345446 Protestanten, 80752 Katholiken, 2933 Israeliten und 1905 Ew. andrer oder unbekannter Konfession. Das prozentuale Verhältnis beträgt demnach 80,2 Protestanten, 18,7 Katholiken, 0,7 Israeliten und 0,4 Andere (im Jahre 1850 war es 97,3, bezw. 2,7 und 0:0).
Die grosse Mehrzahl der Bevölkerung (413141) spricht deutsch, 11192 italienisch, 3894 französisch, 610 romanisch, 2199 andre Sprachen. 48,3% der Gesamtbevölkerung waren männlichen und 51,7% weiblichen Geschlechtes. Nach der Heimatzugehörigkeit waren am
145290 | Bürger der Wohngemeinde, |
116069 | Bürger der andrer Gemeinden des Kantons, |
99651 | Bürger der andrer Kantone. |
total 361010 | Schweizerbürger |
70026 | Ausländer |
Zürich steht heute wie Genf und Basel im Zeichen der Fremdeninvasion. Heute sind nahezu 1/5 der Ew. Ausländer; nach der eidg. Volkszählung von 1836 traf es auf 231576 Ew. nur 6366 = 1/36 der Gesamtbevölkerung Ausländer! Durch die Italiener-Einwanderung wird die Armenlast der einzelnen Gemeinden erheblich und ohne Gegenrecht gesteigert, da die Italiener meist aus verdienstarmen Provinzen (Belluno, Ferrara, Forli, Romagna) einwandern, weil bei uns bessere Löhne bezahlt werden.
Namentlich Baugewerbe und Textilindustrie spüren diese italienische Einwanderung. Kann auch das Baugewerbe die Italiener kaum entbehren, so erhebt sich doch angesichts der italienischerseits wohlorganisierten Auswanderung sozial wenig leistungsfähiger Elemente (70% Analphabeten) der Ruf nach behördlicher Würdigung der Italienerfrage, da die Einwanderung immer grössere Dimensionen annimmt. Sind doch im Jahr 1907 in der Stadt Zürich allein über 12000 Italiener niedergelassen, während 1900 für den ganzen Kanton bloss 12305 gezählt wurden. Neben der Einwanderung aus dem Ausland hat in den letzten Jahren auch der innere Bevölkerungsaustausch zugenommen. Die erleichterten Verkehrsverhältnisse und die Konzentration der Arbeit im Fabrikbetrieb, der vielfach die frühere Hausindustrie erdrückt, begünstigen diese inländischen Wanderungen.
Von einer namhaften Auswanderung aus dem Kant. Zürich kann heute kaum mehr gesprochen werden, es sei denn im Sinne des Bevölkerungsaustausches. Die maximalen Prozentsätze der gegenseitigen Einwanderungszunahme zeigt der Kanton Tessin mit dem Kanton Zürich (Gotthardbahn). Gelegentlich hört man wohl auch noch von truppweisen Auswanderungen nach Amerika, insbesondre nach Südamerika (Brasilien, Argentinien), aber ebenso auch von Rückkehr Enttäuschter.
Dagegen weiss die Chronik zu berichten, dass im 18. Jahrhundert «das Volk zu wiederholten Malen von der Auswanderungslust wie von einer Krankheit befallen» war, sodass die Obrigkeit mehrfach Mandate dagegen erliess. 1738-1744 wanderten allein aus Rafz, das damals 700 Ew. hatte, 66 Personen nach Amerika aus, 1803 und 1804 viele aus Bonstetten, Hausen, Hirzel, Mettmenstetten, Seebach und Wallisellen nach der Krimm, wo sie eine eigene Gemeinde «Zürichthal» bildeten. Gründe zur Auswanderung mögen Armut, politische oder religiöse Differenzen oder wohl auch Uebervölkerung gewesen sein.
Bibliographie. Statistische Mitteilungen betr. den Kanton Zürich, herausgeg. vom kant. statist. Bureau; insbesondre: Heft 1901: Hauptergebnisse der eidg. Volkszählung vom im Kanton Zürich, 1. Heft, Winterthur 1903; ferner 1905, 1. Heft: Der Bevölkerungsaustausch zwischen dem Kant. Zürich und andern Kantonen in Bezug auf schweizer. Geburts- und Wohnort nach den Volkszählungsergebnissen von 1888 und 1900. Winterthur 1906. - Ergebnisse der eidg. Betriebszählung vom 9. VIII. 1905. Band I 1: Kant. Zürich. (Schweizer. Statistik. 154. 1906). - Schmid, C. A. Die Bedeutung der Italienereinwanderung, insbesondre für den Kanton Zürich (im Zürcher Jahrb. für Gemeinnützigkeit 1907/08 und Neue Zürcher Zeitung vom 21. I. 1907). - Meyer von Knonau, Gerold. Gemälde der Schweiz: Der Kanton Zürich. I. 1844.
15. Sitten, Gebræuche, Tracht etc.
Alte weitausgreifende Handelsverbindungen, der ausserordentlich gesteigerte Verkehr der Neuzeit und die Neigung zu industrieller Beschäftigung in den Städten sowohl wie in grössern Dörfern mit der nötigen natürlichen Betriebskraft und ¶