zur Wasserversorgung der
Dörfer im
Val de Ruz benutzt werden und ihr
Wasser daher nur noch teilweise dem oberflächlichen Bachlauf
zusenden. Heute treiben der Seyon und die
Sorge bei
Valangin ein halbes Dutzend kleinerer industrieller Anlagen. Unterhalb
des letzten dieser Werke, einer am obern Eingang in die
Schlucht gelegenen
Säge, wird das
Wasser des Seyon
zum grossen Teil und bei Niederwasserzeit vollständig durch einen in den Fels eingehauenen und der Gehängeflanke folgenden
Kanal abgefangen, der die Stadt
Neuenburg mit Trieb- und Brauchwasser versorgt.
Früher verwendete man dieses
Wasser auch zu Trinkzwecken; als aber 1882 eine dadurch veranlasste Typhusepidemie ausgebrochen
war, kam man von dieser Art der Verwendung ab. Einst ging der Mündungslauf des Seyon mitten durch die Stadt
Neuenburg, welche
er stets mit seinen Ueberschwemmungen bedrohte, weshalb er 1839 oberhalb der
Écluse mittels eines 250 m langen
Tunnels, der
seinen
Lauf um mehr als 700 m verkürzt hat, quer durch den Schlosshügel abgelenkt und direkt dem
See
zugeführt wurde, kurz vor welchem er sich über mehrere gemauerte Brustwehren stürzt.
Den Verlauf des ehemaligen Bachlaufes durch die Stadt bezeichnen heute die
Rue de l'Écluse und die
Rue du Seyon. In neuester
Zeit geht man mit dem Gedanken um, den Bach zwischen Les
Valangines und
Port Roulant durch einen neuen
Tunnel von 500 m Länge auf noch kürzerem
Wege dem
See zuzuführen, den ganzen untern Abschnitt des
Vauseyon bis zum Niveau
der Bahnlinien
Neuenburg-LaChaux de Fonds und
Neuenburg-Lausanne aufzufüllen und damit eine grosse ebene Fläche zu schaffen,
die zu industriellen Zwecken verwendet werden könnte.
Diese Arbeiten würden den
Lauf des Seyon neuerdings um 250 m verkürzen. Man kann diesen
Lauf in drei Abschnitte zerlegen:
den bis
Valangin 9 km langen longitudinalen Sammellauf im
Val de Ruz, die 2,8 km lange Transversalkluse der Gorges du Seyon
und das 800 m lange Thälchen des
Vauseyon, in dem der Seyon auf der Grenze zwischen den Hauterivemergeln
und den Valangienkalken fliesst. Daran schliesst sich endlich der künstliche Durchbruch mit Einschnitt und
Tunnel (300 m
lang) an. Gleich der den Schlosshügel durchschneidenden Halbklus und dem
Lauf durch die Stadt
Neuenburg wird dem Seyon also
ohne Zweifel bald auch das Isoklinalthal des
Vauseyon entzogen werden.
Die das
Val de Ruz mit der
Combe duVauseyon (480 m) verbindenden und etwas weniger als 3 km langen malerischen Gorges du Seyon
stellten eine der typischsten Juraklusen dar. Sie wird von der 1852 erstellten Strasse des
Val de Ruz (elektrisches
TramNeuenburg-Valangin), die an Stelle der alten Strasse über
Pierre à Bot getreten ist, durchzogen. Die sie einschliessenden,
zum Teil bewaldeten Felswände und das Brausen des Seyon zur Zeit von Hochwasser machen sie zu einem beliebten Spazierweg
und Ausflugsziel.
Für den Geologen bietet die
Klus eine einzigartige Gelegenheit zum Studium der Beschaffenheit einer Jurafalte.
Sie schneidet sich in das Gewölbe der Chaumontkette bis zum Sequan hinunter ein, lässt die ganze Reihenfolge
der obern
Juraschichten zu Tage treten und bietet sowohl am obern als am untern Eingang ein interessantes Querprofil durch das Neokom.
Bei dem «La Teinture» genannten
Haus in
Valangin findet man in der obern Valanginstufe zahlreiche Versteinerungen.
Die Auswaschung dieser
Kluse des Seyon lässt sich durch die heutige Wasserführung des
Baches, selbst mit Inbegriff des ihm
durch den Ableitungskanal nach Neuenburg
entzogenen Wassers, nicht erklären. Einzig zur Zeit vor der Entstehung der Quelle der
Serrière,
sowie später während und zu Ende der Glazialepoche, als gewaltige Wassermassen das
Val de Ruz herabrauschten,
hat die Tätigkeit der Erosion genügend mächtig sein können, um im Felsgerüste diese
Schlucht auszuwaschen, die unterhalb
des
Gibet (des Gipfelpunktes der
Forêt de
Peseux) eine
Tiefe von über 200 m erreicht.
Nur
im Thal der
Ormonts gebräuchliche Bezeichnung für die verschiedenen Verwaltungsabteilungen
einer Gemeinde. Die Gemeinde
Ormont Dessus zerfällt in drei «Seytes», die mit Bezug auf das Schulwesen
und die Vertretung im Gemeinderat ihre bestimmte Rolle
spielen: Seyte d'En
Haut mit nahezu dem ganzen Gemeindegebiet ö. vom
Wildbach
von
Isenau, Seyte du Milieu mit dem Zentrum der Gemeinde bis zum
Lauf des
Bey Dérochat und Seyte d'En
Bas von
da bis zur untern Grenze gegen die Gemeinde
Ormont Dessous.
Diese umfasst vier «Seytes», nämlich diejenigen von
La Comballaz (mit Les
Mosses),
Le Sépey, Le
Cergnat und
La Forclaz. Man
hat den Ausdruck vom lat.sextum hergeleitet und damit begründet, dass das Thal von der Abtei
Saint Maurice
seit dem 12. Jahrhundert zum Zweck der Erhebung des Zehnten in 6 Abschnitte eingeteilt worden war (vergl. Corthésy, Eug.
Étude historiquesur lavallée des Ormonts.Lausanne
1903). Dieser Ansicht steht aber entgegen, dass der Ausdruck «Sexte»
nie zu «seyte» hätte sich umwandeln können. Gleichfalls
sehr fraglich ist die Ableitung von «septe», nach angeblich ehemaligen 7 Abschnitten
des
Thales. Ganz ungezwungen erscheint dagegen die Erklärung aus dem lat. secta = Sektion, Abschnitt, wie z. B. sector sich
in «secteur» und «seyteur»
umgeformt hat. Vergl. Jaccard, Henri. Essai detoponymie.Lausanne 1906.
Der Piz Sez Ner wird von Obersaxen aus über die Alpen Naul
und La Prada leicht erstiegen, ebenso von Lumbrein (Lugnez) her über Alpweiden in 3 Stunden.
Besteht aus grauen und schwarzen
Bündner- oder Liasschiefern.
(Lej) (Kt. Graubünden,
Bez. Maloja).
2640 m. 450 m langer und im Maximum 200 m breiter Alpensee am O.-Hang des Val Fex; zwischen dem
PizChüern (2694 m) und dem Piz Corvatsch, von welch letzterm er 1,5 km sw. in öder und weiter Bergwüste hinter einer Felsenschwelle
liegt.
Sein Abfluss geht nach W. und vereinigt sich bei Curtins (1976 m) mit dem Fexbach.
Weiter südlich
in ähnlicher Lage der kleinere Lej Alv.
Der Lej Sgrischus ist derjenige Alpensee des Berninamassives, in dem die Seeforelle
(Salmo lacustris) ihren höchsten Standort erreicht, während sie im Lej Polaschin in der Juliergruppe
bis 2660 m geht.
(Lejsde) (Kt. Graubünden,
Bez. Vorderrhein).
Die beiden prächtigen Siarraseen, von denen der grössere in 2253 m liegt, befinden sich an
der O.-Seite des Badus oder Six Madun (2931 m) im Gotthardmassiv und werden zusammen mit dem 2 km nw. gelegenen
Tomasee (2344 m) auch die «obern Rheinquellen» geheissen. Ihren Zufluss
erhalten sie aus einem steilen Felsenthal des Badus; doch teilt sich das Wasser dieses Baches vorher und sendet einen Seitenstrang
zum nahen Maigelssee (2261 m),
den sog. «untern Rheinquellen», dessen Abfluss zum Val Maigels und dem Cornerarhein geht. Zwischen den
Siarraseen und dem Lej Maigels liegt eine flache Wasserscheide, die jedoch in früherer geologischer Zeit
nicht bestand, indem der Bach von Val Maigels, statt wie heute nach O. umzubiegen, direkt von S. nach N. über das Plateau mit
den Siarraseen abfloss. Ueber die Ursache der Aenderung dieser Verhältnisse vergl. den Art. Maigels (Val).
Das Wasser der Siarraseen vereinigt sich auf der schönen Alp Palidulscha n. der Becken mit der aus dem Tomasee kommenden
Rheinquelle. Ganz nahe im NO. der Siarraseen erhebt sich der Piz Cavradi (2617
m). Die Seen liegen in Gneis und Gneisglimmerschiefer.
Auf der S.-Seite des grössern Sees befindet sich eine grosse halbbogenförmige Moräne. Der Name Siarra
leitet sich wie das spanische Sierra und das portugiesische Serra vom latein. serra = Säge her. Die Siarraseen sind somit die
am «gezähnten» oder «gezackten»
Berg liegenden Seen.
Bildet über dem linken Ufer der Gérine einen bewaldeten Felsbuckel, der zu oberst die 2 Stunden
sö. über Château d'Œx gelegene Alp und HütteSur la Siaz trägt.
(Kt. Schaffhausen,
Bez. Schleitheim).
511 m. Gem. und Pfarrdorf, am Fuss des Siblinger Schlossranden und an der Vereinigung
des Kurzthales mit dem Langthal; 8,5 km nw. Schaffhausen.
Station der elektrischen Strassenbahn Schaffhausen-Schleitheim. Postbureau, Telegraph,
Telephon. 146 Häuser, 656 reform. Ew. Wein-, Acker- und Wiesenbau. Der «Eisenhalder»
von Siblingen ist ein sehr geschätzter Wein. Viehhandel und Schweinezucht. Kalksteinbruch auf dem Randen. Eigene
Pfarrei seit 1640; eine St. Michaelskapelle wird schon 1155 genannt. Auf dem alten Friedhof das Grabmal des 1803 in Siblingen
gebornen und 1880 in Leipzig gestorbenen Verlegers und Buchhändlers J. J. Weber, des Begründers der (Leipziger) IllustriertenZeitung und sog. Reformators der deutschen Holzschneidekunst.
Heimat des unter dem Pseudonym Ernst Schrill
bekannten Schriftstellers und Pfarrers Samuel Keller. Im Garten des Pfarrhauses und auf dem Schlossbuck hat man Reste von prähistorischen
Töpferwaren gefunden. Im Tüelwasen ö. vom Dorf und auf dem Kornberg grosse Römersiedelung.
Schlossranden oder SiblingerSchlossbuck (Kt. Schaffhausen,
Bez. Schleitheim).
800 m. Schöne bewaldete Anhöhe n. über Siblingen und 2 Stunden
w. über Schaffhausen.
Eiserner Aussichtsturm mit interessantem Panorama auf Alpen, Jura und Schwarzwald. In historischer Hinsicht interessant,
da man hier Reste aus verschiedenen geschichtlichen Zeitabschnitten aufgefunden hat: Keltenfunde,
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römischer Wachtturm (specula) und Funde aus dem Mittelalter.
Der Berg stellt einen scharfen Kamm dar, der mit steilen, teils von Vegetation
bekleideten und teils felsigen Abhängen nordwärts gegen den kesselförmigen Hintergrund der Nausalp, westwärts gegen die
Terrasse von Vergode und ostwärts gegen die Terrasse von Sennisalp abfällt.
Der Gipfel besteht aus Neokom, Schrattenkalk,
Gault und Seewerkalk, die eine nach N. geöffnete C-förmige Synklinale bilden.
Diese Schichtenbiegung
tritt am W.-Abhang mit grösster Deutlichkeit zu Tage.
Sie hat dem Berge den Namen gegeben und macht ihn zur auffälligsten
Berggestalt der Alvierkette.
Der Berg kann von Walenstadt oder Tscherlach aus in 4½ Stunden über die auf der SW.-Abdachung
liegenden Alpweiden oder von der am N.-Fuss befindlichen Nausalp her bestiegen werden und gewährt eine
schöne Aussicht auf die St. Galler- und Glarneralpen.
Sidenberg, richtiger Sitenberg bezeichnet den gegen O. oder W. gerichteten Hang eines Berges im Gegensatz zu den Bezeichnungen
Schattsiten und Sonnsiten für den N.-, bezw. S.-Hang (vergl. die französ. Ausdrücke Envers und Endroit).
französisch Sierre.
Bezirk und ehemaliger Zehnten des Kantons Wallis.
Liegt zu beiden Seiten der Rhone und grenzt
im N. an den Kanton Bern
(Ober Simmenthal), im W. an die Bezirke Hérens und Sitten, im S. an den Bezirk Visp
(Zmuttthal) und im O. an die Bezirke
Visp und Leuk.
41860 ha Fläche. 28 Ew. auf einen km2. Die grösste Länge vom Mittaghorn (2687 m) über dem
Rawilpass bis zur Pointe de Zinal (3806 m) misst 42,7 km, die mittlere Breite 13,5 km. Von der Rhone wird der Bezirk in der
Richtung ONO.-WSW. durchzogen.
Ausser diesem Fluss entwässern ihn noch die Navizance, deren Sammelgebiet ihm ganz angehört, sowie der Wildbach von
Réchy. Beide münden von links in die Rhone. Im N. sind die beiden einzig nennenswerten Bachläufe die Raspille, die den Bezirk
auf eine kurze Strecke vom Bezirk
Leuk
trennt, und die Liène, deren tiefe Schlucht ihn im W. von den Bezirken Hérens und Sitten
scheidet.
Von entweder ihrer Höhe oder ihrer Lage wegen bemerkenswerten Gipfeln seien erwähnt: die Dent Blanche
(4364 m), das Ober Gabelhorn (4073 m) und Weisshorn (4512 m), die Diablons (3605 m), der Besso (3675 m), die Bella Tola (3001
m), das Illhorn (2724 m), der Grand Cornier (3969 m), der Bouquetin (3484 m) und die Becs de Bosson (3154
m), welche sämtlich das Eifischthal umrahmen.
auf den Hängen und Terrassen n. über der Rhone die umfangreiche Gemeinde
Lens, die 1904 in die vier Gemeinden Lens, Icogne, Chermignon und Montana aufgelöst wurde;
ö. davon an den fruchtbaren und sanft
geneigten Hängen über Siders, d. h. in der ihrer gesegneten Lage wegen «la Nobla contrâ» (la Noble Contrée = die stolze
Gegend) genannten Landschaft die Gemeinden Miège, Mollens, Randogne, Venthône und Veyras. 15 Pfarreien:
Siders, Granges, Grône, Grimentz (Rektorat), Chippis, Venthône, Saint Lue, Montana und Chandolin decken sich mit den politischen
Gemeinden gleichen Namens;
Lens mit den Gemeinden Lens, Icogne und ChermignonMiège mit den Gemeinden Miège und Veyras. 2454 Haushaltungen
in 1664 Häusern. 11567 Ew., wovon 10456 französischer, 960 deutscher, 129 italienischer und 22 anderer Sprache;
11450 Katholiken, 113 Reformierte, 1 Israelite
und 3 andere. 1888 zählte der Bezirk 10138 Ew. Die Zunahme lässt sich hauptsächlich auf Rechnung der in Siders sich aufhaltenden
Fremden setzen, welcher Flecken als geschätzte Winterstation sich zu entwickeln beginnt.
Seit 1892 besteht in Siders eine
eidgenössische meteorologische Station. Seitdem die Gasthöfe im Rhonethal mehr und mehr von Wintergästen
besucht zu werden begannen, liessen einige um die Entwicklung der Gegend besorgte Männer um die nämliche Zeit das Hotel
in Crans über Montana erbauen. Seither folgten dann auf Boden der Gemeinde Randogne noch verschiedene andere am untern oder
obern Rand der Waldzone befindliche klimatische Kurorte (Genfer Volkssanatorium, Vermala, Sanatorium Beauregard).
Dem milden und bevorzugten Klima entspricht das Pflanzenkleid. Die Ortschaften in der Ebene sind von reichen Baumgärten umgeben,
die zahlreiche Obstsorten in Fülle erzeugen. Mehr als irgendwo anders im mittleren Wallis
weichen die beiden Rhoneufer voneinander
ab: das gegen N. schauende und von den hohen Ausläufern der Penninischen Alpen beherrschte linke Ufer
zeigt namentlich Wiesen, Felder und Wald, während das
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rechte Ufer einem Spalier gleich nach S. exponiert erscheint und sich von den mit Burgruinen, Kapellen, Rebhäuschen und Weinbergen
gekrönten Vorhöhen bis zu den Felsen hinaufzieht, die den weitgedehnten Glacier de la Plaine Morte tragen. Ueber Siders und
Granges liegen in grünen Bergnischen die zahlreichen, nicht ständig bewohnten Gruppen von Rebhäuschen
der Bewohner von Lens und des Eifischthales. Die diesen letztern gehörenden Gruppen zeichnen sich durch ihre Glockentürme
aus, deren Spitzen über die Apfel- und Nussbäume, Kastanienbäume und Weinlauben hinausschauen.
Höher oben folgen ständig bewohnte Siedelungen, wie die DörferVeyras, Venthône, Miège, Anchette, Mollens, Randogne, Chermignon,
Lens und Montana. Noch höher erreichen wir von 1400 m an den Waldgürtel. Die Bezirke Siders und Sitten
liefern die verschiedenen Erzeugnisse der Landwirtschaft in reichster Fülle. 1894 umfassten die Weinberge des Bezirkes eine
Fläche von 570 ha und betrug die Jahresernte 30374 hl Wein. An diesen Zahlen beteiligte sich das linke Rhoneufer
nur mit einem geringen Anteil, der hauptsächlich auf die Gemeinde Granges entfiel. Seither hat die Weinrebe auch auf Boden
der Gemeinde Chalais an der Ausmündung des Val de Réchy Boden gefasst. Die Viehstatistik ergibt folgende Resultate:
1886
1896
1901
Rindvieh
6890
6166
6906
Pferde
84
101
146
Schweine
1245
2028
1503
Maultiere
-
-
336
Schafe
7150
6243
5683
Ziegen
1605
2261
1725
Bienenstöcke
382
619
675.
Uebrige
Naturprodukte des Bezirkes Siders sind: die zu wiederholten Malen abgebauten Nickel-, Kupfer- und Kobalterze des
Eifischthales (Val d'Anniviers), die um die Mitte des 19. Jahrhunderts in Glarey bei Siders verhüttet und
deren bergmännische Gewinnung erst 1903 vollständig aufgegeben wurde, sowie die im 16. Jahrhundert auf Boden der Gemeinde
Grône betriebenen Silberminen. Fremdenverkehr und Hotelwesen entwickeln sich rasch und mit grossem Erfolg. Kurorte und
Fremdenstationen sind nördlich der Rhone Siders, die Gegend um und über Montana (Crans, Taulettes etc.), sowie Lens, südl.
der Rhone das Eifischthal mit Vissoye, Saint Luc, Chandolin und Zinal. Im übrigen kann nur von lokalen Industrien gesprochen werden.
Ein an der Ausmündung der Navizance errichtetes Elektrizitätswerk versorgt Siders und Umgebung mit Licht, während ein
ähnliches Werk in Bälde auch im Eifischthal selbst erstellt werden soll. In Chippis haben die Bauarbeiten
für eine Aluminiumfabrik begonnen, die von der Navizance und der Rhone getrieben werden soll. Sie wird von der Aluminiumgesellschaft
in Neuhausen mit einem Kapital von 15 bis 20 Mill. Fr. betrieben werden, etwa 1000 Arbeiter beschäftigen und über eine
Triebkraft von 50000 PS verfügen. Taubstummenanstalt Géronde. Den Bezirk durchzieht die Simplonbahn,
die hier die drei Stationen Saint Léonard, Granges und Siders hat. Ausser der dem Rhonethal folgenden Strasse sind folgende
Verkehrswege zu nennen: die von der Station Granges zur Terrasse von
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Lens hinaufführende Fahrstrasse, die bis zum Rawil verlängert werden soll, die ebenfalls bis zum Rawil hinauf geplante
neue Fahrstrasse Siders-Crans mit Abzweigungen in die Gemeinden Veyras, Venthône, Miège, Mollens und Randogne, die Strassen Siders-Corin
und Siders-Miège und endlich die Strasse des Eifischthales. Nebenstrassen verbinden die Ortschaften in der Ebene
unter sich und reichen einerseits bis Brämis (Bramois) im Bezirk Sitten und andrerseits bis Salquenen im Bezirk Leuk. Das heutige
Gebiet des Bezirkes Siders umfasst einige ehemalige Herrschaften, von denen Siders und Anniviers den Bischöfen von Sitten und
Granges (das bis zu den Hochterrassen von Lens hinaufreichte) zuerst dem Geschlecht der Tavelli und dann
der Bürgerschaft Sitten gehörten. Infolge des Raronkrieges von 1417 und namentlich seit dem Fall der savoyischen Oberherrschaft
im Wallis
(1475) sind dann diese Sonderrechte rasch verschwunden.
französisch Sierre
(Kt. Wallis,
Bez. Siders). 550 m. Gem. und Flecken, Hauptort des Bezirkes; mitten im Rhonethal und
am rechten Ufer des Flusses, 16 km nö. Sitten und 37 km w. Brig. Station der Simplonbahn. Postbureau, Telegraph, Telephon.
Gemeinde, mit Borsuat, Cûchon, Glarey, Muraz und Villa: 275 Häuser, 1833 Ew.; Flecken: 63 Häuser, 569 Ew. Die Zahl der Bewohner
wächst zu gewissen Zeiten des Jahres, besonders im Februar und März, sowie im Herbst durch die aus
dem Eifischthal kommenden Anniviarden, die hier Weinberge und Baumgärten besitzen und sich in den umliegenden Weilern, besonders
in Glarey, Muraz und Villa, periodisch niederlassen. 1816: 810 Ew.;
1850: 875 Ew.;
1870: 1302 Ew.;
1888: 1786 Ew. Heute ist
Siders eine Ortschaft französischer Zunge (904 französisch und 845 deutsch sprechende Ew.), während
es vor etwa zwanzig Jahren noch überwiegend deutsch war.
Dieser rasche Umschwung erklärt sich aus den mannigfachen Beziehungen
zur französischen Schweiz und dem Ankauf zahlreicher Grundstücke und Wohnhäuser durch die Anniviarden. 1766 Katholiken
der Pfarrei Siders und 66 Reformierte, die sich vor Kurzem eine eigene Kirche erbaut haben. Die katholische
Pfarrkirche gilt als eine der schönsten des Kantons; in ihrem Glockenturm wird eine dem Merkur gewidmete römische Inschrift
aufbewahrt. An der Hauptstrasse steht die aus dem 15. Jahrhundert stammende Burg der Vitztume von Siders, welches Amt namentlich
in Händen des Geschlechtes de Chevron lag.
Trotzdem ihre der Strasse zugekehrte Front modernisiert worden ist, weist sie doch mit ihren aufgemauerten Ecktürmen und
zinnenartigen Ausbauten einen altertümlichen und malerischen Charakter auf. Von Interesse erscheinen daneben noch einige
weitere Privathäuser, wie die der Geschlechter de Courten, de Preux und de Chastonay. Das«la Cour» genannte,
um 1670' erbaute schlossähnliche Haus ist zu einem Gasthof umgewandelt worden. Weinbaugesellschaft, landwirtschaftlicher
Verein, Turn- und Musikverein etc. Mehrere Gasthöfe.
Der im Mittelpunkt nicht nur des ganzen Rhonethales, sondern auch eines der reichsten Abschnitte desselben gelegene und vor
den kalten Winden geschützte Flecken erfreut sich eines milden Klimas,
das nicht wenig zu seinem Aufblühen
mit beigetragen hat. Bemerkenswert ist, dass seine Höhenlage von 550 m der mittleren Höhe des schweizerischen Mittellandes
und seine geographische Breite (46° 18') derjenigen des zentralen Frankreich entsprechen. In seiner Monographie La ClimatologiedeSierre zieht Dr. C. Reymond folgende Vergleiche: Mit Bezug auf die Höhenlage der schweizerischen
klimatischen Kurorte, unter denen Locarno mit 205 m den ersten Bang einnimmt, steht Siders an der 10., mit Bezug auf die mittlere
Temperatur dagegen schon an der 3. Stelle. Es weist zusammen mit Clarens das Minimum der relativen Luftfeuchtigkeit auf.
Ferner zeigt Siders die geringste Regenmenge (254 mm), die kleinste Anzahl von Regentagen (33 vom 1. Oktober bis 31. März) und
nach Locarno und Lugano die wenigsten Tage mit Schneefall. Auch mit Bezug auf die Nebel- und Bewölkungsverhältnisse nimmt
der Ort einen sehr günstigen Rang ein. Diese bevorzugten klimatischen Verhältnisse erklären sich aus der allgemeinen geographischen
Lage. Zwar ist die Sohle des Rhonethales hier nicht so breit wie bei Sitten, Martinach und Monthey, bietet
aber doch dem über Leuk vom Ober Wallis
herkommenden Reisenden mit ihren zahlreichen Hügeln, die alle von holzgezimmerten Rebhäuschen,
Burg- und Klosterruinen, Kapellen und Villen gekrönt erscheinen, ein überraschend abwechslungsreiches Bild. Dann erschliesst
sich dem Blick der in einer Ausbuchtung des Gehänges gelegene, an einen Höhenzug sich anlehnende und von weitern Anhöhen
umrahmte Flecken selbst. Am bekanntesten ist der über der Rhone gegenüber Chippis gelagerte Rücken mit dem ehemaligen Kloster
Géronde (Gerunden), an dessen Fuss sich ein kleiner See von 1 km Umfang ausdehnt. N. und nö. vom Flecken
steigt das Thalgehänge sanft und allmählig bis hinauf zum Glacier de la Plaine Morte und den Felstürmen des Mont Bonvin,
des Tubang, der Lyrettaz und der Zabona an. Auf frischgrünen Terrassen stehen bis über 1200 m Höhe hinauf zahlreiche Dörfer
und Weiler mit spitzigen Glockentürmen.
Anders ist der Landschaftscharakter auf der s. Thalseite. Hier strebt links der mit steilen Waldungen bekleidete Corbetschgrat
auf, während sich rechts über den Wäldern von Chippis und Chalais die Hochterrasse von Vercorin ausdehnt. Zwischen diesen
beiden dunkeln Hängen öffnet sich das Eifischthal (oder Val d'Anniviers) mit der tiefen Schlucht der von
der Gruppe der Dent Blanche herabkommenden Navizance. Südl. vom Flecken liegt der Höhenrücken von Géronde mit zahlreichen
Ruinen, deren besterhaltene umgebaut und zu einer Taubstummenanstalt eingerichtet worden ist.
Westl. davon steht auf einem andern Hügel die Ruine der im sog. Raronkrieg 1417 zerstörten Bischofsburg Alt Siders, um welche
sich der ursprüngliche Flecken gruppiert haben soll. Diese seit 1299 genannte Burg wurde durch den Weinberg von Le Lousselet
von einem andern Schloss geschieden, das vermutlich Sitz der bischöflichen Meyer war und zur selben Zeit der Zerstörung
anheimfiel. 1489 erbaute man an der nämlichen Stelle, etwas näher gegen Géronde hin, eine neue Burg,
die aber schon ein Jahrhundert später, d. h. zur Zeit, da der Zürcher Josias
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mehr
Simler seine Vallesiae descriptio schrieb, in Trümmern lag. Oestl. vom Flecken ragt auf einem Hügel nahe Glarey der hohe viereckige
TurmGoubing (s. diesen Art.) auf. Der 1 km w. vom Bahnhof gelegene WeilerVilla weist ein altes Stammhaus des Geschlechtes de
Platea auf, das um die Mitte des 15. Jahrhunderts erbaut worden sein muss und aus einem düstern, heute
verwahrlosten Turm mit kegelförmigem Dach besteht. Ausser der bereits genannten Inschrift sind in Siders und Umgebung, namentlich
in Muraz, verschiedene archäologische Funde gemacht worden.
Zahlreiche Gräber beweisen, dass an diesem bevorzugten Punkt des Rhonethales schon zur Römerzeit eine nicht
unbedeutende Siedelung gestanden hat. Nach dem Geschichtsforscher Gremaud scheint Siders zum ursprünglichen Besitz der Abtei
Saint Maurice gehört zu haben, doch erscheint der Ort nicht im Verzeichnis derjenigen Güter, die 1017 von Rudolf III. der
Abtei zurückgegeben worden sind. Wahrscheinlich ist dagegen, dass Siders zum grössern Teil der Kirche von
Sitten gehört hat, indem es Sitz eines bischöflichen Vitztums und seit 1179 auch eines bischöflichen Meyers war. Um
die Mitte des 13. Jahrhunderts stand Siders zusammen mit Sitten, Visp, St. Niklaus, Naters und der Landschaft Goms unter dem Vitztum
von Sitten.
Diese bischöflichen Herrschaften entwickelten sich in der Folge meist zu Pfarreien, dann zu den ursprünglichen
Gemeinden und endlich zu den alten Zehnten. In der Gegend von Siders bildete die HerrschaftGranges, die das Gebiet von Lens
und des Eifischthales umfasste, so lange ein Gegengewicht zum Einfluss des Fleckens Siders, bis sie im Zehnten Siders aufging.
Bei dieser Gelegenheit taucht der Ausdruck «dizain»
oder «dixain» (Zehnten) in einer zu Sitten aufgesetzten Urkunde vom Jahr 1352 zum erstenmal auf.
Während der letzten Zeiten des Mittelalters blieben so die Geschicke von Siders stets mit denjenigen des bischöflichen
Wallis
und den Kämpfen der Zehnten um ihre Unabhängigkeit verknüpft. Anlässlich der zeitweiligen Spaltung zwischen den
der neuen Verfassung beigetretenen Unter Wallisern und den am Bundesvertrag von 1815 festhaltenden Ober Wallisern war Siders 1839 und 1840 Sitz
der Ober Walliser Regierung, während diejenige des Unter Wallis
in Sitten sass.
Dieser Zustand nahm dann im April 1840 anlässlich des Sieges der Unter Walliser bei Saint Léonard sein
Ende. Siders ist die Wiege der Geschlechter de Courten, das zahlreiche Offiziere in die fremden Dienste gestellt hat, de Preux,
dem zwei Bischöfe von Sitten und zahlreiche Staatsbeamte angehörten, de Chastonay und de Lovina, von welch
letzterm der Abt
Ignaz Erzieher des Kaisers Karl VI. von Oesterreich war und nachher Bischof von Neustadt wurde. Im 6. Jahrhundert:
Sidrium (curtis);
im 11. Jahrhundert: oppidum Sidrio;
seit 1179: Sirro oder Syrro;
1260: Sierres. Auf dem Hügel von Géronde
hat man Gegenstände aus allen vergangenen Epochen aufgefunden: Steinbeil, Bronzeschwert, Gräber aus der Eisenzeit, Reste
einer Römersiedelung etc. Funde von interessanten Statuetten gallischer Gottheiten, die jetzt im Genfer
Museum aufbewahrt werden.
Gegenstände aus der Bronze- und Eisenzeit in Glarey, Gräber aus der Eisenzeit in Muraz und Siders
selbst, wo man auch das Grab einer Frau aus der La Tène Zeit aufgedeckt hat. Römische Münzen bei Prafalcon und an verschiedenen
andern Stellen; ein Römergrab in der Nähe von Chiat.
Die Gegend von Siders mit ihren auf dem Boden des Rhonethales zerstreuten oder an die Thalgehänge sich anlehnenden zahlreichen
kleinen Hügeln verdankt dieses charakteristische landschaftliche Bild einem riesigen Bergsturz, der in prähistorischer Zeit
niedergebrochen ist und die Thalsohle mit seinen Trümmern übersät hat. Ursprünglich müssen alle
diese Hügel in einem einzigen grossen Trümmerhaufen gelegen haben, der die Thalsohle ausfüllte und überdeckte.
Noch heute erheben sich einzelne der Hügel bis zu 70 und 100 m über den Spiegel der Rhone, so z. B. zwischen Pfin (Finges)
und Chippis, wo der Trümmerstrom sich am höchsten aufgestaut haben muss. Es erscheint sogar als wahrscheinlich,
dass die Rhone aufgedämmt und dadurch das dahinter gelegene Thalstück an der Stelle, wo heute der vom Illbach angeschwemmte
weite Schuttkegel des Pfinwaldes (Bois de Finges) liegt, zu einem See umgewandelt worden ist. Nachdem sich
dann die mit starkem Gefälle fliessende Rhone der Reihe nach verschiedene Breschen in den Trümmerwall gegraben, entleerte
sich dieser See.
Die jetzigen kleinen Seebecken von Siders und Géronde sind die letzten Ueberreste von zweien der ehemaligen Rhonearme und
werden durch Quellen gespiesen, die an ihrem Boden aus dem Grundwasser entspringen. Auch im Pfinwald finden
sich zwischen den Bergsturzmassen noch zahlreiche kleine Seebecken versteckt. Die bedeutendsten modernen Umwandlungen der
Landschaft müssen weniger der Erosion als vielmehr der auffüllenden Arbeit der Rhone zugeschrieben werden, die ihr Bett und
Ufergelände erhöht und darnach strebt, die Bergsturzhügel allmählig unter ihren eigenen Aufschüttungen zu begraben.
Daraus folgt u. a., dass die
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