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letztere in der Tat den Ausschlag gegeben hat, ist aber doch zu bedenken, dass in der Schweiz schon seit langer Zeit eine geheime Unzufriedenheit unter der Asche glimmte, die nur den geeigneten Augenblick ersehnte, um in Flammen aufzuschlagen. Die Schweiz war in moralischer, politischer und sozialer Hinsicht gesunken.
Zuerst brach in Genf eine revolutionäre Bewegung aus, die im Jahr 1738 das Eingreifen von Bern, Zürich und Frankreich nach sich zog. Die nämlichen Stände sahen sich dann bei Anlass des Zwistes zwischen den sog. «Représentants» (die gegen die Verdammung der Ansichten Rousseau's durch den Senat protestiert hatten) und den «Négatifs» (die jenen das Recht bestritten, ihre Klagen vor den «Conseil général» zu bringen) 1768 neuerdings zur Vermittlung und Friedensstiftung veranlasst. Im Jahr 1781 brach eine neue Revolution aus, die gegen Ende 1782 ebenfalls einer Vermittlung von Seiten Berns, Frankreichs und Sardiniens rief.
Diesmal brachen alle bisherigen demokratischen Errungenschaften zusammen, indem das aristokratische Regiment in der Stadt wiederhergestellt wurde unter gleichzeitiger Verkündigung einer Amnestie, von der aber die glühendsten Patrioten sich ausgeschlossen sahen. Diese wandten sich nach Paris, wo sie mit Brissot und Mirabeau in Verbindung traten. 1789 beschloss dann der Genfer Rat, die Verbannten wieder heimzurufen. Als die Revolution in Frankreich zum siegreichen Durchbruch gekommen war und die Armeen der französischen Republik in Savoyen eindrangen, besetzten Zürcher und Berner Truppen die Stadt Genf, zogen aber wieder ab, nachdem sich Frankreich zur Wahrung von deren Unabhängigkeit verpflichtet hatte.
Nun fiel die Stadt aber in die Gewalt von revolutionären Klubs, wie der Grille, der Sans Culottes, der Marseillais, des Grand Club und der Montagnards, die vom französischen Residenten Soulavie unterstützt wurden. 1794 liess sich im Rathaus das Revolutionsgericht nieder, das mehrere Todesurteile fällte. Der Sturz Robespierre's gebot dann dem Treiben der Terroristen Einhalt, ihr Gericht wurde aufgelöst und die Ruhe in der Stadt wiederhergestellt.
Während der Jahre 1781 und 1782 war Freiburg der Schauplatz einer politischen Bewegung, die nach ihrem Führer, dem Major Niklaus Chenaux, die Chenaux'sche Revolution genannt wird und von Berner Truppen unterdrückt wurde. Infolge einer Vermittlung der Regierungen von Bern, Solothurn und Luzern gewährte das Freiburger Patriziat dem Volk einige Zugeständnisse, wies aber die Mehrzahl der Volksbegehren ab und sandte mehrere Aufständige auf die Galeeren oder in die Verbannung.
Die Genfer und Freiburger Verbannten, wie du Roveray, Clavières, Reybaz und Dumont einerseits und Rey, Castella und Guisolan andrerseits wurden in Paris mit offenen Armen empfangen. Sie gründeten hier zusammen mit einigen unzufriedenen Waadtländern wie Perdonnet, Reynier und Boinod den sog. Club helvétique oder Schweizerklub, der bald nahe an die 300 Mitglieder zählte. Mehrere dieser Männer erwarben sich um die Förderung der freiheitlichen Bewegung in der Schweiz wirkliche Verdienste, indem sie durch ihre Agitation und Publikationen auf das Volk einwirkten und den Umschwung der staatlichen Verhältnisse in der Heimat vorbereiteten. Sie suchten namentlich auch, die revolutionäre Gesinnung unter den in Frankreichs Sold stehenden Schweizer Truppen zu verbreiten, die sich aber in ihrer Gesamtheit nicht verführen liessen, sondern ganz im Gegenteil zu ihrem Eide und ihrer Fahne standen und sich am durch ihre heldenmütige Haltung auszeichneten. Einzig das Regiment Châteauvieux trat zum Volke über und nahm an einer ganzen Reihe von Ausschreitungen teil.
Im Waadtland hielten die Bauern treu zu ihrer Berner Obrigkeit, wenn sie auch die Nachricht von der Abschaffung der Zehnten in Frankreich nicht mit Gleichgiltigkeit aufnahmen. Das Patriziat und die Adeligen hatten den Ehrgeiz, eine besondere Rolle zu spielen, wollten aber an der bestehenden gesellschaftlichen Ordnung und an ihren Vorrechten nicht rütteln lassen. Diese Verschiedenheit in den politischen Ansichten stellte sich zusammen mit der Rivalität, die zwischen den Bürgern und den Adeligen bestand, einem gemeinsamen Vorgehen hemmend in den Weg.
Der Einfluss der vom Schweizerklub entwickelten Tätigkeit machte sich aber doch geltend, trotzdem die Berner Obrigkeit strenge Massregeln ergriff, um die Verbreitung der revolutionären Schriften zu unterdrücken. Da richtete Frédéric César de Laharpe, der damals als Erzieher des Kronprinzen Alexander in Russland weilte, am an de Polier, A. de Laharpe und H. Monod einen offenen Brief, in welchem er diese Männer aufforderte, folgende Begehren zu stellen:
1) Einsetzung einer besondern Kommission, die die politischen Freiheiten und Rechte des Waadtlandes zusammenstellen sollte;
2) Wiedereinberufung der Waadtländer Ständeversammlung;
3) vollständige politische Gleichstellung aller Bürger, inbegriffen die Zulassung Aller zur Staatsverwaltung.
Zur selben Zeit war zwischen den Waadtländern und dem Senat von Bern inbetreff des Strassenunterhaltes, des Wasserbauwesens, der Forst- und Salinenverwaltung, sowie ganz besonders der Stellung der Waadtländer Offiziere in den fremden Diensten Streit ausgebrochen, zu dessen Verfechtern sich namentlich die Räte der Städte Morges, Moudon, Yverdon, Nyon, Aubonne, Cossonay und Rolle aufwarfen.
Aehnliche Symptome von Unzufriedenheit machten sich auch im Wallis geltend, wo im August und September 1790 in Martigny, im Val d'Illiez und in Saint Maurice Unruhen ausbrachen. Die Landgemeinden der Waadt protestierten gegen die Vorrechte der Grundherren und wurden dabei durch die Advokaten Monod und Cart unterstützt, die ihnen ein gemeinsames Vorgehen zum Zweck der Wiedereinberufung der Ständeversammlung anrieten. Daraufhin verfügte der Senat von Bern die Vornahme einiger Reformen, indem er zugleich den Berner Bürgern anempfahl, sich den Waadtländern gegenüber weniger stolz und hochmütig zu verhalten.
Ein Zufall rief neue Unruhen hervor. Als zwischen dem Herrn von Carouge, von Diesbach, und den Bauern der Gegend anlässlich des Bezuges des Zehntens von der Kartoffelernte ein Streit ausgebrochen war, wurde der Pfarrer Martin in Mézières der Parteinahme für die Bauern beschuldigt, am verhaftet, dann aber freigesprochen und wieder in alle seine Rechte eingesetzt Die Aufregung, die dieses Ereignis im Waadtland hervorrief, legte sich aber nicht wieder. Am veranstalteten die Waadtländer Patrioten im Landhaus Les Jordils ob Ouchy ein Bankett, dem ein Schützenfest zum Vorwande diente, das aber in Wirklichkeit eine Gedenkfeier des Bastillesturmes sein sollte.
Männer aller Bevölkerungsklassen - Grundbesitzer, Militärs, Advokaten, Aerzte, Geistliche, Finanzleute, Kaufleute und Handwerker - nahmen daran teil und feierten, durch feurige Reden begeistert, den Sieg der Freiheit in Frankreich. Am folgenden Tage vereinigten sich die Schützen und Patrioten von Morges, Lausanne, Aubonne und Nyon in Rolle, um den neuen Ideen ihre Huldigung darzubringen. Es taten sich bei diesen Anlässen besonders hervor Amédée de Laharpe, Herr von Les Uttins, der Landesleutnant Rosset, der Buchhändler Durand, Muller de la Mothe, der Advokat Miéville u. A. Rasch und grausam war Berns Rache.
Die Regierung liess ein 6000 Mann starkes Armeekorps mit 60 Kanonen in die Waadt einrücken und bestellte eine besondere Kriminalkommission, welche die hervorragendsten Veranstalter der Kundgebungen vom 14. und 15. Juli gefangen nehmen liess und dann entweder zu Stubenarrest oder zu Gefängnisstrafen von 4, 5, 6 und bis auf 25 Jahre verurteilte. Amédée de Laharpe wurde sogar zum Tode verurteilt, entkam aber glücklich nach Frankreich, wo er sich im Militärdienst bis zum Divisionsgeneral emporschwang, als welcher er 1796 in der Schlacht bei Lodi einen glorreichen Tod fand.
Der Revolutionswind wehte auch im Fürstbistum Basel, wo die Untertanen des Bischofes schon seit 1785 vergeblich die Zusammenberufung einer Ständeversammlung verlangt hatten, die dann endlich im Jahr 1791 wirklich erfolgte. Ein Jahr später besetzte der General Custine das Land, worauf die jurassischen Patrioten, seines Beistandes sicher, die Rauracische Republik ausriefen, welcher neue Staat sich aber nicht lange halten sollte, da er schon am unter dem Namen des ¶
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Département du Mont Terrible an Frankreich angegliedert und endlich im Jahr 1800 dem Département du Haut Rhin einverleibt wurde.
Die freiheitlichen Ideen, die sich in Frankreich Bahn gebrochen hatten, fanden ihren Widerhall auch an den Ufern des Zürichsees. Hier machte sich der Hafner Heinrich Neeracher zum Wortführer des Volkes. Er wurde zusammen mit dem Chirurgen Pfenninger und dem Seckelmeister Stapfer zur Seele der Bewegung. Die Forderungen des Volkes gründeten sich hier auf den Waldmannischen Spruchbrief von 1525, von dem die Führer eine Kopie entdeckt hatten, sowie auf eine 1532 in Kappel geschlossene Uebereinkunft.
Die Regierung wies aber diese Forderungen ab und verlangte von Bern militärische Hilfe, worauf sie am das Dorf Stäfa mit Truppen besetzen liess. Seckelmeister Bodmer von Stäfa und Seckelmeister Fierz von Küsnacht, die als die eigentlichen Führer der Opposition galten, wurden zum Tode verurteilt, dann aber zu langjähriger Zuchthausstrafe begnadigt, während 251 ihrer Gesinnungsgenossen mehr als 300000 Franken Busse bezahlen und dazu noch die Kosten des Militäraufgebotes tragen mussten.
Gegen Ende des 18. Jahrhunderts stand an der Spitze der Fürstabtei St. Gallen der milde Abt Beda, ein aufgeklärter und freisinniger Prälat, dessen Mässigung und klugem Auftreten es gelang, den auch hier zum Ausbruch reifen Aufstand zu verhindern. Dagegen musste sein Nachfolger, der im Jahr 1796 gewählte Abt Pankraz, der durch sein hochmütiges Wesen den Bürgerkrieg entfachte, nach Deutschland fliehen.
Es war unvermeidlich, dass alle republikanischen Staatswesen der Eidgenossenschaft den Fehler büssen mussten, den sie damit begangen hatten, dass sie eine Untertanenklasse geschaffen, anstatt alle ihre Landschaften der Vorteile der Freiheit teilhaftig werden zu lassen. Auf das Verlangen der Thalschaft Veltlin hin entschloss sich die Bündner Tagsatzung im Jahr 1793 zur Gewährung von bestimmten Freiheiten. Die grossen Siege, die Bonaparte eben in Oberitalien erfochten hatte, machten die Leute des Veltlin kühner.
Sie riefen die Vermittlung des ersten Konsul an, der von den rätischen Bünden forderte, ihren Untertanen im Veltlin die völlige politische Gleichberechtigung zu gewähren. Als diese Forderung abgewiesen wurde, vereinigte Bonaparte das Veltlin und die Grafschaften Bormio und Chiavenna mit der eben von ihm gegründeten Zisalpinischen Republik (1797). Beinahe hätten auch die ennetbirgischen Vogteien des Tessin dieses Schicksal geteilt, doch gelang es einer eidgenössischen Gesandtschaft, Bonaparte zur Nachgibigkeit zu stimmen und damit diejenigen Landschaften, welche heute den Kanton Tessin bilden, der Schweiz zu erhalten.
Während dieser ganzen aufgeregten Epoche war es der Schweiz immer gelungen, ihre Neutralität zu wahren. Von 1792 bis 1797 war in Basel eine ständige Garnison unterhalten worden, und als 1796 ein Teil der Armee des Generales Moreau vom Erzherzog Karl auf Schweizerboden herübergedrängt wurde, konnten diese Truppen entwaffnet, die Verwundeten verpflegt und die Leute wieder in ihre Heimat entlassen werden. Da die Neutralität der Schweiz einen grossen Abschnitt der französischen Grenzen deckte, fand Frankreich natürlich seinen Vorteil darin, dieselbe zu respektieren.
Der französische Gesandte Barthélemy verstand es durch sein Wohlwollen und sein vorsichtiges Auftreten, alle Grenzkonflikte zu vermeiden. Als er 1797, zum Mitglied des Direktoriums gewählt, die Schweiz verliess, hielt mit seinen Nachfolgern zugleich auch ein anderer Geist Einzug. Bonaparte's Tronbesteigung gab nämlich der ganzen Sachlage eine andere Wendung. Der neue Herrscher war schon seit dem Herbst 1797 im Prinzip entschlossen, unser Land militärisch zu besetzen, weshalb er denn auch sorgfältig darauf sah, dass die Schweiz in den Frieden von Campo Formio nicht miteingeschlossen wurde. Er sandte den durch seine Teilnahme an der Revolution Hollands bereits bekannt gewordenen Mengaud als Geschäftsträger in die Schweiz und gab ihm den Auftrag, die Wege für einen Bruch zu ebnen, für welchen ein Vorwand sich ja leicht finden lassen sollte.
2. Die helvetische Revolution.
Die Waadtländer, die mit der 1536 erfolgten Eroberung ihres Landes zu Untertanen Berns geworden, verband kein rechtliches Band mit der Eidgenossenschaft, weshalb sie bei Anlass von Verletzungen ihrer althergebrachten Freiheiten nicht an die eidgenössische Tagsatzung um Hilfe und Schutz gelangen konnten. Nach den 1791 zu Tage getretenen Unabhängigkeitsbestrebungen hätte einiges Nachgeben den Patrioten gegenüber genügt, um den sich vorbereitenden Sturm zu beschwören. Da dies nicht geschehen, sahen sich die Gemässigten bald in den Hintergrund gedrängt und von den heftigsten und glühendsten Freiheitsfreunden überflügelt. Zu dieser Zeit war es, da Frédéric César de Laharpe, der ehemalige Erzieher des Kaisers Alexander von Russland, bei Bonaparte vorstellig wurde und ihn darum ersuchte, von Bern zu verlangen, dass es 1) die seinem Vetter, dem eben auf dem Schlachtfelde von Lodi gefallenen General Amédée de Laharpe, dessen Witwe und Kinder mittellos waren, konfiszierten Güter wieder zurückstelle und 2) den verbannten Waadtländern die Rückkehr in ihre Heimat gestatte.
Bern ging auf eine hierauf bezügliche Anfrage der französischen Regierung insoweit ein, als es eine teilweise Amnestie, von der aber F. C. de Laharpe ausgeschlossen blieb, gewährte. Der derart von der Rückkehr in seine Heimat ausgeschlossene Waadtländer Patriot setzte nun alles daran, um die helvetische Revolution vorzubereiten und zu schüren. Zunächst unterbreitete er dem französischen Direktorium einen Plan zur Befreiung seines Vaterlandes. Am übergaben 17 Waadtländer und Freiburger Patrioten dem Direktorium eine von Laharpe verfasste Petition, in welcher sie sich zunächst auf die Erklärung der allgemeinen Menschenrechte beriefen, um sodann der Garantie zu gedenken, die Frankreich dem die Abtretung des Waadtlandes betreffenden Vertrag von 1564 gewährt hatte.
Nach Laharpe's Darstellung hätte dieser Vertrag bestimmt, dass die von den Republiken Bern und Freiburg eroberten Gemeinden von ihnen derart übernommen werden sollten, wie sie unter dem Herzog von Savoyen gewesen seien, d. h. mit Beibehaltung ihrer damals zu Recht bestehenden «us, coutumes et droits» (Freiheiten und Vorrechte), was also auch die Aufrechterhaltung der Waadtländer Ständeversammlung bedinge. In Wirklichkeit hatte sich aber Frankreich zu keiner Zeit darum bekümmert, ob der Herzog von Savoyen die den Bewohnern der Vogteien Chablais und Pays de Gex zugestandenen Vorrechte und Freiheiten tatsächlich respektiere oder nicht. Es war daher keineswegs berechtigt, sich auf die Bestimmungen eines Vertrages zu berufen, denen es selbst niemals nachgelebt hatte.
Das Direktorium ergriff aber dennoch eifrigst den ihm von Laharpe an die Hand gegebenen Vorwand und nahm mit Dekret vom die Waadtländer und Freiburger Patrioten unter seinen Schutz. Bis dahin war Laharpe mit seinen Gesinnungsgenossen noch nicht vom Wege des Rechtes abgewichen. Die gemässigte Richtung der Waadtländer Patrioten verlangte noch keineswegs die Lostrennung ihres Landes von Bern, sondern bloss die Einberufung der Ständeversammlung und die Abstellung gewisser Uebelstände.
Der Geschichtschreiber Hottinger bemerkt, dass dem Direktorium jeder Vorwand zu einem militärischen Einschreiten gegen die Schweiz vorweggenommen worden wäre, wenn sich Bern grossmütig genug gezeigt hätte, dem Waadtland die verlangten Freiheiten einzuräumen, wenn Zürich sich dazu verstanden hätte, eine freisinnigere Verfassung zu gewähren, und wenn endlich die eidgenössischen Orte in ihrer Gesamtheit es über sich gebracht hätten, die gerechtfertigten Wünsche der gemeinsamen Untertanenländer zu erfüllen.
Die helvetische Tagsatzung trat am zusammen. Schon war aber das drohende Gewitter in der Schweiz selbst ausgebrochen, indem Basel am 18. Dezember das Zeichen zur Umwälzung gegeben hatte. An diesem Tage wurde dem Grossen Rate auf Antreiben des Volkstribunen Ochs, eines Freundes von Laharpe, ein Vorschlag eingereicht, der auf die Verkündigung der Gleichberechtigung aller Bürger hinzielte. Die Basler Regierung war sich der Wichtigkeit des gebotenen Anlasses bewusst und berief am einen Verfassungsrat ein, der am 7. Februar den Leuten der Landschaft die nämlichen Rechte einräumte, wie sie die Stadtbürger bereits besassen. Damit war für Basel die ¶
Helvetische Republik 1798-1802
Lief. 220.
GEOGRAPHISCHES LEXIKON DER SCHWEIZ
Verlag von Gebrüder Attinger, Neuenburg.
^[Karte: 6° 0’ O; 47° 0’ N; 1:2300000]
░… Grenzen der Rhodanischen und der Helvetischen Republik
Französisches Eindringen:
--- in die Westschweiz im J. 1798
-.- in die Zentralschweiz im J. 1798
___ Marsch von Suwaroff im J. 1799
Attinger, sc.
HELVETISCHE REPUBLIK 1798-1802 ¶
Eidgenossenschaft der XIX Kantone
Lief. 220.
GEOGRAPHISCHES LEXIKON DER SCHWEIZ
Verlag von Gebrüder Attinger, Neuenburg.
^[Karte: 6° 0’ O; 47° 0’ N; 1:2300000]
▐ Die XIX Kantone 1803-1815
▓ In den Bund aufgenommene Orte
░ Neutralisiertes Gebiet im J. 1815
Attinger, sc.
EIDGENOSSENSCHAFT DER XIX KANTONE 1803-1815 ¶
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ganze Frage durch eine friedliche Umwälzung und ohne fremde Einmischung erledigt. Das weniger zur Nachgibigkeit gestimmte Berner Patriziat zeigte allen Begehren gegenüber einen Starrsinn, der zu seinem Sturze führen sollte.
Als man in Lausanne am den eben erwähnten Beschluss des französischen Direktoriums vernahm, bildete sich unter dem Namen des «Comité de Réunion» sofort ein revolutionärer Klub, der nach allen Seiten hin Boten aussandte und sich mit den Patrioten der übrigen Ortschaften der Waadt in Verbindung setzte, um auf dem Wege der Petition die Einberufung der Waadtländer Ständeversammlung zu erwirken. Am 8. Februar beschloss der Rat der Zweihundert in Lausanne auf den von Maurice Glayre gestellten Antrag hin, diese Petition dem Berner Rate zu unterbreiten, worauf auch die übrigen Städte der Waadt diesem Beispiel folgten und somit die Bewegung vom ganzen Waadtland anerkannt und unterstützt war. Um die Petitionäre einzuschüchtern, beschloss Bern, die Milizen und die Räte der Städte auf den 10. Januar zur Huldigung einzuberufen.
Während Vevey, Cully, Moudon, Nyon, Aubonne und andere Orte sich zu huldigen weigerten, hielten sich in Lausanne selbst zahlreiche Bürger vom Huldigungsakte fern. Am folgenden Tag bemächtigten sich die Patrioten von Vevey des Schlosses Chillon. Da die Autorität des Rates von Bern nicht mehr anerkannt wurde, sorgten die Gemeindebehörden für Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit. Bern wandte sich an die Tagsatzung, welche J. C. Wyss und von Reding-von Biberegg als eidgenössische Kommissäre nach Lausanne abordnete.
Diese drangen in den Rat von Bern, dass er die Ständeversammlung einberufen solle, wovon Bern aber nichts hören wollte, sondern Truppen aufbot und das Waadtland unter die Militärdiktatur des Obersten von Weiss, Landvogtes von Moudon, stellte. Am 22. Januar verweigerte der Rat der Zweihundert zu Bern mit einer Mehrheit von zehn Stimmen die Einberufung der Stände, indem er zugleich die Truppen des deutschen Kantonsteiles einberief. Am nämlichen Tage hatte sich eine Abordnung der Waadtländer Städte nach dem Pays de Gex begeben, um sich der eventuellen Unterstützung von Seiten des Generales Ménard zu versichern. Am folgenden Abend, 23. Januar, kam eine aus Fernex datierte Proklamation dieses Generales in Lausanne an, die den Waadtländern ankündete, dass ihm das Direktorium den Auftrag erteilt habe, ihnen mit allen Mitteln zur Freiheit zu verhelfen. Am nämlichen Tage war ferner noch eine aus Paris kommende Broschüre angelangt, die den Titel Instruction pour l'Assemblée représentative lémanique trug und von F. C. de Laharpe und Vincent Perdonnet unterzeichnet war.
Am 24. Januar erklärten sodann die Abgeordneten der Gemeinden die Unabhängigkeit des Waadtlandes und bestellten eine provisorische Regierung. Die Mehrzahl der Berner Landvögte verliessen hierauf das Land. Damit hatte sich die Revolution vollzogen, ohne dass ein Tropfen Blutes vergossen worden war. Einige Landesteile wie Aigle, die Ormonts, das Pays d'Enhaut, Grandson, Sainte Croix, Orbe und ein Teil des Gros de Vaud waren indessen Bern treu geblieben, das auf seinem Standpunkt verharrte und sich anschickte, die Waadtländer mit Waffengewalt zur Unterwerfung zu zwingen.
Unterdessen ereignete sich der Zwischenfall von Thierrens, der den Franzosen den gesuchten Vorwand zum Einmarsch lieferte. Am 25. Januar hatte nämlich General Ménard seinen Adjutanten Autier als Unterhändler nach Yverdon gesandt. Während dieser in der Nacht in einem Wagen unterwegs war, wurde seine Eskorte von der Sicherheitswache, die die Bewohner von Thierrens zu ihrem persönlichen Schutze aufgestellt hatten, angehalten. Anstatt aber auf das an sie gerichtete «wer da?» zu antworten, zogen die französischen Husaren die Säbel, worauf sich ein Kampf entspann, in dem sie den Tod fanden.
Obwohl die sofort eingeleitete Untersuchung dartat, das die Bewohner von Thierrens in rechtmässiger Notwehr gehandelt hatten, beharrte General Ménard darauf, seine Husaren seien ermordet worden. Er hatte den Vorwand, den er schon lange gesucht, gefunden. So gab er denn am 27. Januar seinen Truppen (10500 Mann) den Befehl zum Einmarsch ins Waadtland. Aber auch ohne den Zwischenfall von Thierrens stand dieser Einmarsch unmittelbar vor der Türe, da er, wie aus einem Brief Ménard's an den General Müller hervorgeht, bereits beschlossene Sache gewesen war.
Während sich die Affäre von Thierrens am 25. Januar, abends 10 Uhr ereignete, datiert der Brief, der den Einmarsch der französischen Truppen auf den 28. Januar ankündigte, vom 26. Januar, zu welcher Zeit dem General Ménard von jenem Ereignis noch keine Kunde zugekommen sein konnte. Da Ménard's Truppen seit drei Monaten keinen Sold erhalten hatten, beeilte sich der General, von den Waadtländern 700000 Fr. auf dem Wege eines Zwangsanleihens zu verlangen, für welches er als Garantie die «französische Loyalität» gab. Ferner schrieb er die Lieferung von Brot, Fleisch, Wein, Branntwein, Heu, Hafer etc., sowie das Aufgebot von 5000 Mann Truppen vor.
Die eigentliche Absicht des Direktoriums war, wie dies auch der französische Geschichtschreiber Martin zugibt, der Umsturz des aristokratischen Regimentes in den Schweizer Kantonen, um dadurch in den Besitz des Staatsschatzes und der öffentlichen Kassen der einzelnen Orte zu kommen. Marmont sagt in seinen Memoiren: Man gab vor, sich über die Schweizer zu beklagen zu haben. Nachdem die eidgenössischen Truppen im Kampf geworfen und zerstreut worden waren, erreichte man Bern, wo man sich des durch Sparsamkeit und in Voraussicht kommender Ereignisse angesammelten beträchtlichen Staatsschatzes bemächtigte.
Trotz ihrem anspruchsvollen Auftreten, das einen ärgerlichen Eindruck machte, wurden die französischen Truppen in Lausanne gut aufgenommen, weniger gut dagegen in Yverdon und Sainte Croix. Bei der Nachricht vom Einmarsch der Franzosen in Lausanne zogen sich die Berner Milizen nach Gümmenen zurück und zeigte das Berner Patriziat ein verspätetes Entgegenkommen, indem es ¶
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seinen Untertanenländern 52 Vertreter im Rate der Zweihundert einräumte und zugleich am 3. Februar eine Verfassungsrevision beschloss. Andrerseits organisierte die provisorische Ständeversammlung der Lemanischen Republik die Verwaltung des Landes, welche von den Gemässigten zu stande gebrachte Arbeit aber erfolglos war, indem dem Waadtland schon am 9. Februar eine von Ochs ausgearbeitete, von Laharpe empfohlene und vom Direktorium genehmigte Verfassung gegeben wurde, deren Annahme durch die provisorische Ständeversammlung und deren Genehmigung durch die Gemeinden nun sofort erfolgte. Die nämliche Verfassung wurde auch von den Baslern adoptiert.
Nun brachen sich die revolutionären Prinzipien rasch Bahn. Am 31. Januar beschloss der Grosse Rat von Luzern die Abschaffung des aristokratischen Regimentes und die Zuziehung von Abgeordneten der Landschaft zur Ausarbeitung einer auf dem Prinzip der Gleichheit beruhenden Verfassung. Aehnliche Zugeständnisse machten auch Schaffhausen und Zürich, während in den aargauischen und thurgauischen Vogteien, dem Rheinthal, dem Unter Wallis, den Untertanenländern des Abtes von St. Gallen und den italienischen Vogteien der Aufruhr ausbrach.
Bern bereitete sich vor, dem fremden Eroberer tapfer zu widerstehen. Am 1. Februar wurde Ménard durch den General Brune ersetzt, der durch Anknüpfung von Unterhandlungen Zeit zu gewinnen suchte, weil er vorläufig noch keine Artillerie und Kavallerie hatte und auch nicht über eine genügende Zahl von Fusstruppen verfügte. So täuschte er Bern, indem er der Stadt glauben machte, er wolle ernsthaft mit ihr unterhandeln. Er schloss einen Waffenstillstand ab und brachte zugleich Uneinigkeit unter die Berner Truppen, indem er ihnen vorgab, sie würden von ihren Führern verraten.
Als dann Verstärkungen angelangt waren und das den Jura besetzt haltende Armeekorps des Generals Schauenburg sich mit seinen Truppen vereinigt hatte, änderte Brune die Taktik, indem er beschloss, die Berner, die ihm bloss 18000 Mann entgegenstellen konnten, anzugreifen. Trotzdem er den Befehl zum Angriff bereits erteilt hatte, war er perfid genug, die Unterhandlungen mit der Stadt fortzusetzen und in die Länge zu ziehen. Jetzt wurden die Berner zwischen zwei Feuer genommen. Am 1. März überschritt Schauenburg die Solothurner Grenze und am 2. März besetzte er die Stadt Solothurn, während sich der General Pigeon zugleich der Stadt Freiburg bemächtigte. Am 4. März dankten der Schultheiss Steiger und das aristokratische Regiment in Bern ab, das durch eine provisorische Regierung ersetzt wurde.
Während der Tage des 4. und leisteten die Berner Milizen unter der Führung von Karl Ludwig von Erlach, F. von Wattenwil und Ferd. von Rovéréa bei Neueneck, Laupen, Fraubrunnen, im Grauholz und auf dem Breitfeld den anrückenden Franzosen heldenmütigen Widerstand, wurden aber von der Ueberzahl der Feinde erdrückt. Ihrer Niederlage folgte auf dem Fusse die Einnahme von Bern. Nicht zufrieden damit, dass sie den Staatsschatz erbeuteten, legten die Sieger noch den regimentsfähigen Geschlechtern übertriebene Kriegssteuern auf, verlangten die Stellung von Geisseln und verwüsteten und plünderten auch die Landschaft.
Ueber diese schweren Tage schreibt Bonstetten: «Ach, in Bern! da wimmelt alles von Husaren, Soldaten und Freiheitsbäumen. Auf allen Strassen abscheulicher Kot. Ganze Detachements Husaren sprengen durch die Arkaden. Pferde in den Hausgängen; Verzweiflung von allen Seiten. Der Schatz ist geplündert, eine Kirche wird als Stall und Kaserne gebraucht, viele Wohnhäuser vor der Stadt sind halb zerstört, Weinfässer in Stücken, Betten zerhauen. Ich hatte neunundzwanzig Soldaten im Hause. Niedergeschlagenheit, Tränen neben dem Gepfiff und Gesang der Husaren; verlassene Kanonen auf den Strassen und Wiesen, auch Tote. Die Strassen unsicher, so dass man ohne Bewilligung sich nicht regen kann.» Man schätzt die Summen, die sich Brune und seine Helfershelfer ohne Wissen ihrer Regierung persönlich aneigneten, auf 1½ Millionen Franken, den dem Direktorium zugefallenen Teil des Staatsschatzes auf 12½ Mill. Fr., sowie die den übrigen öffentlichen Kassen entnommenen Summen und die von den Patriziergeschlechtern erpressten Steuern auf 2½ Mill. Fr. Dazu gesellten sich noch Nahrungsmittel und Kriegsmaterial im Werte von 10 Mill. Fr. Als Trophäen führte Brune die Berner Bären und 16 aus dem Zeughaus entwendete Fahnen - keine einzige war von den Franzosen auf dem Schlachtfeld erbeutet worden - ¶
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mit sich nach Paris. Diese Ausschreitungen und Uebergriffe riefen einer allgemeinen Missbilligung und sind auch selbst von einigen französischen Schriftstellern an den Pranger gestellt worden.
3. Der helvetische Einheitsstaat.
«In seinen Fall riss Bern, das Bollwerk der schweizerischen Aristokratie, auch die ganze übrige Schweiz.» Brune ward zum Diktator der Schweiz und schuf 1) eine rhodanische Republik mit den Kantonen Leman, Saane und Broye, Oberland, Wallis und Tessin; 2) eine helvetische Republik mit dem grössern Teil der alten Eidgenossenschaft und 3) die Republik des Tellgaues mit den Urkantonen. «Dieser Plan stand jedoch nur auf dem Papier; von allen Seiten erhoben sich Proteste; leicht war ja der Hintergedanke herauszulesen, dass durch die Teilung eine Einverleibung in Frankreich vorbereitet werden könnte.» Am 28. März verliess Brune, der mit seiner Division nach Italien versetzt worden war, Bern in einer dem alt-Schultheissen von Mülinen gehörenden Kalesche, worauf der Oberbefehl der französischen Truppen in der Schweiz an den General Schauenburg überging.
Als Zivilkommissär stand neben ihm Lecarlier, dessen Sekretär Rapinat sich durch seine Uebergriffe und Habgier einen bösen Namen gemacht hat. Die ersten Verfügungen des französischen Diktators schlossen alle Mitglieder der ehemaligen Regierungen von den öffentlichen Aemtern aus, überbanden den Unterhalt der französischen Truppen dem Volk und untersagten jegliche Diskussionen über die projektierte helvetische Verfassung, die ohne alle Abänderung genehmigt werden sollte. Dieses unverschämte und alle früher gemachten Versprechungen einfach zu Schanden machende Vorgehen verletzte die Gefühle der Eidgenossen aufs tiefste und flösste ihnen einen grossen Widerwillen gegen das neue Regiment ein.
So lagen die Verhältnisse, als die Abgeordneten am in Aarau zur Nationalversammlung zusammentraten und die neue einheitliche Verfassung annahmen. An dieser Versammlung nahmen bloss die Abgeordneten der Kantone Bern. Luzern, Basel, Schaffhausen, Oberland, Solothurn, Saane und Broye, Leman und Aargau teil. Der Name «Schweiz» wurde durch «Helvetien» und der Ausdruck «Eidgenossenschaft» durch «Republik» ersetzt, indem man die «eine und unteilbare helvetische Republik (République helvétique une et indivisible)» schuf.
Das Gebiet der alten Eidgenossenschaft wurde zerstückelt und in Kantone oder Verwaltungs- und Wahlbezirke eingeteilt. «Die Verfassung bestimmte ursprünglich deren zweiundzwanzig: die Kantone Wallis, Leman (Waadt), Freiburg, Bern, Solothurn, Basel, Aargau, Luzern, Unterwalden, Uri, Bellinzona, Lugano, Rätien (das zwar vorderhand nur eingeladen wurde, der helvetischen Republik beizutreten), Sargans (mit Rheinthal, Sax, Gams, Werdenberg, Gaster, Uznach, Rapperswil und March), Glarus, Appenzell, Thurgau, St. Gallen, Schaffhausen, Zürich, Zug (mit Stadt und Grafschaft Baden und den freien Aemtern), Schwyz (mit Gersau, Einsiedeln und den Höfen). Durch die Abtrennung des Oberlandes von Bern erhöhte sich die Zahl auf dreiundzwanzig Kantone. (Bereits von der Schweiz abgetrennt und daher nicht zu der helvetischen Republik gehörig waren: die Bündner Untertanenlande, das Bistum Basel, Biel, Mülhausen, Genf; Neuenburg stand in keiner Verbindung mehr mit Helvetien). Später fand (nach Unterwerfung der Urkantone) eine Reduktion auf neunzehn Kantone statt. Man sieht schon aus einer Anzahl Benennungen, wie sehr die geschichtliche Entwicklung mit Absicht verwischt wurde. Alle diese neuen Kantone behielten auch nicht einen Funken der alten Souveränetät; sie bildeten innerhalb des Ganzen nur das, was heute ein Bezirk innerhalb eines Kantons: Sie selbst teilten sich wieder in Distrikte.» An der Spitze des ganzen Landes standen ein Senat und eine Deputiertenkammer (Grosser Rat), deren Mitglieder von den Kantonen ernannt wurden, sowie ein aus fünf Mitgliedern bestehendes Direktorium, dem vier Minister beigegeben waren, und endlich ein oberster Gerichtshof für ganz Helvetien.
Jeder Kanton erhielt einen Statthalter oder Präfekten, eine Verwaltungskammer von 5 Mitgliedern und ein Kantonsgericht von 13 Mitgliedern. Den einzelnen Distrikten war ein Unterpräfekt vorgesetzt und ein Bezirksgericht beigegeben. Diese schematische und schablonenhafte Organisation unterlag noch während der kurzen Dauer der helvetischen Verfassung mehrfachen Abänderungen. Im Uebrigen enthielt die Verfassung mehrere für die damalige Zeit noch verfrühte, aber nicht verdienstlose Grundbestimmungen, die in anderer Form auch in die Bundesverfassungen von 1848 und 1874 wieder Eingang gefunden haben.
Die ersten Wahlen brachten Männer an die Spitze des Staatswesens, die sich durch ihren massvollen Charakter empfahlen die Direktoren Lukas Legrand, Maurice Glayre, Viktor Oberlin, Alfons Pfyffer und Ludwig Bay, die sich als Minister die Bürger Ludwig Bégos, Albrecht Rengger, Philipp Albrecht Stapfer, Franz Bernhard Meyer von Schauensee, Hans Konrad Finsler und Repond zugesellten. «Fast durchweg haben sich diese Minister», die übrigens wie die Direktoren nicht lange im Amte blieben, «durch ihr wohltätiges Wirken ein bleibendes Verdienst erworben, weit mehr als die Direktoren.»
Am drang zwischen Mittag und ein Uhr unversehens eine 1600 Mann starke Truppenabteilung durch drei verschiedene Tore in Genf ein, welche Stadt nun während 15 Jahren, d. h. bis zum Sturze Napoleons, französisch bleiben sollte. Da die Urkantone Uri, Schwyz und Unterwalden, sowie Glarus und Zug sich an der Nationalversammlung in Aarau nicht beteiligt halten, ergriff General Schauenburg unverzüglich Massregeln, um sie zur Anerkennung der vom französischen Direktorium im Namen der Freiheit aufgedrungenen Verfassung zu zwingen. Am 21. April verlegte er sein Hauptquartier nach Luzern und am 28. April nach Zürich. Am 30. April erlitten die Glarner bei Wollerau und am 1. Mai bei Lachen eine Niederlage. Am 2. Mai erfochten die Schwyzer unter der Führung von Alois von Reding bei Rotenturm und Sattel glänzende Erfolge über die Franzosen. Damit war die alteidgenössische Ehre gerettet, doch vermochten die Waldstätte den allzu ungleichen Kampf nicht mehr länger fortzusetzen. Um dem grausamen Todeskampf und den schrecklichen Ausschreitungen der französischen Soldateska ein Ende zu machen, schloss Reding einen Waffenstillstand ab. Am 4. Mai erklärte sodann die Landsgemeinde zu Schwyz die Anerkennung und den Beitritt zur helvetischen Republik. «Der Kapitulation von Schwyz ¶
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schlossen sich Uri, Glarus, Zug und Unterwalden an Nidwalden jedoch nur mit unwilliger Zögerung. Auch St. Gallen, Appenzell und Sargans wurden besetzt und ergaben sich." Nun war noch das Wallis zu unterwerfen. Am 7. Mai zogen die Ober Walliser in Masse das Rhonethal hinab und verjagten die provisorische Regierung, die sich in Sitten gebildet hatte, erlagen aber am 17. Mai bei Pfin den gegen sie ausgesandten Truppen, worauf ihr Land entwaffnet, verwüstet und zur Erlegung einer Kriegssteuer gezwungen wurde.
4. Erhebung der Waldstätte.
Die helvetische Verfassung wurde in den meisten Kantonen ohne Schwierigkeiten beschworen. Wo diese Huldigung auf Opposition stiess, sandte Schauenburg Truppen hin. In den Waldstätten, wo die Priester dem Volke vorstellten, die Religion sei in Gefahr, waren zahlreiche Bürger auf Widerstand bedacht. Diese Partei der Unzufriedenen wurde stets mächtiger, da sich das helvetische Direktorium ausser stande sah, die Schweizerbürger gegen die Ausschreitungen der französischen Soldateska wirksam zu schützen.
Das von dem aufrührerischen Geiste benachrichtigte Direktorium traf militärische Massregeln. In Nidwalden traten am 18., 20., 22. und 24. August nacheinander vier Landsgemeinden zusammen, von deren nach Aarau gesandten Abgeordneten das Direktorium die bedingungslose Unterwerfung Nidwaldens verlangte. Da weigerte sich dessen eine letzte Landsgemeinde. Um der Situation endlich Herr zu werden, sandte General Schauenburg zwölf Infanteriebataillone, zwei Schwadronen Husaren und eine Batterie gegen Nidwalden aus, mit welchen Truppen er auf zahlreichen Nachen über die Stanser Bucht des Vierwaldstättersees setzte.
Aber die Nidwaldner liessen sich durch dieses gewaltige Truppenaufgebot in ihrem Widerstand nicht abschrecken. Am 9. April eröffnete Schauenburg den allgemeinen Angriff, der ihm nach hartnäckiger Gegenwehr und blutigem Kampf den Sieg brachte. «Von allen Seiten wälzten sich die fremden Sieger wie ein Strom gegen Stans, das stundenlang beschossen und endlich genommen wurde ... Die tapfern Einwohner kämpften bis zum letzten Blutstropfen. Mit Knütteln, Aexten und Sensen bewaffnet, stritten Weiber und Mädchen an des Gatten, an des Vaters Hand. Die Wut der Franzosen kannte keine Grenzen. Sie erwürgten Frauen, Greise, Kinder in der Wiege; scheusslich war die Schlächterei. Stans und die umliegenden Dörfer wurden angezündet; Rauch und Flammen stiegen aus den Wohnungen empor. Als am Abend das Fechten ein Ende nahm, glich Nidwalden einem ungeheuern Grabe, aus welchem schwarzer Rauch emporstieg...» Selbst Schauenburg bewunderte den Mut und die Widerstandskraft der Gegner. «Es war der heisseste Tag, den ich je gesehen», schrieb er ans Direktorium. Er gab sofort Befehl, dass das Rauben und Plündern eingestellt und den Leuten das geraubte Vieh wieder herausgegeben werde. Um der ersten Not zu steuern, liess er unter das Volk auch Lebensmittel verteilen.
5. Die Schweiz unter der helvetischen Verfassung.
Nun hatten die Anhänger der Einheit ihr Ziel erreicht. Das Direktorium war aber zu schwach, um durchgreifende Reformen an Hand zu nehmen, da die Ueberflutung mit fremden Truppen das Land hatte verarmen lassen. Immerhin verdankt man den helvetischen Behörden doch eine Reihe von nützlichen Massregeln: es wurden die Gewerbefreiheit gewährt, die Folter, Zehnten und Grundzinse abgeschafft, gemischte Ehen gestattet etc. Mit dem Eintritt von Ochs und Laharpe in das Direktorium, die am Bay und Pfyffer ersetzten, gewann die oberste helvetische Behörde allmählig einen tyrannischen und anspruchsvollen Charakter. Gegen Ende 1798 forderte Frankreich von der Schweiz das Aufgebot einer Truppenmacht von 18000 Mann.
Im Jahr 1799 brach der Krieg zwischen Frankreich und den alliierten Mächten von neuem aus und wurde die Schweiz zum Tummelplatz der grossen fremden Armeen. Am 4./5. Juni schlug der Erzherzog Karl vor den Mauern Zürichs die unter dem Oberbefehl von Masséna stehenden Franzosen. Doch sah sich der österreichische General infolge der Eifersucht seines Bruders, des Kaisers Franz II., und des russischen Hofes, sowie durch Intriguen aller Art gehemmt, ausser stande, seinen Sieg auszunutzen, sodass er mit Masséna einen zweimonatlichen Waffenstillstand abschliessen und die weitere Führung des Feldzuges den russischen Generalen ¶