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finden. Im Allgemeinen bestätigt sich auch hier, dass in Gemeinden mit ausschliesslich agrikoler Bevölkerung die Zahl der Unterstützungsbedürftigen geringer ist als in Gemeinden gemischter Einwohnerschaft; so weist die Statistik des Jahres 1900 für die Gemeinden Büttenhard und Guntmadingen je nur 1 unterstützte Person auf. Was die Teilnahme des Staates (Kantons) an der Armenpflege betrifft, so besteht dieselbe in Uebernahme der Hälfte der Kosten für Unterbringung von Epileptischen und Lungenkranken, von Taubstummen, Blinden und schwachsinnigen Kindern, Waisen, von jugendlichen und erwachsenen Verbrechern in zweckentsprechenden Anstalten, in Beiträgen zu Badekuren und in der Subventionierung solcher Bürgergemeinden, welche zeitweise ihren Verpflichtungen zur Armenunterstützung nicht nachkommen können.
Ferner unterhält der Staat 4 Verpflegungsstationen für arme Durchreisende und leistet regelmässige Beiträge an die schweizerischen Hilfsgesellschaften im Ausland. Die erforderlichen Geldmittel werden aus dem kantonalen Armenfonds geschöpft, der (Irrenhaus und Kantonsspital inbegriffen) im Jahr 1903 ein reines Vermögen von Fr. 1601640 hatte. Die Ausgaben des Staates für Armenzwecke beliefen sich z. B. 1903 auf Fr. 88938. Zu der obligatorischen amtlichen Armenpflege gesellt sich eine fakultative, bei welcher diejenige der Kirchgemeinden besonders in der Stadt eine hervorragende Stelle einnimmt, sowie eine ausgebreitete private Tätigkeit, welche in einer langen Reihe von Unterstützungs- und Hilfsvereinen zur Erscheinung kommt, die zum Teil einen kantonalen Charakter haben, meist aber auf die einzelne Gemeinde beschränkt sind.
Was das Krankenwesen betrifft, so hat der Staat seine Fürsorge in neuerer Zeit ganz bedeutend gesteigert:
1) durch Erbauung der kantonalen Irrenanstalt Breitenau (s. diesen Art.) 1891 - die Anstalt wird ausser den Kostgeldern alimentiert durch den kantonalen Armenfonds -; 2) durch Uebernahme des städtischen Krankenhauses und Umwandlung desselben in einen Kantonsspital im Jahr 1902. Die Zahl der Verpflegten betrug im genannten Jahr in der Breitenau 239 und im Kantonsspital 929 Personen, von welch' letztern 475 dem Kanton Schaffhausen, 167 der übrigen Schweiz, 233 dem Deutschen Reich und der Rest anderen Staaten angehörte.
Die Errichtung eines kantonalen Asyls für Gebrechliche ist in Aussicht genommen. Ins Gebiet der privaten Betätigung gehört das Asyl Schönbühl in Schaffhausen, welches, von einer Krankenwärterin aus Gächlingen begründet, im Jahr 1891 von der Evangelischen Gesellschaft des Kantons erworben und organisiert worden ist. Das Asyl ist vorzugsweise für weibliche Kranke bestimmt, welche mit unheilbaren oder langsam heilenden Uebeln behaftet sind; es zählt 48 Betten und hat z. B. im Berichtsjahr 1902/03 85 Kranke verpflegt.
Ferner der Kinderspital in Schaffhausen, welcher im Jahr 1893 von der Schaffhauser Hilfsgesellschaft gegründet worden ist, sich - wie das Asyl Schönbühl - während seines kurzen Bestehens als ein äusserst segensreiches Institut erwiesen hat und deshalb auch einer ansehnlichen staatlichen Unterstützung erfreut. Für die Erstellung eines neuen, weit geräumigeren Anstaltsgebäudes ist bereits ein günstig gelegener Bauplatz erworben. Endlich seien noch die Krankenunterstützungsvereine und -kassen der verschiedenen grösseren Fabrikbetriebe namentlich in Schaffhausen und Neuhausen genannt, von welchen die im Jahr 1847 gestiftete Krankenunterstützungskasse des Eisenwerks Laufen am Rheinfall wohl die älteste ist.
II. Die Grosszahl der Wohlfahrtseinrichtungen allgemeinerer Natur, der sich unser Ländchen erfreut, verdankt ihre Existenz ebenfalls der Privatwohltätigkeit. Nur die hervorragendsten können hier genannt werden; es sind:
1) die Rettungsanstalt Friedeck in Buch, welche schon im Jahr 1826 durch den dortigen Pfarrer und späteren Antistes David Spleiss zum Zweck der Erziehung armer verlassener und verwahrloster Kinder gegründet worden ist und im Jahr 1902 durch Umbau ihres Hauptgebäudes eine sehr gelungene Verbesserung erfahren hat; sie beherbergt etwa 22 Knaben und 14 Mädchen und wird geleitet durch ein 15gliedriges Komite, welches sich durch Kooptation ergänzt und für Aufbringung der Subsistenzmittel besorgt ist, an welche auch der Staat einen kleinen Beitrag leistet.
2) die gemeinnützige Gesellschaft, Sektion der schweizerischen gemeinnützigen Gesellschaft, deren Anfänge bis ins Jahr 1810 zurückreichen und von deren erspriesslichem Wirken nach verschiedenen Richtungen Siegerist-Scheitlin in seiner Geschichte der Gemeinnützigen Gesellschaft Schaffhausen (1901) erzählt.
3) Endlich seien noch einige Spezialfonds genannt, welche verschiedenen Unterstützungszwecken dienen und in staatlicher Verwaltung stehen, nämlich: der Stipendienfonds (Stand Ende 1903: Fr. 71516), das Schwarz'sche Legat (Fr. 7633), der Winkelriedfonds (Fr. 55557), Hagelversicherungsfonds (Fr. 11066), Viehseuchenfonds (Fr. 28629), die Brandassekuranzkasse (Fr. 1430907).
III. Auch mit Bezug auf das Vereinswesen überhaupt stellt sich der Kanton Schaffhausen als reich gesegnet dar, müssen ja Vereine und Gesellschaften zumal im modernen Leben als Haupthebel des Fortschritts bezeichnet werden. Leider ist eine amtliche Statistik seit 1859, in welchem Jahr im Kanton 87 Vereine bestanden, nicht mehr aufgestellt worden. Um zuerst noch einige Vereine mit Wohltätigkeitszwecken zu nennen, zitieren wir den Samariterverein und den Verein vom Roten Kreuz, den Mässigkeitsverein und den Guttemplerorden.
Von immer grösserer Bedeutung werden für unsere agrikole Bevölkerung die landwirtschaftlichen Vereine, die besonders durch Vorträge und die öffentliche Presse unsere Bauernschaft mit Erfolg aufzuklären sich bemühen. Einer schönen Blüte erfreuen sich die Vereine, welche sich neben allgemeinen Bildungszwecken die Pflege eines besonderen Faches zur Aufgabe gemacht haben, wobei vor allem der kaufmännische Verein (gegründet im Jahr 1862; vergl. Zindel-Kressig: Geschichtl. Rückblick 1862-1900. Schaffhausen 1901) und der Gewerbeverein mit dem Verband des schweizerischen Lehrlingspatronats Erwähnung verdienen.
Der erstgenannte pflegt ein ausgedehntes Unterrichtswesen, der andere hat eine Gewerbehalle mit Lesesaal und Bibliothek eingerichtet. Zahlreich sind seit uralter Zeit die Schützenvereine, darunter die schon 1477 zum erstenmal im Ratsprotokoll erwähnte Stadtschützengesellschaft Schaffhausen, flankiert von der Offiziersgesellschaft, dem Unteroffiziersverein, dem Kavallerie-Reitverein einerseits und von den Turnvereinen andererseits, an deren Spitze der Stadtturnverein Schaffhausen (gegründet 1835) marschiert (vergl. Bächli: Geschichte des Stadtturnver. Schaffhausen. 1885). Dieser bildet eine Sektion des schweizerischen Turnvereins und organisierte 1837 das erste und 1847 das zweite eidgenössische Turnfest in Schaffhausen. Sein jüngster Spross ist der Stemm- und Ringklub Schaffhausen. Noch zahlreicher sind die Gesangvereine jeder Art, die meisten eingegliedert in den Kantonalgesangverein. Der Männerchor Schaffhausen, dessen Geschichte G. Schönholzer auf das 60jährige Jubiläum 1886 geschrieben hat, genoss die Freude, schon 1846 die schweizerischen Sängerbrüder zum zweiten eidgenössischen Sängerfest in den Mauern unserer Stadt begrüssen zu dürfen. Noch älter ist das Musikkollegium Schaffhausen, dessen Ursprünge laut Mezger (Geschichte des Musikkollegiums Schaffhausen. 1878) bis in den Anfang des 18. Jahrhunderts zurückdatieren und dessen Bestrebungen durch Errichtung der Musikschule im Imthurneum im Jahr 1866 einen grossen Erfolg errangen.
Seit 1869 besitzt die Stadt auch eine Stadtmusik, neben welcher indessen auch einzelne Musikgesellschaften der Landschaft nicht unrühmlich bestehen. Der Kunstpflege im weiteren Sinn dient der 1848 gegründete Kunstverein Schaffhausen, der von dem sehnlich erhofften neuen Museumsgebäude eine Neubelebung erwartet. (Henking, K. Der Kunstverein Schaffhausen während der ersten 50 Jahre seines Bestehens 1848-1898). Wissenschaftliche Vereine sind die zwei theologischen Vereine, der historisch-antiquarische Verein des Kantons Schaffhausen mit ähnlichen Vereinen in Stein und Schleitheim, die naturforschende Gesellschaft (Sektion der schweizer. naturforschenden Gesellschaft) und der Museumsverein, die medizinische Gesellschaft, der Juristenverein; Vereine mit mehr allgemeinen Bildungszwecken der Männerverein in Thaingen, der Verein für Volksbildung in Neuhausen, ferner der Kantonallehrerverein u. a. (Vergl. auch Abschnitt Wissenschaft und Kunst). Zahlreich sind die religiös-kirchlichen Vereine. Weniger günstig ist der Boden für politische Vereine, die ein ausgeprägtes Parteiwesen voraussetzen, da unser Volk seiner überwältigenden ¶
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Mehrheit nach der gemässigt-freisinnigen Richtung angehört und schroffe politische Gegensätze nicht bestehen. Das regste politische Leben zeigt der Grütliverein mit seinen verschiedenen Spezialzweigen (Turnverein, Männerchor, Schützenverein), besonders in Schaffhausen, Neuhausen und Neunkirch. Er hat sich im Echo vom Rheinfall ein besonderes Organ geschaffen, wie andererseits die ultramontan-katholische Partei seit Januar 1905 in der Schaffhauser Zeitung ihr Parteiorgan besitzt.
Die grosse Mehrheit der Bevölkerung (mit den Hauptorganen Tageblatt und Intelligenzblatt) hat sich erst in neuester Zeit in zwei politische Hauptparteien, die demokratisch-freisinnige und die liberale, ausgeschieden. Endlich dürfen nicht vergessen werden die verschiedenen Verschönerungsvereine (z. B. in Schaffhausen und Neuhausen) und die Vereine, welche dem Sport gewidmet sind, und unter denen wohl der Ruderklub Schaffhausen die erste Stelle einnimmt. Die industriellen Gesellschaften sind bei dieser kurzen Zusammenstellung selbstverständlich ausser Betracht gefallen.
[Stadtrat Tanner und Dr. C. A. Bæchtold.]
Bankwesen und Sparkassen.
Dem Geldverkehr dienen eine Anzahl Kassen und Banken mit öffentlicher Rechnungsstellung, sowie ausserdem einige Privatbankgeschäfte. Die älteste der Kassen ist die von der Hilfsgesellschaft Schaffhausen im Jahr 1817 gegründete Ersparniskasse in Schaffhausen. Einleger 7928, Einlageguthaben Fr. 6003831, Reserven Fr. 760897. Aus den Jahresergebnissen erhält die Hilfsgesellschaft alljährliche Beiträge (1904 Fr. 10000), woraus diese gemeinnützige Anstalten unterstützt.
Die Spar- und Leihkasse Schleitheim, gegründet 1837, hat ein Aktienkapital von Fr. 200000, Reserven Fr. 89021, Spareinlagen Fr. 248503, Obligationen, Depositen und Kontokorrentgelder Fr. 2147600. Die Bank in Schaffhausen, gegründet 1862, hat an Aktienkapital Fr. 3000000, Reserven Fr. 566233, Notenemission Fr. 3500000, Wechselschulden Fr. 1002563, Obligationen, Depositen und Kontokorrentgelder Fr. 8862148. Die Spar- und Leihkasse Schaffhausen, gegründet 1866, hat an Aktienkapital Fr. 400000, Reserven Fr. 320106, Sparhefte 1538 über Fr. 1034280 Einlagen, Obligationen, Depositen und Kontokorrentgelder Fr. 2531813. Die Spar- und Vorschusskasse Beringen, gegründet 1869, gehört einer Genossenschaft von 99 Mitgliedern, Genossenschaftskapital Fr. 101066, Reserven Fr. 43440, Spareinlagen Fr. 195681, Obligationen, Depositen und Kontokorrentgelder Fr. 529516, Bankschulden Fr. 40000. Die Schaffhauser Kantonalbank, gegründet 1882 mit Staatsgarantie, hat an Stammkapital Fr. 1500000, Reserven Fr. 395855, Notenemission Fr. 2500000; Fr. 2930424 Einlagen auf 4364 Sparhefte, Fr. 15872868 Obligationen, Depositen u. Kontokorrentgelder, Fr. 132400 Wechselschulden. Es bestehen Spar- und Leihkassen mit Gemeindegarantie an folgenden Orten: Stein a. Rh. seit 1813, Sparkasse der Gemeinden Wilchingen-Osterfingen-Trasadingen seit 1855, Hallau seit 1862, Neunkirch seit 1872, Leihkasse Wilchingen seit 1874, Ramsen seit 1874, Merishausen seit 1877, Thaingen seit 1894, Neuhausen seit 1899, Löhningen seit 1902. Die bedeutendste dieser Kassen ist die von Stein a. Rh.; sie hat an Stammkapital Fr. 200000, Fr. 313931 Reserven, Fr. 1297960 Spareinlagen, Fr. 11557757 Obligationen, Depositen und Kontokorrentgelder.
Die übrigen 9 Kassen haben an Betriebsmitteln zusammen: Fr. 550385 Stammkapital u. Reserven, Fr. 1604705 Spareinlagen, Fr. 9582065 Obligationen, Depositen und Kontokorrentgelder. Die Bank in Schaffhausen kultiviert die Geschäfte einer Handelsbank und eröffnet neben gedeckten Krediten auch Blanko-Kredite. Die Kantonalbank, sowie alle übrigen Kassen widmen sich vorzugsweise dem Hypothekargeschäft, machen sodann Darleihen gegen Sicherstellung durch Faustpfand oder Bürgschaft; bedeutende Summen sind auch angelegt in öffentlichen Wertpapieren und in Bankobligationen.
Die Kantonalbank diskontiert schweizerische und ausländische Wechsel mit zwei bekannten Unterschriften. Die Gemeindesparkassen mit ihren bedeutenden Betriebsmitteln dienen vorzugsweise der Landwirtschaft und dem Bodenkredit. Die ausserordentliche Höhe der Einlagen bei diesen Geldinstituten ist nicht nur ein Beweis des wirtschaftlichen Wohlstandes, sondern auch ein Zeugnis für den ausgeprägten Sparsinn der schaffhauserischen Bevölkerung.
[E. Nüesch.]
Wissenschaft und Kunst.
Die Pflege von Wissenschaft und Kunst konzentriert sich naturgemäss in der Stadt, wo beide schon frühe einen günstigen Boden fanden. Zwar die Mönche von Allerheiligen standen nicht in dem Rufe grosser Gelehrsamkeit und scheinen auch keine besonders kunstfertigen Schreiber gewesen zu sein; aber mit der Reformation und bis in die Zeit des dreissigjährigen Krieges hinein begann ein reges geistiges Leben, das wir der Aussendung vieler junger Männer an die hohen Schulen des In- und Auslandes zu verdanken haben.
Der Palästina-Reisende Hans Stokar, die Theologen J. C. Ulmer und Joh. Jezler, der Chronist Rüeger u. A. gehören dieser Zeit an. Auch später fehlte es nicht an hervorragenden Männern der Wissenschaft; es sei nur erinnert an die Aerzte aus dem Geschlecht der Wepfer, besonders an Joh. Jak. Wepfer, den genialen Experimentator, dessen Ruf das Entstehen einer freien medizinischen Schule in Schaffhausen veranlasste;
an die Aerzte Brunner, Ammann, Peyer;
an die Mathematiker aus dem Geschlecht der Spleiss, an den Physiker und Mathematiker Ch. Jezler;
an den Geschichtschreiber Joh. von Müller und an seinen Bruder Joh. Georg, an den Staatsmann David Stokar;
aus Neuzeit und Gegenwart an den Theologen Daniel Schenkel, an den Gelehrten und Politiker Heinr. Gelzer, an den Geologen Ferd. Schalch u. A.
Schaffhausen ist der Sitz der höchsten kantonalen Lehranstalt, deren Lehrer das geistige Leben fördern helfen; hier allein sind namhafte Bibliotheken vorhanden, und hier haben auch die Vereine ihren Sitz, die sich die Pflege von Wissenschaften und Kunst angelegen sein lassen. Die Vereine sind zwar grösstenteils kantonale, aber der Ort ihrer Gründung, der Sitz der Verwaltung und der Zusammenkünfte ist doch die Stadt, die auch in der Regel die überwiegende Mehrzahl der Mitglieder stellt.
Der Konvent und zwei Vereine der ältern und jüngern Theologen führen die reformierten Geistlichen des Kantons zu wissenschaftlichen Verhandlungen zusammen; einen Lesezirkel liefert ihnen die Ministerialbibliothek. Die kantonale medizinische Gesellschaft, jetzt eine Sektion des schweizerischen Zentralvereins, beschränkt sich auf zwei Jahresversammlungen mit wissenschaftlichen Traktanden. Die städtische medizinisch-pharmazeutische Gesellschaft, die älteste wissenschaftliche Vereinigung, deren Gründung ins 18. Jahrhundert zurück reicht, unterhält einen Lesezirkel; ihre Bibliothek, die verhältnismässig reich an kostbaren Werken war, ist schon längst mit der Stadtbibliothek vereinigt.
Die naturforschende Gesellschaft, eine Sektion der schweizerischen Gesellschaft, besteht mit Unterbrechung seit 1824; sie sammelt die Erratika und Aehnliches, nimmt an Ausgrabungen teil, beschränkt sich im Uebrigen auf wissenschaftliche Vereinsabende und subventioniert die naturwissenschaftliche Bibliothek und den Lesezirkel. Der Verein des naturhistorischen Museums, 1843 gegründet, befasst sich mit der Instandhaltung und Vermehrung seiner ¶
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Naturaliensammlung und Bibliothek und unterhält einen Lesezirkel. Das naturhistorische Museum enthält u. A. die weiland Ammann'sche Konchylien-Sammlung, die Stierlin'schen Mineralien, das Brunner'sche Herbarium und eine sehenswerte Sammlung brasilianischer Fische; sie ist reich an Randenpetrefakten, denen sich später die von Dr. F. Schalch der Stadt geschenkte, ganz besonders wertvolle Sammlung von Petrefakten und Mineralien anreihen wird. Von den Ausgrabungen im Dachsenbühl und Kesslerloch enthält sie wichtige Fundstücke.
Der historisch-antiquarische Verein, seit 1865, hat eine Bibliothek mit vielen handschriftlichen Scaphusianis und eine antiquarische Sammlung; er unterhält einen Lesezirkel und unternimmt Ausgrabungen, so hat er u. A. in den Jahren 1902/03 gemeinsam mit der naturforschenden Gesellschaft die Erforschung des Kesslerlochs bei Thaingen endgiltig durchgeführt. Er publiziert in zwanglos erscheinenden Heften Beiträge zur vaterländischen Geschichte und gibt gemeinsam mit dem Kunstverein die von diesem begonnenen Neujahrsblätter heraus.
Auf gediegene Ausfüllung der Vereinsabende legt er besonderen Wert. Seine Sammlung umfasst Münzen, vorzugsweise schweizerische und römische, dann praehistorische, keltische, römische und alemannische Funde (diese in besonders guter Vertretung) aus dem Kanton und seiner Umgebung; mannigfache Gegenstände wie Hausgeräte und Möbel aus Mittelalter und neuerer Zeit; eine kleine Waffensammlung (worunter ein mittelalterlicher Turniersattel) und auch einiges Ethnographische.
Sie besitzt ferner Kunstgegenstände, wie Scheibenrisse von Tob. Stimmer und Dan. Lindtmayer, ein Oelgemälde des letzteren, plastische Arbeiten von Alex. Trippel und Anderes. Hier dürfen auch die zum Teil sehr bekannt gewordenen frühern Untersuchungen von Höhlen unseres Juragebirges nicht unerwähnt bleiben, die von einzelnen Forschern wie Joos, Karsten, von Mandach, Merk, Nüesch unternommen wurden. Die nämlichen Aufgaben wie der städtische Verein stellen sich Vereine in Schleitheim und Stein. Hier veranstaltet der Hohenklingen-Verein Vorträge und macht sich die rührige historisch-antiquarische Gesellschaft durch verschiedene Unternehmungen verdient, wie Restauration von Hohenklingen, Aufdeckung der Klingen-Kapelle, Ausgrabung von Tasgetium etc.
Die jetzt den weitesten Kreisen zugängliche, wichtigste Bibliothek ist die Stadtbibliothek. Ihre Anfänge dürften in die zweite Hälfte des 16. Jahrhunderts fallen; die eigentliche Gründung fand aber erst 1636 statt. Sie zählt gegenwärtig 34000 Bände Gedrucktes, darunter eine kostbare Sammlung von Flugschriften aus der Reformationszeit und unter den Inkunabeln verschiedene Seltenheiten; auch die Manuskripte, gegen 300, enthalten manches Wertvolle, so Adamnani Vita s. Columbae, die älteste Handschrift in der Schweiz. (Katalog von H. Boos).
Ferner findet sich hier der handschriftliche Nachlass von Joh. von Müller (Katalog von K. Henking), dessen Büchersammlung mit der seines Bruders vereinigt einen wichtigen Bestandteil der Stadtbibliothek ausmacht. Die Ministerialbibliothek ist die Bibliothek der Geistlichkeit, steht aber auch weitern Kreisen offen. Sie ist in ihren etwa 9000 gedruckten Bänden verhältnismässig reich an grössern, wichtigen Werken; es fehlen auch nicht wertvolle Inkunabeln, und unter den 150 Manuskripten findet sich manche durch Alter oder künstlerische Ausstattung kostbare Arbeit (Katalog von H. Boos).
Die Hälfte der Manuskripte ist schon im Katalog der Klosterbibliothek aus dem Anfang des 12. Jahrhunderts aufgeführt. Einige kleinere Bibliotheken wie diejenige des Regierungsrates, des Staats- und Stadt-Archives, des Obergerichts, des Offiziervereins, des Stahl'schen Lesevereins, verschiedene Lehrer- und Schülerbibliotheken sowie eine Leihbibliothek füllen die Lücken der früher genannten Bibliotheken mehr oder weniger gut aus. Kleinere Bibliotheken finden sich da und dort auf dem Lande, eine städtische in Stein.
Sechs Buchdruckereien in der Stadt und fünf auf dem Lande (Neuhausen, Hallau, Schleitheim je eine, Stein-Burg zwei), sorgen für die Verbreitung literarischer Erzeugnisse; in den Landgemeinden sind sie wesentlich durch das Verlangen, ein eigenes «Blatt» zu besitzen, ins Leben getreten. Die erste Buchdruckerei in Schaffhausen wurde 1592 durch Konr. von Waldkirch gegründet. Zwei (oder drei) Buchhandlungen verbreiten das Gedruckte, in der Hauptsache als Sortimentshandlungen; im vorigen Jahrhundert hatte die Hurterische Buchhandlung einen sehr grossen Verlag spezifisch katholischer Literatur.
Die bildenden Künste waren in Schaffhausen einst ganz besonders gut gelitten und gepflegt. Des sind noch Zeugen die bemalten Häuser (Ritter, Roter Ochsen etc.), die wappengeschmückten Erker, prächtige Portale, der plastische Deckenschmuck und Malereien im Innern, die Brunnenfiguren (Mohrenbrunnen, Landsknecht des vierröhrigen Brunnens), der Kreuzgang mit seinen Epitaphien u. A. Und auf Künstlernamen von gutem Klang stossen wir hier: Tob. Stimmer und Dan. Lindtmayer, die einst eine führende Stelle in der Schweizer Kunst innehatten; Werner Kübler, Hieron. Lang und viele Andere, die in ihre Fusstapfen traten; später der Historienmaler Veith, der Porträtmaler und Stukkator Schärrer und der Goldschmid Läublin d. j., deren Ruf junge Plastiker nach Schaffhausen zog; im 18. Jahrhundert u. A. der Goldschmid Moser in London und der Bildhauer Alex. Trippel in Rom; im 19. Jahrhundert der Zeichner und Bildhauer J. J. Oechslin. In unsern Tagen macht sich der Kunstverein die Pflege der Kunst zur Aufgabe; er ist 1847 gegründet und eine Sektion des schweizerischen Kunstvereins.
Als solche nimmt er alle zwei Jahre den schweizerischen Turnus bei sich auf; ausserdem veranstaltet er gelegentlich kleinere Ausstellungen. Er unterhält eine Kunstsammlung, sowie eine Bibliothek mit Lesezirkel, und ist an der Herausgabe von Neujahrsblättern beteiligt. Im Winter hält er regelmässige Zusammenkünfte ab. Seine Sammlung ist z. Z. im «Imthurneum» aufgestellt, dem 1864 von einem in London lebenden Schaffhauser Bürger «zur Förderung ästhetischer und wissenschaftlicher Bildung» gestifteten Gebäude, das zugleich ein Theater und die Räume für die Musikschule umfasst. Die Sammlung enthält Oelbilder neuerer Meister (bedeutende Bilder von Stäbli, Wekesser u. A.), daneben ältere Schaffhauser Kunst in Malerei (Veith, Schnetzler, Ott) und Skulptur (hier besonders Oechslin namhaft vertreten). Auch Handzeichnungen und Kupferstiche werden gesammelt mit steter Betonung der Schaffhauser Kunst.
Auf dem Lande, besonders in Kirchen, finden sich da und dort noch sparsame Reste früherer Kunsttätigkeit: Wandmalereien in Hemmenthal, Siblingen, Burg;
ein gotisches Sakramentshäuschen in Lohn, gotische Taufsteine in Hallau, Siblingen und anderwärts.
Ganz besonders ausgezeichnet durch eine kurze Periode reger Kunsttätigkeit ist Stein a. Rh. (s. dies. Art.).
Nachdem in der Reformationszeit um 1600 die Orgeln abgeschafft und ihr Zinn in Weinkannen umgegossen worden, traten in der kirchlichen Musik Posaunen und Zinken an ihre Stelle, die bei Leichenbegängnissen und andern feierlichen Anlässen auf der Gasse oder von den Türmen herab geblasen wurden, ein zweifelhafter Ohrenschmaus, der noch bis um die Mitte des vergangenen Jahrhunderts genossen werden konnte. In der Kirche wurden lange Zeit hindurch die Lobwasser'schen Psalmen gesungen, die z. T. so beliebt und geläufig waren, dass sie die Stelle unserer Volkslieder vertraten, bis sie hier von den Lavater'schen Schweizerliedern verdrängt wurden.
Der Kirchengesang gewann ganz wesentlich durch die Einführung eines neuen Gesangbuchs (um 1841), das nach Text und Tonsatz ein sehr beachtenswerter Vorläufer des jetzigen Gesangbuchs der deutsch-schweizerischen reformierten Kirche war. Auch die Orgeln fanden nach und nach wieder Eingang (ein grosses Werk in der St. Johanns-Kirche), und wo die Mittel hiefür nicht ausreichten, doch wenigstens eines der beliebten Ersatzmittel. Daneben haben wir verschiedene Kirchenchöre und finden öfters Kirchenkonzerte statt, z. T. ohne streng kirchlichen Charakter. Zur Pflege weltlicher Instrumental- und Vokalmusik trat, wie in andern Schweizerstädten, ein Musikkollegium ins Leben, dessen erste Spuren wir 1655 finden. Trotz manchen Schwierigkeiten, die selbst zu zeitweiliger Unterbrechung führten, besteht das Institut noch heute fort; es hat das Verdienst, in Schaffhausen gute Konzertmusik möglich zu machen. Früher gab es gute Freundschaft und gegenseitige Aushilfe ¶
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zwischen den musizierenden Klosterherren von Rheinau und den Schaffhauserischen Musikfreunden. Heutzutage bildet ein Teil der Konstanzer Regiments-Musik, verstärkt durch Lehrer an der Musikschule und durch Dilettanten, unser Orchester; Direktor ist einer der Lehrer, und hervorragende in- und ausländische Kräfte werden für Uebernahme der Solopartien gewonnen. Die Stiftung des Imthurneums hatte die Gründung einer Musikschule im Gefolge, die für die Pflege der Musik in der Stadt und in weitern Kreisen von nicht geringer Bedeutung ist.
Ein weiteres Element sind die verschiedenen Gesangvereine, eingeschlechtige und gemischte, die nur in den kleinsten Landgemeinden fehlen und für sich allein oder im Bezirks- oder Kantonsverband häufige Aufführungen veranstalten. Einige derselben, wie der 1826 gegründete Männerchor Schaffhausen, pflegen sich am Wettgesang schweizerischer Sängerfeste zu beteiligen. Endlich haben wir auch die populären Orchester für Blasinstrumente, in der Stadt unter andern die Stadtmusik von 50-60 Mann und auf dem Lande vereinzelte kleinere Gesellschaften.
So wird auch in Schaffhausen ungeheuer viel musiziert, für manche Ohren viel zu viel; doch sei mit Genugtuung auch einer namhaften Leistung gedacht, die wir unserm intensiven Musikbetrieb verdanken. Zum ersten Male sind bei unserm Festspiel der Zentennar-Feier von 1901 die sämtlichen Chöre (und kleine Solopartien) von den Agierenden auf der Bühne selbst gesungen und ist damit der Unnatur ein Ende gemacht worden, das von ausserhalb der Bühne stehenden Damen und Herren, mit Notenblättern in der Hand, besorgen zu lassen. Ob das mit Begeisterung gespielte und aufgenommene Festspiel auch von nachhaltigem Einfluss auf unsere künftigen Leistungen auf diesem Gebiete sein werde, ist noch zu gewärtigen.
Wir haben bisher, im Ganzen wohl mehr kalt als warm, die Liebhabertheatersitte getreulich mitgemacht, aber besonderer Erfolge können wir uns nicht rühmen, obschon wir Arnold Ott den Unsrigen nennen und auch in Arnold Neher einen Dichter feiner Dialekt-Lustspiele besitzen. Berufs-Schauspieler belegen alljährlich von Weihnacht bis Ostern unsere Bühne im Imthurneum und geben uns ihr z. T. auf Novitäten zugespitztes Repertoire zu geniessen. Gelegentlich gehen auch Singspiele oder kleinere Opern über diese Bretter.
[Dr. C. H. Vogler.]
Vergl. Magis, C. Die Schafhauser Schriftsteller von der Reformation bis zur Gegenwart. Schaffhausen 1869; Lang. Rob. Schaffhauser Gelehrte und Staatsmänner (in der Festschrift der Stadt Schaffhausen. 1901); Vetter, Ferd. Die schöne Literatur im Kanton Schaffhausen (in der Festschrift der Stadt Schaffhausen); Vogler, C. H. Schaffhauser Künstler (in der Festschrift der Stadt Schaffhausen); Vetter, Ferd. Geschichte der Kunst im Kanton Schaffhausen (in der Festschrift des Kantons Schaffhausen. 1901); Rahn, J. R. Statistik Schweizer. Kunstdenkmäler. - Schaffhauser Neujahrsblätter.
Geschichtlicher Ueberblick.
Durch die epochemachenden Ausgrabungen von Jakob Nüesch u. A. im Kesslerloch bei Thaingen und am Schweizersbild bei Schaffhausen ist das Schaffhauser Gebiet zu einer Hauptstation prähistorischer Entdeckungen vorgerückt; namentlich ist jetzt erwiesen, dass schon in paläolithischer Zeit neben dem Mammuth auch der Mensch in unserem Lande gehaust hat. Spärlicher sind die Funde aus den nächstfolgenden Forschungsperioden. Von Pfahlbauten ist bis jetzt nur der Pfahlbau «im Hof» bei Stein a. Rh. aufgefunden worden.
Immerhin ist auch die Metallzeit durch mancherlei Fundgegenstände besonders aus Gräbern vertreten. In das helle Licht der Geschichte tritt unser Gebiet erst, als die Römer die N.-Grenze des Reiches an den Rhein und durch den Zug des Tiberius (15 v. Chr.) an die Donau vorschoben. Damals ist das Kastell Burg bei Stein mit der Kolonie Tasgaetium angelegt worden. Die auch anderwärts beobachtete militärische Maxime der Römer, ihre Vorposten auch auf das jenseitige Ufer eines Grenzflusses zu setzen und sich dort ein Vorland zu schaffen, wird zur Anlage der zahlreichen Römerstationen namentlich im Klettgau (besonders des bedeutenden Ortes Juliomagus = Schleitheim) Anlass gegeben haben.
Als dann die Reichsgrenze in den 70er Jahren des 1. Jahrhunderts christlicher Zeitrechnung noch weiter nach N. verlegt und durch den obergermanischen Limes das ganze sog. Dekumatland zum Reichsgebiet geschlagen wurde, geriet auch unser von der Hauptstrasse Vindonissa-Juliomagus-Rottweil u. s. w. durchzogenes Gebiet je länger je mehr unter den Einfluss der römischen Kultur und blieb römisch, bis ein neuer grosser Vorstoss der Germanen (Schwaben oder Alemannen) die Römer um 260 zwang, abermals an den Rhein zurückzugehen. In die Zeit um 300-500 wird die erste definitive Besetzung unseres Kantonsgebiets durch die Schwaben und die Entstehung der zahlreichen schaffhauserischen Ortschaften auf «ingen» zu setzen sein.
Die Einwanderer teilten sich in die 2 Gaue Hegau und Klettgau, welche sich da, wo jetzt die Stadt Schaffhausen steht, und auf einer zum Kamm des Randen aufsteigenden Linie berührten. Nur spärlich sind die Zeugen (z. B. das alemannische Totenfeld in Schleitheim) aus der Zeit, wo die Schwaben noch ein freies Volk waren (bis 536). Die fränkische Zeit brachte dann mit der fränkischen Herrschaft - besonders von den fränkischen Kammerhöfen, aber auch von dem alten Bischofssitz Konstanz her - das Christentum in unser Land. Die Klöster St. Gallen, Reichenau und Rheinau erlangten früh Besitz auf unserer Landschaft; die ersten christlichen Kultusstätten, welche urkundlich erwähnt werden, sind die Kirchen Burg bei Stein (799) und Merishausen (816). Weitere Rodungen führten die Errichtung neuer Ortschaften mit sich. Die Entstehung der Ortschaft Schaffhausen ist in völliges Dunkel gehüllt (6. - spätestens 8. Jahrhundert).
Die karolingische Gauverfassung, die grossen Grundherrschaften dieser Periode u. s. w. drückten auch unserm Land das charakteristische Gepräge auf. Epochemachend war für unsere Geschichte die Gründung des Benediktinerklosters Allerheiligen bei dem Orte Schaffhausen durch den schwäbischen Grafen Eberhard von Nellenburg 1050, dem seine Gemahlin Ita bald das Frauenkloster St. Agnes an die Seite stellte. Der Graf und sein Sohn Burkhard statteten das Stift mit reichen Gütern aus und schenkten ihm ausser dem Ort Schaffhausen, für welchen er von König Heinrich III. 1045 das Münzrecht erworben hatte, den Wildbann im Randenbezirk, grosse Güter in Hallau und an anderen Orten der Umgegend, wodurch damals schon so zu sagen das ganze heutige Landgebiet sein Zentrum in der Stadt Schaffhausen erhielt.
Als Dingstätten für die Klosterleute werden schon 1122 die 3 Orte Büsingen, Hemmenthal und Hallau bezeichnet. Durch diese Schenkungen und durch die Klosterreformation des trefflichen Abtes Sigfrid (1082-1096) gelangte die Abtei rasch zu hohem Ansehen und bildete im Kampf zwischen Kaiser und Papst mit den Klöstern Hirschau und St. Blasien ein Hauptbollwerk der gregorianischen Partei in Oberdeutschland. Mit dem Kloster hob sich aber auch der Ort Schaffhausen (Deutung des Namens siehe beim Art. Stadt Schaffhausen), der bald zur Stadt heranwuchs. Die Lage an einer uralten Rheinfurt und an dem Platz, wo die «Lächen» und dann der Rheinfall die Rheinschiffahrt unterbrachen und zum Umladen der Waren nötigten, sowie auf der Grenze zwischen zwei Gauen zog eine ¶
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unternehmende Kaufmannschaft mit ihren Freiheiten herbei, so dass die Stadt schon die Aufmerksamkeit und die Gunst der hohenstaufischen Kaiser auf sich zog. Friedrich Barbarossa erhob das Kloster Allerheiligen zum Reichskloster und die Vogtei zur Reichsvogtei, die er in der eigenen Hand behielt, und unter Heinrich VI. wird die Stadt schon Reichsstadt genannt (1192). 1198 erhielt Herzog Berchtold V. von Zähringen die Reichsvogtei Schaffhausen und behielt sie bis zu seinem Tod 1218. Von da an, wohl auch dadurch begünstigt, dass die folgenden Reichsvögte in der Ferne weilende Herren waren, entwickelte sich die Bürgerschaft immer kräftiger, und unter fröhlicher Benutzung der Reichswirren in der letzten Hälfte der Regierung des meist in Italien beschäftigten Kaisers Friedrich II. wusste sie sich die faktische Unabhängigkeit zu erringen, die dem Abt wohl den Namen eines Herrn der Stadt liess, aber durch Schultheiss und Rat sich selbst regierte und dieser ihrer Selbständigkeit nicht nur durch ein eigenes Stadtsiegel, sondern auch durch Abschluss politischer Bündnisse mit andern Städten Ausdruck gab.
Bald sah sich der Abt genötigt, auch das Amt des Schultheissen, der bis dahin immer noch von ihm gesetzt wurde, an das angesehene Geschlecht derer von Randenburg als Erblehen zu übertragen. Vom Jahr 1291 datiert der sog. «Richtebrief» der Stadt, eine Sammlung von verfassungsrechtlichen wie privatrechtlichen Bestimmungen und anderen Ordnungen, die, wenn sie auch nicht viel mehr als eine Kopie des Konstanzer und Zürcher Richtebriefs zu sein scheint, doch in der Hauptsache den öffentlichen Rechtsstand Schaffhausens in jener Zeit darstellt.
Schon durch die ersten Habsburger wurden die immer enger werdenden Beziehungen angeknüpft, welche fortan während 1½ Jahrhunderten zwischen der Stadt und dem neuen Herrscherhause bestanden. König Rudolf war nicht nur wiederholt in Schaffhausen anwesend, sondern er stellte der Stadt 1277 auch einen Freiheitsbrief aus, der sie vor fremder Gerichtsbarkeit schützte und worin zugleich die höchsten öffentlichen Befugnisse dem Schultheissen der Stadt zugestanden wurden, woraus hervorgeht, dass neben ihm ein Reichsvogt nicht mehr da war.
Die habsburgische Zuneigung setzte sich unter den Nachfolgern Rudolfs fort, weckte aber auch die Absicht bei diesen Herrschern, die Stadt der habsburgischen Hausmacht einzuverleiben. Wohl begünstigt von dem zahlreichen Stadtadel, trat diese Absicht je länger je deutlicher hervor und wurde zur Tat, als bei der Aussöhnung Ludwigs von Baiern mit Habsburg jener am mit den Städten Zürich, St. Gallen und Rheinfelden auch Schaffhausen den Herzogen Albrecht und Otto von Oesterreich verpfändete.
Während es den beiden ersten Städten gelang, sich der Pfandschaft zu entziehen, blieb Schaffhausen von da an 85 Jahre lang eine österreichische Pfandstadt (1330-1415). Die Herzöge von Oesterreich verstanden es, durch Zugeständnisse an die Bürgerschaft, durch kluges Beachten der herkömmlichen Rechte und durch häufige Anwesenheit in der Stadt sich deren Treue zu sichern. Schaffhausen, vorab der Adel, fühlte sich wohl unter dem österreichischen Regiment; aber auch der Bürgerschaft im engeren Sinn gelang es gerade in dieser österreichischen Periode, durch eine Reihe allerdings zum Teil heftiger Parteikämpfe zu einer ihren Wünschen entsprechenden Ordnung des öffentlichen Wesens zu gelangen.
Diese Verfassungskämpfe nahmen ihren Anfang in den Zwistigkeiten zweier Adelsparteien, führten dann aber zu einer Erhebung des eigentlichen Volkes gegen den Adel und fanden ihr Ziel in der Zunftverfassung von 1411. Auf dem Stein zu Baden gewährte Herzog Friedrich am den Räten und Bürgern der Stadt in Anbetracht der treuen Dienste, die sie und ihre Vorfahren dem Hause Oesterreich schon geleistet, das Recht, Zünfte und andere Ordnungen zu machen, so weit es ihnen gut und nützlich erscheine.
Darauf gegründet wurde die Bürgerschaft in 12 Zünfte eingeteilt, unter denen der bisher alleinberechtigte Adel unter dem Namen «Gesellschaft» den Reigen anführte. An die Spitze der ganzen Bürgerschaft trat ein von der gesamten Gemeinde gewählter Bürgermeister; der erste Bürgermeister war Ritter Götz von Hünenberg von der Herrenstube (1411-1418). Damit war die Rechtsgrundlage geschaffen, welche dem schaffhauserischen Staatswesen in der Hauptsache geblieben ist bis 1798. Was die äussere Geschichte der Stadt in der österreichischen Zeit betrifft, so wurde Schaffhausen durch ihre Herrschaft auch in die Kriege gegen die mächtig emporstrebende Eidgenossenschaft gezogen und in die österreichischen Niederlagen verwickelt; sowohl bei Sempach als bei Näfels erlitt der Schaffhauser Adel schwere Verluste, wie später in den Appenzeller Kriegen.
Aber auch wertvolle Verbindungen kamen in dieser Zeit zum Abschluss, so mit Zürich, St. Gallen, Konstanz u. s. w. Kühne Rachezüge gegen den raublustigen Adel der Umgebung versagte sich die kraftvolle Bürgerschaft ebenfalls nicht; 1370 z. B. wurde das Raubnest Ewatingen gebrochen. Bald aber kam die Zeit, wo das freundliche Verhältnis zu Oesterreich sich für immer lösen sollte. Dies geschah infolge der Aechtung des Herzogs Friedrich (mit der leeren Tasche), der dem Papst Johann XXIII. zur Flucht vom Konzil von Konstanz verholfen hatte.
Von Kaiser Sigismund dazu aufgefordert, sagte sich unsere Stadt von dem Herzog los, der von Konstanz sich in ihre Mauern geflüchtet und dem sie treue Hülfe versprach, der aber nach wenigen Tagen schmählich fliehend dem Papste folgte. Hochherzig hinterlegten die Bürger selbst beim König die Pfandsumme von 30000 Dukaten, um welche die Stadt 1330 an Oesterreich verpfändet worden war, und wurden nun vom Kaiser, der am persönlich nach Schaffhausen kam, ans Reich zurückgenommen durch den Freiheitsbrief vom Die Reichsvogtei wurde einem eingesessenen Bürger übertragen, den die Bürgerschaft wählen durfte.
Damit hatte die Stadt ihre alte reichsfreie Stellung zurückerlangt, und darin, dass das frohe Ereignis in ursächlichem Zusammenhang stand mit der Eroberung des Aargaues durch die Eidgenossen, lag für Schaffhausen wie für die Eidgenossen ein deutlicher Fingerzeig, dass ihre Interessen gemeinsame Ziele hätten. Die Schaffhauser Geschichte des 15. Jahrhunderts ist denn auch nichts als die Geschichte des allmäligen Durchbruchs dieser Erkenntnis und der schrittweisen Annäherung.
Die Aussöhnung Sigismunds mit Herzog Friedrich hatte für unsere Stadt nicht nur die wiederholte Aufforderung des Kaisers zur Rückkehr unter die österreichische Herrschaft, sondern auch tausend gefährliche Drohungen und Angriffe besonders von Seiten der umwohnenden Ritterschaft zur Folge; die Stadt sah sich dadurch veranlasst, zunächst im Anschluss an den schwäbischen Städtebund einen Rückhalt zu suchen. Aber die kluge Haltung und die redliche Freundschaft Schaffhausens im alten Zürichkrieg stärkte auch auf Seiten der Eidgenossen die reifende Ueberzeugung, dass die wertvolle «Wacht am Rhein» für die Sicherheit des Bundes unerlässlich und die Tapferkeit der «Randenböcke» des Schweizernamens würdig sei.
Zürich drängte; gleichwohl gingen reifliche Erwägungen voraus. Eine heisse Fehde mit den Grafen von Sulz und ihren Parteigängern, wobei Balm, eine Burg der Sulzer bei Rheinau, von den Schaffhausern in trotzigem Uebermut dem Erdboden gleichgemacht wurde, und die lässige Unterstützung der verbündeten schwäbischen Städte brachte schliesslich die Entscheidung. Am wurde der erste Bund Schaffhausens mit den Eidgenossen, d. h. mit Zürich, Bern, Luzern, Schwyz, Zug und Glarus beschworen. Der Bund sollte vorläufig 25 Jahre dauern. So wurde unsere Stadt ein Glied der Eidgenossenschaft. Am folgte ein Bündnis Zürichs und Schaffhausens mit der Stadt Stein a. Rh., welche sich 6 Jahre vorher von ihrem Vogt Hans von Klingenberg losgekauft hatte; damit war ein weiterer wichtiger Brückenkopf auf dem rechten Rheinufer in den Bereich der Eidgenossenschaft gebracht.
Seitdem war unserer Stadt ihre politische Haltung durch den Bund mit den Eidgenossen vorgezeichnet. Im Thurgauerkrieg von 1460 beteiligte sie sich bei der Eroberung Diessenhofens und wurde sie von den Eidgenossen als 9. regierender Ort über dieses Städtchen anerkannt. Im Waldshuterkrieg (1468), der hauptsächlich durch den verräterischen Ueberfall und die Gefangennahme des Schaffhauser Bürgermeisters Hans am Stad entzündet wurde, trat auch die Schaffhauser Mannschaft in die Reihen der Eidgenossen und behielt nach geschlossenem Frieden das ¶
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Städtchen Thiengen 8 Jahre lang als Pfand. Auch in den Burgunderkriegen folgte sie dem Ruf ihrer Bundesgenossen;
sie stritt an ihrer Seite bei Héricourt (1474);
Bürgermeister Trülleray focht mit 106 Schaffhausern bei Grandson (1476);
ob auch bei Murten, ist ungewiss.
Ungeachtet Uri nicht im Schaffhauser Bund war, nahmen auch 60 Schaffhauser bei dem Sturm auf Bellinzona 1478 teil. Gern wurde daher 1479 das 25jährige Bündnis erneuert, und jetzt waren auch Uri und Unterwalden dabei. Je fester das Band mit den Eidgenossen geknüpft wurde, desto mehr lockerten sich die Beziehungen zum Reiche. Der Schwabenkrieg 1499 fand Schaffhausen mit ganzer Entschlossenheit auf eidgenössischer Seite, trotz der Exponiertheit seiner Lage. Es beteiligte sich bei den Einfällen in den Hegau und bei dem Zug in den Klettgau.
Rühmliche Taten geschahen durch die Tapfern von Hallau am 4. April und durch die todesmutigen Verteidiger Thaingens am Schaffhausens Treue zur Eidgenossenschaft hatte in diesem Kriege die Feuertaufe empfangen. So war die volle Aufnahme der Stadt in den Bund keine Frage mehr. Durch den Brief vom wurde der ewige Bund besiegelt und Schaffhausen als gleichberechtigtes Glied und 12. Ort der Eidgenossenschaft einverleibt. Die kräftige Teilnahme seiner Bürger an den italienischen Kriegen an der Seite ihrer Bundesgenossen lieferte die erste Bewährung der Bundestreue.
Wenn wir jetzt einen Blick werfen auf die Landschaft, welche die Stadt in den Bund mitbrachte, so hatte sie trotz der vier Landgrafschaften, die sie umgaben und ihrer Ausdehnung hemmend im Wege standen, im 14. und 15. Jahrhundert schon die sämtlichen Gebiete, die heute den Kanton bilden - freilich in verschiedenem Grade - von sich abhängig gemacht. Die Mundat am Randen hatte der Abt im Kampf gegen den expansionslustigen Landgrafen von Stühlingen schon 1451 an die Stadt abgetreten, welche die Grenze dieses ihres Stammgebietes durch den Schiedspruch von 1491 für alle Zeiten sicher stellte.
Neunkirch im Klettgau war eine bischöflich-konstanzische Stadt, aber die Vögte waren meist Schaffhauser Bürger. In Hallau teilte der Bischof die Herrschaft mit dem Abt von Schaffhausen. Durch die Beschwerden der Hallauer gedrängt, kündete Schaffhausen im Namen des Abtes die Hoheit über Hallau und nahm im sog. Allerheiligenkrieg den Flecken ein. 1525, als auch die Herrschaft des Bischofs über Neunkirch durch die Wirren des Bauernkrieges gefährdet war, kaufte Schaffhausen dem Bischof die Stadt ab, wobei zugleich die förmliche Verzichtleistung des Bischofs auf Hallau erfolgte.
In den übrigen Ortschaften hatten entweder die Stadt oder ihre Gotteshäuser oder städtische Bürger die Vogtei, welche von diesen teils infolge der Reformation, teils durch Kauf an die Stadt gelangte; die hohe Obrigkeit über diese Dörfer blieb vorläufig noch in den Händen der Landgrafen, bis sie 1656 für die klettgauischen Dörfer von den Grafen von Sulz und 1723 für die hegauischen Dörfer von dem Erzhaus Oesterreich als dem Landgrafen zu Nellenburg käuflich erworben wurde. Behufs Verwaltung der Landschaft war das Gebiet in eine Landvogtei und neun Obervogteien eingeteilt.
Die Reformation erlangte in Schaffhausen trotz beständiger Mahnung von Zürich erst nach langem Schwanken den Sieg. Der Abt Michael von Eggenstorf trat das Klostergut schon 1525 an den Rat ab mit allen öffentlichen Gerechtsamen. Aber der eigentliche Reformator Schaffhausens, der feurige Barfüsser Sebastian Hofmeister, wurde in demselben Jahre von den ängstlichen Ratsherren fortgeschickt. Erst am Michaelstag 1529 folgte auf die persönliche Zusprache der Boten von Zürich, Bern, Basel und St. Gallen der definitive Reformationsbeschluss und darauf der Eintritt Schaffhausens in das «christliche Burgrecht».
Beim ersten Kappelerkrieg wirkte Schaffhausen gemäss dem Bundesbrief von 1501 als Vermittler; zum zweiten Kappelerkrieg stellte es ein Kontingent von 357 Streitern und verlor bei dem Ueberfall am Gubel 64 Mann durch den Tod u. 24 als Kriegsgefangene. Viele Schwierigkeiten bereiteten unserm Ort auch die Wiedertäufer. Endlich 1536 erhielt die gereinigte Kirche durch Aufstellung einer Kirchenordnung ihre feste Organisation, welcher Rat und Synode durch zahlreiche Mandate Nachdruck gaben. In der Folge stand Schaffhausen treu zum neuen Glauben und war mit Zürich, Bern und Basel eine der «vier evangelischen Städte», welche die Führung der protestantischen Eidgenossenschaft übernahmen, bis die «Evangelische Konferenz» an ihre Stelle trat.
Trotz der konfessionellen Spaltung, trotz der zunehmenden Abhängigkeit von Frankreich, trotz dem leidigen Pensionenwesen und den bekannten übrigen Kalamitäten, welche das Herabsinken der Eidgenossenschaft von der früheren Höhe herbeiführten, erfreute sich Schaffhausen in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts einer schönen Blüte, die ihr unter der Führung einer Reihe trefflicher Männer in Kirche und Staat, in Wissenschaft und Kunst zu Teil wurde.
Wir nennen vor allem den Dekan Joh. Konrad Ulmer, den zweiten Reformator Schaffhausens (1519-1600), den Dr. jur. Martin Peyer († 1582), den Chronisten J. Jak. Rüeger (1548-1606), den Glasmaler und Dichter Tobias Stimmer (1593-1683), den gelehrten Bürgermeister Joh. Konr. Meyer, welchem der berühmte Konrad Gessner seine Epistolae medicinales dedizierte, ebenso Bürgermeister Georg Mäder, den trefflichen Pannerherrn Hans Im Thurn, die Aerzte Kosmas Holzach, Dr. Benedikt und Dr. Joh. Burgauer, endlich den Pädagogen und späteren Antistes Joh. Jezler (1543-1622). Diesen Männern schlossen sich im Anfang des 17. Jahrhunderts an die ebenso trefflichen Bürgermeister Dr. Heinrich Schwarz (1629 an der Pest gestorben) und Hans Im Thurn († 1648). Die grössten Opfer liess sich die Stadt gefallen für die Hebung des Schulwesens; da eine höhere Lehranstalt noch nicht vorhanden war, sandte man die Studierenden mit staatlichen Stipendien nach Strassburg, Wittenberg, Marburg, Genf, Paris u. s. w.
In äusserst gefährdeter Lage befand sich Schaffhausen während des 30jährigen Krieges, nachdem die Bevölkerung ohnehin in den Jahren 1611 und 1629 durch eine furchtbare Pest schwer heimgesucht worden war. Es kamen verschiedene bedeutende und leichtere Grenzverletzungen vor, zuerst durch den französischen Obersten Villefranche und dann durch den schwedischen General Horn, der durch die Stadt Stein über die Rheinbrücke und auf dem schweizerischen Ufer hinaufzog zur Belagerung von Konstanz (August 1633). Noch schlimmer ging es, als bald darauf der baierische General Altringer von Konstanz her an den Nordgrenzen des Kantons vorüberzog, wobei eine ganze Reihe schaffhauserischer Ortschaften der schweren Plünderung nicht entging. Besonders übel mitgenommen wurden Schleitheim und einige Reiatdörfer, und Beggingen ging in Flammen auf. Eine bessere Zeit brach auch für Schaffhausen mit dem westfälischen ¶