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den Blättern in 1:50000 eine solche von 30 m haben. Letztere Blätter sind lithographiert und erstere in Kupferstich, mit Ausnahme allerdings des Blattes Säntis, das der vielen zu zeichnenden Felspartien wegen auf Stein gestochen worden ist. Der Beschluss der Räte sah zweierlei Arbeiten vor: In erster Linie handelte es sich um eine Neuaufnahme aller derjenigen Gegenden, deren Messtischblätter in Schraffenmanier gehalten waren, d. h. der Kantone Neuenburg, Solothurn, Thurgau, Aargau und Appenzell, sowie des Berner Jura, und dann musste jedes Blatt vor der Veröffentlichung noch einer sorgfältigen Revision unterzogen werden.
Die Aufgabe Siegfried's war somit keine leichte, da erstens die von Dufour benutzten Arbeiten von sehr verschiedenem Wert und zweitens die von der Eidgenossenschaft direkt ausgeführten Aufnahmen mit Hinsicht auf die Veröffentlichung im Massstab von 1:100000 gemacht worden waren, somit die Kurven nur als Grundlage für eine rationelle Zeichnung der Schraffen zu dienen hatten. Um schneller vorwärts zu kommen und sein beschränktes Budget nicht zu stark zu belasten, hatte Dufour seinen Ingenieuren empfohlen, nicht allzulange bei den Einzelheiten zu verweilen, indem er von ihnen eher eine intelligente und künstlerische Auffassung der Bodenformen als eine rigorose Genauigkeit verlangte. Die ersten Blätter des Siegfried-Atlasses erschienen 1870, und heute (1905) ist das ganze Werk nahezu vollendet. Siegfried starb 1879 und hat somit die Vollendung des von ihm geleiteten Werkes nicht mehr erlebt.
Neben der Publikation der Atlasblätter in 1:25000 und 1:50000 hat sich aber das Eidgenössische topographische Bureau auch noch mit der Herstellung von weiteren Kartenwerken befasst. Diese sind:
Die 4blätterige Generalkarte der Schweiz in 1:250000 ist eine einfarbige Reduktion der Dufourkarte in Schraffenmanier. Die Veröffentlichung wurde schon 1853 beschlossen, doch erschien das erste Blatt erst 1873. Man hatte mit dem Stahlstich begonnen, doch kehrte man verschiedener Schwierigkeiten wegen wieder zum Stich auf Kupfer zurück, welch' letzteres nun vor dem Druck durch galvanoplastische Verstahlung widerstandsfähiger gemacht werden konnte.
1878 erschien die Uebersichtskarte der Schweiz mit ihren Grenzgebieten in 1:1000000, ein Blatt in Lithographie, 6 Farben und mit Schraffen.
Die Fortschritte der graphischen Künste haben der Verbreitung der Karten in den weitesten Schichten des Volkes mächtigen Vorschub geleistet. Durch das Verfahren des Ueberdruckes, das den grossen Vorteil hat, die Originalkupfer- und steinplatten zu schonen, erhält man billige Kartenabzüge in jedem beliebigen Format: Exkursions-, Manöver-, Forst-, Eisenbahnkarten etc.
In Wiederaufnahme und Weiterführung des auf der Luzerner Karte (1861) zur Anwendung gekommenen Versuches hat man bemalte Karten hergestellt, auf denen das Bodenrelief mit Anwendung des Prinzipes der schiefen Beleuchtung und unter Belassung der Höhenkurven als grundlegenden Netzes durch getuschte Farbentöne zum Ausdruck gebracht worden ist. In dieser Richtung wurden von offizieller und privater Seite unter Zuhilfenahme der verschiedenen Verfahren der Chromolithographie zahlreiche mehr oder weniger gelungene Versuche in Ein- oder Mehrfarbendruck gemacht. In einigen dieser Karten, wie z. B. der ersten Auflage der Carte du Mont Blanc von Xaver Imfeld, blieben die Höhenkurven aus diesen oder jenen Gründen unberücksichtigt, während sie andere (gewisse Exkursionskarten des Schweizer Alpenklub, Albulagebiet, Ober Engadin etc.) beibehalten haben und noch andere, wie die Karten von Simon, blos einen ganz leichten Farbenton geben, der gerade zur schärfern Hervorhebung der Bergkämme genügt.
Das vollkommenste Beispiel dieser sog. Reliefkarten ist die in ihrer plastischen Wirkung prachtvolle Schulwandkarte der Schweiz in 1:200000. Die Karten dieser Art haben aber als Nachteil, dass sie nicht in allen ihren Teilen vollständig klar sind und dass der Reisende, der sie an Ort und Stelle benutzen will, Mühe hat, sich in den mit Schattentönen beladenen Abschnitten zu orientieren. Dazu kommen sie wegen der Anzahl der Steine, die der Farbendruck verlangt, ziemlich teuer zu stehen. So hat man z. B. für die 4blätterige Schulwandkarte nicht weniger als 56 Steine verwenden müssen.
Mit der Vollendung des Siegfried-Atlasses tritt die Eidgenössische Landestopographie in eine neue Phase ihrer Tätigkeit ein. Sofern die Schweiz das Werk Dufour's und Siegfried's würdig weiterführen und ihren ersten Rang im Gebiete der Kartographie auch weiterhin behaupten will, ist es zunächst vor allem notwendig, die bereits vorhandenen Karten fortwährend auf dem Laufenden zu halten, und dann handelt es sich darum, die Messtischblätter immer sorgfältiger und schärfer zu revidieren, und auch soweit in alle Einzelheiten einzugehen, als es der Massstab irgendwie noch gestattet.
Auch die Verjüngung der Karten in 1:100000 und 1:250000 ist eine der Aufgaben der Zukunft. Der fortgesetzte Abzug von Karten hat zur Folge, dass die Kupferplatten trotz aller getroffenen Vorsichtsmassregeln allmählig erdrückt werden und dadurch das abgezogene Kartenbild immer matter und flauer wird. Um dem Bild seine ursprüngliche Kraft wieder zu verleihen, müsste man die ganze Zeichnung auf den Platten mit dem Grabstichel neu vertiefen, welche Arbeit aber ebenso langwierig und noch schwieriger wäre als ein völliger Neustich. Es ist daher vorteilhafter, eine ganz neue Arbeit zu liefern.
Zur Zeit (1905) werden Versuche gemacht, die dahin abzielen, der Schweiz Karten in 1:100000 und 1:250000 zu geben, die noch klarer und lesbarer sind als die Dufourkarte und die Generalkarte. Diese Karten sollen mehrfarbig werden und zwar schwarz für die Situation, die Felspartien und die Schrift, blau für die Gewässer, grün für den Wald und braun für das Terrain. Dabei wird sich der Verkaufspreis dank den verbesserten und schnellen Reproduktions- und Druckverfahren der Jetztzeit kaum höher stellen als für die schon vorhandenen Karten.
Neben der offiziellen Kartographie unseres Landes hat es sich auch die Privatindustrie von jeher angelegen sein lassen, ihren Teil zu dem guten Ruf beizutragen, dessen sich die schweizerische Kartographie mit Recht erfreut. Es ist daher nur billig, wenn wir an dieser Stelle auch der privaten Kartographen mit einigen Worten gedenken. Zu nennen sind in dieser Hinsicht vor allen: Heinrich Keller und sein Sohn in Zürich, die hauptsächlich durch ihre Panoramen und ihre Schulkarten bekannt geworden sind;
ferner Joh. Melchior Ziegler in Winterthur und seine Nachfolger, zunächst Wurster, Randegger und Cie, dann J. Schlumpf.
Bei Ziegler bildete sich der Lithograph R. Leuzinger (1826-1896) von Glarus aus, der die Blätter in 1:50000 des Siegfried-Atlas meisterhaft gestochen und als letzte Arbeit den Stich der Felspartien in Xav. Imfeld's Carte du Mont Blanc (1:50000) geliefert hat. Ferner seien erwähnt die Firmen Kümmerly und Cie in Bern, die den Farbendruck der Schulwandkarte in 1:200000 besorgte, Hofer und Burger in Zürich als Verleger von Reproduktionen alter Karten (z. B. derjenigen von Gyger), Maurice Borel und Cie in Neuenburg u. a.
Zum Schluss mögen noch einige im Ausland hergestellte Karten namhaft gemacht werden, die sich auf unsere offiziellen Kartenwerke stützen und durch ihre schöne Ausführung auszeichnen. Solche sind die prachtvolle «Map of Switzerland» des Alpine Club, 4 Blätter von C. Nichols (London 1871);
die von C. E. Collin mit unerreichter Feinheit gestochene Karte der Schweiz im Atlas Universel von Vivien de Saint Martin;
die Gesamtkarten unseres Landes in den deutschen Atlanten von Stieler und Kiepert;
endlich die beiden orographischen Karten der Schweizer Alpen in 1:250000 von H. Ravenstein (Frankfurt a. M. 1897).
Unser Ueberblick über die Geschichte der schweizerischen Kartographie wäre nicht vollständig, wenn wir nicht auch noch den Panoramen, den Reliefs und den Seenlotungen einige Worte widmen würden.
Die Panoramen
waren von grosser Bedeutung zu jenen Zeiten, als man noch keine genauen Karten besass. Heute sind sie, verglichen mit den Karten, blos noch von sekundärem Wert, wenn sie auch dem auf einem Aussichtspunkt stehenden Touristen immer als nützliches und angenehmes Orientierungsmittel dienen werden. Alle leicht zugänglichen und bekannten Aussichtsberge, sowie auch alle Fremdenstationen mit interessanter und ausgedehnter Fernsicht haben heute ihre eigenen ¶
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Panoramen. Sogar der Mont Blanc nennt ein solches sein eigen, das mit liebevollem Eingehen in alle Einzelheiten vom Ingenieur-Topographen X. Imfeld anlässlich der Sondierungsarbeiten zum Bau eines Observatoriums auf dem Berggipfel gezeichnet worden ist.
Das Relief
ist die denkbar vollkommenste Art der Darstellung der Terrainverhältnisse und stellt eine möglichst genaue Nachbildung eines Teiles der Erdoberfläche dar. Da es aber nicht handlich und nicht, wie die Karte, überall leicht mitzunehmen und zu befragen ist, hat es notwendigerweise blos einen didaktischen und beschränkten Wert, der mit den bedeutenden Erstellungskosten nicht recht in Einklang zu bringen ist. Die ältern Reliefs beruhten (wie die Karten) auf keinerlei mathematischer Grundlage und zeigten neben den Irrtümern in der Lage der Orte noch eine ganz unhaltbare und falsche Uebertreibung der Berghohen. Während das früher schon genannte Relief von J. R. Meyer als Grundlage zur Herstellung der Meyerschen Schweizerkarte diente, geht man heute auf umgekehrtem Wege vor, indem man die Reliefs nach den Karten erstellt.
Man unterscheidet zweierlei Arten von Reliefs: 1. die sog. Stufenreliefs, die man derart herstellt, dass die Kartenblätter (besonders diejenigen in 1:25000) auf Karton, dessen Dicke der Aequidistanz entspricht, aufgeklebt, dann längs den Höhenkurven ausgeschnitten und endlich durch Aufeinanderfügen der einzelnen Fragmente wieder zusammengesetzt werden;
2. die aus einer plastischen Masse geformten und in Gipsabguss vervielfältigten Reliefs, die weit vollkommener sind und in allen möglichen Massstäben, von 1:500000 (Relief der Schweiz von F. Brüngger) bis 1:2500 und noch grösser, hergestellt werden. Je grösser der Massstab, desto eindrucksvoller die Wirkung. In dieser Richtung sind bei uns sehr bemerkenswerte Arbeiten ausgeführt worden. So hat sich Xaver Imfeld durch sein Relief der Zentralschweiz in 1:25000, durch seine reizvolle und bis in alle Einzelheiten scharfe Darstellung des Matterhorns in 1:5000 und namentlich durch sein in riesigen Dimensionen sich haltendes Relief der Jungfrau in 1:2500, das nicht weniger als 1,60 m hoch ist und den Bergstock in allen seinen Einzelheiten wiedergibt, ausgezeichnet.
Prof. Fridolin Becker verdanken wir, neben zahlreichen anderen kartographischen Arbeiten, ein Relief des Kantons Glarus und ein solches des grössten Teiles des Tessin in 1:25000; S. Simon hat das Ober Engadin in 1:25000 und die Hauptpartie der Berner Alpen in 1:10000 modelliert;
Prof. Albert Heim beschenkte uns u. a. mit einem prachtvollen geologischen Relief des Säntis in 1:5000; Ch. Perron stellte ein - nicht bemaltes - Gesamtrelief der Schweiz in 1:100000 her, etc.
Tiefenlotungen.
Der Siegfried-Atlas zeichnet auch die Höhenkurven des unterseeischen Reliefs aller schweizerischen Seen (einige kleine Gebirgsseen ausgenommen). Die Geschichte der Seenlotungen zeigt im allgemeinen den gleichen Entwicklungsgang wie diejenige der schweizerischen Kartographie überhaupt, indem auch hier einige für die Wissenschaft begeisterte Privatleute den ersten Anstoss gegeben haben, auf den die offizielle Tätigkeit erst sehr viel später gefolgt ist.
Zuerst unternahm man einige wenige vereinzelte Lotungen, um die maximale Tiefe eines bestimmten Sees zu ermitteln (Tiefenmessungen im Genfersee durch Hor. Bén. de Saussure im 18. Jahrhundert). Dann wollte man sich von der Gestalt des Seebeckens Rechenschaft geben, wozu zahlreiche Einzellotungen notwendig waren, die aber ohne scharfe methodische Arbeit mehr regellos ausgeführt wurden. Auf diese Art ging z. B. 1819 der englische Naturforscher H. T. de la Bèche vor, der auf Grund von etwa 100 Lotungen eine hydrographische Karte des Genfersees entwarf, die immerhin einen ziemlich richtigen Begriff von der Gestaltung des Seebeckens zu vermitteln vermag.
Uebersicht über die Lotungen in den Schweizerischen Seen von mehr als 1 Km2 Fläche.
See | Zeit der Lotungen | Anzahl der Lotungen | Lotungen auf 1 km2 | Beobachter | Ausgeführt durch: |
---|---|---|---|---|---|
Genfersee | - | 11955 | 20.8 | - | - |
Haut Lac | 1873 | 1450 | - | Gosset | Eidg. topograph. Bureau |
Petit Lac (Coppet-Hermance-Genf) | 1872-76 | - | - | Pictet-Mallet | Privatinitiative |
Schweizerischer Anteil | 1885-89 | 6167 | - | Hörnlimann | Eidg. topograph. Bureau |
Französischer Anteil | 1887-88 | 4338 | - | Delebecque | Französ. Regierung |
Bodensee | - | 11147 | 20.7 | - | - |
Obersee (exkl. Ueberlingersee) | 1880-90 | - | - | Hörnlimann | Eidg. topograph. Bureau |
Untersee (schweizerischer Anteil) | 1880 | 685 | - | Manuel | Eidg. topograph. Bureau |
Neuenburgersee | 1880 | 2313 | 9.7 | Manuel | Eidg. topograph. Bureau |
Langensee (oberer Abschnitt bis Luino) | 1890 | 1884 | 22.8 | Suter | Eidg. topograph. Bureau |
Vierwaldstättersee | 1884 | 4292 | 37.2 | Hörnlimann | Eidg. topograph. Bureau |
Zürichsee (im engern Sinn) | 1853/54 | - | - | Denzler | Zürcher. Regierung |
Obersee | 1880 | 460 | - | Manuel | Eidg. topograph. Bureau |
Luganersee | 1859 | 49.6 | - | Dr. Lavizzari | Privatinitiative |
. | 1890 | 2506 | - | Hörnlimann | Eidg. topograph. Bureau |
Bielersee | 1866 | - | - | Jacky-Taylor | Eidg. topograph. Bureau |
. | 1897/98 | 3271 | 77.5 | Suter, Weber | Eidg. topograph. Bureau |
Thunersee (neue Auslotung 1905 begonnen) | 1866 | - | - | Jacky-Taylor | Eidg. topograph. Bureau |
Brienzersee | 1866 | - | - | Jacky-Taylor | Eidg. topograph. Bureau |
. | 1898 | 2725 | 90.8 | Weber | Eidg. topograph. Bureau |
Zugersee | 1884 | - | - | Hörnlimann | Eidg. topograph. Bureau |
Murtensee | 1873 | 340 | 12.5 | Gosset | Eidg. topograph. Bureau |
Walensee | 1880 | 720 | 30.9 | Manuel | Eidg. topograph. Bureau |
Hallwilersee | 1881 | - | - | Lindenmann | Eidg. topograph. Bureau |
Sempachersee | 1885 | 627 | 43.5 | Hörnlimann | Eidg. topograph. Bureau |
Baldeggersee | 1885 | 428 | 82.3 | Hörnlimann | Eidg. topograph. Bureau |
Lac de Joux u. Lac de Brenet | 1891 | 631 | 66.4 | Hörnlimann | Eidg. topograph. Bureau |
Greifensee | 1877 | 311 | 36.6 | Bächli | Eidg. topograph. Bureau |
Pfäffikersee | 1877 | 157 | 47.6 | Bächli | Eidg. topograph. Bureau |
Lowerzersee | 1892 | 155 | 50.0 | Suter | Eidg. topograph. Bureau |
Sarnersee | 1891 | 282 | 374 | Hörnlimann | Eidg. topograph. Bureau |
Aegerisee | 1883 | - | - | Lindenmann | Eidg. topograph. Bureau |
Oeschinensee | 1901 | 700 | 608.7 | Dr. Groll | Privatinitiative |
Klönthalersee | 1878 | - | - | Becker | Eidg. topograph. Bureau |
Silsersee | 1892 | 505 | 123.1 | Hörnlimann | Eidg. topograph. Bureau |
Silvaplanersee | 1892 | 299 | 110.7 | Hörnlimann | Eidg. topograph. Bureau |
Puschlaversee | 1892 | 228 | 116.9 | Hörnlimann | Eidg. topograph. Bureau |
Die vollständige Auslotung eines grösseren Sees, die eine langdauernde Arbeit und bei streng methodischer Durchführung auch grosse Geldmittel erfordert, konnte aber nur unternommen werden, wenn der Staat offiziell dafür eintrat. Der erste derart ausgelotete See war der Zürichsee, dessen unterseeisches Relief behufs ¶
Natürliche Gebiete der Schweiz
Lief. 177.
GEOGRAPHISCHES LEXIKON DER SCHWEIZ
Verlag von Gebrüder Attinger, Neuenburg.
^[Karte: 6° 0’ O; 47° 0’ N; 1:150000]
░ Ackerland
░ Bergackerbau
▒ Weide
▒ Wald
▓ Improductiver Boden
V. ATTINGER Sc.
NATÜRLICHE GEBIETE DER SCHWEIZ ¶
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Ergänzung der topographischen Karte des Kantons Zürich in 1:25000 vom Ingenieur Denzler 1853/54 aufgenommen worden ist.
Die Lotungen fanden zuerst mittels eines Seiles aus Hanf oder Seide und später mittels eines Metalldrahtes statt, der sich über eine mit Zählwerk versehene Rolle abwickelte, so dass man die Tiefe ohne weitere Berechnungen und Messungen einfach ablesen konnte. Die Lotungen werden in bestimmten Entfernungen längs eines zum Seeufer normal abgesteckten Profiles ausgeführt. Heute verfährt man bei gewissen hydrographischen Aufnahmen grossen Massstabes folgendermassen: Alle 50 m wird ein ebenfalls auf je 50 m Distanz von einem Schwimmer getragener Metalldraht quer über den See gespannt, worauf der Beobachter sich von Schwimmer zu Schwimmer begibt und hier jedesmal eine Lotung vornimmt.
Dadurch erhält man ein dichtes und regelmässiges Netz von geloteten Punkten, nach denen dann die Höhenkurven mit grösserer Sicherheit und Genauigkeit als nach der Profilmethode konstruiert werden können. Auf diese Weise sind z. B. die Mündung der Aare in den Bielersee bei Hagneck und der obere Abschnitt des Brienzersees ausgelotet worden, was zur Entdeckung der bei früheren Lotungen nicht erkannten unterseeischen Stromrinne führte, die sich die Aare in ihre eigenen Ablagerungen wieder eingeschnitten hat.
Die Kenntnis der unterseeischen Topographie ergab die Uebereinstimmung in den Reliefformen der Seebecken mit denen ihrer Ufergebiete und bestätigte zugleich die über die Tektonik unserer Gebirge aufgestellten Hypothesen, sowie im allgemeinen die Gesetze der physischen Geographie überhaupt. Sie hat auch u. a. zur Entdeckung der unterseeischen Stromrinne geführt, die sich geschiebereiche Flüsse in ihre eigenen Ablagerungen einschneiden, und hat uns die Existenz von den Boden der alpinen Seen querenden Moränen, sowie der die jurassischen Seen gliedernden unterseeischen Höhenrücken und tiefen Trichteröffnungen gezeigt.
Bibliographie.
Wolf, Rud. Geschichte der Vermessungen in der Schweiz. Zürich 1879. - Held, L. Die schweizerische Landestopographie (im Jahrbuch des S. A. C. 1879/80). - Zahlreiche Broschüren über alte und neue Kartographie von Prof. J. H. Graf. - Coulin, H. L. Aperçu sur la topographie en Suisse. (Le Globe. 33). Genève 1894. - Catalogue du groupe XX: Cartographie, à l'Exposition de Genève. 1896. - Lochmann, J. J. La Cartographie moderne. (Le Globe. 36). Genève 1894. - Die schweizer. Landesvermessung 1832-64 (Geschichte der Dufourkarte); herausgegeben vom Eidg. topograph. Bureau. Bern 1896. - Oberhummer, E. Die Entwicklung der Alpenkarten im 19 Jahrhundert. III: Die Schweiz (in der Zeitschrift des Deutschen und Oesterreichischen Alpenvereins. 1901).
[Ing. Ch. Jacot Guillarmod].
II. Bodengestalt.
1. Natürliche Gebiete und allgemeiner Landschaftscharakter.
Die Schweiz zerfällt topographisch in drei natürliche Gebiete: Jura, Mittelland und Alpen. Diese Einteilung ist auch vom orographisch-geologischen, d. h. vom Standpunkt der Stratigraphie und der Tektonik aus gerechtfertigt und stützt sich somit auf die Architektonik und die Zusammensetzung des Felsgerüstes unseres Landes. So einleuchtend und klar aber diese Einteilung im allgemeinen erscheint, so auffallend ist die Unsicherheit, die bei den verschiedenen Autoren über die gegenseitige Abgrenzung der einzelnen Regionen herrscht. Auf diesen Punkt werden wir später noch zurückkommen. Alle drei Gebiete sind in den sie betreffenden Artikeln unseres Geographischen Lexikons bereits eingehend beschrieben worden, so dass wir uns an dieser Stelle darauf beschränken, die jeden einzelnen Teil besonders charakterisierenden Eigenheiten hervorzuheben.
Alpen.
Die Schweizer Alpen bilden einen Ausschnitt aus dem grossen Alpenbogen Mitteleuropas. Sie reichen vom Mont Dolent im Massiv des Mont Blanc bis zum Piz Mondin im Unter Engadin, der ihren östlichsten Punkt bildet, und haben auf dieser Strecke eine in gerader Linie gemessene Länge von 275 km. Mit Ausnahme eines kleinen Teiles des Wallis (Simplon und Gondo), des Tessin, sowie der Bündner Thalschaften Engadin, Bergell und Puschlav, umfassen die Schweizer Alpen die Nordflanke des Gebirges und die in diese eingeschnittenen Thäler.
Die weitere Einteilung in vier grosse Komplexe ergibt sich aus ihrer Topographie, deren grundlegende Züge durch die beiden grossen intraalpinen Längsthäler des Rhein und der Rhone bedingt sind. Diese beiden Ströme wenden sich von ihren Quellen im Gotthardmassiv an nach NO., bezw. nach SW. und teilen damit die Schweizer Alpen in zwei Hauptketten, deren jede wieder in zwei Gruppen zerfällt. Die derart sich ergebenden vier Komplexe oder Hauptgruppen werden Bündner, Glarner, Berner und Walliser Alpen genannt. In dieser Einteilung sind einige durch die zufällige Arbeit der Erosion von den grösseren Einheiten abgetrennte kleinere Gruppen mit eingeschlossen, wie z. B. diejenigen der Dents du Midi und der Alpen des Chablais, die tatsächlich die Fortsetzung der Berner Alpen bilden, heute aber derart von ihnen getrennt erscheinen, dass wir sie den Walliser Alpen zurechnen müssen.
Auf ebenso natürliche Art wie die Längsteilung der Schweizer Alpen ergibt sich auch die Querteilung der Berner und Glarner Alpen einerseits, sowie der Bündner und Walliser Alpen andererseits, nämlich dort durch das Thal der Reuss und hier durch dasjenige des Tessin, welche beiden Flüsse ebenfalls vom St. Gotthard herabkommen. Dieses Massiv bildet somit den eigentlichen zentralen Gebirgsknoten der Schweizer Alpen, obwohl es keineswegs etwa zugleich auch deren höchsten Abschnitt darstellt, sondern im Gegenteil von einer tiefen Depression überschritten wird, wo sich zwei von N. nach S., bezw. von W. nach O. ziehende Passzonen kreuzen.
Mit Bezug auf ihre Höhenverhältnisse kommen sich die vier Hauptabschnitte der Schweizer Alpen nahezu gleich, wenn auch einerseits die beiden westlichen Abschnitte hier in den östlichen Schweizer Alpen und andererseits die beiden weiter südwärts gerückten Ketten den nordwärts gelegenen überlegen sind. Diese bemerkenswerte Erscheinung erklärt sich aus dem Umstand, dass die Südflanke der Alpen weit rascher und steiler sich senkt als die Nordflanke des Gebirges. Im Uebrigen entsprechen sich die topographischen ¶
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Verhältnisse der vier Gruppen der Schweizer Alpen nicht in allen Punkten. Die nördliche Zone besteht aus einer auf eine Länge von nahezu 201 km vom Rhoneknie bis zum Rheinknie ziehenden Hauptkette, deren höchste Gipfel 3000-4000 m erreichen und der stufenförmig zum Mittelland sich senkendes, niedrigeres Bergland vorgelagert ist. Dieses letztere kann man in seiner Gesamtheit die präalpine oder voralpine Zone nennen, obwohl seine Teile diesseits und jenseits der Aare keineswegs den gleichen Bau zeigen.
Stark voneinander verschieden ist dagegen die topographische Beschaffenheit der südlichen Schweizer Alpen, d. h. der Walliser Alpen auf der einen und der Bündner Alpen auf der anderen Seite. Dort sehen wir eine einzige, einheitliche Kette mit scharf zugespitzter Kammlinie, während hier auf einer weit breiteren Grundlage eine ganze Anzahl von merklich niedrigeren Ketten sich erheben, von denen blos die das Veltlin vom Engadin trennende südlichste in ihrer Topographie eine gewisse Uebereinstimmung mit den Walliser Alpen erkennen lässt.
Wir beschränken uns hier auf die Einteilung der Schweizer Alpen in die vier genannten Hauptgruppen und verweisen für die nähere Beschreibung auf den Artikel Alpen unseres Lexikons, wo eine weitgehende Zergliederung und Einteilung des Gebirges durchgeführt worden ist. Es erscheint übrigens leicht möglich, die einzelnen Gebirgsglieder in der mannigfaltigsten Art zu gruppieren, je nachdem man sich auf den geschichtlichen, den ethnographischen, den orographischen, den orometrischen, den geologischen und tektonischen etc. Standpunkt stellt. Die grundlegende Einteilung in vier Hauptgruppen ist sowohl topographisch als in gewisser Hinsicht auch geologisch und tektonisch begründet.
Das landschaftliche Bild der Alpen erscheint besonders auffallend durch die je nach der lithologischen Beschaffenheit der Felsarten wechselnde Gestalt der höchsten Kämme und Gipfel. Gross ist z. B. namentlich der Unterschied zwischen den Formen der Kalkalpen und denen der krystallinen Alpen, in welch' letzteren Granite, Gneise und krystalline Schiefer vorherrschen und auch die Flora einen ganz anderen Charakter aufweist.
Die Gestalt der Gipfel und Kämme der krystallinen Alpen wechselt je nach der besonderen Beschaffenheit der sie aufbauenden Felsarten. Die krystallinen Schiefer (Glimmerschiefer und schieferige Gneise) neigen zur Bildung von Kämmen, deren Flanken gleichförmig geböscht und von zahlreichen Runsen durchschnitten sind und deren First trotz der im Einzelnen gezackten Formen doch oft der ganzen Länge nach begangen werden kann. Die aus diesen Felsarten bestehenden Einzelgipfel zeigen meistens pyramidale Gestalt, wie sie z. B. am schönsten am Matterhorn, an der Dent Blanche und noch an vielen andern Hochgipfeln zum Ausdruck kommt. Im Gegensatz dazu bilden die massiven Granite und Gneise auf breiten Sockeln stehende Berge mit breiter Gipfelpartie und erschreckend schroff abbrechenden Flanken. Die Ketten der krystallinen Alpen bestehen in der Regel aus einem hohen Hauptkamm, der durch seitliche Thäler in zahlreiche Nebenzweige zerschnitten ist. Die schönsten Beispiele für diese topographische Gestaltung liefern die Walliser Alpen und der nördl. Abschnitt der Tessiner Alpen.
Ganz anders erscheint der landschaftliche Charakter der Kalkalpen, die die ganze Nordzone der Schweizer Alpen von Savoyen bis Vorarlberg umfassen, sowie derjenige des südl. Abschnittes der Tessiner Alpen. Die von der Dent du Midi und Dent de Morcles über den Wildstrubel und die Blümlisalp ziehenden und mit den Unterwaldner, Schwyzer und Graubündner-St. Galler Alpen sich verknüpfenden sog. Hohen Kalkalpen haben eine mittlere Gipfelhöhe von 3000 m und weisen oft weit ausgedehnte Vergletscherung auf.
Sie sind den hohen krystallinen Ketten vorgelagert und stehen mit ihnen entweder in direktem Zusammenhang oder werden durch Depressionen und Pässe von ihnen geschieden. Die Niederen Kalkalpen können in zwei voneinander verschiedene Abschnitte zerlegt werden: die Präalpen der Chablaiszone, die die Chablaisgruppe und die über dem Ufer des Thunersees endigende Saanen- und Simmengruppe umfassen, und den jenseits des Thunersees sich öffnenden Fächer der Voralpen der Kantone Unterwalden, Schwyz, St. Gallen und Appenzell, die mit den Churfirsten und dem Säntisgebirge gegen den Rhein ausstrahlen.
Die Grenze gegen die Hohen Kalkalpen wird annähernd durch eine vom Brienzersee über den Brünig, Grafenort, Schonegg, Sisikon, Pragel und den Walensee ziehende Linie gegeben (vgl. den Art. Präalpen). Die Abgrenzung ist hier stellenweise unsicher, während sie für die Chablais- und die Saanen- und Simmengruppe durch eine Reihe von Pässen, die die einzelnen Querthäler miteinander verbinden, sehr scharf und deutlich markiert erscheint. Die Ketten der Präalpen und niedern Kalkalpen weisen eine gewisse Aehnlichkeit mit denen des Juragebirges auf, indem die topographischen Linien oft mit den Dislokationslinien, d. h. mit den Schichtenfalten zusammenfallen und so jeder Kamm einer Falte entspricht, während die grossen Thäler den Dislokationslinien entweder parallel ziehen oder sie quer durchschneiden (vergl. darüber das Kapitel Orographie).
Die Präalpen unterscheiden sich vom Juragebirge namentlich durch die Gipfelhöhen, die diejenigen des Jura oft um 1000 m übersteigen. In beiden Gebieten sind die direkt auf die Kulturzone folgenden untern Gehängeabschnitte mit schönen Tannenwaldungen bestanden, während höher oben ausgedehnte Alpweiden liegen, auf denen Tausende von Kühen, Ziegen etc. den Sommer über verbleiben. Zu oberst folgt das (hier nicht bis in die Zone des ewigen Schnees hinaufreichende) Gebiet der nackten Felsen, von denen die zahllosen Schuttmassen herniedergebrochen sind, die das charakteristischste und malerischste Element im Landschaftsbild der Kalkalpen bilden.
Neben den in den Thälern am Alpenfuss gelegenen grossen Randseen, auf die wir später noch zu sprechen kommen werden, findet man im Gebirge selbst in verschiedenen Höhenlagen noch eine grosse Menge von Seebecken, deren Entstehung je nach der Beschaffenheit des Untergrundes eine verschiedenartige ist. Es sind dies die meist nur kleinen Gebirgsseen oder alpinen Seen. Sie liegen teils in Thälern, teils auf seitlichen Terrassen über der Thalsohle und oft nahe dem untern Ende der Gletscher. In den krystallinen Alpen verdanken diese kleinen Seen ihre Bildung fast ausschliesslich glazialen ¶
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Einwirkungen. Wenn die Seewanne ganz im Felsen eingebettet liegt, ist sie durch den Gletscher hinter einer Felsbarre ausgehobelt worden, die über dem obern Ende eines Erosionsthales (Karseen) oder vor dem Fuss einer steil geböschten Eiszunge liegt. Solche Seen finden sich auch zwischen Rundhöckern (roches moutonnées) in furchenartigen kleinen Aushöhlungen. Andere dieser kleinen Bergseen sind durch Stirn- oder Seitenmoränen aufgestaut worden und von den durch den Gletscher ausgehobelten Becken leicht zu unterscheiden.
Daneben gibt es in den krystallinen Alpen wie in den Kalkalpen auch noch zahlreiche Seen, die ihre Entstehung einem das Thal quer durch abdämmenden Bergsturz verdanken und in allen Höhenlagen wiederkehren, während die glazialen Erosions- und die Moränenseen vorzüglich nahe den Gletschern oder unmittelbar unterhalb der heutigen Schneegrenze gesucht werden müssen. Solche Seen waren einst auch in den tiefern Regionen vorhanden, sind aber hier im Laufe der Zeit durch die beständige Zufuhr der in diesen Bergen so reichlichen Geschiebemassen der Wildbäche verlandet, so dass jetzt an ihrer Stelle fruchtbare beckenförmige Ebenen liegen. Sog. Trichterseen sind namentlich an die Kalkalpen gebunden und liegen in kreis- oder ellipsenförmigen Bodenvertiefungen, die oft auf allen Seiten von Felsen umschlossen werden. Sie waren ursprünglich Einsturztrichter mit unterirdischem Abfluss, deren Boden dann in der Folge entweder durch Bergsturzmaterial oder durch Moränenschutt verdichtet und undurchlässig wurde.
Mittelland.
Dieser zwischen Alpen und Jura gelegene Abschnitt unseres Landes bildete ursprünglich, d. h. vor der Entstehung der das ganze Gebiet zerschneidenden Thäler, eine breite Mulde, die im SO. durch die Alpen und im NW. durch den Jura und die schwäbische Hochebene begrenzt war. Die Oberfläche des Mittellandes ist von SO. nach NW. sanft geneigt, und sein ganzer Landschaftscharakter ist bedingt durch die mannigfaltige erodierende Tätigkeit des fliessenden Wassers und der eiszeitlichen Gletscher, sowie durch die ausgibige Ueberführung mit Moränenmaterial. Im Ganzen betrachtet kann man das Mittelland als ein zwischen zwei Gebirgen eingeschlossenes langes und breites Thal auffassen.
Anstatt eines einzigen grossen Längsflusses weist aber dieses Thal eine Reihe von Querflüssen auf, von denen sich blos ein Teil zu einer dem Jurafuss folgenden Längsrinne sammelt. Der den Alpen nahe Abschnitt des Mittellandes erreicht Höhen von weit über 1000 m und verschmilzt mit Bezug auf sein Relief mit den Voralpen. So steigt man also von den Alpengipfeln stufenförmig und allmählig zum Gebiet des Mittellandes hinab. Die Wirkungen der Erosion, die in den Alpen tief in den einst geschlossenen Gebirgskörper hineingreifende, bequeme Zugänge und Verkehrswege geschaffen haben, sind im Mittelland eher von ungünstigem Einfluss gewesen, indem sie diesen am dichtesten bevölkerten Teil der Schweiz, der 31% der Gesamtfläche unseres Landes umfasst, derart zerschnitten und zerstückelt haben, dass dadurch die Verkehrsbedingungen oft ziemlich schwierig erscheinen.
Andererseits hat aber diese Skulpturarbeit dem Mittelland seine grosse Abwechslung und Mannigfaltigkeit im landschaftlichen Charakter verliehen. Die breiten Thalfurchen, deren Boden mit Alluvionsmaterial überdeckt ist, bilden die Leitlinien der Urbarisierung und Besiedelung und bestimmen zugleich den Verlauf der Verkehrswege. In den tiefern Teilen des Landes breiten sich an den sanfter geböschten Halden oft Rebberge aus, während an steilern Hängen Wald steht.
Die zwischen je zwei Thälern stehen gebliebenen Rücken sind bald bewaldet und bald mit Wiesen oder Aeckern bedeckt. Die heutige Gestaltung des Mittellandes hat sich zum grossen Teil aus der abwechselnd erodierenden und dann wieder aufschüttenden oder sedimentären Tätigkeit entwickelt, wie sie für die verschiedenen Einzelphasen der Eiszeit charakteristisch war. Während der Interglazialzeiten sind die Thäler vertieft und während der Zeiten erneuten Vorrückens der Gletscher jeweilen wieder mit fluvioglazialen Geschieben aufgefüllt und zugleich die Rücken zwischen den Thälern mit verschiedenartigem Moränenmaterial überführt worden.
Hier sehen wir Stirnmoränenwälle, die einem jeweiligen Stillstandsstadium der Gletscher zur Zeit ihrer grössten Ausdehnung entsprechen;
dort bedeckt lehmiger oder sandig-lehmiger Grundmoränenschutt den Rücken der Plateauflächen auf weite Strecken hin und bedingt in erster Linie die Fruchtbarkeit des Bodens;
stellenweise finden wir in der Grundmoräne geschichtete Kiesmassen (sog. Kames), die unter dem Gletschereis durch die Schmelzwasser zusammengeschwemmt worden sind;
wieder an andern Orten erscheint die Grundmoräne in Reihen von einzelnen, ihrer Form nach an ein umgekipptes Ruderboot erinnernden Hügeln (sog. Drums oder Drumlins) zerschnitten, die unregelmässig aufeinanderfolgen, in ihrer Gesamtheit aber parallel zur Bewegungsrichtung des einstigen ¶
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Gletschers angeordnet sind und den Abguss von an der Unterfläche des Eises ausgewaschenen Höhlungen darstellen, oder mit andern Worten Anhäufungen von Grundmoränenmaterial sind, das diese Höhlungen einst ausgefüllt hat. Wir erinnern ferner daran, dass die zahlreichen Ziegeleien, Backstein- und Thonwarenfabriken etc. des Mittellandes ihr Rohmaterial den Glaziallehmen entnehmen. Wo der Gletscher keine Sedimente abgelagert hat, ist seine Tätigkeit im umgekehrten Sinne vor sich gegangen, indem er aushobelte und die geglätteten, geschrammten oder höckerigen Formen bildete, die da, wo Moränenmaterial fehlt, untrügliche Beweise für die ehemalige Bedeckung des Landes mit Gletschereis sind.
Einzig die letzte Vergletscherung hat uns ein klares und normales Bild der verschiedenen Ablagerungen hinterlassen. Da ihr zwei, wenn nicht drei oder gar vier ältere Vergletscherungen vorangingen, sind natürlich die Spuren jeder einzelnen dieser Glazialzeiten von der nächst folgenden wieder verwischt worden, ohne dass aber dadurch jedes Beweismaterial für ihre einstige Existenz ganz zerstört worden wäre. Der glazialen Einwirkung muss auch die Entstehung der kleineren von den vielen im Mittelland vorhandenen Seen, so z. B. des Sempacher-, Hallwiler-, Baldegger-, Greifensees etc. zugeschrieben werden.
Während also das Vorhandensein dieser kleineren Seen an vorgelagerte Moränenbarren gebunden ist, muss die Art der Bildung der grossen subalpinen Seen vom Genfersee bis zum Bodensee, die in weit in den Alpenkörper hineingreifenden Thalfurchen liegen, eine ganz andere gewesen sein. Nach der Ansicht eines Teiles der Glazialforscher (Penck, Brückner) soll die Aushobelung dieser Seebecken der erodierenden Tätigkeit des Gletschereises zugeschrieben werden müssen, die gerade in den jetzt vom Seewasser erfüllten Zungenbecken eine ganz besonders lebhafte und stark wirkende gewesen sei.
Diese Forscher stützen ihre Hypothese auf das Vorhandensein von Stirnmoränenwällen unterhalb der in Betracht fallenden Seen, behaupten aber nicht, dass diese Moränen die Rolle von Staubarren gebildet hätten, da die Stirnschwelle mehrerer dieser Seen offenkundig felsig ist. Andere Geologen (so namentlich Albert Heim und seine Schüler) sehen in der Lage dieser Seen in einer Erosionsfurche den Beweis für ein teilweises Rücksinken oder Nachsacken des Alpenkörper, das bald nach der Hebung der Alpen und nachdem die Thäler schon ausgetieft waren stattgefunden habe.
Sie bestreiten die aushobelnde Kraft der Gletscher nicht ganz, halten es aber nicht für möglich, dass diese Erosion Tiefen von 500-600 m auskolken oder gar in Tiefen bis unter den Meeresspiegel gehen könne, wie dies für die grossen Randseen am Südfuss der Alpen hätte der Fall sein müssen. Der nämlichen Kategorie von Seen gehören auch die drei grossen jurassischen Randseen an. Diese bildeten einst einen durch mehrere Inseln und Halbinseln gegliederten und vom Mormont bei La Sarraz bis in die Umgegend von Solothurn reichenden einzigen grossen See, der die alten Thäler der Broye (Murtensee), der Orbe und der Mentue (Neuenburgersee), sowie zweier weiterer Flüsse (Bielersee) überflutete.
Die Umwandlung dieses ehemaligen hydrographischen Systemes in einen See muss durch ein Rücksinken der ganzen Mittellandzone vom Salève bis gegen Solothurn erfolgt sein, das auch eine Verlängerung des Genfersees bis nach Genf, d. h. die Bildung des sog. Petit Lac, zur Folge hatte. Die Trennung des einst zusammenhängenden grossen Seebeckens in eine Anzahl von selbständigen kleineren Seen geschah dann allmählich durch die Geschiebezufuhr der Flüsse, sowie auch durch die Ablagerungen der diluvialen Gletscher (vergl. den Art. Neuenburgersee).
Jura.
Das Juragebirge (von Jora, Jorat = Wald oder bewaldete Gegend) bildet ein auf eine Länge von 360 km kreisbogenförmig sich hinziehendes Faltenbündel. Es zweigt sich bei Chambéry von den Alpen mit zuerst blos drei Falten ab, die sich dann durch das Auftreten neuer Aeste der Reihe nach derart vermehren, dass man z. B. zwischen Cuiseaux und Nyon schon nicht weniger als etwa 15 kleine Ketten und mehrere grosse Hauptkämme zählt, deren am weitesten ostwärts gelegener zwar der höchste ist, aber nicht zugleich auch die ältesten Schichten zu Tage anstehen lässt. Mit Ausnahme des nördlichen ¶