Die VIII Orte 1351-1412
Lief. 222.
GEOGRAPHISCHES LEXIKON DER SCHWEIZ
Verlag von Gebrüder Attinger, Neuenburg.
^[Karte: 6° 0’ O; 47° 0’ N; 1:2300000]
♁Bistum
+ Kloster
♁Schloss
O Reichsstadt
o Stadt
.
░ Grafschaft Burgund
▒ Grafschaft Savoyen
▓ Herzogt. Mailand
▐ Herrschaft Chalons
.
▒ Untertanenländer
▓ Zugewandte Orte
░ Geistliche Gebiete
▒ Verschiedene Herrschaften
Attinger, sc.
DIE VIII ORTE 1351-1412 ^[Berichtigung.] ¶
Die XIII Orte 1422-1797
Lief. 222.
GEOGRAPHISCHES LEXIKON DER SCHWEIZ
Verlag von Gebrüder Attinger, Neuenburg.
^[Karte: 6° 0’ O; 47° 0’ N; 1:2300000]
░ Österreich
▒ Geistliche Gebiete
.
░ Die XIII alten Orte mit ihren Vogteien
▒ Untertanenländer oder gemeinsame Vogteien
▓ Zugewandte Orte
▐ Untertanenländer der zugewandten Orte
Attinger, sc.
DIE XIII ORTE 1422-1797 ¶
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Hilfe. Bei Buttisholz, Ins und Fraubrunnen wurden die «Gugler», wie man diese Scharen nach ihren Kugelhüten benannte, von den Unterwaldnern, Luzernern und Bernern geschlagen (1375) und darauf hinter den Jura zurückgetrieben. Die Haltung Oesterreichs und seiner Verbündeten, der Grafen von Kiburg, war bei diesem Anlass eine klägliche gewesen. Bern benutzte das Ansehen, das ihm sein Sieg gegeben, um die verschuldeten Grafen von Kiburg zur kaufweisen Abtretung der Städte Thun und Burgdorf zu veranlassen.
11. Sempacherkrieg und Schlacht bei Näfels (1386 und 1388). - Sempacherbrief.
Durch die Uebernahme der kiburgischen Güter hatte Bern die Kluft, die zwischen den Eidgenossen und Oesterreich gähnte, noch erweitert. Nach Rudolfs IV. Tod teilten sich dessen zwei Brüder in die Erbschaft: während das eigentliche Oesterreich an Albrecht III. kam, fielen die Herrschaften der Habsburger in der Schweiz, in Kärnten, Steiermark, Tirol und Elsass, im Breisgau und Sundgau an Leopold III. (den Besiegten von Sempach), den Vorfahren Karls V. Diesen jungen und waffenfreudigen Fürsten hatte Kaiser Wenzel von Böhmen zum Landvogt von Schwaben bestellt.
Die sich bedroht fühlenden schwäbischen Reichsstädte schlossen nun am in Konstanz einen Bund mit den Städten Zürich, Bern, Luzern, Solothurn und Zug, die durch österreichische Hausgüter räumlich voneinander getrennt waren. Oesterreich hatte in Rotenburg an der von Luzern nach dem Aargau führenden Strasse einen Zoll eingerichtet, der dem Handel von Luzern sehr lästig war. Die von Peter von Thorberg, dem Herzog Leopold das Entlebuch verpfändet hatte, unterdrückten Entlebucher erhoben sich mit Hilfe ihrer Nachbarn, der Leute von Obwalden. Als dann dieser Aufstand blutig unterdrückt wurde, wandten sich die Entlebucher um Hilfe an Luzern, welche Stadt sich beeilte, diese Leute unter ihren Schutz und Schirm zu nehmen.
Ueber das freche Gebahren der Besatzung von Rotenburg ergrimmt, brachen die Luzerner den Waffenstillstand mit Oesterreich und bemächtigten sich unvermutet des Schlosses Rotenburg (Weihnachten 1385), das sie zerstörten. Im folgenden Jahre nahmen sie ferner das Städtchen Sempach, «das durch die Herrschaft Oesterreich sich zurückgesetzt und durch die Vögte von Rotenburg sich beleidigt sah», in ihr Burgrecht auf. Um sich für diese Beleidigungen zu rächen, sammelte Herzog Leopold, der sich mit den schwäbischen Städten versöhnt und dadurch die Eidgenossen isoliert hatte, ein Heer von 5000-6000 Streitern, mit dem er am 8. Juli in Sursee einzog.
Das wellige Hügelland, in dem sich am die Schlacht entwickelte, war für die Reiter sehr ungünstig, so dass sie alsbald absassen. Die bloss etwa 1500 Mann starken Eidgenossen «bildeten eine schmale, aber tiefe Schlachtordnung, die Sturmkolonne („Keil“), wornach in den vorderen Reihen nur Wenige standen, je weiter hinten, desto mehr. Sie suchten sich in den Feind einzubohren. Dieser selbst stand in geschlossener, massiger Aufstellung mit breiterer Front, als die der Eidgenossen war, da.» Vorne standen die Luzerner.
Bevor sie sich auf den Feind warfen, riefen die Eidgenossen Gott und die h. Jungfrau um ihren Beistand an. Der darauf folgende erste Angriff gestaltete sich zu gunsten des Herzogs: die Schweizer vermochten die Schlachtordnung der Oesterreicher nicht zu durchbrechen und kamen in grosse Not. Der Pannerherr der Luzerner, Alt-Schultheiss Peter von Gundoldingen, fiel. Nun ordneten sich die Eidgenossen anders: sie lösten ihre Sturmkolonne auf. «Die hintern Glieder brachen seitwärts aus; der Angriff erfolgte längs der ganzen Front der Oesterreicher; die Einzelnen suchten nun rechts und links an verschiedenen Stellen zugleich in die Reihen des Feindes einzudringen. Doch auch dies war schwierig». Da entschied das kräftige Eingreifen der Leute aus den Waldstätten den Sieg: es entspann sich ein furchtbares Ringen Mann an Mann, dem Herzog Leopold selbst, einige hundert Edelleute aus dem Aargau, ¶
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Schwaben und Tirol, sowie mehr als 500 gemeine Krieger zum Opfer fielen.
Der grosse Erfolg bei Sempach, an dem Bern nicht teilgenommen hatte, ist lange Zeit einem Kriegsmann zugeschrieben worden, dessen heldenhaftes Verhalten im kritischen Moment das Schicksal der Schlacht entschieden habe. Nach der Ueberlieferung, der das Schweizervolk heute noch treu anhängt, hätte sich ein wackerer Unterwaldner, Arnold Winkelried, dem Feind entgegengeworfen, so viele gegen ihn gerichtete Spiesse der Oesterreicher, als er konnte, mit den Armen umschlungen und an sich gerissen, wodurch den Eidgenossen ein Weg in die Reihen des Feindes gebahnt worden sei.
Diese Darstellung gibt zuerst das alte Sempacherlied, das, wie man glaubt, aus der Mitte des 15. Jahrhunderts stammt. Doch erwähnen die ältesten Chroniken den Namen Winkelried nicht. Eine von Prof. Georg von Wyss entdeckte und 1862 herausgegebene alte Zürcher Chronik aus der Zeit um 1438 spricht von einem wackern Eidgenossen, der so viele Spiesse als möglich umfasst, dadurch aber nicht den Tod gefunden, sondern voll Freude die Flucht der Oesterreicher verkündet habe. Der Name Winkelried tritt in den Chroniken erst um die Mitte des 16. Jahrhunderts auf. Die heutige Form der Erzählung von Winkelrieds Heldentat leitet sich aus den Darstellungen von Tschudi (1564) und Bullinger (1572) her. Prof. Dändliker ist zu der Annahme geneigt, dass Winkelrieds Tat durchaus nicht bestimmt geleugnet werden kann.
Unmittelbare Folge der Niederlage der Oesterreicher war, dass die Eidgenossen alle Zugeständnisse, die sie im Brandenburger, Regensburger und Thorberger Frieden gemacht, für null und nichtig erklärten, sowie Zug und Glarus von neuem in ihren Bund aufnahmen. Glarus benutzte die Gelegenheit zugleich, um sich unabhängig zu erklären. Das österreichische Städtchen Weesen war 1388 von den Eidgenossen genommen worden, wünschte diese Herrschaft aber wieder abzuschütteln.
Deshalb öffneten etliche Verräter in der Nacht des die Tore den Oesterreichern, die nun die im Städtchen liegende eidgenössische Besatzung erbarmungslos niedermetzelten (Mordnacht von Weesen) und darauf ein 5000-6000 Mann starkes Heer sammelten, das am unter der Führung von Donat von Toggenburg und Peter von Thorberg aufbrach, um gegen Näfels und Glarus zu ziehen. Zur gleichen Zeit zog Hans von Werdenberg mit 1500 Mann über den Kerenzerberg, in der Absicht, sich in Mollis mit dem andern Heer zu vereinigen.
Vor Näfels, wo sich das Thal einengt, trafen die Oesterreicher auf die Letzi oder «gemauerte Landwehr», die die Glarner hier quer durch das Thal gezogen hatten. Hier stand die Vorhut der Glarner unter Matthias Ambühl, der beim Herannahen des Feindes sofort im ganzen Thal Sturm läuten liess. Vor dem überlegenen Feind musste sich Matthias Ambühl bald zurückziehen und die Letzi preisgeben. «Jetzt glaubten die Oesterreicher, gewonnenes Spiel zu haben. Sorglos liefen sie in die Häuser zu Näfels, Mollis, Netstal und noch weiter thalaufwärts bis Glarus, um zu rauben und zu plündern ... Ueber diesem Treiben lockerte sich die Disziplin des österreichischen Heeres, und es griff eine gänzliche Unordnung Platz. Mittlerweile aber sammelten sich auf Antrieb des Matthias Ambühl die Glarner wieder, die Unachtsamkeit des Feindes benutzend. Sie erspähten eine Stelle, wo sie sicher sein konnten, nicht umgangen zu werden, und von wo sie am bequemsten den Feind an der Seite angreifen konnten ... Bald wurden die Feinde gewahr, dass die Glarner sich wieder gesammelt hatten. Sie erkannten die grosse Gefahr, die von daher drohte. Auch sie sammelten sich nun und ordneten sich zum Angriff.» Da prasselte von der Schutthalde, an der die Glarner standen, ein Hagel von Steinen auf die anrückenden Reiter nieder, so dass die Pferde scheu wurden und in den Reihen des nachrückenden Fussvolkes Unordnung entstand.
«Im gleichen Moment drückten die Glarner von der Höhe herunter und trieben die Oesterreicher durchs Thal hinab. Ein Witterungsumschlag vermehrte den Schrecken der letztern. Nachdem der Tag schön und hell angebrochen war, folgten Nebel, Regen und Schnee und bald ein solches Dunkel, dass man einander bei geringer Entfernung kaum sah. In dieser unheimlichen Finsternis, eingeschlossen zugleich von himmelanstrebenden Felswänden, auf völlig unbekanntem Boden, mussten die Oesterreicher von bangen Gefühlen beschlichen werden. Ein hitziges, länger dauerndes Gefecht entspann sich, in das auch die Zuzüger aus dem obern Thal, die sich unter heissen Kämpfen ¶
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durchgeschlagen hatten, und ebenso auch die eben anrückenden Schwyzer eingriffen. Unaufhaltsam stürmten die Glarner vor und hieben mit ihren Hellebarden unbarmherzig drein. Sie jagten den Feind durch die Linth und die Letzi, dann durch das grosse Riet hinab ins Thal von Weesen». Die Abteilung des Grafen von Werdenberg floh, ohne in den Kampf einzugreifen, eiligst nach dem Walensee zurück. Damit war die Schlacht bei Näfels die den Oesterreichern 1700 Mann kostete, zu gunsten der Glarner entschieden, die seither deren Andenken jedes Jahr am ersten Donnerstag im April mit der sog. Näfelser Fahrt feierlich begehen.
Des Krieges müde schloss das nach diesem neuen Schlag erschöpfte Oesterreich mit Bern und den Eidgenossen am einen Frieden auf sieben Jahre, der diesen letztern alle ihre Eroberungen und Bünde sicherte. Dieser Friede wurde 1394 auf weitere 20 und 1412 auf 50 Jahre erneuert und dann 1474 in einen ewigen Frieden umgewandelt.
Die Siege von Sempach und Näfels haben der Eidgenossenschaft der acht alten Orte die Freiheit und Unabhängigkeit gegeben und ihre vollständige Emanzipation zur vollendeten Tatsache gemacht. Politisch bildeten die eidgenössischen Orte aber immer noch ein Glied des Reiches, von dem sie sich dann im Frieden von Basel (1499) de facto, sowie im Westfälischen Frieden von 1648 auch de jure loslösten.
Um ihren Bund zu festigen und sich auch für die Zukunft zu sichern, verschärften und vervollständigten die 8 «Orte» oder «Stände» im Sempacherbrief vom die Massregeln, die sie schon 23 Jahre früher im Pfaffenbrief getroffen hatten. Damit legten sie den Grund zu einer eidgenössischen Zivil- und Militärverfassung. Dieser neue Bundesvertrag ist oft auch mit dem Namen «Frauenbrief» belegt worden, weil er gewisse Bestimmungen enthielt, die sich auf die den Frauen schuldige Rücksicht bezogen.
«Er ist der erste, alle acht Orte zur Einheit verknüpfende, also allgemeine, umfassende Bund, und er behauptete diesen Vorzug für fast hundert Jahre. Er ist also von hervorragender nationaler Bedeutung.» Die Rücksicht auf religiöse Gefühle und geweihte Orte, sowie der ganze menschenfreundliche Geist, die sich in diesem Bundesbrief kundgeben, zeugen von den grossmütigen Gefühlen, die die Helden von Sempach und Näfels beseelten. Obwohl sie einfache Bauern von rauhen Sitten waren, erkannten die Eidgenossen doch, dass Roheit kein Zeichen von gesunder Kraft sei.
Indem sie Person und Eigentum schützten, dem Kriegsvolk das Plündern auf eigene Faust untersagten und jeden verpflichteten, alle Beute, die er gefunden, zur gemeinsamen Teilung abzuliefern, indem sie ferner die Misshandlung von Frauen und Töchtern, sowie das Einäschern und Ausplündern von Klöstern, Kirchen und Kapellen verboten, bemühten sie sich, den Ausschweifungen, denen das Kriegsleben so leicht Vorschub zu leisten geeignet ist, möglichst vorzubeugen.
12. Kultur des ausgehenden 14. Jahrhunderts.
Das 14. Jahrhundert bezeichnet für die Schweiz eine Zeit kräftiger Jugend und siegenden Heldenmutes. Weniger glänzend als das 15. Jahrhundert, erscheint es dafür sittenreiner. Wenn man den Text des Bundesbriefes von 1291 und denjenigen des Sempacherbriefes, die den Anfang und das Ende dieser ersten Periode der Schweizergeschichte bezeichnen, aufmerksam liest, fällt einem sofort die vornehme Gesinnung und das Gefühl der Pietät auf, die diese Urkunden beseelen. In der Zeit der Morgenröte ihrer Unabhängigkeit und ihres Ruhmes zeigen sich die Schweizer als grossmütige und gemässigte Sieger.
Alle wichtigern Gemeinden, aus denen sich heute das Gebiet der schweizerischen Eidgenossenschaft zusammensetzt, haben nach und nach Freibriefe und Handfesten sich erworben. Nach dem Ursprung dieser Freibriefe geordnet, lassen sich drei Reihen von schweizerischen Städten unterscheiden. In die erste Reihe gehören die freien Reichsstädte Zürich, Solothurn (Handfeste von 1280), St. Gallen (Handfeste von 1281) und Schaffhausen, sowie die freien Markgenossenschaften Uri und Schwyz. Eine zweite Reihe bilden die Bischofsstädte: Chur, dessen Bürger schon im 9. Jahrhundert sich gewisser Freiheiten erfreuten; Lausanne, dem der Propst Ardutius ums Jahr 1141 eine Art freiheitlicher Verfassung gegeben; Sitten (Statut von 1217), Basel (Freibrief von 1261) und Genf (Freibrief von 1332). Die am zahlreichsten vertretene dritte Reihe umfasst die Städte, Flecken und Landgemeinden, die sich von ihren Herren Vorrechte zu verschaffen wussten.
Dahin gehören u. a.: Villeneuve (1121), Burgdorf, Freiburg (1178), Murten, Bern (1191), Aubonne, Vevey, Moudon (1236), Thun (1261), Aarau, Sempach, Bremgarten, Nidau, Erlach, Aarberg, Payerne (1283), Grandson (1293), Romont, Yverdon (1328). Dank diesen Freibriefen und Handfesten, die zugleich die Fragen des Zivil- und des Strafrechtes regelten, nahm das Gemeindeleben überall seinen Aufschwung und machte sich überall der Trieb nach Unabhängigkeit geltend. In Stadt und Land zeigte sich ein Fortschritt im wirtschaftlichen Lehen, der sich namentlich in der sich festigenden Machtstellung der Zünfte offenbart. In Basel, Zürich, Bern, St. Gallen, Luzern, Freiburg etc. entstanden Tuch-, Leinwand- und Zwilchfabriken, wie auch Gerbereien in Zürich blühte Seidenindustrie und Seidenhandel auf; in Genf hielt die Goldschmiedekunst Einzug. Im Bauwesen sah sich das Holz allmählig durch den Stein verdrängt. Der Verkehr über die Alpen begann sich zu beleben; so erscheint der Weg nach Italien über den Simplon zum erstenmal in einer Urkunde vom Jahr 1235. Die von Nürnberg oder Frankfurt kommenden Händler nahmen ihren Weg über Basel, Solothurn und Neuenburg, um sich dann über Yverdon und Orbe nach Morges zu wenden, wo sie die von Italien kommenden und von Villeneuve auf dem Seeweg hergeführten Waren in Empfang nahmen.
Die Möglichkeit des Austausches und der Verwertung der Bodenerzeugnisse erlaubte die Gründung eines gewissen Wohlstandes. «An Stelle der alten „Naturalwirtschaft“ traten jetzt immer mehr Geldverkehr und Geldwirtschaft». Das Geld wurde ausgeliehen und begann, ein ausschlaggebender Wertfaktor zu werden. Kapitalwirtschaft, Kredit- und Bankwesen entwickelten sich zu mächtigen Hilfsmitteln des kulturellen Fortschrittes. Doch erfreute sich der Geldverkehr zu dieser Zeit noch nicht des Ansehens, dessen er heute geniesst.
«Die christliche Kirche und die christlichen Obrigkeiten verpönten aus Vorurteil das Zinsnehmen oder den „Wucher“, wie man diese Sitte auch in ihrer sittlich unanfechtbaren Form nannte. Und so kamen denn Geldverkehr und Geldgeschäft in die Hände der damals verachtetsten Menschen, der Juden.» Diese liessen sich als Geldwechsler und Bankiers in allen bedeutenden Städten der Schweiz wie des Auslandes nieder. Aus Frankreich vertrieben, dann aber von den Grafen von Savoyen beschützt, kamen sie um die zweite Hälfte des 12. Jahrhunderts nach Genf, um 1230 nach Bern und um die Mitte oder das Ende des 13. Jahrhunderts nach Basel und Zürich. Ihnen verdankt man die so nützliche Einrichtung des Wechsels. Im 14. Jahrhundert liessen sich bei uns als Geldwucherer auch nichtjüdische Lombarden und Franzosen (aus der Gegend von Cahors, «Kawertschen» genannt), sowie später Florentiner und Genuesen nieder.
Ganz folgerichtig führte der steigende Wohlstand der bürgerlichen Klassen auch zu einer Verbesserung der Lage des Handwerkers, dem er einen regelmässigen Verdienst sicherte. Der Aufschwung, den im 13. Jahrhundert die Zulassung von Vertretern der Zünfte in die Räte der Stadt Basel herbeigeführt, vollzog sich im 14. Jahrhundert auch in Zürich und im 15. Jahrhundert in Schaffhausen, welche Stadt sich im Jahr 1411 eine Verfassung nach dem Muster derjenigen von Zürich gab. Die Zahl der Zünfte wechselte. Basel hatte deren 15, Zürich 13, Schaffhausen 6. An ihrer Spitze standen die Zunftmeister. Die gleichen Einrichtungen finden wir auch in St. Gallen, Genf und Lausanne, wo sich die Zünfte in der Gestalt von Bruderschaften oder «Confréries» organisierten, deren jede unter dem Schutz eines Heiligen stand und von einem Prior präsidiert wurde.
Die in Zürich, Basel, St. Gallen und Schaffhausen bis zu Beginn des 19. Jahrhunderts an der Spitze des Gemeinwesens stehenden Magistraten führten, wie in Deutschland, den Titel «Bürgermeister», während der Bürgerschaft von Luzern, Bern, Solothurn und Freiburg je ein «Schultheiss» vorstand und der Chef der Regierung in den Kantonen Uri, Schwyz, Unterwalden, Zug, Glarus ¶
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und Appenzell als «Landammann» bezeichnet wurde. Diese Benennungen sind charakteristisch und deuten auf die verschiedene Gestalt der Verfassung und voneinander abweichenden Tendenzen hin. Die Urkantone, sowie Zug, Glarus und Appenzell haben sich aus der Vereinigung von einigen Landgemeinden herausgebildet, an deren Spitze je ein Ammann stand und deren Gesamtheit sich in der Person des «Landammannes» seinen obersten Magistraten gab. In diesen rein demokratischen Staatswesen lag (und liegt, mit Ausnahme von Schwyz und Zug, heute noch) die legislative Gewalt in den Händen der Landsgemeinden, an denen sämtliche Aktivbürger sich beteiligen müssen.
Bern und Luzern, die ursprünglich von einem Schultheissen als Vertreter des Reiches bezw. des Klosters Murbach regiert worden waren, behielten diesen Titel für den Vorsitzenden ihrer Räte bei. Das gleiche gilt für Freiburg und Solothurn, wo sich die aristokratischen Ueberlieferungen erhalten hatten. In Basel, Zürich und Schaffhausen dagegen war eine repräsentative Demokratie ans Ruder gekommen, die die oberste Gewalt in die Hände von, allen bürgerlichen Klassen entnommenen Vertretern der Zünfte gelegt hatten, weshalb der Vorsteher des Gemeinwesens den Titel «Bürgermeister» erhielt.
Diese Verschiedenheit in der Regierungsform sollte in der Folge einen grossen Einfluss auf die Politik der drei Gruppen von «Orten» oder Kantonen ausüben und entsprach auch einer verschiedenen Sinnes- und Lebensweise. In drei Kantonen widmete sich die Bevölkerung hauptsächlich dem Handel und der Industrie, in vier Kantonen der Landwirtschaft und in sechs Kantonen endlich der Alpwirtschaft mit Viehzucht. Der Titel «Syndikus», der einst in Genf üblich gewesen und in den Kantonen Waadt, Freiburg und Tessin als Bezeichnung des Gemeindepräsidenten heute noch zu Recht besteht, scheint italienischen Ursprungs zu sein. An der Spitze der Stadt Lausanne standen zuerst zwei Gouverneure oder Priore, die 1529 durch einen Bürgermeister und 1803 durch einen Syndikus ersetzt worden sind.
Die verschiedenen Stände der städtischen Bevölkerung waren im 14. Jahrhundert von sehr verschiedenartiger Lebensweise. Sie besuchten eigene Trinkstuben und wohnten in besonderen Quartieren. An diese Zeiten erinnern noch heute die Herrengasse, Junkerngasse etc. in Bern, die Schmidgasse in Basel, die Schmidgasse, Badergasse, Schoffelgasse etc. in Zürich, die Mercerie in Lausanne, die Pelisserie und Rôtisserie in Genf, die Rue des Chaudronniers in Neuenburg und verschiedene Judengassen in diesen und andern Städten.
Mit den Sitten und Gebräuchen wandelte sich auch die Kleidung. Es kam der Luxus auf, der wieder strengen Verboten rief. So untersagte ein solches «Kleider-Mandat» z. B. in Zürich 1370 den Frauen das Tragen von «Borden und Säumen, von Seide, Gold, Silber, Perlen und Edelstein. Den Männern wurden verschiedenfarbige Hosen verboten, nur eine Farbe erlaubt; ihr Rock sollte bis zu den Knien reichen und die Zipfel der Gugelhaube nicht länger sein als der Rock.» Für Uebertretungen waren empfindliche Bussen angesetzt.
«Nach einer Verfügung von Zürich gebot 1374 der Stadtrat wieder, dass der Bräutigam an seine Hochzeit nicht mehr als zehn Manns- und ebensoviele Frauenspersonen einlade und die Braut ebenfalls. Auch sollte man sich nicht mehr als einmal zur Tafel begeben und nicht mehr als zwei Sänger, zwei Geiger und zwei Pfeifer auftreten lassen. Bern gebot 1370, dass bei Totenmählern nicht mehr als fünfzehn Personen ins Haus geladen werden sollten.» Während der Ritterstand dem finanziellen Ruin entgegen ging, bereicherte sich der Bürgerstand. Es bildete sich ein neuer Adel, das städtische Patriziat. Schreckliche Verheerungen richtete 1348-1351 die Pest an.
Das religiöse Leben war zwar immer noch intensiv, doch hatte eine arge Zuchtlosigkeit eingerissen, namentlich unter den Geistlichen selbst. Besonders in Frankreich und Deutschland waren die hohen geistlichen Würden gleichsam zum Erbstück des Adels und zu einer Art von Versorgungsanstalt für die jüngern Söhne adeliger Geschlechter geworden, die man vielfach ohne irgend welchen Wunsch oder Ruf ihrerseits in die Klöster steckte. Die Folgen eines solchen Vorgehens liessen nicht auf sich warten.
Von allen Seiten her regte sich die Unzufriedenheit des beleidigten Volksgewissens, das dringend nach einer durchgreifenden Reform verlangte, welche Bestrebungen auch im Vatikan lebhafte Unterstützung fanden. Die Zeiten waren aber für einen Umschwung auf religiösem Gebiet nicht günstig. Die Verlegung des päpstlichen Sitzes nach Avignon (1307-1377) und die grosse Spaltung, die sich daraus im Abendland ergab, warfen in der Christenheit mächtige Wellen und verhinderten die so nötige Erneuerung der Kirche und des kirchlichen Lebens. Man darf sagen, dass diese Erneuerung, wenn sie damals vom Haupte der Kirche selbst vollzogen worden wäre, ohne Aufregung und ohne kirchliche Revolution sicherlich alle die eingeschlichenen Missbräuche beseitigt haben würde.
Das 14. Jahrhundert ist das goldene Zeitalter der Mystik, die namentlich in Deutschland einen günstigen Boden fand. Zahlreiche Personen betonten damals die Notwendigkeit individueller Beziehungen der Seele zu Gott, ohne sich deswegen der bestehenden kirchlichen Gemeinschaft zu entziehen. Sie arbeiteten so nicht nur an ihrer eigenen Vervollkommnung, sondern auch an der religiösen Hebung ihrer Mitmenschen. Zu nennen sind von solchen Mystikern namentlich Thomas a Kempis, der Verfasser der Imitatio Christi und zugleich der liebenswerteste und anziehendste der deutschen Mystiker, sowie der Predigermönch Heinrich Suso (1295-1366) in Konstanz.
«Ernste, beschauliche Naturen, abgestossen von dem üppigen Treiben der Welt, ergriffen von Schmerz über die sittliche Verderbnis, erfasst von Hunger und Durst nach dem Himmlischen, zum Teil auch beleidigt durch die Aeusserlichkeiten des mittelalterlichen Kultus und die Entartung der Kirche, zogen sich einzeln oder in Gesellschaften in die Stille zurück, pflegten einen rein innerlichen Gottesdienst des Herzens. Der weltlichen Minne entsagend, ergaben sie sich mit der ganzen Innigkeit eines liebebedürftigen Herzens der göttlichen Minne. Sie suchten einen unmittelbaren, nicht durch die Kirche vermittelten Zugang zu Gott, erhoben sich zu einem Schauen und Erleben des Göttlichen. Mit Rücksicht auf jene neutestamentliche Stelle, wo Christus zu den Aposteln sagt: „Ich nenne euch nicht mehr Knechte, sondern Freunde!“, wurden sie „Gottesfreunde“ geheissen.» Anders die Sekte der sog. «Brüder des freien Geistes», welche «die Sakramente und die Lehre von den guten Werken verwarfen und Feinde der höhern Geistlichkeit und des Papstes waren». Gegen diese «Ketzer» wurden strenge Massregeln ergriffen, besonders in Bern und Freiburg. 1380 erhielt der Franziskaner Borell vom Papst den Auftrag, diese «Ketzer» aufzusuchen, welchen er so gründlich ausführte, dass er mehrere hundert Personen verbrennen liess.
Mit Bezug auf Literatur und Wissenschaft kann das 14. Jahrhundert als eine Zeit des Ueberganges bezeichnet werden. Während die Literatur früher ausschliesslich von der Klostergeistlichkeit und nachher auch noch vom Ritterstand gepflegt worden war, tritt mit der Blüte des Bürgertums nun auch in ihr ein anderer, bürgerlicher Geist auf. Es erscheinen sowohl lateinisch als auch in schweizerdeutscher Mundart verfasste Chroniken und Volkslieder, die die Kriegstaten der Eidgenossen verherrlichen.
Der bekannteste der Chronisten jener Zeit war der Franziskaner oder Minorit Johannes von Winterthur, der um 1300 geboren war und auf Seite Oesterreichs stand. Er hat uns die beste und genaueste Beschreibung des in seine Jugendzeit fallenden Morgartenkrieges überliefert. Der zürcherische Ritter Eberhard Müllner verfasste eine Erzählung der Brun'schen Revolution und Verfassungsänderung. Die Volkslieder (Guglerlied, Sempacher- und Näfelserlied etc.) jener Zeit hatten als Verfasser meist Kriegsmänner, die sich darin gefielen, ihre eigenen Taten zu verherrlichen.
Sofort nach einem errungenen Sieg verfasst, wurden diese Lieder später oft noch durch die Beifügung neuer Strophen vervollständigt. Der älteste bekannte dieser Sänger ist der Luzerner Halbsuter. Das humoristische Genre vertrat der Benediktinermönch Konrad von Ammenhausen, dessen um 1330 verfasstes «Schachzabelbuch» eine «in Rhythmen und Reime gebrachte Beschreibung und allegorische Deutung des Schachspiels» ist, die «den Adel vor Ueppigkeit, die Landvögte vor Uebermut» warnt und über die Uebergriffe der ¶
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Handwerker und die Unterdrückung der Geistlichkeit klagt. «Ungefähr gleichzeitig schrieb in Bern der gelehrte Predigermönch Ulrich Boner sein grosses Fabelwerk „der Edelstein“. In dieser Sammlung von Fabeln, die er wegen ihres moralischen, für die Lebensweisheit höchst wertvollen Gehaltes so benannte, berührt auch er durchweg die Zeitverhältnisse.» Im Welschland treffen wir den Minnesänger Otto von Grandson, von dem wir bereits eine Stilprobe mitgeteilt haben.
Indessen übte damals das Waffenhandwerk einen grössern Reiz auf die Eidgenossen aus als die Künste des Friedens. So zeichneten sie sich denn auch vor allein durch ihre Kriegskunst aus. Da für die einfachen Bürger der Dienst zu Pferd zu kostspielig gewesen wäre, brachten sie den Dienst zu Fuss zu neuen Ehren. Sie pflegten gleich den alten Griechen eine geschlossene und tiefe Schlachtordnung zu bilden, die von Spiessen und Hellebarden starrte. Das Terrain nutzten sie geschickt aus und verstanden es, durch einen sorgfältigen Sicherheitsdienst sich den Sieg zu erringen. Die ersten Freiheitsschlachten der Eidgenossen fallen in die Zeit des Aufkommens des Schiesspulvers, doch brach sich diese neue Erfindung zunächst nur langsam Bahn. Die ältesten Kanonen oder «Donnerbüchsen», wie man damals sagte, hatte Basel im Jahr 1371. Geschütz kam, soviel uns bekannt, zum erstenmal 1383 durch die Berner bei der Belagerung von Burgdorf wirklich zur Verwendung.
13. Befreiung der Stadt St. Gallen und des Landes Appenzell; Kampf bei Speicher und am Stoss.
Dank der Rührigkeit ihrer Bewohner blühte die Stadt St. Gallen in Handel und Industrie auf und löste sie sich unmerklich von den Banden los, die sie an den Fürstabt des Klosters knüpften. König Rudolf schon hatte ihre Selbständigkeit dadurch anerkannt, dass er ihr im Jahr 1281 Titel und Rechte einer freien Reichsstadt verlieh. So gab sich denn St. Gallen auch einen eigenen Rat, sowie seit 1344 einen an dessen Spitze stehenden Bürgermeister. Als die Bodenseestädte im Jahr 1377 einen Bund zur gemeinsamen Abwehr der Uebergriffe des Adels schlossen, gesellte sich ihnen auch St. Gallen zu. Diesem Beispiel folgten die Appenzeller, St. Gallens Nachbarn.
Ohne auf die Rechte des Abtes von St. Gallen Rücksicht zu nehmen, betrachteten sie sich als freie Leute und gaben sich 1377 eine Landsgemeinde, sowie einen aus 13 Mitgliedern bestehenden Rat. Dies ereignete sich unter der strengen Herrschaft des Abtes Georg von Wildenstein. Sein Nachfolger war Kuno von Stoffeln, der den Geist der Unbotmässigkeit, der bei seinen Untertanen eingerissen, mit Gewalt zu unterdrücken versuchte. Doch bewirkten die Hartherzigkeit seiner Vögte, die Prunksucht seines Hofhaltes und seine geheime Verbindung mit Oesterreich gerade das Gegenteil von dem, was er zu erreichen beabsichtigte.
Von den Erfolgen der Eidgenossen bei Sempach und Näfels begeistert, beschlossen die Appenzeller, sich enger an die Bürgerschaft der Stadt St. Gallen anzuschliessen und nach dem Schutz der Schweizer Bünde zu trachten. Die gerade im Frieden mit Oesterreich lebenden Eidgenossen lehnten aber einen Bund mit den zum Aufstand gerüsteten Appenzellern ab, die einzig von Schwyz 1403 ins Landrecht aufgenommen wurden. Durch diesen Schritt aufgebracht, rüstete der Abt, der sich der Hilfe der schwäbischen und österreichischen Städte versichert hatte, ein Heer von 5000 Mann, das von St. Gallen aus gegen das Land Appenzell hinaufzog. So kamen sie zur «Vögelinseck», einer Anhöhe vor dem Dorfe Speicher.
«Es war ein schmaler und tief eingeschnittener Hohlweg, durch den sie sich hinaufzuwinden hatten; in diesem Einschnitt konnten sie nicht weit sehen, denn die Borde des Weges waren so hoch, dass selbst die Reiter mit dem Kopfe nicht über dieselben hinausragten. Der Zug war derart geordnet, dass Zimmerleute und Werkleute mit Schützen vorangingen, dann die Reiterei und Fusstruppen folgten. Mit grosser Leichtfertigkeit und ziemlich ordnungslos zogen sie dahin.» An der Letzi angekommen, machten sie Halt und wurden so von den hinter der Verschanzung aufgestellten Appenzellern überrascht, die kraftvoll hervorbrachen und die Reiterei durch Steinwürfe in Unordnung brachten.
«Die Reiter wurden zurückgeworfen und suchten weiter unten Stellung zu nehmen; allein dadurch geriet das Fussvolk in Verwirrung; die schimpflichste Flucht begann. Unterbeständigen Angriffen, mit wuchtigen Schlägen und Hieben, jagten die Appenzeller und die Eidgenossen sie alle den Berg hinunter bis vor die Tore von St. Gallen und schlugen viele tot.» Während des auf diesen Sieg noch folgenden Kleinkrieges legten sich nun die Eidgenossen ins Mittel.
Sie veranlassten einerseits den Stand Schwyz, von seinem Bündnis mit Appenzell zurückzutreten, andrerseits aber auch die Reichsstädte und St. Gallen, mit den Appenzellern ihren Frieden zu machen. Der Abt dagegen, der auf die Hilfe Oesterreichs zählte, wies jeden Vergleich zurück, sodass der Kampf umso heftiger von neuem entbrannte. Nun schlug sich ein Ritter aus der Nachbarschaft, Graf Rudolf von Werdenberg-Heiligenberg, den Oesterreich um sein ganzes Gut gebracht, auf die Seite der Appenzeller, denen er seine Mithilfe versprach, unter der Bedingung freilich, «dass sie ihm zur Besitznahme seiner verlorenen Herrschaften wieder verhelfen und ihn an Oesterreich rächen. Die Appenzeller gingen den Vertrag ein (Oktober 1404).» Zugleich wurde auch die Freundschaft mit der Stadt St. Gallen wieder erneuert.
Nun zog zum zweitenmal eine feindliche Armee gegen das aufrührerische Bergvölklein. Das Heer teilte sich in zwei Haufen. Während der eine unter der persönlichen Führung des Herzogs Friedrich von Oesterreich die Umgebung von St. Gallen verwüstete, zog der andere am von Altstätten aus, um über den Stoss ins Appenzellerland vorzudringen. «Der Tag war trüb und kühl; es hatte stark geregnet, sodass Pfade und Abhänge schlüpfrig geworden waren.» Die Appenzeller erwarteten den Feind hinter der Letzi an der Grenzmark ihres Landes, unterhalb der Höhe des Stoss.
Sie liessen einen Teil der Oesterreicher sich einen Durchgang durch die Letzi hauen und der Höhe zu weiter ziehen. Dann aber brachen sie los. «Schnurstracks rückten die Appenzeller heran mit wildem Geschrei, Steine und Holzblöcke vor sich her auf den Feind werfend. Verwirrung trat bei diesem ein. Der Abhang war glatt und schlüpfrig; die Oesterreicher vermochten nicht zu stehen, während die Appenzeller barfuss, mit wunderbarer Sicherheit leicht und frei auf den bekannten Alpenhalden sich vorwärts bewegten.» Nach einigen Stunden hartnäckigen Kampfes war der Feind geworfen, der sich nun in wilder Flucht bergabwärts Altstätten zuwandte.
Die Appenzeller hatten «den glänzendsten Sieg erfochten», der ihnen die Achtung ihrer nähern und weitern Nachbarn sicherte. Auf der Tagsatzung von Zug schlossen die sieben eidgenössischen Orte (Bern hielt sich zurück) mit Appenzell ein Burg- und Landrecht Als die Eidgenossen im folgenden Jahre mit Oesterreich einen fünzigjährigen Frieden schlossen, wurde auch Appenzell in diesen miteingeschlossen und konnte sich von da an als frei und unabhängig betrachten. Die Stadt St. Gallen ward von den Eidgenossen im Jahr 1412 in ein zehnjähriges Burgrecht aufgenommen, das dann 1455 in ein ewiges Bündnis umgewandelt wurde. ¶