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Freiburg, 1591 in Pruntrut, 1620 in Brig, 1646 in Solothurn und Bellinzona, 1734 in Sitten. Der Erzbischof von Mailand, Kardinal Karl Borromäus, stiftete für Schweizer Jünglinge 1579 in Mailand eine theologische Schule, das sog. Collegium helveticum. «Vierzig bis fünfzig Zöglinge konnten dort unentgeltlich Pflege und Unterricht erhalten und wurden mit dem nötigen Rüstzeug zur Bekämpfung der reformierten „Ketzerei“ versehen.» In Luzern wurde eine ständige päpstliche Nuntiatur errichtet, auf deren Veranlassung die 7 katholischen Orte Uri, Schwyz, Unterwalden, Luzern, Zug, Freiburg und Solothurn im Jahr 1586 den «goldenen Bund» oder «borromäischen Bund» schlossen, «ein Sonderbündnis zu Schutz und Trutz, zur Verteidigung und Aufrechterhaltung der katholischen Religion», dem 1587 ein Bündnis mit Spanien folgte.
Das Ansuchen Strassburgs, wohin bei Anlass eines Schützenfestes im Jahr 1576 die Zürcher in einem Schiff an einem Tage einen Hirsbreitopf mitgebracht hatten, um Aufnahme in den Bund der Eidgenossen wurde 1585 von den Katholiken abgewiesen. Damit war die Spaltung zwischen den Eidgenossen zum tiefreichenden Bruch gediehen und schien das Band der alten Bünde vollständig zerrissen zu sein. Zu bemerken bleibt hier auch noch, dass die reformierten Orte den Ueberlebenden der Bartholomäusnacht Schutz und Asyl gewährten und das Begehren der Gesandten Karls IX. um Ausweisung der Hugenotten rundweg abwiesen.
Die italienischen und französischen Protestanten, unter denen sich Männer von hoher Bildung und Tatkraft befanden, strömten im 16. Jahrhundert zahlreich nach der Schweiz. Wenn sich diese rühmt, eine beträchtliche Anzahl von Gelehrten und Schriftstellern von europäischem Ruf hervorgebracht zu haben, so verdankt sie diesen Ruhm zu einem Teil dem Zuzug von Aussen und dem hervorragenden Einfluss auf die Hebung der Bildung, den die Fremden ausgeübt haben. Aus dieser Zeit stammt die Niederlassung der Calandrini, Paravicini, Diodati, Marti, Pestalozzi, Orelli, Muralt, Saussure, Polin, Bernoulli und vieler anderer Geschlechter in der Schweiz, die durch ihr Wissen und ihre Schaffenskraft vieles zum Aufblühen der reformierten Orte beigetragen haben. Das würdigen Verfolgten fremder Nationen in weitestgehendem Mass gewährte Asylrecht ist eines der grundlegenden Prinzipien des schweizerischen Staatsrechtes.
5. Zwistigkeiten zwischen dem Herzog von Savoyen einerseits und den Republiken Bern und Genf andrerseits.
Während dieser unruhigen Zeit der religiösen kämpfe und Kriege war Genf als kriegerische und fromme Stadt stets bereit, wie Henry Fazy sagt, «de tenir les armes prêtes et hanter les sermons.» Nachdem der Herzog von Savoyen die Herrschaft über das linke Ufer des Genfersees wieder erlangt hatte, war es sein begreiflicher Wunsch, auch wieder in den Besitz des Waadtlandes zu gelangen. Ferner dachte er daran, sich auch Genf neuerdings zu eigen zu machen. Er kümmerte sich wenig um die Verpflichtungen, die er im Vertrag von Lausanne (1564) auf sich genommen, und zwang die Bewohner seines Reiches, sich dem katholischen Glauben zu unterwerfen.
Dieser Zweck, sowie die Gründung von Jesuitenkollegien in Annecy, Évian und Thonon wurde namentlich durch die unermüdliche Tätigkeit des h. Franz von Sales erreicht, der sich von den weltlichen Behörden in seinem Wirken kräftig unterstützt sah. Der Hof von Savoyen steuerte sein Schifflein geschickt bald auf Seite Spaniens und bald auf diejenige Frankreichs. Doch liessen sich die Franzosen von diesem Spiel nicht täuschen. Ihnen lag es vor allem daran, zu verhindern, dass der Herzog in den Besitz eines strategisch so wichtigen Punktes, wie es Genf ist, gelange.
Ferner war den französischen Königen der Zuzug von Schweizer Söldnern, die bei Dreux (1562) und Meaux (1567) den Tron gerettet, notwendig. Durch Gründe dieser Art sah sich der König Heinrich III. veranlasst, Freiburg, Bern und Solothurn zur Erneuerung ihres Burgrechtes mit Genf zu ermutigen. Die Folge war, dass diese drei Orte in dem 1579 mit Frankreich abgeschlossenen Vertrag von Solothurn die Unabhängigkeit Genfs garantierten. Drei Jahre später (1582) erneuerte Frankreich sein Bündnis mit den eidgenössischen Orten, dem 1581 auch Zürich beitrat. Der Herzog Karl Emmanuel von Savoyen liess sich aber nicht entmutigen. Seinen Sendboten gelang es, mit einigen Waadtländer Geschlechtern, die die Herrschaft Savoyens zurücksehnten, sich in Verbindung zu setzen. Es bildete sich in Lausanne eine Verschwörung, an deren Spitze ¶
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der Bürgermeister Isbrand d'Aux stand, mit dem Zweck, die Stadt den Savoyarden in die Hände zu spielen. Dieses Komplott wurde aber verraten. Es zeigte sich, dass die Verschwörer zugleich einen Angriff auf Genf geplant hatten, was die Berner über die Gefahr aufklärte, die ihnen drohte. Sogleich überzogen Bern und Genf gemeinsam das Pays de Gex und das Chablais mit Krieg, worauf Bern 1589 mit dem Herzog den Frieden von Nyon schloss, durch den es Genf preisgab, welche Stadt den Kampf gegen Savoyen mit wechselnden Erfolgen tapfer fortsetzte.
Der Tod Heinrichs III. und der Uebertritt Heinrichs IV. zum Katholizismus (1593) machten den Bürgerkriegen in Frankreich ein Ende. Der neue französische König legte sich zu gunsten von Genf ins Mittel, erklärte Savoyen den Krieg und schloss dann mit dieser Macht den Frieden von Lyon durch welchen Genf das Pays de Gex, das es 11 Jahre lang besetzt gehalten, auf Betreiben des päpstlichen Legaten, der das Land nicht unter der Herrschaft einer reformierten Republik wissen wollte, an Frankreich verlor.
Einige Monate später sollte Genf, das sich in Sicherheit glaubte, einer grossen Gefahr glücklich entgehen. In der Nacht des versuchten einige tausend Mann des Herzogs, die Stadt durch einen Ueberfall zu überrumpeln und in ihre Gewalt zu bringen. «Dreihundert Mann, meist Angesehene, stiegen ab und erklommen auf geschwärzten Leitern, angefeuert durch einen schottischen Jesuiten, den äussern Wall. Sie kamen ans Bollwerk, in der Absicht, das „neue Tor“ zu sprengen, und glaubten schon, die Stadt zu besitzen. Da wurden sie von einer Schildwache entdeckt. Diese liess schnell den Fallgatter nieder und machte Lärm. Die Bürger eilten zu den Waffen, die Kanonen wurden aufgeführt und in kürzester Zeit die Savoyarden zurückgeworfen und verjagt. Karls Emmanuels Hoffnungen waren vernichtet. Alljährlich feiert Genf andächtig die „Escalade“, den Tag dieser glücklichen Befreiung.» In dem nun folgenden Frieden von Saint Julien verpflichtete sich der Herzog, Genfs Unabhängigkeit anzuerkennen und in einem Umkreis von 4 Stunden von der genferischen Grenze weder Truppen unterhalten noch eine Befestigungsanlage errichten zu wollen. Aber noch während etwa eines vollen Jahrhunderts musste Genf stets auf der Hut bleiben, da der Herzog fortfuhr, den Besitz der Stadt mit allen Mitteln zu erstreben.
6. Kulturelle Zustände des 16. Jahrhunderts.
Mit dem 16. Jahrhundert machte sich in der Schweiz eine ganz neue kulturelle Richtung Bahn. Die Volkskraft und nationale Energie, die bisher einzig auf den Schlachtfeldern zum Durchbruch gekommen waren, wandten sich nun erhabeneren Zielen zu. Es gelangten jetzt auch die Künste des Friedens zu Ehren. Sowohl die Reformatoren als auch die katholische Geistlichkeit richteten ihr Augenmerk auf die Gründung von Schulen, die eine allgemeinere Bildung in die breiten Massen des Volkes zu tragen bestimmt waren.
Zwischen der Schweiz und ihren Nachbarländern entwickelte sich ein Ideen- und Meinungsaustausch, der äusserst befruchtend wirkte. Die schweizerischen Reformatoren unterhielten einen ausgebreiteten Briefwechsel mit den Herrschern von Frankreich, England, Deutschland, Dänemark und Polen. Neben den Theologen, wie Zwingli, Calvin und Bullinger, glänzten hervorragende Humanisten: Glarean und Vadian machten sich durch ihre Arbeiten über die lateinischen Klassiker einen Namen.
Ceporin, einer der Lehrer an der philologisch-theologischen Lehranstalt in Zürich, erklärte die griechischen Klassiker. Konrad Gessner, Professor in Lausanne und Zürich, zeichnete sich als Naturphilosoph aus. Von den Chronisten der damaligen Zeit sind die berühmtesten: Valerius Anshelm, Arzt und Schulmeister in Bern, der die Chronik dieser Stadt fortführte, und Heinrich Bullinger, der zweite Reformator Zürichs. Ihnen reihen sich an Thomas und Felix Plater, Konrad Pellican, François Bonivard, Jeanne de Jussie, Froment und Pierrefleur, dann Aegidius Tschudi, Johannes Stumpf, Josias Simmler, Franz Guillimann, Renward Cysat u. A. Die Medizin ist vertreten durch Theophrastus Paracelsus (1493-1541), der als erster die Chemie der medizinischen Wissenschaft dienstbar machte, Vadian, Vesal, der als erster an der Universität Basel einen menschlichen Körper sezierte, Prévost aus Delsberg u. A. Die Geographie erscheint durch Sebastian Münster vertreten.
Satirische und dramatische Dichter unterstützten die Prediger in dem Bestreben, die Sitten des Volkes zu reformieren. Anonyme Werke der Dichtkunst wurden veröffentlicht von Beamten, Pädagogen, Aerzten, Malern und Gewerbetreibenden. Von Poeten jener Zeit nennen wir den Maler Niklaus Manuel aus Bern, den Zürcher Pfarrer Utz Eckstein, die Luzerner Murner und Salat, die Dramatiker Cysat, Campell, Ulrich von Travers, Gengenbach und J. Ruf, den Engadiner Lemnius, Valentin Bolz, Wagner, Ritz, Malingre, Pierre Viret, Thomas Beza.
Veröffentlichung der Werke aller dieser hervorragenden Geister brachte das Buchdruckergewerbe zum Aufblühen. Berühmte Buchdrucker jener Zeit sind Amerbach, Froben, Oporin und Plater in Basel, in welcher Stadt damals 24 Drucker und 60 Buchhändler lebten, Frosthauer in Zürich, Stephani (Estienne) in Genf. Auch in der Baukunst ging eine Umwandlung vor sich. Der gotische Stil wird durch den italienischen Renaissancestil verdrängt. Die ersten Anfänge dieser neuen Kunstrichtung offenbarten sich in den Freskomalereien, von denen besonders diejenigen im Kloster zu Stein a. Rh., im Rathaus zu Basel und im Hertensteinschen Hause zu Luzern zu erwähnen sind. Um die Mitte des Jahrhunderts entstanden im ganzen Land Bauwerke im Renaissancestil, so z. B. in Bern, Zürich, Stein, in Graubünden, Avenches, Freiburg, Brig, sowie noch in manchen andern Städten.
Mit dem wachsenden Wohlstand hielten Luxus und Eleganz Einzug in die Patrizierhäuser. Wände und Zimmerdecken bedeckten sich mit künstlerischen Holzschnitzereien, die zusammen mit stilvollen Möbeln diesen Wohnungen einen komfortabeln und feierlich-ernsten Anstrich gaben, wie er mit der Gesinnungsweise der damaligen Zeit wohl übereinstimmte. Eine grosse Rolle spielten auch dekorative Oefen und die Glasmalerei. Von Glasmalern haben sich namentlich Holbein, H. Funk, Grebel, Asper, Graf, Maurer und Stimmer einen Namen gemacht.
Das Ende des 16. Jahrhunderts wird durch einen politischen und sozialen Umschwung gekennzeichnet. Die Schweiz, die im 15. Jahrhundert die Rolle als ¶
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einflussreiche Grossmacht gespielt hat, nimmt nun an den europäischen Kriegen keinen direkten Anteil mehr. Die Eidgenossenschaft erscheint gleichsam als aufgelöst. So trat denn in der Tat im ganzen Zeitraum vom zweiten Kappelerfrieden 1531 bis zu dem den zweiten Villmergerkrieg abschliessenden Frieden keine gemeinsame eidgenössische Tagsatzung mehr zusammen. Die Katholiken tagten in Baden und die Reformierten in Aarau. Beide Parteien schlossen von sich aus Bündnisse etc. ab, ohne sich um ihre auf der andern Seite stehenden Miteidgenossen zu kümmern.
Die Militärkapitulationen hatten die Ausbildung von Oligarchien zur Folge. Die aus fremden Diensten heimkehrenden Offiziere brachten aristokratische Gesinnung und Neigungen mit nach Hause, was zur Verschärfung der Klassenunterschiede führte. In jeder einzelnen Stadt kam die öffentliche Gewalt in die Hände einer kleinen Anzahl von regimentsfähigen Geschlechtern, wie sich dies übrigens auch in Holland, Italien und andern Ländern beobachten lässt. Wo, wie in Basel, der alte Adel verschwunden war, trat ein bürgerliches Patriziat an dessen Stelle.
Das Volk verlor jeden Anteil an der Bestellung der Behörden. Dieser antidemokratische Zeitgeist machte sich bis ins Wallis fühlbar, wo das Volksgericht der sog. «Mazze» abgeschafft wurde. An gewissen Orten war der Zugang zum Bürgerrecht eifersüchtig verschlossen. Die Behörden hatten sich in steigendem Masse mit einem erschrecklichen Anwachsen des mittellosen Proletariates zu beschäftigen, das durch die Söldnerdienste, die Hungersnöte und die fremden Landstreicher herangezüchtet worden war. Um diesem Elend zu steuern, verbot man den Armen die Heirat, welche Massregel zahlreiche Heimatlose, eine Art von aus der menschlichen Gesellschaft Ausgestossenen, schuf, die beständig von einem Ort zum andern abgeschoben wurden und eine erst im 19. Jahrhundert vollständig beseitigte wahre Landesplage bildeten.
Gedankenfreiheit war weder auf der reformierten noch auf der katholischen Seite gewährt. Die Rechtssprechung bediente sich gegen Verbrecher und Hexen der Tortur. Immerhin zeichneten sich eine Reihe von Magistraten durch ihre menschenfreundliche Gesinnung und ihre hochherzigen Charaktereigenschaften aus, so namentlich der Zürcher Jakob Werdmüller, Landvogt von Locarno, der Berner Niklaus Zurkinden, Landvogt von Nyon, die Zürcher Bürgermeister Bernhard von Cham und Georg Müller, ferner Joseph Amberg von Schwyz, Landvogt im Thurgau. Diese Männer bildeten aber nur seltene Ausnahmen von der allgemein giltigen Regel.
IV. Die Zeiten des 17. und 18. Jahrhunderts.
1. Die rätischen Bünde zur Zeit des 30jährigen Krieges. - Westfälischer Frieden 1648.
Seitdem sich die Eidgenossen 1546 bei Anlass des Schmalkaldischen Krieges neutral erklärt hatten, nahmen sie als Nation an den immer wieder ausbrechenden Kriegen zwischen dem deutschen Reich und Frankreich keinen Anteil mehr. Ihre ursprünglich bloss zufällige Neutralität ward dauernd und hatte ihren Grund in der tiefgreifenden Uneinigkeit, die in der Schweiz selbst Platz gegriffen hatte. Die Gesandten Spaniens und Frankreichs fädelten bei den eidgenössischen Orten unaufhörliche Intriguen ein und hielten sich damit selbst gegenseitig in Schach. Endlich siegte aber der französische Einfluss ob, indem Heinrich IV. im Jahr 1602 das 1582 mit den eidgenössischen Orten eingegangene Bündnis erneuerte.
Von grosser politischer Tragweite war die geographische Lage der Schweiz zwischen den Ländern der ältern Linie der Habsburger (der Freigrafschaft Burgund und dem Herzogtum Mailand, die beide zu Spanien gehörten) einerseits und den Besitzungen der jüngern Linie desselben Geschlechtes (Tirol, Oesterreich etc.). Die durch das Bündnis mit Frankreich in ihrem Bestand gestärkte Neutralität der Schweiz hinderte Oesterreich an einem einheitlichen Zusammengehen mit Spanien. Für Frankreich war es von der grössten Bedeutung, dass Genf, das an einer der durch das Wallis führenden Strassen von der Freigrafschaft nach Mailand lag, nicht in die Hände des damals mit Spanien verbündeten Herzoges von Savoyen falle. Ebenso hatte die gleiche Macht auch ein Interesse daran, dass das ein Untertanenland Graubündens bildende Veltlin, das den direktesten Weg von Mailand nach Tirol darstellte, nicht in spanischen Besitz komme.
Wie die Eidgenossen waren auch die Bündner in zwei Lager getrennt: an der Spitze der von Frankreich unterstützten protestantischen Partei stand das Geschlecht derer von Salis, während die von Spanien und Oesterreich begünstigten Katholiken vom Geschlecht derer von Planta angeführt wurden. Daneben bestand als dritte Partei noch diejenige der Herren von Travers, die zu Venedig hinneigten. Aus diesen Gründen sah sich Graubünden in den 30jährigen Krieg mithineingerissen, der anlässlich der böhmischen Tronfolge im Jahr 1618 zwischen dem deutschen Kaiser und dem Kurfürsten von der Pfalz ausbrach, sich in seinem Verlaufe auch auf Dänemark, Schweden, Sachsen, Brandenburg, Hessen und Frankreich ausdehnte und im Westfälischen Frieden von 1648 seinen Abschluss fand. Während der Jahre 1620-1639 hatten die rätischen Bünde unter dem Durchzug von spanischen Truppen schrecklich zu leiden. Die des bündnerischen Joches müden Bewohner des Veltlin ¶
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zeigten sich sehr dazu geneigt, den Herrn zu wechseln, so dass die Verschwörer hier einen günstigen Boden für ihre Umtriebe fanden. Die fortwährend unter sich uneinigen Eidgenossen vermochten nichts anderes zu tun, als dem Niedergang Bündens untätig zuzusehen.
Nach mehreren Jahren der Demütigung, während welcher sich die Kaiserlichen als Herren des von ihren Truppen nach allen Richtungen hin durchzogenen Graubündens fühlten, legte sich Frankreich von neuem ins Mittel. Im Jahr 1635 zog Herzog Heinrich von Rohan an der Spitze von einigen tausend Franzosen rasch nach Bünden, drang ins Veltlin vor und schlug dort mit Hilfe der von Salis'schen Partei und des bündnerischen Obersten Georg Jenatsch die Kaiserlichen und Spanier.
Nachdem sie so das Veltlin zurückgewonnen, erkannten die Bündner, dass sie bloss ihren Oberherrn gewechselt hatten. Jenatsch, «der bisanhin Rohans rechte Hand gewesen war», ging ins kaiserliche Lager über. Von Richelieu und der französischen Diplomatie im Stiche gelassen und von Jenatsch verraten, sah sich der «gute Herzog», wie man Heinrich von Rohan allgemein nannte, veranlasst, Bünden zu räumen. Dieses ging nun mit Spanien einen Vertrag ein, laut welchem es im Besitz des Veltlins verblieb, in welcher Thalschaft zwar die Ausübung des reformierten Kultus untersagt aber ebenso die Wirksamkeit der Jesuiten und Kapuziner verboten wurde (1639). Oesterreich zeigte sich infolge der Niederlagen, die es in Deutschland erlitten, zum Entgegenkommen bereit und verzichtete auf seine Rechte über das Prätigau und das Engadin, behielt sich aber den Besitz der kleinen Herrschaften Räzüns und Tarasp vor. Mit der Ermordung des Georg Jenatsch «endet die so bemühende Tragödie der Bündner Republik. Allmählig kehrte die Ruhe wieder. Beide Parteien waren erschöpft und ersehnten den Frieden.» Graubünden gestaltete sich von nun an zu einem der ruhigsten und friedlichsten Länder der Schweiz.
Während Rätien gleichsam das östliche Bollwerk der Schweiz darstellte, vertrat die Freigrafschaft Burgund die Stelle von deren westlichem Bollwerk. Die Neutralität dieses Landes war von den mit Spanien verbündeten katholischen Orten der Schweiz garantiert worden, und diese Orte hatten sich verpflichtet, sie zu verteidigen. Doch kümmerten sich Ludwig XIII. und Richelieu wenig um diese Neutralität und bemächtigten sich trotz der Einsprache der Tagsatzung des Landes, wurden aber von den Kaiserlichen bald wieder zurückgedrängt.
Mit Frankreich endgiltig vereinigt ward die Freigrafschaft erst im Frieden von Nymwegen 1678. Während der letzten Jahre des 30jährigen Krieges erlitt Oesterreich eine Reihe von Niederlagen und verlor 1639 das Elsass an Frankreich. Die vom Krieg verschonte Schweiz sah von allen Seiten her Flüchtlinge um Aufnahme ersuchen und musste sich stets zu einem Waffengang bereit halten. Dieser Fall trat namentlich ein, als die Schweden 1647 Bregenz und Lindau belagerten und Konstanz bedrohten. Da einigten sich die reformierten und katholischen Orte zu einem gemeinsamen Vorgehen gegen den äussern Feind und rüsteten ein Heer von 40000 Mann, um die Grenzen des Landes zu decken. Die Tagsatzung forderte und erlangte die Aufhebung der Belagerung von Lindau, und der französische Feldherr Turenne verpflichtete sich, die Neutralität der Schweiz nicht zu verletzen.
1646 begannen in Münster und Osnabrück die Friedensverhandlungen. Die Schweiz war an diesem westfälischen Friedenskongress durch den Bürgermeister Rudolf Wettstein von Basel vertreten, der zunächst einzig von den evangelischen Orten abgeordnet war, dann aber auch im Namen der katholischen Orte, d. h. also der gesamten Eidgenossenschaft auftreten konnte. Er führte seine Sache so geschickt, dass dem Westfälischen Frieden vom ein besonderer Artikel beigefügt wurde, der erklärte, «dass die Stadt Basel und die übrigen Kantone der Helvetier im Besitz so gut wie voller Freiheit und Exemtion vom Reiche seien und in keiner Weise den Sprüchen und Gerichten dieses Reiches unterworfen seien. Durch diese wenigen Worte wurde ... die ganze Schweiz nun endlich förmlich und rückhaltlos als freier und selbständiger Staat gegenüber Deutschland erklärt ... Der 30jährige Krieg, der sonst so manche Schädigungen unserm nationalen Leben beigebracht hatte, warf damit unverhofft der Eidgenossenschaft eine schöne Frucht in den Schoss. Aber darum genoss diese doch keineswegs eines höhern Glückes im Innern. Neue und weit schlimmere Krisen kamen bald nachher zum Ausbruch, gefördert durch die Nachwehen dieses Krieges selbst».
2. Bauernkrieg. - Vergebliche Versuche zur Annäherung zwischen Reformierten und Katholiken. - Erster Villmergerkrieg.
Die Bauern waren in der Schweiz meist selbst Eigentümer des Grundes und Bodens. Sie erfreuten sich eines gewissen Wohlstandes und waren im Besitz von Freiheiten, die von Gemeinde zu Gemein de verschieden waren. Die Regierungen der eidgenössischen Orte suchten aber, diese Freiheiten einzuschränken und in den Besitz der Titel zu kommen, auf welche die Untertanen ihre Rechte stützten. Solche Versuche, die schon zu Waldmanns Zeiten unternommen worden waren, hatten 1513 und 1531 in der zürcherischen Landschaft, 1570 in der Luzerner Landschaft und 1591 in Baselland zu Aufruhr geführt.
Der 30jährige Krieg mit seinen Folgen trug nicht dazu bei, die Unzufriedenheit im Landvolk zu beschwichtigen. Die Einwanderung zahlreicher fremder Flüchtlinge hatte die Preise für den Grund und Boden, die Häuser und alles zum Leben Notwendige in die Höhe getrieben. Als nach dem Friedensschluss der Preis der Lebensmittel rasch wieder sank, bemächtigte sich der Bevölkerung eine allgemeine Missstimmung. Die wirtschaftliche Krisis zog auch eine Geldkrisis nach sich.
Da erhob zuerst das Entlebuch das Banner des Aufstandes. Im Januar 1653 kamen Entlebucher Abgeordnete nach Luzern und suchten um die Erlaubnis nach, die Abgaben in Naturalien entrichten zu dürfen. Als sie abgewiesen wurden, veranstaltete das Volk am 26. Januar eine allgemeine Prozession zur Kapelle von Heiligkreuz und protestierte gegen die Haltung der Regierung. Die Bauern marschierten gegen die Stadt Luzern, die sie am 16. März einschlossen. Nun legten sich die Eidgenossen ins Mittel und versprachen den Aufständigen eine Erniedrigung des Ohmgeldes und die Einschränkung der ¶
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landvögtlichen Machtbefugnis. Der Sturm war für einmal beschworen. Dafür brachen nun in den Kantonen Bern, Solothurn und Basel, sowie in den aargauischen Aemtern Unruhen aus. Um diesen zu steuern, hob Bern Truppen aus. Nach dem Zugeständnis einiger Erleichterungen unterwarfen sich nun auch die Bewohner des Emmenthales, des Oberaargaues, der Solothurner Landschaft und von Baselland. Das Feuer war aber deswegen nicht erloschen, sondern glomm unter der Asche stetig weiter. Am trat in Sumiswald im Emmenthal eine grosse Masse Volkes aus Bern, Luzern, Basel und Solothurn zu einer Landsgemeinde zusammen, die den Bauern Niklaus Leuenberger zum Vorsitzenden und Wortführer wählte und einen eigenen Bundesbrief aufstellte, nach welchem alles Volk versprach, «mit Leib und Leben, Gut und Blut» für einander einzustehen. Um die ganze Bewegung endgiltig zu unterdrücken, bot die Tagsatzung 25000 Mann eidgenössischer Truppen auf, denen die Bauern auf den Ruf Leuenbergers 30000 Mann entgegenstellten.
Bei Mellingen stiessen die Gegner aufeinander. Der hartnäckige Kampf endigte mit einem von den Bauern verlangten Waffenstillstand (Mellinger Frieden). «Nun eilten die Bauern meistens heim. Die Basler unterwarfen sich; die Solothurner erlangten die Verzeihung ihrer Regierung. Leuenberger mit den Seinen ging ins Bernische, und Schibi schlug, wütend über den Ausgang, mit den Luzernern und Freiämtlern den Weg nach Luzern ein, welches durch die Entlebucher und viel Volk vom flachen Lande belagert wurde». Nachdem sie hier noch gegen die eidgenössischen Truppen tapfer gekämpft, fügten sich die Bauern einem Schiedsspruch, der ihren Bund aufhob. Bald darauf erlitt auch Leuenberger mit den Berner Bauern zu Herzogenbuchsee eine blutige Niederlage. «Rasch folgte eine harte Vergeltung». Die in die Gewalt der Obrigkeiten geratenen Bauernführer Leuenberger, Christian Schibi, Emmenegger, Adam Zeltner u. a. wurden unbarmherzig hingerichtet.
Bis dahin hatten die eidgenössischen Orte die Texte ihrer Bundesbriefe unverändert gelassen, obwohl sie mit der politischen Lage des 17. Jahrhunderts nicht mehr im Einklang standen. Am besten vermochten sich noch die Waldstätte, dank ihrer geschlossenen geographischen Lage und der Einfachheit ihrer Sitten mit dieser embryonalen Organisation abzufinden. Da dies aber bei den reformierten Orten nicht im gleichen Masse der Fall war, wünschten diese, die alten Bünde durch einen neuen, einheitlichen Bundesvertrag zu ersetzen.
Sie liessen daher durch General Sigmund von Erlach und den Zürcher Bürgermeister Heinrich Waser auf der Tagsatzung einen darauf bezüglichen Antrag stellen. Die katholischen Orte schienen, mit Ausnahme von Schwyz, einen Augenblick geneigt, sich diesem Wunsche willfährig zu zeigen, erneuerten aber deswegen doch ohne Skrupeln ihre Sonderbündnisse. Derart war die Lage, als ein unglücklicher Zufall den Bürgerkrieg entfesselte. In Arth hatten sich einige Familien schon seit langer Zeit zum reformierten Glauben bekannt und im verborgenen dem von einem Zürcher Geistlichen geleiteten Gottesdienst beigewohnt.
Als nun diese sog. Nikodemiten gefänglich eingezogen werden sollten, flüchtete sich deren Mehrzahl am nach Zürich. Der Flecken Arth wurde von den Schwyzern militärisch besetzt, die die Zurückgebliebenen gefangen nahmen, fesselten, auf die Folter spannten und schliesslich hinrichteten, worauf ihr und der Entflohenen Vermögen eingezogen wurde. Diese Gewalttat erregte in Zürich grosse Erbitterung. Nachdem sich die Tagsatzung vergebens um Vermittlung bemüht, zogen die Zürcher, ohne auf Berns Zuzug zu warten, ins Feld und besetzten den Thurgau und Rapperswil. Unterdessen waren auch die Berner in den Aargau eingerückt, wo sie bei Villmergen am von der katholischen Armee überrascht und geschlagen wurden. Nun legten sich die neutralen Orte, sowie Frankreich, Savoyen, die Niederlande und England ins Mittel, worauf am der Friede von Baden geschlossen wurde, der den status quo ante bellum wieder herstellte.
3. Allianz mit Frankreich (1663). - Die Schweiz als Asyl der politischen Flüchtlinge. - Neutralität Savoyens.
Das Jahr 1663 wird durch ein Ereignis von hoher Bedeutung gekennzeichnet. Die in Solothurn tagenden ¶
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Abgeordneten der 13 Orte liessen sich trotz der Abmahnungen der Bürgermeister Wettstein von Basel und Waser von Zürich, sowie des Generales Sigmund von Erlach aus Bern von den verlockenden Anträgen des französischen Gesandten dazu verleiten, am 21. September eine Allianz mit Ludwig XIV. abzuschliessen. Nach der Unterzeichnung des Bündnisses in Solothurn begaben sich die 36 Mitglieder der eidgenössischen Tagsatzung nach Paris, wo der Bund feierlich beschworen wurde (18. November). Diese sog. Defensivallianz war mit einer Militärkapitulation verbunden, und Ludwig XIV. machte sich kein Gewissen daraus, die Schweizer Regimenter bei der Eroberung Flanderns und der Freigrafschaft zu verwenden, was die Tagsatzung 1668 zu einem Protest veranlasste. Im selben Jahre arbeitete diese letztere, die das Bedürfnis eines engern Zusammenschlusses der Schweiz zu einer eigentlichen Nation erkannt hatte, den Entwurf zu einer unter dem Namen des «Defensionale» bekannten Wehrverfassung aus. Diese sah die Bildung eines Bundesheeres voraus, das aus drei Armeekorps von je 13400 Mann bestehen und bei der ersten auftauchenden Gefahr die Grenzen decken sollte. Die Führer dieser Korps sollten abwechselnd von Zürich, Bern, Luzern und Uri gestellt werden. Doch fand dieser von den Abgeordneten der Tagsatzung angenommene Beschluss keine allgemeine Zustimmung, indem Schwyz und die übrigen katholischen Orte auf Anstiften des Nuntius hin ihren Beitritt versagten. Die Haltung Ludwigs XIV. hatte diesem Fürst einen Teil der Eidgenossen entfremdet. Während die Katholiken immer noch Frankreich bevorzugten, traten die protestantischen Reisläufer mit Vorliebe in englische und holländische Kriegsdienste.
Immer mehr entwickelten sich die reformierten Orte auch zu einem Asyl für alle wegen ihrer politischen oder religiösen Ansichten Verfolgte. Als die vom Herzog von Savoyen verfolgten Waldenser des Piemont sich in die Schweiz flüchteten, traten die Orte Zürich, Bern, Basel und Schaffhausen im Einverständnis mit Holland und England am Hofe von Turin für sie ein, wohin 1655 eine aus dem Obersten G. von Weiss und K. von Bonstetten aus Bern, Salomon Hirzel aus Zürich, Benedikt Socin aus Basel und Johann Stockar aus Schaffhausen bestehende Gesandtschaft abgeordnet wurde, der 1665 noch eine zweite folgte.
Nachdem in England die Stuarts wieder auf den Tron gelangt, flüchteten sich die Königsmörder Ludlow, Lisle, Cowley, Broughton etc. nach Lausanne und Vevey, wo sie gute Aufnahme fanden. Die grausamen Verfahren, denen in Frankreich die Protestanten seit der Widerrufung des Ediktes von Nantes im Jahr 1685 ausgesetzt waren, bewirkten eine massenweise Auswanderung. Man schätzte die Zahl der protestantischen Franzosen, die sich zu jenen Zeiten in der Schweiz niederliessen, auf 60000. Es waren meist energische und arbeitsame Leute, die reichlich zum industriellen Aufschwung ihres neuen Vaterlandes beigetragen haben. Die Erhebung von Wilhelm III. von Oranien auf den Tron Englands wandte diesem Reich die Sympathien der Schweizer Protestanten zu. Ohne sich um Ludwigs XIV. Zorn zu kümmern, beschlossen die reformierten Orte, die Werbungen für holländische und piemontesische Dienste zu unterstützen.
Bei Anlass des spanischen Erbfolgekrieges erklärten die Eidgenossen am ihre Neutralität. Der sich bedroht sehende Herzog von Savoyen suchte Anschluss an die Schweiz und ersuchte sie, die Neutralität der Landschaft Chablais anerkennen und diese Provinz durch eine militärische Okkupation schützen zu wollen (Januar 1704). Als die Tagsatzung sich unentschieden zeigte, suchten die Gesandten von Savoyen und von Frankreich einen Druck auf sie auszuüben. Zürich und Bern zeigten sich dem Begehren des Hofes von Turin günstig gesinnt, doch führten die Niederlagen, die Ludwigs XIV. Heere erlitten, dazu, dass die ganze Frage der Neutralität Savoyens wieder fallen gelassen wurde.
4. Die Neuenburgerfrage.
Nach dem Erlöschen des Geschlechtes der alten Grafen von Neuenburg war dieses Fürstentum zunächst an die Herren von Châlons und dann durch Erbschaft an die Hochberg übergegangen. 1694 starb das auf die Hochberg folgende Haus Orléans-Longueville aus, worauf das Land der Herzogin Marie von Nemours zufiel. Als auch diese 1707 starb, wollte der von ihr als Nachfolger bezeichnete Ritter von Soissons die Erbschaft antreten. Allein die Neuenburger liessen es nicht zu, dass man über sie verfüge wie über ein zivilrechtliches Erbstück.
Indem sie am Marie von Nemours als Herrscherin anerkannte, hatte die Ständeversammlung ihr Land als unveräusserlich erklärt und sich zugleich das Recht vorbehalten, nach dem Tod des letzten Erben der Orléans-Longueville über das Geschick des Landes selbst zu verfügen. So traten nun nach dem Tod der Marie von Nemours eine Reihe von Erbsansprechern auf. Zunächst ist da Franz von Bourbon, Fürst von Conti, ein Neffe des grossen Condé, zu nennen, dessen Tante Genovefa von Bourbon sich mit Heinrich II. von Longueville verheiratet hatte und der sich der heimlichen Unterstützung Ludwigs XIV. erfreute.
Ihm gegenüber stand der König Friedrich I. von Preussen, dessen Mutter Lucie Henriette von Nassau die Enkelin jenes Wilhelm des Schweigsamen war, auf den nach dem Tod seines Vetters Renatus von Nassau, Prinzen von Oranien, die Rechtsansprüche der Châlons-Oranien übergegangen waren. Dazu kamen als weitere Bewerber noch die Herzogin von Lédiguières (Tochter des Bastardes Ludwig von Longueville), der Graf von Matignon, Jacqueline von Bourbon, der Herzog von Savoyen-Carignan, die Edeldame von Sergy (deren Mutter eine Urenkelin Wilhelms des Schweigsamen gewesen), der Markgraf von Baden, das Haus Württemberg-Mömpelgard, die Nassauer, die von Pratt, Mailly, de Nesle etc. Die Hauptrollen in den nun folgenden Unterhandlungen fielen dem französischen Gesandten de Puisieux, dem preussischen Bevollmächtigten Graten von Metternich, dem Schultheissen Christoph von Steiger aus Bern, sowie den Geschäftsträgern Englands und Hollands zu. Die protestantischen Mächte und die reformierten Orte der Schweiz legten einen grossen Wert darauf, dass die Herrschaft über Neuenburg nicht einem der französischen Prätendenten zufalle. Nach dreimonatlichen Beratungen entschieden die unter dem Vorsitz von Tribolet tagenden Stände von Neuenburg, zu einem guten Teil durch das Gold des Königs von Preussen, der Neuenburg als Operationsbasis gegen die Freigrafschaft zu besitzen wünschte, bestochen, zu gunsten des preussischen Bewerbers. Ludwig XIV. zeigte sich über diesen Entscheid, der einen Rückgang der französischen Suprematie in der Schweiz anbahnte, äusserst ungehalten.
5. Zweiter Villmergerkrieg.
Nach dem Erlöschen des Geschlechtes der Grafen von Toggenburg war die Thalschaft Toggenburg 1468 unter die Herrschaft der Fürstabtei St. Gallen gekommen. Diese Prälaten waren aber bei ihren Untertanen nicht besonders beliebt, die der von Zürich und Bern begünstigten evangelischen Lehre in ihrem Lande eine günstige Aufnahme bereitet hatten. Um die Abtrünnigen wieder zum Gehorsam zu bringen, hatten sich dann die Fürstäbte an die katholischen Orte und den Kaiser um Hilfe gewandt.
Als Abt Leodegar Bruggisser zu Beginn des 17. Jahrhunderts den Bau einer Strasse durch das Toggenburg beschloss, durch die die Stiftslande und St. Gallen mit der katholischen Urschweiz in direkte Verbindung gebracht werden sollten, widersetzten sich die Leute von Wattwil diesem Plan und erhoben sich die Toggenburger Reformierten. Der Konflikt beschäftigte nun zunächst die Tagsatzung, die aber nicht zu einem Entschluss gelangen konnte. Der Nuntius, der natürlich für den Abt Partei genommen hatte, suchte den Kaiser für seine Sache zu gewinnen. Da kam ihm Berns Diplomatie zuvor.
Der nach Wien gesandte General von Saint Saphorin setzte dem Kaiser auseinander, dass er durch seine Zustimmung zu den katholischen Orten einzig Frankreichs Sache fördern würde, indem bloss die reformierten Orte stark genug seien, um dem französischen Einfluss zu widerstehen. Die neutral gebliebenen Orte Freiburg und Solothurn suchten vergeblich, die Parteien zu versöhnen. Luzern und die Urkantone wurden durch den päpstlichen Nuntius Carracioli gegen die Reformierten aufgewiegelt, während Bern und Zürich darauf brannten, die Kappelerkriege und den ersten Villmergerkrieg, die für sie unglücklich verlaufen waren, wettzumachen. Als die Stimmung hüben und drüben zur höchsten Erbitterung gestiegen war, griffen Bern und Zürich zu den Waffen und besetzten am die aargauischen freien Aemter. Am 25. Juli kam es bei Villmergen zur ¶