mehr
natürliche Einzelbecken ein: Urnersee, Gersauerbecken, Weggiserbecken, Kreuztrichter, Küssnachersee, Luzernersee, Hergiswilerbecken und Alpnachersee.
a) Der Urnersee.
In beinahe reiner S.-N.-Richtung durchschneidet der Urnersee die Kreidekalkketten als ein durch die reissenden Wasser der Reuss ausgewaschenes prächtiges Querthal. Seine Länge von Seedorf bis Brunnen misst 11,5 km, seine grösste breite bei Bauen 2,6 km. Das Querprofil zeigt fast überall steilabfallende Ufer, welche in einer Linie bis zu der Tiefe von 200 m sich niedersenken. Und über dem Wasserspiegel steigen die Felswände in mächtigem Schwung und den groteskesten Gestalten zu 100 und mehr Meter empor.
Niederstürzende Wildwasser, das ewige Spiel der Wellen vom sanften Geplänkel der regelmässig sich einstellenden Bise bis zum wutschnaubenden Wogengepeitsch des Föhn, die unaufhörliche Arbeit der Verwitterung in Verbindung mit dem reichen Wechsel der Gesteinsbeschaffenheit alles hat zusammengewirkt an dem Herausmodellieren von hunderten verborgener Nischen, von malerischen Felsköpfen und phantastischen Uferformen. Dazu kommt noch die Pflanzenwelt mit all ihren Pionieren. Da haben sich an unzugänglichen Stellen Rottanne und Föhre zu reizenden Gruppen zusammengefunden, oder sie bilden mit Buche und Esche stattliche Wäldchen, in deren Schatten die Erdscheibe (Cyclaminus europaea) ihre duftenden Blüten entfaltet.
Die Fahrt von Brunnen bis Flüelen zeigt in instruktiver Weise das Querprofil der beiden Ufer und deren vollständige Uebereinstimmung. Unmittelbar nach der Abfahrt von Brunnen beobachtet man das flache Gewölbe, auf welchem Axenstein steht. Das weisse Band des Schrattenkalkes markiert das Gewölbe ganz vortrefflich. Auf dem korrespondierenden Teil des linken Ufers liegt Seelisberg. Unter dem Schrattenkalk erscheint Neokom und Valangien. Das Rütli liegt auf diesem leicht verwitterbaren Gesteine.
Eine liegende Mulde trennt das Axensteingewölbe vom Frohnalpgewölbe. Diese Mulde mit den geknickten Schrattenkalkfelsen tritt beim Oelberg am östl. Ufer sowie an der linken Seite zwischen Rütli und Bauen in deutlichster Weise zu Tage. Sisikon und die Mündung des Kohlthales bei Bauen bezeichnen die Riemenstalden-Pragelmulde, die dann in der Nähe der Tellsplatte und gegenüber bei Isleten gewölbeartig eingefaltet ist. Mächtig kompliziert ist die Faltung und Fältelung der Neokom-Valangienschichten, welche z. B. an der Axenstrasse uns entgegentreten.
Das Gruonthal rechts und der Bolzbach links machen uns dann mit der Eozänmulde bekannt, welche in breiter Ausdehnung den Boden von Flüelen und Altdorf bildet. Von den Alluvionen nimmt hauptsächlich die Reuss durch ihr stattliches Delta die erste Stelle ein. Auf der linken Seite haben Bolzbach, Isenthalerbach und Bauenbach, auf der rechten Gruonbach und Sisikonerbach stattliche Schuttkegel abgelagert, welche als Delta immer weiter in den See hinauswachsen.
b) Das Gersauerbecken.
In scharfem Knie und durch das grosse Delta der Muota eingeengt, wendet sich bei Brunnen der See nach W. und bildet die breite Fläche des Gersauerbeckens, welches im W. durch den Bürgenberg seinen Abschluss findet. Seine bedeutende Länge von 14 km und die beträchtliche Breite (3 km bei Forst-Rütenen), sowie der Uebergang des Steilufers in das flache Gelände von Beckenried und Buochs fügen dem Charakter des Grossartigen und Erhabenen, wie wir ihn im Urnersee getroffen, auch einen Zug des Stillen und Lieblichen bei.
Von Brunnen bis Gersau-Rieselten ist der See noch eingeengt in die Steilufer, welche einerseits als Urgon-Schichtenflächen vom Gersauerstock in den See niederfallen, andrerseits von den abgebrochenen Schichtenköpfen des Seelisberggewölbes (Zingelberg, Stutzberg) sich niedersenken. Busch und Waldvegetation schmücken das steile rechte Ufer. Aus dem schmucken Tannengrün grüsst die weisse Kapelle von Kindlismord. Ihr gegenüber lachen grüne Wiesen über den Felsentreppen der Schrattenkalkbänder.
Zwischen Gersauer- und Vitznauerstock ist eine tiefe Erosionsrinne ausgeschnitten. Aus ihr heraus hat der Gersauerbach den mächtigen Schuttkegel aufgebaut, auf welchem das Dorf Gersau steht. Von hier bis an die Obere Nase ist das Ufer wieder wildzerrissen. Eine würdige Wiederholung der Axenstrasse bildet die Strasse von Gersau nach Vitznau. Nur leuchten uns gegenüber nicht die Schneefelder eines Urirotstockes, sondern hinter den grünen Wiesen von Beckenried schauen die Kalkfelsen des Schwalmis und Brisen herunter, und über dem flach geneigten Gelände von Buochs türmt sich die stolze Pyramide des Buochserhorns, ein Jurablock mitten im Kreidegebirge. Besonders das linke Ufer ist von einer Menge grösserer und kleinerer Bäche bearbeitet. So hat der Kohlthalbach bei Rieselten eine tiefe Schlucht ausgefressen. Lielibach, Trätschlibach und Bettlerbach haben schon mehr als einmal die Bevölkerung von Beckenried in Angst und Schrecken erhalten. Die Schuttkegel geben Zeugnis ihrer Arbeit. Von Stans bis Buochs dehnt sich ¶
Vierwaldstættersee
Lief. 281.
GEOGRAPHISCHES LEXIKON DER SCHWEIZ
Verlag von Gebrüder Attinger, Neuenburg.
^[Karte: 6° 10’ O; 47° 0’ N; 1:150000]
MCE. BOREL & CIE.
V. ATTINGER, SC.
mehr
die grosse Alluvialebene der Engelberger Aa aus. Ihren Abschluss findet sie durch das Delta in Buochs, welches seit einigen Jahren Sand für die vielen Neubauten in Luzern etc. liefert.
Das Längenprofil des Gersauerbeckens zeigt zwei Barren: die eine bei der Muota, die andere bei Kindlismord. Erstere, glazialen Ursprungs, erhebt sich bis 92 m, letztere bis 87 m unter die Seeoberfläche. Dadurch wird vom Hauptbecken ein kleineres, das Becken von Folligen, abgeschnitten. Die grösste Tiefe, zwischen Gersau und Beckenried, ist mit 214 m angegeben. Gersauer- und Urnersee bilden jeder für sich ein abgeschlossenes Landschaftsbild. Was beim letztern das scharfe Knie zustande bringt, das vermag beim Gersauerbecken der enge Zusammenschluss des Bürgenstockes an den Vitznauerstock; beträgt doch die Entfernung der beiden «Nasen» bloss etwa 800 m. An dieser Stelle erhebt sich ein neuer Querwall bis 33 m unter den Seespiegel und trennt auch im Längsprofil das weitere Becken ab.
c) Das Weggiserbecken.
Obwohl der Bürgen in beinahe senkrechtem Schwung 700 m hoch über den Seespiegel emporsteigt und sich der nördl. flankierende Rigi in raschen Stufen bis zur Höhe von 1800 m üb. M. erhebt, erscheint das Weggiserbecken doch viel offener und weiter als das Gersauerbecken. Die westl. Grenze ist eben nur durch die vorspringende «Zinne», einen Sporn des Rigistockes markiert. Seine Längsaxe geht wie diejenige des Gersauerbeckens von O. nach W. und misst etwa 6,5 km. Seine grösste Breite (Weggis-Obermatt) beträgt 3,3 km. In geschützter Bucht unter dem weissglänzenden Kopf des Vitznauerstockes liegt Vitznau.
Hier stossen die Gebilde zweier verschiedener geologischen Epochen aneinander: die Molasseschichten und die Kreidefelsen. Zwischen beiden liegen die Eozänschichten des Felmis. Unmittelbar unter dem Vitznauerstock breitet sich eine grosse Schutthalde aus, die dem Dorfbach das Material zu dem Schuttkegel geliefert hat, auf welchem Vitznau erbaut ist. Noch mehrere solcher Buchten folgen sich auf dem rechten Ufer, alle durch den Rigi vor dem scharfen N.-Wind geschützt. In solchen Buchten liegen Lützelau, Weggis und Hertenstein. Bei Lützelau beobachtet man noch das Trümmerfeld des Bergsturzes von 1659, welcher den berühmten alten Kurort zerstört hat, während auf dem Schlammstrom, welcher Weggis heimsuchte, schon längst die wohl gepflegten Gemüsegärten grünen und gedeihen.
d) Der Kreuztrichter.
Haben wir die Station Hertenstein hinter uns, so erreichen wir den Kreuztrichter, d. h. denjenigen Teil des Sees, wo die vier Arme des Weggiser-, Küssnacher-, Luzerner- und Hergiswilerbeckens zusammenfliessen. Das Profil des «Trichters» von N. nach S. weist einen Wall in der Nähe der «Zinne» und einen kleinen andern in der Mitte auf. Ersterer steigt bis 8 m unter die Oberfläche.
e) Der Küssnachersee
erstreckt sich nach NO. in der Streichrichtung der Molasseschichten. Von der Linie Ziegelhütte-Meggeninsel bis Küssnach misst die Länge etwa 7 km. Die grösste Breite beträgt an der Basis 2 km. Bei Greppen erhebt sich eine Barre bis 43 m unter die Oberfläche. Die grösste Tiefe auf der Linie Seeacker-Elbbühl beträgt 73 m. Von der «Zinne» an seeaufwärts ist das rechte Ufer noch steil abfallend. Bald aber nimmt der See eine flachere Muldenform an. Damit stimmt auch das begleitende Gelände überein. Der Gebirgscharakter ist zurückgeblieben, und an seine Stelle sind die fruchtbaren Wiesen und Obstgärten des Hügellandes getreten. Wer den Blütenschmuck der Obstbäume geniessen will, der mache im Mai eine Fahrt nach dem lieblichen Flecken Küssnach. In diesem Seeteil befindet sich auch eine kleine Insel, diejenige von Altstad. Hier sind ferner die einzigen Funde aus der Pfahlbauzeit gemacht worden.
f) Der Luzernersee.
In nordwestl. Richtung und an der breitesten Stelle 1,5 km messend, erstreckt sich diese Abflussrinne als Querthal durch die Molasseschichten. Die Linie Seeburg-Tribschen teilt das Becken in einen flachen, seichten untern («Rade») und einen tiefern, allmählig bis 100 m abfallenden obern Teil. Da weiche und harte Sandsteinschichten miteinander und mit Nagelfluh wechsellagern, sind die Uferlinien dieses Beckens wieder reich an stillen Buchten, wo das Wasser an baumbekränzten Felsen plätschert und wo Laichkräuter und Seerosen ihre Blüten entfalten.
Auch eine kleine Insel (gegenüber dem alten Brünigbahnhof in Luzern) gibt dem flachen linken Alluvialufer einen besondern Reiz. Nicht umsonst sind diese Ufer von Meggenhorn bis Seeburg und von St. Niklausen bis Tribschen von zahlreichen herrschaftlichen Villen besetzt. Die Strecke Seeburg-Rebstock ist insofern von besonderm geologischen Interesse, als vom See aus sehr deutlich die Mulde zwischen den beiden Molassegewölben beobachtet werden kann. Zwei Wildwasser haben dem See ein bedeutendes Terrain weggenommen: der Würzenbach durch ein stattliches Delta und der Krienbach durch die Alluvionen von Tribschen bis zum Ausfluss der Reuss. Mit einer Strombreite von 170 m verlässt endlich die Reuss den See.
g) Das Hergiswilerbecken
setzt sich in SW.-Richtung an den Kreuztrichter an. Das Ufer längs dem Bürgenberg ist sehr rasch abfallend und von Kersiten bis Stansstad von steilen Felswänden umrahmt. Diese Strasse ist reich an stimmungsvollen Bildern und wird in der Kaplanei nicht mit Unrecht als «kleine Axenstrasse» bezeichnet. Einen ähnlichen Charakter besitzt die Uferstrecke Stansstad-Hergiswil mit den beinahe senkrechten Kalkwänden des Lopperberges. An dieses Hauptbecken schliesst sich in nordwestl. Richtung die Bucht von Winkel an, die alte Zuflussruine des Krienbaches. Gegen Horw hin öffnet sich dieser Arm in die Alluvialebene des genannten Baches, der zuletzt zum nordöstl. Lauf gezwungen wurde. So bildet denn das Gelände von Kastanienbaum, z. B. vom Bürgen aus gesehen, eine hübsche, mit üppigen Wiesen und dunkeln Wäldern bedeckte Halbinsel im Hergiswilerbecken.
h) Der Alpnachersee.
Durch einen rund 150 m breiten Arm steht mit dem Hergiswilerbecken der Alpnachersee in Verbindung. Seine etwa 5 km messende Längsaxe erstreckt sich in NO.-SW.-Richtung. Seine grösste Breite beträgt 1,4 km. Er ist ein Muldensee im Kreidekalk, welch letzterer am rechten Ufer zum Mutterschwanderberg emporsteigt und am linken Ufer den Lopperberg bildet. In einer geologischen Mulde ist einem stehenden Gewässer wenig Gelegenheit geboten, eine bilderreiche Uferlinie herauszumeisseln. So sind auch beim Alpnachersee die beiden Ufer, obwohl sehr steil abfallend, doch monoton. Ein bis 4 m unter die Wasseroberfläche emporragender Querriegel schliesst diesen See vom Hergiswilerbecken ab. Es sind dies die Alluvionen der Engelberger Aa, der auch der flache Boden von Stansstad seine Existenz verdankt. Bei Alpnachstad baut die Sarner Aa mit den beiden Schlieren an ihrem Delta weiter. In allen Beziehungen stellt der Alpnachersee ¶
mehr
ein eigenes Becken dar, verschieden vom übrigen Vierwaldstättersee.
Im Längsprofil erhalten wir folgende Seetiefen (nach Burckhardt):
A. Hauptsee. | m |
---|---|
a) Urnersee: | |
Mündung der Reuss bei Flüelen | 0 |
3 km nördl. der Reussmündung | 183 |
Maximale Tiefe des Urnersees (Rütli-Oelberg) | 200 |
Barre der Muota | 92 |
b) Gersauerbecken: | |
Maximale Tiefe im Ostteil des Gersauerbeckens | 125 |
Barre bei Kindlismord | 87 |
Maximale Tiefe Gersau-Beckenried | 214 |
Barre an der Nase | 33 |
c) Weggiserbecken: | |
Maximale Tiefe des Weggiserbeckens (Obermatt) | 151 |
d) Kreuztrichter: | |
Sattel im Kreuztrichter | 100 |
Maximale Tiefe des Kreuztrichters | 112 |
e) Luzernerbucht: | |
"Rade» von Luzern | 4 |
Ausfluss der Reuss | 8 |
B. Querarme. | |
a) Küssnachersee: | |
Ufer bei Küssnacht | 0 |
Maximale Tiefe bei Mörlischachen | 53 |
Barre bei Greppen | 43 |
Maximale Tiefe bei Meggen | 76 |
b) Kreuztrichter: | |
Barre bei Zinnen | 8 |
Maximale Tiefe des Kreuztrichters | 112 |
c) Hergiswilerbecken: | |
Barre bei Spiessenegg | 69 |
Maximale Tiefe bei Hergiswil | 73 |
d) Alpnachersee: | |
Barre bei Acherbrücke | 4 |
Maximale Tiefe des Alpnachersees | 33 |
Der Uebersicht halber stellen wir die Hauptzahlen in folgender Tabelle zusammen:
Grösste Länge von Luzern bis Flüelen | 38.1 km |
Grösste Breite (Gersauersee) | 3.3 km |
Breite zwischen den beiden Nasen | 825 m |
Tiefste Stelle des Sees (Gersauersee) | 214 m |
Tiefe des Urnersees | 200 m |
Flächeninhalt des ganzen Sees | 113.80 km2 |
Einzugsgebiet des ganzen Sees | 2238.1 km2 |
Dieses Einzugsgebiet verteilt sich auf folgende Posten:
km2 | |
---|---|
Reuss | 832.43 |
Muota | 315.89 |
Engelberger Aa | 226.75 |
Sarner Aa | 337.85 |
Uebrige Zuflüsse | 411.35 |
Seefläche | 113.80 |
: | 2238.07 |
Das Haupteinzugsgebiet liegt im Gebirge und zwar zu 36% unter und zu 63% über 1200 m Höhe. Im Gebiet von Felsen und Schutthalden liegen 516 km2, im Wald 400 und im Gebiet der Firn- und Gletscherregion 134 km2.
Petrographisch verhält sich das Zuflussgebiet folgendermassen: Der grösste Teil des Flussbeckens der Urner Reuss und ein minimer Teil des Gebiets der Engelberger Aa (zusammen 550 km2) bestehen aus kristallinen Schiefern und ältern Tiefengesteinen. Die Gebiete nördl. und westl. vom vordern See (80 km2) werden aus Molasse und Nagelfluh teils kalkiger, teils kristalliner Provenienz gebildet. Der ganze Rest (1200 km2), darunter das ganze Gebiet des Alpnachersees, beinahe das ganze Areal von Engelberger Aa, Muota, Isenthalerbach und Schächen besteht aus Kalken und Mergeln von Jura, Kreide und Tertiär.
Die Wassermenge des Sees beträgt ungefähr 14500 Millionen m3, woraus als mittlere Seetiefe 128,4 m resultiert.
Für die Pegelbeobachtungen ist als Nullpunkt die Höhe von 429,592 m angenommen. Aus 10 jährigen Beobachtungen (1891-1898 und 1901-1902) ergeben sich für die Maxima und Minima der einzelnen Monate (429,592 + X m Zuschlag) die Mittelzahlen unten stehender Tabelle.
Mittlere Pegelstände der einzelnen Monate. | ||||||||||||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
(m) | I | II | III | IV | V | VI | VII | VIII | IX | X | XI | XII |
Maximum | 7.10 | 7.12 | 7.27 | 7.30 | 7.46 | 7.81 | 7.87 | 7.75 | 7.52 | 7.39 | 7.12 | 7.10 |
Minimum | 6.96 | 6.89 | 7.02 | 7.04 | 7.09 | 7.37 | 7.45 | 7.30 | 7.10 | 6.99 | 6.98 | 6.96 |
In dieser Zeit war das grösste Minimum 6,06 m (Februar 1895) und das grösste Maximum 8,32 m (Juli 1891). Der höchste Wasserstand fällt also in den Monat Juli, der niederste in den Februar. Der Unterschied beträgt beinahe einen Meter. Im April 1901 stieg der Wasserspiegel innerhalb 10 Tagen um 1,08 m. Die Regulierung des Wasserstandes wird in Luzern durch das Nadelwehr in der Reuss besorgt.
[Prof. Dr. H. Bachmann.]
3. Geologische Geschichte des Sees.
Die Entstehung des Vierwaldstättersees erklärt sich auf die selbe Weise, wie diejenige aller übrigen Randseen zu beiden Seiten der Alpen. Sie erscheint als Folge eines nachträglichen Rücksinkens des Alpenkörpers nach der Ausbildung tiefer Thalfurchen durch die Reuss und ihrer Nebenarme. Dieses Rücksinken hat dann Gegengefälle erzeugt, wodurch der obere Thalabschnitt unter Wasser gesetzt und zum See aufgestaut worden ist. Das nämliche Schicksal erreichte die untersten Abschnitte der der primitiven Reuss in ebenso engen und tief eingeschnittenen Thalrinnen von beiden Seiten her zufliessenden Nebenadern. So ergab sich die heutige komplizierte Gestalt des Seebeckens mit seinen scharfen Umbiegungen, den Einengungen und seinen nach allen Richtungen ausgreifenden Armen.
Ursprünglich musste der Vierwaldstättersee einen grössern Umfang gehabt haben und von noch weit seltsamerer Gestalt gewesen sein, bis dann durch die zuschüttende Tätigkeit der geschiebereichen Zuflüsse und durch die Arbeit der eiszeitlichen Gletscher mehr und mehr das heutige Kartenbild zustande kam. So erstreckte sich der Urnersee einst mindestens bis nach Erstfeld hinauf, bevor die Reuss die jetzige Aufschüttungsebene bis nach Flüelen hinunter geschaffen hatte.
Ebenso liegt die Ebene zwischen Brunnen, Schwyz und Lowerz an der Stelle einer einstigen Ausbuchtung des Vierwaldstättersees, sodass der jetzige Lowerzersee als ein durch die Geschiebe der Muota und wahrscheinlich auch durch Moränenschutt vom Körper des Stammsees abgeschnürter letzter Ueberrest erscheint. Möglicherweise floss die Muota einst über Lowerz und die Senke des Zugersees nordwärts, worauf sie durch Ablenkung infolge rückschreitender Erosion in ihr heutiges Bett gelangt wäre. Da die Bodenschwelle zwischen Küssnach und Immensee ganz aus Moränenschutt besteht, darf angenommen werden, dass einst auch der Zugersee mit dem Küssnacher Arm des Vierwaldstättersees in Verbindung gestanden habe.
Die am tiefsten greifenden Formveränderungen aber gingen im Gebiet um Stans und um Alpnach vor sich. Während einerseits der den Buochsersee mit dem Becken von Alpnach und Hergiswil verbindende und den Bürgenberg zu einer Insel isolierende Seearm durch die Anschwemmungen der Engelberger Aa vollständig verlandete, zog sich andrerseits auch die Alpnacherbucht, den heutigen Sarnersee einschliessend, bis nach Giswil hinauf. Die Rufdämmung und Höherlegung des Sarnersees um 36 m haben dann in der Folge die massenhaften Geschiebe der beiden Schlieren und der Melchthaler Aa besorgt.
Während aber die glaziale Sedimentation, die sich an all diesen Umänderungen sicherlich stark beteiligt hat, nun vollkommen zur Ruhe gekommen ist, setzen die Flussläufe ihre zuschüttende Arbeit ununterbrochen fort. Die Deltas ¶
mehr
wachsen immer weiter in die offene Seefläche hinaus, und die weithin verfrachteten feinen Schlammpartikeln tragen stetsfort das ihrige zur Verminderung der Wassertiefe bei. Sowohl das Stammbecken des Vierwaldstättersees als die Becken aller seiner ehemaligen und heutigen Verzweigungen tragen deutlich den Stempel von fluviatilen Erosionsthälern. Je nach der Richtung dieser verschiedenen Thalfurchen hinsichtlich der Faltungsrichtung des Gebirges lassen sich im System des Vierwaldstättersees folgende Quer- und Längssegmente unterscheiden: Urnersee = Querthal;
Gersauerbecken = Längsthal, nachher Querthal;
Weggiserbecken = Längsthal;
Luzernerbucht = Querthal;
ehemaliger Seearm von Schwyz = Längsthal;
ehemaliger Lowerzerarm = Querthal;
Küssnachersee = Längsthal;
Buochsersee und Ebene von Stans = Längsthal;
ehemaliger Seearm Stans-Stansstad = Querthal;
Alpnacher- und Sarnersee = Längsthal;
Hergiswilerbecken = Querthal, dann Längsthal.
Die heutige Achse des Vierwaldstättersees von Flüelen bis nach Luzern setzt sich somit abwechselnd aus transversalen und aus longitudinalen Stücken zusammen.
Die Wannen des Urnersees und des Gersauerbeckens bis zu den beiden «Nasen» sind in die tektonisch stark gestörten Flysch-, Nummulitenkalk- und Neokomfalten des Alpensystems eingeschnitten, während Weggiserbecken, Kreuztrichter, Luzernerbucht und die unmittelbar damit in Verbindung stehenden Arme in der subalpinen Molasse (Nagelfluh und rote Schichten) liegen und endlich Buochserbucht und Alpnachersee wiederum zwischen alpine Falten sich einschieben.
Man nimmt allgemein an, dass das Urstromthal der Reuss der Seeachse Urnersee-Gersauerbecken-Weggiserbecken-Luzernerbucht folgte. Freilich darf auch vermutet werden, die Reuss sei vor der Durchsägung der Schwelle zwischen den beiden «Nasen» eine zeitlang der Senke Buochs-Stansstad entlang geflossen. Wahrscheinlicher ist aber das Querthalstück Stans-Stansstad durch die Engelberger Aa ausgewaschen worden, deren Stammthal längs der Achse des obern Hergiswilerbeckens und über Horw direkt nach Luzern sich zog und unterwegs als Seitenzweig den Lauf der Sarner Aa aufnahm. Nach dieser Annahme wäre dann die Ablenkung der Engelberger Aa zur Buochserbucht erst in rezenter Zeit erfolgt. Es darf ausserdem mit grosser Wahrscheinlichkeit behauptet werden, dass die Thalsenke Brunnen-Arth-Zugersee ebenfalls ein alter Reusslauf sei. Die Abtrennung des Zugersees könnte auf prähistorische Bergstürze vom Rossberg zurückgeführt werden, während die Geschiebeakkumulationen der Muota die Lowerzerbucht aufgefüllt haben.
[Prof. H. Schardt.]
4. Physik des Seewassers.
Thermik. Betr. der Oberflächentemperaturen des Vierwaldstättersees entnehmen wir die folgenden Angaben der Arbeit von Amberg über limnologische Untersuchungen (in den Mitteilungen der Naturforsch. Ges. Luzern. 4. Heft). Die zuverlässigsten Messungen stammen vom Küssnacherbecken, wobei zu bemerken ist, dass als «pelagische Temperatur» die Wassertemperatur der Oberfläche des offenen Sees zu bezeichnen ist.
Uebersicht der mittleren Luft- und Seetemperaturen des Küssnacherbeckens für die Jahre 1898-1901.
Tagesmittel der Temperaturen der Luft (Luzern) °C. | Tagesmittel der Temperaturen des Sees (am Ufer) °C. | Mittlere pelagische Temperatur des Sees° C. | |
---|---|---|---|
Januar | 0.65 | 4.63 | 4.59 |
Februar | 0.68 | 3.80 | 3.57 |
März | 3.08 | 6.45 | 4.85 |
April | 8.32 | 8.69 | 7.61 |
Mai | 12.40 | 12.23 | 11.76 |
Juni | 16.50 | 16.52 | 16.15 |
Juli | 18.38 | 18.90 | 18.58 |
August | 17.70 | 19.60 | 19.14 |
September | 14.75 | 17.65 | 17.10 |
Oktober | 9.50 | 13.05 | 12.97 |
November | 4.18 | 9.43 | 9.37 |
Dezember | 0.35 | 6.24 | 6.55 |
Winter (Dez.-Febr.): | 0.56 | 4.89 | 4.91 |
Frühling (März-Mai) | 7.93 | 9.12 | 8.07 |
Sommer (Juni-Aug.) | 17.53 | 18.34 | 17.95 |
Herbst (Sept.-Nov.) | 9.48 | 13.38 | 13.14 |
Jahr: | 8.87 | 11.43 | 11.02 |
Aus der Tabelle ist ersichtlich, dass die Ufertemperatur im allgemeinen höher ist als die pelagische Temperatur des Sees. Im Frühjahr erwärmt sich das Wasser am Ufer viel stärker als dasjenige auf dem offenen See, während umgekehrt im Winter das Uferwasser sogar kälter sein kann als das Wasser des offenen Sees. Die Zunahme der Lufttemperatur ist am stärksten vom März bis April, während erst zwei Monate später die Temperatur des Sees sich rasch erhöht. Der Alpnachersee weicht vom übrigen See bedeutend ab. Im Sommer ist er erheblich wärmer, im Winter etwas kälter als der Küssnachtersee. ¶
mehr
Die Ufertemperaturen des Alpnachersees sind von den Temperaturen an den tiefern Stellen nur wenig verschieden.
Hinsichtlich der Tiefentemperaturen notieren wir aus den zahlreichen Messungen für das Gersauerbecken folgende Resultate vom Jahr 1899:
Tiefe m | 23. Febr. °C. | 25. Aug. °C. | 29. Dez. °C. |
---|---|---|---|
0 | 5.4 | 19,3-20,0 | 6.1 |
5 | 5.2 | 18.4 | 5.9 |
10 | 5.2 | 14.4 | - |
20 | 5.1 | 10.4 | 5.9 |
30 | 5.1 | 6.8 | 5.8 |
40 | 5.1 | 6.2 | 5.8 |
50 | 5.1 | 6.1 | 5.8 |
100 | 5.1 | 5.4 | 5.6 |
200 | 4.8 | 4.9 | 4.9 |
Im Februar besitzt also beinahe die ganze Wassersäule die nämliche Temperatur. Im August dagegen besitzen die Oberflächenschichten eine hohe Temperatur, welche schon bei 40 und 50 m Tiefe auf 6° sinkt. Ende Dezember nimmt die Wassersäule wieder eine gleichmässige Temperatur an.
Amberg schreibt: «Das Wasser hat bekanntlich die physikalische Eigenschaft, dass es im reinen Zustand bei einer Temperatur von 4° die grösste Dichtigkeit hat, also spezifisch am schwersten ist. Im See wird daher diejenige Wasserschicht, deren Temperatur 4° beträgt oder diesem Wert am nächsten steht, die tiefste Stelle einnehmen. Die übrigen Schichten ordnen sich in der Reihenfolge übereinander, in welcher sich ihre Temperatur von derjenigen von 4° entfernt. Diese sog. thermische Schichtung ist eine rechte oder direkte, wenn die Temperatur des Wassers von unten nach oben zunimmt, d. h. wenn die Temperaturen aller Schichten höher als 4° sind. Hingegen ist diese Schichtung eine verkehrte oder inverse, wenn die Temperatur von unten nach oben eine abnehmende ist, also alle höheren Schichten kälter sind als 4°. Bei unsern thermischen Lotungen im eigentlichen Vierwaldstättersee haben wir diese inverse Schichtung, abgesehen von einigen lokalen Anomalien, nie angetroffen.
Doch lassen sich indirekt einzelne inverse Schichtungen, freilich mit sehr geringen Amplituden, aus dem Protokoll der Oberflächentemperaturen nachweisen".
Folgende Hauptresultate werden zusammengestellt:
1. Mit Beginn der thermischen Schichtung, um Mitte März herum steigt die Temperatur der Oberflächenschicht, zeitlich rasch zunehmend, bis in den Juni. Nach der Tiefe verlangsamt sich diese Zunahme. Von der untern Sprungschicht an abwärts dagegen ist sie sehr gering, doch immerhin so, dass schon um Ende Frühling etwelche Zunahme bis in die tiefsten Schichten des Sees sich konstatieren lässt.
2. Vom Juni an ist das Verhalten in den obern etwas abweichend von demjenigen in den untern Schichten des Sees.
Während in den obern Schichten die progressive Temperaturzunahme bis Ende Juli anhält, stellt sich in den untern Wasserschichten zeitweise ein Stillstand oder vorübergehend sogar ein Rückgang der Temperatur ein, welcher sich nach und nach abgeschwächt auch in grösseren Tiefen fühlbar macht.
3. Sehr bald, nachdem die Zunahme der Wassertemperatur den grössten Wert erreicht hat, tritt ein ebenso energischer Rückschlag und infolgedessen auch ein Rückgang der Temperatur überhaupt ein.
4. Das Maximum der Seetemperatur wird in den obersten Schichten des Sees gegen Ende August erreicht. In der unteren Sprungschicht und tiefer abwärts verspätet sich der Eintritt dieses Maximums sukzessive mehr und mehr bis in den November, in den tiefsten Schichten unter Umständen sogar bis in den Dezember hinein.
5. Der Temperaturrückgang nach Ueberschreitung des Maximums bis zum Wiederausgleich im Januar vollzieht sich zwar mit allmählich abnehmender, aber bis in immer grössere Tiefen nach und nach sich mehr und mehr ausgleichender Geschwindigkeit, im ganzen innert kürzerer Zeit, als die Temperaturzunahme des Sees.
Die thermische Bilanz ergibt folgenden Wärmegewinn für den Vierwaldstättersee:
Seebecken | Volumen in Billionen m3 | Mittlere Tiefe m | Mittl. Wärmegewinn von 1 m3 | Datum der Lotung 1900 | Total Wärmegewinn bis in Billionen Kal. |
---|---|---|---|---|---|
Urnersee | 3180 | 148 | 2811 | 25. August. | 8939 |
Gersauerbecken | 4480 | 142 | 2836 | 25. August. | 12705 |
Weggiserbecken | 2500 | 105 | 4267 | 25. August. | 10668 |
Uebriger See | 1750 | 54 | 7333 | 25. August. | 12833 |
Ganzer Vierwaldstättersee: | 11910 | 45145 |
Dieser Wärmegewinn bedeutet nicht das Maximum des betreffenden Jahres. Wie die Lotungen des Jahres 1899 gezeigt, wächst er noch bis in den September hinein. Diese Zunahme ist jedoch nicht mehr sehr bedeutend; bis 28. September betrug sie im Gesamtbecken noch etwa 2,2%. Mit diesem Zuschlag käme der Gesamtbetrag der bis in den September aufgespeicherten Wärmemenge des ganzen Sees auf rund 46 Billionen Kalorien.
Dieser Betrag ist ein ganz respektabler. Um ihn einigermassen zu veranschaulichen, wollen wir ihn in das entsprechende Quantum Kohle verwandeln. Durch Verbrennen von 1 kg können 7800 Kalorien Wärme erzeugt werden. Zur Erzeugung des obigen sömmerlichen Wärmegewinnes des Sees wären also rund 5900 Millionen Kilogramm oder 5,9 Millionen Tonnen Kohle erforderlich. Dieser Bedarf entspricht einem mit Kohlen beladenen Eisenbahnzug von 590000 Güterwagen, jeder zu 10 Tonnen gerechnet. Dies erforderte, wenn die Länge eines Wagens zu 6 m angenommen wird, einen Eisenbahnzug von 3540 ¶
mehr
Kilometer, entsprechend einer Länge von zirka 31,3 Aequatorgrad, oder etwa der Entfernung des Nordkaps von der Südspitze von Sizilien. Hiebei ist nicht in Anschlag gebracht das grosse Wärmequantum, das der See schon während der wärmeren Jahreszeiten abgegeben hat, einerseits an die Atmosphäre während der Nacht oder überhaupt während kühleren Tageszeiten, andrerseits an die aufgenommenen kälteren, zum Teil von Schnee und Gletscher herstammenden bedeutenden Wassermassen der Zuflüsse.
Die im Sommer aufgespeicherte Wärme des Sees wird in der kälteren Jahreszeit nach und nach wieder an die Luft und durch diese an die umgebenden Ufer abgegeben. Es ist dies für das Klima der Umgebung ein ganz erheblicher Faktor von nicht zu unterschätzender Bedeutung.
In Jahrgängen mit sehr kalten Wintern kann natürlich die Wärmeabgabe des Sees über die angenommene Anfangstemperatur von 4° hinunter gehen. Wie sich aus obigen Zahlenangaben leicht berechnen lässt, repräsentiert eine jede weitere Abkühlung von 1° C. eine Wärmeabgabe des ganzen Sees im Betrag von rund 4,5 Billionen Kalorien oder zirka 10% des obigen Totals des Wärmegewinnes während der wärmeren Jahreszeit.
Die Einordnung des Vierwaldstättersees in die von Forel aufgestellten Kategorien ergibt, dass alle Hauptbecken des Sees in die selbe Kategorie, wie der Genfersee zu rubrizieren wären, während der Alpnachersee zu den temperierten Seen mit geringer Tiefe (im Mittel 20 m) gehört. Wie wir aber gesehen, besteht immerhin zwischen dem tiefere innern oder obern See, umfassend den Urnersee (mit 148 m mittlerer Tiefe) und das Gersauerbecken (mit 142 m mittlerer Tiefe), und dem äussern oder untern See, d. h. dem ausserhalb der Nase gelegenen Teil (mit 75 m mittlerer Tiefe) nicht nur in den Temperaturen der oberen, sondern auch denjenigen der tieferen und tiefsten Schichten, sowie bezüglich der Tiefenverhältnisse Abweichungen, welche es fraglich erscheinen lassen, ob alle Seebecken in die selbe Hauptkategorie gestellt werden dürfen. Es müssten zur definitiven Lösung dieser Frage erst noch während einer längeren Reihe von Jahren Beobachtungen angestellt werden.
Es ist anzunehmen, dass in kalten Jahrgängen auch die abyssale Temperatur der Seebecken mit geringerer Tiefe unter 4° herabsinkt. Aus der Witterungschronik früherer Jahre ist bekannt, dass der äussere See, namentlich die Luzernerbucht, das Küssnacher- und Hergiswilerbecken, in solchen Jahrgängen wiederholt fest zugefroren sind, während für das Gersauerbecken nur zweimal, nämlich in den Wintern 1684 und 1685, ein Zufrieren, so dass es überschreitbar war, gemeldet und für den Urnersee gar kein derartiger Fall bekannt ist. In kalten Jahren ist also auch ein Herabsinken der abyssalen Temperaturen unter 4° im äussern See sehr wahrscheinlich.
Es dürfte demnach das Richtige sein, den äussern See auf die Grenze der ersten und zweiten Kategorie zu stellen, während dem Gersauerbecken und dem Urnersee der tropische Typus in bestimmter Weise zugesprochen werden muss.
Transparenz. Im Winter ist die Durchsichtigkeit des Wassers am grössten. Das Maximum fällt mit 15-16,8 m in die Zeit vom Ende Dezember bis Anfangs März. Vom März an beginnt die allgemeine Trübung des Sees und nimmt bis April rasch zu. Das Minimum der Durchsichtigkeit fällt in den Monat Juli und beträgt im Mittel 7,9 m. Von da an beginnt wieder die Aufhellung des Sees. Im Alpnachersee beträgt das Maximum kaum 5 m, während das Minimum den geringen Wert von 1,28 m aufweist. Die Abnahme der Durchsichtigkeit des Sees vom März bis Juli und die nachfolgende Zunahme derselben vom Juli bis in die Wintermonate hinein ist vorwiegend bedingt durch die Zunahme der Niederschläge im ersten und deren Abnahme im zweiten Halbjahr.
Die Trübung des Sees wird dabei durch dessen thermische Schichtung im Sommer gefördert, weil dann die trüben Wasser der Zuflüsse eher eine Wasserschicht von gleichem spezifischem Gewicht antreffen, um sich mit ihr zu vermischen. Die vollständige Dunkelheit wird im Vierwaldstättersee wahrscheinlich in folgenden Tiefen vorhanden sein:
(m) | Minimum | Maximum |
---|---|---|
Urnersee | 20 | 110 |
Gersauerbecken | 40 | 105 |
Luzernerbecken | 60 | 110 |
Farbe. Die charakteristische Farbe des Wassers des Vierwaldstättersees, mit Ausschluss des Alpnachersees, ist eine blaugrüne, entsprechend der Stufe V, im äussern oder untern Teil des Sees IV-V, diejenige des Alpnachersees dagegen eine gelbliche, entsprechend der Stufe X der Forelschen Skala.
Ueber die Seiches stellte Ed. Sarasin aus Genf langjährige Beobachtungen an. Die ersten Versuche wurden auf der Linie Luzern-Flüelen gemacht. Sarasin leitet aus der Gesamtheit dieser Messungsresultate für die Uninodale ab 44,20 Minuten oder 44 Minuten 12 Sekunden, für die Binodale 24,25 Minuten oder 24 Minuten 15 Sekunden. Die Binodale ist somit ein wenig länger als die Hälfte der Uninodalen, wie dies der Fall ist bei allen bis jetzt studierten Seen, mit Ausnahme des Genfersees.
Dann fügt Sarasin noch bei: «Die einfache Pendelbewegung herrscht hier unumschränkt, und man hat Grund, überrascht zu sein, dass sie sich mit einer so vollkommenen Beharrlichkeit in einem im allgemeinen so komplizierten Becken bildet. Ungeachtet dieser Unregelmässigkeit der Form, bildet der See einen gut geregelten, gut gestimmten Vibrationsapparat, was an der günstigen Stellung, welche die Seeenge der „Nasen“ einnimmt, liegen muss, diesem starken Knoten, der gut mit dem natürlichen Knotenpunkt der Schwingungen der beiden Seehälften, die sich gegenseitig das Gleichgewicht halten, zusammenfällt. Es ist dies das Gegenteil von dem, was ich auf dem Zürichsee konstatiert habe, einem See mit unregelmässigem und wenig konstantem Schwingen, das gestört wird durch die leidige Lage des starken Knotens bei Rapperswil, der mit dem natürlichen Knotenpunkt des Sees nicht zusammenfällt und ihn zu einem durch den Musiker falsch gestimmten Instrument macht.»
5. Chemische Zusammensetzung des Wassers.
Stadtchemiker Dr. E. Holzmann in Zürich gibt folgende Analyse für eine Wasserprobe, welche am gegenüber der Dampfschiffbrücke Hintermeggen aus 40 m Tiefe gepumpt wurde:
Milligramm per Liter | |
---|---|
Feste Bestandteile | 134 |
Alkalinität als Ca CO3 | 100 |
Oxydierbarkeit als K Mn O4 | 3.87 |
= sog. organ. Substanz | 19.37 |
Ammoniak | 0.002 |
Albuminoides Ammoniak | 0.008 |
Nitrite | 0 |
Nitrate | 0 |
Chloride als Cl | 4.2 |
Sulfate | Spuren |
Die Mineralanalyse lautet: | |
Ca O | 52.5 |
Mg O | 2.5 |
K2 O | leise Spur |
Na2 O | 6.9 |
Al2 O3 | 27.9 |
Fe2 O3 | Spuren |
Cl | 4.2 |
SO4 | 18.7 |
Si O2 | 3.5 |
Trockenrückstand | 127 |
Glührückstand | 117.6 |
Gesamte Härte Grade | 11.76 |
Vorübergehende Härte Grade | 10.5 |
Bleibende Härte Grade | 1.26 |
Spezifisches Gewicht | 1.000102. |
Schlammabsatz. Darüber berichtet Prof. Heim (in der Vierteljahrsschr. der Naturf. Ges. in Zürich 1900). Er stellte die Versuche, um den Schlammabsatz auf dem Boden zu bestimmen, im Urnersee an, oberhalb des Rütli und im Muotabecken. Vom bis ergab sich im Urnersee als:
Dicke der nassen Schlammschicht | 15 mm |
Absatz auf jedem cm2 | 1.91 gr |
Dicke der getrockneten Schicht: | 3.8 mm |
Absatz auf jedem cm2 | 0.95 gr |
¶