Die VIII Orte 1351-1412
Lief. 222.
GEOGRAPHISCHES LEXIKON DER SCHWEIZ
Verlag von Gebrüder Attinger, Neuenburg.
^[Karte: 6° 0’ O; 47° 0’ N; 1:2300000]
♁Bistum
+ Kloster
♁Schloss
O Reichsstadt
o Stadt
.
░ Grafschaft Burgund
▒ Grafschaft Savoyen
▓ Herzogt. Mailand
▐ Herrschaft Chalons
.
░ Die VIII alten Orte
▒ Untertanenländer
▓ Zugewandte Orte
▐ Habsburg-Österreich
░ Geistliche Gebiete
▒ Verschiedene Herrschaften
Mce. Borel & Cie. Neuenburg.
Attinger, sc.
DIE VIII ORTE 1351-1412 ^[Berichtigung.]
Die XIII Orte 1422-1797
Lief. 222.
GEOGRAPHISCHES LEXIKON DER SCHWEIZ
Verlag von Gebrüder Attinger, Neuenburg.
^[Karte: 6° 0’ O; 47° 0’ N; 1:2300000]
░ Österreich
▒ Geistliche Gebiete
.
░ Die XIII alten Orte mit ihren Vogteien
▒ Untertanenländer oder gemeinsame Vogteien
▓ Zugewandte Orte
▐ Untertanenländer der zugewandten Orte
Mce. Borel & Cie. Neuenburg.
Attinger, sc.
DIE XIII ORTE 1422-1797
mehr
Hilfe. Bei Buttisholz, Ins und Fraubrunnen wurden die «Gugler», wie man diese Scharen nach ihren Kugelhüten benannte, von den Unterwaldnern, Luzernern und Bernern geschlagen (1375) und darauf hinter den Jura zurückgetrieben. Die Haltung Oesterreichs und seiner Verbündeten, der Grafen von Kiburg, war bei diesem Anlass eine klägliche gewesen. Bern benutzte das Ansehen, das ihm sein Sieg gegeben, um die verschuldeten Grafen von Kiburg zur kaufweisen Abtretung der Städte Thun und Burgdorf zu veranlassen.
11. Sempacherkrieg und Schlacht bei Näfels (1386 und 1388). - Sempacherbrief.
Durch die Uebernahme der kiburgischen Güter hatte Bern die Kluft, die zwischen den Eidgenossen und Oesterreich gähnte, noch erweitert. Nach Rudolfs IV. Tod teilten sich dessen zwei Brüder in die Erbschaft: während das eigentliche Oesterreich an Albrecht III. kam, fielen die Herrschaften der Habsburger in der Schweiz, in Kärnten, Steiermark, Tirol und Elsass, im Breisgau und Sundgau an Leopold III. (den Besiegten von Sempach), den Vorfahren Karls V. Diesen jungen und waffenfreudigen Fürsten hatte Kaiser Wenzel von Böhmen zum Landvogt von Schwaben bestellt.
Die sich bedroht fühlenden schwäbischen Reichsstädte schlossen nun am in Konstanz einen Bund mit den Städten Zürich, Bern, Luzern, Solothurn und Zug, die durch österreichische Hausgüter räumlich voneinander getrennt waren. Oesterreich hatte in Rotenburg an der von Luzern nach dem Aargau führenden Strasse einen Zoll eingerichtet, der dem Handel von Luzern sehr lästig war. Die von Peter von Thorberg, dem Herzog Leopold das Entlebuch verpfändet hatte, unterdrückten Entlebucher erhoben sich mit Hilfe ihrer Nachbarn, der Leute von Obwalden. Als dann dieser Aufstand blutig unterdrückt wurde, wandten sich die Entlebucher um Hilfe an Luzern, welche Stadt sich beeilte, diese Leute unter ihren Schutz und Schirm zu nehmen.
Ueber das freche Gebahren der Besatzung von Rotenburg ergrimmt, brachen die Luzerner den Waffenstillstand mit Oesterreich und bemächtigten sich unvermutet des Schlosses Rotenburg (Weihnachten 1385), das sie zerstörten. Im folgenden Jahre nahmen sie ferner das Städtchen Sempach, «das durch die Herrschaft Oesterreich sich zurückgesetzt und durch die Vögte von Rotenburg sich beleidigt sah», in ihr Burgrecht auf. Um sich für diese Beleidigungen zu rächen, sammelte Herzog Leopold, der sich mit den schwäbischen Städten versöhnt und dadurch die Eidgenossen isoliert hatte, ein Heer von 5000-6000 Streitern, mit dem er am 8. Juli in Sursee einzog.
Das wellige Hügelland, in dem sich am die Schlacht entwickelte, war für die Reiter sehr ungünstig, so dass sie alsbald absassen. Die bloss etwa 1500 Mann starken Eidgenossen «bildeten eine schmale, aber tiefe Schlachtordnung, die Sturmkolonne („Keil“), wornach in den vorderen Reihen nur Wenige standen, je weiter hinten, desto mehr. Sie suchten sich in den Feind einzubohren. Dieser selbst stand in geschlossener, massiger Aufstellung mit breiterer Front, als die der Eidgenossen war, da.» Vorne standen die Luzerner.
Bevor sie sich auf den Feind warfen, riefen die Eidgenossen Gott und die h. Jungfrau um ihren Beistand an. Der darauf folgende erste Angriff gestaltete sich zu gunsten des Herzogs: die Schweizer vermochten die Schlachtordnung der Oesterreicher nicht zu durchbrechen und kamen in grosse Not. Der Pannerherr der Luzerner, Alt-Schultheiss Peter von Gundoldingen, fiel. Nun ordneten sich die Eidgenossen anders: sie lösten ihre Sturmkolonne auf. «Die hintern Glieder brachen seitwärts aus; der Angriff erfolgte längs der ganzen Front der Oesterreicher; die Einzelnen suchten nun rechts und links an verschiedenen Stellen zugleich in die Reihen des Feindes einzudringen. Doch auch dies war schwierig». Da entschied das kräftige Eingreifen der Leute aus den Waldstätten den Sieg: es entspann sich ein furchtbares Ringen Mann an Mann, dem Herzog Leopold selbst, einige hundert Edelleute aus dem Aargau,
mehr
Schwaben und Tirol, sowie mehr als 500 gemeine Krieger zum Opfer fielen.
Der grosse Erfolg bei Sempach, an dem Bern nicht teilgenommen hatte, ist lange Zeit einem Kriegsmann zugeschrieben worden, dessen heldenhaftes Verhalten im kritischen Moment das Schicksal der Schlacht entschieden habe. Nach der Ueberlieferung, der das Schweizervolk heute noch treu anhängt, hätte sich ein wackerer Unterwaldner, Arnold Winkelried, dem Feind entgegengeworfen, so viele gegen ihn gerichtete Spiesse der Oesterreicher, als er konnte, mit den Armen umschlungen und an sich gerissen, wodurch den Eidgenossen ein Weg in die Reihen des Feindes gebahnt worden sei.
Diese Darstellung gibt zuerst das alte Sempacherlied, das, wie man glaubt, aus der Mitte des 15. Jahrhunderts stammt. Doch erwähnen die ältesten Chroniken den Namen Winkelried nicht. Eine von Prof. Georg von Wyss entdeckte und 1862 herausgegebene alte Zürcher Chronik aus der Zeit um 1438 spricht von einem wackern Eidgenossen, der so viele Spiesse als möglich umfasst, dadurch aber nicht den Tod gefunden, sondern voll Freude die Flucht der Oesterreicher verkündet habe. Der Name Winkelried tritt in den Chroniken erst um die Mitte des 16. Jahrhunderts auf. Die heutige Form der Erzählung von Winkelrieds Heldentat leitet sich aus den Darstellungen von Tschudi (1564) und Bullinger (1572) her. Prof. Dändliker ist zu der Annahme geneigt, dass Winkelrieds Tat durchaus nicht bestimmt geleugnet werden kann.
Unmittelbare Folge der Niederlage der Oesterreicher war, dass die Eidgenossen alle Zugeständnisse, die sie im Brandenburger, Regensburger und Thorberger Frieden gemacht, für null und nichtig erklärten, sowie Zug und Glarus von neuem in ihren Bund aufnahmen. Glarus benutzte die Gelegenheit zugleich, um sich unabhängig zu erklären. Das österreichische Städtchen Weesen war 1388 von den Eidgenossen genommen worden, wünschte diese Herrschaft aber wieder abzuschütteln.
Deshalb öffneten etliche Verräter in der Nacht des die Tore den Oesterreichern, die nun die im Städtchen liegende eidgenössische Besatzung erbarmungslos niedermetzelten (Mordnacht von Weesen) und darauf ein 5000-6000 Mann starkes Heer sammelten, das am unter der Führung von Donat von Toggenburg und Peter von Thorberg aufbrach, um gegen Näfels und Glarus zu ziehen. Zur gleichen Zeit zog Hans von Werdenberg mit 1500 Mann über den Kerenzerberg, in der Absicht, sich in Mollis mit dem andern Heer zu vereinigen.
Vor Näfels, wo sich das Thal einengt, trafen die Oesterreicher auf die Letzi oder «gemauerte Landwehr», die die Glarner hier quer durch das Thal gezogen hatten. Hier stand die Vorhut der Glarner unter Matthias Ambühl, der beim Herannahen des Feindes sofort im ganzen Thal Sturm läuten liess. Vor dem überlegenen Feind musste sich Matthias Ambühl bald zurückziehen und die Letzi preisgeben. «Jetzt glaubten die Oesterreicher, gewonnenes Spiel zu haben. Sorglos liefen sie in die Häuser zu Näfels, Mollis, Netstal und noch weiter thalaufwärts bis Glarus, um zu rauben und zu plündern ... Ueber diesem Treiben lockerte sich die Disziplin des österreichischen Heeres, und es griff eine gänzliche Unordnung Platz. Mittlerweile aber sammelten sich auf Antrieb des Matthias Ambühl die Glarner wieder, die Unachtsamkeit des Feindes benutzend. Sie erspähten eine Stelle, wo sie sicher sein konnten, nicht umgangen zu werden, und von wo sie am bequemsten den Feind an der Seite angreifen konnten ... Bald wurden die Feinde gewahr, dass die Glarner sich wieder gesammelt hatten. Sie erkannten die grosse Gefahr, die von daher drohte. Auch sie sammelten sich nun und ordneten sich zum Angriff.» Da prasselte von der Schutthalde, an der die Glarner standen, ein Hagel von Steinen auf die anrückenden Reiter nieder, so dass die Pferde scheu wurden und in den Reihen des nachrückenden Fussvolkes Unordnung entstand.
«Im gleichen Moment drückten die Glarner von der Höhe herunter und trieben die Oesterreicher durchs Thal hinab. Ein Witterungsumschlag vermehrte den Schrecken der letztern. Nachdem der Tag schön und hell angebrochen war, folgten Nebel, Regen und Schnee und bald ein solches Dunkel, dass man einander bei geringer Entfernung kaum sah. In dieser unheimlichen Finsternis, eingeschlossen zugleich von himmelanstrebenden Felswänden, auf völlig unbekanntem Boden, mussten die Oesterreicher von bangen Gefühlen beschlichen werden. Ein hitziges, länger dauerndes Gefecht entspann sich, in das auch die Zuzüger aus dem obern Thal, die sich unter heissen Kämpfen
mehr
durchgeschlagen hatten, und ebenso auch die eben anrückenden Schwyzer eingriffen. Unaufhaltsam stürmten die Glarner vor und hieben mit ihren Hellebarden unbarmherzig drein. Sie jagten den Feind durch die Linth und die Letzi, dann durch das grosse Riet hinab ins Thal von Weesen». Die Abteilung des Grafen von Werdenberg floh, ohne in den Kampf einzugreifen, eiligst nach dem Walensee zurück. Damit war die Schlacht bei Näfels die den Oesterreichern 1700 Mann kostete, zu gunsten der Glarner entschieden, die seither deren Andenken jedes Jahr am ersten Donnerstag im April mit der sog. Näfelser Fahrt feierlich begehen.
Des Krieges müde schloss das nach diesem neuen Schlag erschöpfte Oesterreich mit Bern und den Eidgenossen am einen Frieden auf sieben Jahre, der diesen letztern alle ihre Eroberungen und Bünde sicherte. Dieser Friede wurde 1394 auf weitere 20 und 1412 auf 50 Jahre erneuert und dann 1474 in einen ewigen Frieden umgewandelt.
Die Siege von Sempach und Näfels haben der Eidgenossenschaft der acht alten Orte die Freiheit und Unabhängigkeit gegeben und ihre vollständige Emanzipation zur vollendeten Tatsache gemacht. Politisch bildeten die eidgenössischen Orte aber immer noch ein Glied des Reiches, von dem sie sich dann im Frieden von Basel (1499) de facto, sowie im Westfälischen Frieden von 1648 auch de jure loslösten.
Um ihren Bund zu festigen und sich auch für die Zukunft zu sichern, verschärften und vervollständigten die 8 «Orte» oder «Stände» im Sempacherbrief vom die Massregeln, die sie schon 23 Jahre früher im Pfaffenbrief getroffen hatten. Damit legten sie den Grund zu einer eidgenössischen Zivil- und Militärverfassung. Dieser neue Bundesvertrag ist oft auch mit dem Namen «Frauenbrief» belegt worden, weil er gewisse Bestimmungen enthielt, die sich auf die den Frauen schuldige Rücksicht bezogen.
«Er ist der erste, alle acht Orte zur Einheit verknüpfende, also allgemeine, umfassende Bund, und er behauptete diesen Vorzug für fast hundert Jahre. Er ist also von hervorragender nationaler Bedeutung.» Die Rücksicht auf religiöse Gefühle und geweihte Orte, sowie der ganze menschenfreundliche Geist, die sich in diesem Bundesbrief kundgeben, zeugen von den grossmütigen Gefühlen, die die Helden von Sempach und Näfels beseelten. Obwohl sie einfache Bauern von rauhen Sitten waren, erkannten die Eidgenossen doch, dass Roheit kein Zeichen von gesunder Kraft sei.
Indem sie Person und Eigentum schützten, dem Kriegsvolk das Plündern auf eigene Faust untersagten und jeden verpflichteten, alle Beute, die er gefunden, zur gemeinsamen Teilung abzuliefern, indem sie ferner die Misshandlung von Frauen und Töchtern, sowie das Einäschern und Ausplündern von Klöstern, Kirchen und Kapellen verboten, bemühten sie sich, den Ausschweifungen, denen das Kriegsleben so leicht Vorschub zu leisten geeignet ist, möglichst vorzubeugen.
12. Kultur des ausgehenden 14. Jahrhunderts.
Das 14. Jahrhundert bezeichnet für die Schweiz eine Zeit kräftiger Jugend und siegenden Heldenmutes. Weniger glänzend als das 15. Jahrhundert, erscheint es dafür sittenreiner. Wenn man den Text des Bundesbriefes von 1291 und denjenigen des Sempacherbriefes, die den Anfang und das Ende dieser ersten Periode der Schweizergeschichte bezeichnen, aufmerksam liest, fällt einem sofort die vornehme Gesinnung und das Gefühl der Pietät auf, die diese Urkunden beseelen. In der Zeit der Morgenröte ihrer Unabhängigkeit und ihres Ruhmes zeigen sich die Schweizer als grossmütige und gemässigte Sieger.
Alle wichtigern Gemeinden, aus denen sich heute das Gebiet der schweizerischen Eidgenossenschaft zusammensetzt, haben nach und nach Freibriefe und Handfesten sich erworben. Nach dem Ursprung dieser Freibriefe geordnet, lassen sich drei Reihen von schweizerischen Städten unterscheiden. In die erste Reihe gehören die freien Reichsstädte Zürich, Solothurn (Handfeste von 1280), St. Gallen (Handfeste von 1281) und Schaffhausen, sowie die freien Markgenossenschaften Uri und Schwyz. Eine zweite Reihe bilden die Bischofsstädte: Chur, dessen Bürger schon im 9. Jahrhundert sich gewisser Freiheiten erfreuten; Lausanne, dem der Propst Ardutius ums Jahr 1141 eine Art freiheitlicher Verfassung gegeben; Sitten (Statut von 1217), Basel (Freibrief von 1261) und Genf (Freibrief von 1332). Die am zahlreichsten vertretene dritte Reihe umfasst die Städte, Flecken und Landgemeinden, die sich von ihren Herren Vorrechte zu verschaffen wussten.
Dahin gehören u. a.: Villeneuve (1121), Burgdorf, Freiburg (1178), Murten, Bern (1191), Aubonne, Vevey, Moudon (1236), Thun (1261), Aarau, Sempach, Bremgarten, Nidau, Erlach, Aarberg, Payerne (1283), Grandson (1293), Romont, Yverdon (1328). Dank diesen Freibriefen und Handfesten, die zugleich die Fragen des Zivil- und des Strafrechtes regelten, nahm das Gemeindeleben überall seinen Aufschwung und machte sich überall der Trieb nach Unabhängigkeit geltend. In Stadt und Land zeigte sich ein Fortschritt im wirtschaftlichen Lehen, der sich namentlich in der sich festigenden Machtstellung der Zünfte offenbart. In Basel, Zürich, Bern, St. Gallen, Luzern, Freiburg etc. entstanden Tuch-, Leinwand- und Zwilchfabriken, wie auch Gerbereien in Zürich blühte Seidenindustrie und Seidenhandel auf; in Genf hielt die Goldschmiedekunst Einzug. Im Bauwesen sah sich das Holz allmählig durch den Stein verdrängt. Der Verkehr über die Alpen begann sich zu beleben; so erscheint der Weg nach Italien über den Simplon zum erstenmal in einer Urkunde vom Jahr 1235. Die von Nürnberg oder Frankfurt kommenden Händler nahmen ihren Weg über Basel, Solothurn und Neuenburg, um sich dann über Yverdon und Orbe nach Morges zu wenden, wo sie die von Italien kommenden und von Villeneuve auf dem Seeweg hergeführten Waren in Empfang nahmen.
Die Möglichkeit des Austausches und der Verwertung der Bodenerzeugnisse erlaubte die Gründung eines gewissen Wohlstandes. «An Stelle der alten „Naturalwirtschaft“ traten jetzt immer mehr Geldverkehr und Geldwirtschaft». Das Geld wurde ausgeliehen und begann, ein ausschlaggebender Wertfaktor zu werden. Kapitalwirtschaft, Kredit- und Bankwesen entwickelten sich zu mächtigen Hilfsmitteln des kulturellen Fortschrittes. Doch erfreute sich der Geldverkehr zu dieser Zeit noch nicht des Ansehens, dessen er heute geniesst.
«Die christliche Kirche und die christlichen Obrigkeiten verpönten aus Vorurteil das Zinsnehmen oder den „Wucher“, wie man diese Sitte auch in ihrer sittlich unanfechtbaren Form nannte. Und so kamen denn Geldverkehr und Geldgeschäft in die Hände der damals verachtetsten Menschen, der Juden.» Diese liessen sich als Geldwechsler und Bankiers in allen bedeutenden Städten der Schweiz wie des Auslandes nieder. Aus Frankreich vertrieben, dann aber von den Grafen von Savoyen beschützt, kamen sie um die zweite Hälfte des 12. Jahrhunderts nach Genf, um 1230 nach Bern und um die Mitte oder das Ende des 13. Jahrhunderts nach Basel und Zürich. Ihnen verdankt man die so nützliche Einrichtung des Wechsels. Im 14. Jahrhundert liessen sich bei uns als Geldwucherer auch nichtjüdische Lombarden und Franzosen (aus der Gegend von Cahors, «Kawertschen» genannt), sowie später Florentiner und Genuesen nieder.
Ganz folgerichtig führte der steigende Wohlstand der bürgerlichen Klassen auch zu einer Verbesserung der Lage des Handwerkers, dem er einen regelmässigen Verdienst sicherte. Der Aufschwung, den im 13. Jahrhundert die Zulassung von Vertretern der Zünfte in die Räte der Stadt Basel herbeigeführt, vollzog sich im 14. Jahrhundert auch in Zürich und im 15. Jahrhundert in Schaffhausen, welche Stadt sich im Jahr 1411 eine Verfassung nach dem Muster derjenigen von Zürich gab. Die Zahl der Zünfte wechselte. Basel hatte deren 15, Zürich 13, Schaffhausen 6. An ihrer Spitze standen die Zunftmeister. Die gleichen Einrichtungen finden wir auch in St. Gallen, Genf und Lausanne, wo sich die Zünfte in der Gestalt von Bruderschaften oder «Confréries» organisierten, deren jede unter dem Schutz eines Heiligen stand und von einem Prior präsidiert wurde.
Die in Zürich, Basel, St. Gallen und Schaffhausen bis zu Beginn des 19. Jahrhunderts an der Spitze des Gemeinwesens stehenden Magistraten führten, wie in Deutschland, den Titel «Bürgermeister», während der Bürgerschaft von Luzern, Bern, Solothurn und Freiburg je ein «Schultheiss» vorstand und der Chef der Regierung in den Kantonen Uri, Schwyz, Unterwalden, Zug, Glarus
mehr
und Appenzell als «Landammann» bezeichnet wurde. Diese Benennungen sind charakteristisch und deuten auf die verschiedene Gestalt der Verfassung und voneinander abweichenden Tendenzen hin. Die Urkantone, sowie Zug, Glarus und Appenzell haben sich aus der Vereinigung von einigen Landgemeinden herausgebildet, an deren Spitze je ein Ammann stand und deren Gesamtheit sich in der Person des «Landammannes» seinen obersten Magistraten gab. In diesen rein demokratischen Staatswesen lag (und liegt, mit Ausnahme von Schwyz und Zug, heute noch) die legislative Gewalt in den Händen der Landsgemeinden, an denen sämtliche Aktivbürger sich beteiligen müssen.
Bern und Luzern, die ursprünglich von einem Schultheissen als Vertreter des Reiches bezw. des Klosters Murbach regiert worden waren, behielten diesen Titel für den Vorsitzenden ihrer Räte bei. Das gleiche gilt für Freiburg und Solothurn, wo sich die aristokratischen Ueberlieferungen erhalten hatten. In Basel, Zürich und Schaffhausen dagegen war eine repräsentative Demokratie ans Ruder gekommen, die die oberste Gewalt in die Hände von, allen bürgerlichen Klassen entnommenen Vertretern der Zünfte gelegt hatten, weshalb der Vorsteher des Gemeinwesens den Titel «Bürgermeister» erhielt.
Diese Verschiedenheit in der Regierungsform sollte in der Folge einen grossen Einfluss auf die Politik der drei Gruppen von «Orten» oder Kantonen ausüben und entsprach auch einer verschiedenen Sinnes- und Lebensweise. In drei Kantonen widmete sich die Bevölkerung hauptsächlich dem Handel und der Industrie, in vier Kantonen der Landwirtschaft und in sechs Kantonen endlich der Alpwirtschaft mit Viehzucht. Der Titel «Syndikus», der einst in Genf üblich gewesen und in den Kantonen Waadt, Freiburg und Tessin als Bezeichnung des Gemeindepräsidenten heute noch zu Recht besteht, scheint italienischen Ursprungs zu sein. An der Spitze der Stadt Lausanne standen zuerst zwei Gouverneure oder Priore, die 1529 durch einen Bürgermeister und 1803 durch einen Syndikus ersetzt worden sind.
Die verschiedenen Stände der städtischen Bevölkerung waren im 14. Jahrhundert von sehr verschiedenartiger Lebensweise. Sie besuchten eigene Trinkstuben und wohnten in besonderen Quartieren. An diese Zeiten erinnern noch heute die Herrengasse, Junkerngasse etc. in Bern, die Schmidgasse in Basel, die Schmidgasse, Badergasse, Schoffelgasse etc. in Zürich, die Mercerie in Lausanne, die Pelisserie und Rôtisserie in Genf, die Rue des Chaudronniers in Neuenburg und verschiedene Judengassen in diesen und andern Städten.
Mit den Sitten und Gebräuchen wandelte sich auch die Kleidung. Es kam der Luxus auf, der wieder strengen Verboten rief. So untersagte ein solches «Kleider-Mandat» z. B. in Zürich 1370 den Frauen das Tragen von «Borden und Säumen, von Seide, Gold, Silber, Perlen und Edelstein. Den Männern wurden verschiedenfarbige Hosen verboten, nur eine Farbe erlaubt; ihr Rock sollte bis zu den Knien reichen und die Zipfel der Gugelhaube nicht länger sein als der Rock.» Für Uebertretungen waren empfindliche Bussen angesetzt.
«Nach einer Verfügung von Zürich gebot 1374 der Stadtrat wieder, dass der Bräutigam an seine Hochzeit nicht mehr als zehn Manns- und ebensoviele Frauenspersonen einlade und die Braut ebenfalls. Auch sollte man sich nicht mehr als einmal zur Tafel begeben und nicht mehr als zwei Sänger, zwei Geiger und zwei Pfeifer auftreten lassen. Bern gebot 1370, dass bei Totenmählern nicht mehr als fünfzehn Personen ins Haus geladen werden sollten.» Während der Ritterstand dem finanziellen Ruin entgegen ging, bereicherte sich der Bürgerstand. Es bildete sich ein neuer Adel, das städtische Patriziat. Schreckliche Verheerungen richtete 1348-1351 die Pest an.
Das religiöse Leben war zwar immer noch intensiv, doch hatte eine arge Zuchtlosigkeit eingerissen, namentlich unter den Geistlichen selbst. Besonders in Frankreich und Deutschland waren die hohen geistlichen Würden gleichsam zum Erbstück des Adels und zu einer Art von Versorgungsanstalt für die jüngern Söhne adeliger Geschlechter geworden, die man vielfach ohne irgend welchen Wunsch oder Ruf ihrerseits in die Klöster steckte. Die Folgen eines solchen Vorgehens liessen nicht auf sich warten.
Von allen Seiten her regte sich die Unzufriedenheit des beleidigten Volksgewissens, das dringend nach einer durchgreifenden Reform verlangte, welche Bestrebungen auch im Vatikan lebhafte Unterstützung fanden. Die Zeiten waren aber für einen Umschwung auf religiösem Gebiet nicht günstig. Die Verlegung des päpstlichen Sitzes nach Avignon (1307-1377) und die grosse Spaltung, die sich daraus im Abendland ergab, warfen in der Christenheit mächtige Wellen und verhinderten die so nötige Erneuerung der Kirche und des kirchlichen Lebens. Man darf sagen, dass diese Erneuerung, wenn sie damals vom Haupte der Kirche selbst vollzogen worden wäre, ohne Aufregung und ohne kirchliche Revolution sicherlich alle die eingeschlichenen Missbräuche beseitigt haben würde.
Das 14. Jahrhundert ist das goldene Zeitalter der Mystik, die namentlich in Deutschland einen günstigen Boden fand. Zahlreiche Personen betonten damals die Notwendigkeit individueller Beziehungen der Seele zu Gott, ohne sich deswegen der bestehenden kirchlichen Gemeinschaft zu entziehen. Sie arbeiteten so nicht nur an ihrer eigenen Vervollkommnung, sondern auch an der religiösen Hebung ihrer Mitmenschen. Zu nennen sind von solchen Mystikern namentlich Thomas a Kempis, der Verfasser der Imitatio Christi und zugleich der liebenswerteste und anziehendste der deutschen Mystiker, sowie der Predigermönch Heinrich Suso (1295-1366) in Konstanz.
«Ernste, beschauliche Naturen, abgestossen von dem üppigen Treiben der Welt, ergriffen von Schmerz über die sittliche Verderbnis, erfasst von Hunger und Durst nach dem Himmlischen, zum Teil auch beleidigt durch die Aeusserlichkeiten des mittelalterlichen Kultus und die Entartung der Kirche, zogen sich einzeln oder in Gesellschaften in die Stille zurück, pflegten einen rein innerlichen Gottesdienst des Herzens. Der weltlichen Minne entsagend, ergaben sie sich mit der ganzen Innigkeit eines liebebedürftigen Herzens der göttlichen Minne. Sie suchten einen unmittelbaren, nicht durch die Kirche vermittelten Zugang zu Gott, erhoben sich zu einem Schauen und Erleben des Göttlichen. Mit Rücksicht auf jene neutestamentliche Stelle, wo Christus zu den Aposteln sagt: „Ich nenne euch nicht mehr Knechte, sondern Freunde!“, wurden sie „Gottesfreunde“ geheissen.» Anders die Sekte der sog. «Brüder des freien Geistes», welche «die Sakramente und die Lehre von den guten Werken verwarfen und Feinde der höhern Geistlichkeit und des Papstes waren». Gegen diese «Ketzer» wurden strenge Massregeln ergriffen, besonders in Bern und Freiburg. 1380 erhielt der Franziskaner Borell vom Papst den Auftrag, diese «Ketzer» aufzusuchen, welchen er so gründlich ausführte, dass er mehrere hundert Personen verbrennen liess.
Mit Bezug auf Literatur und Wissenschaft kann das 14. Jahrhundert als eine Zeit des Ueberganges bezeichnet werden. Während die Literatur früher ausschliesslich von der Klostergeistlichkeit und nachher auch noch vom Ritterstand gepflegt worden war, tritt mit der Blüte des Bürgertums nun auch in ihr ein anderer, bürgerlicher Geist auf. Es erscheinen sowohl lateinisch als auch in schweizerdeutscher Mundart verfasste Chroniken und Volkslieder, die die Kriegstaten der Eidgenossen verherrlichen.
Der bekannteste der Chronisten jener Zeit war der Franziskaner oder Minorit Johannes von Winterthur, der um 1300 geboren war und auf Seite Oesterreichs stand. Er hat uns die beste und genaueste Beschreibung des in seine Jugendzeit fallenden Morgartenkrieges überliefert. Der zürcherische Ritter Eberhard Müllner verfasste eine Erzählung der Brun'schen Revolution und Verfassungsänderung. Die Volkslieder (Guglerlied, Sempacher- und Näfelserlied etc.) jener Zeit hatten als Verfasser meist Kriegsmänner, die sich darin gefielen, ihre eigenen Taten zu verherrlichen.
Sofort nach einem errungenen Sieg verfasst, wurden diese Lieder später oft noch durch die Beifügung neuer Strophen vervollständigt. Der älteste bekannte dieser Sänger ist der Luzerner Halbsuter. Das humoristische Genre vertrat der Benediktinermönch Konrad von Ammenhausen, dessen um 1330 verfasstes «Schachzabelbuch» eine «in Rhythmen und Reime gebrachte Beschreibung und allegorische Deutung des Schachspiels» ist, die «den Adel vor Ueppigkeit, die Landvögte vor Uebermut» warnt und über die Uebergriffe der
mehr
Handwerker und die Unterdrückung der Geistlichkeit klagt. «Ungefähr gleichzeitig schrieb in Bern der gelehrte Predigermönch Ulrich Boner sein grosses Fabelwerk „der Edelstein“. In dieser Sammlung von Fabeln, die er wegen ihres moralischen, für die Lebensweisheit höchst wertvollen Gehaltes so benannte, berührt auch er durchweg die Zeitverhältnisse.» Im Welschland treffen wir den Minnesänger Otto von Grandson, von dem wir bereits eine Stilprobe mitgeteilt haben.
Indessen übte damals das Waffenhandwerk einen grössern Reiz auf die Eidgenossen aus als die Künste des Friedens. So zeichneten sie sich denn auch vor allein durch ihre Kriegskunst aus. Da für die einfachen Bürger der Dienst zu Pferd zu kostspielig gewesen wäre, brachten sie den Dienst zu Fuss zu neuen Ehren. Sie pflegten gleich den alten Griechen eine geschlossene und tiefe Schlachtordnung zu bilden, die von Spiessen und Hellebarden starrte. Das Terrain nutzten sie geschickt aus und verstanden es, durch einen sorgfältigen Sicherheitsdienst sich den Sieg zu erringen. Die ersten Freiheitsschlachten der Eidgenossen fallen in die Zeit des Aufkommens des Schiesspulvers, doch brach sich diese neue Erfindung zunächst nur langsam Bahn. Die ältesten Kanonen oder «Donnerbüchsen», wie man damals sagte, hatte Basel im Jahr 1371. Geschütz kam, soviel uns bekannt, zum erstenmal 1383 durch die Berner bei der Belagerung von Burgdorf wirklich zur Verwendung.
13. Befreiung der Stadt St. Gallen und des Landes Appenzell; Kampf bei Speicher und am Stoss.
Dank der Rührigkeit ihrer Bewohner blühte die Stadt St. Gallen in Handel und Industrie auf und löste sie sich unmerklich von den Banden los, die sie an den Fürstabt des Klosters knüpften. König Rudolf schon hatte ihre Selbständigkeit dadurch anerkannt, dass er ihr im Jahr 1281 Titel und Rechte einer freien Reichsstadt verlieh. So gab sich denn St. Gallen auch einen eigenen Rat, sowie seit 1344 einen an dessen Spitze stehenden Bürgermeister. Als die Bodenseestädte im Jahr 1377 einen Bund zur gemeinsamen Abwehr der Uebergriffe des Adels schlossen, gesellte sich ihnen auch St. Gallen zu. Diesem Beispiel folgten die Appenzeller, St. Gallens Nachbarn.
Ohne auf die Rechte des Abtes von St. Gallen Rücksicht zu nehmen, betrachteten sie sich als freie Leute und gaben sich 1377 eine Landsgemeinde, sowie einen aus 13 Mitgliedern bestehenden Rat. Dies ereignete sich unter der strengen Herrschaft des Abtes Georg von Wildenstein. Sein Nachfolger war Kuno von Stoffeln, der den Geist der Unbotmässigkeit, der bei seinen Untertanen eingerissen, mit Gewalt zu unterdrücken versuchte. Doch bewirkten die Hartherzigkeit seiner Vögte, die Prunksucht seines Hofhaltes und seine geheime Verbindung mit Oesterreich gerade das Gegenteil von dem, was er zu erreichen beabsichtigte.
Von den Erfolgen der Eidgenossen bei Sempach und Näfels begeistert, beschlossen die Appenzeller, sich enger an die Bürgerschaft der Stadt St. Gallen anzuschliessen und nach dem Schutz der Schweizer Bünde zu trachten. Die gerade im Frieden mit Oesterreich lebenden Eidgenossen lehnten aber einen Bund mit den zum Aufstand gerüsteten Appenzellern ab, die einzig von Schwyz 1403 ins Landrecht aufgenommen wurden. Durch diesen Schritt aufgebracht, rüstete der Abt, der sich der Hilfe der schwäbischen und österreichischen Städte versichert hatte, ein Heer von 5000 Mann, das von St. Gallen aus gegen das Land Appenzell hinaufzog. So kamen sie zur «Vögelinseck», einer Anhöhe vor dem Dorfe Speicher.
«Es war ein schmaler und tief eingeschnittener Hohlweg, durch den sie sich hinaufzuwinden hatten; in diesem Einschnitt konnten sie nicht weit sehen, denn die Borde des Weges waren so hoch, dass selbst die Reiter mit dem Kopfe nicht über dieselben hinausragten. Der Zug war derart geordnet, dass Zimmerleute und Werkleute mit Schützen vorangingen, dann die Reiterei und Fusstruppen folgten. Mit grosser Leichtfertigkeit und ziemlich ordnungslos zogen sie dahin.» An der Letzi angekommen, machten sie Halt und wurden so von den hinter der Verschanzung aufgestellten Appenzellern überrascht, die kraftvoll hervorbrachen und die Reiterei durch Steinwürfe in Unordnung brachten.
«Die Reiter wurden zurückgeworfen und suchten weiter unten Stellung zu nehmen; allein dadurch geriet das Fussvolk in Verwirrung; die schimpflichste Flucht begann. Unterbeständigen Angriffen, mit wuchtigen Schlägen und Hieben, jagten die Appenzeller und die Eidgenossen sie alle den Berg hinunter bis vor die Tore von St. Gallen und schlugen viele tot.» Während des auf diesen Sieg noch folgenden Kleinkrieges legten sich nun die Eidgenossen ins Mittel.
Sie veranlassten einerseits den Stand Schwyz, von seinem Bündnis mit Appenzell zurückzutreten, andrerseits aber auch die Reichsstädte und St. Gallen, mit den Appenzellern ihren Frieden zu machen. Der Abt dagegen, der auf die Hilfe Oesterreichs zählte, wies jeden Vergleich zurück, sodass der Kampf umso heftiger von neuem entbrannte. Nun schlug sich ein Ritter aus der Nachbarschaft, Graf Rudolf von Werdenberg-Heiligenberg, den Oesterreich um sein ganzes Gut gebracht, auf die Seite der Appenzeller, denen er seine Mithilfe versprach, unter der Bedingung freilich, «dass sie ihm zur Besitznahme seiner verlorenen Herrschaften wieder verhelfen und ihn an Oesterreich rächen. Die Appenzeller gingen den Vertrag ein (Oktober 1404).» Zugleich wurde auch die Freundschaft mit der Stadt St. Gallen wieder erneuert.
Nun zog zum zweitenmal eine feindliche Armee gegen das aufrührerische Bergvölklein. Das Heer teilte sich in zwei Haufen. Während der eine unter der persönlichen Führung des Herzogs Friedrich von Oesterreich die Umgebung von St. Gallen verwüstete, zog der andere am von Altstätten aus, um über den Stoss ins Appenzellerland vorzudringen. «Der Tag war trüb und kühl; es hatte stark geregnet, sodass Pfade und Abhänge schlüpfrig geworden waren.» Die Appenzeller erwarteten den Feind hinter der Letzi an der Grenzmark ihres Landes, unterhalb der Höhe des Stoss.
Sie liessen einen Teil der Oesterreicher sich einen Durchgang durch die Letzi hauen und der Höhe zu weiter ziehen. Dann aber brachen sie los. «Schnurstracks rückten die Appenzeller heran mit wildem Geschrei, Steine und Holzblöcke vor sich her auf den Feind werfend. Verwirrung trat bei diesem ein. Der Abhang war glatt und schlüpfrig; die Oesterreicher vermochten nicht zu stehen, während die Appenzeller barfuss, mit wunderbarer Sicherheit leicht und frei auf den bekannten Alpenhalden sich vorwärts bewegten.» Nach einigen Stunden hartnäckigen Kampfes war der Feind geworfen, der sich nun in wilder Flucht bergabwärts Altstätten zuwandte.
Die Appenzeller hatten «den glänzendsten Sieg erfochten», der ihnen die Achtung ihrer nähern und weitern Nachbarn sicherte. Auf der Tagsatzung von Zug schlossen die sieben eidgenössischen Orte (Bern hielt sich zurück) mit Appenzell ein Burg- und Landrecht Als die Eidgenossen im folgenden Jahre mit Oesterreich einen fünzigjährigen Frieden schlossen, wurde auch Appenzell in diesen miteingeschlossen und konnte sich von da an als frei und unabhängig betrachten. Die Stadt St. Gallen ward von den Eidgenossen im Jahr 1412 in ein zehnjähriges Burgrecht aufgenommen, das dann 1455 in ein ewiges Bündnis umgewandelt wurde.
mehr
14. Befreiung des Wallis; Kampf von Ulrichen.
Die Bischöfe von Sitten waren vom letzten Könige Burgunds mit der Grafschaft Wallis belehnt worden, die ihnen jedoch die Grafen von Savoyen streitig machten, denen es gelang, sich des Unter Wallis bis zum Wildbach Morge zu bemächtigen. Sowohl im bischöflichen wie im gräflichen Teil des Landes entstanden dann Gemeinden, deren Vorhandensein schon im 13. Jahrhundert erwähnt wird und die unter dem Vorsitz ihrer Herren oder Vögte ihre lokalen Angelegenheiten in eigenen kleinen Landsgemeinden behandelten. 1339 erhielt die Stadt Sitten vom Kaiser Ludwig dem Baiern einen Freibrief. Von dieser Zeit an erlangten die Gemeinden samt der Stadt Sitten «nach und nach Mitwirkung neben dem Bischof bei öffentlichen Angelegenheiten; sie bestellten einen Landrat, durch den des Bischofs Gewalt beschränkt war». Zur Ernennung der Abgeordneten («Nuntii» genannt) in diesen Rat taten sich die Gemeinden zu Gruppen zusammen, die von ihrer frühern Anzahl «Zehnten» geheissen wurden.
Im 13. und 14. Jahrhundert spielte im Wallis die Ritterschaft eine grosse Rolle. Von den einflussreichsten dieser Adelsgeschlechter nennen wir die Herren von Thurn-Gestelen (französ. La Tour-Châtillon), die Raron, Saillon, Saxon, Turtman, Tavelli, Asperling, Chaland. Diese Herren standen entweder unter den Bischöfen von Sitten oder unter den Grafen von Savoyen, zuweilen auch unter beiden zugleich. Sie lagen mit ihren Oberherren in beständiger Fehde, weshalb die Bischöfe, um sich vor ihren Angriffen zu schützen, den die Stadt Sitten beherrschenden Hügel von Tourbillon befestigen liessen, mit Bern und Solothurn Bündnisse eingingen und an verschiedenen Punkten des Landes Verteidigungstürme erbauten.
Nun beschloss der Adel, an dessen Spitze die Herren von Thurn standen, sich der Feste Tourbillon zu bemächtigen. Sie warben im Hasle-, Simmen- und Frutigthal ein Heer, das die Gemmi herabzog, aber bei Leuk vom Volk des Wallis überfallen und auf einer thalabwärts gelegenen Wiese («Seufzermatte» genannt) vollständig vernichtet wurde (1318). Der Adel gab seine Sache aber noch nicht verloren. Als nach der Einsetzung des Bischofes Witschard von Tavelli 1342 ein Streit mit der Stadt Sitten ausbrach, suchten das Domkapitel und der Adel Hilfe beim Grafen von Savoyen, Amadeus VI., der diese Gelegenheit zur Einmischung in die Walliser Händel gerne ergriff und 1352 Sitten einnahm, dessen Bürger ihm huldigen mussten.
Die in ihrer Existenz bedrohten Gemeinden des Ober Wallis wandten sich an den Kaiser Karl IV. von Luxemburg um Schulz, der ihnen denn auch in der Urkunde vom durch Bestätigung aller ihrer Privilegien und Freiheiten gewährt wurde. Trotzdem dauerte der Kampf weiter und erreichte seinen Höhepunkt mit der Ermordung des Bischofes Witschard von Tavelli, der am von Knechten seines Grossneffen und ärgsten Feindes, Anton von Thurn, aus den Fenstern der Burg La Soie zu Tode gestürzt wurde.
Diese Schandtat brachte das Volk in Aufruhr: die Leute des Goms, von Brig, Leuk, Sitten und Siders brachen mit Hilfe von Zuzügern aus den Waldstätten die Schlösser Antons von Thurn und nötigten diesen selbst, am Hofe von Savoyen Schutz zu suchen. Wenige Jahre später entbrannte die Fehde von neuem. Ein vom Grafen Amadeus VII., dem «Roten», geworbenes Heer, das unter dem Befehl Peters von Greierz das Rhonethal aufwärts zog, wurde aber von den Wallisern unter Peter von Raron bei Visp überrascht und gänzlich geschlagen
Nach dem Tod Witschards von Tavelli war Wilhelm von Raron zur Bischofswürde gelangt, dessen Onkel Witschard sich den Titel eines Landeshauptmanns beilegte, die Zügel der Regierung ergriff und die Freiheit des Walliser Volkes bedrohte. Der Krieg gegen Raron begann. Die Patrioten trugen nun die sog. «Mazze», eine mächtige Holzkeule, deren Spitze ein roh geschnitztes Menschenhaupt trug, von Ort zu Ort. Das in seinen Zügen eine tiefe Traurigkeit ausdrückende Bildnis wurde gefragt: «Wer bedrückt dich? Ist es Silenen? Ist es Asperlin? Ist es Haugarten?» Auf alle diese Namen blieb die Mazze unbeweglich, senkte sich aber auf den Namen Raron, worauf alle diejenigen, die am Zuge gegen das verhasste Geschlecht teilnehmen wollten, einen Nagel in die Keule schlugen. Um dem gegen ihn sich erhebenden Sturm zu entgehen, floh Witschard von Raron 1414 nach Savoyen.
Die Burgen der Raron wurden genommen und gebrochen. Während aber die Waldstätte mit den Wallisern gemeinsame Sache machten, stellte sich Bern auf Seite der Raron. Bei Ulrichen stiessen die Feinde aufeinander: hier hieben die Walliser, von einem wackern Bauer, Thomas Riedi in der Pünt, und dem Diakon von Münster, Jakob Minichow, zum Kampfe aufgerufen und ermuntert, die Eindringlinge in Stücke. Die Berner mussten sich mit ihren Zuzügern aus Solothurn, Freiburg, Biel, Aargau, Neuenburg und Schwyz zurückziehen (Ende Oktober 1419), sannen aber auf Rache für ihre Niederlage. Da endigte den Streit ein vom Herzog von Savoyen, dem Erzbischof von Tarentaise und dem Bischof von Sitten gefällter Schiedsspruch (1420), laut welchem die Walliser dem Raron seine Herrschaften zurückgeben und ihm für seine Mobilien 10000 Gulden bezahlen, sowie die Berner mit 10000 und den Bischof von Sitten mit 4000 Gulden entschädigen sollten.
Die des langen Kampfes müden Walliser fügten sich diesem für sie so ungünstigen Entscheid. Der neue Bischof von Sitten, Andreas von Gualdo, sah die Notwendigkeit ein, dem Volk entgegenzukommen: er garantierte 1425 den Gemeinden und Zehnten ihre Freiheiten und Rechte und schränkte die richterliche Gewalt des Bischofes ein. Der Walliser Historiker Boccard urteilt, dass der grösste Fehler, den Witschard von Tavelli begangen, der war, dem Volkswillen vor den Kopf gestossen und polizeiliche Massnahmen getroffen zu haben, die zwar an sich gerechtfertigt gewesen, vom Volk aber wegen ihrer Tendenz, alt eingewurzelte Gewohnheiten umzustossen, schlecht aufgenommen worden seien.
Dem Hasse des Volkes geweiht, verliess der Herr von Raron mit seinen Söhnen das Land, worauf seine Nachkommen Anspruch auf Toggenburg und Uznach, die ihnen aus dem Toggenburger Erbe zugefallen waren, machten. Seither vermochte sich im Wallis kein anderes Geschlecht mehr derart emporzuschwingen, dass es den Gang der politischen Befreiung des Landes hätte hemmen können. Nach dem Tode Andreas' von Gualdo beteiligten sich die Volksabgeordneten zum erstenmal an der Bischofswahl, welche Sitte sich seither durch alle Jahrhunderte hindurch bis heute erhalten hat.
15. Die Bünde in Rätien.
Unter Karl dem Grossen war die Ausübung der weltlichen Gewalt in Churrätien einem Grafen übertragen. Als dann dessen Nachkommen Herzoge von Alemannien wurden, kam Churrätien ebenfalls an dieses Herzogtum. Die geistliche Hoheit stand den Bischöfen von Chur zu, die ihre Herrschaft zu Ende des 12. und Anfang des 13. Jahrhunderts auch noch auf das Hinterrheinthal, Engadin, Puschlav und auf Chiavenna ausdehnten und als grösste Grundherren des Landes bald auch wieder weltliche Macht erlangten.
Daneben bestanden noch andere, weltliche und geistliche Herrschaften. So beherrschten die Fürstäbte von Pfäfers die Gemeinden Ragaz, Pfäfers, Vättis und Valens, wozu noch viele zerstreut gelegene Meierhöfe kamen. Nahezu das ganze Bündner Oberland, d. h. das Thal des Vorderrheins stand unter den Aebten des Klosters Disentis. «Von weltlichen Herrschaften findet man ein ganzes Gewimmel in diesem so zerstückelten Bergland, wovon jetzt noch die vielen Burgruinen Kunde geben.» Von diesen Dynastengeschlechtern, die heute alle erloschen sind, nennen wir als die hervorragendsten die Herren von Montfort, die Werdenberg-Sargans, die Freiherren von Sax und von Vaz, die Herren von Belmont, von Aspermunt und von Mätsch, sowie die Freiherren von Räzüns.
Daneben gab es aber in Rätien, namentlich in den obersten Rheinthälern, auch noch zahlreiche freie Leute, von denen in erster Linie die «freien Walser» erwähnt werden müssen. «Es waren dies allem Anscheine nach Kolonisten, welche aus dem Ober Wallis eingewandert waren und öde Gegenden der obern Alpenregionen bebauten. Die rätischen Herren beförderten diese Einwanderung, die ihnen Nutzen bringen konnte. Diese deutschen Kolonisationen nahmen zu, wurden geschätzt und begünstigt; die Romanen sahen sich verdrängt. Wir finden diese „Walser“ ausser im Rheinwaldthal noch im Avers, Safien, in Obersaxen, Calfeisenthal, Davos und zerstreut in Churwalden, Seewis und
mehr
andern Orten. Sie genossen persönliche Freiheit, Selbstverwaltung, eigene Gerichtsbarkeit, Steuerfreiheit. Der Entwicklungsgang von Rätien ist nun der, dass der geistliche und weltliche Adel allmählig seine Gewalt verliert und dass letztere Schritt für Schritt ans Volk, an die Gemeinden, übergeht». Die niedere Gerichtsbarkeit in Rätien lag in den Händen von Ammännern, die hohe dagegen in denen der bischöflichen Schirmvögte, welche Würde von den Herren von Vaz und denen von Mätsch, die sie erblich zu machen gewusst hatten, ausgeübt wurde.
Die in den verschiedenen Rheinthälern begüterten Herren lagen unter sich, wie mit den Bischöfen von Chur häufig in Fehde, was die Stadt Chur benutzte, um sich im 13. Jahrhundert einen eigenen Rat zu geben, der sich den Herrschergelüsten der Bischöfe häufig widersetzte. Die Landleute Rätiens waren infolge der öftern kleinen Fehden der Waffen gewohnt, hatten Beziehungen zu den Waldstätten unterhalten und waren sich ihrer Kraft bewusst geworden. Als daher Bischof Peter um 1364 einen Bund mit Oesterreich schloss, sahen sie sich in ihrer Unabhängigkeit bedroht und begannen sich zu regen. Diese gemeinsame Gefahr, die den Adeligen wie dem Volke drohte, ist der erste Grund zur Entstehung der rätischen Bünde. Hier wie im Wallis haben die von den Landesherren begangenen Fehler das Bergvolk der Demokratie zugeführt.
Am schlossen das Domkapitel und die Bürgerschaft von Chur, zusammen mit den Abgeordneten der benachbarten Thalschaften einen Bund, laut welchem sie beschlossen, «in Zukunft keinen als Vikar und Pfleger der weltlichen Sachen des Bistums annehmen zu wollen, der ohne ihrer aller Rat und Zustimmung gewählt worden sei». Ferner wurde bestimmt, «die Kosten für den Unterhalt der Schlösser und Burgen des Bistums, soweit das Gotteshausgut nicht hinreiche, gemeinsam zu tragen, und zwar alle, Pfaffen und Laien, Edel und Unedel, Arm und Reich gleichmässig. Mit Leib und Gut wollten sie überhaupt für die gemeinsamen Interessen zusammenstehen.» Da die Angehörigen dieses Bundes in dem der politischen Macht der Bischöfe von Chur unterstehenden Teil Rätiens wohnten, erhielt derselbe den Namen «Gotteshausbund (Casa Dei)», der ihm in der Folge gehlieben ist. Bemerkenswert ist, dass in diesem Bund wie in denen der Waldstätte zwischen Laien und Geistlichen, Adeligen und Volk keinerlei Unterschied gemacht wird, sondern Alle gleichberechtigt waren und die Lasten gemeinsam trugen.
Nachdem das Bündner Oberland unter der Herrschaft des Faustrechtes und den zahlreichen Uebergriffen der vielen Herren des Thales schwer gelitten, schlossen am der Abt von Disentis und die Herren von Sax und von Räzüns einen Bund, der den Frieden sichern sollte und dem nachträglich auch noch andere Adelige der Gegend beitraten. 29 Jahre später, im März 1424, wurde dieser Bund in Truns erneuert. Diesen nach der im Lande üblichen grauen Kleidung sogenannten «Grauen Bund» beschworen der Abt von Disentis, die Herren von Räzüns und von Werdenberg, sowie die Vertreter der Gemeinden Disentis, Safien, Tenna und Obersaxen, der Leute von Lugnez, Vals und Flims, von Truns und Tamins, von Rheinwald, Schams, Tschappina, Thusis und vom Heinzenberg. Die Benennung des «Grauen Bundes» ist dann mit der Zeit auf das ganze Land "Graubünden" übergegangen.
Nun taten sich auch die «Gerichte» oder Gerichtsgemeinden Prätigau, Davos, Schanfigg und Churwalden, die in ihrer Gesamtheit die «zehn Gerichte» genannt wurden und von den Herren von Vaz durch Erbschaft an die Toggenburger gekommen waren, zu einem eigenen Bund, dem «Zehngerichtenbund» zusammen, den sie nach dem Tode des letzten Toggenburgers am beschworen, um den Folgen einer Erbteilung vorzubeugen und den Landesfrieden zu sichern. Es gelang dann den «zehn Gerichten», die unter die Herren von Brandis, Montfort und Mätsch, sowie das Haus Oesterreich verteilten Güter der Toggenburger nach und nach zurückzukaufen und sich so ihrer adeligen Herren zu entledigen.
Um die Mitte des 15. Jahrhunderts vereinigten sich diese drei Bünde zu einem Gesamtbund. Die genaue Zeit und die unmittelbare Veranlassung zu diesem Schritt lassen sich nicht feststellen. Jeder der Einzelbünde behielt seine eigene politische Organisation bei und zerfiel in eine Anzahl von «Hochgerichten» und «Gerichten», die an die auf dem Hofe Vazerol nahe Tiefenkastel stattfindenden Bundestage des Gesamtbundes ihre Abgeordneten sandten.
16. Erste italienische Feldzüge; Niederlage von Arbedo.
Nachdem 1328 in Mailand die Visconti zur Herrschaft gelangt waren, suchten deren Nachkommen sich die Freundschaft der Schweizer zu erwerben. Zwischen den Eidgenossen und der Lombardei waren schon seit langer Zeit Handelsbeziehungen im Gang. Die nach den Siegen von Sempach und Näfels von ihren Erfolgen berauschten Schweizer, die nun von Norden her keinen Angriff mehr zu befürchten hatten, begannen nun nach und nach, ihre begehrlichen Blicke auf die reiche oberitalische Ebene zu werfen.
Ihre Stimmung war derart kriegerisch, dass der geringste Zwischenfall zu einer Fehde Anlass geben konnte. Die Gelegenheit bot sich, als die mit ihrem Vieh den Herbstmarkt zu Varese besuchenden Leute aus Uri und Obwalden von den Mailänder Amtleuten beleidigt und geschädigt wurden. Nun zogen im Jahr 1403 die Urner und Obwaldner über den Gotthard, eroberten das Livinenthal und setzten dort einen Vogt oder «Richter» ein. Wenige Jahre später dehnten die Eidgenossen ihre Macht an der Südflanke der Alpen weiter aus, indem sie sich auch noch 1411 des Eschenthales (Val d'Ossola) bemächtigten und dem Freiherrn Sax von Misox 1419 die Grafschaft Bellenz abkauften. Der Herzog von Mailand sah diesem Treiben eine zeitlang scheinbar ruhig zu, sammelte dann aber im Stillen ein Heer, das Bellinzona überrumpelte
Die überraschten Eidgenossen rafften in aller Eile ihre Kontingente zusammen und zogen gegen Süden. Bei Arbedo liess sich die aus den Luzernern, Urnern und Unterwaldnern bestehende Vorhut kühn in einen Kampf ein, wurde aber vollständig geschlagen Die Eidgenossen zogen sich über den Gotthard zurück. Voller Rachedurst sammelten sie drei Jahre später ein Heer von 22000 Mann, mit dem sie von neuem ins Tessin einbrachen. Da nahm der Herzog von Mailand seine Zuflucht zu diplomatischen kniffen und säte unter den eidgenössischen Orten Hader und Zwietracht. Die Folge war, dass die Schweizer 1426 auf das Eschenthal und die Leventina verzichteten.
17. Eroberung des Aargaues.
Um der trostlosen Kirchenspaltung im Abendland endlich ein Ende zu machen, trat in Konstanz 1414 ein allgemeines Konzil zusammen, das drei sich um die Tiara streitende Päpste absetzte. Da deren einer, Johann XXIII., vom Herzog Friedrich von
mehr
Oesterreich unterstützt wurde, belegte Kaiser Sigismund von Luxemburg, der diese Gelegenheit, sich seines unbequemen Nebenbuhlers zu entledigen, mit Eifer ergriff, den Herzog mit der Reichsacht und ersuchte die Deutschen und Schweizer, sich dessen Ländereien zu bemächtigen. Die Deutschen folgten diesem Ruf sofort und traten unter der Führung des Markgrafen von Nürnberg, Friedrich von Hohenzollern, in den Kampf. Weniger eilig hatten es die Schweizer, die im Hinblick auf den erst vor drei Jahren mit Herzog Friedrich geschlossenen Frieden sich vorerst noch zurückhielten, um dann aber, vom Kaiser neuerdings ermuntert, ebenfalls loszuschlagen.
Nun fielen die Besitzungen der Habsburger auf Boden der heutigen Schweiz ihren Nachbarn zur Beute: Schaffhausen und Rapperswil errangen sich die Reichsunmittelbarkeit, der Thurgau wurde von Reichstruppen besetzt, der Graf von Toggenburg bemächtigte sich der Landschaften Sargans und Gaster und schickte sich zur Eroberung des Rheinthales und Vorarlbergs an. Bern besetzte die aargauischen Städte Zofingen, Aarburg, Aarau, Lenzburg und Brugg. Die Luzerner machten sich zu Herren von Sursee und Münster. Die Zürcher nahmen das Knonauer Amt. Die von den Eidgenossen belagerten Städte Mellingen, Bremgarten und Baden ergaben sich nach kurzer Gegenwehr (1415).
Nun schritt man zur Teilung der Beute: Bern, Luzern und Zürich behielten die Orte und Gebiete, die sie sich auf eigene Faust erobert, während die Grafschaft Baden und die «freien Aemter» Bremgarten und Muri gemeineidgenössische Vogtei und Untertanenländer der Stände Zürich, Luzern, Schwyz, Glarus, Unterwalden und Zug wurden. Diese Eroberungen waren, vom strategischen Standpunkt aus betrachtet, für die Eidgenossenschaft sehr vorteilhaft, da sie ihnen den bisher mangelnden räumlichen Zusammenschluss brachten.
Vom allgemein menschlichen Standpunkt aus boten sie dagegen ernstliche Nachteile, indem es von nun an in der Schweiz neben souveränen Orten auch noch Untertanenländer gab. Das Prinzip der Gleichberechtigung aller Eidgenossen, das die Grundlage der ersten Bünde gewesen, war durchbrochen und machte einer, oft anmassenden, Oligarchie Platz. Die Landvogteien wurden zu einem beständigen Zankapfel und gaben Veranlassung, zu Hader und Zwist, der sich später, als die religiöse Reform des 16. Jahrhunderts die Eidgenossen in zwei Lager gespalten hatte, mehr und mehr zuspitzte.
18. Der alte Zürichkrieg.
Während sich die Habsburger die Sympathie ihrer Vasallen und Nachbarn verscherzten, verstanden es die Grafen von Toggenburg, mit den Eidgenossen freundschaftliche Beziehungen anzuknüpfen und zu unterhalten. Zugleich hatte sich auch ihr Machtbereich beträchtlich erweitert. Dem Grafen Friedrich V. von Toggenburg brachte seine Heirat mit der Tochter des letzten Freiherrn von Vaz im 14. Jahrhundert die Herrschaft Maienfeld, sowie das Prätigau und die Landschaft Davos ein. 1415 bemächtigten sich die Grafen anlässlich der Verhängung der Reichsacht über Friedrich von Habsburg des Vorarlberges und der Stadt Feldkirch.
Nachdem sie 1424 auch noch das Rheinthal erworben, waren sie auf der Höhe ihrer Macht angelangt. Um sich vor der anschwellenden Flut der Demokratie zu schützen, machte Graf Friedrich VII. von Toggenburg mit ihr gemeinsame Sache, indem er sich 1400 mit Zürich, 1417 mit Schwyz und 1419 auch mit Glarus verbündete. Er führte einen glänzenden Hofhalt, an dem die Herren von Raron, Sax, Mätsch, Brandis und Werdenberg oft und gern gesehene Gäste waren. Zum Unglück für sein Haus hatte ihm seine Gemahlin Elisabeth von Mätsch keinen Erben geschenkt.
Als er dann am starb, entspann sich um das toggenburgische Erbe ein erbitterter Streit. An der Spitze von Schwyz und Zürich standen zu jener Zeit zwei Persönlichkeiten, die beide zugleich geschickte und ehrgeizige Staatsmänner waren und durch ihre persönliche Rivalität die Gegensätze zwischen den beiden Republiken noch verschärften. Der Landammann Ital Reding begehrte für Schwyz die March, die ihm vom Grafen Friedrich wirklich versprochen worden war. Bürgermeister Stüssi von Zürich hatte dagegen sein Auge auf das Thal der Linth, die Uferlandschaften des Walensees, Gaster und Sargans geworfen, deren Besitz für Zürich eine Erleichterung seiner Handelsbeziehungen zu Chur und Italien bedeutet hätte. Von Friedrich VII. Witwe erlangte Zürich in der Tat die Abtretung von Weesen und des Gaster.
Die Verwandten des verstorbenen Grafen, die Herren von Brandis, Montfort, Werdenberg, Räzüns, Mätsch und Raron bestritten der Gräfin die Erbfolge ihres Gemahles. Zu jener Zeit war es auch, dass, wie wir bereits gesehen, die Untertanen des Grafen in Rätien sich zum Zehngerichtenbund zusammenschlossen, während die Toggenburger und die Leute von Uznach und Gaster sich zu Volksgenossenschaften zusammentaten. Kaiser Sigismund machte unter dem Vorwand, die Güter der Toggenburger seien Reichslehen gewesen, ebenfalls Anspruch auf die Erbschaft, und Oesterreich verlangte seinerseits das Gaster und Sargans für sich.
Nach dem Tod des Grafen Friedrich VII. hatten die Schwyzer sofort die obere March besetzt und sich von deren Bewohnern huldigen lassen. Als dann auch Zürich mit Zustimmung des Kaisers von den Leuten des Gaster sich den Treueid schwören lassen wollte, verweigerten ihn diese, da sie von den Schwyzern und Glarnern gegen Zürich aufgewiegelt worden waren. Dagegen machten die Leute von Sargans, Walenstadt, Mels und Ragaz der zürcherischen Besitzergreifung keine Schwierigkeiten.
Die Stimmung zwischen Schwyz und Zürich wurde immer gereizter, so dass sich schliesslich die übrigen Eidgenossen (Luzern, Uri, Unterwalden, Zug und Bern) ins Mittel legten und einen Rechtstag nach Luzern zusammenberiefen (Februar und März 1437). Die von demselben bestellten Schiedsrichter verfügten, dass die Schwyzer Uznach an die Gräfin von Toggenburg zurückzugeben hätten, den Bund mit der Landschaft Gaster dagegen aufrecht erhalten dürften. Nachdem nun auch die verwitwete Gräfin unerwartet auf ihre Ansprüche verzichtet hatte, kaufte Ital Reding den legitimen Erben der Toggenburger Uznach, Windegg, Gaster, Amden, Weesen, Walenstadt und Schännis ab (1437-1438). Die Folge dieser Gebietserwerbungen war, dass nun die Handelsbeziehungen Zürichs mit Chur und Italien vom guten Willen der Schwyzer und Glarner abhängig waren.
Dies brachte den Groll der Zürcher zum Ueberfliessen, so dass sie beschlossen, den Glarnern und Schwyzern ihren Markt und ihre Strassen zu sperren. Eine Entscheidung durch Waffengewalt war unvermeidlich geworden. Nach verschiedenen kleineren Scharmützeln besetzte Bürgermeister Stüssi am an der Spitze von 6000 Mann eine Anhöhe bei Pfäffikon. Als sich aber die von beiden Parteien um Vermittlung angerufenen Urner und Unterwaldner für Schwyz entschieden, und sich anschickten, zu den Schwyzern und Glarnern zu stossen, brach im Lager der Zürcher Zwist und Unordnung aus, so dass Stüssi mit seinen Truppen abzog.
Damit überliessen sie das Südufer des Zürichsees den Schwyzern und sahen sich gezwungen, die Lebensmittelsperre wieder aufzuheben. Die Zürich widerfahrene Demütigung trieb diese Stadt in die Arme Oesterreichs. Nach langem Unterbruch waren die Habsburger wieder deutsche Kaiser und damit Inhaber der Reichsgewalt geworden. Am schlossen der König und Oesterreich einen ewigen Bund mit Zürich. Dieses anerkannte die Ansprüche der Habsburger auf die Grafschaft Kiburg und versprach dem König und Herzog Friedrich III., ihm bei der Wiedererwerbung der Grafschaft Baden und des Aargaues behilflich sein zu wollen.
Friedrich verpflichtete sich dagegen, die Ansprüche Zürichs zu schützen und dieser Stadt den Besitz von Toggenburg und Uznach zu verschaffen. Nach Abschluss dieses Bundes kam der König Friedrich im Herbst des nämlichen Jahres persönlich nach Zürich, wo er mit grossem Pomp empfangen und bewirtet wurde. Damit schien der ganze Erfolg eines und eines halben Jahrhunderts Anstrengungen und Kämpfe nach Freiheit wieder vollständig in Frage gestellt zu sein.
Im Frühjahr 1443 entbrannte der Krieg zwischen Zürich und den Eidgenossen aufs neue. Am wurden die Zürcher bei St. Jakob an der Sihl, wo Bürgermeister Stüssi den Tod fand, geschlagen. Nach einem neunmonatlichen Waffenstillstand nahmen beide Parteien den Kampf wieder auf. Die Eidgenossen bemächtigten sich des Städtchens und Schlosses Greifensee, das ihnen Hans von Breitenlandenberg nach heldenhafter Verteidigung zu
mehr
übergeben sich gezwungen sah, und begannen die Belagerung von Zürich. Ihr Heer zählte 20000 Mann. Trotz ihrer grossen Tapferkeit wären die Zürcher in diesem ungleichen Kampf wohl unterlegen, wenn nicht ein anderes Ereignis die Eidgenossen gezwungen hätte, die Belagerung aufzuheben. Da Kaiser Friedrich nicht in der Lage war, den Zürchern persönlich beizuspringen, suchte er Frankreichs Hilfe. Karl VII., der eben mit England Frieden geschlossen hatte, wusste nicht, was er mit seinem vielen Kriegsvolk anfangen sollte, und sandte daher gerne eine Armee von 30000 Mann gegen die Schweiz.
Diese aus allen Ländern stammenden Abenteurer, die nach einem ihrer frühern Führer die «Armagnaken» genannt wurden, standen unter dem nominellen Oberbefehl des französischen Dauphin und spätern Königs Ludwig XI., wurden aber tatsächlich von Jean de Bueil befehligt. Am sahen die Basler von ihren Mauern aus mit Schrecken, wie ein Geschwader des feindlichen Heeres um das andere heranrückte. Am 26. August traf die Spitze der Armagnaken bei St. Jakob an der Birs auf 1500 Eidgenossen, welche die Vorhut des der Stadt Basel zu Hilfe eilenden eidgenössischen Heeres bildeten. Es entspann sich ein furchtbarer Kampf.
Die Eidgenossen fochten mit grossem Heldenmut, mussten aber der Ueberzahl der Feinde unterliegen. 1300 Mann wurden getötet, und bloss 200 konnten dem Blutbad entrinnen. Der siegreiche Dauphin, der ebenfalls grosse Verluste erlitten, bot den Eidgenossen voller Bewunderung ihrer Tapferkeit einen ehrenvollen Frieden an, der am unterzeichnet wurde. Die Eidgenossen hoben die Belagerung von Zürich auf; doch dauerte der Krieg noch zwei Jahre fort, ohne einen entscheidenden Schlag zu bringen, sodass sich die Parteien endlich dahin einigten, dem Streit durch einen Schiedsspruch ein Ende zu machen. Am fällte der Obmann der Schiedsrichter, der hochangesehene Berner Schultheiss Heinrich v. Bubenberg, den Spruch dahin, dass der Bund Zürichs mit Oesterreich unvereinbar mit dem eidgenössischen Bunde sei.
«Damit war der hauptsächlichste Stein des Anstosses beseitigt, und der eidgenössische Gedanke feierte einen Sieg. Zürich wurde wieder schweizerisch; nur wenige grollten.» Zürich behielt sein altes Gebiet, musste aber Uznach und Gaster an Schwyz und Glarus abtreten. Damit war der status quo ante bellum wieder hergestellt. Das Bündnis mit Oesterreich hatte Zürich nur Nachteile und keinen einzigen Vorteil gebracht. Das erfreulichste Resultat des alten Zürichkrieges war die Einsicht, dass dem Schweizerbund ein festerer Zusammenhalt und eine neue Politik nottue. Um sich vor den Folgen eines neuen Bruches mit Oesterreich zu schützen, schlossen nun die Eidgenossen ein Bündnis mit Frankreich, welcher Schritt in der Folge einen grossen Einfluss auf die Geschicke der Schweiz ausüben sollte. Weitere Bünde schlossen die Eidgenossen während des nämlichen Zeitabschnittes ferner noch mit Savoyen, dem Bischof von Sitten, dem Wallis, dem Fürstabt von St. Gallen, den Städten Schaffhausen, St. Gallen, Mülhausen und Rottweil, sowie mit dem Herzog von Burgund.
Doch behagte dieser Friedenszustand dem kriegerischen Sinn vieler Eidgenossen der damaligen Zeit, denen Kampf und Fehde in Fleisch und Blut übergegangen und gleichsam zum Beruf geworden waren, nur wenig. Als auf einem Schiessen zu Konstanz 1458 ein von einem Luzerner gesetzter Berner Plappart (Scheidemünze) höhnisch zurückgewiesen wurde, sahen sich die Eidgenossen beleidigt und zogen alsobald mit 4000 Mann vor Konstanz, das ihnen eine beträchtliche Entschädigung bezahlen musste (Plappartkrieg).
Durch ihre Verbindung mit den Eidgenossen hatten sich die beiden Städte Mülhausen und Schaffhausen den in ihrer Nachbarschaft sitzenden Adel zum Feinde gemacht. Da Herzog Sigmund nicht in der Lage war, sie gegen die Uebergriffe dieser fehdelustigen Herren zu schützen, riefen sie den Beistand der Eidgenossen an. Es kam nun zu einem Scharmützelkrieg. Die Eidgenossen griffen zu den Waffen und zwangen die adeligen Herren des Klettgaues, Hegaues, Sundgaues und des Elsass, die sich mehr durch kühne Reden als durch wirkliche Taten auszeichneten, im Städtchen Waldshut Schutz zu suchen. Am begann die Belagerung von Waldshut, das sich aber wacker verteidigte, sodass am 26. August der Waldshuter Friede zu stande kam. Herzog Sigmund musste «den Eidgenossen für den Schaden und die Kriegskosten» die (kleine) Summe von 10000 Gulden gutschreiben. Sollte diese Summe nicht auf Johanni des folgenden Jahres bezahlt sein, so sollten die Bürger von Waldshut und des Herzogs Leute auf dem Schwarzwald Eigentum der Eidgenossen werden.
19. Politische Lage des Welschlandes.
Während sich in der deutschen Schweiz der Bund der acht alten Orte bildete und seine Unabhängigkeit errang, verblieb das Welschland unter der Herrschaft verschiedener kirchlicher oder weltlicher Herren, die ihre Untertanen durch Gewährung von Freiheiten und Rechten an sich zu fesseln vermocht hatten. Dank dieser Freigebigkeit ihrer Fürsten war die rechtliche Lage der westschweizerischen Gemeinden schon im 13. Jahrhundert eine vorteilhaftere geworden als diejenige der Gemeinden der deutschen Schweiz.
Jede Stadt hatte ihren Grossen und Kleinen Rat, sowie ihre Bürgerversammlung. Zuweilen schlossen die Städte unter sich auch Bündnisse, so z. B. 1339 Avenches mit Freiburg; Payerne 1343 mit Bern, 1349 mit Freiburg, 1355 mit Neuenburg und 1364 mit Murten. Die Abgeordneten der dem Haus Savoyen unterstehenden Städte vereinigten sich zusammen mit den Angehörigen des Adels und der hohen Geistlichkeit in Moudon zur Waadtländer Ständeversammlung (États de Vaud). In den Städten sprachen die Bürger und in den Landgemeinden der Herr des Ortes Recht.
Gegen diese Urteile konnte beim savoyischen Vogt in Moudon und in letzter Instanz am Hof zu Chambéry, der sich in dieser Hinsicht nach dem im Waadtland üblichen Brauch zu richten hatte, appelliert werden. Das Einkommen des Fürsten bestand aus einigen Zöllen und dem Erträgnis der Kronländer. Zu Zeiten von Ebbe in der herzoglichen Kasse übermittelte der Vogt der Waadt seine Wünsche der Ständeversammlung, die dann die Erhebung von Steuern bewilligte. Die Grafen von Savoyen, die vom Kaiser Sigmund 1416 in den Herzogstand erhoben wurden, waren mit Bezug auf diejenigen ihrer Güter, die in der Freigrafschaft lagen, Vasallen des Herzogs von Burgund. Die Herrschaft Savoyens erstreckte sich aber nicht auf die Stadt Lausanne, deren Bischof zugleich auch ihr weltlicher Oberherr war und zudem noch über die
mehr
Pfarreien Lavaux, Lucens, Avenches, Bulle, La Roche und Albeuve gebot. Lausanne bestand aus zwei Städten: der Altstadt (cité) und der Unterstadt, welch letztere die Quartiere (bannières) des Bourg, von La Palud, Le Pont und Saint Laurent umfasste. Das Stadtregiment führten zwei Priore, denen ein im Madeleine-Kloster sich versammelnder Rat zur Seite stand, während die allgemeine Versammlung der Bürger auf dem Platz La Palud oder, bei schlechtem Wetter, in der Markthalle stattfand.
Die Bürgerschaft von Lausanne hatte von den Kaisern Sigmund III. und Friedrich III. im Jahr 1431 bezw. 1469 verschiedene verbriefte Vorrechte zugestanden erhalten. Karl V. erkannte in einem vom datierten Brief Lausanne als freie Reichsstadt an. 1494 wurde die Bürgerversammlung durch einen von den Quartieren ernannten Rat ersetzt, der zuerst aus 60, dann aus 97 und endlich aus 200 Mitgliedern bestand. 1529 trat ein Bürgermeister an die Stelle der zwei Priore.
Jedes Jahr trat in Lausanne der sog. «Plaid général», eine Versammlung von Abgeordneten des Adels, der Geistlichkeit und der Bürger der bischöflichen Ländereien, zusammen, die zugleich legislative und richterliche Behörde war und deren Zustimmung der Bischof bedurfte, um Gesetze geben, Truppen ausheben und Münzen schlagen zu können. Die obersten bischöflichen Beamten waren der Vogt, der Truchsess (sénéchal), der Siegelbewahrer (sautier) und der Meier (métral).
Ueber diesen standen wieder der grosse weltliche Gerichtshof und das Appellationsgericht des Bischofes. Als später das Haus Savoyen dem Bischof den Rang abgelaufen hatte, entstand der «Cour de Billens» genannte Gerichtshof, der aus dem Stellvertreter (lieutenant) des Vogtes der Waadt und sechs vom Rat von Lausanne ernannten Beisitzern bestand. Jeder neue Bischof musste beim Antritt seiner Würde auf die Anerkennung der Freiheiten der Stadt seinen Eid leisten, was jedesmal zu einer feierlichen Zeremonie vor dem in die Stadt führenden Tor von Saint Étienne Anlass gab. Lausanne besass ein aus 1316 stammendes Gesetzbuch (coutumier), das nach der Behörde, die es ins Leben gerufen, den Namen des Plaid général trug. Die in ihm aufgezeichneten Grundsätze werden übrigens in der Hauptsache schon vom Propst Ardutius in einer Verordnung von 1144 erwähnt, durch welche derselbe die Freiheiten der Stadt anerkannte.
Die ersten Versuche zu freiheitlicher Gestaltung der öffentlichen Angelegenheiten in Genf datiert man ins 13. Jahrhundert zurück. 1294 erwarben die Grafen von Savoyen die Kastvogtei (vidomat) über Genf, und seit 1330 waren sie verpflichtet, die Freiheiten der Stadt zu beschwören. An der Spitze der Verwaltung stand der Syndikus. Diese Beamten verstanden es jeweils, zwischen dem Haus Savoyen und dem Bischof geschickt ihre Interessen wahrzunehmen, indem sie sich bei Ansprüchen des letztern auf das erstere stützten und umgekehrt bei Uebergriffen Savoyens sich wieder dem Bischof anzunähern wussten. So hatten sie z. B. vom Bischof Adhémar Fabri im Jahr 1387 die Bestätigung der Freiheiten der Stadt erlangt. 1415 zeigte das Stadtregiment seine Unabhängigkeit dadurch, dass es, ohne die Vermittlung des Bischofes anzurufen, mit dem Herrn von Gex einen Waffenstillstand vereinbarte, den es von der Bürgerversammlung bestätigen liess.
Als es den Herzogen von Savoyen später gelungen war, den bischöflichen Stuhl mit Angehörigen ihres Geschlechtes zu besetzen, suchte und fand Genf Unterstützung von Seiten der Städte Freiburg und Bern. Zu dieser Zeit bildeten sich zwei politische Parteien: die sog. «Mameloucs» oder Anhänger des Herzoges von Savoyen und die «Eidgnots» oder Parteigänger der Verbindung mit den Eidgenossen. Anfangs 1519 kamen diese letztern ans Ruder und schlossen am 7. Januar dieses Jahres ein Bündnis mit Freiburg. Die hervorragendsten Führer der Partei der «Eidgnots» waren Besançon Hugues und Philibert Berthelier.
Jener, von Beruf Pelzhändler und Kürschner, wurde 1518 zum Syndikus gewählt und erwarb sich durch seine vorsichtige Klugheit und Energie den Beinamen des Vaters der Stadt. Berthelier, der eine stürmische Jugend gehabt, zeichnete sich durch Unternehmungslust und Eifer aus. Nachdem er, um den gegen ihn gerichteten Nachstellungen zu entgehen, im Jahr 1517 sich nach Freiburg hatte begeben müssen, kehrte er schon im folgenden Jahr, mit einem Freipass des Bischofes versehen, wieder in seine Vaterstadt zurück, wo er vor dem Rat erschien und die Anschuldigungen, die der Kastvogt gegen ihn erhoben hatte, entkräftete.
Bald nach seiner Freisprechung kam aber der Herzog selbst nach Genf, liess ihn festnehmen, durch bestochene Richter verurteilen und am hinrichten. Dem nämlichen Schicksal entgingen Besançon Hugues und Bonivard durch die Flucht. Auch Ami Levrier, der fünf Jahre später Genfs Freiheiten wieder verteidigte, wurde (am verhaftet und hingerichtet. Diese rasch aufeinanderfolgenden Machtsprüche erregten bei den Eidgenossen grosses Aufsehen. Bern und Freiburg verbündeten sich mit Genf, worauf Besançon Hugues und seine Getreuen wieder heimkehrten und die hauptsächlichsten Führer der savoyischen Partei die Stadt verlassen mussten.
Genf gab sich nun eine den Städten der Eidgenossen ähnliche Verfassung und bestellte einen Kleinen Rat, einen Rat der Sechzig und einen Rat der Zweihundert. Unerklärlich bleibt, warum die Herzoge von Savoyen, die doch gegen Lausanne und die Waadt stets so zuvorkommend gewesen waren, sich Genf gegenüber so feindselig zeigten. Vor der Reformation war Genfs Bedeutung verhältnismässig nicht gross gewesen. Während z. B. Basel schon im 15. Jahrhundert eine durch ihren Handel, ihre Industrie und die Universität blühende Stadt darstellte, datiert Genfs Aufschwung erst aus dem Ende des 16. und dem Verlauf des 17. Jahrhunderts, d. h. aus der Zeit, da sich italienische und französische Refugianten hier niedergelassen hatten.
Während so Lausanne und Genf als Enklaven im Herzogtum Savoyen sich allmählig von der Macht ihrer Bischöfe befreit hatten, bildete Neuenburg mit seiner Umgebung eine direkt dem Reiche unterstellte Grafschaft. Mit dem Erlöschen des ersten Grafenhauses war das Land im 13. Jahrhundert an das Haus Chalons-Orange gekommen, dessen Erben dann nachher die Grafen von Hochberg wurden. Die letzte dieses Geschlechtes, Johanna von Hochberg, vermählte sich 1514 mit Heinrich von Orléans-Longueville.
Seit dem 13. Jahrhundert besass die Grafschaft ein eigenes Gericht, das zuerst «Plaid de May» oder «Grand Plaid» hiess und sich später den Namen der «Audiences générales» beilegte. Wie anderwärts bildeten die Bürger auch hier einen Rat, der seine Befugnisse auf Kosten derjenigen des Grafen zu erweitern und sich dabei auf die Schweizer Städte zu stützen trachtete. So schlossen Bern, Solothurn, Freiburg und Luzern Bündnisse mit Neuenburg. Als sich die Eidgenossen 1512 mit Heinrich von Orléans überwarfen, bemächtigten sie sich seiner Grafschaft, der sie einen Vogt vorsetzten und von deren Bewohnern sie sich huldigen liessen. Erst 1529 erhielt Johanna von Hochberg dank der Fürsprache von König Franz I. das Land wieder zurück, wobei sich aber die Eidgenossen ihr Bündnis vorbehielten.
Nördlich von Neuenburg lagen die Ländereien des Fürstbischofes von Basel, der ebenfalls den Gang der Befreiung der Gemeinden nicht aufzuhalten vermochte. Schon 1358 hatte Biel seine nahezu völlige Unabhängigkeit erlangt und darauf mit Bern einen Bund geschlossen, auf welchem Wege ihm 1388 auch La Neuveville (Neuenstadt) gefolgt ist.
Aus dieser Darstellung ergibt sich, dass die Zünfte im Welschland nicht die wichtige Rolle gespielt haben, die ihnen in der deutschen Schweiz zugefallen war, und dass die Herzoge von Savoyen und die Grafen von Neuenburg, sowie die Bischöfe von Genf, Lausanne und Basel sich auf Grund von Unterhandlungen und nicht infolge einer durch Niederlagen in eigentlicher Fehde geschaffenen Zwangslage zur Erteilung und Anerkennung der Freiheiten der Gemeinden verstanden haben. Die Helden, denen Genf seine Unabhängigkeit verdankt, starben auf dem Blutgerüst und nicht auf dem Schlachtfelde.
20. Die Burgunderkriege.
Das Ergebnis der Kriege des 14. Jahrhunderts war die vollständige Loslösung der Eidgenossen von Oesterreich. Mit den Burgunderkriegen, sowie dem diesen folgenden Schwabenkrieg und den italienischen Feldzügen tritt die Schweiz dann in eine etwa vierzig Jahre dauernde Epoche (1474-1515), während welcher sie auf die europäische Politik einen überwiegenden Einfluss ausüben sollte. Während die Eidgenossen
mehr
früher zu den herzogen von Burgund in freundschaftlichen Beziehungen gestanden hatten, führten der ehrgeizige und unersättlich nach Ausdehnung seiner Macht begierige Herzog Karl der Kühne, der nach dem Besitz Lothringens, des Elsasses und des Herzogtumes Mailand strebte und daran dachte, sich ein von der Nordsee bis zum Mittelmeer ausdehnendes Reich zu gründen, einerseits und die diplomatischen Kniffe und Ränke des französischen Königs Ludwig XI. andrerseits einen vollständigen Bruch mit den Eidgenossen herbei.
Wir haben bereits gesehen, dass sich Oesterreich im Waldshuter Frieden vom verpflichtete, den Eidgenossen innert zehn Monaten eine Kriegsentschädigung von 10000 Gulden zu bezahlen, wofür es ihnen Waldshut und den Schwarzwald zum Pfand gegeben hatte. Als sich nun Herzog Sigmund ausser stande sah, seine Schuld einzulösen, den Schweizern aber die zum Pfand gegebenen Länder nicht abtreten wollte, suchte er bei Ludwig XI., dem er seine Besitzungen im Elsass als Garantie anbot, ein Anleihen aufzunehmen.
Der König von Frankreich, der sich die Schweizer nicht entfremden wollte, ging nicht auf das Angebot ein, verwies aber den Herzog von Oesterreich an den Herzog von Burgund, der denn auch Sigmund wirklich 50000 Gulden borgte und dafür die Huldigung der österreichischen Untertanen im Elsass entgegennahm Diese Verbindung Oesterreichs mit Burgund und die Besitznahme des Elsasses durch Herzog Karl bildete für die Eidgenossen und besonders auch für die ihnen verbündete Stadt Mülhausen eine grosse Gefahr. Zu gleicher Zeit widerrief Kaiser Friedrich III., der Vetter Sigmunds, den Waldshuter Frieden und sprach die Reichsacht über die Eidgenossen aus. Die Annäherung Oesterreichs an Burgund wurde dadurch besiegelt, dass sich des deutschen Kaisers Sohn, Max, mit Karls Tochter, der Prinzessin Marie von Burgund verlobte. Diese Ereignisse führten natürlich alle nur dazu, die bereits bestehenden Beziehungen zwischen Ludwig XI. und den Schweizern noch enger zu gestalten.
In Bern war man geteilter Ansicht. Auf der einen Seite stand Adrian von Bubenberg mit dem gesamten auf Grundbesitz angewiesenen alten Adel, der in der Beseitigung der die Eidgenossen von Frankreich trennenden Schranke eine Gefahr sah, auf der andern Seite dagegen der durch Handel und Verkehr emporgekommene jüngere Adel mit Niklaus von Diesbach an der Spitze, der mit Herzog Karl brechen und nähere Beziehungen zu Frankreich anbahnen wollte. Als diese letztere Partei die Oberhand erhielt, wurde am zwischen Ludwig XI. und den acht alten Orten der Eidgenossenschaft ein Neutralitätsvertrag geschlossen, durch den beide Staaten sich gegenseitig versprachen, Burgund im Falle eines Krieges nicht unterstützen zu wollen.
Herzog Karl hatte dem Elsass in der Person des Ritters Peter von Hagenbach einen stolzen, übermütigen, gewalttätigen und grausamen Landvogt vorgesetzt, der die Reichsstädte gleich Untertanenländer behandelte und von den ihnen verbündeten Schweizern nur mit Verachtung sprach. Als nun einst Schweizer Kaufleute, die nach Frankfurt zur Messe zogen, von einem österreichischen Ritter überfallen und ausgeplündert wurden, beklagten sich die Eidgenossen wiederholt bei Karl, fanden aber kein Recht bei ihm.
Andrerseits hatte sich Karl durch seine Anmassung auch den Kaiser Friedrich III. entfremdet und wünschte sich Herzog Sigmund wieder im Besitz des Elsasses zu sehen. Schon Ende März 1474 hatten die Eidgenossen mit Oesterreich zu Konstanz eine «ewige Richtung», d. h. einen ewigen Frieden geschlossen. «Die Eidgenossen sollten gegen die von Oesterreich gebotene Garantie ihres Gebietsstandes dem Herzog Sigmund auf seine Kosten in einem Kriege Hilfe leisten und ihm vor allem helfen, die Pfandlande zurückzunehmen. Ohne sie konnte Sigmund nicht in den Wiederbesitz dieser Pfandlande kommen, und auch den Eidgenossen lag die Beseitigung der so lästigen burgundischen Herrschaft sehr am Herzen ... Ein grosser und wichtiger Augenblick schweizerischer Geschichte war es doch, als derart eine zweihundertjährige Feindschaft, auf welcher die ganze bisherige kriegerisch-politische Entwicklung sich aufgebaut hatte, preisgegeben wurde und der Feind, welcher bisher stets den Bestand der Eidgenossenschaft bestritten und angefochten hatte, versöhnt, die Eidgenossen als ebenbürtige Macht anerkannte ... Beide, Oesterreich und die Eidgenossenschaft, traten in eine neue Zeit ein und gingen nun andern Richtungen und Bestrebungen nach.» Herzog Sigmund kündete nun dem Herzog Karl die Pfandschaften, nachdem die elsässischen Städte die Pfandsumme zusammengelegt und in Basel deponiert hatten. Karl lehnte jedoch die Kündigung ab. «Da schritt das Volk im Elsass zur Gewalt. Die burgundischen Kriegsleute und Beamten wurden verjagt und der Tyrann Hagenbach bei einem Volksauflauf in Breisach gefangen genommen. Einst der gefürchtete Handhaber burgundischer Hoheit, schmachtete er jetzt wie ein gemeiner Verbrecher.» Er wurde zum Tode verurteilt und in der Nacht des enthauptet.
Am schlossen die Eidgenossen mit Ludwig XI. ein Offensiv- und Defensivbündnis. Schon Anfangs November vereinigten sich die 8000 Mann starken Schweizertruppen mit den Oesterreichern, um in die Freigrafschaft einzudringen und den festen Platz Héricourt zu belagern. Ein unter dem Befehl von Heinrich von Neuchâtel stehendes burgundisches Entsatzheer ward am 13. November in die Flucht geschlagen, worauf sich die Besatzung von Héricourt ergab und die Stadt von Herzog Sigmund in Besitz genommen wurde. Im Jahr 1475 setzten die Eidgenossen den Kampf fort, machten im Welschland eine Reihe von Eroberungen und bemächtigten sich am 1. Juli auch der Feste Blamont.
Der in den Wiederbesitz des Elsasses gelangte Herzog Sigmund hatte sich inzwischen mit Karl dem Kühnen versöhnt, worauf bald auch Ludwig XI. ohne Wissen der Eidgenossen mit diesem einen Waffenstillstand schloss und damit Lothringen und die Eidgenossenschaft, welche sich ihm ganz angeschlossen hatten, preisgab. Während die Eidgenossen derart verraten wurden, hatte die Gräfin Jolantha von Savoyen, Ludwigs XI. Schwester, die für ihren minderjährigen Sohn Philibert I. die Regentschaft führte, mit Karl von Burgund ein Bündnis (Januar 1475) geschlossen, zu diesem Schritt getrieben durch den Burgund geneigten Adel der Waadt, wie den Herren Jakob von Romont, sowie die Herren von La Sarraz, von Goumoëns, von Collombier etc., die unter Karls Fahnen zu Ehren und Würden gekommen waren.
Als nun von Burgund angeworbene lombardische Söldner sich zum Uebergang über den Grossen St. Bernhard anschickten, verbündeten sich die Berner mit den Ober Wallisern und sandten dem Grafen von Romont am den Fehdebrief. Sogleich entbrannte der Kampf. Die Ober Walliser bemächtigten sich des Unter Wallis, während die Berner, zusammen mit den Freiburgern und einem von Hans Waldmann geführten Heer von 1500 Eidgenossen, Murten, Cudrefin, Avenches, Payerne, Estavayer, Moudon, Yverdon, Orbe, Les Clées, La Sarraz, Cossonay, Morges, Romont und Aigle nahmen. Genf und Lausanne mussten eine Brandschatzungssumme bezahlen. Im Zeitraume von drei Wochen eroberten die Eidgenossen auf diesem Zuge 14 Städte und 40 Schlösser, worauf sie im Monat November heimkehrten. Während ihres Zuges im vergangenen Jahre hatten sie sich der Burgen von Jougne, Orbe und Grandson bemächtigt, in welch letztern Ort, der wie Orbe und Échallens dem Grafen Louis von Châlons, Marschall von Burgund, gehörte, eine Besatzung gelegt wurde.
Herzog Karl der Kühne, der inzwischen vor Neuss am Rhein gelagert und dann Lothringen, das er dem Herzog Renatus nahm, niedergeworfen hatte, rüstete sich nun, die Eidgenossen für die Verwüstung der Ländereien seiner Verbündeten zu züchtigen. Am verliess er Nancy und lagerte am 19. Februar vor dem Städtchen Grandson, das er schon am 21. Februar nahm, während ihm die Besatzung der Burg Grandson bis zum 28. Februar widerstand. Ein burgundischer Edelmann hatte ihr «mit lügnerischer Zunge» mitgeteilt, dass die Burgunder bereits Freiburg genommen hätten und jetzt gegen Bern und Solothurn marschierten. Zugleich erklärte er ihr, dass sie im Falle der Uebergabe geschont werden solle. Allein Karl kümmerte sich um das gegebene Wort nicht und liess die Mehrzahl der Besatzung, 412 Mann, an die Nussbäume auf dem Wege gegen Orbe aufknüpfen und eine Anzahl im See ertränken. Nach diesem leichten Sieg rückte er mit seinem Heer von etwa 36000
mehr
Mann gegen Neuenburg, wo sich die Eidgenossen, zusammen mit den ihnen verbündeten Elsässern, Schaffhausern und St. Gallern etwa 18000-20000 Mann, gesammelt hatten. Die Feinde trafen sich am zwischen Concise und Vaumarcus in einem Engpass am Fusse des Mont Aubert. Bei dieser Gelegenheit zeigten sich die Führer der Eidgenossen nicht nur als kühne und beherzte, sondern auch als in der Taktik wohlerfahrene Männer. Während sich der Herzog von Burgund in den Kampf einliess, ohne sich um die Sicherung des linken Flügels seines Heeres zu bekümmern, brach der rechte Flügel der Eidgenossen von den Höhen herab und brachte die Reihen der Burgunder in Verwirrung.
Bald wandten sich die Söldner Karls des Kühnen zur Flucht, ungeachtet aller Versuche, sie zum Stehen zu bringen. Der tapfer streitende Herzog sah sich selbst von dem allgemeinen Schrecken mit fortgerissen und flüchtete sich nach der Feste Jougne, um von da das Schloss Nozeroy in der Freigrafschaft zu erreichen. Seine Artillerie (400 Geschütze), zahlreiche Pferde und sein an Schätzen aller Art (Waffen, Rüstungen, kostbaren Teppichen, Juwelen und Edelsteinen etc.) wie an Lebensmitteln reiches Lager fiel den Eidgenossen zur Beute. Diese Beute, deren Wert den Eidgenossen meist nicht bekannt war, wurde unter die Führer verteilt und kann in ihren einzelnen Stücken heute noch in den Museen von Solothurn, Bern, Zürich und Schaffhausen bewundert werden.
Diese Niederlage, die Karl der Kühne am bei Grandson erlitten, hatte seinen Mut und Rachedurst noch nicht abgekühlt. Sofort beschäftigte er sich mit den Vorbereitungen zu einem neuen Feldzug. Er sammelte seine Truppen bei Lausanne, von wo aus er am 27. Mai seinen Vormarsch auf Bern antrat. Zunächst wendete er sich gegen Murten, dessen Belagerung er am 9. Juni begann. Das von einer unter Adrian von Bubenberg stehenden Besatzung von 1500 Mann verteidigte Städtchen widerstand tapfer und schlug drei nächtliche Anstürme erfolgreich zurück.
Unterdessen sammelten sich die Kontingente der Eidgenossen, die am 22. Juni, 24000 Mann stark, bei Gümmenen die Saane überschritten. Ihnen hatte sich Herzog Renatus von Lothringen mit einigen hundert elsässischen und österreichischen Ritten angeschlossen. Die Vorhut der Eidgenossen befehligte der Berner Hans von Hallwil, den Gewalthaufen Hans Waldmann aus Zürich und Wilhelm Herter aus Strassburg, die Nachhut Kaspar Hertenstein aus Luzern. Nach einer von 600 Reitern unter Wilhelm Herter unternommenen Rekognoszierung rüsteten sich die Eidgenossen zum Angriff. Die Burgunder wurden geworfen und wandten sich bald zur Flucht, in die sich Karl der Kühne selbst mitgerissen sah. Mit Mühe und Not entkam er nebst einigen Reitern seines Gefolges den ungestüm nachsetzenden Eidgenossen. So endete auch die Schlacht bei Murten mit einer vollständigen Niederlage des Herzoges.
Auch bei dieser Gelegenheit zeigten die Eidgenossen, dass sie wohl Krieger von unvergleichlicher Kühnheit und Tapferkeit und Meister im Ausnutzen der Vorteile auf dem Schlachtfelde selbst waren, ihre Siege aber nicht zu verwerten wussten, indem die schönsten Früchte dieses Krieges gegen Burgund dem König Ludwig XI., der ihn zwar geschickt angezettelt aber in keiner Weise zu gunsten der Schweizer eingegriffen hatte, mühelos in den Schoss fielen.
Nach dem Siege bei Murten zogen die Kontingente aus der Ur- und Ostschweiz sofort heim, während die Berner und Freiburger, sowie der Graf von Greierz noch das ganze Welschland heimsuchten und dessen Städte brandschatzten. Als sie sich aber anschickten, auch noch in die Freigrafschaft einzubrechen und Savoyen zu bedrohen, legte sich Ludwig XI. ins Mittel, um die Interessen seiner Schwester, der Herzogin Jolantha, zu wahren. «Die Schweizer waren so schwach und kurzsichtig, nachzugeben.» Am versammelte ein
mehr
Friedenskongress die Häupter der schweizerischen Orte und die Gesandten von Frankreich, Savoyen und Oesterreich in Freiburg. Da die Eidgenossen wegen ihrer Forderungen unter sich nicht einig waren, benutzten die französischen Diplomaten diese Meinungsverschiedenheiten in geschickter Weise, um der Herzogin von Savoyen wieder zur Waadt, die Bern für sich gefordert hatte, zu verhelfen. Bern behielt für sich einzig Erlach und die vier Mandamente von Aigle, Bex, Ollon und Ormonts, sowie zusammen mit Freiburg die Herrschaften Grandson, Murten, Orbe, Échallens und Illens.
Die Ober Walliser mussten die Landschaft Chablais, deren sie sich bemächtigt hatten, wieder herausgeben, behielten dafür aber das Unter Wallis. Herzog Karl hatte sich am Kongress von Freiburg nicht vertreten lassen. Trotz Vermittlungsversuchen von Kaiser und Papst weigerte er sich hartnäckig, Lothringen dem Herzog Renatus herauszugeben. Als Verbündeter der Eidgenossen rief dieser nun natürlich die Hilfe derselben an, um wieder in den Besitz seines Herzogtumes zu kommen. Daraus entspann sich ein neuer Feldzug, der am vor den Mauern von Nancy mit einer neuen Niederlage und dem Tod Karls des Kühnen seinen Abschluss fand. «So war denn aus dem Lustspiel, das Karl erwartet hatte, ein ernstes Trauerspiel geworden.»
Derart glänzende Siege, wie sie sie eben erfochten, hätten den Eidgenossen eine beträchtliche Erweiterung ihres Gebietes eintragen können. Die Bewohner der Freigrafschaft verlangten nichts besseres, als sich den Schweizern anzuschliessen, und wären auch von den Bernern, die sich bei dieser Gelegenheit wiederum durch ihre politische Grosszügigkeit und Weitsichtigkeit auszeichneten, gerne in den Bund aufgenommen worden. Diese Annexion hätte aber den Schwerpunkt der Eidgenossenschaft verschoben und Bern zu einer Macht gehoben, die die schon längst auf sein Uebergewicht eifersüchtigen Waldstätte nicht zugeben wollten.
Diese gegenseitigen Eifersüchteleien der Eidgenossen kamen dem König Ludwig XI. gerade gelegen. Seines gefürchteten Gegners, Burgunds, entledigt, war er einzig nur auf seinen Vorteil bedacht. Am schloss er mit den Eidgenossen einen Vertrag, durch welchen er gegen die Stellung von 6000 Schweizer Söldnern die Bezahlung einer Entschädigung von 100000 Gulden versprach, welche Verpflichtung er jedoch später ablehnte. Nach mancherlei Schwankungen behielt Ludwig XI. Burgund für sich und gab er 1493 die Freigrafschaft dem Kaiser Maximilian zurück, von dem sie zuerst an Karl V. und dann an Philipp II. überging, um erst unter Ludwig XIV. endgiltig an Frankreich zu kommen.
Während die Burgunderkriege den Schlachtenruhm der Eidgenossen auf eine bisher unerreichte Höhe gehoben hatten, deckten sie zugleich deren innere Zwistigkeiten und Uneinigkeit, sowie deren politischen Rückgang auf. Vom deutschen Reich und dem Hause Habsburg unabhängig geworden, waren sie nunmehr dem Einfluss Frankreichs anheimgefallen, unter dessen Schutz sie sich gewissermassen stellten, um ihm zur Unterdrückung der Macht des Hauses Oesterreich, das das gewaltigste Hindernis zur Entfaltung der französischen Herrschaft war, behilflich zu sein.
Militärkapitulationen und Pensionswesen wurden nun für die Schweiz zu einer offenen Plage. Dieses System leistete der Faulheit und Bequemlichkeit mächtigen Vorschub und hinderte jeden moralischen und wirtschaftlichen Fortschritt der Nation. Die französische Diplomatie bediente sich der Käuflichkeit der schweizerischen Machthaber und führte schliesslich zum Untergang der alten Eidgenossenschaft. Vor den Burgunderkriegen waren die Schweizer ein einfaches Volk von rauhen Sitten gewesen, das den Wert des Geldes sozusagen noch nicht erkannt hatte. In ihren Kämpfen gegen Oesterreich war die verführerische Sucht nach Reichtum noch nicht mit im Spiele gewesen. Zur Ehre der Habsburger muss gesagt werden, dass sie ihre Macht auf Urkunden stützten und sich mit den Waffen zu erkämpfen suchten. Ludwig XI. führte dagegen ein neues System in seine Politik ein, indem er schon die Ratgeber Karls des Kühnen, so u. a. den Herrn von Commines, mit Geld
mehr
erkauft hatte und dieses Vorgehen nun auch, mit Erfolg, auf die Eidgenossen auszudehnen suchte.
21. Krieg gegen den Herzog von Mailand. - Tag von Stans. - Eintritt von Freiburg und Solothurn in den Bund.
Die von den Schweizern erfochtenen wunderbaren Erfolge hatten ihrem kriegerischen Sinn mächtigen Vorschub geleistet. Die Eifersucht der Waldstätte war durch die von Bern gemachten territorialen Erweiterungen seines Gebietes geweckt worden. Da entspann sich um ein Brücken- und Weiderecht in der Leventina zwischen den Urnern und der Herzogin Bonne von Savoyen, Regentin des Herzogtums Mailand (1477), ein erbitterter Streit, der noch nicht beigelegt war, als der mit Mailand in Fehde liegende Papst Sixtus IV. die Eidgenossen um Hilfe anging.
Die im Oktober 1478 in Luzern versammelte Tagsatzung zögerte, auf die Vorschläge des Papstes einzugehen. "Uri wollte aber absolut den Krieg und liess sich durch die üble Stimmung der Orte und die vorgerückte Jahreszeit nicht beirren.» Gegen Ende November sammelten sich etwa 10000 Mann, die unter Hans Waldmann und Adrian von Bubenberg den Gotthard überschritten und gegen Bellinzona vorrückten. Ein im Lager der Eidgenossen ausgebrochener Zwist und die inzwischen eingetretene grimmige Kälte, sowie der Mangel an Proviant und an Geschütz veranlassten aber den Rückzug über den Gotthard.
Doch liess man ein Detaschement von 175 Mann, denen sich noch 350 Leute aus dem Livinenthal angeschlossen hatten, in Giornico (Irnis) «zur Bewachung der Urner Landmark» zurück. Da traten die Mailänder mit über 10000 Mann den Vormarsch an und eröffneten den Angriff auf die Besatzung von Giornico. «Giornico war von Natur trefflich geeignet zur Abwehr von Angriffen, die vom untern Tessinthale aus erfolgten. Die Hauptstrasse zog sich am linken Tessinufer hin; bis Faido hinauf ist das Flussbett sehr steil, die Ufer zum Teil tief und felsig; Befestigungen und Schanzen kamen hinzu. Eine Brücke ermöglichte die Verbindung mit dem rechten Ufer ... Die Eidgenossen hatten eine günstige Stellung, da sie von den Höhen herab fochten; auch hatten sie, wahrscheinlich durch Stauung der Bergbäche, das steil abfallende Ufer des Tessin in eine Eisfläche umgewandelt, um den Anmarsch der Mailänder zu erschweren. Als nun diese sich anschickten, hinaufzurücken, rollten die Eidgenossen (wie am Morgarten) Steine und Felsstücke hinunter, wodurch die Reiterei in furchtbare Verwirrung geriet. Dann stürzten sie mit Wucht unter wütendem Geschrei hinunter, und das Heer der Mailänder wurde leicht und rasch in die Flucht geschlagen ...» (Schlacht bei Giornico vom Nach diesem Kampf legten sich König Ludwig XI., der Papst und die Bischöfe von Sitten und Chur ins Mittel. Auch hier brachte die Eidgenossen ihre Uneinigkeit wieder um die Früchte des Sieges, doch behielten die Urner das Livinenthal.
Zu dieser Zeit tat sich in der Eidgenossenschaft zwischen den Ländern und den Städten eine tiefe Kluft auf. Am hatten Zürich, Bern und Luzern mit Solothurn und Freiburg ein Burgrecht abgeschlossen, das alle fünf Städte auf den Boden vollkommener Gleichberechtigung stellte. Die Länder zeigten sich zwar geneigt, Solothurn in den Bund der Eidgenossen aufzunehmen, wollten aber von der Zulassung Freiburgs nichts wissen, da ihnen diese die Mehrheit an der Tagsatzung entrissen hätte. Da sich dieser Zwist zu verewigen drohte, rief man auf den zu Stans eine Tagsatzung zusammen, an der eine Versöhnung der Gegensätze versucht werden sollte.
Aber auch da vermochten sich die Parteien nicht zu einigen, sodass man nach dreitägigen Verhandlungen wieder auseinandergehen wollte. «Man sah nichts anderes voraus als einen Bürgerkrieg, und der Gedanke an einen solchen erzeugte eine aussergewöhnliche Spannung der Gemüter.» Da riet der ehrwürdige Waldbruder Niklaus von der Flüe, den der Pfarrer von Stans in aller Eile um seine Hilfe angefleht, zum Frieden. Seinem weisen Rat gelang es, die aufgeregten Gemüter zu beruhigen und die Leidenschaften zu glätten. An Stelle des «Sonderbundes» der fünf Städte trat ein neuer Bundesvertrag, das sog. Stanser Verkommnis.
Die Redaktion dieser neuen Bundesurkunde schreibt man Hans Waldmann zu, der damals in der Eidgenossenschaft die erste Rolle spielte. Die Orte versprachen sich gegenseitig Beistand und Hilfeleistung gegen ungehorsame Untertanen, welcher Artikel sich gegen Vorkommnisse richtete, die wie z. B. der Zug vom «tollen Leben» 1477 die innere Ruhe und Ordnung gefährdeten. Pfaffenbrief und Sempacherbrief wurden neu bestätigt. Die Länder stimmten der Aufnahme von Freiburg und Solothurn in den Bund der Eidgenossen unter der Bedingung bei, «dass die neuen Orte nicht allein in Bünden, sondern auch in Kriegen den acht alten sich fügen ... Beide Parteien gaben ihre bisherige Starrköpfigkeit auf; beide reichten sich die Hand über dem Altar des Vaterlandes. Eine mächtige Gefahr war damit überstanden. Die Eidgenossenschaft, deren Auflösung man bereits prophezeit hatte, war wieder geeinigt.»
Der hervorragendste Mann der Schweiz war zu jener Zeit unstreitig der Bürgermeister Hans Waldmann von Zürich, der Sieger von Murten. Von einfacher Herkunft, hatte er sich zu den höchsten Ehrenstellen der Republik emporgeschwungen und auf manchem Schlachtfeld ruhmvoll ausgezeichnet. Er war ein hochgewachsener Mann von elegantem und einnehmendem Wesen, dabei aber heftig, ehrgeizig, von leichten Sitten und fremdem Gelde zugetan. Daneben verfügte
mehr
er über einen eisernen Willen und grosses staatsmännisches Talent. Am Herzen lag ihm in erster Linie die Grösse Zürichs, die er mächtig zu fördern verstand. Auf den Gipfel der Macht gelangt, untergrub er den Einfluss der alten Patriziergeschlechter und kannte im Gefühl seiner Machtfülle keine Schranken mehr. Hochfahrendes Wesen und unkluge Verordnungen entfremdeten ihm die Herzen seiner Mitbürger. Ergrimmt über ihn waren namentlich die Landleute, denen er durch lästige Reglementiererei zu nahe getreten. Am brach ein Aufstand gegen den stolzen Bürgermeister los, der seines Amtes entsetzt, gefoltert, zum Tode verurteilt und am durch das Schwert hingerichtet wurde.
Ueber diese Behandlung des Helden von Murten sagt Dändliker: «Die Bessergesinnten hatten das Gefühl, dass ein Justizmord begangen worden sei. Jedes freimütige Gerede jedoch, jedes Wort zu gunsten Waldmanns wurde nachher gewaltsam erstickt. Ein Bann lag auf der öffentlichen Meinung noch viele Jahrzehnte, ja fast drei Jahrhunderte hinaus. Freisinnige Darstellungen des „Waldmann-Handels“ wurden vernichtet. Durch förmlichen Beschluss der Räte wurden dann auch im Ratsbuche die Verhandlungen über Waldmanns Prozess zerstört ... Damit haben die Richter Waldmanns der Nachwelt selber offenbart, wie es um ihr Gewissen stand, und selbst das Urteil über ihre Handlungsweise und ihr Verfahren ausgesprochen.»
22. Schwabenkrieg. - Aufnahme von Basel und Schaffhausen (1501), sowie von Appenzell (1513) in den Bund.
Die Schweiz war staatsrechtlich immer noch ein Glied des deutschen Reiches, doch hatte diese abhängige Stellung jede tatsächlichen Bedeutung verloren. Die Eidgenossen waren sich ihres Wertes bewusst geworden und hatten sich in den Burgunderkriegen ihre faktische Unabhängigkeit erfochten.
Als Kaiser Maximilian seinem Vater auf den Tron folgte, wollte er, um tatkräftiger gegen die Türken und die Franzosen kämpfen zu können, seinem Reich einen festern innern Zusammenhalt geben. Zu diesem Zwecke setzte er im Jahr 1495 u. a. ein Reichskammergericht ein und stellte eine Reichssteuer fest. Auch die Schweiz wurde aufgefordert, der neuen Reichsordnung beizutreten. Die eidgenössischen Orte konnten sich aber diesen Verordnungen nicht fügen, wenn sie ihre in heissen Kämpfen errungene Unabhängigkeit nicht wieder preisgeben wollten.
Inzwischen hatte sich in Süddeutschland der sog. «schwäbische Bund» gebildet, der das österreichische Kaiserhaus gegen die immer mächtiger werdenden Wittelsbacher unterstützen sollte und dem auch einige Verbündete der Eidgenossen, wie z. B. Konstanz und Rottweil, beitraten. Dagegen siegten die eidgenössisch Gesinnten in Graubünden ob, wo Oesterreich die kleine Herrschaft Räzüns besass. Da brachen im Gebiete des Zehngerichtenbundes Streitigkeiten aus, die 1498 zu Waffentaten führten.
«Bald stand man sich auf der ganzen Linie vom Bodensee bis nach Maienfeld hinauf feindselig gegenüber.» In diesem Augenblick, Januar 1499, erliess der eben in Freiburg im Breisgau befindliche Kaiser eine sehr anmassende Botschaft, in der er die Haltung der Eidgenossen in den schärfsten Ausdrücken brandmarkte. Dieses Vorgehen, dem sich Oesterreichs Prahlereien würdig zur Seite stellten, warf die brennende Lunte ins Pulverfass und entfachte den Krieg. Dieser gestaltete sich ziemlich langwierig.
Eine Reihe von siegreichen eidgenössischen Waffentaten (bei Hard, am Schwaderloo, an der Calven, bei Dorneck etc.) brachte den Kaiser, dem es zu einem energischen Vorgehen an den nötigen Mitteln fehlte, derart in Not, dass er den ihm vom Herzog von Mailand angebotenen Vorschlag zur Vermittlung eines Friedens annahm. So kam am der Friede zu Basel zustande, der in der Geschichte der Schweiz von der grössten Bedeutung ist. Er stipulierte zwar noch nicht die politische Trennung der Schweiz vom Reiche, wie dies dann fast 150 Jahre später der Westfälische Frieden von 1648 ausdrücklich tat, brachte aber der Eidgenossenschaft ihre Unabhängigkeit von den Reichsordnungen und vom Reichskammergericht und entband sie zugleich der Verpflichtung zur Bezahlung der Reichssteuer. In dem Umstande, «dass nichts über die Stellung der Schweiz zum deutschen Reiche gesagt ward», lag «von Seite des Reiches eine stillschweigende Anerkennung des tatsächlichen Zustandes, d. h. des Unabhängigseins der Eidgenossenschaft von den Reichsordnungen. Als eine unanfechtbare Tatsache hat somit das Reich die Existenz der Schweiz als eines eigenartigen Gemeinwesens zugegeben.»
Der entscheidende Sieg von Dorneck brachte den Eidgenossen ähnliche Früchte ein, wie seinerzeit die Siege am Morgarten und bei Sempach. Seine unmittelbare Folge war der Eintritt Basels und Schaffhausens in den Schweizerbund. Jener erfolgte am 8. Juni und dieser am Zwölf Jahre später, am brachte die Aufnahme von Appenzell den Bund der Eidgenossen auf