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Schaffhauser Dörflein Burg mit reform. Kirche gegenüber Stein und endlich die winzige, bloss 11-12 ha messende st. gallische Enklave Raach im Egnach bei Hegi. Weitere Naturgrenzen besitzt der Kanton sozusagen keine. Die politischen Grenzen sind: im N. das Grossherzogtum Baden und der Kanton Schaffhausen (dieser nur auf zwei ganz kleinen Strecken, bei Burg und wieder bei Dörflingen);
im O. die Königreiche Württemberg und Baiern;
im S. der Kanton St. Gallen von Horn bis zum Hörnli auf einer vielfach gebrochenen, etwa 97 km langen Strecke mit starken Einbiegungen bei Amriswil und Wil;
im W. der Kanton Zürich vom Hörnli bis Paradies (72 km; Einbuchtung bei Stammheim).
Das Gesamtareal des Kantons beträgt 1011,6 km2, wovon aber 155,54 km2 auf Seen mit über 10 ha Wasserfläche entfallen (der Anteil des Thurgaus am Bodensee mit Untersee beträgt 154,78 km2). Somit verbleiben an festem Boden 856,06 km2, wovon 9,7 km2 auf unproduktiven Boden entfallen. Der Thurgau zählt 113221 Ew. oder 112 Ew. auf 1 km2 der Gesamtfläche (131 Ew. auf 1 km2 der festen Oberfläche). Sowohl der Fläche als der Einwohnerzahl nach nimmt er den 12. Rang unter den Schweizerkantonen ein.
2. Orographie.
Der Thurgau gehört ausschliesslich dem schweizerischen Mittelland an, das hier bloss im Gebiet des Hörnli Voralpencharakter zeigt, sonst aber nicht als eigentliches Bergland bezeichnet werden kann. Die Höhenlage schwankt zwischen 400 m (Seeufer und Unterlauf der Thur) und 1000 m (Allenwinden am Hörnli). Abgesehen vom Gebiet des Hörnli besitzt er keine eigentlichen Berge. Niedrige und sanft geformte Hügel und Höhenzüge wechseln ab mit ebenen Flächen und lang gestreckten Thalschaften, die wohl teilweise bis 2,5 km breit sein können, aber wenig tief eingeschnitten sind und die gleichen Namen wie die betr. Gewässer tragen.
a) Nördl. Abschnitt. Der Bezirk Arbon ist, mit Ausnahme seines südl. Teils bei Freidorf-Roggwil, eben. Dann folgt das von Hessenreuti bis Romanshorn ziehende liebliche Aachthal. Nördl. davon beginnt bei Dozwil-Romanshorn ein leichter, beidseitig sanft geböschter Höhenzug, der, immer ansteigend und steiler werdend, sich dem ganzen See und Rhein entlang bis an die zürcherische Grenze bei Stammheim hinabzieht. Es ist dies der «Seerücken», der die Seegegend vom Thurthal trennt.
Seinen höchsten Punkt erreicht er bei Salen-Reutenen (723 m) zwischen Berlingen und Müllheim. Als südl. Ausläufer des Seerückens können der von Berg bis Märstetten sich erstreckende anmutige Ottenberg (684 m) und die von Debrunnen-Herdern an das rechte Thurufer begleitende Neunforner Höhe bezeichnet werden. Vom Seerücken getrennt wird der Ottenberg durch das kleine Kemmenthal, die Neunforner Höhe dagegen durch das fast flache Seebachthal mit den Hüttwilerseen. Als isoliert sich erhebende Hügel in diesem nördl. Kantonsteil sind endlich noch zu nennen der Rodelberg zwischen Etzwilen und Diessenhofen, sowie der waldige Kohlfirst zwischen Schlatt und Schaffhausen.
b) Mittlere Hügelregion. Die Hügelrücken südl. vom Aachthal sind der Räuchlisberg und der Lettenberg, letzterer zwischen Erlen-Sulgen und Heidelberg bei Hohentannen. Hier wird er von der Thur durchbrochen, setzt sich aber auf deren jenseitigem Ufer über den ganzen mittleren Kantonsteil links der Thur fort. Schliesslich verzweigt er sich in den langgestreckten Wellenberg zwischen Amlikon und Frauenfeld, sowie den mit diesem parallel laufenden Immenberg (710 m) mit dem stolzen Schloss Sonnenberg.
Diese beiden Hügelzüge schliessen das kleine, wiesenreiche Thunbachthal ein, während am Fuss der steilen S.-Seite des Immenbergs sich das Lauchethal hinzieht. Als wichtigste Höhen in dieser mittlern Hügelreihe des Kantons sind ferner noch zu nennen: der Gabrisstock, der Nollen (der sog. thurgauische Rigi; 737 m) zwischen Bürglen und Wil, die Braunauerhöhe, der Bausel zwischen Frauenfeld und Gachnang mit schöner Rundschau bei Gerlikon, dann zwischen Frauenfeld und Aadorf der Hügel «Burg» mit ebenfalls lohnender Aussicht und endlich der ziemlich isolierte Tuttwilerberg zwischen Wängi und Eschlikon.
c) Die dritte oder südl. Gruppe bildet das Hörnli mit seinen Ketten und Ausläufern links und rechts des obern Murgthales. Dieser sog. Hinterthurgau bildet den gebirgigsten Abschnitt des Kantons mit einem förmlichen Gewirr von Kämmen und Kuppen, Thälchen und Tobeln, sowie vereinzelt stehenden Stöcken. Die Gegend hat schon subalpinen Charakter und zeigt saftig-grüne, von waldigen Höhen umschlossene Wiesengründe, über welche eine Menge von Einzel- und Dorfsiedelungen hingestreut sind.
Die ruhige, vom Kohlenrauch der Maschine wie vom städtischen Verkehrslärm freie Lage hat Fischingen mit seinem alten Kloster und seinen idyllischen Matten und Waldungen zu einer besuchten Station für Erholungsbedürftige gemacht. Die Spitze des Hörnli gehört dem Kanton Zürich an; der Markstein, «Dreiländerstein» genannt, zwischen Thurgau, Zürich und St. Gallen steht unmittelbar am Anstieg zum höchsten Gipfel auf dessen N.-Abhang. Andere besuchte Punkte sind: Ottenegg und Iddaberg bei Fischingen, der Hackenberg bei Dussnang und der Haselberg (825 m) bei Bichelsee.
3. Hydrographie.
In hydrographischer Beziehung kommt die grösste Bedeutung dem Bodensee (Ober- und Untersee) mit dem ihm entströmenden Rhein zu, die der Landschaft einen hohen Reiz verleihen, billige und bequeme Verkehrsstrassen bilden, der Fischerei eine schöne Ausbeute sichern und auf das Klima als regulierende Faktoren einwirken. Der ganze Kanton gehört entweder direkt oder durch Vermittlung der Thur zum Einzugsgebiet des Rheins. Direkte, aber nur kurze Zuflüsse des Bodensees und Rheins aus dem Thurgau sind: die Goldach bei Horn, die Aach oder Salmsach bei Romanshorn, der Geisslibach bei Diessenhofen und die Schwarzach bei Paradies.
Die Ortschaften Ermatingen, Berlingen, Steckborn, Mammern und Eschenz stehen auf Deltas, die von den Bächen am N.-Abhang des Seerückens in den See hinausgebaut worden sind. Kleinere Seen im Innern des Landes: der Nussbaumersee, die Hüttwilerseen und der Bichelsee. Zwischen Niederbüren und Bischofszell tritt die aus dem Toggenburg kommende Thur als ziemlich breiter Fluss auf thurgauischen Boden über, um hier nw. Bischofszell am Fuss des das Städtchen tragenden Felsens von rechts die annähernd gleichstarke aber den Thurgau nur 6 km weit durchfliessende Sitter zu erhalten und dann den ganzen Kanton von O. nach W. in dem meist breiten Thurthal bis Neunforn zu durchschneiden. Die Vereinigung mit dem Rhein erfolgt im Kanton Zürich. Ausser der Sitter erhält sie noch: von rechts den durch Weinfelden fliessenden und bei Amlikon mündenden Giessen, den Kemmenbach, der bei Müllheim mit dem Mühlbach mündet, den Pfinbach und ¶
Lief. 248.
GEOGRAPHISCHES LEXIKON DER SCHWEIZ
Verlag von Gebrüder Attinger, Neuenburg.
^[Karte: 6° 40’ O; 47° 35’ N; 1:300000]
Einwohner per Km2.
░ 1-24
▐ 75-99
▓ 100-149
░ 150-299
▒ 300-399
▓ 400-499
▐ mehr als 500
V. Attinger sc.
KANTON THURGAU ¶
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den Seebach (Abfluss der Hüttwilerseen) bei Ochsenfurt; von links die vom Hörnli kommende und 2,5 km n. Frauenfeld mündende Murg mit der Lauche, dem Thunbach und der kleinen Lützelmurg.
Für Einrichtung elektrischer Kraftanlagen scheinen die thurgauischen Gewässer nicht besonders geeignet zu sein. Sie haben zu wenig Stosskraft und zu wenig Gefälle. In trockenen Sommern führen etliche Bäche und Flüsse überhaupt nur spärlich Wasser. Man beabsichtigte, Elektrizitätswerke an der Thur und der Murg anzulegen, musste aber infolge ungünstiger Gutachten davon wieder absehen. Die thurgauischen Gemeinden beziehen demnach die Elektrizität meist von auswärts.
Frauenfeld hat einen Kraftlieferungsvertrag mit der Gesellschaft «Motor» in Baden (Beznau-Werk) abgeschlossen, welche bis ins Hasli-Müllheim Leitungen erstellt. Dann hat sich eine Aktiengesellschaft mit Sitz in Arbon für ein Elektrizitätswerk «Bodensee-Thurthal» gebildet, welche von Arbon abwärts Leitungen erstellt und von einem grossen auswärtigen Stromlieferanten Kraft bezieht. Ein paar Gemeinden besitzen schwächere kleine Elektrizitätswerke für ihren lokalen Bedarf an Licht und Kraft; so Steckborn, Emmishofen, Kreuzlingen, Romanshorn und Egnach.
Die thurgauischen Flusswasser werden dagegen vielfach durch Kanäle zu kleinern und grössern gewerblichen und industriellen Anlagen geleitet, wo sie als Triebkraft und in anderer Weise dienstbar gemacht sind. Trink- und Brauchwasser ist in guter Qualität vorhanden, ebenso Wasser für Feuerlöschzwecke. Die meisten Gemeinden besitzen Reservoirs, Hauswasserversorgung und Hydranten. Kreuzlingen, Romanshorn und Münsterlingen haben Seewasserversorgungen, die unfiltriertes Bodenseewasser liefern. Weil aus einer Tiefe von 30-40 m gefasst, soll dieses chemisch und bakteriologisch ebenso rein sein, wie filtriertes See- und Quellwasser. Zur Zeit ist eine auf der Grundlage des Siegfried-Atlas in 1:25000 beruhende Quellenkarte des Thurgaues im Entstehen begriffen, die sowohl rein wissenschaftliche Zwecke verfolgen als auch in praktischer Hinsicht für künftigen vermehrten Quellwasserbedarf der Gemeinden vorsorgen soll.
4. Allgemeiner Landschaftscharakter.
Abgesehen vom See und Rhein und deren Ufern kann von eigentlichen Naturschönheiten und Naturwundern im Thurgau nicht gesprochen werden. Dafür trägt er in hohem Grade den Stempel der Lieblichkeit, des Wohlgeordneten, der Fruchtbarkeit, des äusserst fleissig bebauten und geschäftlich klug bewirtschafteten Bodens. Leider ist der Weinstock nicht mehr wie ehedem (bis in die 70er Jahre des 19. Jahrhunderts) eine Quelle des Wohlstandes. Wer zur Sommerszeit von einem der vielen Aussichtspunkte den Blick über die üppigen Wiesen und Felder, wo Weiler an Weiler und Dorf an Dorf sich reiht, über den Obstbaumwald, die Rebenhänge, die bewaldeten Kuppen schweifen lässt, oder wer das Gelände im Frühjahr, wo die Bäume mit einem wahren Meer schneeweisser Birnen- und rötlichweisser Apfelblüten überschüttet sind, durchwandert, oder endlich im Herbst die Fülle zitronengelber und rotwangiger Früchte und die Trauben aus dem Laub herauswinken sieht, der muss sich gestehen, dass ihm ein gesegnetes Fleckchen Erde zu schauen vergönnt ist. So anziehend und fruchtbar indes die meisten Thäler und Höhen sind, bilden doch die Ufer des Untersees, mit denen einzelne Striche am Obersee (vorab Kreuzlingen) wetteifern, den Glanzpunkt des Kantons.
Nicht umsonst haben seit alten Zeiten Schloss an Schloss sich gereiht an diesen Ufern mit ihrem herrlichen Baumwuchs, ihren üppigen Gärten, fruchtbaren Weinreben, stillen Wäldern und Schluchten, mit dem Ausblick auf den See und die teils sehr nahe liegenden, teils im Dunst verschwimmenden jenseitigen Ufer. Kurorte: Ermatingen, Mannenbach, Glarisegg-Steckborn, Mammern. Vergegenwärtigt man sich alle diese Anmut und dieses Gedeihen, so erkennt man, dass das thurgauische Volkslied «O Thurgau, du Heimat, wie bist du so schön!» nicht ohne Grund entstanden ist.
[Dep.-Sekr. F. Ribi.]
5. Geologie.
Das ganze Gebiet des Kantons weist hauptsächlich zweierlei Bildungen auf: Tertiäre, vertreten durch die nichtdislozierten Schichten der obern Süsswassermolasse, und quartäre, zu welchen einerseits die einige Kantonsteile geradezu charakterisierenden diluvialen und andrerseits die alluvialen Ablagerungen gehören.
Die Molasse deutet auf eine Deltabildung hin. In diesem Hörnli-Delta, das zur Breite die Entfernung Uetliberg-Untersee, zur Länge die Strecke Hörnli-Höhenzüge bis Rafz hat, kommen folgende Sedimente in Betracht: a) die Mergel, welche hinsichtlich ihrer Zusammensetzung und Farbe eine grosse Mannigfaltigkeit aufweisen. Sie sind grösstenteils sehr kalkreich (Ausbeute bei Eschikofen) und enthalten oft nicht nur kohlige Trümmer von Pflanzen, sondern auch Reste von Land- und Süsswasserkonchylien (bituminöse Mergel). - b) Der Sandstein. Als Farbe herrscht Grau vor; der Struktur nach ist er fein- bis grobkörnig. Das Bindemittel, der kohlensaure Kalk, tritt in verschiedenen Quantitäten auf; nicht selten finden sich Stellen, wo es konzentriert ist (Knauermolasse). Der geringen Festigkeit wegen wird der Sandstein selten als Baustein verwendet. Bei Kehlhof-Berg befindet sich ein Steinbruch, der als Spezialität Ofenplatten liefert. - c) Der Süsswasserkalk wurde trotz der geringen Mächtigkeit der Lager früher als sog. Wetterkalk an manchen Orten namentlich im hintern Thurgau, ausgebeutet. - d) Die Nagelfluh kommt vornehmlich im hinteren und westl. Teil des Kantons zur Geltung. Auffallend ist die Abnahme der Geröllgrösse in nordwestl. Richtung, sowie eine Verminderung in der ¶
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Zahl der Nagelfluhbänke, an deren Stelle Sandsteine und Mergel treten. Die Linie Bischofszell-Sulgen-Strasse nach Kreuzlingen bezeichnet die nordöstl. Grenze des Vorkommens der Nagelfluh. Der jenseits dieser Linie gelegene Kantonsteil präsentiert sich in meist sanften hügeligen Formen, bedeckt von diluvialen Ablagerungen. Im diesseits der genannten Linie gelegenen Gebiete, dessen Anhöhen vielfach Nagelfluhbänke aufweisen, die dem Einfluss der Atmosphärilien besser widerstehen als Sandsteine und Mergel, erheben sich teilweise recht scharf ausgeprägte Berggruppen. - e) Sehr häufig ist das Vorkommen von Molassekohle in Form von Flötz- und Nesterkohle. Eine Ausbeute fand eine Zeit lang statt in Herdern, Wellhausen, Murkart, Littenheid. Genauere Untersuchungen haben ergeben, dass das Vorhandensein abbauwürdiger Kohlenlager überhaupt höchst unwahrscheinlich ist. - f) Hinsichtlich der Flora und Fauna kann ein reiches Vorkommen von fossilen pflanzlichen und tierischen Vertretern erwähnt werden. Bekannte Fundorte sind Stettfurt, Herdern, Steckborn, Berlingen, Tägerwilen, Bernrain u. a.
Die diluvialen Bildungen liefern in ausgezeichneter Weise nicht nur Beweise für die einstige Vergletscherung des thurgauischen Bodens überhaupt, sondern namentlich auch für die mechanische Tätigkeit der Gletscher, welche zur Thalbildung beigetragen hat. Als Zeugen der Eiszeit seien erwähnt:
a) die Glazialschotter. Diese fluvioglazialen Bildungen sind in mehr oder weniger ausgeprägter Weise reich verbreitet und werden stellenweise auch ausgebeutet. Die Umgebung von Bischofszell z. B. weist nicht nur Schottermassen der jüngeren Eiszeit auf, sondern am rechten Ufer der Sitter auch den Deckenschotter von Hohlenstein. Niederterrassenschotter findet sich in der Umgebung von Rickenbach bei Wil. - b) Von den Drumlins- und Moränenlandschaften haben namentlich die ersteren eine grosse Verbreitung.
Man findet solche im Gottshaus südöstl. Bischofszell, dann nördl. Bischofszell-Zihlschlacht, jenseits des Deckenschotterplateaus vom Hohlenstein, östl. der Thur und südl. der Bahnlinie Frauenfeld-Romanshorn. In den Gemeinden Sulgen, Erlen, Leimbach und Donzhausen sind Drumlins zerstreut. Weitere typische Landschaften beobachtet man in dem Gebiet Märwil-Tobel-Affeltrangen-Lommis-Thürn-Sedel-St. Margarethen, ferner in der Gegend Engwang-Wigoltingen-Pfin, im Kemmenthal von Siegershausen über Hugelshofen bis Märstetten, dann zwischen Vorder- und Hinterhorben bis Wilen-Nunforn und endlich in der Umgebung von Kefikon.
Moränenlandschaften finden sich in den Gebieten zwischen Schlattingen und Unter Stammheim, von Nussbaumen, um die Seen nach Uerschhausen, ferner von Eschenz-Kaltenbach-Etzwilen-Stein-Oeningen. Das ganz beträchtliche Gletschermaterial, das sich in den meisten Thälern ablagerte, war im Stande, Wasserläufen eine andere Richtung zu geben (Thur bei Schwarzenbach, Thunbach, Lützelmurg), Thäler zu sperren und Seen (Hüttwilerseen, ehemaliger Frauenfeldersee), sowie eine grosse Zahl von Sümpfen (Torfmooren) zu bilden. - c) Erratische Blöcke, deren Heimat zum weitaus grössten Teil im Einzugsgebiet des Rheingletschers zu suchen ist, liegen im ganzen Kanton zerstreut umher.
Die bis jetzt gefundenen sind meist von geringer Grösse, solche von mehr als 1-2 m3 Inhalt gehören schon zu den grossen. Einer der bemerkenswertesten Blöcke ist der «graue Stein» oberhalb Ermatingen (subalpiner Muschelsandstein). Ausser diesem leicht erkennbaren Gestein, das im ganzen Kanton Fundstellen aufweist, kommen noch vor Kalksteine der alpinen Jura-, Kreide- und Eozänformation, dann häufig auch grünliche, talkige Quarzschiefer oder grünliche, gneisartige Verrucanogesteine; ferner roter Verrucano, Granite vom Val Puntaiglas und Julier, seltener subalpine Molasse, Kalknagelfluh u. s. w. - d) Gletscherschliffe sind selten. Zwischen Münchwilen und Sirnach wurde im Jahr 1876 ausgezeichnet geschliffener Kalk gefunden. - e) Die Flora der Eiszeit. Fundorte fossiler interglazialer und glazialer Pflanzen sind, abgesehen von einer Stelle in Niederwil bei Frauenfeld, noch keine nachgewiesen. Dagegen ist in Torfmooren und an geschützten Stellen von Moränen noch eine bedeutende Zahl lebender Vertreter der alpinen Flora erhalten geblieben.
Das Studium der erwähnten glazialen Ablagerungen bietet ein Mittel, den Lauf wenigstens des letzten Gletschers zu bestimmen. Vom sanft welligen Oberthurgau aus, der eine allgemeine Bedeckung mit Grundmoräne aufweist, arbeitete sich die Eismasse lappenförmig durch die Molasse hindurch und zwar in der Weise, dass sich ein nördl. Arm in das Gebiet des jetzigen Untersees erstreckte, während der südl. die S.-Grenze des Kantons bestrich und der mittlere sich zwischen dem Otten- und Braunauerberg hindurch drängte. Von diesem letztern Arm zweigte sich ein Lappen ab und zog sich zwischen dem Braunauerberg im S. und dem Sonnenberg im N. bis zur Murg im W. hin. Ein zweiter Lappen bewegte sich durch das Kemmenthal, während der Hauptstrom in die Thäler des untern Thurgau führte. In den südlichsten Gebieten findet sich Erratikum, das auf eine zeitweise Bedeckung durch den Säntisgletscher schliessen lässt.
Der Thurgau ist durchzogen einesteils von ausgedehnten Thalböden, andernteils aber durchfurcht von tief eingeschnittenen, schluchtartigen Thälern. In den letztern weisen die Bäche ein starkes Gefälle auf und konzentrieren sie ihre ganze Wirkung auf das Einsägen in die Tiefe.
Während also die Entstehung der tiefeingeschnittenen, schmalen Thäler das Werk der erodierenden Tätigkeit des fliessenden Wassers ist, muss dagegen bei der Bildung der breiten Thäler grösstenteils Gletschererosion mitgewirkt haben.
Zu den alluvialen Ablagerungen gehören die Flussanschwemmungen, die sich im Murg- und Thurthal vorfinden, dann die Schuttkegel oberhalb Frauenfeld von Wellhausen bis Eschikofen und am Untersee von Eschenz bis Emmishofen. Tuffbildungen finden sich nicht selten. Manche Gegenden sind namentlich in regnerischen Jahren reich an Erdschlipfen.
[Dr. J. Eberli.]
6. Klima.
Der Kanton Thurgau hat seit langen Jahren ein dichtes Netz von Regenmessstationen, so dass wir über die Niederschlagsverhältnisse dieses Gebietes sehr gut orientiert sind. Folgende Tabelle gibt die jährliche Niederschlagsmenge reduziert auf die Periode 1864/1903 für eine Auswahl dieser Regenmessstationen:
mm | mm | ||
---|---|---|---|
Romanshorn | 942 | Weinfelden | 963 |
Amriswil | 984 | Frauenfeld | 963 |
Kreuzlingen | 844 | Nieder Neunforn | 813 |
Haidenhaus | 966 | Wängi | 963 |
Eschenz | 820 | Aadorf | 1006 |
Diessenhofen | 804 | Eschlikon | 1123 |
Bischofszell | 1016 | Dussnang | 1289 |
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Die Differenzen sind also, wenn wir vom obern Murgthal absehen, relativ klein;
die durchschnittliche Jahresmenge beträgt am Bodenseeufer, auf dem Seerücken und im Thurthal etwa 95 cm;
sie nimmt gegen W. ab bis auf 80 cm (Diessenhofen, Nieder Neunforn);
am meisten Niederschlag hat Dussnang in dem gegen das Hörnli aufsteigenden Murgthal.
Vollständige meteorologische Stationen bestehen im Thurgau drei: Frauenfeld, Kreuzlingen und Haidenhaus (auf dem Seerücken ob Steckborn);
langjährige Beobachtungen liegen auch vor von der früheren Station Diessenhofen.
Die mittlern Temperaturen des Jahres und der extremen Monate (reduziert auf den Zeitraum 1864-1900) sind:
Januar °C. | Juli °C. | Jahr °C. | |
---|---|---|---|
Kreuzlingen (430 m) | -1,4 | 18.3 | 8.5 |
Frauenfeld (425 m) | -1,8 | 17.9 | 8.1 |
Diessenhofen (410 m) | -2,2 | 17.4 | 7.7 |
Haidenhaus (695 m) | -2,6 | 16.7 | 7.2 |
Die drei Stationen in der Niederung weisen trotz gleicher Seehöhe nicht unerhebliche Differenzen auf. Am wärmsten ist Kreuzlingen, wohl unter dem Einfluss der grossen Wasserfläche des Bodensees, wie die Differenzen gegen Frauenfeld - am kleinsten im Frühjahr, am grössten im Herbst - zeigen. Die tiefsten Temperaturmittel hat Diessenhofen. Die selbe Reihenfolge der Stationen ergibt sich nach dem mittleren jährlichen Minimum der Temperatur (Kreuzlingen -12,2° C.; Frauenfeld -14,6° C.; Diessenhofen -17,0° C.), während der durchschnittlich erreichte höchste Wert der Temperatur im Jahre sich an allen drei Stationen recht nahe kommt (etwa 29½° C.).
Die mittlere Bewölkung der drei Stationen ist die selbe (6,4); das hochgelegene Haidenhaus hat eine kleinere Bewölkung (5,8), hauptsächlich wegen grösserer Helligkeit im Spätherbst und Winter. Tage mit Nebel werden in Frauenfeld durchschnittlich 55, in Kreuzlingen 63 gezählt; noch häufiger scheint der Nebel in Diessenhofen zu sein. Die Zahl der Regentage beträgt in den Niederungen etwa 145, während Haidenhaus etwa 160 hat. Schnee fällt in Frauenfeld an 27, in Haidenhaus an 45 Tagen im Jahr. An etwa 18 Tagen im Jahre kommen Gewitter vor; bezüglich derselben sei auf eine interessante Studie von Prof. Cl. Hess verwiesen (Einiges über Gewitter in der Schweiz im allgemeinen und Gewitterzüge im Thurgau im speziellen in den Mitteilungen der Thurg. Naturf. Gesellsch. 15).
Im ganzen genommen ist das Klima des Thurgaues dasjenige des die nämlichen Höhenlagen aufweisenden schweizerischen Mittellandes überhaupt. Die Luftströmungen werden hier nicht von Bergketten aufgehalten oder verzögert, so dass sich ihre Wirkung stärker fühlbar zu machen pflegt als in den eigentlichen Bergregionen. Am mildesten und am meisten ausgeglichen erscheint das Klima der Ufergebiete am Boden- und Untersee. Am häufigsten sind frische und feuchte SW.- und W.-Winde. Im Winter bläst häufig die Bise, d. h. der kalte und trockene NO.
[Dr. R. Billwiller.]
7. Flora.
Der Wechsel in Bodenform und Bodenbeschaffenheit ist so gering, dass nur kleine Verschiedenheiten in der Zusammensetzung der Pflanzendecke erwartet werden dürfen. In der Tat sind überall die gewöhnlichen Verhältnisse des Mittellandes vorhanden. Kaum dass am Hörnli und bei Bischofszell noch einige Vertreter der Bergflora hereinstrahlen (Adenostyles, Elymus, Nardus, Rosa alpina, Carlina acaulis, Polygonum bistorta, Alnus viridis etc.) oder längs der Thur herabgeschwemmt vorkommen (Campanula pusilla, Ranunculus aconitifolius, Pleurospermum, Gypsophila repens) und im W. etliche Kalkpflanzen vom Jura her sich bemerkbar machen (Cytisus nigricans, Helleborus foetidus, Pulsatilla).
Floristische Seltenheiten fehlen indes nicht vollständig (Samolus Valerandi und Thalictrum exaltatum bei Güttingen, Aspidium cristatum im Hudelmoos bei Zihlschlacht, Saxifraga oppositifolia am Seestrand von Güttingen bis Kreuzlingen und bei Glarisegg; Gladiolus palustris und Ophioglossum bei Gottlieben; Deschampsia rhenana am See- und Rheinufer, Armeria rhenana bei Mammern, Najas flexilis, Alisma graminifolium und Sagittaria bei Ermatingen). Bei Diessenhofen und Neunforn, in der Zone geringsten Regenfalls, ist eine Anzahl von Bürgern wärmerer Gegenden vorhanden (Lamium amplexicaule, Andropogon Ischaemum, Tunica prolifera, Gypsophila muralis, Antirrhinum orontium, Euphrasia lutea, Urtica urens etc.), und das Seeufer zeichnet sich infolge gemilderter Winter durch eine reiche Parkflora aus.
Die Torfmoore sind meist vorwiegend aus Riedgräsern, Gräsern und Binsen zusammengesetzte Flachmoore mit Erle, Birke und Faulbaum; das Hochmoor mit schwellenden Sphagnumpolstern, mit Ericaceen (Oxycoccus, Andromeda, Calluna) und mit Eriophorum vaginatum findet sich in etwas grösserer Ausdehnung fast nur im obern Thurgau (Rudel-, Heldswiler- und Waldbachermoos). Leider müssen die Moore mehr und mehr dem Kulturland weichen. Mit ihnen schwinden auch viele schöne Pflanzen, besonders Glazialrelikte, die hier ihre Zufluchtsstätte haben (Eriophorum vaginatum und E. alpinum, Oxycoccus, Andromeda, Trollius, Pinguicula alpina, Botrychium lunaria etc.). Uebrigens finden sich solche auch im glazialen Trümmerfeld zwischen Frauenfeld und Diessenhofen, sowie auf Seerücken, Ottenberg, Immen- und Wellenberg (Arctostaphylos, Pirola uniflora, Gymnadenia odoratissima etc.) und am Seestrand (Saxifraga oppositifolia).
Einen eigentümlichen Einschlag in die thurgauische Flora bedeuten die auf mehrere Hektaren zu veranschlagenden und sich stets weiter ausbreitendem Bestände der kanadischen Goldrute (Solidago serotina), die im Ufergebiet von Thur und Murg allmälig die heimische Flora verdrängen, selbst Weidenkulturen ersticken und den Streueertrag bedenklich mindern, so dass der Eindringling bereits den Namen «Streuepest» erhalten hat. Als Streue und Futter ist die Goldrute fast wertlos, als Bienenpflanze dagegen nicht ohne Bedeutung. In ihrer Gesellschaft finden sich, auch herdenweise, doch bedeutend bescheidener auftretend, noch einige weitere, ebenfalls aus Nordamerika stammende Gartenflüchtlinge, wie Solidago graminifolia, Aster salicifolius, A. Novi Belgii und A. parviflorus etc. Die Kryptogamenflora ist noch wenig erforscht. Boltshauser hat in der Umgebung von Amriswil 130 Arten Laubmoose konstatiert. Die Algenflora des Bodensees machten Schroeter und Kirchner bekannt. Die Speisepilze werden selten gesammelt, obschon Keulenschwämme, Reizker, Pfifferling, Brätling und Champignon häufig ¶
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sind. Längs der Thur und Murg finden sich Morcheln, und im Laubwald Steinpilze und Parasolschwamm.
[Prof. H. Wegelin.]
8. Landwirtschaft.
Wenn auch Landbau in Verbindung mit Viehhaltung und Milchwirtschaft immer noch einen Haupterwerbszweig bildet, kann doch der Thurgau heute nicht mehr zu den vorwiegend Landbau treibenden Kantonen gezählt werden. Die Landwirtschaft beschäftigt nicht mehr die meisten Personen; die Zahl der in den verschiedenen Industrien und im Kleingewerbe Tätigen ist grösser geworden. Nach der eidg. Betriebszählung vom beschäftigten im Thurgau: die Urproduktion (inkl. Fischerei, Jagd und Forstwirtschaft) 31495, die Industrie 32212, der Handel 5911 und der Verkehr 2401 Personen.
Die gleiche Zählung ergab das Vorhandensein von 11874 Betrieben der Urproduktion, 9590 industriellen und gewerblichen Betrieben, 3602 Handels- und 550 Verkehrsbetrieben. Auch hier hat sich in den meisten Gemeinden mit rein oder vorherrschend agrikolen Verhältnissen die Gesamtbevölkerung zum Teil stark reduziert. Die jungen Leute werden eben von den industriellen Ortschaften immer mehr angezogen, nicht zuletzt von der Stickmaschine, trotz zeitweiliger Krisen.
Das Verlockende besteht in kurzer Lehrzeit, baldigem Tagesverdienst, freiem Sonntag und Arbeit auch bei ungünstigem Wetter. Sodann kann man in Zeiten der Krisis immer noch oder wieder zu einem andern Beruf übergehen. Man sollte nun meinen, die Verminderung der Zahl der Konkurrenten würde den der Landwirtschaft treu Gebliebenen eine schöne ökonomische Lage zu verschaffen vermögen. Dies trifft aber vielerorts nicht zu. Vielmehr ist unter den thurgauischen Bauern ziemlich allgemein die Klage verbreitet, dass bei der Landwirtschaft nur noch sein Auskommen finden könne, wer nicht oder nicht erheblich verschuldet sei und mit eigenen Arbeitskräften, d. h. ohne die mit Bezug auf Lohn und Verpflegung anspruchsvoll gewordenen Knechte, Mägde und Taglöhner, die Arbeit zu bewältigen vermöge.
Uebrigens sind ja fremde Hilfskräfte fast nicht zu bekommen. Die Dienstboten- und Taglöhnerfrage ist eine brennende. Es ist nicht zu übersehen, dass im Thurgau vorläufig noch die Klein- und Schuldenbauern (Viehzahl 3-5 Stück) die Mehrzahl ausmachen, sowie dass viele derselben einen Rebberg ihr eigen nennen, auf welchem Konto seit den 80er Jahren des 19. Jahrhunderts fast alljährlich mit einem Betriebsdefizit abgeschlossen werden musste. Der einst so lohnende Thurgauer Weinbau scheint leider dem Untergang geweiht zu sein.
Pflanzliche und tierische Parasiten (falscher und echter Mehltau, am Immenberg die Reblaus), dann auch Nachtfröste, Hagel, der erhöhte Bierkonsum und die Abstinenzbewegung fügen ihm empfindlichen Schaden zu. Auch die ausländische Konkurrenz macht sich in dieser Hinsicht besonders fühlbar. Die festesten Pfeiler der Existenz unserer Bauern sind Viehzucht und Milchwirtschaft, sowie der Obstbau. Gestalt und geologische Beschaffenheit des Bodens, Klima und ausländische Konkurrenz zwingen den Bauern, sich immer mehr auf Kultur von Gras und andern Futterpflanzen, auf Vermehrung des Viehstandes und auf Obstbau zu werfen. In der Produktion von Gras, Heu, Emd und andern Futterpflanzen kann unsere Gegend sowohl hinsichtlich Qualität als Quantität noch am ehesten konkurrieren. Es nimmt denn auch unter den verschiedenen Zweigen der Landwirtschaft der Wiesenbau und der Anbau von Kunstfutter seit geraumer Zeit weitaus den ersten Rang ein.
Das Land ist grün, und die im Sommer das landschaftliche Bild so angenehm unterbrechenden goldgelben Getreidefelder sind spärlich geworden. In welchem Masse das Ackerland gegenüber dem Wiesland zurückgegangen, mögen die nachfolgenden Zahlen und Angaben aus der letzten thurgauischen Agrarstatistik von 1890 lehren, wobei zu bemerken ist, dass seither wiederum eine bedeutende Verschiebung im Bestand des Areals zu Gunsten des Wieslandes eingetreten ist.
Während im Jahr 1852 das produktive Areal zu 46% auf Ackerland, zu 29,2% auf Wiesland, zu 22,2% auf Wald und zu 2,6% auf Reben entfielen, hatten sich 1890 diese Verhältnisse wie folgt verschoben:
ha | oder % | |
---|---|---|
Ackerland | 23719 | 28.0 |
Wiesland | 37019 | 43.4 |
Wald | 20111 | 23.8 |
Reben | 1812 | 2.2 |
Rietland | 1946 | 2.5 |
Allmend | 105 | 0.1 |
Produktives Land: | 84712 | 100,0% |
Es ist also im Verlauf von etwa 4 Dezennien das Ackerland um 39% zurückgegangen, während das Wiesland um 49% zugenommen hat!
An Naturfutter erntete der Kanton 1890 (auf das Trockengewicht zurückgeführt):
Meterzentner | Wert Fr. | Durchschnittspreis pro q | |
---|---|---|---|
Heu | 1312577 | 6619027 | 5.- |
Emd | 640273 | 3774099 | 5.90 |
Herbstgras | 111872 | 594020 | 5.30 |
Total | 2064722 | 10987146 |
Streng genommen ist zu der Kategorie «Wiesenbau» noch zu schlagen und vom «Ackerbau» abzuziehen das Areal und der Ertrag des Kunstfutterbaues (5769 ha), weil dieses auch im Dienst der Ernährung des Viehs steht. Also:
Meterzentner | Geldwert Fr. | |
---|---|---|
Klee | 191585 | 865319 |
Luzerne | 47996 | 233151 |
Esparsette | 51062 | 223960 |
Kleegrasmischung | 47181 | 216938 |
Uebrige Futterpflanzen | 21032 | 97536 |
: | 358859 | 1636904 |
Unter den kultivierten Ackerpflanzen nahm 1890 das Getreide noch eine hervorragende Stelle ein. 54,8% des gesamten Ackerlandes waren dem Körnerbau gewidmet. Von den verschiedenen Getreidearten dominierte bis ums Jahr 1870 der Spelz oder Dinkel («Korn» geheissen), musste dann aber den Rang dem Weizen abtreten und ist mancherorts gänzlich durch diesen verdrängt worden.
Areal und Ertrag des Getreidebaus 1890.
ha | Körner q | Geldwert Fr. | Durchschnittspreis per q | Stroh q | Wert Fr. | Durchschnittspreis per q | |
---|---|---|---|---|---|---|---|
Weizen | 5029.6 | 65857 | 1272099 | 19.30 | 132821 | 628969 | 4.75 |
Hafer | 4750.9 | 51764 | 865602 | 16.75 | 91832 | 371610 | 4.04 |
Korn | 1560.3 | 24177 | 354907 | 14.65 | 40761 | 191820 | 4.70 |
Roggen | 718.7 | 9353 | 161026 | 17.20 | 22121 | 112484 | 5.00 |
Gerste | 541.2 | 8080 | 127058 | 15.70 | 10331 | 39785 | 3.85 |
: | 159231 | 2780692 | 297866 | 1344668 |
Das Getreide verkaufen die Bauern, soweit sie es nicht für die Viehfütterung und -mast benötigen, den Müllern und Fruchthändlern. Sie holen sich jetzt das Brot beim Bäcker, während früher jede Bauernfamilie sich ihr Korn in Kundenmühlen mahlen liess und ihr Hausbrot selbst gebacken hat.
Im Hackfruchtbau kommt die erste Stelle dem Kartoffelbau zu. Frühkartoffeln (Rosenkartoffeln) werden exportiert, speziell aus der Umgebung von Konstanz. 1890 weist diese Kultur von Knollen- und Wurzelgewächsen folgende Zahlen auf:
ha | q | Wert Fr. | Durchschnittspreis per q | |
---|---|---|---|---|
Kartoffeln | 3112 | 187251 | 1101263 | 5.90 |
Runkelrüben | 858 | 186706 | 320207 | 1.70 |
Gelbe Rüben | 83 | 9247 | 30169 | 3.25 |
Räben | ? | 14720 | 20456 | 1.40 |
Unverdrossen sind unsere Landwirte darin, zu untersuchen und zu probieren, welche Art der Düngung die vorteilhafteste sei. Die Stallmistdüngung wird vielfach ersetzt oder ergänzt durch künstlichen Dünger, wie Superphosphat, Knochenmehl, Thomasmehl, Chilisalpeter ¶
Landwirtschaft und Bodenerzeugnisse des Kantons Thurgau
Lief. 245.
GEOGRAPHISCHES LEXIKON DER SCHWEIZ
Verlag von Gebrüder Attinger, Neuenburg.
^[Karte: 6° 40’ O; 47° 30’ N; 1:300000]
▴ 50 Pferde
● 100 Rinder
❙ 100 Schweine
v 100 Ziegen
⥾ 100 Schafe
^ 100 Bienenst.
⤚ Fischerei
░ Weinbau
▒ Ackerland
▓ Weide
▐ Wald
▒ Torfmoos
⌂ Ziegelerde
Stück Rindvieh auf 100 Einw.
░ 31-40
▒ 41-50
▓ 51-60
▐ 61-65
Mce. Borel & Cie. - Neuchâtel.
V. Attinger sc.
LANDWIRTSCHAFT UND BODENERZEUGNISSE DES KANTONS THURGAU. ¶
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und Kainit. Es bestehen einige Stationen für Wiesendüngungsversuche. Die Resultate der interessanten Versuche sprechen sehr zu Gunsten der Thomasmehl-Kainitdüngung. Eine Kunstdüngerfabrik existiert in Märstetten, doch wird eine Menge Kunstdünger importiert, und zwar meist genossenschaftlich. Auch in der Fütterungslehre sind neue Bahnen betreten. Heu, Emd und andere Futterstoffe werden ergänzt durch sog. Kraftfutter (Kleien, Erdnuss und Sesam, Malzkeime, Mais, Treber, Abfallprodukte der Mehlmüllerei).
Den bessern landwirtschaftlichen Geräten und Maschinen ist man sehr zugänglich. Ueberhaupt zeigen sich die Bauern seit ihrer Organisation und seit Errichtung einer landwirtschaftlichen Winterschule (mit drei Hauptlehrern) ungemein regsam für Förderung ihrer Interessen. Zentralstelle ist der thurgauische landwirtschaftliche Verein. Gegründet 1835 von Seminardirektor Wehrli, zählte er im Jahr 1906 in 50 Sektionen beinahe 3000 Mitglieder und über 200 Einzelmitglieder. Der Zweck des Vereins ist Förderung von Land- und Volkswirtschaft in technischer und wirtschaftspolitischer Richtung. Er sucht ihn zu erfüllen:
1) Durch Veranstaltung und Unterstützung von Kursen und Wandervorträgen über land- und volkswirtschaftliche Fragen. - 2) Durch Herausgabe eines Vereinsblattes und Unterhaltung einer landwirtschaftlichen Bibliothek. - 3) Durch Förderung des Genossenschaftswesens, insbesondere durch Anhandnahme der Vermittlung landwirtschaftlicher Bedarfsartikel und Verwertung landwirtschaftlicher Produkte bezw. Verbesserung des Absatzes derselben. Zu diesem Zwecke bildet der Hauptverein die Sonderabteilung Genossenschaftswesen. - 4) Durch die Abhaltung und Unterstützung landwirtschaftlicher Ausstellungen und Produktenmärkte, Geräteproben und Kulturversuchen. - 5) Durch Unterstützung der dem Hauptverein beigetretenen Zweigvereine, wie der Bestrebungen des schweizerischen landwirtschaftlichen Vereins und des schweizerischen Bauernverbandes.
Die Menge der durch den Genossenschaftsverband des thurgauischen landwirtschaftlichen Vereins im Jahre 1904/05 an dessen Sektionen gelieferten Düngemittel beträgt 2584355 kg, an Futtermitteln 42000 kg, der Wert der Düngemittel Fr. 198100. Die landwirtschaftliche Winterschule war zwei Winter über provisorisch in der Kaserne Frauenfeld untergebracht und hat seit dem Winter 1906/07 ein nach Lage und Einrichtung ausgezeichnetes Heim in Arenenberg gefunden, welches Schlossgut von der Exkaiserin Eugenie im Frühjahr 1906 dem Kanton geschenkt worden ist. Der Schule ist jetzt auch eine milchwirtschaftliche Versuchsstation angegliedert. Neuestens sucht der landwirtschaftliche Verein den Getreidebau wieder zu heben durch Abhaltung von Samenmärkten mit Prämierung für vorzügliches Saatgut. Es existiert auch ein kantonaler Obstbauverein.
Der Weinbau ist zur Zeit noch in allen Bezirken vertreten; in den Bezirken Arbon, Diessenhofen, Bischofszell und Münchwilen allerdings nur in geringem Umfange. Höchstgelegene Lagen sind die bei Bettwiesen und Eschlikon (620 m). Berühmtere Thurgauer Weine sind diejenigen von Ittingen (Karthäusler), Ottenberg (Bachtobler), Bissegg, Götighofen, Stettfurt (Sonnenberger), Herdern, Steinegg und Katharinenthal. Die Qualität des Traubensaftes wird durch sorgfältige Absonderung des weissen Gewächses vom roten und durch Vor- und Nachlese des letztem in zwei bis drei Qualitäten gehoben.
Die für das Jahr 1906 aufgenommene Statistik der Weinernte ergibt folgende Zahlen:
Bezirke | Fläche des Reblandes | Quantität in Hektolitern | Geldwert (Mittl. Preis) per Hektoliter in Franken | ||||
---|---|---|---|---|---|---|---|
ha | Rotes Gewächs hl | Weisses Gewächs hl | Gemischtes Gewächs hl | Rotes Gewächs Fr. | Weisses Gewächs Fr. | Gem. Gewächs Fr. | |
Arbon | 8.21 | 42.00 | - | 8.80 | 73.33 | - | 70.- |
Bischofszell | 36.25 | 83.35 | - | - | 66.- | - | - |
Diessenhofen | 55.00 | 25.00 | 330.00 | 30.00 | 50.- | 30.33 | 40.- |
Frauenfeld | 324.82 | 765.10 | 2463.30 | 362.65 | 50.94 | 31.44 | 36.25 |
Kreuzlingen | 113.69 | 234.00 | 884.00 | 75.80 | 43.60 | 25.80 | 36.- |
Münchwilen | 47.34 | 47.00 | 38.00 | 25.00 | 53.33 | 35.- | 40.- |
Steckborn | 317.07 | 679.20 | 3615.30 | 189.80 | 47.85 | 29.97 | 29.25 |
Weinfelden | 176.90 | 1532.50 | 516.00 | 305.40 | 44.33 | 32.62 | 31.75 |
Total | 1079.28 | 3408.15 | 7846.93 | 997.45 | 53.67 | 30.86 | 40.46 |
Geldwert Fr. | 182895.41 | 242146.07 | 40266.82 |
Ein zuverlässiger buchführender Winzer am Untersee berechnete das Durchschnittsergebnis einer Juchart Reben von 5000 Stöcken (wovon ⅔ weisses und ⅓ rotes Gewächs) in den 20 Jahren von 1881 bis 1901 und erhielt:
Fr. | |
---|---|
Brutto-Ertrag pro Juchart | 401.20 |
Unkosten | 378.- |
Bleiben | 23.20 |
Hieraus folgt, dass bei Annahme einer Verzinsung von 4% die Juchart Reben dort bloss noch 580 Fr. und die Hektare 1580 Fr. wert ist. Daneben gibt es aber Weinlagen im Kanton (besonders an steilen Halden), die nicht mehr als einen Taglohn von 20-30 Rappen rentieren, also völlig wertlos sind. Es ist daher wohl begreiflich, wenn bei Abstimmungen über ein Gesetz von finanzieller Tragweite die Weinbauern des Thurgaues gerne negieren.
Für das Pflanzen und Pflegen von Obstbäumen, namentlich Kernobstbäumen, haben die Thurgauer von jeher eine grosse Vorliebe gehabt, was nicht Wunder nehmen muss in einer Gegend, wo der Boden und das Klima für die Entwicklung kräftiger, mächtiger Obstbäume und für reichen Ertrag an gutem Wirtschafts- und Tafelobst so günstig sind. Seitdem für Absatz gesorgt und Aepfel, sowie Apfelwein und Birnensaft ein reger Handelsartikel geworden sind, wird der Obstkultur noch vermehrte Beachtung geschenkt. In zahlreichen Vorträgen und Kursen (teils im Kanton, teils an der Schule zu Wädenswil) über Zucht und Wartung des Obstbaumes, Sortenkunde, Bekämpfung der Schädlinge, Verpackung und Versand von Obst, sowie über Mostbereitung und Kelterung sucht man den Obstbau zu heben. Die Thurgauer Bauern sind erklärte Pomologen und Freunde des Obstbaumes. ¶